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Wer die Texte von Christian Mauck liest, der fühlt sich beim ersten Lesen womöglich weniger an klassische Erzählungen und Lyrik erinnert, sondern hat vielmehr das Gefühl Betrachter eines Bildnisses, eines Gemäldes wie diejenige aus der Hohe-Zeit des Surrealismus zu sein. Dies ist kein Zufall - einst als logische Folge von Traumtagebüchern hat diese Literatur weniger ihren Anfang literarischen als Vorbildern aus der Kunst, wie zum Beispiel Dali und Magritte, zu verdanken. Zunächst oft rätselhaft anmutend, berichten diese Texte, Miniaturen und Bilder weniger von bestimmten Ereignissen im dramatischen Sinne, sondern folgen vielmehr einer eigenen Dramaturgie, derjenigen der geheimen Wünsche, Assoziationen, welche unter der bewussten Alltagswelt wie ein doppelter Boden durchschimmern, manchmal auch einem eigensinnigen Rythmus der Lyrik. Hier stechen aus den einfachen Dingen Fantasien und Ängste hervor, die sie vermitteln sowie jene unsichtbar gewordenen, unter denen sie in die Welt getreten sind. Christian Mauck's Literatur lädt dabei den Leser ein, nicht nur die Bilder zu konsumieren sondern selbst detektivisch dem Faden der bunten Assoziationen nachzugehen und sich - nicht immer ganz ohne Humor - überraschen zu lassen. Denn hinter jede Ecke kann ein unterbewusstes Paradies oder jeder Alltag von seinem Gegenstück verspeist werden.
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Seitenzahl: 166
Veröffentlichungsjahr: 2018
Veröffentlichungsjahr: 2018
Verlag und Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44,
22359 Hamburg
© Christian Mauck 2005-2018
978-3-7469-2848-7 (Paperback)
978-3-7469-2849-4 (Hardcover)
978-3-7469-2850-0 (e-Book)
Christian Mauck
(Anthologie/Remix)
„Sein Gesicht hängt an der Wand über dem Gang, der hinauf- oder hinabführt. Man sieht Menschen dort auf und ab gehen, die man schnell aus den Augen verliert; teils erscheinen es endlos viele doch die Halle wird nicht von ihnen gefüllt.
Im Gegenteil.
Mit ihren Blicken räumen sie auf und saugen alles nicht länger Erwünschte aus der Welt und in sich selbst hinein.
Sie haben nichts Verbotenes getan.
Aber auch nichts Erlaubtes.“
2007
Wir trieben es in der Caserna Alemana Antiga. Zwischen silbernen Schaufeln.
Beharrlich renke ich meine Glieder bis sie in ihre Fassungen laufen; sie singen und knurren ihre Halterungen an. Ihr Zorn ist ungerecht und sehr schmackhaft. Ich bringe mich herbei und sehe, dass ich unglücklich bin, denn der Pyrenäer (nur ein Name – er entstammt nicht mal annährend dieser Region) ist ein Teufel und gleißend, bemüht von primitiven Motiven. Am Fenster sind Hahnenköpfe auf einer Ethanol-vereisten Schnur angeordnet um das Geschrei des Pyrenäers unten aufzufangen - er brüllt durch die Gebirge damit die Ruinen ihm vom Land gehen. Die alten Kasernen stöhnen. Ich lege mir die Finger in die Augen, denn ich fühle, dass sie trocken sind; sie rascheln wie altes Laub. Ich glaube eines Tages gleitet alles durch uns hindurch...
Ich muss dankbar sein, dass der Pyrenäer bei den Sternen aufgehängt ist. Die schwarzen Ratten haben sich wieder in diesen Ruinen hier eingenistet, beklagt er, ich habe viele Jagdtiere: Hunde, Jaguare, Falken - sie finden sie nie. Sie kennen die schwarzen Ratten nicht, die schwarzen Ratten passen nicht in ihr Weltgefüge. Ich wunderte mich, wie er so wissend hat sein können.
Als ich mich wieder anzog, war ich äußerst konditioniert und flüchtig, es gab keine Anteile - Sie lag auf dem Bett oder es gab Sie nicht. Einer von uns war völlig unglaubwürdig geworden.
Mein Großvater sagte stetig, es müsse immer etwas geben, das wirkt.
Mein Großvater starb, als er sich eine Sig in den Arsch bohrte.
Unsere Träume waren befallen als wir unter dem spanischen Pool lagen und ich darüber nachsinnte, ob meine Augen noch wirken. Ein smaragdgrüner Pool in einem heißen Nachmittag am Rande des geduldigeren Wahnsinns. Wo alle Sprachen einem leicht zur Haut gehen, doch sich niemals lösen.
Ich hebe meine Liebe in den spanischen Pool. Unwillkürlich muss ich an ihre Vulva denken, aber ich könnte z.B. auch den Winter nicht beklagen, weil man nicht beklagen sollte, was vorhanden ist, man sollte sich nicht über seine Mittel im Unklaren sein. Gegen das Leid kann man nicht vorgehen, wenn die Attribute nicht mehr anzuwerfen sind.
In Ihr leuchten die Ego-Partikel; ihr brauner Körper riecht überall nach ihrem Sanktum. Sie drückt sich durch ein paar Geheimnislosigkeiten aus; die blasse Natalia steigt gerade den Hügel herab. Sie meinte, dass vor tausend Jahren Menschen an den denselben Ort gegangen sein könnten um dasselbe zu suchen. Die blasse Natalia schwingt ein grünes Messer.
Also lief sie an den Wandteppichen entlang durch die Straßen der Stadt; trug irgendwas am Leibe - ich wusste nicht, was das sein konnte. Sie konnte kein Wort Spanisch, aber aus der Intuition, dieser unendlichen Beherrschung heraus, mussten ihr die Wörter einfallen mit denen sie sich verständlich machen könnte. Sie spräche Irgendjemand an, weil sie es musste. Er sei wie ein Phantom gewesen, sagt Sie. Gerona reicht nicht in ihre Kontinuität herein.
Ich lache den spanischen Pool an. Die höchste Spitze der Menschheit stelle ich mir vor allen als Vulven in einer dunklen, undurchsichtigen Nacht vor, die niemand entdeckt.
Die blasse Natalia schneidet mir die Hand mit dem Duft ab, doch nun entflammt das Sanktum aus dem Blut. Ich bin unheilbarer verliebt.
Mein Großvater steht ohne Hosen in der Caserna Antiga Alemana. Er ist verbittert, er schreit: je schöner der Traum, desto regungsloser wird er.
Das Bild des Falkners hat eine Gurgel, klein und schwarz.
Das Bild des Falkners hat ein blitzendes Schulterblatt. Die kleine Gurgel ist ein winziges Lebewesen ganz für sich selbst; das Schulterblatt hat eine Bandage, das heißt, dem Schulterblatt wird eine Bandage angelegt; sie kriecht ihm über die Haut wie die Fußabdrücke lüsterner Pferdefliegen.
Ohnehin sind diese kleinen Fallen und Hinterlisten der Physik kleine Attacken gegen das Schuldgefühl; die Handgelenkschürze lässt ihn weiblicher und eitler wirken als ein schöner, unbehaarter Unterarm. Große Tieresangst; sie überkommt.
Rührselige Schnauzer werden zwischen billigen, weißen Kunstzaungebilden und drahtigen Schößen umhergeschwenkt, während sich in ihren glänzenden Schnauzen, facettiert wie in dem Auge einer Fliege, die Straße und die Fußgängerzone spiegeln.
Durch das durchgezogene Fensterglas hindurch gleitet der Fuß auf den Bürgersteig hinaus; Schweben über schillernden Kehlen. Auf dem Steig gegenüber erscheint dreißigjährig die Forschung, mit einem luftigem Sommerkleid, und weiblich ist das Becken - ich rechne bruchstückartige Altersunterschiede von verschiedenen Dreißigerfrauen, höheren Jahrgangs als ich, gegeneinander auf. Um Sieben steht mir kein einziges Stück Dreck unter den Nägeln, die dann in den Innenräumen völlig weiß aufglänzen als seien sie aus dem Bild der Welt gefallen. Niemand fegt Fingernägel am Bildfuß des Falkners. Mein Lied ist nicht nur ausgewachsen sondern inzwischen auch klar. Unter diesem und jenem Kleid eine steile Flucht...
Die Jungen streichen durch die Pflasternischen wie lebendige Bücklinge. Nicht unweit vom Bild des Falkners starrt ein Abfluss in den Himmel; der Hund sieht hinein; auch er glänzt; er ist bis einen Dezimeter unter den Rand gefüllt mit tropfenförmigen Silberfischchen. Auf dem Kostüm liegt Bier und Sommerhaut. Eine kleine Metallschiene und dazwischen gesteckt ein frühherbstlicher, vor Schluckauf und Aufstoßen dunstiger Laubwald mit der Erinnerung sublimer, kürzester Nervenbahnen. Gelenke in Zwangsjacken, schwebend neben den lebendigen Bäuchen ohne irgendeine Schwangerschaft; nur ein kleiner Dohlenkopf kullert unter der Bluse umher. Späte Frühstücke mit Kartoffelsalat und Kaffee aus Peru mit nussigem Aroma; gegessen in den Koteletten der Vorbeiziehenden. Neugierde steht in den Blicken wie in einer Blumenvase, gefüllt mit etwas überaus Unüblichem. Es ist schwierig die Straße hinauf zu sehen bei dem Wind. Der Himmel unterdes so klar und die Wolken so gewissenhaft konturiert, dass der trügerische Eindruck hervorgerufen wird, große Wohltaten würden einem alsbald zu Teil werden. Nur noch eine kleine Verzögerung, nur noch ein kleiner Krümel neurodermitischen Dreckes zum Wendepunkt! Die Schirme sind bedeckt mit hellen, weißen Schuppen, die trocken in der Sonne rascheln und warten vom Steilhang geklopft zu werden, von guter Hand.
Der Falkner hat heimlich gerade mal einen Kolibrihals, aber das weiß keiner. Jemand hat ihm noch einen Oberarm gegeben. Er hat sich einen Oberarm geliehen, den er sich unter den Schal gesteckt hat, der ihn berührt, unter der Flut. Der Falke sieht weit fort. Als sei der Falkner Licht.
Unter den Schwingen kleben kleine Gedächtnisse mit denen der Falke gelegentlich fliegt wenn er seine Kräfte nicht verbrauchen will. Kleine Gedächtnisse, das können sein: guter, schlechter, akzeptabler Geschmack zu Formen und Farben, Gelände zu Kraftanstrengung, andie-Brut-denken, Erzeugen.
Pass auf, Falkner, sonst kommt es ans Licht. Der Falke besteht nur aus Traum. Und es sind nun auch noch ordentliche Träume, aufgeräumt und ohne Gewölbe. Führt und schläft über die Straße hinaus; heißes, ausgehöhltes Zelebrid.
Bestellungen gehen ins Wunderliche über; weißer Kaffee. Dumme Augen, hautfarbene Frauen, rote Geflechte aus Ast. Ist es vielleicht eine Allergie. Oder weil es schwimmt, weil etwa der Arm nicht weit genug zurück, fast hinter den Rücken zurück gebunden ist. Ohne die Verlängerung des Armes, ohne die Lederschürzen gegen das Fleisch, den Falken.
Manchmal sieht man Straßenkehrer, aber sie gehen nur vorbei; schwarz und satt glänzt Kaffee in den Pappbechern, mit denen sie vorüberziehen.
Zuckender Sand; Ziel gerichtet herbeigeführte Blendungen auf dem Marktplatz.
Schwerer Humor über anthropomorphe Zwergenkrebse. Der gelbe Verwaltungsbeamte strich über seinen Bauch; er trägt ein gelbes Tuch, klug um die Hüften gewunden, so dass sein schweres Glied darunter hervor fällt. Es rollt sich im Kontakt mit einer Frauen-Imitation zusammen gleich einer Ameise unter Sonnenstrahlen, unter dem Duft eines, alle wachen Momente schwächenden, wirr gewordenen Ozons. Er spaltet alle Finger, die er besitzt, in zwei Hälften.
Der junge Schuhputzer sieht ihn mit hinabstürzendem, trübem Gesicht an und verkündet seine Geübtheit. Weicher Schlamm; die alte Mutter rennt in die Böschung zurück, im Hand ein Glas kristallinen, mit Rausch-mitteln vermengten Leitungswassers. Sie pisst in die Kochtöpfe und verabreicht ihren kubischen Kindern raue Zungenküsse, woraufhin sie in die Gestalt von Messingplatten zurückfallen.
Er prüft die Nadel indem er sie abkocht und das kochende Wasser trinkt. Der gelbe Beamte flattert. Auf seinem Auge ist eine Welle; falsches Wasser, reine Imitation. Schakale fressen Bambus; er macht sie müde. Abnorme Tiere, stark, verfälscht und nicht erneut zu verfälschen. Der Beamte verfügt über immenses Wissen, er richtet die Tiere ab die Männer zu blenden. Den Besatzern fällt nicht ein, was sie seinetwegen machen könnten.
Zu ihm kam ein, von ins Alter reichender Lanugo-Beharrung betroffener, unter Albträumen leidender Mann, der zugleich ein berüchtigter Verführer war, der mit Leichtigkeit und Grimassen sogar den leblosen Dingen über das traurige Ende einer Ludenbeziehung beizubringen weiß.
Der gelbe Beamte küsste ein degeneriertes Mädchen. Er stank nach Ozon und kranken Urin; er war so dumpf verzehrt wie ein verschwommenes Gepardengesicht. Der Leidende kniete sich nieder und zündete sich eine Zigarette aus vergilbtem Papier an. Er blies den Beamten Rauch auf die Brust wie ein vorprogrammierter Lustknabe. Weisheit hatte ein Ekzem auf das Gesicht gelegt, nur deswegen wagte der Beamte es nicht, ihn anzurühren und ihm, wie all seinen Liebhabern, Schaschlikspieße in die Achseln zu legen. Verärgert zog er sich ein schwarzes Hemd über.
„Vergib demWesten“, sagte er und setzte seinen Moosüberwachsenen Fuß auf das Knie des Leidenden; auf der Unterseite seiner Zehen trug er winzige Nadeln wie man sie auf der Haut von Kaktusfeigen findet, mit denen er konspirative Kälte in seinen Leib spritzte. Doch die Stickstoffhaltige Mischung verschwand direkt durch die Lippen des Fehlträumenden, die, wie er nun erkannte, durch diesen Vorgang vollkommen verbraucht waren. Das degenerierte Mädchen unterdrückte gequält, mit Lippen aus Lauge, ein Lächeln.
Der Beamte zog mit klebrigem Geräusch seinen Fuß von der weichen, befellten Haut des demütigen Mannes und kehrte ihn, in die Küche voranschreitend, beleidigt den Rücken zu, in brüchigem Libanesisch Flüche herab leiernd. Sie brachen ab im Knall eines, sich tief in die rosigen Falten des Schalls hinein windenden Schwungs einer Peitsche.
„Arbeiten sie unten in den Kupfer-Lagern? Ich habe gesehen, wie sie die Rohstoffe auf einer Art Bett abluden. Ich hatte eine Schweineangst, doch ich war jung“ – nervös träufelte er ein ätherisches Öl, gewonnen aus Limonengras, in seinen leuchtenden Mund – „es hat nicht zu bedeuten“ – zu sich selbst – „warum eigentlich nicht? Warum nicht? Könnte es sein …“
„Ich komme nicht von den Lagern, Herr, aber ich kenne sie durchaus. Sie köpften heute doch einen Dieb. Der Mann aß es. Sie fanden niemanden, der es ihm abkaufte. Er hat es für verdammte Medizin gehalten; als sein Kopf auszog um an den von Wildkatzen besetzten Ufern sein Glück zu machen, entdeckten sie, dass die gesamte Innenseite seiner Speiseröhre, seines Magens, ja sogar die Kilometer seines, so sagten sie, überaus köstlichen Darms von Kupfer bedeckt war, das sich unter der jahrelangen Einwirkung von Bakterien in einen gänzlich unbekannten Stoff zersetzt oder – wer weiß – ergänzt hat.“
Der Beamte musste beinahe brechen. Verlegen wichste er einem Sandelholz-Pan den Schaft.
„Wofür“ – begann der Mann, nach einer dramatischen Pause – „ich eigentlich hier bin, ist eine gänzlich andere Angelegenheit. Mein Vater wusste nicht viel, als er in dieses Land kam, und lernte auch nichts. Er erklärte mir als juvenilen Perversen, dass er einen Trick hatte. Nun ja, nun machen Details eine Lüge nicht glaubwürdiger, daher fasse ich mich kurz: er entdeckte, dass es magische Kräfte freisetzte im Morgengrauen Polizisten zu töten. Ich begreife nicht, wie er, der immer so ungewöhnlich sanft war, derartige Verbrechen in einem solch aufwändigem Maße durchplanen konnte … er besaß sogar eine Populationsstatistik, auf der der Zuzug von Polizisten verzeichnet war, wie der Bestand der ‚Lager‘ (Städte) eingerichtet war, wie der durchschnittliche Fluss von Personal zwischen den Stationen verschiedener Lager organisiert war, etc., als Jugendlicher haben diese Dinge sehr verstört.“ „Doch heutzutage ist es vollkommen üblich, Polizisten auszumerzen. Sogar ich tat es schon.“ „Ich weiß.“
Der Beamte fühlte einen Schleier aus Duft um sich kriechen. Er dachte an die Presse der Umgebung; kleine, ungefickte Jungen, die im Verlauf ihrer Freizeit auf Wäscheleinen wichsten. Zähne, zertrümmerte Häuserruinen in denen erdrosselte Säuglinge ihre ersten Schritte üben, Baiser, Kirschschnaps.
Der Fehlträumer duckt sich, vertauscht seine Gestalt mit etwas Essbarem. Steroid-süchtige Seiltänzer, Automobile wiegend auf der Spitze ihres hypochondrischen Knies. Am Ufer gruben die Wilden singende Frauen ein; fassungslos bot er ihnen an Materie aus seinem Becken zu schaben, was sie taten und abwechselnd an begrünte Fahrräder kotzten. Wie lange es dauerte, bis sie zu ihm kamen um ihn anzuklagen, wusste er nicht, denn die Krankheit hat auch ihn zerfressen. Mit dem Harz der roten Wabe bogen sie seine Gedanken.
Die Leinensäcke wurden schwarz.
Zusammen mit einem Fragment des Halses liegt der abgetrennte Ziegenkopf im Gras. Der Ziegenmann reibt den Schein. Der Hirte lässt Salzstücke zwischen seinen heißen Fingern auf das Passagenpflaster hinaus, als würfle er; ich gebe ihm die 3 Stücke und zwei kleine, weiche Scheine. Es ist gnädiger geworden; das Rinnen und das Gluckern des Blutes verschaffen mir Linderung.
Vor wenigen Stunden, am Morgen, haben sie mich aus dem Theater geschickt; sie sagten, nach Karmen gilt es vor allem den Kopf zu kühlen, besser gesagt, sie schreien es in hinter mit in den Himmel, in die zerrütteten Parkbuchten… Der Mandolinenbauer ist auf der Heide. Er lässt keinen Jungen vorbei mich zu besuchen … Alte Weiber zerschlagen die Stühle auf dem Tisch. Die Jahreszeiten vergehen; der Apfel liegt dort im Winter wie eine verfaulte, kleine Faust.
Der Tod, eine schöne, schwarze Prinzessin mit einem von Insekten geschriebenen Mund.
Ich sage zu dem Apfel Tier. Er hält seit Jahren aus. Ich erinnere mich, dass sie zu der Aufführung der Stücke Ravels nicht mehr gekommen war und ich, gekleidet wie Vorstellung eines preußischen Beamten und trunken mit weißem, geschmolzenem Rum, Zigaretten aus den Aschzylindern des Foyers stahl.
Unter dem Krebsgeschwür der Augen heben sich die Wilden von meinem Bauch. „Ich fische nur Pisse aus dem Dicken“, murmelt der, der meinem Gesicht nahe ist. Als ich aufwache, scheiße ich ein rotes Wespennest. Der Parkwächter drückt von außen die Tür zu.
Fünfzig Beine, fünf Monate Zeit. Die Asseln schmelzen im Mund, gelb wie Glühwürmer. Norwegen, Schweden, Jahr. Ich trinke. Habe Lust darauf, wie die Haut brennt. Wenn ich bereits weine, ist es Tag geworden. Der Brunnen rennt; die Fichten spielen in meinem Haar. Der Mann der Stunde: taucht am Horizont auf und wenn man die Augen zumacht, ist er gerade vorbeigegangen. Manchmal gelangt man zur Schönheit, vor Allem wenn man allein ist. Obwohl ich die Pflanzen nicht tränke, kann ich ihnen beim Wachsen zusehen. Wie nah kommt der Stern? Ich rieche manchmal ein Tier in der Nähe; das hilft. Ich dachte, dass ich fluoreszierende Fische durch den Himmel hätte treiben sehen, bis sie sich in den Wolken verfingen wie in einem korallenen Versteck. In den letzten Stunden habe ich viele Namen in Schreien gehört. Hatte ein ganz natürliches Gefühl, wer weiß, was das war; vielleicht würde ich meine Würde nicht mehr suchen müssen – wenn man sein Wesen ganz auf ein Objekt hinrichtet, ist man weit entfernt davon, mit ihm eins zu werden, in ihm zu spielen, doch das ist mir lange nicht klar gewesen. Jetzt schüttele ich mich wieder. Vielleicht sind da Soldaten; husten nicht, wenn man ihnen an die Nüsse greift. Gehen Seefischangeln. Haben nur sich und stolpernde Tiger, die unterm Mond nicht stehen bleiben. Ich lege mich mit dem Rücken auf einen Skorpion; wenn ich mich dann und wann aufrichte wirkt er müde. Ich mache mir Sternenstaub; ich zerkleinere einen Planeten in der schwarzen Küchenmaschine. Mich errettend, die Kanäle zerkratzend, die Zehen spitzend in Gestrüpp triebiger Federn. Ein Mantra macht mir den Rücken schmerzen; Steinpharaos mit zitternden Brustwarzen. Sie haben mir gesagt, ich wüsste nicht, wie harte Arbeit sich anfühlt. Mein Gesicht verrutscht. Dann habe ich die betrogen… Dann tat ich das… Ich schiebe mir manchmal einen Elektrorasierer unter den Arm, aber das hilft nicht; hilft mir nicht so sehr, wie wenn ein Tier nahe kommt. Um zu vertreiben habe ich nur einen Stock; habe ihn selbst zwischen den Pflanzen aufgezogen. Ich habe ihm Haare gegeben; wenn ein Stück daran abbricht, kommt die eine oder andere längere Strähne zum Vorschein, den Haaren, die ich aber gab, ähneln sie kaum noch. Ich weiß, dass das Frauenhaar ist. Junge Schülerinnen beten jetzt; der Lehrer steht am offenen Fenster und sagt Gedichte auf. Die Atome der Luft, wenn sein Atem darüber streicht, haben Seedrachenform. Die Hühner auf der Schulfarm sind aus Palmenblättern zusammengesteckt. Aus dem Dunkel sticht ein Herz, schon leicht getrocknet. Ich trinke mein Herz hinunter; ich mach’ dich schwer. Wenige Beine; werden auch dünner, heutzutage; zwischen zwei Streifen vom Regen. Flamme ist da. Bären jagen gehen: ihm auf die Augen blasen, ob es nicht geht. In dem einen Gesicht war die Nase ein schlanker Röhrenwurm. Eine gewisse Strecke die Wand entlang: Gebirge, Teich, Wal, und die Gedanken waren, dort stehend, viele Male weiß.
Hinter dem Milchglas brüllt der verschenkte Harlekin
Der Himmel ist mit grünem Gummi gedämmt,
lispelnde Wartungsröhren kreuzen sich vor einer
dunklen Jacke
Opium schläft auf dem Bett einer Kürbispfeife
& dass der Abend kommt, ist ein Gral
Ferkel lutschen an eingesunkener Minze,
am Fußballfeld singt ein knirschender Rock
mit Benzin-beschmierten Rüschen, aber halt! -
man kann jetzt den Unterleib der Löwen sehen
& dass hier bald schon die Nacht ist, ist hell
Meine Arterien weiten sich um seltsame Fische
Die Bettler räuspern sich vor einem großen Instrument
Und Frösche teilen sich entzwei
Ich rufe zu, einem, vom nahen Hockey-Spiel
Das alte Museum steht zwischen uns
Und wir huldigen Gott
Er wischt sich die schmutzigen Hände in seinem Kittel. Sie sind Psalme. Sein Gesicht scheint kurz zu leuchten, dann verschwindet es. „Dein neuer Adonis ist traurig geworden“, sage ich und mein Zeigefinger deutet einen Kanal im Himmel. Der Adonis, von dem ich spreche ist marmorn; Adonis verlegt sein Gesicht in seine Hand. Manuel befestigt seinen Mund an seiner abgelegenen Wange mit bedauerlicher Teilnahmslosigkeit. Dass es mich stört, sage ich nicht. Ich denke, wenn nur die Hälfte aller, durch den Menschen getroffenen Mutmaßungen wahr sind, die Welt der Unendlichkeit ja nicht unähnlich ist, oder kurz: wir bewegen uns hier mit Allem auf dünnem Eis (womöglich auch wie Maria Sharapova auf Sand). „Der Adonis, mein Freund, verkauft sich heutzutage nicht, wenn er glücklich ausschaut“, antwortete Manuel.