Nationbuilding als weltpolitisches Ordnungsinstrument und seine Anwendung im Irak - Kann das Projekt einer irakischen Nation gelingen? - Helmut Wagner - E-Book

Nationbuilding als weltpolitisches Ordnungsinstrument und seine Anwendung im Irak - Kann das Projekt einer irakischen Nation gelingen? E-Book

Helmut Wagner

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Beschreibung

Studienarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Politik - Internationale Politik - Region: Naher Osten, Vorderer Orient, Note: 1,0, Ludwig-Maximilians-Universität München (Institut für Geschichte und Kultur des Nahen Orients), Veranstaltung: Hauptseminar: Der unbekannte Irak, Sprache: Deutsch, Abstract: Mit dem Westfälischen Frieden von 1648 wurde das auch heute noch weitgehend gültige nationalstaatliche Ordnungsmodell als herrschende Organisationsform internationaler Politik etabliert. Die territoriale Integrität eines Staates gebot dabei lange Zeit das Prinzip der Nicht-Intervention der internationalen Staatengemeinschaft in interne Angelegenheiten nationalstaatlicher Akteure. Dieses Prinzip hat sich jedoch mit dem Ende des Ost-West Konflikts und im Zuge der Globalisierung gewandelt. In der zusammengerückten Welt eines » global village « muss ein Staat erst seiner Verantwortung gegenüber der internationalen Gemeinschaft gerecht werden, um sich sein Recht auf Souveränität zu verdienen. Wird er es nach Ansicht der dominierenden Akteure nicht, dann droht der militärische Eingriff - wie im Falle des Irak. Doch wie soll es danach weitergehen? Eine schlüssige Konzeption von Nationbuilding gilt als unabdingbar, um Staaten nach Bürgerkriegen oder militärischen Interventionen wieder zu stabilisieren und an die internationale Gemeinschaft heranzuführen. Auch im Irak wird die Herstellung eines funktionsfähigen Nationalstaats als die dringlichste Aufgabe erachtet, um ein friedliches Zusammenleben der einzelnen Bevölkerungsgruppen zu gewährleisten und die Ausdehnung der Gewalt zu einem regionalen Flächenbrand zu verhindern. Die verhängnisvolle Strategie der Terroristen im Irak, das Land in einen Bürgerkrieg zu stürzen, scheint zunehmend aufzugehen. Es stellt sich die Frage, ob und wenn ja, wie das Projekt Nationbuilding im Irak überhaupt noch gelingen kann? Für eine umfassende Klärung dieser Frage bedarf es einer fundierten Analyse, die eine Reihe von weiteren Fragestellungen beinhaltet: Ist das Konzept vom Nationalstaat als eine westliche Erfindung überhaupt auf den Irak, einem heterogenen Land aus einem ganz anderen Kulturkreis, übertragbar? Wenn ja, wie sieht eine erfolgversprechende Konzeption aus? Welche Motive und Interessen lagen den USA als primärem Akteur zugrunde, und sind diese in eine kohärente Strategie des Wiederaufbaus der irakischen Nation gemündet? Ist die Administration Bush in ihrer Vorgehensweise ihrer Verantwortung, sowohl auf weltpolitischer Ebene als auch gegenüber der irakischen Bevölkerung, gerecht geworden? Und wie steht es heute um die irakische Nation aus - gibt es sie, worin besteht sie und was sind ihre Perspektiven? Kommentar Dozent: » Die Arbeit ist wirklich sehr gut geworden. Ich darf Ihnen also nur ganz herzlich gratulieren! «

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Inhaltsverzeichnis
A NATIONBUILDING ALS WELTPOLITISCHES ORDNUNGSINSTRUMENT - 2 -
I. EINE KONZEPTION VON NATIONBUILDING - 3 -
II. NATIONBUILDING IM IRAK - 9 -
1. INTERNE AUSGANGSBEDINGUNGEN IM IRAK - 9 -
2. DIE STRATEGIE DER USA ALS EXTERNEM AKTEUR - 13 -
3. BESTANDSAUFNAHME: WAS IST DIE IRAKISCHE NATION? - 19 -
C KANN DAS NATIONBUILDING IM IRAK (NOCH) GELINGEN? - 27 -

Page 1

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A Nationbuilding als weltpolitisches Ordnungsinstrument

Mit dem Westfälischen Frieden von 1648 wurde das auch heute noch weitgehend gültige nationalstaatliche Ordnungsmodell als herrschende Organisationsform internationaler Politik etabliert. Dieses sog.westfälische Systemgründet in erster Linie auf dem Prinzip der territorialen Souveränität eines Staates nach innen und nach außen. Die territoriale Integrität eines Staates gebot dabei lange Zeit das Prinzip der Nicht-Intervention der internationalen Staatengemeinschaft in interne Angelegenheiten nationalstaatlicher Akteure. Mit dem Ende des Ost-West Konflikts und im Zuge der zunehmenden Globalisierung hat sich jedoch das Verständnis von Souveränität gewandelt. In der zusammengerückten Welt einesglobal villagemuss ein Staat erst seiner Verantwortung gegenüber der internationalen Gemeinschaft gerecht werden, um sich sein Recht auf Souveränität zu verdienen.1Wird er es nicht, aus welchen Gründen auch immer, droht der Eingriff der internationalen Gemeinschaft.Nationbuildinggilt dabei als Schlüsselkonzept um Staaten nach Bürgerkriegen oder militärischen Interventionen wieder zu stabilisieren und an die internationale Gemeinschaft heranzuführen.2Auch im Irak wird die Herstellung eines funktionsfähigen Nationalstaats als die momentan dringendste Aufgabe erachtet, um ein friedliches Zusammenleben der einzelnen Bevölkerungsgruppen zu gewährleisten und die Ausdehnung der Gewalt zu einem regionalen Flächenbrand zu verhindern. Die Frage, wann die Schwelle von einem internen Blutvergießen zu einem offenen Bürgerkrieg überschritten ist, ist wohl eine Definitionsfrage, doch es mehren sich die Stimmen, die bereits jetzt offen von einem Bürgerkrieg sprechen.3Die verhängnisvolle Strategie der Terroristen im Irak, das Land in einen Bürgerkrieg zu stürzen, scheint zunehmend aufzugehen. Es drängt sich die Frage auf, ob und wenn ja, wie das ProjektNationbuilding im Iraküberhaupt (noch) gelingen kann? Diese Frage soll im Rahmen dieser Arbeit geklärt werden. Im ersten Teil wird dazu eine politische Konzeption von Nationbuilding durch externe Akteure entworfen. Dabei werden allgemeine Erfolgsbedingungen eines derartigen Unterfangens aufgezeigt. Vor diesem theoretischen Hintergrund soll dann im zweiten Teil das Nationbuilding im Irak analysiert werden. Dazu werden zuerst die Ausgangsbedingungen im Irak skizziert. Sodann wird die Strategie der USA als externem Akteur kritisch untersucht. Eine inhaltliche Bestimmung der irakischen Nation anhand der Diskussionen um eine neue Nationalflagge und um die neue Verfassung rundet die Analyse ab. Die Arbeit endet schließlich mit einem Fazit meinerseits.

1Dodge, Toby: Inventing Iraq, 2003, S.XVIII

2Hippler, Jochen: Politisches Konzept, 2004, S.15

3Washington, A.R.: Bürgerkrieg, NZZ vom 22.3.2006

Page 3

B Nationbuilding durch externe Akteure und seine Anwendung im Irak

I. EINE KONZEPTION VON NATIONBUILDING

Bewaffnete Einsätze multinationaler Streitkräfte zur Stabilisierung von Ländern in Krisenregionen sind seit dem Ende des Ost-West Konflikts und im Zuge der Bekämpfung des transnationalen Terrorismus deutlich gestiegen.4Immer öfter gehen diese militärischen Interventionen einher mit einem normativ geprägten Projekt von Nationbuilding, um die Sicherheit der bestehenden internationalen Ordnung zu gewährleisten. Diese basiert weiterhin auf dem nationalstaatlichen Ordnungsprinzip und ein Staat muss diesem Paradigma nachkommen, um von der internationalen Gemeinschaft anerkannt zu werden.5Nationbuilding ist das zentrale weltpolitische Ordnungsinstrument, um das Fortbestehen dieses westlichen Ideals von Ordnung zu sichern. In vielen Ländern in Post-Konflikt-Situationen spielen heute externe Akteure die entscheidende Rolle im Aufbau von Staat und Verwaltung6, mit unterschiedlichem Erfolg. Der entscheidende Faktor für Erfolg oder Misserfolg von Nationbuilding ist eine verantwortungsbewusste Herangehensweise der externen Akteure. Wenn die externen Akteure von Beginn an Verantwortlichkeit zur zentralen Kategorie ihres politischen Handelns machen, lassen sich viele Fehler vermeiden. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden bedarf es einer realpolitischen Sichtweise, die sich klar ist über Chancen und Risiken eines externen Beitrags zum primär innerstaatlichen Prozess von Nationbuilding. Verantwortung beginnt mit einer realistischen Einschätzung der Lage. Erfolgreiches Nationbuilding ist überhaupt nur möglich, wenn im Land selbst die dafür nötigen Voraussetzungen bestehen und geeignete interne Akteure vorhanden sind.7Deswegen muss zu Beginn eines jeden Projekts von Nationbuilding eine fundierteAnalyse der Rahmenbedingungenerfolgen. Eine solche Analyse bedarf entsprechenden Sachverstands und muss auf einer detaillierten Kenntnis von Geschichte, Kultur, politischen, wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten sowie dem internationalen Umfeld eines Landes basieren. Auf Basis dieser Analyse muss dann die Frage gestellt werden, ob unter den gegebenen Voraussetzungen Nationbuilding überhaupt möglich ist. Nur auf der Grundlage einer genauen Kenntnis der Gegebenheiten vor Ort kann eine realistische Einschätzung über Chancen und Risiken eines solchen Vorhabens erfolgen. Werden die Risiken als zu hoch eingestuft, so muss nach alternativen Lösungen gesucht werden.

4Vgl. Schäfer, H.-U.: Militärische Beiträge, 2004, S.233: Von den 55 Friedensmissionen der UN seit 1945 wurden allein 41

in den vergangenen 14 Jahren eingeleitet.

5Vgl. Murphy, A.: Ideal System, 1996

6Insbesondere in Bosnien, Kosovo, Afghanistan und Irak

7Hippler, J.: Nationbuilding, 2004, S.266