Montini im Netz der Lügen - Antonio Bitterli - E-Book

Montini im Netz der Lügen E-Book

Antonio Bitterli

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Beschreibung

Ein Startup Unternehmer reist mit seiner Verlobten nach Split an der kroatischen Adriaküste. Dort chartern sie eine Yacht, um auf eine Bootstour zu gehen. Was als romantischer Trip beginnt, endet im Fiasko. Das Paar wird in der ersten Nacht überfallen und der junge Mann auf offener See über Bord geworfen. Die nächste Insel liegt fünf Kilometer weit entfernt.

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Seitenzahl: 148

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Dies ist eine frei erfundene Geschichte. Alle Übereinstimmungen mit lebenden Menschen, existierenden Gruppen und Organisationen sind rein zufällig und unbeabsichtigt.

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

1

Kurz nach zwei Uhr traf die Maschine aus Zürich am Flughafen von Split-Kaštela ein. Antero hatte ein ungetrübtes Lächeln im Gesicht, als er mit seiner Verlobten Cristina die Ankunftshalle betrat. Beim Ausgang winkte er ein Taxi heran. Während sie Platz nahmen, verstaute der Fahrer ihr Gepäck im Kofferraum.

„Zum Bootshafen!“, sagte Antero.

Endlich hatte er den Stress hinter sich lassen können. Eine Woche gemeinsam mit Cristina zu verbringen, danach hatte er sich lange gesehnt. Es war für beide der erste Urlaub in Kroatien. Neugierig blinzelte Cristina aus dem Fenster, um einige Eindrücke der Stadt zu erhaschen, während Antero sich entspannt zurücklehnte.

„Sie gehen auf eine Bootstour?“ fragte der Taxifahrer.

Antero nickte bloß.

„Was für ein Glück Sie haben. Mit so einer schönen Frau in den Urlaub fahren zu dürfen“, fuhr er fort.

Cristina lächelte verhalten, denn sie wusste, dass Antero es nicht schätzte, wenn man ihr in seiner Gegenwart Komplimente machte.

„Allerdings, sie ist eine seltene Schönheit“, antwortete dieser trocken.

„Genau wie unsere Gegend, denn vor unserer Küste liegen einige der schönsten Inseln der Welt“, entgegnete der Fahrer.

Bald schon konnte man in der Ferne das Meer und eine Ansammlung von weißen Booten erkennen. Ihre Masten reflektierten das Licht der Sonne.

„Split Marina, da wären wir“, sagte der Taxifahrer.

Nachdem sie ihre Koffer entgegengenommen und die Fahrt bezahlt hatten, suchten sie gemeinsam die Bootsvermietung. Ein Mann, der gerade einige Taschen auf ein Boot lud, zeigte mit seiner Rechten geradeaus, als sie ihn danach fragten. Nach hundert Metern erreichten sie ein ebenerdiges, weißes Häuschen. Es war das Büro der Bootsvermietung. Ein sportlich gekleideter Mann in den Mittevierzigern saß an einem Pult und tippte auf der Computertastatur herum. Als sie eintraten, blickte er auf und fragte:

„Guten Tag, was kann ich für Sie tun?“

„Wir haben eine Yacht reserviert. Mein Name ist Montini.“

Erfreut stand der Mann auf und schüttelte den beiden freundschaftlich die Hand:

„Herzlich Willkommen, mein Name ist Mile Škorić, aber nennen sie mich einfach Mile.“

„Ich bin Antero und das ist Cristina“, entgegnete Montini locker.

„Sie sind beide noch jung. Haben Sie genug Erfahrungen, um mit der Yacht alleine zurechtzukommen?“, fragte Mile.

„Keine Sorge, ich kenne mich aus, bin sozusagen auf einer Yacht groß geworden. Mein Vater besaß eine, seit ich mich zurück erinnern kann. Sie ist in Südfrankreich stationiert. Wir verbrachten einen Großteil unserer Ferien auf ihr. Deshalb habe ich mir die Skipper-Lizenz schon mit achtzehn erworben.“

Miles Augenbrauen erhoben sich anerkennend und nachdem er Montinis Zulassung überprüft hatte, gingen sie zu den restlichen Formalitäten über. Dann führte er sie zur Pier, wo die Yacht vor Anker lag.

„Das ist sie, die ‚Ulisse‘, sie wird ihnen bestimmt Freude bereiten“, beteuerte er.

Es war eine elegante Motoryacht mit V-Rumpf und langem, fließendem Profil. Mile führte sie herum und zeigte, wie das Schiff zu handhaben war. Sie hatte ein Doppel-Sonnendeck, im Innern eine kleine Küche und einen geräumigen Salon mit einem Sofa. Die Achterkabine war mit einer Doppelkoje nebst separater Duschkabine ausgestattet. Cristina lächelte zufrieden, ein Zeichen dafür, dass ihr das Schiff gefiel. Antero wollte noch wissen, wo man im Hafen Lebensmittel einkaufen konnte.

„Neben unserem Empfang, ist ein kleiner Supermarkt. Ihr könnt ihn nicht verfehlen“, antwortete er und verabschiedete sich mit den Worten:

„Genießt euren Bootstrip! Wir sehen uns in einer Woche wieder.“

Als sie endlich die Yacht in Beschlag nehmen konnten, packten sie zuerst die wichtigsten Sachen aus und richteten sich ein wenig ein. Dann gingen sie zum Supermarkt, um sich mit genügend Lebensmitteln einzudecken.

Bald danach verließen sie den Hafen von Split und nahmen Kurs auf die Insel Hvar. Mile hatte nicht übertrieben, die Yacht war wirklich leicht zu bedienen. Antero saß bei strahlendem Wetter am Steuer der „Ulysse“ und blickte auf den Horizont. Rings herum war nur die marineblaue Weite des Adriatischen Meers zu sehen. Während er die Yacht über die ruhige See steuerte, blickte er auf das Vorderdeck, wo sich Cristina bräunte. Eine Zeit lang hörte er nur auf das Geräusch des plätschernden Wassers, welches ruhig und rhythmisch gegen das Boot klatschte. Seine Firma fiel ihm ein. Er hatte vor zwei Jahren ein Startup Unternehmen gegründet, das auf einer einfachen Idee basierte. Sein Geschäft lief so gut, dass sich bald große Unternehmen dafür interessierten und ihm hohe Summen dafür anboten. Nach zähen Verhandlungen hatte er eine Woche zuvor endlich einen Super-Deal abgeschlossen und seine Firma für 1,2 Millionen verkauft. Die Früchte seiner Arbeit wollte er jetzt zusammen mit seiner Verlobten ein wenig genießen.

Hier, inmitten des leuchtend blauen Meeres, fühlte er sich in seinem Element. Eine sanfte und friedliche Wirkung ging vom feuchten Urelement aus. Für Seesportler war die Gegend noch aus einem andern Grund so begehrt. Vor der dalmatinischen Küste lag ein unvergleichbarer Archipel, der aus fünfundsiebzig Inseln bestand. Da wurde es einem nie langweilig. Die beiden kamen als erstes an der Insel Hvar vorbei. Von der „Ulysse“ aus konnten sie die raue Schönheit der Karstlandschaft erspähen. Die Sonne warf ihre warmen und belebenden Strahlen auf die Felsen. Von einigen ihrer einsamen Buchten ging eine leicht melancholische Stimmung aus. Doch die Einheimischen besaßen ein wirksames Rezept gegen die Schwermut. Es war ihr schwarzer Wein Faros, der in dieser Gegend angebaut wurde und dessen Genuss die Sorgen vergessen machte. Auch manchen Touristen mundete der schwarze Trunk. Noch mehr schmeckte er als Zugabe zu einer der regionalen Spezialitäten. Man aß hier nicht nur Fisch, sondern auch Schopska-Salat und Fleisch, das mit Schinken und Schafskäse gefüllt war. Es war Sommer und das lang gestreckte Eiland war durch einen lila Lavendelteppich bedeckt. Alles duftete intensiv. Tausende von Grillen ließen ihr eintöniges Geräusch vernehmen. Zwischen Hügeln, durch die gewundene Wanderpfade führten, gab es Kräuterwiesen mit einzelnen Büschen, Olivenhaine und Feigenbäume.

Er wollte zusammen mit Cristina bei dem Bootstrip ausspannen und eine neue Lebensphase beginnen. Vielleicht war die Zeit nun reif, eine Familie zu gründen. Die letzten elf Monate waren für das Paar nicht immer einfach gewesen. Cristina, die bei einer Werbeagentur arbeitete, lebte in Italien und Antero war durch seine Internetfirma an Zürich gebunden. Deshalb waren sie gezwungen eine Fernbeziehung zu führen. Meistens hatten sie über Videochat Kontakt. Ab und zu verbrachten sie ein Wochenende zusammen. Trotzdem waren sie jetzt schon bald ein Jahr liiert. Sie war unzufrieden mit der Situation und drohte ihm einige Male, Schluss zu machen. Er musste einige Kröten herunterschlucken. Doch seit seinem Heiratsantrag hatte sich Cristina verändert. Sie verhielt sich viel liebevoller als zuvor. Während er so seinen Gedanken nachging, tauchte Festland vor ihnen auf. Es war eine Landzunge der Insel Brac. Als sie sich dem Ufer um etwa hundert Meter angenähert hatten, drosselte er den Motor, so dass das Schiff zum Stillstand kam.

„Ich gehe mich im Meer abkühlen“, sagte sie, „kommst du mit?“

Er schaute sich kurz um. Weit und breit war niemand zu sehen. Alles war in Ordnung. Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus.

„Einverstanden, aber ich muss zuerst noch den Anker lichten“, antwortete er, bevor sie kurz nacheinander ins indigoblaue Wasser sprangen. Cristina planschte vergnügt herum, während er ihr zuwinkte. Er schwamm zu ihr hinüber, um sie zu küssen und zu umarmen, musste aber bald von ihr ablassen, da beide nur noch mit den Beinen Auftrieb geben konnten und diese allmählich ermüdeten.

Nachdem sie sich abgekühlt hatten, kletterten sie auf der Außenseite wieder an Bord. Er reichte ihr eines der Frottiertücher, die sie zuvor bereitgelegt hatten. Cristina schüttelte ihr rotbraunes Haar. Ihre grünen Augen funkelten in der späten Nachmittagssonne.

„Lass uns heute an einem romantischen Ort übernachten, Antero!“, bat sie.

Montini, der sich in ein weißes Badetuch eingewickelt hatte, fragte:

„Hast du eine bestimmte Idee, wo das sein könnte?“

„Es gibt viele wunderschöne Buchten auf der Insel Hvar. Ich habe Bilder davon im Reiseführer gesehen. Wenn wir es rechtzeitig bis dorthin schaffen, könnten wir den Sonnenuntergang mit einem Glas Champagner genießen…“

„…und den Fisch aus dem Supermarkt zusammen mit ein paar gekochten Kartoffeln als Dinner zubereiten. Eine hervorragende Idee“, fügte er hinzu.

Als er ihr zufriedenes Lächeln sah, war die Sache bereits entschieden. Sie zeigte ihm auf der Karte die Gegend, die sie meinte und kurz darauf brachen sie wieder auf.

Sie erreichten den neuen Ankerplatz drei Stunden später. Es war eine verlassene, kleine Bucht an der Nordküste der Insel Hvar. Der perfekte Ort für eine romantische Liebesnacht. Beide waren durch die Fahrt hungrig geworden, so dass sie sich daran machten den Fisch und die Kartoffeln anzurichten. Die Sonne stand noch gut sichtbar über dem Horizont. Cristina kümmerte sich um das Abendessen, derweil er den Tisch deckte.

Nachdem sie den Fisch in einer Bratpfanne angerichtet hatte und ihn auftischte, küsste er sie anerkennend dafür.

„Ich hoffe, du magst Fisch so“, sagte sie. Er nickte und erwiderte:

„Klar mag ich ihn so, allerdings muss man gut auf die Gräte achten, damit man sich nicht verschluckt!“

Dann genossen sie das Mahl bei Kerzenlicht in der Abenddämmerung. Während des Essens ließen sie alte Erinnerungen aufleben und lachten jedes Mal, wenn von einem früheren Missgeschick die Rede war. Dazwischen stießen sie mit ihren Champagner-Gläsern an.

Allmählich wurde es dunkel. Die Nacht brach herein. Sie räumten das Geschirr und Besteck in die Abwaschmaschine und legten sich in ihre Kajüte, wo sie sich einander solange hingaben, bis sie erschöpft in tiefen Schlummer fielen. Kurz nach Mitternacht näherte sich vom Strand unbemerkt ein kleines Gummiboot der Yacht. Es schlug ganz sachte an die „Ulysse“. Ein Mann kletterte heimlich auf das Achterdeck. Das Liebespaar schlief zu diesem Zeitpunkt bereits. Als der Unbekannte, die Kajüten-Türe öffnen wollte, merkte er, dass diese von innen verriegelt war. Deshalb musste er sich etwas einfallen lassen. Er versuchte das Schloss mit einem Klappmesser zu knacken, was ein leises Geräusch verursachte. Das genügte, um Antero aus dem Schlaf zu reißen. Er merkte, dass etwas nicht stimmte.

„Da war ein Geräusch an der Tür. Hast du es auch gehört?“, fragte er Cristina.

„Nein, ich habe nichts gehört. Das war vielleicht nur ein Vogel oder der Wind. Komm, lass uns weiterschlafen“, meinte sie.

Wortlos begab er sich in den Wohnbereich der Yacht und spähte kurz aus den Bullaugen. Alles schien in Ordnung zu sein. Die Yacht lag immer noch an seiner vorigen Position. Trotzdem holte er ein Fleischmesser aus der Schublade und schlich zur Tür. Er konnte nichts hören. Vermutlich hatte er sich getäuscht und Cristina Recht. Er hielt den Atem an. Vorsichtig öffnete er die Tür. Plötzlich spürte er den Lauf einer Waffe an seiner Schläfe. Neben ihm stand ein kräftiger Bursche mit einer Smith & Wesson in der Hand.

„Lass das Messer ganz sachte fallen!“ befahl der Unbekannte.

Antero befolgte den Befehl und ließ es auf den Boden prallen. Dann spürte er einen kräftigen Schlag auf seinem Kopf und fiel in Ohnmacht.

2

Die Bucht war zwar einsam und verlassen, aber in den dichten Pinienwäldern konnten sich unerwünschte Zeugen befinden. Der Unbekannte wollte seine Arbeit aber so diskret wie möglich erledigen. Deshalb manövrierte er die Yacht weit hinaus aufs offene Meer, wo er ungestört ans Werk gehen konnte. Das Wasser war hier vielleicht hundertzwanzig Meter tief und die Wellen höher, so dass das Boot stärker hin und her schaukelte als in der Nähe der Küste.

Als Antero allmählich wieder zu sich kam, konnte er am Wellengang spüren, dass sie bereits auf hoher See waren. Sein Schädel brummte. Der Unbekannte hatte ihn mit einem Seil an eine Metallsäule gebunden, die in den Boden versenkt war und eigentlich als Tischbein fungierte. Hände und Füße waren gefesselt und sein Mund geknebelt. Wenige Meter neben ihm, saß Cristina in einer unbequemen Haltung. Man hatte sie mit Handschellen an den Ring einer Wandhalterung gekettet. Auch ihr hatte man den Mund mit einem Klebeband zugeklebt. Sie war wach und blickte in seine Richtung. In ihren Augen konnte er Angst erkennen. Da beide weder sprechen noch die Arme bewegen konnten, versuchten sie mit Mimik und Kopfbewegungen zu kommunizieren. Er hob die Augenbrauen und schien damit zu fragen, ob es ihr gut gehe, während sie mit einem zögerlichen Nicken etwa sagen wollte, dass es ihr den Umständen entsprechend ginge.

Es verstrichen gute zehn Minuten, in denen das Paar sich alleine in der Kabine befand. Antero versuchte seine Fesseln zu lockern, aber die Knoten waren zu stark. Dann hörten sie, dass der Motor abgestellt wurde, so dass das Schiff nur noch vor sich hintrieb. Die Schaukelbewegung an Bord verliefen nun in alle vier Himmelsrichtungen. Ihm war klar, dass bald etwas Unangenehmes geschehen würde und er lag richtig, denn einige Minuten später öffnete sich die Tür zum Oberdeck. Ein Mann mit einer schwarzen Sturmmaske über dem Gesicht betrat den Schiffsraum. Von der Statur her musste es der gleiche Mann sein, der ihn niedergeschlagen hatte, dachte er. War er allein, oder hatte er noch Unterstützung? Da bemerkte Antero, dass ihm der Fremde die Uhr abgenommen hatte und jetzt selbst am Handgelenk trug. Sie war nicht bloß teuer, sie war ein Vermögen wert, denn sie war die Einzelanfertigung eines renommierten Uhrenmachers. Wusste der Fremde überhaupt, was er gestohlen hatte? Der Maskierte hielt ihm seine Smith & Wesson an die Stirn und sagte:

„Willst du leben? Willst du das Leben deiner Freundin retten?“

Antero erstarrte vor Schreck. Mit aufgerissenen Augen nickte er mehrere Male. Da riss ihm der Mann das Klebeband von seinem Mund weg und wiederholte die Frage:

„Sag, willst du euer Leben retten?“ Hastig antwortete Antero:

„Ich tue alles, was du willst, nur verschone das Leben meiner Freundin.“

„Gut“, sagte der Vermummte und holte einen Laptop und ein Smartphone aus einer Umhängetasche, die er in einer Ecke auf dem Boden deponiert hatte.

„Du gibt’s mir jetzt den Namen deiner Bank, deine Kontonummer und den Geheimcode für das E-Banking.“

„Woher, sollte der Kerl wissen, dass er ein E-Banking-Konto besaß“, dachte Montini, denn das wussten nur Leute aus seinem nächsten Umfeld. Er versuchte zu bluffen.

„Tut mir leid. Das würde ich sofort tun, leider habe ich kein E-Banking.“

Da knallte ihm der Gangster die Pistole ins Gesicht, was eine Schramme und einen pulsierenden Schmerz an seiner rechten Backe hinterließ.

„Lüg mich nicht an, deine Freundin hat bereits alles ausgespuckt, als du schliefst. Ich weiß, dass du ein E-Banking-Konto besitzt und dass du mehr als eine Million darauf deponiert hast. Mach keine weiteren Mätzchen, sonst werde ich mir deine hübsche Freundin vorknöpfen“, schrie er und zielte mit seiner Waffe auf Cristina. Besorgt blickte Antero zu ihr hinüber. In ihren Augen spiegelte sich nackte Verzweiflung. Sicher hatte er ihr brutale Angst eingejagt, bevor sie ihm dieses Geheimnis verraten hatte.

„Ok, du hast gewonnen“, versuchte er ihn zu beschwichtigen, „ich werde dir, alle Informationen geben, die du verlangst.“

„Jetzt gefällst du mir schon besser“, sagte der Unbekannte.

„Wie kann ich sicher sein, dass du uns danach am Leben lässt? Vielleicht bringst du uns ja trotzdem um.“

„Da musst du mir einfach vertrauen“, antwortete er.

Antero sah ein, dass ihm nichts Anderes übrigblieb, als dem Fremden sein ganzes Vermögen auszuhändigen. Nur so hatte er und Cristina noch eine minime Chance am Leben zu bleiben. Also lieferte er ihm die gewünschten Angaben. Der Gangster versuchte sich über eine mobile Hotspotverbindung auf der Website der Bank einzuloggen. Dabei ergab sich ein kleines Problem, denn um in das Konto einloggen zu können, brauchte er ein kleines Kodier-Gerät, den sogenannten Kartenleser. Ohne ihn konnte er den Sicherheitscode nicht berechnen, der für das Login unumgänglich war. Als der Gangster begriff, dass er nicht weiterkam, versuchte er Antero erneut unter Druck zu setzen.

„Allmählich reißt mir der Geduldsfaden, Freundchen. Wenn du mir nicht sofort sagst, wo das Lesegerät ist, werde ich deiner Freundin wehtun.“

Antero beschwor ihn:

„Bitte, tue ihr nichts. Das Lesegerät ist in meiner Wohnung in der Schweiz. Ich habe bloß meine Kreditkarte dabei. Wenn du willst, kann ich dir ihren PIN-Code geben. Sie hat eine Limite von fünfzehn tausend Franken.“

Dann tat der Maskierte etwas Merkwürdiges. Er ging zu Cristina hinüber und flüsterte ihr etwas zu. Antero konnte ihre Reaktion nicht genau erkennen, aber sie schien zu nicken. Jedenfalls kam er zurück und sprach:

„Meinetwegen, besser als gar nichts, die Geheimzahl deiner Kreditkarte, los spuck sie aus!“

Antero diktierte eine sechsstellige Zahl und der Gangster tippte sie zur Erinnerung in sein Smartphone.

„Und jetzt noch den Code des Kartenlesers!“

Auch diesen Wunsch erfüllte ihm Antero ohne mit der Wimper zu zucken.

„Du hast jetzt alles, was du von mir wolltest. Ich hoffe, du hältst dein Versprechen und lässt uns am Leben.“

Da legte der Gangster hämisch grinsend einen Verband um Anteros Augen und löste das Seil vom Tischbein, wobei seine Hände immer noch gefesselt blieben.

„Marsch!“ befahl er und stieß ihn mit dem geladenen Colt vor sich hin aufs Oberdeck. Antero fühlte, wie eine sanfte Brise durch seine Haare wehte. Über ihnen glitzerte klar der Sternenhimmel. Aber davon sah Antero nichts. Er hörte nur, wie der Motor gestartet wurde, und der Unbekannte sagte: