Mutter Maria - Lily Braun - E-Book

Mutter Maria E-Book

Lily Braun

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Beschreibung

Eine Tragödie in fünf Akten. Lily Braun, geboren als Amelia Jenny Emilie Klothilde Johanna von Kretschmann, war eine deutsche Schriftstellerin, Sozialdemokratin, Frauenrechtlerin und Journalistin.

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Mutter Maria

Lily Braun

Inhalt:

Lily Braun – Biografie und Bibliografie

Mutter Maria

Personen

Erster Akt

Zweiter Akt

Dritter Akt

Vierter Akt

Fünfter Akt

Lily Braun – Biografie und Bibliografie

Lily Braun, geb. von Kretschmann, (verwitwete von Gizycki) Berlin W., Friedrich-Wilhelmstrasse 13, wurde zu Halberstadt den 2. Juli 1865 geboren. Sie lebte mit ihren Eltern – ihr Vater war Offizier – in verschiedenen Städten des deutschen Reichs und genoss ausschließlich Privatunterricht. Nach dem Tode ihrer Großmutter, der Freundin Goethes, gab sie im Jahre 1891 unter dem Titel »Aus Goethes-Freundeskreise, Erinnerungen der Baronin Jenny von Gustedt, geb. von Pappenheim«, deren Memoiren heraus. Sie begann damit ihre literarische Tätigkeit und wurde Mitarbeiterin des Goethe-Jahrbuchs, der Westermannschen Monatshefte, der Deutschen Rundschau u.m.  Die Frucht ihrer Studien in den Weimarer Archiven ist das Buch: »Deutsche Fürstinnen«. In Berlin, wo sie vom Jahre 1890 ab lebte, machte sie die Bekanntschaft des Professors Georg von Gizycki, dessen Schülerin sie wurde und der sie zuerst in die Ideen der ethischen Bewegung, der Frauenbewegung und des Sozialismus einführte. Sie wurde im Herbst 1892 in Gemeinschaft mit ihm eine der Mitgründer der deutschen Gesellschaft für ethische Kultur und leitete mit Professor von Gizycki vom Januar 1893 ab die Wochenschrift »Ethische Kultur«. Im Juni desselben Jahres vermählte sie sich mit ihrem Lehrer. In Wort und Schrift trat sie für die radikale Richtung der Frauenbewegung ein und gründete mit Frau Minna Cauer die Zeitschrift »Die Frauenbewegung«, gab auch eine Zeitungs-Korrespondenz für die Frauenfrage heraus. Im März 1895 starb ihr Gatte infolge eines langen schweren Leidens, das ihn während der letzten Jahre seines Lebens ganz an den Rollstuhl gefesselt hatte. Unter seiner Leitung war sie nach und nach ganz zur Sozialistin geworden. Sie konnte die Redaktion bürgerlicher Zeitschriften nicht mehr mit ihrer politischen Überzeugung vereinigen und legte daher ihre Stellung als Mitherausgeberin der »Ethischen Kultur« und der »Frauenbewegung« Ende des Jahres 1895 nieder, sich von da ab offen zur sozialdemokratischen Partei bekennend. Im August 1896 vermählte sie sich mit Dr. Heinrich Braun, dem Herausgeber des Archivs für soziale Gesetzgebung und Statistik, dessen Mitredakteurin sie wurde. Sie war außerdem ständige Mitarbeiterin der von Frau Klara Zetkin geleiteten sozialdemokratischen Frauenzeitschrift »Die Gleichheit«. Lily Braun verstarb am 9. August 1916 in Berlin.

‒ Aus Goethes Freundeskreise. Erinnerungen der Baronin Jenny von Gustedt

‒ Clifford, Wahrhaftigkeit. 1893

‒ Deutsche Fürstinnen. 1893

‒ Die Bürgerpflicht der Frau. 1895

‒ Die neue Frau in der Dichtung. 1896

‒ Die Stellung der Frau in der Gegenwart. 1895

‒ Frauenfrage u. Sozialdemokratie. Reden anlässlich d. internationalen Frauenkongresses zu Berlin. 1896

‒ Zur Beurteilung der Frauenbewegung in England u. Deutschland. 1896

Mutter Maria, L. Braun

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

86450 Altenmünster, Loschberg 9

Deutschland

ISBN: 9783849606473

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

Mutter Maria

Eine Tragödie in fünf Akten

Personen

Maria, (36 Jahre) Angelo, ihr Sohn, (19 Jahre) Giuseppe, ihr Gatte, ein Zimmermann, (68 Jahre) Sandro, ein Maler, (70 Jahre) Giuliano dei Medici, Herzog von Remours, (42 Jahre) Filiberta, seine Gemahlin, (20 Jahre) Lucrezia, seine Geliebte, (35 Jahre) Lorenzo dei Medici, sein Neffe, Herzog von Urbino, (21 Jahre) Bibbiena, Kardinal, (40 Jahre) Der Pater Inquisitor, Abt von Fiesole, Dominikaner, (50 Jahre) Fra Sebastiano, ein Mönch, (40 Jahre) Pietro, Cesare, Roberto, Gasparo, Freunde Angelos, (älter als er) Ein alter Diener Der Stadtknecht 1. Söldner 2. Söldner 3. Söldner 4. Söldner Mönche, Mädchen und Jünglinge, Diener und Dienerinnen, Pagen, Söldner, Gäste der Medici.

Zeit: 1513.

Schauplatz: Florenz und Umgebung.

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Erster Akt: Im Hause Giuseppes in San Domenico.Zweiter Akt: Vor der Villa Poggio a Casano.Dritter Akt: Im Palazzo Medici.Vierter Akt: Auf dem Domplatz.Fünfter Akt: Im Hof des Bargello und auf der Piazza della Signoria.

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Erster Akt

Im Hause Giuseppes, des Zimmermanns, in San Domenico bei Florenz. Offene Halle mit gewölbter niedriger Decke. Drei Bogenöffnungen zwischen Säulen im Hintergrund. Die rechte ist durch einen Vorhang verhängt. Links führt eine Holztreppe zu einer Empore, die zu beiden Seiten mit kleinen Türen abschließt. Rechts unten ebenfalls eine Türe. In der Ecke rechts vor dem verhängten Bogenfenster ein Hausaltar; über ihm das Madonnenbild Botticellis »Das Magnifikat«, darunter eine ewige Lampe. Unter der Treppe links eine Sitzbank mit einem Tisch davor, ein großer Lehnstuhl daneben. Durch die zwei Bogenöffnungen Blick auf einen kleinen Garten, mit niedriger Mauer, an der die Straße vorbeiführt. Im Hintergrund die Türme von Florenz. Abenddämmerung. Maria, eine Frau von etwa sechsunddreißig Jahren mit schönen Zügen und goldblonden Haaren, die sich lockig unter dem Tuch hervorstehlen – ihre Kleidung entspricht der der Madonnen des Fra Bartolomeo – sitzt auf dem großen Stuhl zurückgelehnt, ein Gebetbuch im Schoß und blickt in Gedanken verloren hinaus. Das Geräusch näherkommender Schritte und Stimmen weckt sie aus ihrer Versunkenheit. Sie erhebt sich langsam, gießt aus einem Krug Wein in einen Becher, den sie auf den Tisch stellt. Giuseppe, ein alter aber noch rüstiger Mann, Ende der Sechzig, mit Zimmermannshandwerkzeug beladen, tritt ein. Maria, in demütiger Haltung, nimmt ihm während des folgenden Zwiegesprächs das Werkzeug ab, ebenso den Mantel und schließlich die Stiefel, wobei sie vor ihm kniet und er in durstigen Zügen den Becher leert.

Giuseppe Ein heißer Tag war's! Meine alten Arme, Der übergroßen Arbeit ungewohnt, Versagen fast den Dienst. Allein die Freude Wirkt wie ein Zaubertrunk.

Maria So war es doch das Chorgestühl im Dom, Das zu vollenden dich der Meister holte? Madonna segne dir zum Werk die Hand!

Giuseppe Das Chorgestühl, an dem der Holzwurm frißt? Die Zeiten, da wir Ratten, Mäusen, Würmern Noch dankbar waren, weil sie Arbeit schafften Und uns davor bewahrten, zu verhungern, Sind jetzt vorbei. Du träumst, Maria! Unsre Gartenmauer Umschließt für dich die Welt. Indes die Stürme Des jungen Frühlings ihre Wogen peitschen. Meinst du, die kleine alte Pforte dort Sei wie ein Wall, an dem sie brechen müssen. Der Herzog – (Maria erschrickt und hebt abwehrend beide Hände.) Ruht auf den Medici für dich noch immer Savonarolas Fluch? Bist du so fromm Und fühlst es nicht, daß Gott allein es war. Der fürchterlich des Priesters Wahnwitz strafte Und im Triumph Lorenzos edle Söhne Zurückgeführt?

Maria (mit leisem Vorwurf) Warst nicht auch du Savonarolas Jünger Und sahst in ihm den Retter von Florenz?

Giuseppe (erhebt sich) Ich war betört wie viele! Doch genug – Du bleibst die Heilige und ich der Sünder! Ist Angelo zurück?

Maria Noch vor der Nacht Versprach er hier zu sein.

Giuseppe Schick ihn zu mir, Sobald er kommt. Ehrwürden, dein Herr Sohn, Hat dann vielleicht noch Zeit für seinen Vater.

Maria (sieht bittend, mit gefalteten Händen zu ihm auf) Giuseppe, du bist hart! Hat er nicht stets Getan, was du verlangst, ja mehr als das? Noch gestern schnitzte er den Engelskopf, Der dir mißlang, nur um dich froh zu machen.

Giuseppe Du zitterst wieder um dein Küchlein, nicht? Und möchtest's mit den beiden Flügeln decken, Als wär' der Habicht nahe! Wirst du nie Die Furcht verlieren, wenn der Zimmermann, Gewohnt, nur mit dem Hammer dreinzuhaun, In seiner rauhen Weise mit dir spricht? Der Knabe ist ein guter Sohn, – ich weiß! Ich liebe ihn, doch grade darum wurmt mich's Noch mehr als sonst, daß wir ihn Gott versprachen. Ein Größter unter Großen, So stünd' er heute vor dem Medici, Wenn er ein Künstler wäre! Schau hierher: (Er entfaltet eine Rolle, die er beim Kommen auf den Tisch gelegt hatte.) Dies Schild, auf goldnem Grund die roten Äpfel, – Fortuna selbst gab es Florenz zurück! – Soll überall in Kirchen und Palästen, Wo es der Aufruhr frevelnd niederriß, Aufs neue prangen! Wer immer aus dem Holz und aus dem Stein Das Schild der Medici zu meißeln weiß, Ist aller Sorgen ledig; und wer gar Mars und Merkur als dieses Wappens Träger Recht künstlich und lebendig schaffen könnte –

Maria (ihn hastig unterbrechend) Und Angelo, mein Sohn, so meinst du, soll – Das Schild der Medici – –!

(Sie sinkt in die Knie und verbirgt das Gesicht in den Händen. Giuseppe sieht sie staunend an, zuckt ärgerlich die Achseln, nimmt sein Handwerkszeug und steigt die Treppe hinauf, wo er in der Türe links verschwindet. Inzwischen hört man von fern das Gebetmurmeln der Mönche, die paarweise in langem Zuge an der Gartenmauer vorbeikommen. Maria erhebt sich, geht hinaus und öffnet die Gartenpforte in dem Augenblick, wo der letzte Mönch, der von den andern abgesondert allein geht, vorüber kommt. Er bleibt stehen, sie küßt ihm die Hand, er macht das Zeichen des Kreuzes über sie und tritt mit ihr ein.)

Fra Sebastiano Wir haben ihn den ganzen Tag vermißt, Er fehlte bei der Messe, bei der Hora. Ich bin sehr traurig über Euren Sohn, Denn auch den Beichtstuhl meidet er, seitdem Ihn jener böse Geist der Unruh packte Und täglich länger unserm Schutz entreißt.

Maria Und heute kam er gar nicht in das Kloster? Noch nie geschah's! Ihm kann doch auf dem Wege Nichts Böses zugestoßen sein?

Fra Sebastiano Wer weiß! Der Teufel geht umher seit gestern morgen Und sucht die Seelen, daß er sie verschlinge. Ich ging hinunter, böser Ahnung voll. Als ich die Glocken läuten hörte. Ganz Florenz war auf dem Platz; der Mediceer Gefolgschaft, die seit Jahren schweigen lernte, Erschien erhobnen Hauptes, führte keck Das große Wort, und unser armes Volk, Von jedem Lüftchen hin und her getrieben. Wie ein papierner Drache, den die Kinder Dem Zufall frischer Winde anvertraun, Stand stumm dabei, im Innern längst bereit. Sich einem neuen Herrn zu unterwerfen. Alsdann Giuliano kam, Lorenzos Sohn, Des Prächtigen, des Reichen, Vielgeliebten, Auf weißem Zelter, in dem goldnen Panzer, Dem wohlbekannten, drauf die Sonne lüstern Die Bilder schamlos nackter Heidengötter Zu küssen schien, begrüßte ihn die Menge Wie einen Triumphator. Daß sein Antlitz Bewegungslos und eisern blieb, sein Auge Mit keinem Blick bemerkte, wie das Volk Sein ganzes Herz ihm vor die Füße warf. Erhöhte nur den Eindruck, den er machte; Noch nahm niemand die Acht von seinem Haupte, Und dennoch war, als er zur Erde sprang. Der Schritt, mit dem er aufwärts zum Palast Der Signorie die breiten Stufen trat, Der des Erobrers. Die Fahne in der Faust, darauf die Kugeln Wie blut'ge Tränen glänzten, blieb er stehn Und maß mit jenem Blick der Medici, Dem kühlen, überlegenen, das Volk, Das ohne Schwertstreich sich ihm unterwarf. (Mit gesteigerter Leidenschaft.) Und niemand griff nach einem Stein, und keiner Besaß den Mut, auch nur die Faust zu ballen, Den Mund zu einem Fluch zu öffnen! Schon Sah ich die Krämer mit dem Vorteil rechnen, Leichtsinn'ge Jugend mit der Lustbarkeit –

Maria Doch hört' ich heut, die fremden Söldnerscharen Verließen unsre Stadt; die Nachbarin Erzählte mir, das sei des Herzogs Werk.

Fra Sebastiano Ein gutes Werk und eines Christen würdig! Wie Wölfe, die der Hunger aus der Berge