Navy SEALS - Entführt - Stephanie Tyler - E-Book

Navy SEALS - Entführt E-Book

Stephanie Tyler

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Beschreibung

Navy Seal Jake Hansen hat bereits so manchen gefährlichen Einsatz hinter sich. Doch dann erhält er einen Auftrag, der riskanter ist als alles, was er bisher erlebt hat: Er soll Dr. Isabelle Markham bei ihrer Flucht aus Afrika beschützen. Isabelle ist die Tochter eines Senators und wurde von Rebellen auf dem Schwarzen Kontinent entführt. Unter größten Gefahren kann Jake die hübsche Frau retten, die eine seltsame Anziehungskraft auf den verschlossenen Seal ausübt. Zurück in der Heimat kommt es zu einem weiteren Anschlag auf das Leben der Ärztin, und nur Jake steht zwischen ihr und dem sicheren Tod ...

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Seitenzahl: 505

Veröffentlichungsjahr: 2011

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Inhalt

Titel

Widmung

Prolog

1

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Danksagung

Impressum

 

 

STEPHANIE TYLER

ENTLARVT

Roman

Ins Deutsche übertragen von Juliane Korelski

 

 

Für Zoo und Lily –

ohne euch beide hätte ich dieses Buch nicht schreiben können.

Und für meinen Großvater, der in der U.S. Navy war. Er hat mir bei der Arbeit immer über die Schulter gesehen.

 

Prolog

»Wir wollen in Gefechtslagen bestehen, die uns unter größtmöglichen Druck setzen, größtmögliche Intensität mit sich bringen und die größtmögliche Gefahr darstellen. Wenn man solche Situationen gemeinsam durchsteht, entsteht eine Bindung, die durch nichts übertroffen wird.«

Offizier des SEAL-Teams 6

Lieutenant Junior Grade Jake Hansen hatte bereits so oft »Scheiße« vor sich hin gemurmelt, wie es ihm in weniger als einer Minute möglich war. Er konnte gar nicht wieder damit aufhören, bis sein Kamerad von den Navy SEALs, der auch gleichzeitig sein bester Freund war, ihn aufforderte, endlich die Klappe zu halten, damit er Jakes »scheiß« Bizeps bandagieren könne.

Es war bloß eine Fleischwunde, aber sie tat trotzdem höllisch weh – und sie blutete. Nicht dass er Ersteres je zugeben würde. Und aufhalten würde ihn das schon gar nicht, obwohl Nick sich ohnehin nicht die Mühe machte, ihm irgendwas in der Art vorzuschlagen. Vermutlich lag es nicht nur daran, dass Nick schon fast den ganzen Nachmittag mit einer Stressfraktur seines Schienbeins durch die Gegend gelaufen war, und das am Ende einer Mission, die schon in den ersten fünf Minuten gründlich in die Hose gegangen war.

Diese ersten fünf Minuten waren inzwischen drei Tage her. Jetzt waren sie damit beschäftigt, so schnell wie möglich aus Djibouti zu verschwinden. Das Wasser – und der Treffpunkt mit ihrem Teamscharfschützen, dem Senior Chief und dem kommandierenden Offizier – war nur fünf Meilen entfernt.

»Das sind bloß Rebellen – die schießen nicht auf uns«, sagte Nick ruhig in das Mikro seines Headsets, während das Geschützfeuer ratterte und im Westen den Nachthimmel erleuchtete.

»Ich wäre ihnen aber beinah auf den Leim gegangen«, murmelte Jack. Seine Wut richtete sich allerdings mehr gegen sich selbst, weil es ihm nicht gelungen war zu verhindern, dass die Kugel ihn getroffen hatte, und nicht gegen das gelegentliche Sperrfeuer. Dieses Land wurde ständig von kleinen Scharmützeln und kompromisslosen Kriegen gebeutelt, aber keine dieser Auseinandersetzungen war für das SEAL-Team 12 Grund zur Sorge. Sie waren gezwungen gewesen, sich zu trennen, um ihre Mission zu erfüllen und die verschwundene Ausrüstung und die Geheimdienstinformationen sicherzustellen. Jetzt waren sie auf dem Heimweg.

Nick lauschte noch immer der Stimme in seinem Headset. Er war so konzentriert, dass Jake seinen eigenen Funk einschaltete.

»Weibliche Geisel gemeldet … einen Kilometer Richtung Norden … von den Rebellen dem Tod überlassen«, sagte der Senior Chief des Teams, obwohl die Verbindung kurz vor dem Zusammenbruch stand.

»Wer hat die Geisel gemeldet?«, fragte Jake.

»Die Quelle gilt als verlässlich. Entwicklungshelfer vom Roten Kreuz haben einen Anruf bekommen, und auch die Flüchtlinge, die nach Norden ziehen, haben davon berichtet. Sie hatten Angst, anzuhalten und die Frau mitzunehmen – sie wollten keine Aufmerksamkeit auf den Umstand lenken, dass sie überlebt hat. Könnt ihr da hinkommen?«

»Bestätigt. Wir kommen«, sagte Nick.

In Gedanken ging Jake die Route durch. Sie mussten eine Meile den Weg zurückgehen, den sie gekommen waren. In Richtung der Feuerlinie. Nick und er begannen mit gezogenen Waffen ihr Marschgepäck auf den Rücken zu wuchten, während sie weiter dem Bericht lauschten.

»… die Tochter der Senatorin Cresswell … sie ist Ärztin … Vorname Isabelle, Nachname Markham … einunddreißig … vermisst seit zweiundsiebzig Stunden … soll entführt worden sein …«

Jake zeigte den anderen den Weg, während sie sich quer durchs dichte Unterholz kämpften. Sie wählten einen Weg, der sie von der Hauptstraße wegführte. Es war leicht zu begreifen, warum sie die kleine Hütte beim ersten Mal übersehen hatten. Sie war perfekt von Büschen getarnt und in der Dunkelheit absolut nicht auszumachen.

Falle?, fragte Nick in Zeichensprache.

Behutsam ging Jake das Terrain ab, während Nick ihm mit der Waffe im Anschlag folgte. Es waren offensichtlich keine Stolperdrähte gespannt worden, und als sie zur Vorderseite der Hütte kamen, sah er, dass sie keine Tür besaß.

Dem Tod überlassen. Jakes Magen hatte sich schon zusammengezogen, als er von dieser Gräueltat nur gehört hatte, aber die Realität traf ihn wie ein Hieb in die Magengrube, als sie Dr. Isabelle Markham schließlich fanden. Alle seine Zweifel an dem Wahrheitsgehalt des Berichts lösten sich in Luft auf, als er und Nick sich in den dunklen Raum vorwagten. Nick übernahm die Führung und sprach leise in sein Mikro. Jake schaltete seins aus und kniete sich neben den leblosen Körper.

»Himmel«, flüsterte er.

Sie lag auf dem Bauch. Ihre Hände waren hinter dem Rücken gefesselt, die Wange lag auf dem staubigen Boden. Sie war geknebelt, damit sie nicht schrie. Die Augen geschlossen. Blass. Nackt. Behutsam fuhr er mit der Hand über ihren Nacken. Sie regte sich nicht, und er erstarrte.

Nick kniete sich auf ihre andere Seite. Er tastete nach Isabelles Handgelenk. »Ich spüre einen kräftigen Puls«, sagte er, ehe er sich daranmachte, ihre Hände zu befreien.

Jake lockerte den verdreckten Knebel und zog ihn aus ihrem Mund. Sie stieß einen keuchenden Laut aus, aber sie wachte nicht auf.

»Sieht nicht so aus, als hätte sie ein Schädeltrauma. Wir müssen sie umdrehen und sicherstellen, dass sie nicht noch irgendwo blutet«, sagte Nick. Er warf die schmutzigen Seile, mit denen sie eben noch gefesselt gewesen war, hinter sich, während Jake seine Jacke aufknöpfte und versuchte zu ignorieren, dass sich seine Finger wie Blei anfühlten. Die Jacke legte er über sie. Es gab keine Möglichkeit, sie ihr vollständig anzuziehen, ohne sie umzudrehen und ihren Körper noch weiter zu entblößen.

Er war seit elf Jahren beim Militär – seit seinem fünfzehnten Lebensjahr –, und er hatte davor und danach ziemlich viel Scheiße gesehen, die einen Mann aggressiv oder verrückt oder kaltblütig machen konnte.

Er hatte keinen dieser krummen Wege beschritten, egal, wie sehr andere auch auf ihn eingeredet hatten. Aber nichts, was er je gesehen oder getan hatte, hätte ihn darauf vorbereiten können, was er jetzt vor sich sah. Denn obwohl Isabelle Markham am Boden lag, war sie noch lange nicht am Ende. Er erkannte es daran, wie sich ihre Schultern selbst im Schlaf trotzig anspannten, konnte es an den Verletzungen ihrer Hände sehen und an den abgebrochenen Fingernägeln. Sie hatte sich gewehrt. Sie kämpfte auch jetzt noch, und er war nicht sicher, warum ihn das so tief berührte. Aber es berührte ihn.

»Schafft sie die Reise?«, fragte er Nick, der sie im Licht seiner Stablampe genauer betrachtete. Beim Klang seiner Stimme regte Isabelle sich und öffnete endlich die Augen. Sie waren von einem dunklen Haselnussbraun, ihre Pupillen waren vor Angst und Schmerz geweitet, und ihr Blick richtete sich mit einer Kraft auf ihn, die er geradezu körperlich spürte.

»Dr. Markham, Sie sind in Sicherheit. Wir sind von der U.S. Navy und werden Sie hier rausschaffen«, sagte er und legte seine Hand leicht auf ihre Schulter.

»Sie können mich nicht transportieren«, flüsterte sie. Ihre Stimme war atemlos, als schmerze es sie zu reden. »Nicht weit.«

»Was fehlt Ihnen?«

»Rippen … gebrochen. Zu nah … an meiner Lunge«, brachte sie hervor. »Zu gefährlich.«

»Wir brauchen ein Fahrzeug, um sie hier wegzubringen.«

Nick nickte zustimmend. »Ma’am, können wir Sie umdrehen?«, fragte er dann, obwohl sie weiterhin unverwandt zu Jake aufblickte.

»Ja. Auf die … rechte Seite«, flüsterte sie nach einem Moment, als sei ihr bewusst geworden, dass sie dann vollkommen entblößt vor ihnen läge.

Sie hatte bereits so viel durchgemacht. Keinem der beiden Männer gefiel der Gedanke, dass sie noch mehr Demütigungen erleiden musste. Aber der Gefechtslärm kam näher, und Jake zwang sich, seine Gefühle der Vernunft unterzuordnen.

»Dann machen wir es so. Auf drei«, sagte er. »Eins, zwei, drei.«

Behutsam umfasste er Isabelles Hüfte und ihre Schulter und zog sie auf den Rücken. Er vermied es dabei, ihre Seite zu berühren. Nick hatte bereits die Jacke unter ihr ausgebreitet. Jake bemerkte einen dunklen Bluterguss an ihrer Schläfe, der von einem so heftigen Schlag stammen musste, dass sie daraufhin das Bewusstsein verloren hatte. Frische Tränen rannen über ihr Gesicht, und sie kämpfte mit jedem Atemzug. Aber sie riss sich noch immer zusammen.

Doch als sie nach den Jackenärmeln griff, stieß sie einen Schrei aus, weil schon bei dieser kleinen Bewegung ein rasender Schmerz durch ihren Körper schoss.

»Ich mache das«, beruhigte Jake sie. Sanft schob er einen ihrer Arme in die Jacke, und während Nick dasselbe mit dem anderen Arm tat, untersuchte Jake rasch Isabelles sichtbare Wunden.

Ihr Körper war verdreckt, voller Schmutz und Blut. Jake konzentrierte sich auf die schlimmste Verletzung, eine große Anzahl Blutergüsse an ihrer linken Seite, wo wohl die Rippen gebrochen waren. Es sah aus, als habe man sie getreten. Zwischen zusammengebissenen Zähnen sog er die Luft ein und wünschte, er könnte die Männer finden, die ihr das angetan hatten. Jeden einzelnen.

Sie starrte zu ihm auf, als könne sie seine Gedanken lesen. Er knöpfte die Jacke zu, um ihren Körper notdürftig zu bedecken.

Die Jacke reichte nur bis zur Mitte ihrer Oberschenkel, aber schon das führte bei ihr zu einer deutlichen Entspannung. Jake zog ein sauberes T-Shirt aus seinem Gepäck. Eins der wenigen, die er noch besaß, nachdem sie gezwungen gewesen waren, fast alles außer ihrer Kampfausrüstung zurückzulassen und sich zur Grenze durchzuschlagen.

»Dr. Markham, ich würde Ihnen gern das hier anziehen«, sagte er. Sie blickte ihn leicht verwirrt an. »Ich habe keine Hose für Sie, aber ich kann Ihnen das hier anlegen, damit Sie wenigstens bedeckt sind.«

»Ihr Name?«, fragte sie.

»Ich bin Lieutenant Junior Grade Jake Hansen«, antwortete er. »Und das ist Fähnrich Nick Devane.«

Sie nickte, und Jake schob das T-Shirt zwischen ihre Beine und verknotete es fest um ihre Hüften. Sie ließ ihn nicht eine Sekunde lang aus den Augen, und er nahm so oft wie möglich Blickkontakt mit ihr auf.

»Sie müssen was trinken«, erklärte er ihr, sobald er die Jacke wieder nach unten geschoben hatte.

»Ja«, antwortete sie.

Er half ihr auf die rechte Seite, und sie stützte sich auf ihren Arm. Dann bot er ihr Wasser aus seiner Feldflasche an, das sie in kleinen Schlucken trank. Sie atmete schneller, während sie versuchte, die Flüssigkeit aufzunehmen. Er würde ihr eine Infusion legen müssen. Er konnte ihr auch eine geringe Dosis Morphium gegen die Schmerzen verabreichen, wenn sie ihm vorher half, Verletzungen im Bauchraum auszuschließen. Sie brauchte etwas gegen die Schmerzen, wenn sie gezwungen waren, sie auch nur über eine kurze Distanz zu transportieren, denn es bestand wohl kaum die Möglichkeit, dass sie selbst laufen konnte.

»Dr. Markham, wir müssen Sie auf jeden Fall von hier wegbringen«, sagte er.

Sie schüttelte den Kopf. Verdammt.

Nick war inzwischen zur Tür gegangen und versuchte, mit dem Team Kontakt aufzunehmen und herauszufinden, wie viel Zeit – wenn überhaupt – ihnen blieb, um außer Reichweite der immer wieder aufflammenden Gefechte zu kommen. Im Moment war alles ruhig, und das beunruhigte Jake mehr, als wenn sie Beschuss ausgesetzt gewesen wären. Wenn es zu ruhig war, deutete das immer auf baldige Probleme hin.

Nick winkte Jake zu sich heran.

»Ich bin sofort wieder da«, beruhigte Jake Isabelle. Sie griff nach seinem Handgelenk. »Ich gehe nicht fort – ich gehe nur dort rüber. Sie können mich die ganze Zeit sehen«, versicherte er ihr. Sie ließ ihn nicht aus den Augen.

»Was ist los?«

»Kein Empfang«, sagte Nick. »Einer von uns muss sich auf den Weg machen und Hilfe holen. Es sei denn, du willst eine Trage bauen.«

Das war eine Möglichkeit – vermutlich auch die einfachere. Aber für Isabelle war es nicht die beste Lösung. Sie müssten stets in ihrer Nähe bleiben, und wenn sie unterwegs überrascht wurden, würde es sich als schwierig erweisen, sie zu beschützen.

»Ich bleibe«, erklärte Jake, und Nick, der sein bester Freund und Bruder war, schaute ihn an. »Komm schon, Alter, das ist wohl kaum der richtige Zeitpunkt, um den großen Bruder raushängen zu lassen. Im Übrigen stehe ich im Rang höher als du.«

»Arschloch«, murmelte Nick, aber er widersetzte sich nicht. Ihnen blieb nicht viel Zeit. Das Rendezvous mit dem Heli war um 0500. Nur noch drei kurze Stunden. Isabelle hierzubehalten, war der einfachste Weg. Hier war sie am sichersten, zumal die Rebellen glaubten, dass sie bereits tot war.

»Schaff sie wenigstens dort an die Seite, damit sie nicht durch die Tür zu sehen ist«, sagte Nick.

»Ich mach das schon. Jetzt geh, sonst verlierst du den Schutz der Dunkelheit«, erwiderte Jake. Eine Sekunde lang pressten die beiden Männer ihre Hände ineinander, Faust an Faust in jener vertrauten Geste, die sie machten, seit sie acht Jahre alt waren. Dann schlich Nick durch die Tür, und innerhalb weniger Sekunden verlor Jake ihn aus den Augen.

Sofort wandte er seine Aufmerksamkeit wieder Isabelle zu.

»Ich lege Ihnen jetzt eine Infusion und gebe Ihnen etwas Morphium. Dann trage ich Sie da drüben in die Ecke«, erklärte er, als er sich wieder neben sie hockte.

Sie nickte und beobachtete ihn, während er die Infusion vorbereitete und eine gute Vene in ihrem Unterarm suchte. Sobald er die Tropfgeschwindigkeit eingestellt hatte, befestigte er den Infusionsbeutel an seiner Schulter, damit er in der richtigen Höhe hing. Anschließend injizierte er ihr das Morphium.

»Das dürfte schnell wirken«, sagte er. Sie nickte, und fünf Minuten später erklärte sie, sie sei bereit. Vorsichtig hob er sie hoch und ignorierte den stechenden Schmerz in seinem Arm. Aufmerksam beobachtete er ihr Gesicht, während er sie die anderthalb Meter bis in die Ecke des Raums rechts neben der Tür trug. Von dort hatte er das Überraschungsmoment auf seiner Seite, falls jemand versuchte, in die Hütte einzudringen.

Nachdem er sie auf dem Boden auf ihre rechte Seite gebettet hatte, überprüfte er noch einmal ihre Gesichtsfarbe und ihre Atmung. Es fiel ihr schwer, Luft zu holen, aber es war nicht schlimmer geworden.

»Es geht mir gut«, bestätigte sie seine Beobachtung.

»Wissen Sie, wie lange Sie schon hier sind?«, fragte er und befestigte den Infusionsbeutel am Schilfgeflecht der Hüttenwand.

»Welchen Tag haben wir heute?«

»Dienstag. Es ist 0200 – fast zwei Uhr morgens.«

»Nicht lange. Vielleicht seit gestern Morgen.«

Gut. Das war gut. Nick und die anderen würden sich ranhalten und höchstens eine Stunde brauchen, bis sie wieder zurück waren. Und wenn Isabelle bereits so lange durchgehalten hatte, würde sie es auch etwas länger schaffen.

Mit der rechten Hand umfasste er das M4-Sturmgewehr und setzte sich neben sie auf den Boden.

»Warum ist der andere Mann weg?«, fragte sie.

»Er holt Hilfe.«

»Ich dachte, Sie sind die Hilfe.«

»Dr. Markham, es kommt alles wieder in Ordnung. Bleiben Sie einfach ruhig«, sagte er. Aber das Morphium in Verbindung mit ihrer Nervosität machte sie redseliger.

»Ich finde, wir sollten uns mit Vornamen anreden. Sie sagten, Sie sind von der Navy?«

»Ja.«

»Ich wusste nicht, dass man zur Rettung von Geiseln Matrosen schickt.«

»Ich gehöre zu den SEALs, Isabelle. Das hier ist genau die Art von Mission, für die es uns gibt. Sie werden heil hier rauskommen.«

Sie nickte langsam. »Wann wird meine Mutter wissen, dass es mir gut geht? Dass ich am Leben bin?«

»Sie wird benachrichtigt, sobald wir Sie rausgeholt haben. Sie sind unsere erste Priorität. Nur Sie, nicht Ihre Mutter.«

»Es würde ihr nicht gefallen, wenn sie das hören würde.«

»Dann ist es gut, dass sie nicht hier ist.«

»Sogar sehr gut … Sonst sagt sie nur: Ich hab es dir doch gesagt, Izzy! Und das brauche ich im Moment wirklich nicht.«

Irgendwann während des letzten Satzes schlief sie ein. Er wartete, bis ihre Atemzüge gleichmäßig wurden, ehe er die folgende halbe Stunde damit verbrachte, sich um ihre Beine zu kümmern. Er desinfizierte die größeren Schnittwunden und wurde mit jedem Bluterguss, den er fand, wütender.

Seine Reaktion war instinktiv und spielte sich auf einer so tiefen Ebene ab, dass er es sich nicht erklären oder gar abschütteln konnte. Er musste sich zwingen, ihre Beine wieder zu bedecken, nachdem er fertig war. Die Jackenärmel reichten bis zu ihren Handflächen, aber trotz der Hitze fühlte sich ihre Haut unter seiner Berührung kalt an. Vermutlich der Schock.

Ihr dunkles Haar war wirr, und als er einige Strähnen von ihren Wangen strich, ballte er beim Anblick der Würgemale um ihren Hals unwillkürlich die Fäuste.

Sie wird wieder gesund.

Er zwang sich, sie ein paar Minuten in Ruhe zu lassen. Er hielt sich dicht am Boden und schlich zur Tür. Einige Minuten lang versuchte er, die neuen Muster des Geschützfeuers zu erfassen, das plötzlich wieder einsetzte. Das Geräusch kam aus der entgegengesetzten Richtung, in die Nick verschwunden war. Jake rechnete sich aus, dass sein Freund inzwischen den Treffpunkt erreicht haben musste. Das Problem, das sich ihnen nun stellte, bestand darin, ein Fahrzeug aufzutreiben, aber seine Kameraden waren ziemlich erfinderisch.

Als er zu Isabelle zurückkehrte, stellte er fest, dass sie beim Stakkato des inzwischen regelmäßigen Maschinengewehrfeuers die Augen geöffnet hatte. Die Schüsse kamen definitiv näher. Sie streckte automatisch eine Hand nach ihm aus, und er ließ es zu, dass sie ihre Finger mit seinen verschränkte.

»Wir sind in Sicherheit«, sagte er.

»Haben Sie schon viele Menschen getötet?«, fragte sie.

»Es waren genug.«

»Und Sie haben genügend Munition, um mehr zu töten?«

Sie glaubt, wir werden sterben. Und zur Hölle, sie hatte vielleicht recht, aber es war eine Möglichkeit, über die nachzudenken er sich erst erlaubte, wenn er seinen Auftrag erfüllt hatte und im Heli saß. Der Tod war immer eine allgegenwärtige und ernüchternde Möglichkeit, und er wäre ein Idiot – und schon längst tot –, wenn er sich dieser Möglichkeit nicht jedes Mal bewusst wäre, sobald er zu einer Mission aufbrach.

»Das Gewehrfeuer klingt immer viel näher, als es tatsächlich ist«, sagte er.

»Lügner.«

»Normalerweise bin ich ein guter Lügner.« Das zauberte ein kleines Lächeln auf ihr Gesicht, aber es verging schnell. »Die Rebellen sind mehr aneinander interessiert als an uns.«

»Ich sorge mich nicht um die Rebellen. Ich bin nur nicht sicher … Er hat gesagt, er kommt zurück und holt mich.«

Jake war davon ausgegangen, dass die Rebellensoldaten ihr das angetan hatten. Dass man sie aus dem Dorf entführt hatte, in dem sie arbeitete, und sie in diese versteckte Hütte verschleppt hatte. Aber etwas in ihrer Stimme verriet ihm, dass es nicht stimmte. Gepaart mit seinem früheren Verdacht in Bezug auf die Quelle der Geheimdienstinformationen über ihren Aufenthaltsort begannen in seinem Kopf sämtliche Alarmglocken zu läuten.

»Wer hat Ihnen das angetan, Isabelle?«, fragte er. Sie schüttelte den Kopf, und er fragte sich, ob er weiter in sie dringen sollte. Sie würde vom FBI, von der CIA und einigen anderen Behörden eingehend befragt werden, schon allein aufgrund der Stellung ihrer Mutter. Sie schuldete ihm keine Aussage. Ihm genügte es, wenn er sie sicher aus diesem Hexenkessel herausschaffte.

»Es wäre nicht besonders klug von ihm, noch einmal hierher zurückzukommen«, flüsterte sie. »Wenn er das tut, würden Sie ihn nicht in meine Nähe lassen, oder?«

»Er kommt nicht mal in die Nähe der Hütte. Erzählen Sie mir, wer Ihnen das angetan hat.«

»Ich kann nicht.«

»Manchmal ist es am schwersten, das erste Mal davon zu erzählen«, sagte er.

»Und manchmal ist es das Schlimmste, was man überhaupt tun kann«, gab sie zurück.

Er widersprach nicht, weil er nicht wusste, was er darauf hätte sagen können. Geständnisse hatten bei ihm nie besonders hoch im Kurs gestanden. Er war immer mehr der Es-ist-einfacher-um-Vergebung-als-um-Erlaubnis-zu-bitten-aber-ich-mache-nichts-von-beidem-Typ gewesen.

Ein leises Schluchzen entrang sich ihrer Kehle. Ihr Gesicht verzog sich schmerzhaft, und sie hielt sich wimmernd die Seite.

»Es ist okay. Versuchen Sie, sich zu entspannen. Sie müssen mir nichts erzählen«, beruhigte er sie. Mit dem Daumen strich er über ihre Wange. »Ich werde Ihnen mehr Morphium geben.«

Sie widersprach nicht, als er eine weitere Dosis durch den venösen Zugang spritzte. Nach wenigen Minuten bekamen ihre Augen wieder diesen verschwommenen Ausdruck, und sie atmete spürbar leichter. Aber sie schien noch immer nicht zufrieden.

Er merkte fast augenblicklich, warum das so war. Rauch und Staub stiegen ihm in die Nase. Die Rebellen brannten eine Schneise in den Dschungel, damit die Flüchtlinge und die gegnerische Armee sich nicht mehr vor ihnen verstecken konnten.

Isabelle und er befanden sich mitten auf dieser Schneise.

»Die Rebellen räuchern die Überlebenden aus«, flüsterte sie. Verflucht, er wünschte, sie hätte es nicht bemerkt. »Wir müssen von hier verschwinden.«

Er war unversehens in eine unmögliche Situation geraten: Isabelle jetzt fortschaffen zu müssen, noch dazu so schnell …

»Ich kenne die Risiken«, sagte sie. Ihm blieb keine Zeit, ihre Entscheidung zu hinterfragen. Stattdessen schnitt er ein Stück von seiner Decke ab und band es ihr über Mund und Nase. Dann drehte er für den Moment die Infusion zu und verstaute den Beutel unter ihrer Jacke. Anschließend machte er ein Zeichen auf den Boden, damit Nick wusste, wohin sie gehen würden, falls es seinem Team überhaupt gelang, bis zur Hütte vorzudringen.

Die Tasche umgehängt hob er Isabelle hoch und lief los. Er nahm eine andere Route als die, auf der Nick und er sich eine Stunde zuvor der Hütte genähert hatten. Das Unterholz war undurchdringlich, und er versuchte, auf dem Hauptweg zu bleiben, soweit das möglich war. Er betete, dass ihnen niemand entgegenkam.

Er rannte, bis der Rauch nicht mehr so dicht war, bis die Schüsse weiter entfernt ratterten. Bis er wusste, er konnte es nicht länger riskieren, sie so unsanft durch die Gegend zu tragen.

»Wie … weit?«, fragte sie, als er sie zwischen einigen Büschen ablegte, die ihnen gerade genug Deckung gaben, um weder von der Straße noch vom freien Feld aus gesehen zu werden.

»Drei Kilometer noch«, antwortete er.

Sie öffnete die Augen und starrte ihn unverwandt an. »Ich dachte, Sie wären schneller.«

Er zwang sich zu einem Lächeln. »Hören Sie auf zu reden. Atmen Sie.«

Sie waren jetzt aus der Gefahrenzone und befanden sich etwa eine Meile westlich von dem Gebiet, das gerade in hellen Flammen stand. Wenn in der nächsten halben Stunde niemand zu ihnen kam, mussten sie erneut die Position wechseln.

Er legte sich neben ihr auf den Boden, das Gesicht ihr zugewandt. »Versuchen Sie einfach, sich zu entspannen. Mein Team wird uns bald finden. Die Jungs haben mich noch nie enttäuscht. Und ich werde Sie nicht im Stich lassen.«

Sie nickte, als wolle sie ihm unbedingt glauben.

»Werden Sie weiterkämpfen, Isabelle? Oder bin ich in diesem Kampf allein?«, fragte er. Die Art, wie sie darauf antwortete, traf ihn unvorbereitet.

»Erzählen Sie mir, was das Schlimmste war, das Sie je getan haben«, sagte sie unvermittelt. »Es ist egal, was Sie sagen. Sie können nichts so Schlimmes getan haben wie ich.«

»Irgendwie bezweifle ich das aufrichtig.«

Sie starrte ihn an. Nur sekundenlang wurde ihr Gesicht von einem Leuchtsignal erhellt, das von den Soldaten abgeschossen wurde – ein Hilferuf. Von irgendjemandem. Sie sah schön aus, trotz der Schnitte und Blutergüsse. Schön und stark. Er fragte sich, warum um alles in der Welt ihm das jetzt auffiel.

»Ich habe mit dem Mann geschlafen, der mich gefangen hielt. Aus freien Stücken. Ich habe ihn verführt, weil ich nicht sein Opfer sein wollte. Ich habe die Kontrolle behalten. Ich habe meine eigenen Entscheidungen getroffen«, sagte sie und biss die Zähne fest zusammen, als sie sich an das erinnerte, was sie getan hatte. »Ich bin nicht dazu gezwungen worden. Sie werden sagen, dass ich gezwungen wurde, und ich werde ihnen beipflichten müssen. Aber das ist eine Lüge.«

Was sie ihm erzählte, war etwas, das sie niemals einem anderen offenbaren würde. Und jetzt brauchte sie dasselbe von ihm. Sie forderte ihn wirklich heraus, und er war noch nie der Typ Mann gewesen, der vor einer Herausforderung zurückschreckte.

Sie wird sich an nichts mehr erinnern. Erzähl es ihr einfach.

»Ich habe meinen Stiefvater getötet«, sagte er. »Es war Notwehr. Er hat als Erster versucht, mich zu töten.« So sind die Regeln im Kampf.

»Wie alt waren Sie?«

Er zögerte. »Vierzehn«, gab er zu und wollte ihr schon fast sagen, er wolle nicht weiter darüber reden. Nein, eigentlich konnte er nicht. Sie forderte so viel von ihm, Dinge, die er nie freiwillig von sich preisgab. Er war nicht besonders gut darin, sich dem Willen anderer zu unterwerfen. Sie zerrte geradezu an seinem Herzen und riss es ihm mit jeder Frage förmlich ein Stück weiter aus seiner Brust.

Und als sie seine Hand in ihre nahm, fragte er sich, was er als Nächstes tun sollte. »Sagen Sie mir, was ich für Sie tun kann«, sagte er.

»Küss mich«, flüsterte sie. Er vermutete, dass sie aufgrund des Morphiums und der Schmerzen gar nicht genau wusste, worum sie ihn gerade bat.

Aber er hatte sich inzwischen an die Dunkelheit gewöhnt, und ein Blick in ihre Augen verriet ihm, dass ihre Sinne jetzt klarer waren als noch vor wenigen Minuten. Verriet ihm, dass sie sich wieder vollkommen unter Kontrolle hatte.

»Isabelle, ich …«

»Ich will nicht in dem Wissen sterben, dass der letzte Mann, der mich berührt hat, mir wehgetan hat.«

»Wir werden nicht sterben.«

»Können Sie mir das versprechen?«

»Ich mache keine Versprechungen. Aber ich weiß, was mir mein Bauchgefühl sagt.«

»Bitte, Jake. Lassen Sie mich nicht darum betteln«, flüsterte sie.

Ach, Scheiße. Ohne lange nachzudenken, beugte er sich zu ihr herunter.

Er legte seinen Mund auf ihren. Ihr Geschmack war eine willkommene Ablenkung vom Staub und der schwülen Hitze. Wie sie inmitten dieser Hölle so gut schmecken konnte, war ihm ein Rätsel.

Sie schlang einen Arm um seinen Nacken, umklammerte ihn in einem plötzlichen Anfall heftiger Leidenschaft, die sie stärker aneinanderband, als er es je für möglich gehalten hätte.

Als er sich von ihr zurückzog, rang sie nach Atem. Er konnte nicht sagen, ob es an ihrer Verletzung oder dem Kuss oder beidem lag, aber sie flüsterte ihm ins Ohr: »Fass mich an.« Und er gehorchte, streichelte sie sanft durch die Jacke, so wie ein Mann eine Frau berühren würde, die er begehrte. Er liebkoste ihren Arm, ihre Brust, ihren Bauch, ließ seine Hand über ihre Hüfte und ihren Oberschenkel gleiten, als könne seine Berührung alle ihre Wunden heilen.

Aufmerksam beobachtete er ihr Gesicht, während er sie streichelte. Für den Fall, dass es ihr zu viel wurde. Aber sie hielt ihn nicht davon ab. Und als er fertig war, hob er die Hand zu ihrem Gesicht und strich zart mit dem Daumen über den Bluterguss auf ihrer Stirn.

»Danke«, wisperte sie angespannt. »Ich weiß, nach dem, was ich dir erzählt habe … es wird nicht einfach gewesen sein.«

»Ich tue nichts nur aus Mitleid. Das habe ich noch nie getan«, erwiderte er und drückte seinen Unterleib vorsichtig gegen ihren, damit sie spürte, welche Wirkung sie auf ihn hatte. Denn im Moment war es das Wichtigste, sie zum Lächeln zu bringen.

Und als sie tatsächlich lächelte, vergaß er die Sorge um ihre Wunden, um das Feuer und die Schüsse. Er musste weiter mit ihr, und zwar bald, denn er würde nicht zulassen, dass es hier zu Ende ging. Er konnte nicht anders, er küsste sie erneut. Ein langer, inniger Kuss, der ihm noch immer nicht genügte. Seine Hand ruhte auf ihrer Hüfte, und ihre Hand schloss sich zum zweiten Mal in dieser Nacht um seine.

Er zog sich zurück, als er trotz der ratternden Feuersalven das Brummen eines Motors hörte.

In Sicherheit. Endlich, verdammt.

»Ist das für uns?«, fragte sie. Er wandte sich ihr zu und wollte ihr sagen: Ja, sie kommen zu uns. Aber sie war bereits eingeschlafen. Sie wirkte tatsächlich friedlich, ihre Finger noch immer mit seinen verschränkt.

Er wusste, es würde lange dauern, bis er wieder Frieden fand.

 

1

Zwei Monate später

Isabelle Markham klopfte leicht an die schwere Metalltür und hörte das scharfe »Was gibt’s?«, das von der anderen Seite zu ihr drang. Kurz überlegte sie, ob sie wieder gehen sollte.

»Die Navy SEALs, die dich gerettet haben, sind auch hier stationiert. Ich bin sicher, du wirst ihnen früher oder später über den Weg laufen. Wird das für dich ein Problem?« Der Admiral – der Mann, den sie als Onkel Cal kannte – sah sie über den Schreibtisch hinweg prüfend an.

»Es ist absolut kein Problem«, erwiderte sie, ehe sie die letzten Papiere unterzeichnete, mit denen sie sich verpflichtete, für die nächsten drei Monate der U.S. Navy als zivile Beraterin zur Verfügung zu stehen.

Sie hatte es so gemeint. Es war kein Problem. Sie wollte die Sache abschließen. Morgen begann sie ihre Arbeit auf der Militärbasis, und sie wollte nicht, dass irgendetwas Überraschendes sie aus dem sorgsam aufrechterhaltenen Gleichgewicht brachte. Um dieses Gleichgewicht hatte sie die letzten zwei Monate gekämpft.

Sie betrat das Büro und stand dem Mann gegenüber, der ihr Leben gerettet hatte.

Jake Hansen war über eins achtzig groß. Er trug einen Kampfanzug in Tarnfarben. In Afrika war sein Haar von einem dunkelgrünen Bandana verdeckt worden. Sein ganzes Gesicht war, mit Ausnahme seiner Augen, deren Farbe irgendwo zwischen Stahl und Rauch einzuordnen war, ebenfalls von Tarnfarbe bedeckt gewesen, die im Laufe der Zeit langsam verblasst war. Während die Stunden verrannen, hatte sie einen Blick auf den Mann hinter der Maske des SEALs werfen können.

Sie erinnerte sich auch, wie ein Sanitäter ihr die schmierige Farbe vom Gesicht gewischt hatte, als sie auf dem Weg ins Krankenhaus waren.

Sein Haar war länger und blonder, als sie gedacht hatte. Aber ihre anderen Vermutungen erwiesen sich jetzt als richtig. Er war einer der attraktivsten Männer, denen sie je begegnet war. Kantige, ebenmäßige Gesichtszüge, die tatsächlich noch anziehender wirkten, weil er sich offenbar seiner Attraktivität nicht bewusst war.

Er starrte sie einfach an, als würde sie verschwinden, wenn er sie nur streng genug anblickte.

»Lieutenant … Jake … Ich bin Isabelle Markham.« Ihre Stimme schien in dem kleinen Raum widerzuhallen. Sie zwang sich zu atmen.

»Ich weiß, wer Sie sind«, erwiderte er lediglich. Sie versuchte, beim Klang seiner Stimme nicht unwillkürlich zu lächeln. Seine Stimme war tief und rau wie in ihrer Erinnerung. Eine Stimme, die sich einen Weg in ihre Träume gebahnt hatte.

Als sie direkt im Anschluss an ihre Rettung im Krankenhaus gelegen hatte, war sie mitten in der Nacht aufgewacht und hatte nach seiner Hand gesucht. Im Traum war sie sicher gewesen, er läge direkt neben ihr.

Sie ertappte sich noch immer dabei, wie sie nach seiner Berührung suchte. Aber jetzt tat sie es in ihrem eigenen, bequemen Bett.

»Ich wollte dich unbedingt sehen … um dir zu danken. Weil du mir das Leben gerettet hast«, sagte sie. Sie fragte sich, wie ein so wichtiger, schwerwiegender Satz so völlig lahm und plump klingen konnte. Aber es war die Wahrheit, nicht mehr und nicht weniger.

Er kam auf sie zu. Einen Moment lang fragte sie sich, ob er sie vielleicht umarmen wollte … Aber er schloss lediglich die Tür hinter ihr.

»Wie hast du mich gefunden?«, fragte er.

Nein, das war nun wirklich nicht das Wiedersehen, das sie sich erhofft hatte. »Ich … Admiral Callahan hat mir gesagt, du könntest vielleicht hier sein. Er kennt meine Mutter«, sagte sie. Herrje, vielleicht könnte sie wenigstens nicht so sehr klingen, als sei sie ein Mädchen direkt von der Highschool. Jake kam ihr kein Stück entgegen, half ihr nicht über ihre Verlegenheit. Er seufzte nur, schüttelte den Kopf und murmelte etwas, das sie nicht verstand.

Das hatte er in Afrika ziemlich oft gemacht. Damals hatte sie es als angenehm empfunden. Jetzt fand sie es eher nicht so angenehm.

»Ich erinnere mich nur an wenige Details meiner Rettung«, sagte sie rasch, weil sie auch ein gewisses Entsetzen in seinen Augen zu erkennen glaubte. In der Dunkelheit Geheimnisse zu teilen, wenn das eigene Leben in Gefahr war, schien etwas völlig anderes zu sein, als bei Tageslicht der kalten Realität ins Auge zu blicken. »Ich meine, man hat mir erzählt, was genau passiert ist. Was du für mich getan hast. Aber ich war echt weggetreten. Für mich ist da bloß ein großes Durcheinander.«

Er entspannte sich etwas, aber er schien immer noch auf der Hut zu sein.

Während sie von FBI und CIA befragt worden war, hatte sie ständig an Jake gedacht. Sie hatte sich auf seine grauen Augen konzentriert und sich vorgestellt, er sei es, dem sie die Geschichte erzählte. Denn er war der Einzige, der die Wahrheit – ihre Wahrheit – kannte. Der Einzige, der die Wahrheit je erfahren würde.

Und er hatte sie verstanden. Denn sonst hätte er ihr niemals seine Seele offenbart. Sie war nicht sicher, ob seine Geschichte härter war als ihre eigene, aber sie musste sich eingestehen, dass es zumindest ein Kopf-an-Kopf-Rennen war.

»Du hättest nicht herkommen dürfen«, sagte er schließlich.

»›Gern geschehen‹ hätte mir als Antwort durchaus genügt, es wäre zumindest höflicher gewesen.«

»Wenn du jemanden suchst, der höflich ist, bist du bei mir an der falschen Adresse. Ich brauche keinen Dank, nur weil ich meinen Job gemacht habe. Im Übrigen war es kein Alleingang von mir.«

»Aber du bist bei mir geblieben. Bist zurückgeblieben, obwohl du das nicht hättest tun müssen.«

»Das ist mein Job«, wiederholte er knapp. Sie fragte sich, ob er sie als Nächstes wohl bitten würde, sein Büro zu verlassen.

»Ich weiß. Aber es hat mir trotzdem eine Menge bedeutet«, sagte sie ruhig. Er schob die Hände in die Hosentaschen und schaute für eine Sekunde zur Decke, als hätte ihn diese Eröffnung auf dem falschen Fuß erwischt. Sie wusste, das passierte nicht allzu oft.

»Möchtest du einen Kaffee oder etwas anderes?«, fragte er schließlich.

»Kaffee wäre großartig.«

»Ich bin gleich wieder da.« Er wies einladend auf einen der Stühle, die seinem mit Aktenbergen vollkommen überfüllten Schreibtisch gegenüberstanden.

Sie hörte, wie die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, und setzte sich auf den harten Holzstuhl. Sie versuchte, sich so viele Details seines Büros einzuprägen wie möglich. Als könne ihr dieser Raum mehr als einen flüchtigen Blick auf die Psyche und die Seele eines Mannes gewähren, der es gewohnt war, sein eigenes Leben zu riskieren, um Menschen das Leben zu retten, die er nicht einmal kannte. Die er meistens auch nie wiedersah.

Er schien Letzteres wirklich zu bevorzugen.

Ein Poster vom Rekrutierungsbüro der Navy hing links neben dem Schreibtisch. Bei genauerem Hinsehen erkannte sie, dass das Poster ein großes Loch in der Wand verdeckte. Ein zerbrochener Stuhl, der vermutlich dieses Loch verursacht hatte, lag in seine Einzelteile zerschmettert davor auf dem Boden.

Auf den Aktenstapeln entdeckte sie ein Handbuch für militärische Einsätze, einen iPod und eine leere Donutschachtel. Eine Uniform hing hinter dem Schreibtisch an einem Wandhaken. Auf der weißen Uniformjacke waren unzählige Ehrenmedaillen befestigt.

Es war das Büro eines Mannes, der sich nicht oft genug dort aufhielt, um sich darum zu scheren, wie es dort aussah.

Schneller als erwartet ging die Tür hinter ihr wieder auf, und Jake reichte ihr einen Plastikbecher mit einer dampfenden Flüssigkeit. Er hatte sie nicht gefragt, wie sie ihren Kaffee wollte, und sie nahm vorsichtig einen Schluck. Er war mit Milch und Zucker, genau so wie sie ihn mochte.

»Woher wusstest du, wie ich meinen Kaffee mag?«, fragte sie.

Er setzte sich ihr gegenüber und zuckte leicht mit den Schultern. »Weil ich ihn so mag.«

»Dann muss jeder, der mit dir Kaffee trinkt, ihn so akzeptieren, wie du ihn magst?«

»Ja«, erwiderte er einfach. Er saß hinter seinem Schreibtisch und streckte die Beine aus. Seine Füße ruhten dicht neben ihren.

»Geht es dir gut?«, fragte er nach kurzem Schweigen.

»Ja, es geht mir gut«, erwiderte sie mit fester Stimme, und einen Moment lang hätte sie schwören können, den Hauch eines Lächelns um seine Lippen spielen zu sehen. »Was ist?«

»Du hast diese Frage zuletzt ziemlich oft beantwortet. Vermutlich zu oft.«

»Das stimmt, aber …«

»… es geht dir gut! Das wolltest du doch sagen?«

»Ja.«

»Ich werde dir nicht widersprechen.«

»Ich will zurück. Nach Afrika«, fügte sie hinzu.

»Ich bin sicher, dass ich auch bald zurückgehe«, bemerkte er. »Und bitte versteh mich nicht falsch, aber ich hoffe sehr, dir dort nicht noch einmal zu begegnen.«

»Du glaubst also, ich setze mich einem unnötigen Risiko aus.«

»Was ich darüber denke, tut nichts zur Sache. Sollte es jedenfalls nicht.«

»Warum solltest du dir keine Meinung über mein Leben bilden können? Jeder andere tut das doch auch«, murmelte sie.

»Genau aus dem Grund mach ich es nicht.«

Er war genau so, wie sie ihn noch in Erinnerung hatte. So hatte sie ihn sich in einer alltäglichen, normalen Situation vorgestellt. Er fasste sie nicht mit Samthandschuhen an, für ihn war sie kein Opfer. Sie wusste, dass sie mehr wollte, als ihm nur zu danken.

»Ich würde dich gern wiedersehen«, sagte sie, ehe sie sich auf die Zunge beißen konnte. Sie war bereit, mehr Risiken einzugehen. Sie wollte ihr Leben leben und nicht die Angst gewinnen lassen. Ihre Erlebnisse hatten sie stärker gemacht. Im Moment hatte sie nur das Problem, jemanden zu finden, der mit ihrer Stärke zurechtkam und trotzdem ihre weichere Seite erkannte, die sich dahinter verbarg.

»Lädst du mich etwa ein? Denn ich wäre durchaus in der Lage, dich einzuladen, wenn ich wollte.«

Tja, sie hatte eben nicht mit Samthandschuhen angefasst werden wollen. »Heißt das, du willst nicht mit mir ausgehen?«

»Das habe ich nicht gesagt, Isabelle.« Er beugte sich vor, stützte sich auf die Ellbogen. Seine kräftigen Hände lagen zwischen ihnen auf der Tischplatte. »Es ist nur so, dass ich keine Ärzte mag. Grundsätzlich nicht.«

Gott, diese Augen … Allein die Augen waren eine Waffe, und sie war sicher, dass sie nicht die erste Frau war, die ihm verfiel.

Und er wollte nichts mit ihr zu tun haben.

Dr. Isabelle Markham war einunddreißig Jahre alt und hatte an der Harvard Medical School studiert. Sie war die Beste ihres Jahrgangs gewesen, und ihr Spezialgebiet war plastische Chirurgie.

Sie hätte überall hingehen können.

Stattdessen hatte sie sich entschieden, ehrenamtlich für Médecins Sans Frontières, besser bekannt als Ärzte ohne Grenzen, zu arbeiten. Sie hatte drei Jahre lang jeweils vier Monate im Jahr in Afrika verbracht. In ihrer Freizeit hatte sie zudem in einer örtlichen Praxis gearbeitet. Es hatte nie Probleme gegeben, bis ihre Mutter letztes Jahr für den Senat kandidiert und gewonnen hatte. Kurz darauf hatten die Drohungen begonnen.

In Afrika war sie von ihrem eigenen Leibwächter verraten worden. Er war ein ehemaliger Soldat der Special Forces, der vor Jahren unehrenhaft entlassen worden war. Anschließend wurde er Söldner und hatte sich schließlich gegen sein eigenes Land gewandt. Jake konnte sich keinen Grund vorstellen, warum er das getan hatte, und die FBI-Agenten, die mit ihm über seinen Einsatz sprachen, hatten kein Interesse daran gezeigt, ihr Wissen mit ihm zu teilen.

Außerdem hatte Jake sie in den ersten zwei Wochen, die sie im Krankenhaus verbringen musste, bei jeder sich ihm bietenden Gelegenheit besucht. Es war eine dreistündige Fahrt vom Stützpunkt zur Klinik, und er war oft um drei Uhr morgens oder noch später dort angekommen, hatte sie eine Weile beobachtet, während sie schlief, und war wieder hinausgeschlüpft, bevor ihn jemand bemerkte. Er hatte gesehen, wie ihre Blutergüsse verblassten und wie die Maschinen und Schläuche nach und nach entfernt wurden. Er sah die Fortschritte, die sie machte. Dazu gehörte auch der tiefe, ruhige Schlaf, den sie schlief.

Er sah, wie sie manchmal die Hand nach etwas ausstreckte. Wie sich ihre Faust schloss, als wolle sie etwas ergreifen, was nicht dort war, und er hatte zugleich seine eigene Faust geballt und sich eingeredet, dass das alles so verdammt lächerlich war. Und dann war er wieder zu einem Einsatz gerufen worden und hatte den letzten Monat in den Bergen Afghanistans verbracht, wo er Informationen für den Geheimdienst sammelte und, als er das Land verlassen wollte, angeschossen worden war. In diesen Tagen schien das für ihn der normale Ablauf zu sein.

Er war erst gestern spät in der Nacht zurückgekommen und war genäht worden. Danach hatte er darüber nachgedacht, etwas herumzutelefonieren und ein paar Details über Isabelle zusammenzutragen. Er hatte schon geahnt, dass der Alltag sie wieder eingeholt hatte.

Noch vor seinem Aufbruch hatte er nämlich entdeckt, dass sie verlobt war.

Aber jetzt saß sie ihm gegenüber. Ihr dunkles, langes Haar trug sie offen. Sie sah so schön und unbekümmert aus, als hätte sie erst kürzlich die beste Entscheidung ihres Lebens getroffen. Und sie trug keinen Ring mehr an der linken Hand.

Er hatte sich noch nie in seinem Leben vor irgendwem oder irgendwas gefürchtet. Aber diese Frau traf ihn tief in seinem Herzen, und das auf eine Art und Weise, auf die er nicht vorbereitet war.

»Was hast du gegen Ärzte?«, fragte sie.

»Sie stellen viele Fragen.«

Sie stand auf und warf ihren leeren Kaffeebecher in den Papierkorb. »Warum denkst du nicht einfach drüber nach?«

Er wünschte, sein Pieper ginge los, sein Telefon würde klingeln oder ein kleiner Krieg würde ausbrechen. Irgendwas, das ihn vor dieser Frau bewahrte. Und zugleich fragte er sich, warum er plötzlich vor einer Frau bewahrt werden wollte.

Er konnte das nicht tun. Nicht mit ihr.

Sie behauptet, sich an nichts mehr zu erinnern.

Ein merkwürdiges Gefühl der Enttäuschung überkam ihn, auch wenn beide das Band, das zwischen ihnen bestand, nicht leugnen konnten. Falls sie nicht wusste, was geschehen war, so war sie sich zumindest bewusst, dass irgendetwas vorgefallen war.

Sie überhaupt zu küssen und zu berühren, war alles andere als professionell gewesen. Sein Schutzmechanismus hatte nicht funktioniert. Als hätte er nicht längst gelernt, wie schmerzhaft die Konsequenzen sein konnten, wenn man das versäumte.

»Bist du gewöhnt, immer zu bekommen, was du willst?«, fragte er.

»Du nicht?«

Sie lächelte ihn noch einmal an, ehe sie sein Büro verließ und die Tür leise hinter sich schloss.

Ihm blieb keine Zeit, sich zu fragen, was zum Teufel er jetzt tun sollte, weil sein Handy klingelte. Er schaute auf die Nummer, klappte das Handy auf und sagte: »Es geht mir gut.«

»Angeschossenist alles andere als gut«, erwiderte Kenneth Waldron. Er war der einzige Mann, den Jake je als seinen Dad betrachtet hatte.

»Haben dir das deine Tarotkarten verraten?«

»Ich brauche keine Karten. Ich habe dir letzten Monat gesagt, dass etwas Großes auf dich zukommt.«

»Wie du siehst, hat es mich verfehlt. Zum größten Teil zumindest.«

»Jake …«

»Es geht mir wirklich gut«, wiederholte Jake. Seine Hand glitt automatisch zu seiner rechten Seite, die noch immer bandagiert war. »Ist nur eine Fleischwunde. Ich bereite mich gerade aufs Training vor.«

»Ich habe übrigens nicht zwingend Beschuss gemeint. Und jetzt gib mir deinen Bruder.«

Er brauchte sich nicht mal die Mühe zu machen, Kenneth zu erklären, dass keiner seiner Brüder da war. Er schwieg einfach eine Sekunde, und im nächsten Augenblick stürmten Nick und Chris auch schon in sein Büro. Wie immer stritten sie.

Manchmal war es wirklich eine Plage, einen Vater mit übersinnlichen Fähigkeiten zu haben. »Und welchen?«

»Den, der mich nicht anlügen wird!«, schnauzte sein Vater.

Jake blickte von Chris zu Nick und befand, dass sich beide in dieser Hinsicht nichts nahmen. Er warf Chris das Telefon zu, während Nick seinen Kaffeebecher nahm und in einem Zug leerte.

»Es geht ihm gut, Dad«, sagte Chris. »Warum sollte ich dich anlügen?« Er lauschte einen Moment. »Tja, also insofern hast du recht.«

Seine ältesten Freunde nannten ihn Twist, seine Frau, die vor zwölf Jahren gestorben war, hatte ihn Cher genannt, und für seine drei erwachsenen Jungs war er Dad. Bei der Arbeit nannten sie ihn Kenny und hinter seinem Rücken Crazy. Heute Abend begannen die Jungs der neuesten Möchtegern-Rockband, die mehr Zeit damit verbrachten, aus dem Fenster fahrender Autos zu pinkeln und auf der Bühne Glasflaschen zu zerschmettern, statt zu singen, ihn Boss zu nennen.

»Deine Tonlage ist falsch. Hör auf, dich zu bremsen. Öffne deine Stimme. Und ich will hören, dass du auf den Bass eindrischst!«, rief er gegen den Lärm an.

Im Musikgeschäft war Kenneth Waldron gewissermaßen eine Legende, weil er die Rockbands managte, von denen behauptet wurde, sie seien unmöglich zu führen. Er übernahm sie, nachdem jeder andere Manager in der Stadt, der noch einen Funken Verstand hatte, den Jungs in den Arsch getreten hatte und sie nun heulend in der Gosse lagen. Und er brachte sie groß raus. Er behielt die Übersicht. Er kümmerte sich um sie und verschaffte ihnen den Durchbruch.

Jeder fragte sich immer, wie er das schaffte. Warum er es schaffte. Verdammt, es war vollkommen einfach, wenn er bedachte, wen er aufgezogen hatte. Wen er noch immer aufzog, denn seine drei Söhne setzten Himmel und Hölle und alles, was sich dazwischen befand, in Bewegung.

Er war ziemlich jung für das Geschäft, erst vor Kurzem hatte er seinen dreiundvierzigsten Geburtstag gefeiert. Sein leiblicher Sohn war sechsundzwanzig, und die beiden adoptierten Söhne im gleichen Alter. Um seiner Familie zu entkommen, hatte er Maggie geheiratet, als sie beide siebzehn gewesen waren. Er war mit ihrer Familie durch das Sumpfland des Bayou bei St. Charles Parish gezogen, und sie war nach nur einem Monat schwanger gewesen. Schon damals hatte er einige kleinere Bands gemanagt, und mit neunzehn hatten Maggie und er ihre eigene Firma gegründet und neue Talente entdeckt.

Als Christopher dreizehn war, zogen sie nach New York, weil sie in einer Großstadt leben wollten. Chris war damals schon knapp zwei Meter groß gewesen, und er sollte noch zwei weitere Zentimeter bis zu seiner endgültigen Körpergröße wachsen. In Louisiana war er zu Hause unterrichtet worden, aber eigentlich tat er nur das, was er wollte. Er war mit der Rockmusik aufgewachsen, hatte das Talent und die Stimme, um seine eigene Karriere zu starten, aber er hatte nie ein ernsthaftes Interesse an diesem Leben gezeigt. Darum wurde er auch am ersten Schultag von der New Yorker Privatschule geworfen, weil er sich in der Cafeteria eine Zigarette angezündet hatte.

Als er zum Büro des Schuldirektors gebracht wurde und dabei jeden in Hörweite auf Cajun, dem alten westfranzösischen Dialekt aus Louisiana, beschimpfte, waren Nick und Jake bereits dort. Warum, wusste Kenny nicht mehr so genau. Vermutlich, weil sie die Schule geschwänzt hatten. Die beiden hatten einen Hang dazu. Beide standen damals kurz vor dem Rauswurf.

Maggie war hingefahren, um Chris abzuholen. Und sie kam mit zwei weiteren Jungs nach Hause. Alle drei waren für vierzehn Tage suspendiert worden, weil sie direkt vor dem Büro des Schuldirektors angefangen hatten, sich zu prügeln. Einfach, weil ihnen nichts Besseres eigefallen war. Zumindest war das die Erklärung, die Jake ihm an jenem Nachmittag gab, nachdem Kenny eine Schnittwunde an seinem Hals verbunden und dabei ein weitaus größeres Problem entdeckt hatte.

Bis heute konnte Kenny sich nicht erinnern, wann die beiden Jungs offiziell bei ihnen eingezogen waren. Aber es kam ihm vor, als seien sie nach diesem ersten Tag nie wieder gegangen.

Er hatte es einfach als richtig empfunden, erinnerte er sich, während er sich eine weitere Zigarette ansteckte. Er wartete, dass die Bandmitglieder endlich ihre Ärsche auf die Bühne bewegten. Heute Nachmittag hatte er die Jungs in einem Striplokal erwischt, wo sie versuchten, sich zu betrinken und sich den Verstand wegzuvögeln. Er hatte sie aus dem Laden gezerrt und den Rest des Tages auf sie aufgepasst, bis sie wieder in der Lage waren, ohne ihn weiterzumachen.

Die Bandmitglieder glaubten, sie seien erwischt worden, weil jemand sie verraten hatte. Aber in Wahrheit hatte Kenny sie gefunden, weil er das hatte, was die Cajun den Blick nannten. Chris hatte ihn auch. Maggies Mutter hatte das sofort verkündet, als sie Chris das erste Mal in die verschiedenfarbigen Augen gesehen hatte. Das war wenige Minuten nach seiner Geburt gewesen. Er war mit einem blauen und einem grünen Auge zur Welt gekommen.

Nick und Jake nannten das alles diesen übersinnlichen Cajunscheiß, und er trieb sie in den Wahnsinn, obwohl Chris sich nach dem Tod seiner Mutter Maggie geweigert hatte, dieses Talent zu nutzen.

Kenny hatte sich nach Maggies Tod für ein Jahr von den Jungs zurückgezogen. Oberflächlich gesehen war er zwar da gewesen, hatte sie angerufen und sie kurz während der Tourneepausen besucht, aber die Trauer hatte ihren Preis gefordert. In jenem Jahr waren seine Söhne, die ohnehin schon sensibel und ziemlich wild waren, außer Kontrolle geraten, und er war nicht sicher gewesen, ob er sie je wieder würde auf die richtige Bahn bringen können.

An manchen Tagen war er selbst heute nicht überzeugt, ob es ihm gelungen war. Und in letzter Zeit war er nachts oft wach gewesen, hatte Furchen in den Teppich gelaufen und sich ständig Sorgen um die drei gemacht. Denn irgendwas stimmte einfach nicht.

»Ich finde, du solltest langsam aufhören, dir Sorgen um uns zu machen«, hatte Chris vor nicht allzu langer Zeit mal bei einem gemeinsamen Abendessen bemerkt. Kenny hatte gerade gegen den Drang angekämpft, Nick nach seinem Gipsbein zu fragen. Oder Jake nach den Gipsen um beide Arme oder Chris nach dem Verband an seinem Hals.

»Ich glaube, du solltest dir ein Hobby zulegen«, fügte Nick hinzu.

Kenny verzichtete klugerweise darauf, Nick daran zu erinnern, wie er einmal eine gute Stunde Zeit damit verplempert hatte, den Anrufbeantworter in eine Zeitbombe zu verwandeln, die irgendwann explodiert war, weil er sich langweilte.

»Also ich glaube, du musst einfach mal wieder vögeln«, erklärte Jake, und seine grauen Augen ruhten ernst auf seinem Vater. Kenny hatte gelacht und Jake im Stillen recht gegeben.

Dennoch machte er sich Sorgen. Er sorgte sich, wenn Nick sich erkältete oder seine Stimme rauer klang als sonst. Er sorgte sich, wenn er merkte, dass Jake nicht gut schlief oder dass Chris zu viel rauchte und zu wenig aß.

Er fragte sich, ob sie je zur Ruhe kommen würden. Aber während die Jahre vergingen und ihre Verrücktheiten immer neue Höhen erklommen, statt mit zunehmendem Alter weniger zu werden, begann er zu glauben, dass die Frauen, die seine Jungs länger als nur eine Nacht in den Griff bekommen konnten, erst noch geboren werden mussten. Wenn es sie überhaupt gab.

Er würde morgen Abend noch einmal mit ihnen reden. Aber jetzt zündete er sich eine weitere Zigarette an und bereitete sich geistig darauf vor, die verdammte Bühne zu stürmen, um den Jungs, die dort vor ihm standen, Manieren beizubringen.

 

2

Als Isabelle ihre Absicht verkündet hatte, Anfang des Jahres mit Ärzte ohne Grenzen zurück nach Afrika zu gehen, hatte ihre Mutter gemeinsam mit Onkel Cal einen Gegenvorschlag unterbreitet.

Den ganzen letzten Monat hatte sie versucht, die Normalität zu leben, die sich ihre Mutter so sehnlich für sie wünschte, hatte sich bemüht, wieder eine Beziehung zu dem Mann aufzubauen, den sie im kommenden Jahr hatte heiraten wollen, und begonnen, in einem großen Krankenhaus zu arbeiten. Doch obwohl sie dort als plastische Chirurgin angestellt war, wurde sie meistens nur zu Patienten gerufen, bei denen aus Angst vor hässlichen Narben kleine Schnitte genäht werden mussten. Und in der gleichen Zeit war ihr klar geworden, dass Daniel und sie sich eigentlich völlig fremd waren.

Sie wurde mit Zuwendung geradezu erstickt. Es gab zu viel Trost, zu viel Mitgefühl, zu viel von all jenen Dingen, die sie nie gewollt hatte, und sie begriff, dass sie den Rest ihres Lebens so nicht verbringen wollte.

Dann hatte Onkel Cal ihr eine andere Möglichkeit eröffnet, bei der sie der Arbeit nachgehen konnte, die ihr gefiel, ohne sich deswegen irgendwelchen Gefahren aussetzen zu müssen. Also arbeitete sie nun als Beraterin für das Verteidigungsministerium und zusätzlich im Marinekrankenhaus. Onkel Cal hatte mehr als nur ein paar Fäden gezogen, damit sie auf der Militärbasis praktizieren konnte. Sie war ihm ausgesprochen dankbar dafür.

Sie berührte ihre Seite, die noch immer schmerzte, sobald sich Regen ankündigte oder sie sich falsch bewegte oder zu lange ohne Pause arbeitete. Der Orthopäde, bei dem sie gewesen war, hatte ihr versichert, auch das würde noch vergehen. Bis dahin ertrug sie den Schmerz wie einen Orden. Als Zeichen, dass sie überlebt hatte.

Ihr Leibwächter Rafe, der sie während ihrer Arbeit in den abgelegenen Gebieten des Kongo monatelang beschützt hatte, war verhaftet worden. Die ganze Zeit hatte er für ihre Sicherheit gesorgt und sie dann, ohne jede Vorwarnung, verraten. Für Geld.

Trotzdem war es Onkel Cal gelungen, ihre Mutter davon zu überzeugen, dass die Navy wahrscheinlich am besten dazu geeignet war, Isabelle in Zukunft solche Erlebnisse zu ersparen. Sogar das FBI hatte sie darauf hingewiesen, dass es besser sei, für eine Organisation zu arbeiten, die sie nicht an derart gefährliche Orte schickte.

Inzwischen hatte sie die erste Woche des neuen Jahres mit einem nicht enden wollenden Strom von Marinesoldaten eingeläutet, die sich im Manöver befanden. Allerdings schienen die nichts Besseres zu tun zu haben, als sich zu verletzen. Sie hatte fast vierundzwanzig Stunden am Tag Bereitschaftsdienst. Die Arbeit erinnerte sie an ihre Assistenzzeit – allerdings ohne das sonstige medizinische Personal.

»Glauben Sie, ich bin für das BUD/S-Training nächsten Monat wieder fit, Doc?« Al, ein Marine, der viel zu jung wirkte, um an irgendwelchen Kampfhandlungen teilzunehmen, blickte erwartungsvoll zu ihr auf. Er war von einem Granatsplitter an der Stirn erwischt worden, und die Platzwunde hatte wie verrückt geblutet.

»Erst müssen Sie mir sagen, was ein BUD/S ist«, erwiderte sie.

»Das BUD/S ist der erste Teil der SEAL-Ausbildung«, erklärte Al. »Es soll das Härteste sein, was ein Mann durchstehen kann.«

Sie bezweifelte, dass Jake es als das Härteste bezeichnen würde, was ein Mann durchstehen konnte – bei Weitem nicht. Aber sie nickte. »Das klingt anstrengend.«

»Ja. Die ersten Wochen sind die schlimmsten, besonders der Teil, den sie die Höllenwoche nennen. Sobald man die überstanden hat, ist man auf der sicheren Seite, aber es gehört noch eine Menge mehr dazu, ein richtiger SEAL zu werden.«

»Und das wollen Sie gern?«, fragte sie.

»Ja, Ma’am!«, erwiderte Al so ernst, dass sie ein Lachen unterdrücken musste.

»Sie dürften bis dahin wiederhergestellt sein«, erklärte sie. »Und ich kann dafür sorgen, dass von der Wunde keine Narbe zurückbleibt.«

»Schon okay, wenn Sie’s nicht können. Narben sind cool.«

»Narben helfen dir auch nicht, dein BUD/S zu bestehen. Schon mal einem SEAL begegnet, Doc?«, fragte ein Marine namens Luke. Er war heute schon zweimal bei ihr gewesen. »Diesen Monat sind einige von ihnen hier auf dem Stützpunkt. Sind wohl grade von einem Einsatz zurückgekommen. Das ist immer gut für die Moral.«

»Ich bin einigen von ihnen begegnet«, sagte sie. Es war erst vierundzwanzig Stunden her, seit sie Jakes Büro verlassen hatte, und seitdem war viel zu viel zu tun gewesen, um sich noch viele Gedanken über ihr Gespräch zu machen.

Heute trug sie blaue OP-Kleidung. Ihr Ausweis hing an einem schwarzen Band um ihren Hals und kam ihr ständig in die Quere. Sie hatte ihr Haar zu einem lockeren Knoten hochgebunden. Aufs Make-up hatte sie verzichtet, aber das schien ihre Attraktivität nicht zu schmälern, denn sie war trotzdem mindestens fünfzehn Mal um ein Date gebeten worden. Offensichtlich hatte keiner der Marines ein Problem damit, mit einer Ärztin auszugehen.

»Wusstest du, dass sie achtzehn verschiedene Methoden lernen, mit bloßen Händen zu töten? Stell dir mal vor, was sie dann erst mit einer Waffe ausrichten können.« Luke sprach jetzt mit Al. Er zog den jungen Mann mit einer, wie Isabelle glaubte, Mischung aus Unsinn und Fakten auf. Die Wahrheit lag wohl irgendwo dazwischen. »Mann, einige der Typen sind einfach legendär.«

»Weißt du was über diesen Typ Jake Hansen, von dem ich ständig höre?«, fragte Al.

»Jake? Der ist verrückt. Sie haben ihn vermutlich noch nie getroffen, Doc«, wandte sich Luke an Isabelle. »Er hasst Ärzte. Gewöhnlich bringt er einen seiner Kameraden dazu, ihn zusammenzuflicken. Oder er macht’s selbst.«

»Interessant«, murmelte sie.

»Sehen Sie den Aktenschrank? Angeblich gehören alle Akten da drin zu ihm.« Luke wies auf einen verschrammten, khakifarbenen Schrank mit vier Schubladen, der in einer Ecke der Krankenstation stand.

Isabelle hatte vorhin schon versucht, den Schrank zu öffnen, aber keiner von den Schlüsseln, die ihr Vorgänger ihr dagelassen hatte, passte ins Schloss. »Klingt so, als müssten Sie mich mal aufklären. Sie wissen schon – falls er je hier auftauchen sollte.«

Mehr brauchte sie nicht sagen, um die Jungs zu animieren, mit all den Geschichten über Jake herauszurücken. Jeder versuchte, die anderen mit dem, was er über Jake wusste, auszustechen.

»Man erzählt sich, Jake sei direkt vom Bootcamp ins BUD/S marschiert. Das passiert nie. Ich hab gehört, er ist mit fünfzehn in die Navy eingetreten. Soll der beste gefälschte Ausweis gewesen sein, den sie je gesehen haben, darum durfte er bleiben«, meldete Al sich zu Wort.

»Er ist der Jüngste, der je die Prüfungen für die SEALs abgelegt hat«, sagte Luke. »Sein Ausbilder beim BUD/S wurde anschließend unehrenhaft aus der Navy entlassen, weil er während eines SERE-Trainings gefoltert haben soll. Angeblich hat er Jake fast zu Tode geprügelt, aber der hat überlebt. War Bester seines Jahrgangs.«

»SEALs werden völlig überbewertet. Ich könnte es mit ihm aufnehmen«, rief Zeke laut. Der Marine saß mit einem Kopfverband etwas abseits, beteiligte sich aber lebhaft am Gespräch. Seine Behauptung brachte Isabelle zum Lachen.

»Angeblich hat er dieses wirklich widerliche Tattoo von einem Adler auf dem Hinterkopf. Erst in Belize hat er jemanden gefunden, der ihm das gemacht hat.«

»Wie niedlich«, bemerkte Al und rieb sich instinktiv seinen eigenen Hinterkopf.

»Hände runter. Halten Sie still«, sagte Isabelle, und er gehorchte sofort. Es war ein gutes Gefühl, den Kommandoton wieder in der Stimme zu haben.

»Er schläft nie. Niemals. Und nach einem Einsatz hat er mal literweise Blut verloren. Er kam zurück zur Basis, und nach ein paar Transfusionen war er wieder auf den Beinen. Den Rest der Woche hat er einen Infusionsständer mit sich herumgeschleppt. Die ganze Zeit hatte er eine Kanüle in der Vene, aber er hat alle Übungen und Prüfungen absolviert. Der alte Doc fand das nicht besonders gut«, erzählte Luke.

Isabelle musste sich verkneifen, die Augen zu verdrehen.

»Das klingt, als sei er eine verdammte Maschine. Der Mann aus Stahl«, bemerkte Al.

»Ich hab gehört, er treibt es gern drei oder vier Mal am Tag. Schläft mit drei Frauen gleichzeitig, nur um Befriedigung zu finden«, erzählte Luke. Das war eindeutig eine Information, auf die Isabelle gut hätte verzichten können. Sie warf Luke einen entsprechenden Blick zu, aber er zuckte bloß mit den Schultern.

»Er ist jedenfalls nicht der Typ Mann, der sesshaft wird oder besonders häuslich«, meinte eine der Schwestern, die gerade hereinkam, um Desinfektionsmittel zu holen. In ihrer Stimme schwang etwas mit, das Isabelle unwillkürlich zusammenzucken ließ. Sie fragte sich, ob die Schwester mal ihr Glück bei Jake versucht hatte und gescheitert war.

Isabelle hatte kein Interesse daran, Jake Hansen zu zähmen. Nein, sie wollte ihn so wild wie nur irgend möglich. Sie war sich sicher, die Frau zu sein, die mit ihm umgehen konnte. Und herauszufinden, ob er stark genug für sie war, brauchte sie nicht auf die lange Bank zu schieben.

Und dann richtete Zeke seine nächste Bemerkung direkt an sie: »Ich glaube, die meisten Männer, um die so viel Tamtam gemacht wird, reichen meistens nicht an die Legenden heran, die um sie gesponnen werden.«

Isabelle spürte, dass diese Annahme auf Jake nicht zutraf, aber das verschwieg sie Zeke. Stattdessen blickte sie zu dem alten Aktenschrank hinüber und beschloss, so schnell wie möglich einen Schneidbrenner und ein Stemmeisen anzufordern.

»Der neue Doc hat in deiner schmutzigen Wäsche herumgewühlt.«

Wie Max, der Captain des Marinegeheimdienstes, es schaffte, eine so bescheuerte Bemerkung mit völlig ernstem Gesicht loszulassen, war ihm ein Rätsel. Aber Jake war trotzdem dankbar für die Vorwarnung. Das war einer der Gründe, warum er damals einen stummen Alarm in dem alten Aktenschrank angebracht hatte.

Der alte Doc hatte nie einen Blick in den Schrank geworfen, weil er genau wusste, dass ein SEAL nur dann bei ihm auftauchte, wenn irgendwo aus seinem Körper ein Knochen herausragte. Und dann blieb sowieso keine Zeit, in irgendwelchen Krankenakten herumzustöbern. Die Akten in dem Schrank waren fingiert, und er hatte sie vor Jahren dort platziert, um die Neugier derjenigen zu befriedigen, die nach mehr Informationen über den legendären Jake Hansen und seine SEAL-Kameraden suchten. Eben all den Mist, mit dem sie die jungen Rekruten diese Woche wieder fütterten.

Er hatte nicht damit gerechnet, dass sie auch junge Ärzte damit versorgten, aber er vermutete, dass heutzutage niemand mehr immun gegen so etwas war, wenn nur genug Bullshit erzählt wurde.

Die echten Krankenakten der SEALs wurden an anderer Stelle unter Verschluss gehalten und nur hervorgeholt, wenn eine wirklich ernsthafte Verletzung es erforderte. Bis dahin verließen sich die Elitesoldaten auf das Gedächtnis ihrer Kameraden, wenn es um die eigene Krankengeschichte, um Medikamentenallergien und Ähnliches ging. So konnten sie mit wenig Gepäck reisen und dennoch eine medizinische Grundversorgung gewährleisten.

»Was hat der Kerl mit meinen Sachen zu schaffen?«, fragte Jake.