Nathan der Weise. Ein dramatisches Gedicht - Gotthold Ephraim Lessing - E-Book

Nathan der Weise. Ein dramatisches Gedicht E-Book

Gotthold Ephraim Lessing

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Gotthold Ephraim Lessings letztes Werk um den Juden Nathan und dessen schöner junger Tochter Recha sowie mit der berühmten Ringparabel. Korrektur gelesen und in neuer deutscher Rechschreibung.

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Gotthold Ephraim Lessing

Nathan der Weise. Ein dramatisches Gedicht

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Zum Buch

Gotthold Ephraim Lessings letztes Werk um den Juden Nathan und dessen schöner junger Tochter Recha sowie mit der berühmten Ringparabel. Korrektur gelesen und in neuer deutscher Rechschreibung.

 

Personen

Sultan Saladin

 

Sittah dessen Schwester

 

Nathan ein reicher Jude in Jerusalem

 

Recha dessen angenommene Tochter

 

Daja eine Christin, aber in dem Hause des Juden, als Gesellschafterin der Recha

 

Ein junger Tempelherr

 

Ein Derwisch

 

Der Patriarch von Jerusalem

 

Ein Emirnebst verschiednenMameluckendes Saladin

 

 

Die Szene ist in Jerusalem

Erster Aufzug

Erster Auftritt

 

Szene: Flur in Nathans Hause

Nathan von der Reise kommend, Daja ihm entgegen

 

 

Daja Er ist es! Nathan! – Gott sei ewig Dank,

Dass Ihr doch endlich einmal wiederkommt.

Nathan Ja, Daja; Gott sei Dank! Doch warum endlich?

Hab’ ich denn eher wiederkommen wollen?

Und wiederkommen können? Babylon

Ist von Jerusalem, wie ich den Weg,

Seitab bald rechts, bald links, zu nehmen bin

Genötigt worden, gut zweihundert Meilen;

Und Schulden einkassieren, ist gewiss

Auch kein Geschäft, das merklich fördert, das

So von der Hand sich schlagen lässt.

Daja O Nathan,

Wie elend, elend hättet Ihr indes

Hier werden können! Euer Haus …

Nathan Das brannte.

So hab’ ich schon vernommen. – Gebe Gott,

Dass ich nur alles schon vernommen habe!

Daja Und wäre leicht von Grund aus abgebrannt.

Nathan Dann, Daja, hätten wir ein neues uns

Gebaut; und ein bequemeres.

Daja Schon wahr! –

Doch Recha war’ bei einem Haare mit

Verbrannt.

Nathan Verbrannt? Wer? Meine Recha? Sie? -

Das hab’ ich nicht gehört. – Nun dann! So hätte

Ich keines Hauses mehr bedurft. – Verbrannt

Bei einem Haare! - Ha! Sie ist es wohl!

Ist wirklich wohl verbrannt! – Sag nur heraus!

Heraus nur! – Töte mich: Und martre mich

Nicht länger. – Ja, sie ist verbrannt.

Daja Wenn sie

Es wäre, würdet Ihr von mir es hören?

Nathan Warum erschreckest du mich denn? – O Recha!

O meine Recha!

Daja Eure? Eure Recha?

Nathan Wenn ich mich wieder je entwöhnen müsste,

Dies Kind mein Kind zu nennen!

Daja Nennt Ihr alles,

Was Ihr besitzt, mit ebenso viel Rechte

Das Eure?

Nathan Nichts mit größerm! Alles, was

Ich sonst besitze, hat Natur und Glück

Mir zugeteilt. Dies Eigentum allein

Dank’ ich der Tugend.

Daja O wie teuer lasst

Ihr Eure Güte, Nathan, mich bezahlen!

Wenn Güt’, in solcher Absicht ausgeübt,

Noch Güte heißen kann!

Nathan In solcher Absicht?

In welcher?

Daja Mein Gewissen …

Nathan Daja, lass

Vor allen Dingen dir erzählen …

Daja Gewissen, sag’ ich …

Nathan Was in Babylon

Für einen schönen Stoff ich dir gekauft.

So reich, und mit Geschmack so reich! Ich bringe

Für Recha selbst kaum einen schöneren mit.

Daja Was hilft’s? Denn mein Gewissen, muss ich Euch

Nur sagen, lässt sich nicht länger betäuben.

Nathan Und wie die Spangen, wie die Ohrgehenke,

Wie Ring und Kette dir gefallen werden,

Die in Damaskus ich dir ausgesucht:

Verlanget mich zu sehn.

Daja So seid Ihr nun!

Wenn Ihr nur schenken könnt! Nur schenken könnt!

Nathan Nimm du so gern, als ich dir geb’: – und schweig!

Daja Und schweig! – Wer zweifelt, Nathan, dass Ihr nicht

Die Ehrlichkeit, die Großmut selber seid?

Und doch …

Nathan Doch bin ich nur ein Jude. – Gelt,

Das willst du sagen?

Daja Was ich sagen will,

Das wisst Ihr besser.

Nathan Nun so schweig!

Daja Ich schweige.

Was Sträfliches vor Gott hierbei geschieht,

Und ich nicht hindern kann, nicht ändern kann –

Nicht kann –, komm’ über Euch!

Nathan Komm’ über mich! –

Wo aber ist sie denn? Wo bleibt sie? – Daja,

Wenn du mich hintergehst! – Weiß sie es denn,

Dass ich gekommen bin?

Daja Das frag’ ich Euch!

Noch zittert ihr der Schreck durch jede Nerve.

Noch malet Feuer ihre Fantasie

Zu allem, was sie malt. Im Schlafe wacht,

Im Wachen schläft ihr Geist: bald weniger

Als Tier, bald mehr als Engel.

Nathan Armes Kind!

Was sind wir Menschen!

Daja Diesen Morgen lag

Sie lange mit verschlossnem Aug’ und war

Wie tot. Schnell fuhr sie auf, und rief: „Horch! Horch!

Da kommen die Kamele meines Vaters!

Horch! Seine sanfte Stimme selbst!“ – Indem

Brach sich ihr Auge wieder: Und ihr Haupt,

Dem seines Armes Stütze sich entzog,

Stürzt’ auf das Kissen. – Ich, zur Pfort’ hinaus!

Und sieh: Da kommt Ihr wahrlich! Kommt Ihr wahrlich! –

Was Wunder! Ihre ganze Seele war

Die Zeit her nur bei Euch – und ihm. –

Nathan Bei ihm?

Bei welchem Ihm?

Daja Bei ihm, der aus dem Feuer

Sie rettete.

Nathan Wer war das? Wer? – Wo, ist er?

Wer rettete mir meine Recha? Wer?

Daja Ein junger Tempelherr, den, wenig Tage

Zuvor, man hier gefangen eingebracht,

Und Saladin begnadigt hatte.

Nathan Wie?

Ein Tempelherr, dem Sultan Saladin

Das Leben ließ? Durch ein geringres Wunder

War Recha nicht zu retten? Gott!

Daja Ohn’ ihn,

Der seinen unvermuteten Gewinst

Frisch wieder wagte, war es aus mit ihr.

Nathan Wo ist er, Daja, dieser edle Mann? –

Wo ist er? Führe mich zu seinen Füßen.

Ihr gabt ihm doch vors Erste, was an Schätzen

Ich euch gelassen hatte? Gabt ihm alles?

Verspracht ihm mehr? Weit mehr?

Daja Wie konnten wir

Nathan Nicht? Nicht?

Daja Er kam, und niemand weiß woher,

Er ging, und niemand weiß wohin. – Ohn’ alle

Des Hauses Kundschaft, nur von seinem Ohr

Geleitet, drang, mit vorgespreiztem Mantel,

Er kühn durch Flamm’ und Rauch der Stimme nach

Die uns um Hülfe rief. Schon hielten wir

Ihn für verloren, als aus Rauch und Flamme

Mit eins er vor uns stand, im starken Arm

Empor sie tragend. Kalt und ungerührt

Vom Jauchzen unsers Danks, setzt seine Beute

Er nieder, drängt sich unters Volk und ist –

Verschwunden!

Nathan Nicht auf immer, will ich hoffen.

Daja Nachher die ersten Tage sahen wir

Ihn untern Palmen auf und nieder wandeln,

Die dort des Auferstandnen Grab umschatten.

Ich nahte mich ihm mit Entzücken, dankte.

Erhob, entbot, beschwor – nur einmal noch

Die fromme Kreatur zu sehen, die

Nicht ruhen könne, bis sie ihren Dank

Zu seinen Füßen ausgeweinet.

Nathan Nun?

Daja Umsonst! Er war zu unsrer Bitte taub

Und goss so bittern Spott auf mich besonders …

Nathan Bis dadurch abgeschreckt …

Daja Nichts weniger!

Ich trat ihn jeden Tag von Neuem an;

Ließ jeden Tag von Neuem mich verhöhnen.

Was litt ich nicht von ihm! Was hätt’ ich nicht

Noch gern ertragen! – Aber lange schon

Kommt er nicht mehr, die Palmen zu besuchen,

Die unsers Auferstandnen Grab umschatten;

Und niemand weiß, wo er geblieben ist. –

Ihr staunt? Ihr sinnt?

Nathan Ich überdenke mir,

Was das auf einen Geist, wie Rechas, wohl

Für Eindruck machen muss. Sich so verschmäht

Von dem zu finden, den man hochzuschätzen

Sich so gezwungen fühlt; so weggestoßen,

Und doch so angezogen werden; – Traun,

Da müssen Herz und Kopf sich lange zanken,

Ob Menschenhass, ob Schwermut siegen soll.

Oft siegt auch keines; und die Fantasie,

Die in den Streit sich mengt, macht Schwärmer,

Bei welchen bald der Kopf das Herz, und bald

Das Herz den Kopf muss spielen. – Schlimmer Tausch!

Das Letztere, verkenn’ ich Recha nicht,

Ist Rechas Fall: Sie schwärmt.

Daja Allein so fromm,

So liebenswürdig!

Nathan Ist doch auch geschwärmt!

Daja Vornehmlich eine – Grille, wenn Ihr wollt,

Ist ihr sehr wert. Es sei ihr Tempelherr

Kein irdischer und keines irdischen;

Der Engel einer, deren Schutze sich

Ihr kleines Herz, von Kindheit auf, so gern

Vertrauet glaubte, sei aus seiner Wolke,

In die er sonst verhüllt, auch noch im Feuer,

Um sie geschwebt, mit eins als Tempelherr

Hervorgetreten. – Lächelt nicht! – Wer weiß?

Lasst lächelnd wenigstens ihr einen Wahn,

In dem sich Jud’ und Christ und Muselmann

Vereinigen; – so einen süßen Wahn!

Nathan Auch mir so süß! – Geh, wackre Daja, geh;

Sieh, was sie macht; ob ich sie sprechen kann. –

Sodann such’ ich den wilden, launigen

Schutzengel auf. Und wenn ihm noch beliebt,

Hienieden unter uns zu wallen; noch

Beliebt, so ungesittet Ritterschaft

Zu treiben: Find’ ich ihn gewiss; und bring’

Ihn her.

Daja Ihr unternehmet viel.

Nathan Macht dann

Der süße Wahn der süßern Wahrheit Platz: –

Denn, Daja, glaube mir; dem Menschen ist

Ein Mensch noch immer lieber als ein Engel –

So wirst du doch auf mich, auf mich nicht zürnen,

Die Engelschwärmerin geheilt zu sehn?

Daja Ihr seid so gut, und seid zugleich so schlimm!

Ich geh’! – Doch hört! Doch seht! – Da kommt sie selbst.

 

 

Zweiter Auftritt

 

Recha und die Vorigen

 

Recha So seid Ihr es doch ganz und gar, mein Vater?

Ich glaubt’, Ihr hättet Eure Stimme nur

Vorausgeschickt. Wo bleibt Ihr? Was für Berge,

Für Wüsten, was für Ströme trennen uns

Denn noch? Ihr atmet Wand an Wand mit ihr,

Und eilt nicht, Eure Recha zu umarmen?

Die arme Recha, die indes verbrannte! –

Fast, fast verbrannte! Fast nur. Schaudert nicht!

Es ist ein garst’ger Tod, verbrennen, O!

Nathan Mein Kind! Mein liebes Kind!

Recha Ihr musstet über

Den Euphrat, Tigris, Jordan; über – wer

Weiß was für Wasser all? Wie oft hab’ ich

Um Euch gezittert, eh das Feuer mir

So nahe kam: Denn seit das Feuer mir

So nahe kam; dünkt mich im Wasser sterben

Erquickung, Labsal, Rettung. – Doch Ihr seid

Ja nicht ertrunken; ich, ich bin ja nicht

Verbrannt. Wie wollen wir uns freu’n und Gott

Gott loben! Er, er trug Euch und den Nachen

Auf Flügeln seiner unsichtbaren Engel

Die ungetreuen Ström’ hinüber. Er,

Er winkte meinem Engel, dass er sichtbar

Auf seinem weißen Fittiche, mich durch

Das Feuer trüge –

Nathanbeiseite Weißem Fittiche!

Ja, ja! Der weiße, vorgespreizte Mantel

Des Tempelherrn.

Recha Er sichtbar, sichtbar mich

Durchs Feuer trüg’, von seinem Fittiche

Verweht. – Ich also, ich hab’ einen Engel

Von Angesicht zu Angesicht gesehn;

Und meinen Engel.

Nathan Recha wär’ es wert;

Und würd’ an ihm nichts Schönres sehn, als er

An ihr.

Rechalächelnd Wem schmeichelt Ihr, mein Vater? Wem?

Dem Engel oder Euch?

Nathan Doch hätt’ auch nur

Ein Mensch – ein Mensch, wie die Natur sie täglich

Gewährt, dir diesen Dienst erzeigt: Er müsste

Für dich ein Engel sein. Er müsst’ und würde.

Recha Nicht so ein Engel; nein! Ein wirklicher;

Es war gewiss ein wirklicher! – Habt Ihr,

Ihr selbst die Möglichkeit, dass Engel sind,

Dass Gott zum Besten derer, die ihn lieben,

Auch Wunder könne tun, mich nicht gelehrt?

Ich lieb’ ihn ja.

Nathan Und er liebt dich; und tut

Für dich, und deinesgleichen, stündlich Wunder;

Ja, hat sie schon von aller Ewigkeit

Für euch getan.

Recha Das hör’ ich gern.

Nathan Wie? Weil

Es ganz natürlich, ganz alltäglich klänge,

Wenn dich ein eigentlicher Tempelherr

Gerettet hätte: Sollt’ es darum weniger

Ein Wunder sein? – Der Wunder höchstes ist,

Dass uns die wahren, echten Wunder so

Alltäglich werden können, werden sollen.

Ohn’ dieses allgemeine Wunder, hätte

Ein Denkender wohl schwerlich Wunder je

Genannt, was Kindern bloß so heißen müsste,

Die gaffend nur das Ungewöhnlichste,

Das Neuste nur verfolgen.

Daja zu Nathan Wollt Ihr denn

Ihr ohnedem schon überspanntes Hirn

Durch solcherlei Subtilitäten ganz

Zersprengen?

Nathan Lass mich! – Meiner Recha wär’

Es Wunders nicht genug, dass sie ein Mensch

Gerettet, welchen selbst kein kleines Wunder

Erst retten müssen? Ja, kein kleines Wunder!

Denn wer hat schon gehört, dass Saladin

Je eines Tempelherrn verschont? Dass je

Ein Tempelherr von ihm verschont zu werden

Verlangt? Gehofft? Ihm je für seine Freiheit

Mehr als den ledern Gurt geboten, der

Sein Eisen schleppt; und höchstens seinen Dolch?

Recha Das schließt für mich, mein Vater. – Darum eben

War das kein Tempelherr; er schien es nur. -

Kömmt kein gefangner Tempelherr je anders

Als zum gewissen Tode nach Jerusalem;

Geht keiner in Jerusalem so frei

Umher: Wie hätte mich des Nachts freiwillig

Denn einer retten können?

Nathan Sieh! Wie sinnreich.

Jetzt, Daja, nimm das Wort. Ich hab’ es ja

Von dir, dass er gefangen hergeschickt

Ist worden. Ohne Zweifel weißt du mehr.

Daja Nun ja. – So sagt man freilich; – doch man sagt

Zugleich, dass Saladin den Tempelherrn

Begnadigt, weil er seiner Brüder einem,

Den er besonders liebgehabt, so ähnlich sehe.

Doch da es viele zwanzig Jahre her,

Dass dieser Bruder nicht mehr lebt – er hieß,

Ich weiß nicht wie; – er blieb, ich weiß nicht wo:

So klingt das ja so gar – so gar unglaublich,

Dass an der ganzen Sache wohl nichts ist.

Nathan Ei, Daja! Warum wäre denn das so

Unglaublich? Doch wohl nicht – wie’s wohl geschieht –

Um lieber etwas noch Unglaublichers

Zu glauben? – Warum hätte Saladin,

Der sein Geschwister insgesamt so liebt,

In jüngern Jahren einen Bruder nicht

Noch ganz besonders lieben können? – Pflegen

Sich zwei Gesichter nicht zu ähneln? – Ist

Ein alter Eindruck ein verlorner? – Wirkt

Das Nämliche nicht mehr das Nämliche? –

Seit wenn? – Wo steckt hier das Unglaubliche? –

Ei freilich, weise Daja, wär’s für dich

Kein Wunder mehr; und deine Wunder nur

Bedürf … verdienen, will ich sagen, Glauben.

Daja Ihr spottet.

Nathan Weil du meiner spottest. – Doch

Auch so noch, Recha, bleibet deine Rettung

Ein Wunder, dem nur möglich, der die strengsten

Entschlüsse, die unbändigsten Entwürfe

Der Könige, sein Spiel – wenn nicht sein Spott –

Gern an den schwächsten Fäden lenkt.

Recha Mein Vater!

Mein Vater, wenn ich irr’, Ihr wisst, ich irre

Nicht gern.

Nathan Vielmehr, du lässt dich gern belehren. –

Sieh! Eine Stirn, so oder so gewölbt;

Der Rücken einer Nase, so vielmehr

Als so geführet; Augenbraunen, die

Auf einem scharfen oder stumpfen Knochen

So oder so sich schlängeln; eine Linie,

Ein Bug, ein Winkel, eine Falt’, ein Mal,

Ein Nichts, auf eines wilden Europäers

Gesicht: – Und du entkömmst dem Feu’r, in Asien!

Das wär’ kein Wunder, wundersücht’ges Volk?

Warum bemüht ihr denn noch einen Engel?

Daja Was schadet’s – Nathan, wenn ich sprechen darf-

Bei alle dem, von einem Engel lieber

Als einem Menschen sich gerettet denken?

Fühlt man der ersten unbegreiflichen

Ursache seiner Rettung nicht sich so

Viel näher?

Nathan Stolz! Und nichts als Stolz! Der Topf

Von Eisen will mit einer silbern Zange

Gern aus der Glut gehoben sein, um selbst

Ein Topf von Silber sich zu dünken. – Pah! –

Und was es schadet, fragst du? Was es schadet?

Was hilft es?, dürft’ ich nur hinwieder fragen. –

Denn dein „Sich Gott um so viel näher fühlen“,

Ist Unsinn oder Gotteslästerung. –

Allein es schadet; ja, es schadet allerdings. –

Kommt! Hört mir zu. – Nicht wahr? Dem Wesen, das

Dich rettete – es sei ein Engel oder

Ein Mensch –, dem möchtet ihr, und du besonders,

Gern wieder viele große Dienste tun? –

Nicht wahr? – Nun, einem Engel, was für Dienste,

Für große Dienste könnt ihr dem wohl tun?

Ihr könnt ihm danken; zu ihm seufzen, beten;

Könnt in Entzückung über ihn zerschmelzen;

Könnt an dem Tage seiner Feier fasten,

Almosen spenden. – Alles nichts. – Denn mich

Deucht immer, dass ihr selbst und euer Nächster

Hierbei weit mehr gewinnt als er. Er wird

Nicht fett durch euer Fasten; wird nicht reich

Durch eure Spenden; wird nicht herrlicher

Durch eur Entzücken; wird nicht mächtiger

Durch eur Vertraun. Nicht wahr? Allein ein Mensch!

Daja Ei freilich hätt’ ein Mensch, etwas für ihn

Zutun, uns mehr Gelegenheit verschafft.

Und Gott weiß, wie bereit wir dazu waren!

Allein er wollte ja, bedurfte ja

So völlig nichts; war in sich, mit sich so

Vergnügsam, als nur Engel sind, nur Engel

Sein können.

Recha Endlich, als er gar verschwand …

Nathan: Verschwand? – Wie denn verschwand? – Sich untern Palmen

Nicht ferner sehen ließ? – Wie? Oder habt

Ihr wirklich schon ihn weiter aufgesucht?

Daja Das nun wohl nicht.

Nathan Nicht, Daja? nicht? – Da sieh

Nun was es schadt! – Grausame Schwärmerinnen! –

Wenn dieser Engel nun – nun krank geworden …!

Recha Krank!

Daja Krank! Er wird doch nicht!

Recha Welch kalter Schauer

Befällt mich! –

Daja! – Meine Stirne, sonst

So warm – fühl! – ist auf einmal Eis.

Nathan Er ist

Ein Franke, dieses Klimas ungewohnt;

Ist jung; der harten Arbeit seines Standes,

Des Hungerns, Wachens ungewohnt.

Recha Krank! Krank!

Daja Das wäre möglich, meint ja Nathan nur.

Nathan Nun liegt er da! Hat weder Freund, noch Geld

Sich Freunde zu besolden.

Recha Ah, mein Vater!

Nathan Liegt ohne Wartung, ohne Rat und Zusprach,

Ein Raub der Schmerzen und des Todes da!

Recha Wo? Wo?

Nathan Er, der für eine, die er nie