Morden ohne Sorgen - Eine Flussfahrt, die ist tödlich - Andreas K. Buchholz - E-Book

Morden ohne Sorgen - Eine Flussfahrt, die ist tödlich E-Book

Andreas K. Buchholz

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Beschreibung

Der Frühsommer ist in Potsdam eingekehrt und die Vögel zwitschern. Perfekte Zeit für eine romantische Bootsfahrt. Schade nur, dass im Ruderboot ganz unromantisch eine Leiche liegt. Noch dazu ein Beamter vom Umweltamt. Da schnuppern Frederik Loebell und sein Zwergdackel Wilhelm doch direkt den nächsten Fall.

Für den Lokalreporter ist der Täter auch schnell gefunden: der stinkreiche Reeder Kai-Uwe Hannig. Wenn der kein wasserdichtes Alibi hätte, wäre die Sache leichter. Gemeinsam mit Kommissarin Edda Kleist und seiner Jugendliebe Fleur geht Loebell jedem Hinweis nach. Wenn er dabei mal nicht das Wichtigste übersieht ...

Frühlingshaft, mörderisch und leicht chaotisch: »Eine Flussfahrt, die ist tödlich« ist der nächste Fall für Frederik Loebell aus der humorvollen Provinz-Krimi-Reihe »Morden ohne Sorgen«.

Im schönen Potsdam, zwischen Schlössern und Parks, stolpert Frederik mit seinem Zwergdackel Wilhelm über die eine oder andere Leiche. Zum Glück stehen ihm mehrere tapfere Helfer zur Seite - die lebensfrohen Reporterin Lisi und der junge Redakteur Tuan, sowie Loebells liebste Ermittlungspartnerin Fleur. Ach, und Zwergdackel Wilhelm ist mit seiner Spürnase natürlich auch immer dabei.

eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung!

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Seitenzahl: 256

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Ähnliche


Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

Über diese Folge

Morden ohne Sorgen – Die Serie

Titel

Prolog

Freitag, der erste Tag

Dackelhausarzt

Galligs dicker Fisch

Palais Hannig

Fritzchens Bootsverleih

Samstag, der zweite Tag

Frühstücksklatsch

Hasen, Flaschen und ein Hai

Ruderboot in Seenot

Fleurs Rosengarten

Sonntag, der dritte Tag

Jagdausflug

Miss Marples Tischdecke

Sonntagsredakteure

Laubenpieper

Sybille-These

Montag, der vierte Tag

Tischdeckenfrühstück

Galligs Beichte

Untere Behörde

Vor Gericht

Marias Braten

Hippie-Zwerg

Dienstag, der fünfte Tag

Tantchens Wachtraum

Tischdecke (2)

Zäckes Rammler

Bunny-Falle

Jubiläumsabend

Epilog

Über den Autor

Impressum

 

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Über diese Folge

Der Frühsommer ist in Potsdam eingekehrt und die Vögel zwitschern. Perfekte Zeit für eine romantische Bootsfahrt. Schade nur, dass im Ruderboot ganz unromantisch eine Leiche liegt. Noch dazu ein Beamter vom Umweltamt. Da schnuppern Frederik Loebell und sein Zwergdackel Wilhelm doch direkt den nächsten Fall.

Für den Lokalreporter ist der Täter auch schnell gefunden: der stinkreiche Reeder Kai-Uwe Hannig. Wenn der kein wasserdichtes Alibi hätte, wäre die Sache leichter. Gemeinsam mit Kommissarin Edda Kleist und seiner Jugendliebe Fleur geht Loebell jedem Hinweis nach. Wenn er dabei mal nicht das Wichtigste übersieht …

eBooks von beTHRILLED – mörderisch gute Unterhaltung!

Morden ohne Sorgen – Die Serie

Im schönen Potsdam, zwischen Schlössern und Parks, stolpert Frederik mit seinem Zwergdackel Wilhelm über die eine oder andere Leiche. Zum Glück stehen ihm mit der lebensfrohen Reporterin Lisi und dem cleveren Redaktionspraktikant Tuan bei seinen Ermittlungen stets zwei tapfere Helfer zur Seite.

ANDREAS K. BUCHHOLZ

Eine Flussfahrt, die ist tödlich

Ein Potsdam-Provinz-Krimi

Prolog

»Mein lieber Anton. Schön, dass du dir dieses Jahr laute Jugendträume erfüllen willst. Aber warum in so einem ollen Ruderboot? Und warum ausgerechnet mit mir?« Katharina von Hanfstedt blickte skeptisch auf die Reihe Boote, die sich sanft auf den Wellen bewegten. Mit einem davon wollte ihr alter Freund Graf Anton an diesem Morgen über die Havel und den Tiefen See bei Potsdam schippern. »Nimm mich doch mal bei etwas Schickem mit. Deiner ersten Fahrt in einem Porsche. Oder mal wieder mit deiner flotten Jacht.«

»Es sind die kleinen, romantischen Dinge, die mir im Alter Freude bereiten, Katharina.« Graf Anton lächelte sie liebevoll an.

Sie seufzte schwer. Vor ihr erstreckte sich der See bis hinüber nach Babelsberg. Auf dem Hügel im Schlosspark gegenüber thronte der Flatowturm zwischen hohen Bäumen.

»Ich war noch nie mit einem so kleinen Boot auf hoher See, meine Liebe. Wann, wenn nicht jetzt? Wir werden alle nicht jünger.« Er krempelte sich die Hosenbeine hoch.

»Wie schade, dass ich nicht mitkommen kann. Leider muss ich arbeiten.« Schwester Agnes grinste. Sie hatte die beiden zum alten Bootsverleih in die Berliner Vorstadt gefahren, einem Stadtteil, der entgegen logischer Annahmen nicht in Berlin, sondern im Nordosten Potsdams lag. »Schaffen Sie das denn zu zweit? Da muss man ja wirklich kräftig rudern, vor allem bei Gegenwind.«

Katharina schlug mit beiden Händen auf die Armlehnen ihres Rollstuhls. »Na, ich sicher nicht. Anton, bist du dafür fit genug? Was, wenn ich über Bord gehe?«

Der Graf drückte ihr eine Rettungsweste in die Arme. »Damit gehst du zumindest nicht unter. Falls doch, binde ich dich ans Heck und schleppe dich an Land.«

»Wir haben das Boot mit der Nummer dreizehn ganz hinten am Ende der Pier.« Agnes zeigte den Anleger hinunter. »Und den Rollstuhl können wir auf dem Steg stehen lassen. Der Fritz kümmert sich später drum.«

»Die Dreizehn? Das kann ja was werden.« Katharina schüttelte den Kopf.

Agnes schob sie zügig den Anleger hinunter, blieb aber bald stehen. »Was ist denn das? Die Dreizehn ist belegt, da sonnt sich einer.«

»Hoffentlich ist der bei dem Wetter gut eingecremt«, kommentierte Katharina.

»Vor allem scheint er mir gut abgefüllt.« Der Graf zeigte auf die leeren Flaschen, die auf dem Steg standen. Er ging ein paar Schritte auf das Boot zu und blickte auf den Mann hinunter, der darin merkwürdig verkrümmt lag. »Was für ein unbequemer Ort für ein Sonnenbad. Da könnte ich mir einen schöneren Platz vorstellen.« Er wurde laut. »Junger Mann?!«

»Ich glaube, der hat sich schon zu lange gesonnt.« Agnes bückte sich. »Der ist doch mausetot!«

Auch Graf Anton ging in die Hocke. Die rote Farbe des Ruderboots war schon arg verblichen. Ganz im Gegensatz zu der Flüssigkeit, die sich unter dem Mann im Rumpf gesammelt hatte.

»Was ist denn? Was seid ihr so stumm?« Katharina stemmte sich aus dem Rollstuhl. Sie konnte das ganze Ausmaß nicht überblicken. Dafür stand sie zu weit entfernt.

Der Graf stieg mit einem Fuß in das Boot. Für ein Sonnenbad im Suff war der Mann gut gekleidet. Anzughose, weißes Hemd und schwarze Schuhe aus Leder. Er fühlte den Puls des Mannes. »Ja, für diesen Herrn endet die Bootsfahrt des Lebens hier und jetzt.«

»Aber einen Hitzeschlag hat der nicht gehabt, was?« Agnes zeigte auf das Blut.

»Nein, wir müssen die Polizei rufen. Vielleicht ist er ausgerutscht und mit dem Kopf aufgeschlagen.« Anton drehte sich zu Katharina.

»Was hast du gesagt?«, rief die.

»Der Mann ist tot, Katharina.«

»In der Dreizehn liegt ein Toter? Das ist nicht euer Ernst. Was habe ich euch zu dieser verflixten Zahl gesagt? Die bringt nur Ärger.«

»Katharina, reg dich nicht auf. Wähl den Notruf.«

»Großer Gott, warum immer ich? Warum denn immer ich?« Sie zog ihr Handy aus der Handtasche. »Siehst du eine Wunde, Anton?«

»Der Hinterkopf sieht nicht schön aus«, kam es vom Grafen.

»Ist sicher betrunken ausgerutscht und in das Boot gefallen. Ich geh schnell den Fritz holen. Merkwürdig, dass der den Toten noch gar nicht bemerkt hat.« Agnes eilte zurück zum Bootsverleih.

»Oder Mord, vielleicht war es auch Mord«, murmelte Katharina und hielt das Handy ans Ohr. »Edda? Ja, ich bin es. Du glaubst nicht, was uns eben passiert ist. Wir wollten gerade mit dem Ruderboot raus aufs Wasser und … Wie bitte? In unserem Alter? Na, hör mal. Sei nicht so frech. Aber deswegen rufe ich nicht an. In der wilden Dreizehn liegt eine Leiche. Vielleicht war es Mord.« Sie schwieg kurz. »Bei Küppers Bootsverleih am Tiefen See. Den gibt’s schon eine halbe Ewigkeit. Die Leiche ist ganz frisch, der Mann schwimmt im eigenen Blut.« Graf Anton nickte bestätigend. »Warum ich nicht den Notruf anrufe? Aber du bist doch auch bei der Polizei!« Sie schwieg wieder. »Soso. Du hast zu tun und leitest das an die Kollegen weiter? Und der Winter, wo ist Jan Winter? Aha. Was macht der denn da? Urlaub?« Sie schüttelte den Kopf. »Bei euch herrscht ja eine Arbeitsmoral … ich bin entsetzt. Wir sind bei Fritz Küppers Bootsverleih. Genau. Ja, danke. Bis dann.« Sie legte auf. »Heutzutage kann man sich auf niemanden mehr verlassen. Wozu kennen wir denn Kommissare, wenn sie im Ernstfall nicht verfügbar sind? Sie schickt eine Streife. Sie selbst ist beschäftigt, und der Winter macht irgendwo im Ausland ein Praktikum. So genau habe ich das nicht verstanden.«

»Was ist denn hier los?« Ein älterer Mann kam mit Agnes über den Steg auf sie zugelaufen.

»Fritz, in deiner Dreizehn liegt eine Leiche. Große Sauerei.« Katharina winkte den Chef des alteingesessenen Bootsverleihs aufgeregt herbei.

Fritz Küppers, Potsdamer Urgestein und weit über siebzig, erblickte den leblosen Körper. »Das ist der Mann vom Umweltamt.«

»Sie kennen den? Haben Sie gegen irgendwelche Auflagen verstoßen und wollten einen unliebsamen Beamten aus dem Weg räumen?« Agnes lachte, sie war von den alten Damen und Herren ja so einiges gewohnt.

Fritz Küppers wurde bleich. »Ich? Ich verstoße hier gegen gar nichts. Ich habe meinen Betrieb seit vierzig Jahren. Wenn hier einer gegen etwas verstößt, dann ist das diese alte …«

»Agnes, bitte«, fiel ihm Katharina ins Wort. »Überlass die Ermittlungen uns. Wir haben darin Erfahrung, wie du weißt.« Sie wandte sich an Küppers. »Die letzten Morde in unserer Stadt wurden von uns erfolgreich aufgeklärt. Wusstest du das nicht, Fritzchen?«

»Von uns, ha.« Agnes lachte wieder.

»Das ist vielleicht etwas übertrieben, Katharina«, wandte Graf Anton ein, aber sie fuhr auch ihm über den Mund.

»Wolltest du nicht Bötchen fahren? Und nimm die Agnes mit, dann bekommt die etwas Farbe. Die ist ganz blass im Gesicht. Und ich kann dann hier in Ruhe ermitteln.« Sie drückte Agnes ihre Rettungsweste in die Hand, in der Ferne hörte man eine Polizeisirene.

»Onkel Fritz? Ist etwas passiert?« Alle drehten sich zum Ufer um, von wo ein junger Mann in knapper Sporthose und engem T-Shirt auf sie zulief.

»Oh, Boris. Wie gut, dass du kommst. Schau dir das an, in dem Boot liegt ein Toter.« Fritz Küppers bemerkte Katharinas skeptischen Blick. »Mein Patenkind ist Arzt.«

Freitag, der erste Tag

Dackelhausarzt

Lavendel, blühender Lavendel. Frederik Loebell war hin und weg. Gleich mehrere Büsche reckten sich links und rechts von ihm der Sonne entgegen. Sie waren so reich mit lila Blüten versehen, dass sich sein Blick in ihnen verlor. Und dann dieser Duft, herrlich. Er schloss die Augen und atmete tief ein. Es verschlug ihn augenblicklich weit, weit weg. Irgendwo nach Südfrankreich.

Loebell lag schon ein glückliches »bonjour« auf den Lippen, da riss ihn das Jaulen seines Zwergdackels Wilhelm aus dem Tagtraum. Sie waren nicht inmitten eines Lavendelfeldes in der Provence, sondern in einem Vorgarten in Potsdam-Bornstedt. Wilhelm hockte aufgeregt auf seinem Schoß. Er versuchte schon seit zwanzig Minuten durch penetrantes Jaulen die Aufmerksamkeit einer älteren Labradordame zu gewinnen. Die Hündin schlief tief und fest. Loebell hatte sich bereits mehrfach bei der Besitzerin für seinen ungestümen Rüden entschuldigt, aber das Labrador-Frauchen zuckte nur mit den Schultern.

Der Vorgarten, in dem sie saßen, gehörte zur Praxis eines Tierarztes und diente an diesem warmen Vormittag als Wartezimmer für Zwei- und Vierbeiner. Loebell war das erste Mal hier. Es war ein Antrittsbesuch zum Kennenlernen und schon der dritte Veterinär, bei dem sie hier in Potsdam vorstellig wurden.

Vor dem ersten waren sie geflüchtet, nachdem der versucht hatte, Loebells Wilhelm auf Diät zu setzen. Der zweite riet Loebell zu Wilhelms Kastration, weil der das Wartezimmer dreifach markiert hatte und sich nur schwer von einem vierten Mal hatte abhalten lassen. Zwar fand auch Loebell diese Aktion unpassend, aber das Thema Kastration war für ihn absolut tabu.

Nun saßen sie bei Arzt Nummer drei und versuchten ihr Glück. Zwar war sein Wilhelm in seinem zweiten Lebensjahr körperlich äußerst robust. Aber für den Fall der Fälle wollte Loebell wissen, an wen er sich wenden konnte. Denn irgendwas war ja immer.

Die Praxis war in einem alten Einfamilienhaus nur wenige Straßen hinter dem Schlosspark Sanssouci untergebracht. Nicht weit entfernt vom Haus von Loebells Mutter Maria. Von ihr kam auch der Tipp zu dem Veterinär, den sie schon seit Jahrzehnten kannte. Man war zusammen auf die Schule gegangen, natürlich.

Loebell saß neben seiner Kollegin Lisi auf einer Bank im Vorgarten, der gut gefüllt war. Der Labrador lag ihnen gegenüber. Von links kommentierte eine Katze fauchend empört Wilhelms Gejaule aus einer grauen Plastikbox. Und von rechts gurrte eine Taube aus einer Pappschachtel, die ein kleines Mädchen auf dem Schoß hielt.

»Mir gefällt sein Name nicht«, flüsterte Lisi Loebell zu. Sie fuhr sich durch ihre wilden braunen Haare, durch die sie deutlich jünger wirkte, als sie eigentlich war. Sie war Mitte fünfzig, wie Loebell. Seine liebste Kollegin, immer forsch vorneweg und etwas verrückt.

»Wessen Name?«

Sie nickte zu dem Messingschild an der Haustür. »Na, den vom Doc. Der ist doch schrecklich. Da müssen sich bei einem Hundeherrchen alle Nackenhaare aufstellen.«

»Ich habe keine Nackenhaare.« Loebell duckte sich weg, als Lisi Anstalten machte, ihm hinten in den Hemdkragen zu schauen.

Die Haustür öffnete sich, und die Sprechstundenhilfe trat hinaus. Eine ältere Frau in einem grünen Kittel. Wahrscheinlich war auch sie mit seiner Mutter zur Schule gegangen, vermutete Loebell. Oder es war die Ehefrau des Arztes. Sie hatte eine kleine Gießkanne in der Hand und begann in aller Seelenruhe den Lavendel neben Loebell zu gießen.

Das Labrador-Frauchen – lange braune Haare, Ringe in Nase, Ohren und sicher auch woanders, mutmaßte Loebell – wurde laut. »Entschuldigung, wie lange dauert das denn noch? Wir warten schon seit einer Stunde.«

Loebell stutzte. Das Mädel hatte die Sprechstundenhilfe frech angelogen. Der Labrador war nach ihnen gekommen. Und das war keine halbe Stunde her. Aber Menschen, die Notlügen zu ihrem Vorteil nutzten, gefielen Loebell. Er selbst tat das gern und oft.

»Geht gleich los«, antwortete der grüne Kittel und wandte sich wieder zur Tür.

Loebells Handy klingelte. Im Display leuchtete der Name von Hien auf, seiner direkten Chefin bei den Stadtnachrichten. Er nahm ab. »Einen wunderschönen guten Morgen«, säuselte er in das Gerät.

»Wo sind Sie denn? Hier ist gleich Redaktionssitzung, und niemand ist da.«

»Lisi und ich sitzen beim Tierarzt.«

»Warum? Zahlt Ihre Kasse keinen Humanmediziner? Oder ist was mit Wilhelm?« Sie klang besorgt.

»Nein, nein. Wilhelm hat nur …« Loebell blickte sich schnell um, er brauchte eine gute Ausrede, irgendetwas Akutes. Sein Blick fiel auf das Messingschild an der Tür. »Zecke, er hat eine Zecke. Die kriege ich nicht allein raus.«

»Wo steckt das Biest denn? Im Zeckenziehen bin ich Meisterin.« Hien klang nun angriffslustig.

»Das möchten Sie gar nicht wissen, sehr intim«, log Loebell.

»Widerliche Viecher. Dieser Sommer wird ganz schlimm«, antwortete sie verständnisvoll. »Aber geben Sie Gas. Ich kann den Chef nicht lange hinhalten. Und vergessen Sie nicht: Sie sind Geschenke-Beauftragter für die Einweihungsparty von Galligs neuer Jacht. Am besten besprechen wir nachher die Liste Ihrer Ideen, damit wir zur Feier am Montag das Präsent präsent haben. Bis gleich. In Präsenz.« Sie legte auf.

»Entweder habe ich so gute Ohren oder die Frau spricht einfach verdammt laut«, stöhnte Lisi. »Was steht denn Tolles auf deiner Geschenkeliste, du Beauftragter, du?«

»Gar nichts. Darum kümmere ich mich später.«

In dem Moment stoppte vor dem Gartenzaun ein Wagen. Eine Autotür schlug zu, und ein junger Mann trat knapp bekleidet durch die Gartenpforte in den sonnigen Warteraum. »Guten Morgen alle zusammen. Seien Sie herzlich gegrüßt. Es geht gleich los. Ich hatte noch einen Patienten. Einen mit zwei Beinen.« Lachend verschwand er durch die Tür im Haus und hinterließ im Wartezimmer lauter fragende Gesichter.

»Wer war denn das?« Lisi war rot angelaufen. Der halb nackte Mann schien ihr zu gefallen.

»Ich habe keine Ahnung«, seufzte Loebell. »Ich bin wie du zum ersten Mal hier.«

Die Haustür ging wieder auf, und die Alte im grünen Kittel schaute zu Loebells Dackel. »Wilhelm? Dr. Zäcke hat jetzt Zeit für Sie.«

Loebell setzte seinen Dackel auf den Boden. »Na, los. Mach schon. Bist ja alt genug.« Wilhelm verkroch sich sofort unter der Bank.

»Mensch, Freddy. Etwas gefühlvoller.« Lisi beugte sich zum Dackel. »Komm, mein Schatz. Wir zwei kriegen das schon hin.« Sie nahm Wilhelm in den Arm und marschierte mit ihm ins Haus.

Die Köpfe der anderen Wartenden drehten sich interessiert zu Loebell. Der atmete betont schwer aus und erhob sich. »Meine Frau, der Dackel ist ihr Ein und Alles«, entschuldigte er sich und folgte Lisi. Für einen Moment blieb sein Blick an dem Messingschild hängen. Ganz unrecht hatte Lisi nicht, irgendwie war der Name unpassend für einen Tierarzt. Dort stand: Dr. med. vet. Reinhard Zäcke.

Dr. Zäcke stand hinter dem Behandlungstisch und grinste Lisi breit an. Er hatte sich einen grünen Kittel über das knappe Sportoutfit geworfen. »Verzeihen Sie, dass ich Sie habe warten lassen. Aber beim Frühsport gab es einen Zwischenfall.« Er zwinkerte ihr zu.

»Moment«, ging Loebell dazwischen. »Ich verstehe nicht ganz. Sie sind Dr. Zäcke? Aber Sie können unmöglich mit meiner Mutter zur Schule gegangen sein. Sie sind …«

»… unser Sohn Boris«, kam es aus der Ecke. »Mein Mann ist gerade in Reha.« Die Alte trat zu ihnen, ihre Miene war jetzt freundlicher. »Und Sie sind der Junior von Maria, richtig?«

»Mama, wir haben heute Vormittag keine Zeit für Geplänkel. Draußen türmen sich die Patienten.« Zäcke junior wandte sich wieder zum Dackel, der vor ihm zitternd auf dem Tisch stand und sich eng an Lisis Bluse drückte. »Also, was kann ich für Sie tun? Was hat der Kleine denn?«

»Wir suchen einen neuen Tierarzt. Wir sind erst seit letztem Jahr wieder fest in Potsdam«, erklärte Loebell.

»Er sucht, nicht wir. Das ist sein Dackel, ich bin völlig frei und ungebunden«, betonte Lisi und strich sich eine Strähne hinters Ohr.

»Und da kommen Sie erst jetzt?«, fragte Zäcke. »Eine durchgehend gute tierärztliche Versorgung ist das A und O für einen so kleinen Racker. Impfen, Zecken, Zähne. Irgendwas ist ja immer.« Er kraulte Wilhelms Kopf und kam dabei mit seiner Hand der von Lisi sehr nahe. Der Dackel begann leicht zu knurren. »Na, na. Mein letzter Patient war etwas umgänglicher.«

»Der war ja auch tot«, schnaufte seine Mutter belustigt.

»Tot?«, fragte Loebell nun doch interessiert. »Ihr Patient heute Morgen war eine Leiche?«

Zäcke begann den Dackel abzutasten. »Korrekt. Eine drollige Geschichte. Der lag in einem Ruderboot bei meinem Patenonkel. Oh, gut genährt, was?« Er schaute Loebell vorwurfsvoll an. Dessen Miene verfinsterte sich, aber die Geschichte mit der Leiche gefiel ihm.

»Ihr Onkel hat ein Boot? Wie romantisch. Was für ein Bötchen denn? Etwas für zwei?«, säuselte Lisi. Wie immer klammerte sie sich an die unwichtigste aller Informationen.

»Und wer war die Leiche?« Loebell war neugierig. »Und wie ist er gestorben?«

»Na, zumindest nicht beim Rudern. Das Bötchen lag fest vertäut am Anleger. Kopf aufgeschlagen, vermutlich.«

»Vermutlich? Sagten Sie nicht, Sie hätten den Tod festgestellt? Schaut man da nicht genauer hin? Und dürfen Sie das überhaupt, als Tierarzt?« Loebell warf dem Veterinär einen abfälligen Blick zu. »Können Sie das überhaupt? Als Tierarzt?«

Lisi erhob Einspruch: »Aber Freddy, natürlich kann er das. Unserem Herrn Doktor würde ich alles zutrauen.«

»Dem Doktor und seinem lieben Vieh«, murmelte Loebell.

»Wie bitte?« Zäcke blickte auf.

»Nichts, nichts.« Loebell biss sich auf die Lippen.

»Der Mensch stammt vom Affen ab. Da stellt sich doch die Frage nicht, ob ich als Tierarzt auch einen Menschen behandeln kann. Selbstverständlich kann ich das.« Zäcke schob die Brust raus.

»Siehst du, Freddy, der Boris kann das. Aber Sie müssen wissen, in Sachen Leichen kennen wir uns auch gut aus. Wir ermitteln hier in Potsdam regelmäßig in Mordfällen.«

»Was?« Zäcke fuhr leicht zusammen. Der Dackel nutzte die Chance und zwickte Zäcke in die Hand. »Aua, verdammt!«

»Der muss sich erschrocken haben«, kommentierte Loebell kühl. Er schob Lisi zu Seite und nahm ihren Platz bei seinem Dackel ein. »Glück gehabt, war nur ein kleines Zwicken, was? Der kann aber auch ganz anders.« Er streichelte Wilhelm den Kopf, der knurrte immer noch. »Und wie kamen Sie heute an diese Leiche?« Ein Toter im Ruderboot wäre eine nette Geschichte für unsere Zeitung, dachte er.

»Ich kam da zufällig vorbei, habe den Tod nur vorläufig festgestellt. Wollte eigentlich mit dem Kanu auf den See raus. Das mache ich gerne morgens bei schönem Wetter. Und es war ja nur ein belangloser Unfall, sagt zumindest die Polizei.« Zäcke hielt sich die Hand. »Ich desinfiziere das lieber kurz. Putzen Sie regelmäßig Zähne?«

»Selbstverständlich, zwei Mal täglich.«

»Ich meinte beim Hund.«

»Ach so. Jeden Abend, sofern er Bock drauf hat.«

»Tja, so fängt es an. Das ist nicht gut. Und in zwei Jahren stehen wir wieder hier und müssen unter Vollnarkose wegen Zahnstein nachbehandeln. Zahnpflege sollte auch beim Hund zum täglichen Ritual gehören. Haben Sie eine Krankenversicherung?«

»Ich?«

»Mensch, Freddy. Der Hund.« Lisi knuffte ihm von hinten in die Seite.

»Ach so. Ja, vollversichert. Inklusive Einzelzimmer und Chefarztbehandlung. Wir beide«, log Loebell.

Zäckes Augen leuchteten auf. »Wunderbar. Bitte sagen Sie das immer gleich zu Beginn einer Behandlung. Vereinfacht den Ablauf.« Er strahlte. »Und Sie, schöne Frau? Ungebunden? Keine Haustiere oder sonstige Verpflichtungen?«

Lisi wurde wieder rot. Zum Glück platzte Zäckes Mutter in den Raum. »Boris, was soll eigentlich der Rammler hinten? Der sieht völlig gesund aus.«

»Um den kümmere ich mich später. Auch der bekommt Chefarztbehandlung.« Zäcke grinste Loebell an.

»Wer ist denn der Rammler hinten?« Lisi wirkte höchst interessiert.

Loebell stöhnte auf, typisch. »Wird ein Karnickel sein. Ich glaube, wir müssen langsam los. Der Job ruft.«

»Ein preisgekrönter Zuchthase, ein Deutscher Widder. Stolze neun Kilo.« Zäcke drückte sich ein Pflaster auf die Hand. »Der Arme ist gerade bei uns in Quarantäne. Hat sich irgendwo was eingefangen. Wohl zu viel gerammelt.« Er lachte.

Loebell war entsetzt. »Neun Kilo? Das Karnickel wiegt ja doppelt so viel wie mein Hund.«

Lisi hingegen war hin und weg. »Der Arme. Wie lange muss er denn in Quarantäne? Darf ich ihn mal sehen? Wie heißt er denn?«

»Herkules. Kommen Sie gern mit nach hinten. Ich gebe Ihnen eine Privatführung durch mein kleines Reich.«

»Aber ohne mich, wir müssen zur Arbeit. Was sind wir Ihnen schuldig?« Loebell nahm seinen Wilhelm in den Arm und wandte sich zur Tür.

»Gar nichts, kennenlernen ist umsonst. Kommen Sie, es ist gleich hier.« Zäcke verschwand mit Lisi in einen anderen Raum.

»Oh Freddy, ist der süß. Den Rammler musst du dir ansehen«, tönte es eine Tür weiter.

»Welchen der zwei?« Loebell marschierte genervt aus dem Raum.

In der offenen Praxistür setzte Loebell sein Zwergdackel-Leichtgewicht auf den Boden. Wilhelm stürmte sofort die Treppe hinunter und pöbelte die Labradordame frech an. Die döste einfach weiter, Dackel waren offensichtlich unter ihrem Niveau.

»Und warum baggerst du einen Tierarzt an?« Loebell drehte sich zu Lisi, die hinter ihm die Stufen hinunterstieg. »Wo ist denn dein Janni?« Lisi war schon seit über einem halben Jahr mit dem jungen Kommissar Jan Winter zusammen.

»Der nimmt gerade an einem Austauschprogramm mit Spanien teil. In Barcelona. Aber ich möchte da nicht drüber sprechen.« Sie stapfte an ihm vorbei zur Gartenpforte.

Er eilte hinterher. »Warum denn nicht? Ich dachte, ihr seid ein Herz und eine Seele?«

»Zurzeit nicht. Er ist einer sehr jungen, spanischen Polizei-Chica zugeteilt. Die arbeiten sehr eng zusammen. Ich habe mir ihr Instagram-Profil angesehen. Ohne Worte. Und er schreibt mir seitdem nur sehr, sehr selten.«

»Seit wann ist er denn in Barcelona?«

»Seit heute früh.«

Loebell sah auf seine Uhr. Es war kurz vor zehn Uhr morgens.

Galligs dicker Fisch

»Und zum Schluss ein ganz schickes Thema. Unsere Anzeigenabteilung hat einen dicken Fisch an Land gezogen. Einen ganz dicken.« Auch Chefredakteur Winfried Gallig, nur noch wenige Jahre vor der Rente, war dick. Sein Bauch wölbte sich brustabwärts wie eine Skisprungschanze. Er saß am Kopf des Besprechungstisches und lehnte sich zufrieden zurück. Die morgendliche Redaktionskonferenz der Potsdamer Stadtnachrichten neigte sich dem Ende zu. Zum Schluss folgten wie immer die Themen, die keiner haben wollte und die nur einer toll fand, nämlich der Chef.

»Natürlich hat das nur dank meiner guten Kontakte geklappt, sonst wäre das wieder nichts geworden. Unsere Anzeigentruppe ist nicht die hellste.« Gallig lachte schelmisch.

»Und völlig unterbesetzt«, flüsterte Loebell, der mit seinem Dackel auf dem Schoß am anderen Ende des Tisches saß.

»Wie war das?« Gallig drehte sich zu ihm.

»Nichts, nichts.«

»Digga, meine Ma ist heute völlig durchgeknallt. Und ihr neuer Lover, der …« Eine laute Stimme dröhnte irgendwo aus einem Lautsprecher und brach abrupt ab. Alle Köpfe drehten sich zu Loebells jungem Kollegen Tuan, der wie immer mit dem Handy spielte.

»Sorry, Sprachnachricht«, entschuldigte er sich kleinlaut. Der schlaksige Kollege sah heute wieder aus wie ein Student. Das Basecap schief auf dem Kopf, sein T-Shirt war drei Nummern zu groß, mindestens.

»Etwas mehr Konzentration«, tadelte ihn Hien, die auch Tuans ältere Cousine war. Sie hingegen war wie immer top gestylt. Die schwarzen Haare streng nach hinten gebunden. Eine kleine Lesebrille verlieh ihr die nötige Strenge. »Erzählen Sie dem Team von dem dicken Fisch, Chef«, ermunterte sie Gallig.

»Ah, ja. Tolles Thema, ganz tolles Thema. Das wird eine Reportage-Strecke über mehrere Ausgaben. Über das neue Bauprojekt am Ufer des Tiefen Sees. Mit Blick auf Schlosspark und Schlösschen. Haha, herrlich.«

Lisi sprang empört auf. »Die Luxus-Lofts, für die die alten Wohnhäuser plattgemacht werden sollen? Nicht Ihr Ernst!«

»Na, na«, wiegelte Gallig ab. »Eine schicke, moderne Wohnanlage mit direktem Zugang zum Wasser. Das ist doch was. Das ist gut für Potsdam. Und die alten Anwohner können sich dort einmieten, wenn sie wollen.«

»… und sich das leisten können«, murmelte Loebell.

»Wie war das?« Gallig sah ihn wieder an.

Diesmal gab auch Loebell Kontra. »Die Wohnungen kann niemand bezahlen, das ist ein Bauprojekt für Wohlhabende.«

»Bonzen«, schnaufte Lisi aufgeregt. Das kann ja was werden, dachte Loebell.

Gallig griff unter den Tisch, zog einen Stapel Broschüren hervor und schob sie zu Tuan. »Verteil mal, Junge. Das ist die Zukunft, das ist das neue Potsdam. Der Bauherr will richtig Geld in die Hand nehmen, damit wir ihm kommunikativ unter die Arme greifen. Um die kritischen Stimmen zu besänftigen.« Er blickte vorwurfsvoll zu Lisi. »Darin sind wir ja Profis. Wir sprechen die Sprache des Volkes. Schließlich sind wir die Potsdamer Stadtnachrichten. Und Oberbürgermeister Hagemann steht voll und ganz hinter diesem Projekt.«

»Oberbonze. Das glaube ich gerne. Die haben gar keine Baugenehmigung.« Lisi schien gut informiert.

»Ah«, Gallig winkte ab. »Die kriegen sie ganz schnell. Wenn man die richtigen Leute kennt …«

»Eine Mischpoke! Hier stecken alle unter einer Decke.« Lisi sprang auf und stürmte aus dem Raum.

»Die ist wohl in den Wechseljahren, was?«, kommentierte Gallig ihren Abgang.

»Wer ist denn der Bauherr?« Loebell griff sich eine der Broschüren. Er hatte zwar schon von dem Projekt gehört, aber kannte keine Details. Er drehte den Flyer um und seufzte. »Oje, ausgerechnet die?«

»Kai-Uwe Hannig, Brandenburgs großer Reeder und Mäzen.« Gallig kam ins Schwärmen. »Die zwei Appartementblocks werden zum Teil auf dem Grundstück einer seiner alten Marinas gebaut. Die wird dann ganz neu in das Projekt integriert. Und der Fußballplatz dahinter auch. Der wird plattgemacht.« Er schlug mit einer Hand auf den Tisch. »Das wird Hannigs Lebenswerk. Na ja, eigentlich vor allem das von seiner Sybille, der Havelkaiserin.«

Tuan fiel vor Schreck das Handy aus der Hand. Loebells Kollege Kay Kickmann, Stieffellecker des Chefs und von allen Kollegen geschmäht, schnippte aufgeregt mit dem Finger. »Das können der Frederik und ich wieder machen, Winfried. Wir haben schon so lange keine gemeinsame Geschichte mehr gehabt.«

Und das nicht ohne Grund, dachte Loebell.

»Gar keine schlechte Idee.« Gallig grinste Loebell an.

Der wollte protestierend aufspringen, aber Hien hielt ihn am Hosenbein zurück. »Der Frederik ist diese Woche im Team mit Tuan«, warf sie ein.

»So?« Gallig drehte sich zu dem jungen Kollegen. »Na, aber da machen wir dann schön Condings, gell? Für die junge Zielgruppe.«

»Content?« Tuan stöhnte laut. »Die Jugend wird das super interessieren. Vor allem der plattgemachte Fußballplatz.«

»Wunderbar. Und vergessen Sie nicht die Einweihungsparty für meine neue Jacht am Montagabend. Das wird lustig. Helga hat jetzt auch das Thema für den Dresscode festgelegt. Piraten der Karibik. Ich gehe als Krake.«

Grundgütiger, dachte Loebell. Mir bleibt hier nichts erspart. Was bringt man einer Krake als Gastgeschenk mit? Krabben? Garnelen?

»Und sonst noch spannende Themen, Hien?«, wollte Gallig wissen. »Welches Thema geben wir dem Kay?«

»Im Schlosspark Babelsberg gibt es am Wochenende ein buntes Programm«, referierte sie. »Dort feiert der Flatowturm Jubiläum, hundertsiebzig Jahre. Und das Schloss öffnet ausnahmsweise seine Pforten. Da ist ja sonst immer geschlossen.«

»Mensch, Kay. Das ist aber wirklich ein schönes Thema.« Loebell studierte weiter die Broschüre der Hannigs. Kickmann hatte die Arme vor der Brust verschränkt und schmollte.

»Herrlich.« Gallig strahlte. »Kay, die bunten Sachen machen Sie dann zusammen mit der pöbelnden Bonzen-Maus Lieselotte. Falls die überhaupt zurückkommt. Und schöne Bildchen mitbringen. Damit machen wir Montag die Eins auf. Bei solchen Festen müssen wir Präsenz zeigen, da finden wir die Leser von morgen.«

»Vor allem aber die von gestern«, zischte Tuan.

Gallig überhörte die freche Bemerkung. »Loebell, setzen Sie sich mit den Hannigs in Verbindung. Machen Sie einen Vor-Ort-Termin und lassen Sie sich das Projekt ausführlich erklären. Wenn das gut wird, gibt’s bestimmt einen Folgeauftrag.« Gallig wuchtete sich aus dem Stuhl und marschierte zur Tür. »Alles für die Eins, immer für die Eins.«

»Tuan, Loebell! In mein Büro.« Auch Hien war aufgestanden und verließ den Raum. Die beiden Angesprochenen dackelten nebst Dackel hinterher.

Kaum waren sie allein, legte Loebell los: »Ich mache keine gekauften Sachen, Hien. Ich bin Journalist, ich habe einen Ruf zu verteidigen, eine Ehre. Ich schreibe keine Werbeartikel. Ich …«

Hien zog eine Augenbraue hoch. »Ach, Gottchen. Ich, ich, ich. Diese Nummer schon wieder. Jetzt hören Sie mir mal zu: Unser Blatt ist ein Überbleibsel aus der alten analogen Welt und kämpft ums Überleben. Und Sie denken nur an Ihre Ehre? Wollen Sie wissen, was die Hannigs zahlen? Hier, sehen Sie selbst.« Sie hielt ihm ein Blatt Papier unter die Nase.

Tuan reckte interessiert den Kopf, Loebell machte große Augen. Die Summe war erheblich. »Ich … äh. Ja, also …«, stammelte er. Da gingen selbst ihm die Argumente aus.

»Mir macht das ja auch keinen Spaß, aber lieber ein paar Rubel von den irren Hannigs als von echten Verbrechern. Machen Sie einen schönen Vor-Ort-Termin, schmieren Sie dem Bauherrn Honig ums Maul, und dann sehen wir weiter.«

»Und was machen wir mit den Protesten?«, warf Tuan ein. »Da hat sich schon eine Bürgerinitiative gebildet. Die sind online richtig gut aufgestellt und protestieren sogar auf dem Wasser.«

»Ich schließe mich dem Protestcamp an!«, tönte es vom Flur.

Loebell drehte sich um. Lisi stand im Türrahmen. Sie hatte sich rotes Geschenkband mehrfach um die Stirn gewickelt und dick Rouge auf die Wangen geschmiert. Ein weiblicher Rambo. Loebell verkniff sich ein Lachen.

Lisi hielt eine große Pappe hoch, auf der in dicken Lettern stand: Luxus-Bonzen raus! Zu allem Überfluss blies sie in eine Trillerpfeife. Wilhelm flüchtete unter Hiens Schreibtisch.

»Tu, was du nicht lassen kannst«, kommentierte die. »Aber erst nach Feierabend. Du hast dieses Wochenende das Schlossfest als Thema, zusammen mit dem Kay.«

»Mit dem Kay?« Lisi sah Hien entsetzt an. »Auf gar keinen Fall. Der ist per Du mit dem Oberbürgermeister. Dem Ober-Bonzen.«

»Apropos Feierabend«, unterbrach sie Loebell. »Morgen steht bei mir nichts an, richtig? Ich habe versprochen, Fleur und ihre Schwester vom Flughafen abzuholen. Die waren zusammen zwei Wochen auf den Kanaren.«

»Von mir aus. Es sei denn, Lisi bringt den Kay auf dem Babelsberg um. Dann brauche ich da Ersatz.«

»Das will ich nicht ausschließen«, rief Lisi.

»Digga, später Drinks an der Marina? Die ganze Clique kommt.« Wieder die fremde Stimme aus Tuans Handy.

»Kannst du deine Sprachnachrichten bitte später abhören? Das nervt«, fuhr Loebell ihn an.

Tuan rollte mit den Augen und sabbelte unverständliche Codewörter in das Telefon. Diese Jugend, dachte Loebell. Ich werde alt.