Nachricht von den neuesten Schicksalen des Hundes Berganza - E.T.A. Hoffmann - E-Book

Nachricht von den neuesten Schicksalen des Hundes Berganza E-Book

E.T.A. Hoffmann

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Beschreibung

Mit dem Werkbeitrag aus Kindlers Literatur Lexikon. Mit dem Autorenporträt aus dem Metzler Lexikon Weltliteratur. Mit Daten zu Leben und Werk, exklusiv verfasst von der Redaktion der Zeitschrift für Literatur TEXT + KRITIK. Ein Hund, der sprechen kann? Eine Kleinigkeit! Denn bei Berganza handelt es sich um einen überaus »poetischen Hund«, der mehr von den wahren Künsten versteht als die meisten Menschen. In einem nächtlichen Gespräch erzählt er von seiner Zeit bei dem Kapellmeister Johannes Kreisler, seinen Erfahrungen als Theaterhund und dem großen Eklat, als er mit einem rüpelhaften Bräutigam in dessen Hochzeitsnacht auf Tuchfühlung geht. – E.T.A. Hoffmann lässt mit dem Hund Berganza den Helden aus einer Gesellschaftssatire von Cervantes wiederauferstehen.

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E.T.A. Hoffmann

Nachricht von den neuesten Schicksalen des Hundes Berganza

 

 

 

 

Nachricht von den neuesten Schicksalen des Hundes Berganza[*]

Wie die Geister Ossians aus dem dicken Nebel, trat ich aus dem mit Tabaksdampf erfüllten Zimmer hinaus in das Freie. Der Mond war hell aufgegangen, und zu meinem Glück; denn, indem allerlei Gedanken, Ideen, Entwürfe, gleich einer innern Melodie an der harmonischen Begleitung des lauten Gesprächs der Gäste hinliefen, hatte ich, die Uhr überhörend, mich verspätet, und sollte nun noch eine Viertelstunde Weges durch den Park nach der Stadt zurücklaufen. Bekanntlich wird man in – y – dicht bei dem Wirthause erst über den Strom gesetzt, und tritt dann jenseits desselben in den Park, der sich bis zur Stadt hinzieht. Mit der Weisung des Fährmanns, mich recht auf dem breiten Wege zu halten, weil ich dann unmöglich fehl gehen könne, lief ich in der kühlen Nacht rasch von dannen, und war schon ein paar Schritte bei dem im Mondschein hell aufschimmernden Standbilde des heiligen Nepomuk vorüber, als ich mehrmals hintereinander angstvolle Seufzer ausstoßen hörte. Unwillkürlich stand ich still – mich durchflog die frohe Ahnung, es könne mir wohl etwas ganz Besonderes begegnen, was in diesem ordinären hausbacknen Leben immer mein Wunsch und Gebet ist, und ich beschloß den Seufzenden aufzusuchen. – Der Ton führte mich hinter den heiligen Nepomuk in das Dickicht hinein bis zu einer Moosbank. Da hörten die Seufzer plötzlich auf, und ich glaubte schon mich getäuscht zu haben, als ich dicht hinter mir eine dumpfe zitternde Stimme vernahm, die mühsam und abgebrochen folgende Worte sprach:

»Grausames Verhängnis! Verfluchte Cannizares, so ist denn deine Wut auch noch mächtig im Tode? – Fandest du denn nicht in der Hölle deine verruchte Montiela, samt ihrem Satans-Bastard! – Oh! – Oh! – Oh!«

Ich erblickte niemanden; – aus der Tiefe schienen die Töne zu kommen, und plötzlich richtete sich ein schwarzer Bullenbeißer, der dicht an der Moosbank gelegen, vor mir in die Höhe, sank aber sogleich in krampfhaften Verzuckungen nieder und schien zu sterben. – Unbezweifelt hatte er geseufzt und jene Worte gesprochen, welches mir freilich ein wenig wunderbar vorkam, da ich noch nie einen Hund so vernehmlich sprechen gehört; ich faßte mich indessen und hielt es wohl der Mühe wert, das ächzende Tier, dem in der mondhellen Nacht an der Statue des heiligen Nepomuk vielleicht die Todesangst die lange gebundene Zunge zum ersten Male löste, mit allem mir nur möglichen Beistande zu versehen. Ich holte aus dem nahen Fluß Wasser in meiner Hutkrempe und besprengte ihn damit, worauf er ein paar feurige Augen aufschlug und mir knurrend Zähne wies, deren sich der stattlichste Solofänger nicht hätte schämen dürfen. Mir wurde dabei nicht ganz wohl zu Mute, allein bei einem verständigen Hunde, welcher spricht, und daher ganz natürlich auch das zu ihm Gesprochene versteht, dachte ich, ist mit Artigkeit alles auszurichten.

»Mein Herr«, fing ich an, »Sie befanden sich soeben etwas übel; Sie waren, sozusagen, ganz auf den Hund gekommen, unerachtet Sie selbst einer scheinen zu wollen belieben. Fürwahr! daß Sie jetzt noch so erschreckliche Blicke werfen, daß Sie noch was weniges knurren können, haben Sie bloß dem Wasser zu verdanken, das ich Ihnen in meinem ganz neuen Hute, mit der augenscheinlichsten Gefahr mir die Stiefeln naß zu machen, aus dem nahen Flusse herbeigeholt.«

Der Hund richtete sich mühsam auf, und indem er mit seitwärts gekrümmtem Leibe und ausgestreckten Vordertatzen bequem sich hinlegte, schauete er mich lange an, jedoch mit etwas milderem Blicke, als vorher; er schien zu überlegen, ob er wohl sprechen solle oder nicht. Endlich begann er:

»Du hast mir geholfen? – In Wahrheit, hättest du dich weniger zierlich ausgedrückt, ich könnte zweifeln, du seist wirklich ein Mensch! – Doch du hast mich vielleicht sprechen gehört, da ich die üble Gewohnheit habe, mit mir selbst zu reden, wenn mir der Himmel die Gabe der Sprache verleiht, und da war es vielleicht nur Neugierde, die dich antrieb, mir beizustehen. Wahres Mitleiden mit einem Hunde, das wäre gar nicht menschlich.«

In meiner einmal angenommenen Artigkeit verharrend, suchte ich dem Hunde darzutun, wie ich sein Geschlecht überhaupt liebe, und in diesem Geschlecht nun wieder insbesondere die Gattung, aus der er entsprossen. – Möpse und Bologneser verachte ich unendlich als saft- und kraftlose Schmarotzer ohne Heldensinn u.s.w. – Welches Ohr verschließt sich wohl hienieden hartnäckig dem süßen Laut der Schmeichelei, selbst auf dem Kopfe des Bullenbeißers neigte es sich willig meiner wohlgesetzten Rede, und ein kaum merkliches, aber graziöses Wedeln mit dem Schwanze bezeugte mir das steigende Wohlwollen in der Brust des Hundes Timon.

»Du scheinst«, hub er mit dumpfer, kaum verständlicher Stimme an: »du scheinst mir vom Himmel gesendet zu meinem besondern Troste, indem du ein Vertrauen in mir erregst, das ich längst nicht kannte! – Und selbst das Wasser, das du mir brachtest, hat mich, als verschließe es in sich eine ganz besondere Kraft, wunderbar gelabt und erheitert. – Wenn ich denn nun reden darf, so tut es mir wohl, mich über meine Leiden und Freuden in menschlichen Tönen auszuschwatzen, weil eure Sprache doch recht dazu geeignet scheint, durch die für so manche Gegenstände und Erscheinungen in der Welt erfundenen Wörter, die Begebenheiten recht deutlich darzulegen; wiewohl, was die innern Zustände der Seele und allerlei dadurch entstehende Beziehungen und Verknüpfungen mit den äußern Dingen betrifft, es mir vorkommt, als sei, um diese auszudrücken, mein in tausend Arten und Abstufungen gemodeltes Knurren, Brummen und Bellen ebenso hinreichend, vielleicht noch hinreichender als eure Worte; und oft als Hund in meiner Sprache nicht verstanden, glaubte ich, es läge mehr an euch, daß ihr nicht trachtetet, mich zu verstehen, als an mir, daß ich mich nicht gehörig auszudrücken wüßte.«

»Teuerster Freund«, fiel ich ein, »du hast in diesem Augenblick über unsere Sprache einen recht tiefen Gedanken angedeutet, und es scheint mir, als verbändest du Verstand mit Gemüt, welches in der Tat eine recht seltne Sache ist. – Versteh übrigens den Ausdruck: Gemüt, richtig, oder sei vielmehr überzeugt, daß er mir nicht bloß als schales Wort gilt, wie vielen so ganz Gemütlosen, die ihn beständig im Munde führen. – Doch ich habe dich unterbrochen!«

»Gestehe es nur ein«, erwiderte der Hund, »nur die Furcht vor dem Ungewöhnlichen, meine dumpfen Worte, meine Gestalt, die im Mondschein nicht eben Zutrauen erwecken kann, machten dich erst so geschmeidig, so artig. – Nun hast du Vertrauen zu mir gefaßt, du nennst mich: Du! und das ist mir recht. – Willst du, so laß uns die Nacht verplaudern; vielleicht unterhältst du dich heute besser, als gestern, da du ganz unmutig aus der gelehrten Versammlung die Treppe herabstolpertest.«

»Wie, du hättest mich gestern …?«

»Ja, ich erinnere mich jetzt in der Tat, daß du es warst, der mich in jenem Hause beinahe überlief; wie ich dahin gekommen, davon später – jetzt will ich dir ganz rücksichtslos, wie einem alten Freunde vertrauen, mit wem du sprichst!«

»Du merkst, wie gespannt ich bin.«

»So wisse denn, daß ich jener Hund Berganza bin, der vor länger als hundert Jahren in Valladolid im Hospital zur Auferstehung –«

Länger konnte ich nicht an mich halten, so hatte mich der Name: Berganza! elektrisiert. »Bester Mann!« rief ich in stürmischer Freude aus: »wie! Sie selbst wären der prächtige, kluge, gescheite, gemütliche Berganza, an den der Lizentiat Peralta durchaus nicht glauben wollte, dessen goldne Worte sich aber der Fähnrich Campuzano so gut hinters Ohr geschrieben hatte? O Gott, wie freue ich mich, nun so von Aug zu Auge den lieben Berganza –«

»Halt, halt«, rief Berganza, »wie freue ich mich, auch den mir wohlbekannten Mann gerade in der Nacht, da mir wieder die Rede kam, im Walde wiederzufinden, der nun schon manche liebe Woche, manchen lieben Monat hier seine Zeit vertrödelt, manchmal einen lustigen, seltener einen poetischen Einfall, niemals Geld in der Tasche, aber desto öfter ein Glas Wein zu viel im Kopfe hat; der schlechte Verse und gute Musik macht, den Neunzehntel nicht mögen, weil sie ihn für unklug halten – den –«

»Still – still, Berganza! ich merke, daß du mich nur zu gut kennst, daher lege ich jede Scheu ab. Ehe du mir (wie ich denn hoffe, daß du es tun wirst) indessen die wunderbare Art erzählst, wie du dich so lange erhieltest und endlich von Valladolid bis hieher kamst, so sage mir, warum dir, wie es mir scheint, mein Tun und Treiben so wenig gefällt?«

»Das ist gar nicht der Fall«, erwiderte Berganza, »ich ehre deine literarischen Bemühungen und deinen Sinn für das Poetische. – So wirst du z.B. ohne Zweifel unser heutiges Gespräch aufschreiben und drucken lassen, weshalb ich mich denn bemühen will, meine beste Seite herauszukehren und so schön zu sprechen, als es mir nur möglich ist. – Allein, mein Freund – glaub es – ein Hund von Erfahrung spricht mit dir! – Dein Blut fließt zu heiß durch die Adern, deine Fantasie zerbricht im Mutwillen oft magische Kreise und wirft dich unbereitet und ohne Waffe und Wehr in ein Reich, dessen feindliche Geister dich einmal vernichten können. Fühlst du das, so trinke weniger Wein, und um dich mit dem Neunzehntel, das dich für unklug hält, auszusöhnen, so schreibe über den Arbeitstisch, über die Stubentüre, oder wo du es sonst noch anzubringen vermagst, des Pater Franziskaners goldne Regel hin, nach der man die Welt gehen lassen, wie sie geht, und von dem Herrn Pater Prior nichts als Gutes reden muß! – Aber sage mir, mein Freund! hast du nichts bei dir, womit ich den starken Appetit, der sich eben bei mir plötzlich aufregt, nur einigermaßen zum Schweigen bringen könnte?«

Ich besann mich auf ein Butterbrot, das ich zum einsamen Morgenspaziergang mitgenommen und nicht verzehrt hatte, und fand es noch eingewickelt in der Tasche.

»Eine Wurst oder überhaupt ein Stück Fleisch wäre mir lieber gewesen, allein Not bricht Eisen«, sagte Berganza, und verzehrte mit Wohlgefallen das Butterbrot, welches ich ihm brockenweise in das Maul steckte. – Nachdem alles aufgegessen war, versuchte er einige Sprünge, die ziemlich steif und ungelenk ausfielen, wobei er mehrmals beinahe wie ein Mensch laut schnupfte und nieste; dann legte er sich in der Stellung der Sphinx gerade vor die Moosbank, auf der ich saß, hin und fing, mich mit seinen hellfunkelnden Augen steif anblickend, in folgender Art an:

»Zwanzig Tage und Nächte, mein lieber Freund, würden nicht hinreichen, dir alle die wunderbaren Begebenheiten, die mancherlei Abenteuer und besonderen Erfahrungen zu erzählen, die mein Leben ausfüllten, seit der Zeit, da ich das Hospital der Auferstehung in Valladolid verließ. – Aber nur die Art, wie ich aus dem Dienste des Mahudes kam, und meine neuesten Schicksale sind dir zu wissen nötig, und auch diese Erzählung wird so lang ausfallen, daß ich dich bitten muß, mich nicht viel zu unterbrechen. Nur wenige Worte, nur mitunter eine Reflexion erlaube ich dir, wenn sie gescheit ist; ist sie aber einfältig, so behalte sie bei dir und störe mich nicht unnützerweise, da ich eine gute Brust habe, und viel in einem Atem sprechen kann, ohne auszuschnaufen.«

Ich versprach das, ihm die rechte Hand hinreichend, in die er seine kräftige rechte Vorderpfote legte, die ich auf biedere deutsche Weise drückte und schüttelte. Eins der schönsten Freundschaftsbündnisse, die der Mond je beschienen, war geschlossen, und Berganza fuhr also weiter fort:

BERGANZA:

Du weißt, daß damals, als mir und meinem verewigten Freunde Scipio (dem der Himmel eine fröhliche Urstätt geben möge) die Gabe der Rede zum ersten Male verliehen war, der Fähnrich Campuzano, der von den ungeheuersten Schmerzen gequält, sprachlos auf der Matratze im Hospital lag, unser Gespräch belauschte; und da der vortreffliche Don Miguel de Cervantes Saavedra, Campuzanos Ausbeute der Welt erzählt, kann ich voraussetzen, daß dir meine damaligen Begebenheiten, die ich meinem lieben unvergeßlichen Scipio mitteilte, genau bekannt sind. Du weißt daher, daß es meines Amtes war, den Bettelmönchen, die Almosen für das Hospital einsammelten, die Laterne vorzutragen. Nun begab es sich, daß ich in der am weitesten von unserm Kloster gelegenen Straße, wo eine alte Dame jedesmal reichlich spendete, länger mit der Leuchte stehen bleiben mußte als gewöhnlich, da sich die wohltätige Hand am Fenster nicht zeigen wollte. Mahudes rief mir zu, den Platz zu verlassen – o wäre ich seinem Rate gefolgt! – Aber die bösen feindlichen Mächte hatten sich vereint zu der verderblichen Konstellation, die mein unglückliches Schicksal entschied. Scipio heulte warnend – Mahudes bat in kläglichen Akzenten. Schon wollte ich fort – da rauschte es am Fenster – ein Päckchen fiel herab; ich wollte hin, da fühlte ich mich von dürren Schlangenarmen umklammert, ein langer Storchhals dehnte sich aus über meinen Nacken, eine spitzige eiskalte Geiernase berührte meine Schnauze – blaue – pestdampfende Lippen hauchten mich an mit todbringendem Höllenatem – die Leuchte entsank meinen Zähnen, ein Faustschlag zerstörte sie.

»Hab ich dich endlich – du Hurensohn! – du garstiger, du geliebter Montiel! Jetzt lasse ich dich nicht mehr, o mein Sohn Montiel – mein guter Junge, habe ich dich endlich!«

So schrie die schnarrende Stimme des Ungetüms mir in die Ohren! – Ach, ich war außer mir selbst – das verfluchteste Ungeheuer der Hölle, die verdammte Cannizares war’s, die auf meinen Rücken gesprungen, mich fest umklammert hielt – mein Atem stockte. – Mit dem besten Häscherhauptmann und seinen Gesellen hätte ich es, wohlgefüttert und stark, wie ich war, aufgenommen, allein hier sank mein Mut! – O daß dich Beelzebub tausendmal in seinem Schwefelpfuhl ertränkt hätte! – Ich fühlte den ekelhaften Leichnam, wie er sich in meine Rippen einnistete. – Die Brüste schlotterten, gleich ledernen Beuteln, am Halse herunter, indem die langen winddürren Beine nachschleppten, und das zerrissene Gewand sich um meine Pfoten schlang. – O des entsetzlichen unglückseligen Augenblicks!

ICH:

Wie, Berganza – deine Stimme stockt – ich sehe Tränen in deinen Augen? – Kannst du denn weinen? – Hast du uns das abgelernt, oder ist dir dieser Ausdruck des Schmerzes natürlich?

BERGANZA:

Ich danke dir. Du hast so zu rechter Zeit meine Erzählung unterbrochen; gemildert ist der Eindruck der gräßlichen Szene, und ehe ich fortfahre, kann ich dir etwas von der Natur meiner lieben Brüder sagen, das du gut tätest, dir recht wohl zu merken. – Hast du denn noch nie einen Hund weinen gesehn? – Allerdings hat die Natur, so wie euch, auch uns mit eigner Ironie gezwungen, in dem feuchten Element des Wassers den Ausdruck der Rührung und des Schmerzes zu suchen, wogegen sie uns die Erschütterung des Zwerchfells, wodurch die närrischen Laute entstehen, welche ihr Lachen nennt, ganz versagt hat. Das Lachen muß daher wohl rein menschlicher sein, als das Weinen. Aber gütig sind wir für euer Lachen durch einen besondern Organismus entschädigt, der den Teil unsers Körpers beseelt, welchen euch die Natur ganz versagt, oder, weil, wie manche Physiologen behaupten, ihr ihn, seine Zierde verkennend und verschmähend, beständig eigenmächtig weggeworfen habt, euch zuletzt entzogen hat. – Ich meine nichts anderes, als dasjenige hundertfach modifizierte Hin- und Herbewegen unseres Schweifes, wodurch wir alle Nuancen unseres Wohlgefallens, von der leisesten Rührung der Lust bis zur ausgelassensten Freude, zu bezeichnen wissen, und welches ihr schlecht genug: wedeln, nennt. Adel der Seele – Hoheit – Stärke – Anmut und Grazie sprechen sich bei uns aus in dem Tragen des Schweifes, und sehr schön liegt auch daher in diesem Teil der Ausdruck unseres innern Wohlbefindens, so wie in dem gänzlichen Verstecken, Einklemmen desselben, der Ausdruck der höchsten Angst, der qualvollsten Trauer – doch laß uns zu meinem gräßlichen Abenteuer zurückkehren.

ICH:

Deine Reflexion über dich und dein Geschlecht, lieber Berganza, zeugt von deinem philosophischen Geiste, und so lasse ich’s mir wohl gefallen, daß du zuweilen die Geschichte unterbrichst.

BERGANZA:

Immer mehr hoffe ich dich von dem Adel meines Geschlechts zu überzeugen. Ist dir nicht die den Katzen eigne Bewegung des Schweifes von jeher ängstlich, ja unerträglich gewesen? Liegt nicht in diesen gewundenen spiralförmigen Drehungen der Ausdruck der verstellten Freundlichkeit, des versteckten tückischen Hohns, des verbissenen Hasses? – Und dagegen – mit welcher offenen Biederkeit, mit welchem unverstellten Frohsinn wedeln wir! – Bedenke das, mein Lieber! und schätze Hunde!

ICH: