Novellen und Lyrik - Jens Peter Jacobsen - E-Book

Novellen und Lyrik E-Book

Jens Peter Jacobsen

0,0

Beschreibung

Dieser Sammelband beinhaltet die schönsten Novellen und Gedichte des dänischen Schriftstellers. Inhalt: Morgens Ein Schuß Im Nebel Zwei Welten Hier Sollten Rosen Stehen Die Pest In Bergamo Frau Fönß Ein Kaktus Erblüht Herbst Stimmungen Ausländer Gurrelieder Kormak Und Stengerde Mittag Monomani Die Wilde Jagd Ellen Im Garten Des Serails Faustina Und Faust Namenlos Reime (Aus Einem Brief) An Agnes Marktszene Aus "Mogens" Wiebe Peters Ohne Titel Griechenland Ohne Titel Hochzeitslieder Arabeske Der Engel Asali Ohne Titel Ohne Titel Turmwächterlied (Um Mein Bild) Landschaft Marine Polka Ohne Titel Irmelein Rose Ohne Titel Genrebild Landschaft Man Büßet Dafür Eine Reiseerinnerung Ohne Titel Anne Charlotte Doktor Faust Ohne Titel

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 255

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Novellenund Lyrik

Jens Peter Jacobsen

Inhalt:

Jens Peter Jacobsen – Biografie Und Bibliografie

Vorwort

Mogens

Ein Schuß Im Nebel

Zwei Welten

Hier Sollten Rosen Stehen

Die Pest In Bergamo

Frau Fönß

Ein Kaktus Erblüht

Herbst

Stimmungen

Ausländer

Gurrelieder

Kormak Und Stengerde

Mittag

Monomani

Die Wilde Jagd

Ellen

Im Garten Des Serails

Faustina Und Faust

Namenlos

Reime

(Aus Einem Brief)

An Agnes

Marktszene Aus »Mogens«

Wiebe Peters

Ohne Titel

Griechenland

Ohne Titel

Hochzeitslieder

Arabeske

Der Engel Asali

Ohne Titel

Ohne Titel

Turmwächterlied

(Um Mein Bild)

Landschaft

Marine

Polka

Ohne Titel

Irmelein Rose

Ohne Titel

Genrebild

Landschaft

Man Büßet Dafür

Eine Reiseerinnerung

Ohne Titel

Anne Charlotte

Doktor Faust

Ohne Titel

Novellen und Lyrik, J. G. Jacobi

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

86450 Altenmünster, Loschberg 9

Deutschland

ISBN:9783849628659

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

Jens Peter Jacobsen – Biografie und Bibliografie

Dän. Schriftsteller, geb. 7. April 1847 zu Thisted in Jütland, gest. daselbst 30. April 1885, beobachtete von frühester Kindheit an Natur und Menschen mit großer Objektivität und versuchte, seine Ideen und Phantasien nach dem Muster von Andersens Märchen in der schlichten Sprache des Alltags wiederzugeben. Seit 1868 betrieb er in Kopenhagen naturwissenschaftliche Studien, gewann mit einer Abhandlung über Tangarten die goldene Medaille der Universität und wirkte als einer der ersten Vorkämpfer des Darwinismus (mit Vilh. Möller veröffentlichte er das Werk »Darwin, hans Liv og hans Lære«, 1893). Zugleich betrieb er Literaturstudien; man kann in seiner Dichtung die großzügige Menschendarstellung Shakespeares, die minutiöse Seelenanalyse Flauberts und Beyles und die Nachwirkung der Ideen Georg Brandes' verspüren. Allmählich hatte er eine seinen strengen Kunstforderungen genügende Form gefunden; 1872 veröffentlichte er die Novelle »Mogens« (deutsch, 2. Aufl., Berl. 1897) nebst andern Kleinigkeiten und 1876 »Frau Marie Grubbe« (deutsch, unter andern von Strodtmann, 2. Aufl., das. 1893). »Niels Lyhne« erschien 1880, 1882 eine kleine Sammlung meist älterer Novellen und 1886 ein schmächtiger Band nachgelassener Gedichte und Prosastücke (deutsch von Arnold, Leipz. 1897), geschrieben oder bearbeitet, während ihn die Schwindsucht aus Krankenzimmer fesselte. In diesen wenigen Werken hat I. der dänischen Literatur eine neue Prosa geschaffen. Noch niemals hatte ein Dichter das Menschenschicksal, wie es von der eignen psychologischen Veranlagung, von Umgebung und Zeitgeist bedingt ist, so sein zergliedert, so objektiv überzeugend und aus innerster Erfahrung heraus dargestellt, noch niemals die dänische Prosa so schlicht und rhythmisch, so mild schwermütig, so neu an Wort und Melodie geklungen. Diese Vereinigung von objektiver Naturbeobachtung des Menschen und auserlesener künstlerischer Form ist im Verein mit dem sehnsüchtigen, schönheitsdurstigen Stimmungsgehalt der Schilderung für den ganzen Norden vorbildlich geworden. Seine »Gesammelten Schriften« erschienen 1888 in 2 Bänden (4. Aufl. 1902); sie sind alle wiederholt ins Deutsche übersetzt (in Reclams Universal-Bibliothek: »Sechs Novellen« und »Niels Lyhne«, mit Einleitung von Wolff), als »Gesammelte Werke« von M. Herzfeld (Leipz. 1898–99, 3 Bde.). Seine »Briefe« gab E. Brandes heraus (2. Ausg., Kopenh. 1899).

Vorwort

Als Jens Peter Jacobsen am 30. April 1885 mühsam den letzten, erlösenden Atemzug getan hatte, hinterließ er ein Werk von äußerlich geringem Umfange; zwei Romane, sechs Novellen und einige Gedichte. Denn er gehörte zu den wenigen, welche die Begnadung durch die Poesie nicht als einen zwangvollen Beruf betrachten, Bücher auf Bücher zu häufen. Frühzeitig schon dem Tode geweiht, schuf er langsam und still, ohne äußern Ehrgeiz. Wir wissen nur wenig von seinem Leben, denn er vermied es schamhaft, sein Werk in auffällige Beziehung zu seiner Persönlichkeit zu setzen. Er selbst schrieb: »Ich bin den 7. April 1847 in Thisted geboren; was Begebenheiten anlangt, so weiß ich mich wirklich an keine zu erinnern, die Interesse haben könnten und zu erwähnen wären; die hingegen, die nicht erwähnt werden können, sind natürlich interessant genug.« Schweigsam und vornehm ging er durchs Leben, und seine zarte, zitternde Seele verbarg er hinter Ironie oder eifriger Verfechtung des Atheismus. Sein Schaffen war kein seliger Überschwang; es bedeutete ihm ein herbes, ernstes Glück. Als ihm mit fünfundzwanzig Jahren seine erste Novelle »Mogens« gelungen war und ihm das Wundersame und so Seltene begegnete, anerkannt und gepriesen zu werden, konnte der Ruhm, der ihn so schnell erreicht hatte, ihn seiner Aufgabe nicht untreu machen. Den Beifall der Verständnisvollen nahm er mit ruhiger Freude auf; der Tadel hastiger, oberflächlicher Rezensenten berührte ihn kaum. Fremden Büchern war er ein strenger, fast unbeteiligter Kritiker.

»Da erkannte er das große Traurige, daß eine Seele stets allein ist. Eine Lüge jeder Glaube an Verschmelzung zwischen Seele und Seele. Nicht die Mutter, die uns auf den Schoß nahm, nicht ein Freund, nicht die Gattin, die an unserm Herzen ruhte« – dieseWorte aus »Niels Lyhne« sind auch Jacobsens schmerzhafte Erkenntnis. Ein Fremdling, ein einsam Wandelnder unter Menschen ging er dahin. Und so ließ er sein Werk reifen, stetig und verloren in sich selbst. Es gelang ihm, er selbst zu werden. Seine Sehnsucht galt allein dem Verborgenen, Unfaßlichen, für das er Wert und Bedeutung fand. Das Äußere verwirrte ihn wenig: er sah Deutschland und Italien, ohne irgendwelche Beeinflussung oder Erschütterung zu erfahren. Aber daheim, auf stillen Wegen, unter seinen geliebten Blumen lebte er sein reichstes Leben, sah er auf den Grund alles Seins wie durch einen tiefen, ungetrübten See ....

Und so war es ihm beschieden, das Neue zu geben, was wir in seinen Büchern bewundern. Er sah an den Dingen nur das, woran andere blind und taub vorübergehen. Das Kleinste erhob er zu bisher ungeahnter Bedeutung; denn er suchte und wählte nur, was er unbedingt brauchte. Die Natur setzte er in leiseste, innerste Beziehung zum Erleben und Fühlen seiner Personen. Und das eben ist es, was seine Bücher so tief und schwer und unvergeßlich macht. Die Komposition gilt ihm wenig; aber eine kleine, fast unscheinbare Szene wächst zu höherer Offenbarung heran, als es manche Kapitel getan hätten, die ein eifriger Systematiker vielleicht vermißt. Denn dieser menschenferne Träumer ist ein unerbittlicher Realist. Er schildert einen Menschen, eine Stube, einen Garten, daß wir gezwungen sind, sie nur so zu denken, wie es Jacobsen gewollt hat. Sein Stil ist so gesättigt und ganz erfüllt von seiner Art, daß eine einzige Seite schon eine unerschöpfliche Fülle neuer Werte in sich birgt und unergründlich süß ist wie ein Wald im ersten Lenzhauch.

Jacobsens Werk umspannt ganz das Leben und die Menschen. Denn er mühte sich, ein Gefühl nie so einfach zu nennen, wie es äußerlich sich darstellt. Er forschte nach dem Letzten, nach dem, was hinter den Dingen webt; nach den Gründen, aus deren verborgenem Dasein die Empfindungen entspringen und zu Taten werden. Und nun war es sein Bemühen, das zu erkennen und an sich selbst zu bewahrheiten, »daß es nur Einen besten Ausdruck gab, dem man mit Glück oder mit Fleiß mehr oder minder nahe kommen und den man wohl sogar ganz treffen konnte«. Er schuf nie für die Vielen. »Man nehme sein Publikum so fein, so scharf, so kühn, so phantasiereich und intelligent als man es kann und vermag, gerade wie man es kann und vermag, nicht geringer.« Aber die Wenigen, die das Verschwiegene und Neue seines Werkes erkannt haben, werden mit ihm leben müssen. Denn er lehrt sie, die Dinge in einer erhöhten Wirklichkeit zu betrachten; er sagt ihnen, daß eine Blüte mehr ist als eine Summe von Blättern, Farbe und Duft und daß des Menschen tiefstes Glück und reinstes Wesen in seiner Einsamkeit beschlossen liegt.

Weimar, Januar 1912. Ernst Ludwig Schellenberg.

Mogens

Sommer war's, mitten am Tage, an einer Ecke des Zauns. Grade davor stand ein alter Eichbaum, von dessen Stamm man wohl sagen konnte, er winde sich vor Verzweiflung über den Mangel an Harmonie zwischen seinem jungen, gelblichen Laub und den schwarzen, dicken und krummen Ästen, die die größte Ähnlichkeit mit grobverzeichneten frühgotischen Arabesken hatten. Hinter der Eiche stand üppiges Haselnußgesträuch mit dunklem, glanzlosem Laub, welches so dicht war, daß man weder die Stämme noch die Zweige sehen konnte. Über das Nußgebüsch stiegen zwei schlanke, fröhliche Ahornbäume mit lustig ausgezackten Blättern, roten Stengeln mit langem Gehängsel von grünen Fruchtbüscheln empor. Hinter den Ahornbäumen kam der Wald – ein grüner, gleichmäßig abgerundeter Abhang, wo die Vögel aus und ein gingen wie das Elfenvolk in einem Grashügel.

Dies alles konnte man sehen, wenn man über den Feldweg außerhalb der Hecke kam. Lag man hingegen im Schatten der Eiche, mit dem Rücken gegen den Stamm und sah den andern Weg hinunter – und da lag einer, der das tat – so sah man zuerst die eigenen Beine, dann einen kleinen Fleck mit kurzem, kräftigen Gras, darauf einen großen Klumpen dunkler Nesseln, dann die Dornenhecke mit den großen, weißen Konvolvolus, den Zauntritt, etwas von dem davorliegenden Roggenfelde, endlich die Flaggenstange des Justizrats da oben auf der Höhe und zuletzt den Himmel.

Es war drückend heiß, die Luft flimmerte vor Wärme, und dabei war es so still; die Blätter hingen an den Bäumen und schliefen; nichts rührte sich als die Marienkäfer da drüben auf den Nesseln, und ein wenig welkes Laub, das im Grase lag und sich mit leisen, plötzlichen Bewegungen aufrollte, als ob es sich unter den Strahlen der Sonne krümme.

Und dann der Mensch unter der Eiche; er lag und schnappte nach Luft und blickte wehmütig, hilflos zum Himmel empor. Er trällerte ein wenig und gab es auf, flötete, gab auch das auf, drehte sich um, drehte sich wieder um und ließ die Augen auf einem alten Maulwurfshügel ruhen, der in der Hitze ganz hellgrau geworden war. Plötzlich kam ein kleiner runder dunkler Fleck auf die hellgraue Erde, noch einer, drei, vier, viele, noch mehr der ganze Haufen war vollständig dunkelgrau. Die Luft bestand aus lauter langen dunklen Strichen, die Blätter nickten und schwankten, es kam ein Sieden, das in Sausen überging: das Wasser strömte herab.

Alles schimmerte, blitzte, sprudelte. Blätter, Zweige, Stämme, alles glänzte von Feuchtigkeit; jeder kleine Tropfen, der auf Erde, Gras, Zauntritt oder irgend etwas fiel, zersplitterte und zerstäubte in tausend kleine Perlen. Kleine Tropfen hingen hie und da und wurden zu großen Tropfen, fielen hier herab, sammelten sich mit andern Tropfen, wurden zu kleinen Strömen, verschwanden in kleinen Furchen, liefen in große Löcher hinein und aus kleinen heraus, segelten fort mit Staub, mit Spänen und Laubstückchen, setzten diese auf Grund, machten sie wieder flott, schwenkten sie herum und setzten sie wieder auf Grund. Blätter, die nicht mehr zusammen gewesen, seitdem sie in der Knospe gelegen, führte das Wasser zusammen, Moos, das durch die Trockenheit zu nichts geworden, rollte sich auf und wurde weich, kraus, grün und saftig, und graue Flechten, die beinahe Schnupftabak geworden, breiteten sich in zierlichen Zipfeln aus, strotzend wie Brokat und mit einem Glanz wie Seide. Die Winden ließen sich ihre weißen Kronen bis zum Rande füllen, stießen miteinander an und gossen den Nesseln das Wasser auf die Köpfe. Die dicken schwarzen Schnecken bequemten sich wohlwollend hervor und sahen anerkennend zum Himmel empor. Und der Mensch? Der Mensch stand mit bloßem Kopf im Regen und ließ die Tropfen auf Haar, Brauen, Augen, Nase und Mund herabrauschen, knipste mit den Fingern nach dem Regen, hob dann und wann die Beine wie zum Tanze empor, schüttelte zuweilen den Kopf, wenn er zuviel Wasser im Haar hatte und sang aus vollem Halse, ohne zu ahnen, was er sang, so sehr war er mit dem Regen beschäftigt:

Hätt' ich, o hätt' ich ein Enkelein, o ja, Und Kisten und Kasten voll Geld, Dann hätt' ich auch gehabt ein Töchterlein, o ja Und Haus und Hof und Feld.

Hätt' ich, o hätt' ich ein Töchterlein, o ja, Und Haus und Hof und Feld, Dann hätt' ich auch gehabt ein Schätzelein Und Kisten und Kasten voll Geld.

Da stand er nun und sang, aber drüben zwischen den dunklen Nußsträuchern sah ein kleiner Mädchenkopf hervor. Ein langer Zipfel eines roten Seidentuchs hatte sich in einen Zweig verwickelt, der etwas weiter vorsprang als die andern, und dann und wann kam eine kleine Hand und riß an dem Zipfel, aber das hatte keinen andern Erfolg als einen kleinen Sturzregen von jenem Zweig und seinen Nachbarn. Der übrige Teil des Shawls lag stramm auf dem kleinen Mädchenkopf und verdeckte die Hälfte der Stirn, beschattete die Augen, sprang dann plötzlich ab und verlor sich zwischen den Blättern, tauchte aber in einer großen Rosette von Falten unter dem Kinn wieder auf. Das kleine Mädchengesicht sah sehr erstaunt aus, war aber bald nahe daran zu lachen; das Lächeln lag schon in den Augen. Mit einem Male machte der, der im Regen stand und sang, ein paar Schritte zur Seite, sah den roten Zipfel, das Gesicht, die großen braunen Augen und den kleinen erstaunten geöffneten Mund, sofort würde seine Stellung verlegen, er sah verblüfft an sich herab; im selben Augenblick ertönte jedoch ein leiser Schrei, der hervorspringende Zweig schwankte gewaltsam, im Nu war der rote Zipfel fort, das Mädchenantlitz fort, und ferner und ferner raschelte und raschelte es in den Haselnußbüschen. Dann lief er. Er wußte nicht weshalb, er dachte gar nicht nach, die Regenwetterlustigkeit gewann wieder die Oberhand in ihm, und er lief dem kleinen Mädchengesicht nach. Es fiel ihm nicht ein, daß es eine Person sei, der er nachlief; es war nur das kleine Mädchengesicht. Er lief, es raschelte rechts, es raschelte links, es raschelte vorn, es raschelte hinten; er raschelte, sie raschelte und alle diese Laute und das Laufen selbst eiferte ihn an und er rief: »Guck einmal, wo bist du!« Niemand guckte. Als er sich hörte, wurde ihm gleichsam ein wenig beklommen, aber er lief ununterbrochen; dann kam ihm ein Gedanke, aber nur einer, und er murmelte, während er fortfuhr zu laufen: »Was wirst du ihr sagen? was wirst du ihr sagen?« Er kam an einen großen Busch; dort hatte sie sich versteckt; er sah einen Zipfel von ihrem Kleide. »Was wirst du ihr sagen? was wirst du ihr sagen?« murmelte er noch immer, während er lief. Er kam an den Busch, schwenkte schnell ab, lief weiter, murmelte dasselbe, kam auf einm breiten Weg, lief rasch eine Strecke, blieb plötzlich stehen, brach in ein Gelächter aus, ging still lächelnd ein Ende weiter, lachte dann wieder aus Leibeskräften und hörte an der ganzen Hecke entlang nicht auf zu lachen.

Es war an einem schönen Herbsttage; der Weg hinunter zur See war ganz mit den zitronengelben Blättern der Ulmen und Ahornbäume bedeckt; hier und da waren auch Stellen mit dunklerem Laub. Es war so behaglich, so reinlich, auf diesem Tigerfell zu gehen und zuzusehen, wie die Blätter herabschneiten, und die Birken sahen noch feiner und leichter aus mit so wenig an den Zweigen, und die Eberesche sah so prächtig aus mit den schweren, roten Beerentrauben. Und der Himmel war so blau, so blau, und der Wald schien viel größer, man konnte zwischen den Stämmen weit hineinsehen. Und dann kam auch noch dazu, daß bald alles vorbei sein würde. Wald, Feld, Himmel, freie Luft und das Ganze mußte bald der Zeit der Lampen, der Zimmerteppiche und der Hyazinthen weichen. Deshalb ging der Justizrat von Kap Trafalgar mit seiner Tochter nach der See hinunter, während der Wagen beim Dorfschulzen hielt.

Der Justizrat war ein Freund der Natur, die Natur war etwas ganz Besonderes, die Natur war der schönste Schmuck des Daseins. Der Justizrat protegierte die Natur, er verteidigte sie gegen das Künstliche; Gärten waren nichts anderes als verdorbene Natur, aber Gärten mit Stil, das war wahnsinnige Natur; in der Natur gibt es keinen Stil, unser Herrgott hatte die Natur gewiß natürlich gemacht, nichts anderes, nur natürlich. Die Natur war das Ungebundene, das Unverdorbene; aber mit dem Sündenfall war die Zivilisation über die Menschen gekommen, nun war die Zivilisation zur Notwendigkeit geworden, es wäre aber besser gewesen, wenn sie es nicht geworden; der Naturzustand war etwas ganz anderes. Der Justizrat würde nichts dagegen haben, sich zu ernähren, indem er in Schafspelz einherging und Hasen und Schnepfen, Brachvögel und Schneehühner, Rehkeulen und Wildschweine schoß. Nein, der Naturzustand war nun einmal eine Perle, geradezu eine Perle.

Der Justizrat und seine Tochter gingen hinunter nach der See. Diese hatte schon lange durch die Zweige geschimmert, jetzt wurde sie aber ganz sichtbar, als sie um die Ecke bogen, wo die große Pappel stand. Da lag sie, mit großen Flächen spiegelblanken Wassers, mit zackigen Zungen graublauen, gekräuselten Wassers, mit Streifen, die blank waren und Streifen, die sich kräuselten, und das Sonnenlicht ruhte auf dem blanken und flimmerte auf dem gekräuselten. Sie zog den Blick mit sich über die Fläche, führte ihn längs ihrer Ufer an langsam abgerundeten Bogen, an scharf gebrochenen Linien vorüber, schwenkte ihn um die grünen Landzungen herum, ließ dann den Blick los, verschwand in grünen Buchen – nahm aber den Gedanken mit sich. – Segeln! Ob man ein Boot mieten könne?

Nein, es sei keins zu haben, sagte ein kleiner Junge, der in dem weißen Landhause daheim war und unten am Strande Butterbrot warf. Durchaus gar kein Boot? Doch, das wohl; des Müllers Boot sei wohl da, aber nicht zu haben, der Müller wollte es nicht erlauben, Müllers Niels hatte beinahe Prügel bekommen, als er es das letzte Mal verliehen hatte; daran sei gar nicht zu denken, aber der Herr, der oben beim Waldhüter Nikolai wohnte, der hätte ein ausgezeichnetes Boot, eins, das außen schwarz und innen rot, und das lieh er allen und jedem.

Der Justizrat und seine Tochter gingen zum Waldhüter Nikolai hinauf. In einiger Entfernung vom Hause trafen sie ein kleines Mädchen, das Nikolais gehörte, und dieses baten sie hinein zu laufen und zu fragen, ob sie den Herrn sprechen könnten. Sie lief, als ging es ans Leben, lief mit Armen und Beinen, bis sie an die Tür kam, dann setzte sie das eine Bein auf die hohe Türstufe und band ihr Hosenband und stürzte darauf ins Haus hinein, kam gleich zurück mit zwei Türen hinter sich offen und rief, ehe sie die Türstufe wieder erreicht hatte, daß der Herr augenblicklich kommen würde; dann setzte sie sich neben die Tür gegen die Mauer und blickte unter ihrem Arm durch nach den Fremden hin.

Der Herr kam und erwies sich als ein hoher, kräftig gebauter Mann von einigen zwanzig Jahren. Die Tochter des Justizrats erschrak ein wenig, als sie in ihm den Menschen wieder erkannte, der im Regen gesungen hatte. Aber er sah so wunderlich und abwesend aus; es war augenscheinlich, daß er direkt von einem Buche kam, das konnte man an dem Ausdruck seiner Augen sehen, an seinem Haar und seinen Händen, die gar nicht wußten, wo sie waren.

Die Tochter des Justizrats verbeugte sich ausgelassen vor ihm und rief: »Kuckuck« und lachte.

»Kuckuck?« fragte der Justizrat.

Aber das war ja das kleine Mädchengesicht; der Mensch wurde ganz rot und versuchte etwas zu sagen, als der Justizrat mit der Frage nach dem Boote kam. Gewiß, es stand zu Diensten. Wer sollte aber rudern? Das sollte er tun, sagte das Fräulein, es kümmere sie nicht, was Vater sage; es sei ganz gleichgültig, ob es dem Herrn Unbequemlichkeiten verursache, denn er scheue sich zuweilen auch nicht, andern Leuten Unbequemlichkeiten zu bereiten. Dann gingen sie hinunter zum Boot und gaben dem Justizrat unterwegs die Erklärung. Sie gelangten ins Boot und waren schon ein gutes Stück hinaus, ehe das Fräulein sich zurecht gesetzt hatte und Zeit fand zu reden.

»Nun,« sagte sie, »es war gewiß etwas sehr Gelehrtes, das Sie lasen, als ich kam und Sie zum Segeln herauslotste?«

»Zum Rudern, meinen Sie. Gelehrt! Es war die Geschichte vom Ritter Peter mit dem Silberschlüssel und der schönen Magelone.«

»Von wem ist das?«

»Von keinem; diese Art Bücher sind nie von jemand. Vigoleis mit dem Goldrad ist auch von niemand und Schütze Bryde auch nicht.«

»Ich habe diese Titel noch nie gehört.«

»Ach, setzen Sie sich mehr auf jene Seite, sonst liegen wir schief. Nein! das ist auch ganz natürlich, es sind keine feinen Bücher; es sind solche, die man auf den Märkten von Bänkelsängerinnen kauft.«

»Das ist doch seltsam; lesen Sie immer solche Bücher?«

»Immer? Ich lese Jahr und Tag nicht viel Bücher, und am liebsten mag ich eigentlich die, in denen Indianer vorkommen.«

»Aber Dichterwerke? Ohlenschläger, Schiller und die andern?«

»Ja, die kenne ich wohl; wir hatten zu Hause einen ganzen Schrank voll davon, und Fräulein Holm – die Gesellschafterin meiner Mutter – las nach dem Frühstück und Abendbrot laut daraus vor; aber ich kann nicht sagen, daß sie mir gefielen – ich kann keine Verse leiden.«

»Keine Verse leiden! – Sie sagten hatten, lebt Ihre Frau Mutter nicht mehr?«

»Nein, und mein Vater auch nicht.«

Dies wurde in etwas mürrischem, abweisendem Ton gesprochen, und die Unterhaltung stockte eine Weile und ließ die vielen kleinen Laute, die die Bewegung des Bootes im Wasser hervorbrachte, deutlich vernehmen. Das Fräulein brach das Schweigen.

»Lieben Sie Gemälde?«

»Altarbilder? Ach, ich weiß nicht.«

»Ja, oder andere Bilder, Landschaften zum Beispiel.«

»Die malt man auch? Ja, es ist wahr, das weiß ich, ja.«

»Sie machen sich gewiß über mich lustig?«

»Ich!? Einer von uns beiden tut das wohl!«

»Aber sind Sie denn nicht Student?«

»Student! woher hätte ich Student werden sollen! Nein, ich bin nichts.«

»Ja, etwas müssen Sie doch sein? Sie müssen doch irgend etwas tun?«

»Weshalb das?«

»Nun, weil – das tun doch alle Menschen.«

»Tun Sie denn etwas?«

»Ach was, Sie sind doch auch keine Dame.«

»Nein, Gott sei Dank!«

»Danke bestens.«

Er hörte auf zu rudern, zog die Ruder etwas ein, sah ihr ins Gesicht und sagte:

»Was wollen Sie damit sagen? – Nein, Sie dürfen nicht böse auf mich sein; ich will Ihnen was sagen, ich bin solch ein komischer Mensch. Das können Sie gar nicht begreifen. Sie meinen, weil ich feine Kleider habe, muß ich auch ein feiner Mann sein. Mein Vater war ein feiner Mann, und mir ist gesagt worden, daß er so ungeheuer viel konnte, und das konnte er wohl auch, denn er war Amtmann. Ich kann nichts, denn Mutter und ich taten uns alles zu Liebe, und mir lag nichts daran, das zu lernen, was man in den Schulen lernt, auch jetzt noch nicht. Ach, Sie hätten meine Mutter sehen sollen, sie war eine ganz, ganz kleine Dame; schon als ich dreizehn Jahre alt war, konnte ich sie auf den Armen in den Garten hinunter tragen. Sie war so leicht; in den letzten Jahren trug ich sie durch den ganzen Garten und Park auf dem Arm. Ich sehe sie vor mir in ihren schwarzen Gewändern und vielen breiten Spitzen ....«

Er nahm die Ruder und ruderte gewaltsam zu. Der Justizrat wurde ein wenig unruhig, als er das Wasser am Achtersteven so hoch aufspritzen sah, und meinte, sie müßten wohl wieder ans Land, und zurück ging es.

»Sagen Sie mir,« fragte das Fräulein, als das starke Rudern etwas nachgelassen hatte, »kommen Sie oft in die Stadt?«

»Ich bin nie dagewesen.«

»Nie dagewesen! Und hier wohnen Sie nur drei Meilen davon.«

»Ich wohne nicht immer hier, ich wohne an allen möglichen Orten, seitdem meine Mutter starb; aber im Winter will ich in die Stadt, um rechnen zu lernen.«

»Mathematik?«

»Nein, Bauholz,« sagte er und lachte, »ja, das verstehen Sie nicht; ich will Ihnen nämlich sagen, wenn ich mündig werde, will ich eine Schaluppe kaufen und auf Norwegen fahren, und dann muß ich wegen Zoll und Klarierung rechnen können.«

»Haben Sie wirklich Lust dazu?«

»Ach, es ist herrlich auf dem Meer, im Segeln liegt soviel Leben – so, da ist die Landungsbrücke.«

Er legte an, der Justizrat und seine Tochter stiegen ans Land, nachdem sie ihm das Versprechen abgenommen hatten, sie auf Kap Trafalgar zu besuchen. Dann gingen sie zum Dorfschulzen hinauf; er aber ruderte wieder in die See hinaus. Oben bei der Pappel konnten sie noch die Ruderschläge hören.

»Hör Kamilla!« sagte der Justizrat, der draußen gewesen war, um die Außentür zu verschließen, »sag mir,« sagte er, indem er seine Handlampe mit dem Schlüsselbart auslöschte, »hieß die Rose, die sie bei Karlsens hatten, Pompadour oder Maintenon?«

»Cendrillon,« antwortete die Tochter.

»Das ist wahr, so hieß sie auch, – na – wir müssen wohl zur Ruhe gehen; gute Nacht mein Kind, schlaf wohl!«

Als Kamilla auf ihr Zimmer kam, zog sie den Fenstervorhang beiseite, drückte die Stirn an die kalten Scheiben und summte Elisabeths Lied aus dem »Elfenhügel«. Gegen Sonnenuntergang hatte sich ein leiser Wind erhoben, und einzelne kleine, weiße Wolken jagten vom Mond beschienen auf Kamilla zu. Sie stand lange und sah sie an, faßte sie schon aus weiter Entfernung ins Auge und summte lauter und lauter, je näher sie kamen, schwieg ein paar Sekunden, wenn sie über ihr verschwanden, suchte wieder andere und verfolgte dann diese. Mit einem leisen Seufzer zog sie den Vorhang wieder vor. Sie ging an den Toilettentisch, stützte die Arme darauf, lehnte den Kopf an die gefalteten Hände und blickte ihr Spiegelbild an, ohne es eigentlich zu sehen.

Sie dachte an einen schlanken, jungen Mann, der eine kleine, kranke, schwarzgekleidete Dame in seinen Armen trug; sie dachte an einen schlanken, jungen Mann, der in einem losbrechenden Sturm ein kleines Fahrzeug zwischen Klippen und Schären hindurch lenkte. Sie hörte ein ganzes Gespräch noch einmal. Sie errötete: Eugen Karlsen würde glauben, daß du ihm den Hof machst. Eine kleine, eifersüchtige Gedankenassoziation ließ sie fortfahren. Klara wäre niemand während eines Regenwetters im Walde nachgelaufen; sie hätte einen Fremden nicht obendrein aufgefordert – geradezu aufgefordert – mit ihr zu segeln. »Dame bis in die Fingerspitzen,« hatte Karlsen von Klara gesagt, das war ein Verweis für dich, du kleine Bauern-Kamilla! Darauf entkleidete sie sich mit affektierter Langsamkeit, legte sich ins Bett, nahm ein kleines, elegantes Buch von der Etagere neben dem Bett, schlug die erste Seite auf und las mit müder, verbitterter Miene ein kleines, geschriebenes Gedicht durch, ließ das Buch zu Boden fallen und brach in Tränen aus; dann nahm sie das Buch sanft wieder auf, legte es an seinen Platz und löschte das Licht aus, lag ein wenig, blickte trostlos auf den vom Mond beschienenen Vorhang und schlief endlich ein.

Nur wenig Tage später machte der »Regenmann« sich auf den Weg nach Kap Trafalgar. Er begegnete einem Bauer, der ein Fuder Roggenstroh fuhr und erhielt die Erlaubnis aufzusitzen. Er legte sich im Stroh auf den Rücken und sah hinauf in den wolkenlosen Himmel. Während der ersten halben Meile ließ er seine Gedanken nach Belieben kommen und gehen, sie waren übrigens nicht sehr abwechselnd; die meisten kamen und fragten, wie ein Menschenkind so wundersam schön sein könne, und wunderten sich darüber, daß man sich mehrere Tage damit beschäftigen könne, sich die Züge eines Gesichts, dessen Mienen und Farbenwechsel, die kleinen Bewegungen eines Kopfes und der Hände und den vibrierenden Tonfall einer Stimme ins Gedächtsnis zurückzurufen. Dann aber deutete der Bauer mit der Peitsche nach einem Schieferdach, das eine Viertelmeile entfernt lag, und sagte, das seien Justizrats, und da kam der gute Mogens aus dem Stroh in die Höhe, starrte ängstlich nach dem Dache, hatte ein seltsam beklommenes Gefühl, versuchte sich vorzustellen, daß niemand zu Hause sei, wurde aber hartnäckig in die Vorstellung hineingezogen, daß große Gesellschaft sei, und konnte sich nicht wieder davon losmachen, obgleich er zählte, wieviel Kühe »Landlust« auf der Weide hatte und wieviel Kieshaufen er längs des Weges sah. Endlich hielt der Bauer dort an, wo ein kleiner Weg nach dem Landhause hinunterführte, Mogens ließ sich vom Wagen herabgleiten und begann, sich die kleinen Strohstücke abzubürsten, während der Wagen langsam über den Kies des Weges weiter knirschte. Er näherte sich der Gartenpforte Schritt für Schritt, sah ein rotes Tuch hinter den Balkonfenstern verschwinden, einen kleinen verlassenen Nähkorb auf der Balkonbalustrade, und den Rücken eines leeren Schaukelstuhles sich noch schwingen. Er trat in den Garten, den Blick unablässig auf den Balkon geheftet, hörte den Justizrat guten Tag sagen, wandte sich nach der Stimme um und sah ihn nicken, während er die beiden Arme voll leerer Blumentöpfe hatte. Dann sprachen sie dies und jenes, der Justizrat fing an zu entwickeln, wie man gewissermaßen sagen könne, der alte Kastenunterschied zwischen den Baumsorten sei durch das Pfropfen geschwunden, letzteres sei ihm übrigens sehr zuwider. Endlich kam Kamilla in ein blaues Tuch gehüllt langsam auf sie zu. Sie hatte die Arme in das Tuch gewickelt und grüßte mit einer leichten Kopfbewegung und einem matten Willkommen. Der Justizrat ging mit seinen Blumentöpfen; Kamilla sah über die Schultern nach dem Balkon, Mogens blickte sie an. Wie es ihm inzwischen ergangen sei? Ihm habe nichts gefehlt. Viel gerudert? Ach ja, wie immer, vielleicht nicht ganz soviel. Sie drehte sich nach ihm um, sah ihn kalt an, legte den Kopf ein wenig auf die Seite und fragte mit halbgeschlossenen Augen und einem matten Lächeln, ob die schöne Magelone ihn mit Beschlag belegt habe. Er wußte nicht, was sie meinte, aber er glaubte es beinahe. Darauf standen sie eine Weile und sagten gar nichts. Kamilla tat ein paar Schritte nach einer Ecke, wo eine Bank und ein Gartenstuhl standen; sie setzte sich auf die Bank und bat ihn, nachdem sie sich gesetzt, Platz zu nehmen, indem sie auf den Stuhl sah; er müsse ja müde sein nach dem langen Wege. Er setzte sich auf den Stuhl.

Ob er glaube, daß etwas aus der projektierten Verbindung in der Königsfamilie werde? Ob es ihm vielleicht gleichgültig sei? Natürlich kümmere er sich nicht um das Königshaus? Selbstverständlich hasse er die Aristokratie? Es gebe ja nur wenig junge Herren, die nicht meinten, die Demokratie sei Gott weiß was. Er gehöre wohl zu denen, die den Familienverbindungen des Königshauses durchaus keine politische Bedeutung beilegten. Vielleicht irre er doch. Man hatte doch gesehen .... Sie hielt plötzlich verwundert inne, weil Mogens, der anfangs über dies alles ein wenig erschrocken gewesen, jetzt ganz vergnügt aussah. Ob er wohl gar dasaß und sich über sie lustig machte? Sie wurde ganz rot.

»Interessieren Sie sich sehr für Politik?« fragte sie angstlich.

»Nicht im geringsten.«

»Warum lassen Sie mich denn eine Ewigkeit politisieren?«

»Ach, Sie sagen das alles so hübsch; es ist ganz gleichgültig, wovon Sie sprechen.«

»Das ist wirklich kein Kompliment.«

»Doch, das ist es gerade,« versicherte er eifrig, als es ihm schien, daß sie ganz beleidigt aussah.

Kamilla brach in ein Gelächter aus, sprang auf und lief ihrem Vater entgegen, faßte ihn unter den Arm und führte ihn dann zu dem erstaunten Mogens.