Niemals aufgeben! - Peter Hahne - E-Book

Niemals aufgeben! E-Book

Peter Hahne

4,9

Beschreibung

Ein neuer Hahne! Nach Jahres-Erfolgen auf den SPIEGEL-Bestsellerlisten mit "Rettet das Zigeunerschnitzel!" und "Schluss mit lustig!" wieder gewohnter Klartext, keine gewöhnlichen Klischees. Ratgeber gibt's über Karriere, Reichtum und Gesundheit, aber Hilfe beim Scheitern sucht man mit der Lupe. Was trägt, wenn Erfolg ausbleibt, Pech und Pleiten, Kündigung und Krankheit das Leben radikal verändern? Dann sind echte Werte gefragt, die unser Dasein dennoch wertvoll machen. Für jeden Denker eine Herausforderung: Gott schreibt in der Bibel Geschichte mit Versagern! Einer der beliebtesten TV-Moderatoren bringt akutelle Beispiele der Gegenwart. Und warum Scheitern ein Segen sein kann und ein frommer Ministerpräsident Luther für den besseren Katholiken hält. Herz, Hirn und Humor sind wieder garantiert, wenn mit Peter Hahne einer der prominentesten und profiliertesten Hauptstadtkorrespondenten in die Tasten haut.

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Peter Hahne

Niemals aufgeben!

Mit Werten in Führung bleiben

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.dnb.de abrufbar.

ISBN 978-3-8429-1005-8eISBN 978-3-8429-1006-5

© 2015 mediaKern GmbH, 46485 WeselUmschlagbild: picture alliance / BREUEL-BILDUmschlaggestaltung, Layout, Satz: Ch. Karádi

www.media-kern.de

Inhalt

Um was es geht

Ein Stern im Star-Rummel

Glaube im Echtheitstest

Wahrheit oder Wahnsinn

Alles nur Zufall?

Vom Zweifel zur Gewissheit

Gefühl oder Gewissheit?

Was der Mensch zum Leben braucht

Von der Stasi gefoltert, von der Kirche verraten

Kreuz- und Querdenker

Europa eine Seele geben

Scheitert der Euro, scheitert Europa?

Starker Islam, schwaches Christentum

Ohne Bibel alles Bahnhof

Spießbürger des Relativismus

Gescheitert – war alles umsonst?

Lebenssatt, nicht lebensmüde

Scheitern als Chance

Christen sind Führungskräfte

Bedienungsanleitung fürs Leben

Wert-Maßstäbe gesucht

Leitplanken für den Lebensweg

Rezepte mit Risiken und Nebenwirkungen

Termine mit Gott

Siegen lernen

Gott spielt mit offenen Karten

Wer weiß schon, was Gott will

Trittbrettfahrer unerwünscht

Beter bewegen die Welt

Ich kann nicht (mehr) beten

Gesellschaft mit begründeter Hoffnung

Vorbilder statt Vorschriften

Glauben – nichts für Weicheier

Allein geht man ein

Neidfaktor Gemeinschaft

Gescheitert? Das Beste kommt noch!

Himmel auf Erden

Zielvereinbarung

Um was es geht

Als die Eilmeldung am Mittag des 26. März 2015 auf meinen Schreibtisch kam, hatte ich Tränen in den Augen. Gerade hatte ich mit den Gästen meiner Sonntagssendung telefoniert, ganz andere Themen abgesprochen. Doch jetzt bekam alles eine unfassbare Wende und das Anliegen dieses Buches eine dramatische Dimension und Aktualität: Weil einer mit seinem Leben gescheitert ist, riss er 149 andere mit in den Tod. Eine Schulklasse aus dem westfälischen Haltern war darunter. Hätte er (sich) nicht aufgegeben oder wäre er an diesem Tag zu Hause und nicht im Flugzeug gewesen, wie viel Leid wäre anderen erspart geblieben. Der Absturz des Germanwings-Fluges 4U9525 hatte keine technischen, sondern menschliche Ursachen. Selbstmord ist die Sackgasse, die im Scheitern keinerlei Ausweg mehr sieht.

Die Angehörigen der Opfer baten erneut um den Besuch von Notfallseelsorgern. Bezeichnend: In den Stunden, wo das Leid einem den Verstand raubt, ist Glaube gefragt – auch von Menschen, die damit sonst wenig am Hut haben. Wenn dies in einer solchen Extremsituation einziger Rettungsanker ist, sollte es auch im normalen Alltag die Regel werden. Das will dieses Buch bewirken. Und ich denke an Bernhard Vogel, der als Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz 1988 bei der Trauerfeier für die 70 Opfer der Luftfahrtschau von Ramstein fragte: »Kann man jetzt noch an Gott glauben?« Und er gab die logische Antwort: »Wenn wir jetzt nicht an Gott glauben, dann endet unsere Hoffnung an unseren Grenzen.« Und wir wissen doch, wie schnell einem Scheitern und Niederlagen die Hoffnung nehmen wollen. Und wie wenig man darauf vorbereitet ist.

In der Internet-Suchmaschine Google wollte ich die Frage eingeben: »Wie wird man mit Scheitern fertig?« Schon nach den ersten drei Worten bietet Google automatisch einen Begriff an: »reich«! Das war also die meistgestellte Frage mit Antworten in Millionenhöhe: »Wie wird man reich?« Reichtum als Top-Thema, nicht die existenzielle Sehnsuchtsfrage, wie ich Scheitern und Niederlagen bewältigen kann. Scheitern bei Prüfung und Klassenarbeit, Knick in der Karriere, Mobbing und Burnout, Liebeskummer, Firmenpleite oder die inzwischen selbst von der SPD-Linken Andrea Nahles beklagte Tatsache, dass die Vereinbarkeits-Ideologie von Familie und Beruf für Frauen in Wahrheit eine Lüge, eine Illusion ist, die vielen Menschen viel Leid gebracht hat – vor allem Kindern.

Schaue ich in einer großen Berliner Buchhandlung in die Ratgeber-Abteilung, so finde ich meterweise Literatur mit Tipps, wie man reich und glücklich werden kann. Da gibt es Anleitungen für Karriere und Erfolg oder die Gesundheit als neuen Religionsersatz, doch kaum ein Buch über Niederlagen und die Konsequenzen daraus. Auch Managerseminare scheuen das Thema, obwohl Scheitern an der Tagesordnung ist. Die Selbstmordrate unter gescheiterten Wirtschaftsführern ist erschreckend, weil niemand so richtig auf Misserfolg vorbereitet ist. Das wird ja auch nirgendwo gelehrt und gelernt, da der Mensch nur noch als Humankapital verrechnet und bei Nicht-Funktionieren abgestoßen wird. »Die Karrieren von heute zeigen alle ein und dieselbe Kurve: rapider anfänglicher Aufstieg, dann die Horizontale, allmählicher Abstieg bis zu den Tiefen des Scheiterns« (Welt am Sonntag).

Mir bestätigte ein Vorstandsmitglied eines der größten Konzerne der Welt, dass die Not so groß ist, dass plötzlich Christen in den Führungsetagen als Ratgeber gefragt sind, über die man früher eher gespottet hat. Ähnlich war es in der End- und Zerfallszeit der Sowjetunion. In diesem korrupten System bekamen Christen in der Wirtschaft Vertrauens- und Verantwortungspositionen; Christen, die man früher in den Gulags und Arbeitslagern knechtete. Eingefleischte Kommunisten meinten: Denen kann man vertrauen, weil sie das Alkoholproblem und die Selbstbedienungsmentalität für sich gelöst haben, unabhängig sind und in ihren Mitmenschen wertvolle Individuen und kein kollektives Arbeitsmaterial sehen.

Auch wenn aus der Welt dadurch kein Paradies wird, die Bedeutung von Christen im praktischen Alltag wird trotz konkreter ideologischer, meist islamistischer weltweiter Bedrohung und Verfolgung immer größer. Christen, deren Grundbuch-Urkunde einen Namen hat: Bibel. Nur dieses Buch der Weltliteratur hat das Scheitern und Wiederaufstehen, altes und neues Leben zum durchgängigen Thema. Die Bibel macht Gott groß, ohne den Menschen klein zu machen. Nirgends wird der Mensch so realistisch beschrieben, so angefochten, verführbar und fehlbar, so voller Versagen. Kein Wunder, dass immer mehr Leute von heute, Menschen mit beiden Beinen im Leben, die Bibel zum Ratgeber nehmen. »Und siehe da, sie ist wieder in, die alte Bibel, das Powerbuch«, schreibt ein Lifestyle-Magazin. Das Buch der Bücher ist alles andere als ein Heldenepos. Es kann, wenn man es intellektuell redlich betrachtet, kein Märchenbuch sein. Niemand käme freiwillig auf die Idee, seine Helden scheitern statt strahlen zu lassen! Die Bibel tut das Seite für Seite schonungslos.

Gottes Wort ist kein Buch voller Märchen und Legenden, wo gute Menschen alles richtig machen und zum Schluss den Lohn ihrer eigenen Großartigkeit erhalten und, wenn sie nicht gestorben sind, heute noch leben. In der Bibel heißt es nicht: »Es war einmal …«, sondern: »Es begab sich aber zu der Zeit …« Nicht Geschichten, sondern Geschichte! Gott schreibt Geschichte mit Nullen, mit Versagern, ja sogar mit Verbrechern. Nehmen wir Petrus, aus katholischer Sicht sozusagen der erste Papst. Wer auch immer in Rom auf dem »Stuhl Petri« sitzt, nimmt den Platz eines erbärmlichen Feiglings ein, der seinen Herrn Jesus Christus in dessen entscheidender Lebensphase jämmerlich verleugnete. Er weinte dann bitterlich über sein Versagen, es war nicht das erste Scheitern dieses vorlauten Besserwissers. Und doch macht sein Chef ihn zum Mitarbeiter nicht nur des Monats, sondern einer ganzen Welt- und Kirchengeschichte. Genauso wie die großen Propheten Jeremia und Jesaja oder Moses, den Retter des Volkes Israel und Empfänger der Zehn Gebote. Ganz zu schweigen von Israels großem König David, dessen polizeiliches Führungszeugnis keinen beamtenrechtlichen, geschweige denn monarchischen Eignungstest überstanden hätte.

Nach deren Selbsteinschätzung oder nach ihrer moralischen Qualität waren sie für keine verantwortliche Führungsposition geeignet und befähigt. Doch Gott beruft keine Befähigten, er befähigt Berufene. Das hat sich bis heute nicht geändert! Würden wir das akzeptieren, wir ersparten uns viel Kummer und Leid – im Privaten wie im Job. Wir sind von Gott nicht geliebt, weil wir so wertvoll sind. Wir sind so wertvoll, weil Gott uns liebt – mit all unseren Fehlern und Macken. Gott nimmt uns an, wie wir sind – damit wir nicht so bleiben müssen, wie wir sind.

Von der Macht des Gebetes, der Vergebung und des Neuanfangs nach Niederlagen sprechen in Interviews so erfolgreiche Wirtschaftsführer wie Heinz-Horst und Heinrich Deichmann, Inhaber der größten Schuh-Handelskette Europas, die Unternehmerin Christiane Underberg (»Magenbitter«) oder der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, um nur vier zu nennen. Der christliche Glaube als Motivator gegen Resignation und Misswirtschaft, davon schreiben angesehene Wirtschaftsmagazine immer häufiger. Beim Tod des Schuh-Giganten Heinz-Horst Deichmann war das selbst in der Linkspresse ein zentrales Thema jenseits von Spott und Häme.

Die Silvesterausgabe 2014/15 des linksliberalen und kirchenkritischen STERN hatte das Titelthema »Vergebung« mit der Schlussfolgerung: Richtige Vergebung gibt es nur bei Jesus Christus, der sich für unsere Schuld am Kreuz geopfert hat. Man bedenke: im STERN! »Kirchen«leute haben das Kreuz längst abgeschafft, weil es zu blutig und zu grausam sei für die moderne Welt. Hamburgs Ex-Bischöfin Maria Jepsen wollte gar das leidende Kreuz-Symbol durch die liebliche Krippe ersetzen. Auf Kirchtürmen künftig die Krippe? Sankt Absurdistan! Man hätte in der Hafenstadt doch auch einen (fliegenden) Fisch auf die Türme drapieren können, immerhin Erkennungszeichen der Urchristen …

Der Chefredakteur der renommierten Neuen Zürcher Zeitung schreibt: »Nur eines könnte mich zum christlichen Glauben zurückholen; und es ist nicht die Zusicherung eines ewigen Lebens, es ist die Aussicht auf Vergebung. Nichts stelle ich mir schlimmer vor als eine Schuld, die ewig nagt, weil man sie nie wiedergutmachen kann.«

Überraschend, was der Kabarettist und TV-Moderator Harald Schmidt dem FOCUS in der Silvesterausgabe 2014/15 auf die Frage »Brauchen wir Gott noch?« antwortete: »Womit soll ich denn sonst sterben? Außer mit dem, zu dem man singen und beten kann: ›Wenn ich einmal soll scheiden, so scheide nicht von mir.‹ Nietzsche? Hegel? Shakespeare? Nicht schlecht, aber funktionieren die auch am Sarg?« Ja, es stimmt: Wer sich nicht aufgeben will, weder beim Scheitern noch im Sterben, der sollte wenigstens den »Gottes-Test« machen und es mit ihm versuchen, statt sich dauernd durch falsche Ratgeber versuchen zu lassen.

Niemals aufgeben! Das ist kein frommer Wunsch, kein psychologisches Schulterklopfen nach dem Motto: »Es wird schon alles gut, ein Indianer kennt keinen Schmerz, reiß dich zusammen.« Das hilft niemandem, wenn das eigene Scheitern zur Existenzbedrohung wird. Die folgenden Seiten dieses Buches sind ein Angebot, dessen Nachfrage allerdings immer größer wird, je mehr wir menschliche Ratschläge eher als Schläge denn als Rat empfinden.

Die Voraussetzung, im Alltagsleben nicht zu resignieren, ist, im Glauben niemals aufzugeben. Sonst nützen uns Menschen Gottes Tipps herzlich wenig. Dieses Buch will auch zeigen, dass es trotz Scheiterns ein erfolgreiches Leben geben kann. Denn der Mensch ist immer mehr wert als die Summe seiner Leistungen. Selbst Nichtchristen überzeugt das, weil Scheitern ja sonst das Ende bedeutete.

Scheitern ist erlaubt, ist kein Zeichen von Schwäche, deren man sich schämen muss. Das Verdrängen und Verschleiern macht Menschen kaputt, nicht das Eingestehen. Auch hier erweist sich die uralte Bibel als topaktuell! In der Osterausgabe 2015 von FOCUS erklärt Rüdiger Striemer, Vorstand der Adesso AG: »Der Satz ›Scheitern ist keine Option‹ ist das Fatalste überhaupt. Menschen funktionieren nicht zu 100 Prozent. Scheitern nicht einmal als Möglichkeit in Erwägung zu ziehen, ist bereits eine krankhafte Haltung. Wenn ich etwas aus dieser Geschichte gelernt habe, dann das: Scheitern ist sehr wohl eine Option.« Seine Geschichte: Wegen Panikattacken und Depression wies sich der Spitzenmanager mit seinem 18-Stunden-Arbeitstag selber in eine Klinik ein.

Scheitern kann sogar ein Segen sein. Für oberflächliche Denker ein paradoxer Quatsch, für Menschen mit Tiefgang eine echte Perspektive. Mich bewegte tief, als der frühere Finanzjongleur aus dem Münchner Jetset, Josef Müller, der wegen Millionenbetrugs verurteilt wurde, in meiner Sendung sagte: »Ich danke Gott, dass ich ins Gefängnis kam. Sonst hätte ich ihn nie gefunden!« Und Gott finden heißt nach Leo Tolstoi nur eins: Leben! Dazu möchte ich Ihnen Mut machen. Es rührt mich zu Tränen, wenn junge Strafgefangene aus dem christlich geführten »Seehaus«, einem Projekt für Strafvollzug in privater Form, sagen: Man kann diese verlorene Zeit von Kriminalitätskarriere und Strafverbüßung auch als Gewinn betrachten, »weil mein Leben in der Begegnung mit Gott grundsätzlich neu geworden ist«.

Christen haben eine sichere Energiereserve, ein Kapital, das keine Krise vernichten kann: die Kraft Gottes. Die einzige Bedingung: Verbindung zur Quelle. Den Anschluss neu zu suchen, um sein Leben abzusichern, wertvoll zu machen und auf Ewigkeit zu programmieren, dazu will dieses Buch einen Beitrag leisten. Ich selber erlebe, was die Autorin Sibylle Lewitscharoff so beschreibt: »Ich finde zurück in eine Art kindliche Frömmigkeit, weil mir kein anderer Trost übrig bleibt in dieser heutigen leidenden Welt.«

Peter Hahne

Berlin, im April 2015

Ein Stern im Star-Rummel

Vor Jahren fragte mich die Evangelische Nachrichtenagentur idea zu Silvester nach meinem schönsten Jahreserlebnis. Ich brauchte nicht lange zu überlegen, lag es doch erst einige Tage zurück. Eine Geschichte aus einer Talkshow-Redaktion, die mich tief bewegt. Ein Dämpfer gegen Kleinmut und Kleinglauben. Eine schlichte Diakonisse hat im schrillen Star-Rummel etwas bewirkt, was nachwirkt und Kreise zieht. Nennen wir sie Schwester Anna, die sich um gestrandete und gescheiterte Menschen bei uns genauso kümmert wie um kranke Kinder in der Dritten Welt. Die Menschen nachgeht, die aufgeben wollen – bis hin zum Selbstmord. Ich wollte sie in meine Sendung einladen, telefonierte mit ihr und bekam ein mulmiges Gefühl.

Woher sie die Spenden für ihre Arbeit bekomme, wollte ich wissen. Von Jesus! Und was ihre Motivation sei? Natürlich, dass Gott alle Menschen liebt und niemanden aufgibt! Schwester Anna hatte auf alles eine fromme Antwort, immer ein passendes Bibelwort zur Hand, erzählte von der Wirkung intensiven Gebets und der Gemeinschaft, in der sie lebt. Zu fromm für ein weltliches TV-Gespräch, war mein (Vor-)Urteil. Ich bat eine erfahrene Kollegin, sie zu besuchen, sie auf Talkshow-Tauglichkeit zu testen und ein Urteil zu fällen. Sie, die sich mit ironisch-humorvollem Hintersinn »Multikulti-Heidin« nennt, kam zurück und meinte: »Nein, Herr Hahne, das geht wirklich nicht … Für diese Frau ist eine halbe Stunde Sendezeit viel zu wenig.«

Und es sprudelte nur so aus ihr heraus: Die erzählt von Gott, als gäbe es ihn als lebendige Person wirklich und als würde er sie überallhin begleiten. Die rechnet mit ihm wie mit Zahlen und redet von ihrem Glauben wie andere vom letzten Frisörbesuch, ohne dass es je peinlich wird. Während ihres »Test-Besuches« sei eine junge Frau zu Schwester Anna gekommen, deren Freund sie zur Abtreibung zwingt; ein akademischer Trinker, eine gescheiterte Existenz, und eine Dame mit Pelz und Perlen, die sich einsam fühlt in ihrer Wohlstands-Schickeria und am liebsten aufgeben würde. Und für all diese Menschen hatte die gläubige Frau im schwarzen Ordenskleid ein Wort, einen Trost, eine Ermutigung und volle Aufmerksamkeit.

Sie habe, so die Kollegin, in ihrer Berufskarriere schon Hunderte von Gästen »gecastet«, ihnen auf den Zahn gefühlt und sie auf »Echtheit und Talk-Fähigkeit untersucht«, Stars und Sternchen, Politiker und Bischöfe. Doch solch eine Frau sei ihr in all den Jahren noch nie begegnet. Wo andere nur Sprüche klopfen und sich in Selbstdarstellung überbieten, habe sie einen Spruch als roten Faden ihres Lebens: Gott groß machen, indem man sich zu Menschen bückt. Und auf die, die am Boden liegen und aufgeben wollen, nicht auch noch drauf treten, sondern ihnen beim Aufstehen helfen.

Zwei Dinge lerne ich daraus: Wir sollten lauter und lauterer unseren Glauben bekennen und uns »frommer Sprache« nicht schämen. »Wir müssen als Christen identifizierbar sein, egal ob als Arzt oder Politiker, als Studentin oder Hausfrau«, sagte mir einst Karl Carstens im Interview, für mich einer der bedeutendsten unter den Bundespräsidenten, leider einst verdeckt durch Schaumschläger oder Biografie-Beschöniger im höchsten Staatsamt. Zu solch »echten« Menschen gehört für mich Adolf Hägel, eine der prägenden Persönlichkeiten der traditionellen CVJM-Pfingsttagung im winzigen Dorf Bobengrün, zu der alljährlich bis zu 16 000 Jugendliche in den Frankenwald strömen. Erst Anfang 2015 berichtete er mir von bewegenden Erlebnissen in seinem weltweiten beruflichen Engagement als Ingenieur. Ein kühl kalkulierender Techniker, aber glühend wie ein »Backofen voller Liebe für Jesus« (Martin Luther), der in seinem Beruf als Christ identifizierbar und damit ansprechbar ist, dessen Wirken bis in die Spitze der amerikanischen Industrie reicht. Gott gebraucht solche bescheidenen Menschen vielleicht mehr als Fernsehmoderatoren im Rampenlicht. Ich komme später auf ihn zurück.

Bei Schwester Anna lerne ich ein Zweites: Wir sollen nicht meinen, als Christen kämen wir mit frommen Worten beim modernen Menschen nicht an. Diese falsche Scham ist nackter Kleinglaube. Auch Papst Franziskus spricht von »Lebensevangelisation«, wenn es um Mission geht. Kein Wunder, dass Evangelikale seine besonderen Ansprechpartner sind, ich konnte das persönlich bei einem Besuch im Vatikan im Februar 2015 erleben. Aus dem Vertraulichen nur eins: Die »Ökumene der Glaubenden« hat mehr Zukunft als die von Institutionen mit weltlichen Strukturen. Erstaunlich, dass evangelikale Literatur im Vatikan ebenso präsent ist, wie die Jesus-Bücher von Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. unter Pietisten als biblisch zentral hoch gelobt werden. So etwas muss man im Luthertum heute lange suchen! Der Protestantismus muss aufpassen, nicht zur Politreligion zu pervertieren.

Es kommt nicht auf wohlgesetzte Worte von Kanzeln und Kathedern an, die mit Girlanden der Gelehrsamkeit und vollem rhetorischen Register daherkommen. Die fundamentalistische Gesetzlichkeit pseudoprogressiver Theologen, was man heute alles gesellschaftlich zu tun und zu lassen hat, um ein anständiger Christ zu sein, hilft keinem, der am Boden liegt und gescheitert ist. Jürgen Klopp, ehemaliger Trainer von Borussia Dortmund, sagte in den dunkelsten Vereinstagen Ende 2014: »Ich bin gerade ein besserer Trainer als zu unseren Erfolgszeiten … Wenn man am Boden liegt, hilft es nicht, wenn andere noch auf einem herumtrampeln.« Führungsqualität zeigt jemand, der aufbaut, statt nachzutreten. Nachhaltige Botschaft ist zum Beispiel nicht nur die Umwelt-, sondern die »Innenwelt«-Verschmutzung. Vergebung ist ein echter Mehrwert, nicht der Vegetarismus aus dem Repertoire der modernen Gesundheitsreligion. Wer längst innerlich abgeschaltet hat und aufgeben will, dem helfen das Kind in der Krippe und der Mann am Kreuz, die gute Nachricht, das Evangelium, die Frohbotschaft.

Den ganzen Jammer unserer Zeit, das programmierte Scheitern einer Ego-Gesellschaft ohne Gott, bringt der weltbekannte US-Komiker und Schauspieler George Carlin, ein echter Star, auf den Punkt: »Das Paradox unserer Zeit ist: Wir haben hohe Gebäude, aber eine niedrige Toleranz; breite Autobahnen, aber enge Ansichten. Wir verbrauchen mehr, aber haben weniger; machen mehr Einkäufe, aber haben weniger Freude. Wir haben größere Häuser, aber kleinere Familien; mehr Bequemlichkeit, aber weniger Zeit; mehr Ausbildung, aber weniger Vernunft; mehr Experten, aber auch mehr Probleme; mehr Medizin, aber weniger Gesundheit. Wir rauchen zu stark, wir trinken zu viel, wir geben verantwortungslos viel aus; wir lachen zu wenig, fahren zu schnell, regen uns zu schnell auf, gehen zu spät schlafen und stehen zu müde auf; wir lesen zu wenig, sehen zu viel fern und beten zu selten. Wir haben die Luft gereinigt, aber die Seelen verschmutzt. Wir haben unseren Besitz vervielfacht, aber unsere Werte reduziert.«

Und dennoch: Niemals aufgeben! Die Nöte und den Jammer abgeben! Sich an die richtige Adresse wenden, um Werte zu finden, mit denen man in Führung bleibt. »Es ist die Zeit, in der es wichtiger ist, etwas im Schaufenster zu haben statt im Laden«, bilanziert George Carlin messerscharf. Meist ist es die Bibel, die irgendwo in der Schublade verstaubt, statt im Leben zu glänzen. Aus dem Lesebuch muss ein Lebensbuch werden.

Doch wie sehr diese uralte Botschaft den modernen Menschen immer noch bewegt, wie groß die Sehnsucht nach erfülltem Leben ist, das auch jenseits von Niederlagen und Scheitern noch lebenswert ist, und was einem zum Aufstehen hilft, dazu zahlreiche Beispiele und überraschende aktuelle Studien auf den folgenden Seiten. Zunächst mute ich Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, erst mal das Grundsätzliche zu. Nur so begreifen wir, warum erfolgreiche Unternehmer und Bankrotteure, glückliche Karrieremenschen und gescheiterte Familienväter, beruflich gemobbte Frauen und die verlorene Generation junger Krimineller in gleicher Tonlage bezeugen können, dass und wie ihnen der Glaube geholfen hat zu einem neuen, sinnvollen Leben.

Glaube im Echtheitstest

Grundsätzlich gilt zunächst, und diesem intellektuellen Anspruch muss man sich stellen: Wenn wir vom christlichen Glauben sprechen, der ein tragendes Lebensfundament ist und Kraft in Niederlagen gibt, so heißt das immer: Es geht um Jesus Christus! »Wie zur Beschämung der gewaltigsten menschlichen Anstrengungen und Leistungen wird hier ein Kind in den Mittelpunkt der Weltgeschichte gestellt«, sagte der Märtyrer der Nazi-Diktatur Dietrich Bonhoeffer in einer Weihnachtspredigt. Nicht nur zum Fest der vollen Kirchen festgemacht sein an diesem Jesus Christus, darauf kommt es an. Denn wem sonst sollten wir unser Scheitern bringen und wen um Rat fragen, wenn nicht den, der als anständigster unter den Menschen dennoch am Kreuz »gescheitert« ist?!

In der Bibel heißt es aus dem Mund von Jesus in Johannes 15,5–8: »Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun. Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt, und man sammelt sie und wirft sie ins Feuer und sie müssen brennen. Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren. Darin wird mein Vater verherrlicht, dass ihr viel Frucht bringt und werdet meine Jünger.«

Ein vollmundiges Wort, das wir auf Wahrheit untersuchen müssen. Denn jedes Wort, das sich nicht in der harten Realität des Lebens bewahrheitet und den Echtheitstest übersteht, macht den Glauben irrelevant. Da haben die Kritiker völlig recht. Nur: Ich habe noch keins gefunden, im Gegenteil.

Das Fundament, auf dem wir leben, muss klar sein. Ich glaube doch nicht an ein höheres Wesen, an die Katze auf dem Dach. Ich glaube an Jesus Christus, gekreuzigt, gestorben und begraben; auferstanden von den Toten; sitzend zur Rechten Gottes, weil er zum Himmel aufgefahren ist und wiederkommen wird. Das andere (aus dem christlichen Apostolischen Glaubensbekenntnis) lässt man meist unter den Tisch fallen. Und es war der einstige große Mann der Sozialdemokratie, Hans-Jochen Vogel, der es in einem STERN-Interview im November 2014 für sein Lebensende bekannte: »… zu richten die Lebenden und die Toten.« Ohne das Jüngste Gericht sei alles sinnlos, so Vogel. Vor Gott bin ich letztverantwortlich, er spricht das letzte Wort, nicht Menschen und Meinungen.

Jesus ist kein Weichei auf Wanderschaft, der Frauen entzückte und einen Schwarm Verrückter hinter sich herzog, kein Guru für Flüchtlingsfragen und nachhaltiges Wirtschaften, kein Gender-Beauftragter in frauengerechter Sprache für eine Wohlfühl-Religion der Selbstgerechtigkeit. »Er kommt zum Weltgerichte«, wie wir es in einem uralten Adventslied singen, und er hat das letzte Wort. Richter und Retter in einer Person – wer das nicht als intellektuelle Herausforderung begreift, dem ist nicht zu helfen.

Ich glaube nicht an einen edlen Menschen, der Weises zur Ethik, zum Frieden und zum Umgang miteinander gesagt hat. Ich glaube nicht an den großen Sozialrevolutionär, der dann doch am Ende gescheitert ist. Ich glaube nicht an einen, dessen Ideen und Gedanken so weiterleben wie die von Goethe und Schiller. Nein! Ich glaube an den barmherzigen Gott, der seinen Sohn auf die Erde schickte, um uns eine Brücke zu sich, dem Vater, zu bauen. Er redet nicht von oben herab, er kam von oben herab, um das Elend dieser Welt selbst durchzumachen, ja durchzuleiden. Und dabei ging er bis zum Äußersten: bis zum Tod am Kreuz.

Jesus starb, damit wir leben können. Der jüdische Denker und Nobelpreisträger Albert Einstein konnte sagen: »Ich bin Jude, aber das strahlende Bild des Nazareners hat einen überwältigenden Eindruck auf mich gemacht. Es hat sich keiner so göttlich ausgedrückt wie er. Es gibt wirklich nur eine Stelle in der Welt, wo wir kein Dunkel sehen. Das ist die Person Jesu Christi. In ihm hat sich Gott am deutlichsten vor uns hingestellt.«

Wir glauben an Jesus Christus, der alles in den Schatten stellt, was vor und nach ihm gedacht wurde. Er tritt mit einem Absolutheitsanspruch auf, der das Atemberaubendste und Exklusivste ist, was diese Erde je gehört hat. Der sich vor das riesige Forum der Welt hinstellt und von sich sagt: »Ich bin …! Ich bin Wahrheit, Weg und Leben, ich bin Wasser und Brot, ich bin der gute Hirte und der rechte Weinstock, ich bin die Tür zu Gott und das Licht, ich bin die Auferstehung und das Leben, ich