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Die "fast" zu perfekte Entführung der vierjährigen Victoria aus einem Ferienresort im Süden der USA lässt die Kommissarin Elena nicht zur Ruhe kommen und diese beginnt nach sechs Jahren der erfolglosen Fahndung, auf dem surrealen Weg der Intuition den Fall erneut aufzurollen ...
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Veröffentlichungsjahr: 2015
Mürbe und ermüdet legte sie die Akte zur Seite auf den Stapel auf ihrem Schreibtisch, griff sich die Jacke vom Bürostuhl und ging. Wie lange hatte sie sich auf diesen Augenblick gefreut, den Urlaub im Süden ohne die Last des Alltags im Gepäck und nur sie mit sich und der Natur im Einklang. Die Koffer waren gepackt und auch die Papiere hatte sie sorgfälltig zusammen gelegt und jetzt musste sie nur noch die Wohnung verriegeln und den Terminal mit dem Taxi anfahren.
Grell schienen die Lichter der Landebahn, als sie nach 10 Stunden des Fluges inmitten der Nacht diese erreichte und voller Freude auf einen ausgiebigen und erholsamen Schlaf in dem gebuchten Resort, zog sie mit ihrem Gepäck von dannen. Es waren nur wenige hundert Meter bis zum Ziel und noch immer erinnert sie sich an diesen Geruch des Meeres, welcher ihr ab der ersten Sekunde prägnant auffiel, denn es war nicht das Salz oder diese Brise, welche sie da schreckte, sondern es war dieser unterschwellige Geruch der Argonie. Es lag etwas in der Luft, was nur jetzt und dort da sein wollte, um sie mit der Nase darauf zu stossen.
Sie reckte sich, schob die Bettdecke von den Beinen und lief zum Fenster, um den einmaligen Ausblick auf das Meer zu geniessen, als sie eine Hand an ihrem Oberschenkel spürte. Doch sah sie nichts und niemanden und so verwarf sie dieses Erlebnis sofort und begründete es für sich als logische Folge der latenten Überarbeitung. Aus der Dusche kommend mit der Zahnbürste in der Hand erkundete sie ihr Zimmer. Ein netter freundlicher Raum mit der freien Sicht auf das Meer, pragmatisch möbeliert und spartanisch ausgestattet in der Dekoration aber mit einem grossen Badezimmer, in dem sich nicht nur eine Dusche, sondern auch eine Badewanne befand. Die Tatsache, dass alle Abwässer ungeklärt in das Meer geleitet würden, war für sie erst einmal von nicht grosser Bedeutung und auch die Tatsache, dass es irgend wie seltsam aus dem Abfluss roch, bereitete ihr kein Kopfzerbrechen.
Die ersten 4 Tage waren vergangen wie im Flug, vieles hatte sie in der kurzen Zeit gesehen, die kulinarischen Genüsse sich munden lassen und dem schnöden Mammon gefrönt, als sie beschloss einen Sonnentag am Strand zu verbringen. Übermässig voll war der Strand nicht und auch eine Strandliege war gesichert und während sie auf dieser lag, wurde sie jäh durch einen Schrei ihrem Tagtraum entrissen. Neugierig lief sie zu der Menschentraube, welche sich binnen Sekunden gebildet hatte und erblickte ein auf dem Boden sitzendes Kind mit einem verdreckten Gesicht. Zu dem roch es extrem nach Fäkalien und schnell wurde ihr klar, dass weder ein Unglück über das Kind hinein geprasselt war, noch das sich dieses in einer wahren Notlage befinden würde, denn der Schrei galt einzig als Ausdruck des Ekels vor den eingelieteten Abwässern am Strand.
Was auch immer es war aber es leitete sie in das Bad inmitten der Nacht und während sie im halbdunklen dort stand, spürte sie wieder diese Hand an ihrem Oberschenkel und wieder sah sie nichts, ausser den kleinen hellen Schein durch einen Spalt im Vorhang des Badezimmerfensters. Dieser endete am Ausfluss der Badewanne und in der Sekunde des Blickes auf diesen erschrak sie, stürzte zurück in das Schlafzimmer, zog sich binnen weniger Sekunden an und verliess das Hotelzimmer ohne auch nur einen Gedanken an ihr zurück gelassenes Gepäck zu verschwenden.
Am späten Abend nahm sie sich am Flughafen ein Taxi zum Revier und verspürte nicht den Hauch der Müdigkeit nach dem langen Flug. Dort angekommen traf sie noch ihre Kollegen der Tagesschicht auf dem Flur, ein kurzer Wortwechsel und das Erstaunen über die vorzeitige Rückkehr liessen sie in dieser Sekunde unberührt, denn sie wollte nur noch zur Reservatenkammer, um die mitgenommenen Dinge der Spurensicherung zu sichten. Nein, sie fand kein einziges Überbleibsel des Kindes in den verschweissten Beuteln. Sofort stürzte sie zu ihrem Schreibtisch, um die Daten des Falles im Computer aufzurufen, der inzwischen 6 Jahre zurück lag. Ja, dieses Verbrechen hatte damals die ganze Welt mit Entsetzen erfüllt und die Medien überschlugen sich mit Mutmassungen und Thesen, was zu dem Verschwinden der kleinen Victoria geführt haben könnte, doch trotz aller Bemühungen verliefen alle Ermittlungen in das Leere. Sowohl die Eltern der Kleinen, als auch deren Zeugen beteuerten, dass alle zum Zeitpunkt des Verschwindens zusammen gegessen hätten und somit fielen die Eltern als Tatverdächtige aus und man konzentrierte sich über Jahre auf die unbekannten Männer mit den Sonnenbrillen, welche da Tage vor dem Verschwinden die Umgebung um das Hotel ausgekundschaftet haben sollen. Doch die Fahndung blieb ohne Erfolg und somit war der Fall zu den Akten gelegt worden.
Pünktlich um 10:00 Uhr betrat Victorias Mutter das Revier und als sie am Tisch der Kommissarin angekommen war, zog sie sich ihre Jacke aus und setzte sich ... noch immer ausser Atem ... an den braunen Verhörtisch. Also dann erzählte die Mutter nochmalig, wie es sich damals zugetragen hat an diesem besagten Tag in der Ferienanlage. Man habe also die Zeit bis 20:30 Uhr mit den Kindern verbracht und sei dann gemeinsam zum Abendessen gegangen und als sie die Ferienwohnung verlassen haben, hätten alle 3 Kinder geschlafen. Dann sei man im halbstündigen Takt hinüber gelaufen, um zu sehen ob die Kidis noch immer schlafen. Um ca. 22:00 Uhr habe sie dann bemerkt, dass die kleine Victoria nicht mehr in ihrem Bett liegt. Sofort habe sie die Freunde verständigt und man habe gemeinsam die Umgebung abgesucht aber von dem Mädchen fehlte jede Spur. Dann habe man sich so um Mitternacht dazu entschieden die Polizei anzurufen.
Einen Moment überlegte sie und bat dann den Vater in einen zweiten Raum zum Verhör. Ebenfalls erzählte dieser die exakt gleiche Geschichte und auf die Nachfrage, warum man denn schon am Nachmittag bei dem strahlenden Sonnenschein die Ferienwohnung aufgesucht habe gab dieser zu Protokoll, dass die jüngeren Geschwister von Victoria sehr müde gewesen seien und man so um ca. 17:00 Uhr beschlossen habe sich in die Ferienwohnung zu begeben. Es schien alles sehr schlüssig aber die Kommissarin beschlich dennoch ein Gefühl des Argwohn und des Misstrauen. Nochmalig holte sie die Mutter der Kleinen in den Verhörraum und bat diese ihr zu sagen, was denn Victoria in den 3 Stunden auf dem Zimmer gemacht habe, als die 2 kleinen Geschwister in das Bett gelegt worden sind und sofort sagte die Mutter, dass Victoria mit ihrer Puppe gespielt habe. Es wäre ihre Lieblingspuppe gewesen, welche sie zum 3. Geburtstag von der Grossmutter bekommen habe.
Die Kommissarin stellte darauf fest, dass nicht nur Victoria fehlen würde, sondern auch die Puppe der Kleinen. Seltsam fand sie dieses, denn bei der Befragung der Eltern nach dem verschwinden der Kleinen und vor allem nach den Auffälligkeiten und der Bekleidung oder Spielzeugen war die Puppe weder erwähnt, geschweige denn in den Akten vermerkt worden. Die Frage, warum sie dieses nicht bei der Vernehmung mit angegeben habe, wo doch dieses eine sehr wichtige Information für die Fahnder sei argumentierte die Mutter, dass man sie nicht danach gefragt habe und ihr die Sache mit der Puppe nicht so wichtig schien, da der Entführer diese ja auch ohne weiteres wegwerfen können. Natürlich hätte er das gekonnt aber die Option eines möglichen Fingerabdrucks auf dieser schien Victorias Mutter absurd.
Sie schickte beide nach Hause und begann die Spurensicherung einzuteilen, denn im Besonderen sollte diese jetzt die Aufmerksamkeit auf die Badewanne, das Waschecken und die Dusche richten und dabei ging es ihr nicht um eventuelle Blutspuren auf diesen, sondern sie forderte die Demontage der Abflüsse an allen 3 Waschgelegenheiten.