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Es gibt Menschen, die sich an Verfehlungen anderer ergötzen und das Wissen darüber zu ihrem Vorteil ausnutzen. Während Lydia Lynn ihr altes, geerbtes Manor House in einer kleine Bucht in Cornwall in ein luxuriöses B&B verwandelt und mit ihrem Mann Marvin die Adoption ihrer Nichte in die Wege leitet, stiftet ein neu zugezogener Nachbar Unfrieden. Sowohl in der Bucht von Trevadlock wie auch in der nahegelegenen Kleinstadt versucht er, Menschen unter Druck zu setzten. Doch dann erledigt sich dieses Problem auf unerwartete Art und Weise.
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Veröffentlichungsjahr: 2024
Roman
Prolog
1 Montag, 1.Juni 2015
2 Dienstag, 2.Juni 2015
3 Mittwoch, 3. Juni
4 Freitag 5.Juni
5 Samstag, 6.Juni
6 Sonntag, 7.Juni
7 Montag, 8. Juni
8 Dienstag, 9.Juni
9 Mittwoch, 10. Juni
10 Donnerstag, 11. Juni
11 Freitag, 12.Juni
12 Samstag, 13.Juni
13 Sonntag, 14.Juni
14 Montag, 15.Juni
15 Dienstag, 16.Juni
Einige Tage später
Gregory Mitchell war ausgesprochen zufrieden mit sich und der Welt. Soeben hatte er mehrere Miniaturen zum Rahmen in der Galerie von Marvin Lynn abgegeben und gemeinsam mit ihm noch einige Einzelheiten für die in einigen Wochen geplante Ausstellung besprochen.
Marvin Lynns Galerie wäre nie seine erste Wahl für die Vernissage gewesen. Dies hatte er, wie schon des Öfteren, auch heute in ihrem Gespräch deutlich zum Ausdruck gebracht. Viel lieber hätte er in Truro oder in Exeter ausgestellt, aber Dominic Robertsen, der Stifter seines Stipendiums als ‚Artist-in-Residence‘, hatte gemeinsam mit dem Stiftungsvorstand, die Galerie von Marvin Lynn für diese Veranstaltung bestimmt. Ärgerlicherweise war Marvin Lynn Vorsitzender der Stiftung und er sprach sich in allen Dingen, diese Organisation betreffend, mit Robertsen ab.
In einem Punkt allerdings hatte er sich durchsetzen können. Die wissenschaftliche Begleitung seiner Vernissage zum Thema: „Seltene Pflanzen an der Küste Cornwalls“ würde ein Freund aus Studientagen, Keith Pearson, durchführen.
Keith war letzten Samstag in Trevadlock angekommen und war für eine Woche in dem neu eröffneten B&B von Lynns Frau Lydia untergebracht, in unmittelbarer Nachbarschaft seiner eigenen Unterkunft.
Bisher war sein Aufenthalt hier in diesem langweiligen Städtchen ein Erfolg in vielerlei Hinsicht. Dank des großzügigen Unterhalts, den er zusätzlich zur kostenfreien Unterkunft als Artist-in-Residence bekam, war er in der Lage gewesen, mit der Abzahlung seiner Spielschulden bei einem Casinobesitzer in London zu beginnen. Bei der Begleichung der Restsumme würde der großzügige Zuschuss, den seine frühere Freundin ihm versprochen hatte, eine große Hilfe sein.
Ein Lächeln stahl sich in sein Gesicht bei der Erinnerung daran, wie sie verzweifelt versucht hatte, mit ihm zu handeln. Sie besaß immer noch diese großen Augen, sah aus wie ein Kaninchen, wenn es Angst hatte, sobald sie mit ihm allein war.
Zusätzlich fehlten ihm immer noch etliche tausend Pfund, um seine Schulden endgültig loszuwerden. Dies aber dürfte nicht allzu schwierig sein. Es gab einige Leute in seinem Umfeld, die bestimmt bereit waren, ihm eine ansehnliche Summe zukommen zu lassen, damit er sein Wissen über sie für sich behielt.
Mit kraftvollen, dynamischen Schritten spazierte er den Bach entlang, hüpfte hier und da über eine Wurzel und machte einen ausgesprochen selbstzufriedenen Eindruck. Er liebte diesen Weg, hatte ihn gleich zu Anfang seines Aufenthaltes in diesem Städtchen entdeckt. Obwohl der Pfad fast mitten durch den Ort führte, war er nur bei den Einheimischen bekannt, die meisten von ihnen Hundebesitzer, die ihre Vierbeiner hier spazieren führten. Viele nutzten diesen Weg auch als Abkürzung, um vom hinteren Teil der Stadt direkt zur Promenade zu gelangen, ohne dafür durch die Fußgängerzone laufen zu müssen. Manchmal saßen einige Vogelbeobachter auf Baumstümpfen, ihre Ferngläser fest an die Augen gedrückt, auf der Suche nach weiß der Himmel was für schrägen Vögeln. Bei diesem Gedanken musste er lachen. Wie lächerlich sie wirkten, wenn sie starr auf ihrem Beobachtungsposten saßen, alle in eine Richtung schauend, fast wie Zuschauer bei einem Fußballspiel, nur nicht so lebhaft. Abends hielten sich auch Studenten des örtlichen Colleges regelmäßig am Ufer auf, tranken Bier und kifften. Touristen verirrten sich so gut wie nie hierher, sie zogen es vor, an der Promenade zu spazieren oder klapperten in der kleinen Fußgängerzone ein Geschäft nach dem anderen ab.
Heute erschien ihm der Weg besonders reizvoll. Er war allein, außer ihm war keine Seele zu sehen. Am Himmel hatten sich schon ein paar der angekündigten Regenwolken gesammelt, die Sonne blinzte nur noch an wenigen Stellen durch und tauchten den Bach sowie das Ufer in ein bizarres Licht. Bald schon würde es anfangen zu regnen. Am seinem Ende seines Weges erwartete ihn ein hübscher kleiner Pub, mit einem gemütlichen Außenbereich, der kleine Garten mit Tischen und Bänken bestückt, wo man bei schönem Wetter sein Bier trinken konnte. Aber sicherlich nicht heute, leider. Sie servierten dort auch ein ganz ordentliches Essen, nicht zu teuer, aber reichhaltig. Der Pub wurde hauptsächlich von Einheimischen besucht, denn er stand bisher noch in keinem Reiseführer als Tipp für die immer größer werdende Zahl von Urlaubern. Gregory wusste die gute Küche zu schätzten, er kochte nicht gern, schon gar nicht in dieser winzigen Küche im Cottage, das er zurzeit bewohnte. Vielleicht, so überlegte er, sollte er Keith in den nächsten Tagen einmal dorthin mitnehmen.
Er blieb einen Moment stehen und genoss den Anblick des dahinplätschernden Baches mit seinen interessanten Pflanzen. Zwischen Krebsscheren und Zwergrohrkolben mischten sich die blauen Blüten von Hechtkraut und den gelben Sumpfschwertlilien. Diese Mischung sollte er in einem Aquarell festhalten, dachte er. Er nahm sich vor, in den nächsten Tagen einmal früh am Morgen hierher zu kommen, wenn der Morgentau noch auf den Pflanzen glitzerte. Am besten bei schönem Wetter, dann schien die Sonne an diese Stelle und es ergäben sich ein perfekte Motive für seine Miniaturen.
Ein Geräusch lenkte seine Aufmerksamkeit vom Bach weg, hin zu den Bäumen, die den Weg beschatteten. Er bemerkte eine Person, die von weitem winkte und dann auf etwas zeigte, das offenbar hinter ihm lag. Er war also doch nicht allein hier. Wahrscheinlich einer dieser Vogelbeobachter, sie waren überall anzutreffen, diese Fanatiker. Er war sich nicht sicher, ob diese Person ihn meinte, oder ob sich noch jemand anders hier aufhielt und das Winken eben diesem Menschen galt. Er wandte sich um. Nein, außer ihm war niemand in Sichtweite. Er blickte wieder zurück zu der Person zwischen den Bäumen. Mann oder Frau? Er konnte es nicht erkennen, denn die Person war dunkel gekleidet und stand im Schatten eines Baumes. Wieder sah er das Winken und eine Geste, die eindringlich auf etwas hinter ihm deutete. Was gab es dort Besonderes zu sehen, den Kirchturm? Diesmal drehte er sich in die gezeigte Richtung und hielt einen Moment inne, um genauer hinzuschauen.
Etwas, Schweres, Hartes, traf ihn heftig von hinten am Kopf. Seine Hand wanderte reflektorisch zu der Stelle schräg hinter seinem linken Ohr, aber noch bevor sie die Haare erreicht hatte, wurde er bewusstlos und fiel, ohne auch nur die Gelegenheit zu haben, den Sturz abzufangen, vornüber in das nasse, schlammige Ufer des leise gurgelnden Baches.
Er spürte nicht mehr, dass jemand neben ihn trat, sich über ihm niederkniete und dann, kraftvoll und entschlossen mit Hilfe eines großen Astes sein Gesicht tief in den Uferschlamm drückte, so lange, bis kein Leben mehr in ihm steckte.
Dominic Robertsen ärgerte sich. Das war untypisch für ihn. Normalerweise besaß er ein ausgeglichenes Temperament mit einem Hang zum Positiven. Wut und Ärger waren Gefühle, die er in jungen Jahren durchlebt hatte, bis ihm klar wurde, sie halfen ihm in keiner Weise weiter. Seit er vor dreißig Jahren in diesen abgeschiedenen Teil Cornwalls gezogen war, hatte der Optimist in ihm immer mehr die Oberhand gewonnen und es kam nur noch selten vor, dass er unzufrieden oder sogar ärgerlich war, so wie jetzt in diesem Moment.
Er saß in dem alten, abgeschabten Sessel in seinem lichtdurchfluten Atelier und blickte durch die große geöffnete Glastür über die Terrasse hinweg in seinen Garten. Schon seit geraumer Zeit beobachtete er den Mann, der dort unbeholfen und missmutig auf dem Boden kniete und ein Blumenbeet säuberte. Er ärgerte sich über die Art und Weise, wie dieser Mann vorging, über dessen Lieblosigkeit im Umgang mit den Pflanzen, über den Widerwillen, mit dem er diese Tätigkeit ausführte. Er konnte seine leisen Flüche und das wütende Gemurmel bis ins Haus hören. Mehr als über den Mann ärgerte er sich allerdings über sich selbst. Wie hatte er nur eine solche Fehlentscheidung treffen können? Er hatte sich immer viel auf seine Menschenkenntnis eingebildet, hier aber hatte ihn diese vollkommen im Stich gelassen.
Als er im Herbst letzten Jahres, kurz nach seiner Herzoperation, gemeinsam mit seinem langjährigen Freund und Anwalt John Blewitt, die Idee entwickelte, auf seinem Anwesen einem talentierten Künstler ein Stipendium in Form eines „Artist-in-Residence“ zu gewähren, hatten sie Rahmenbedingungen für diese Art der Kunstförderung festgelegt. Der Künstler oder die Künstlerin bekam für den Zeitraum von 10 Monaten auf dem Gelände von Dominics Anwesen eine kleines Cottage samt Atelier zur Verfügung gestellt, inclusive aller Kosten, sowie eine finanzielle Unterstützung von 500 Pfund pro Monat. Im Gegenzug bestand die Verpflichtung, während dieser Zeit mindestens 10 Bilder zu malen und diese in der Galerie seines eigenen Galeristen und lieben Freundes Marvin Lynn in Herlingpool auszustellen. Darüber hinaus bestand die Verpflichtung, ihm, Dominic, regelmäßig Arbeiten in Haus und Garten abzunehmen. Es ging hauptsächlich darum, den Garten in Ordnung zu halten, Einkäufe zu erledigen und ihm körperlich schwere Tätigkeiten abzunehmen. Damit wollte er seine Freunde und Nachbarn beruhigen, die seit seiner Operation nervend besorgt waren.
Im November letzten Jahres war das Stipendium ausgeschrieben worden und schon nach kurzer Zeit hatten sich einige Bewerber sowie eine Bewerberin vorgestellt, von denen schließlich drei in die nähere Auswahl kamen. Von diesen Dreien hatte er sich ausgerechnet für diesen unsympathischen Kerl entschieden.
John und er hatten sich über eine Altersangabe für Bewerber keine Gedanken gemacht, angesichts ihres eigenen fortgeschrittenen Alters waren in ihren Köpfen alle möglichen Kandidaten jung. Daher waren sie über die Bewerbung eines älteren Künstlers für Stipendium äußerst überrascht gewesen.
Gregory Mitchell war mit seinen 5o Jahren eigentlich zu alt für eine Förderung. Er hatte im Hauptfach Kunstgeschichte studiert und sich, hauptsächlich autodidaktisch, zu einem fantastischen Maler von botanischen Miniaturen entwickelt. Dabei hatte er einen sehr eigenen, individuellen und ganz persönlichen Stil in dieser Kunstsparte entwickelt. Leider brachten ihm seine Gemälde nicht genug Geld ein, um davon leben zu können, hieß es in seiner Bewerbung. Viele verschiedene Jobs, so stand dort, hatten ihm im Laufe der Jahre geholfen, sich über Wasser zu halten. Er erhoffte sich von diesem Stipendium die Möglichkeit, sich endlich ausschließlich seiner Kunst zu widmen und wünschte, sich im Bereich der Buchillustrationen einen Namen zu machen. Diese Aussage und die wirklich hervorragende Qualität seiner winzigen Pflanzenporträts, wie Dominic sie nannte, hatten den Ausschlag gegeben, ihn als ersten Artist-in-Residence aufzunehmen.
Dominic gab einen ärgerlichen Schnaufer von sich.
Zugegeben, Mitchell war ein fantastischer Maler von Miniaturen. Auf kleinster Fläche fertigte er Aquarelle und auch Ölgemälde an, die in ihrer Art so filigran waren, dass man kaum glauben konnte, dass eine menschliche Hand dazu fähig war. Wer in der Lage war, Blumen, Blüten und auch Stauden so zu malen, musste in seiner Vorstellung ein großer Liebhaber der Natur sein. Leider hatte sich diese Vorstellung als Irrtum entpuppt. Mitchell war alles andere als ein Naturfreund. Im Gegenteil, wenn Dominic ihn bei der Arbeit im Garten beobachtete, hatte er eher das Gefühl, Mitchell hasse die Natur. Es schien, als quäle er die Pflanzen mit Absicht.
Auch allen anderen Verpflichtungen ging er nur mangelhaft nach. Die Sache mit den Einkäufen funktionierte weitgehend, das Einräumen der besorgen Lebensmittel musste Dominic jedoch regelmäßig einfordern. Am meisten litt aber der Garten zunehmend an der Misshandlung durch diesen Mann.
***
Marvin Lynn, Dominics Galerist, familiärer Freund und Nachbar, selbst ein anerkannter Künstler im Bereich der Porträtfotografie, hatte Gregory Mitchell vor ein paar Tagen für einen Flyer zu dessen erster geplanter Ausstellung in einigen Monaten abgelichtet. Als er mit Dominic gemeinsam die Aufnahmen betrachtete, war ihm auf Grund seines Talentes, Gesichter zu deuten, etwas Unstimmiges ins Auge gefallen.
„Ich kann dir nicht genau sagen, was mich an den Fotos stört,“ meinte er, als die besten Aufnahmen vor ihnen auf dem großen Ateliertisch ausgebreitet waren.
„Ich finde, du hast ihn sehr gut getroffen. So, wie du ihn abgelichtet hast, sehe ich ihn. Die Fotos sind wirklich unverfälscht natürlich.“
Dominic zeigte auf eines der Bilder, eine Aufnahme im Halbprofil, und fügte hinzu: „Besonders dieses hier. Diesen Gesichtsausdruck hat er immer, wenn ich ihn um etwas bitte, was er eigentlich selbstverständlich erledigen sollte, wozu er aber keine Lust hat.“
Marvin verstand, was sein Freund meinte und lachte kurz auf.
„Etwas mürrisch, ja. Hat was von einem Maulesel, mit diesem leicht nach vorne geschobenen Unterkiefer. Aber ich möchte diese Tiere nicht beleidigen. Da ist allerdings noch etwas anderes.“ Er zog ein bestimmtes Foto aus dem Stapel.
„Dieses hier habe ich geschossen, als er kurz von einem Geräusch draußen abgelenkt war. Es ist das am wenigsten gestellte Foto von allen. Sieh dir nur die Mundwinkel an und achte auf die Augen. Wenn du mich fragst, ich empfinde ihn als verschlagen und bilde mir ein, in seinen Augen einen brutalen Zug zu entdecken.“
Dominik betrachtete das Bild näher.
„Du hast dafür einen besseren Blick als ich, aber du hast recht. Ja, jetzt wo du es sagst, bemerke ich es auch. Was Brutalität angeht, meine Pflanzen bekommen sie regelmäßig zu spüren.“ Dominic musste trotz seines Ärgers darüber lachen. „Wenn du sehen würdest, wie er Rosen schneidet! Als ob er sie ermorden wollte.“
Marvin musste bei dieser Beschreibung schmunzeln.
„Beliebt ist er jedenfalls nicht. Ich glaube, er hat sich inzwischen mit so ziemlich jedem angelegt, der hier unten in der Bucht wohnt. Gestern erst habe ich zufällig mitbekommen, wie er Oliver ziemlich in die Mangel genommen hat. Leider konnte ich nicht verstehen, worum es ging. Oliver ist allerdings danach wie ein geprügelter Hund davon geschlichen.“
Die Erinnerung an diesen Teil der Unterhaltung befeuerte Dominics Wut noch mehr. Er mochte den sechzehnjährigen, hochaufgeschossenen Jungen, der zurzeit ein Praktikum beim ortsansässigen Naturschutzwart Will Mateland machte. Er war der Sohn von Detective Chief Superintendent Lizzy Thornton, die im vergangenen Jahr maßgeblich an der Aufklärung des Mordanschlags auf Marvins Frau Lydia beteiligt gewesen war. Im Rahmen dieser Ermittlungen war auch der Tod seines früheren Geliebten, Peter Polgrennan, vor 28 Jahren aufgeklärt worden. Darüber hinaus waren schreckliche Details über dessen Mörderin, Peters damals 8-jährigen Tochter Rosi ans Licht gekommen.
Dominic schüttelte unbewusst den Kopf bei diesen Gedanken. Nie im Leben hätte er es für möglich gehalten, dass es solche menschlichen Abgründe in seiner direkten Umgebung gab und noch schlimmer, dass er es nicht einmal bemerkt hatte. Seitdem war ihm ein großer Teil seines Glaubens an das Gute im Menschen verloren gegangen. Wenn er es recht bedachte, war dies möglicherweise einer der Gründe, warum er Mitchell gegenüber so ablehnend war. Noch vor einem Jahr hätte er den Fremden auf seinem Grund und Boden herzlich willkommen geheißen, aber seit der Geschichte im letzten Jahr war er deutlich zurückhaltender, eher misstrauisch und kritischer.
Inzwischen war er froh über seine eigene Zurückhaltung. Marvin hatte es laut ausgesprochen und er hatte recht. Dieser Mensch hatte sich in den wenigen Monaten seit seinem Einzug in das kleine Cottage bei fast allen Menschen hier in der Bucht unbeliebt gemacht. Er lag also nicht falsch mit seinem Gefühl und war damit nicht allein.
Sogar die normalerweise gutmütige und geduldige Violet Traxler, die den kleine Kiosk samt Café für Wanderer hier unten in der Bucht betrieb und deren Mann John der letzte aktive Fischer hier war, war neulich ganz empört zu ihm gekommen, um sich bitterlich über seinen Schützling zu beklagen.
Völlig aufgelöst war sie zu ihm in die Küche gestürmt und hatte sich auf einem der Stühle dort fallen lassen.
„Stell dir bitte mal vor, was ich mir von deinem Gregory bieten lassen musste,“ schnaubte sie atemlos, wobei sie das Wort „deinem“ vorwurfsvoll betonte.
„Er kam vorhin zum Café und hat sich ein Omelett bestellt, mit von John frisch gefangenen Krabben. Ich habe es ihm schnell zubereitet und es ihm an einen der Tische im Garten gebracht. Er hat es bis auf einen einzigen Bissen aufgegessen und dann ist er tatsächlich zu mir gekommen und hat sich beschwert. Angeblich habe es muffig geschmeckt.“
Sie prustete verächtlich. „Muffig, dass ich nicht lache! Alles war ganz frisch, die Eier von gestern, die Krabben von heute früh. Sein Geld wollte er zurück!“
Dominic stellte eine Tasse frisch gebrühten Tee vor Violet und setzte sich auf den Stuhl neben sie. In ihrer Aufregung gab sie drei Löffel Zucker in den Becher. Stirnrunzelnd forderte er sie auf, weiter zu erzählen.
„Nun, ich habe ihm höflich gesagt, alles sei frisch gewesen und wenn es nicht geschmeckt habe, dann hätte er sich doch schon nach den ersten Bissen bei mir melden können. Und weißt du, was er antwortet?“
Sie nahm einen großen Schluck aus ihrem Becher und sah ihn erwartungsvoll an. Dominic schüttelte mit dem Kopf, ihm gingen einige Antworten durch den Kopf. Mitchell hatte eine sehr unverschämte Art sich auszudrücken.
„Er sagte ziemlich laut, ich könne mir meine Omeletts in Zukunft irgendwo hinstecken, wohin, da war er ziemlich präzise, und er will mich beim Gesundheitsamt anzeigen. Zum Glück ist John gerade in diesem Moment dazu gekommen und hat den Mann von unserem Grundstück gejagt. Was für ein unverschämter Kerl! Leider waren auch einige Wanderer in der Nähe und haben zugehört. Sie haben dann nur noch Kaffee bestellt. Was soll ich denn da nur machen?“
Dominic legte beruhigend seine Hand auf ihre Schulter.
„Garnichts musst du machen. Ich weiß, dass du immer nur einwandfreie Lebensmittel verarbeitest. Aber ich werde mit ihm reden, es geht doch nicht an, dass er solche Drohungen ausstößt.“
***
Da saß er nun in seinem Atelier, mit Blick in den Garten und auf diesen Mann, unzufrieden mit sich und der Welt, und mit einem Gefühl der Hilflosigkeit. Zugegeben, seine Erwartungshaltung an den Stipendiaten war wahrscheinlich viel zu hoch gewesen. Das hatte Lydia ihm schon damals gesagt, als er den an sein Haus grenzenden Schuppen in ein Cottage umwandelte und liebevoll hatte herrichten lassen.
„Du gibst dir so viel Mühe, es dem zukünftigen Bewohner hier gemütlich zu machen. Aber vielleicht weiß er es gar nicht zu schätzten,“ warnte sie ihn. Sie war mit einem antiken Spieltisch vorbeigekommen, den sie kürzlich beim Aufräumen eines der zahlreichen Zimmer in ihrem Haus entdeckt hatte. Es war ein ungewöhnliches Möbel, mit Sicherheit mindestens einhundert Jahre alt, aber noch wusste sie nicht so recht, wohin sie ihn stellen sollte, und dachte, es würde dem Cottage einen originellen Flair verleihen. Außerdem war Tisch an den Beinen und auch oben auf der Platte zerkratzt und, was für Lydia noch schlimmer war, an einer Schublade war von außen eine kleine Ecke herausgebrochen. Sie konnte angeschlagene Dinge partout nicht leiden und da sie noch nicht wusste, welchem Fachmann sie ihn zur Reparatur geben konnte, hatte sie beschlossen, es erst einmal an Dominic zu verleihen. Er fand alte Möbel mit solchen Macken reizvoll. Für ihn waren diese Kratzer und andere Schäden an Möbelstücken normale Gebrauchsspuren, zeigten den Wert für seinen Besitzer, denn sonst hätte dieser es nicht so intensiv genutzt. Also hatte sie es nur gründlich gereinigt und sich dann dazu entschieden, ihn vorübergehend zur Einrichtung des Cottages beizusteuern, statt ihn auf den Dachboden zu schaffen.
„Aber ich möchte, dass er sich willkommen fühlt.“ Dominic platzierte den hübschen, mit Intarsien verzierten kleinen Tisch seitlich des neuen Sofas.
„Wir sind hier eine so kleine Gemeinschaft,“ erwiderte er nachdenklich, „da sollten wir es ihm so leicht wie möglich machen, sich nicht als Außenseiter zu fühlen.“
„Ich denke, du solltest nicht zu hohe Erwartungen an deinen Stipendiaten stellen. Lass‘ ihn doch erstmal ankommen, wenn er nett ist, wird er sich schnell einleben, wenn nicht, auch gut, er bleibt ja nicht für immer.“
Es war nicht Lydias Art, Leute im Voraus zu beurteilen und natürlich hatte sie, wie so oft, recht gehabt. Die Erinnerung an dieses Gespräch befeuerte nun zusätzlich seinen Unmut. Aber was nutzte ihm jetzt seine Wut, sein Ärger, er konnte nichts dagegen unternehmen. Er allein hatte sich für die Vergabe dieses Stipendiums an Gregory Mitchell entschieden und in Bezug auf den künstlerischen Teil des Vertrages, die Verpflichtung, eine bestimmte Anzahl von Gemälden für eine Ausstellung anzufertigen, hielt er sich mehr als genau an die Vorgaben. Dominic erhob sich schwerfällig aus seinem Sessel, schloss die Tür zum Garten und machte sich an seine eigene Arbeit, in der Hoffnung, dabei auf freundlichere Gedanken zu kommen. Was seinen geliebten Garten anging, vielleicht sollte er einen Gärtner engagieren, der diese Arbeiten professionell und schnell erledigte, statt sich weiter zu ärgern.
Trotzdem, dachte er, während er sich eine passende Leinwand heraussuchte, der Mann war unangenehm. Leider hatte John Blewitt den Vertrag so aufgesetzt, dass er den Künstler nur bei Nichterfüllung seiner künstlerischen Verpflichtungen kündigen konnte. Er würde ihn also so schnell nicht loswerden.
***
Nicht ahnend, welchen Zorn er auf sich zog, rupfte besagter Künstler Grünzeug aus dem Blumenbeet. Völlig in seine eigenen Gedanken versunken arbeitete er rein mechanisch. Zwar konnte er durchaus ungewolltes Grünzeug von absichtlich gepflanztem unterscheiden, schließlich hatte er einige Semester Biologie studiert, aber es war ihm egal. Er hasste diese Tätigkeit und während er sich auf Knien rutschend von einer Seite zur anderen arbeitete, überlegte er, welchen Preis er für die am gestrigen Abend gefundenen Informationen verlangen könnte.
In dem kleinen, möblierten Cottage, dass zu Wohnung und Atelier umgebaut war, stand ein zierlicher antiker Spieltisch. Seit seinem Einzug stand er ihm im Weg, regelmäßig stieß er sich daran, wenn er die Treppe hinauf in seinen Schlafraum gehen wollte. Gestern nun hatte er, nachdem er sich schmerzhaft den Zeh daran gestoßen hatte, diesen kleinen Tisch mit einem Tritt in die Ecke unter der Treppe geschubst. Dabei hatte sich eine Schublade gelöst und war laut polternd herausgefallen. Eigentlich hatte er sich nicht weiter darum kümmern wollen, aber dann hatte etwas seine Aufmerksamkeit erregt. Dieses Tischchen mehr war, als man auf den ersten Blick erkennen konnte. Von der herausgefallenen Schublade hatte sich der Boden gelöst, aber es sah merkwürdig aus. Und tatsächlich! Als er sie aufhob, um nachzusehen, bemerkte er, dass es ein doppelter Boden war. Durch den Aufprall hatte er sich gelockert und stand nun ein wenig ab. Er sah ein Stück gelbliches Papier aufblitzen und schaute näher hin. Unter dem Boden klebte ein alter Zeitungsartikel. Das Datum war noch gut erkennbar und fasziniert von diesem Fund setzte er sich und las. Ein breites Grinsen breitete sich in seinem Gesicht aus. Schnell schoss er mit dem Smartphone ein Foto des Artikels, dann packte er ihn sorgsam wieder an die Stelle, an der er ihn gefunden hatte. Nach kurzer Überlegung stampfte er nach oben in seinen Schlafraum und zog aus einer dort herumstehenden Tasche ein altes Foto. So ein Geheimfach konnte er gut gebrauchen! Sorgfältig legte er das Foto zu dem Zeitungsartikel und klappte den doppelten Boden sorgfältig wieder ein. Dann schob er die Schublade zurück in seine Führung und trug den Tisch nach oben. Er stieß eine der zahlreichen Kisten, die er dort wahllos abgestellt hatte, beiseite und platzierte ihn so, dass er ihm als Nachttisch diente. Dann ging er wieder nach unten und verfasste eine E-Mail mit Bildanhang.
***
Im sechzig Kilometer entfernten Truro saß Detective Chief Superintendent Lizzy Thornton in ihrem Büro und studierte die Personalakte eines Neuzugangs aus Milton Keynes. Sie hatte sich auf einem Kongress vor einigen Wochen dazu breitschlagen lassen, ihn von dort zu übernehmen, im Gegenzug für einem ihrer Beamten, der sich aus familiären Gründen dorthin versetzen lassen wollte. Solche Arrangements waren im Allgemeinen üblich, aber während sie die letzte Beurteilung über PC Matthew Cornell las, fragte sie sich, was zur Hölle sie sich dabei gedacht hatte und wo sie ihn am besten unterbringen könnte. Heute sollte er offiziell seinen Dienst in ihrem Zuständigkeitsbereich antreten. Sie hatte ihn für 11.30 Uhr in ihr Büro bestellt, um mit ihm seine berufliche Zukunft zu besprechen. Was sie jetzt in seiner Personalakte las, brachte ihren ursprünglichen Plan, ihn hier in Truro zu stationieren, ins Wanken.
Matthew Cornell hatte mit seinen 28 Jahren eine bemerkenswerte, wenn auch nicht gerade positive Karriere im Polizeidienst gemacht. Im Alter von 21 Jahren begann er, nach einer mit Bravour bestandenen Aufnahmeprüfung, seinen Dienst bei der Polizei in Bedfordshire. Er war ein schneller Denker, meistens zu schnell, zog dadurch oft voreilige Schlüsse und machte auf Grund dessen Fehler, die andere, die langsamer, aber bedächtiger waren als er, ausbaden mussten. Da er als Kind einmal auf seine Intelligenz getestet worden war und man ihm einen IQ von 142 bescheinigt hatte - er hatte es also sogar schriftlich - fühlte er sich seinen Mitmenschen im Allgemeinen und seinen Polizeikollegen im Besonderen weit überlegen. Er war aber nicht nur hochintelligent, sondern auch noch ausgesprochen sportlich. Während seines zugegebenermaßen recht kurzen Studiums der Rechtswissenschaften in Cambridge, für das er ein Stipendium erhalten hatte, war er Teil der Radsport-Mannschaft gewesen und leidenschaftlicher Triathlet. Das Studium hatte er auf Grund von Missverständnissen mit seinen Professoren abgebrochen, die Leidenschaft für den Sport war geblieben. Als er in den Polizeidienst eintrat, blieb ihm nicht mehr ganz so viel Zeit für seine sportlichen Aktivitäten, das Rennradfahren blieb aber sein Ausgleich zur täglichen Arbeit, so stand es in den Unterlagen.
Matthews Akte beinhaltete mehrere Versetzungen gleicher Art, immer wurde ihm zwar gute Arbeit im Bereich Fallanalyse und Computerrecherche bescheinigt, aber jedes Mal wurde die Versetzung mit Missverständnissen unter Kollegen und Unverträglichkeiten im Teambereich begründet, wenn auch sorgsam formuliert.
Dieser Wechsel von seiner letzte Stelle in Milton Keynes in den Bezirk von Truro, in ihren Verantwortungsbereich, war allerdings seine letzte Chance und Lizzy wollte dies in ihrem ersten Gespräch mit ihm klarstellen.
Eine ihrer besonderen Eigenschaften war es, Menschen völlig neutral zu bewerten. Sympathie hin oder her, jeder hatte nutzbare Talente, davon war sie fest überzeugt. Anhand dessen, was in der Personalakte dokumentiert war, glaubte sie, bei ihrem neuen Schützling ein sehr seltenes Talent zu erkennen, nämlich Strukturen wahrzunehmen, wo andere sie nicht sahen. Möglicherweise lag dies daran, dass er, anders als seine Kollegen, nicht die Gefühle der in einen Fall involvierten Personen sah. PC Cornell ließ, so las sie zwischen den Zeilen, den menschlichen Aspekt im Hintergrund. Er interessierte sich nur für Fakten und deren Strukturen. Empathie gab es bei ihm nicht, so hatten frühere Vorgesetzte geurteilt. Auch besaß er ein sehr ausgeprägtes Organisationstalent. Pläne waren für ihn fast schon ein Hobby, ebenso Berichtsablage und Computerarbeit.
Während sie die verschiedenen Berichte über ihren neuen Mitarbeiter las, kam ihr David Coombe jr. in den Sinn. Sie hatte den Sohn ihres früheren Partners und Mentors aus ihrer Anfangszeit bei den Ermittlungen zu einem Fall im letzten Jahr kennen und schätzen gelernt. Seitdem hatten sie sich des Öfteren getroffen, der Fall von damals hatte zwischen ihnen private Bande geknüpft, hatte sie beide unverhofft zu Paten eines kleinen Mädchens gemacht. David war Police Community Support Officer in Herlingpool, liebte seine Arbeit und war bar jeglicher Ambition in Hinblick auf Karriere. Seine Menschenkenntnis, Einfühlsamkeit und Beobachtungsgabe waren wertvoll, aber Berichtsablage und andere elementare Verwaltungstätigkeiten lagen ihm nicht.
Da Lizzy immer schon der Meinung gewesen war, dass Gegensätze voneinander profitierten, fasste sie spontan einen Entschluss. Sie würde Matthew Cornell in Herlingpool stationieren und ihn zu Davids Teampartner machen. Dort gab es eine Stelle, die seit der Pensionierung eines Beamten schon viel zu lange unbesetzt war. Davids gemütliche, freundliche und gelassene Art erinnerte sie sehr an die seines Vaters, ihres Streifenpartners in ihrer Anfangszeit. Auch besaß David dessen enorme Kommunikationsfähigkeit mit Menschen aller Art und dies ließ sie hoffen, dass ein wenig davon auf Matthew Cornell abfärben könnte. Im Gegenzug konnte David von dessen organisierter, objektiver Art des Vorgehens profitieren und, wie Lizzy insgeheim dachte, lernen, ordentliche und aussagekräftige Berichte zu verfassten. Vielleicht sogar noch mehr. Einen Versuch war es wert. Sie machte sich noch einige Notizen für das Gespräch mit ihrem neuen Mitarbeiter, dann wandte sie sich anderen Dingen zu.
***
PC Cornell war nicht sicher, ob er sauer oder erfreut sein sollte, als er gegen Mittag DCS Thorntons Büro verließ. Seit sein bisheriger Vorgesetzter ihn über die Versetzung nach Truro in Kenntnis gesetzt hatte, war er davon ausgegangen, dort vor Ort in der Stadt eingesetzt zu werden. Er hatte schließlich bisher immer in Großstädten gearbeitet und das kleine Truro konnte bestimmt von seinen Erfahrungen profitieren. Er hatte sich informiert. In den letzten Jahren war die Kriminalitätsrate dort gestiegen, hauptsächlich bei Drogen- und Alkoholdelikten, und damit kannte er sich inzwischen sehr gut aus. Er hatte gerade angefangen, sich mit dem Gedanken in Truro zu arbeiten, zu arrangieren und sich überlegt, wie er sich und seine Erfahrungen dort einbringen könnte. Sogar eine Wohnung hatte er schon in Aussicht. Und jetzt musste er erfahren, dass sie ihn nicht in der Stadt einsetzen, sondern in die totale Pampa schicken wollte.
Ok, Herlingpool gehörte offiziell zur Direktion Truro, war aber verhältnismäßig selbstständig, soviel wusste er. Die kleine Stadt lag fast 35 Meilen entfernt von der Hauptdienststelle. DCS Thornton hatte ihm erklärt, dass in Herlingpool eine Stelle schon lange unbesetzt war, ein Umstand, den die Kollegen vor Ort mit unzähligen Überstunden kompensieren mussten.
„Sehen Sie“ erklärte sie ihm eindringlich, als er seine Enttäuschung zum Ausdruck brachte, nicht hier vor Ort eingesetzt zu werden, „die Beamten dort kennen das Städtchen und die Bewohner im Ort. Ich brauche dort aber auch einen völlig unabhängigen Mitarbeiter, der sich nicht von persönlichen Bindungen und bekanntem Tratsch ablenken lässt, kurz gesagt, den objektiven Blick eines Außenstehenden.“
„Sie können sich darauf verlassen, dass ich wie immer mein Bestes tun werde“, lautete seine Antwort, und in diesem Augenblick fühlte er sich sehr geschmeichelt. Dieses Gefühl verging allerdings sofort, als seine Vorgesetzte weitersprach.
„Sie selbst waren bisher ausschließlich in Großstädten tätig, wo wir unsere Arbeit eher anonym verrichten,“ erklärte sie und tippte auf die vor ihr liegende Personalakte. „Daher können Sie von den Kollegen dort, besonders von PCSO Coombe lernen, wie so eine Kleinstadt tickt, vor allem in Bezug auf die Polizei. Ein übersichtliches Städtchen wie Herlingpool erfordert oftmals ganz andere Herangehensweisen, als Sie es gewohnt sind. Ihr neuer Kollege dagegen kann bestimmt von Ihnen auf anderen Gebieten viel dazulernen.“
„Wie lange werde ich dort bleiben müssen?“ Matthew war alles andere als begeistert, seine Enttäuschung war ihm deutlich anzusehen.
„Ich dachte, ich hätte deutlich gemacht, dass Sie die zurzeit unbesetzte Stelle fest dort einnehmen, nicht nur vorübergehend.“ Ihre Antwort war bestimmt und er hörte einen warnenden Unterton.
„Es ist eine gute Möglichkeit für Sie, sich zu bewähren,“ fügte sie hinzu und sah ihn scharf an. „Bedenken Sie, dies ist ihre letzte Chance im Polizeidienst. Ich gebe Ihnen ein Jahr, um sich in meinem Zuständigkeitsbereich zu beweisen. Wenn ihnen wirklich etwas an unserer Arbeit liegt, nehmen sie diese Möglichkeit wahr. Ihr Dienst beginnt dort morgen um neun Uhr.“
Sie wünschte ihm viel Glück und einen guten Start und damit war das Gespräch beendet.
***
PCSO David Coombe saß am Schreibtisch in seinem geräumigen Büro der Polizeistation Herlingpool, als sein Computer ihm mit einem hellen „Pling“ den Eingang einer privaten E-Mail signalisiert. Dienstliche Nachrichten kündigten sich, sehr zur Irritation seiner Kollegen mit dem Song „Call the Police“ von Thin Lizzy an. Die Absenderin, Detective Chief Superintendent Thornton, ließ ihn neugierig werden. Zu seiner großen Freude las er, dass sie sich entschlossen hatte, ihm einen neuen Partner zur Seite zu stellen. Der neue Kollege sollte schon Morgen eintreffen. Die Order an seinen direkten Vorgesetzten, Inspector James Hunter, war schon raus. Und ob er PC Cornell, dem neuen Kollegen, bei der Suche nach einer Unterkunft behilflich sein könnte? Sie hätte da noch eine persönliche Bitte, so schrieb sie, die aber sehr vertraulich sei. PC Cornell sei etwas „schwierig“ im Umgang. Sie vertraue darauf, dass er, David, sich nicht abschrecken ließe und eine gute Zusammenarbeit ermöglichte.
David zog die Augenbrauen in die Höhe. So etwas hatte er nicht erwartet. Aber wenn sie ihm einen Problemfall anvertraute, dann war das doch ein positives Zeichen, fand er.
Er schloss gerade sein E-Mail-Programm, als auch schon Dienststellenleiter Hunter ohne zu klopfen den Raum betrat. Kurz und knapp informierte dieser ihn über alles, was er schon von Lizzy erfahren hatte. Der seit der Pensionierung seines Mentors Paul Lewis vor fast zwei Jahren freie Schreibtisch gegenüber dem seinen würde neu besetzt.
„Ab morgen werden Sie nicht mehr allein ihren Dienst verrichten,“ verkündete er. „Sie bekommen endlich wieder einen festen Partner. Der neue Kollege trifft morgen ein. Es handelt sich um einen PC, allerdings mit noch nicht ganz so viel Berufserfahrung wie Sie. Bitte nehmen Sie ihn morgen um 9:00 Uhr in Empfang nehmen.“
‚Klingt wie ein Paket‘ dachte David.
Ohne eine Frage oder einen Kommentar abzuwarten, dreht Hunter sich um und verließ dem Raum. So war sein Chef nun einmal, ein Mann, der nicht viele Worte machte. Er war froh über die Information, die Lizzy Thornton ihm hatte zukommen lassen und war fest entschlossen, sie nicht zu enttäuschen.
Ausnahmsweise beendete er seinen Dienst an diesem Tag pünktlich. Während der letzten Stunde seiner Dienstzeit hatte er darüber nachgegrübelt, was er mit seinem neuen Kollegen als erstes anfangen sollte. Morgen war Dienstag, also stand routinemäßig die Kontrolltour über einige Dörfer im Bezirk auf dem Plan. Dazu kam noch die wöchentliche Überprüfung mehrerer auf Bewährung entlassener Häftlinge. Ein guter Anfang für einen Neuling, dachte er. Er konnte seinen neuen Kollegen direkt mit einigen ´problematischen´ Mitbürgern bekannt machen, ihm aber auch die schöne Seite des Distrikts Herlingpool zeigen. Er legte sich die entsprechenden Akten bereit und heftete eine detaillierte Übersichtskarte des gesamten Bezirks an die große weiße Magnettafel neben der Bürotür. Ganz so unorganisiert wie Lizzy vermutete, war er nicht. Im Großen und Ganzen freute er sich schon auf seinen neuen Kollegen. Endlich musste er seine Runden nicht mehr allein drehen, konnte mit jemandem seine Beobachtungen teilen und war bei Entscheidungen nicht mehr allein verantwortlich.
Genauso äußerte er sich zu Hause beim Abendessen mit der Familie.
„Und wenn du ihn nicht magst?“ fragte Tom, sein Ältester. Seit er in der Schule war, hatte er gemerkt, dass es nicht nur nette Menschen gab.
David dachte ernsthaft über diese Frage nach, bevor er antwortete.
„Ich muss mit ihm arbeiten, das ist das Einzige, was zählt. Solange er sich, genau wie ich, an die Spielregeln hält, werden wir das hinbekommen“.
Spielregeln, das verstand Tom. Aber seine letzte Erfahrung mit einem Mitschüler hatte ihn gelehrt, dass sich nicht jeder daran hielt.
„Und wenn er das nicht tut?“ war daher folgerichtig seine nächste Frage. David verstand genau, dass Tom hier eine ausführlichere Antwort brauchte.
„Nun, bei uns Polizisten verliert man seinen Job, wenn man sich nicht daran hält. Wenn ich also das Gefühl habe, ein Kollege spielt falsch, dann gehe ich erst einmal hin und frage ihn, warum er das macht. Verstehe ich die Antwort und sie überzeugt mich, dass ich es falsch gesehen habe, dann ist alles o.k. Wenn ich es nicht verstehe, dann spreche ich mit meinem Vorgesetzten darüber und der versucht dann, das Problem zu lösen.“
„Ist das kein Petzen?“
David schüttelte den Kopf.
„Nein, ich habe den Kollegen ja zuerst auf das Problem angesprochen. Er weiß also, dass ich mit seiner Art zu Handeln nicht glücklich bin. Petzen wäre, wenn ich es aus eigenem Nutzen und mit der Absicht täte, gegen jemanden einen Verdacht zu erregen und Misstrauen zu wecken. Meiner Meinung nach gehört zum Petzen auch eine gute Portion Gehässigkeit und Falschheit.“
Er schaute seinen Sohn intensiv an und fügte noch hinzu:
„Man spricht über Dinge, um sie zu klären und nicht, um vor jemand anderem, zum Beispiel einem Lehrer, besser da zu stehen.“
Tom nickte, er war zufrieden mit der Antwort und wandte sich wieder seinem Essen zu.
David hingegen ging die Frage seines Sohnes nicht aus dem Kopf. Sein früherer Partner, Paul, hatte ihm viel beigebracht und sie hatten sich sehr gut verstanden. Vielleicht hegte er zu große Hoffnungen bezüglich seines neuen Kollegen. Er nahm sich vor, nicht allzu enthusiastisch an diese neue Partnerschaft heranzugehen.
„Was meinst du, was bedeutet wohl ´etwas schwierig´?“ fragte er später seine Frau Christine, als sie allein vorm Fernseher saßen und eine langweilige Dokumentation über die Tierwelt Kubas sahen.
Sie zuckte mit den Achseln.
„Vielleicht ist er ein Einzelgänger oder ein Besserwisser? Du wirst schon das Beste daraus machen.“
Sie betrachtete ihn von der Seite und musste lächeln. David war sich dessen nicht bewusst, aber er hatte ein natürliches Talent im Umgang mit schwierigen Menschen. Das musste Lizzy Thornton schnell gemerkt haben. Sie war froh, dass er endlich wieder einen Partner an seine Seite bekam. Seit Paul Lewis in Pension war, verging kaum ein Tag, an dem David sich nicht bei ihr über die Last beschwerte, alle kleinen Entscheidungen bei der Arbeit allein verantworten zu müssen. Er war ein Teamplayer, brauchte die Reflexion eines Kollegen, ebenso eine verlässliche Person an seiner Seite, wenn es mal gefährlich wurde. Bisher hatte er Glück gehabt, aber in diesem Beruf wusste man nie so genau, was einen am nächsten Tag erwartete. ‚Hoffentlich ist der Neue jemand, auf den er sich verlassen kann‘, dachte sie und kuschelte sich in seinen Arm. Er wusste nicht, wie viele Sorgen sie sich täglich um ihn machte und das sollte auch so bleiben.
Matthew Cornell parkte sein Auto auf dem Parkplatz vor dem Polizeigebäude von Herlingpool, blieb aber noch einen Moment sitzen. Es war kurz vor neun, in einigen Minuten würde sein Dienst hier beginnen und er fragte sich, ob dies wohl seine letzte Station im Polizeidienst sein werde. Er liebte seinen Beruf, aber obwohl er sich wirklich sehr viel Mühe gab, war er an keiner seiner bisherigen Einsatzorte zufrieden, geschweige denn glücklich, gewesen. Nie hatte man ihn irgendwo wirklich akzeptiert, er war immer ein Außenseiter gewesen und egal, wie gut er seine Arbeit erledigte, es schien nie jemanden zu interessieren. DCS Thornton hatte ihn nachdrücklich darauf hingewiesen, dies sei seine letzte Chance, bei der Truppe zu bleiben. Aber was machte er nur falsch? Er konnte doch nichts dafür, dass man ihn nicht mochte.
Nachdem er letzten Freitag von seinem Vorgesetzten über seine Versetzung informiert worden war, hatte er sich zurück an seinen Schreibtisch in dem lauten und ungemütlichen Großraumbüro der Station begeben. Er loggte sich in seinen Dienstcomputer ein und suchte nach Informationen über PCSO Coombe. Er wollte ein wenig mehr über seinen zukünftige Partner erfahren und dies ging am einfachsten über die interne Computerabfrage.
Seine Recherche ergab nicht besonders viel. David Coombe, geboren und aufgewachsen in dem Ort, in dem er auch arbeitete, war 37 Jahre alt, verheiratet, hatte zwei Söhne (3 und 7), lebte am Rand der Innenstadt in einem Reihenhaus aus den dreißiger Jahren. Als Sport hatte er Felsenklettern, speziell Bouldern, angegeben. Sein Vater, so war es in den Akten vermerkt, war ebenfalls Polizist im Ort gewesen. Sein zukünftiger Kollege war nicht besonders ambitioniert, wie es schien. Er absolvierte zwar regelmäßig Fortbildungen, speziell im Bereich Diebstahlprävention, legte sehr gute Ergebnisse bei Schieß- und Fitnesstests vor, schien aber ansonsten zufrieden mit der Position, die er innehatte. Er war gleich nach dem College bei der Polizei eingetreten, hatte also nicht studiert, was höchstens eine Karriere bis zum Dienstgrad eines Detective Inspektors ermöglichte. Einzig und allein der Vermerk, dass PCSO Coombe eine sehr hohe Aufklärungsrate bei Delikten von Kleinkriminellen in der Region hatte, stach hervor.
„Was soll ich von dem denn lernen?“ murmelte Matthew unzufrieden vor sich hin. Seine Kollegin am Schreibtisch gegenüber schaute ihn erstaunt an, aber er ignorierte ihren neugierigen Blick. Er schloss die Akte und loggte sich aus. Er holte die große Tasche aus seinem Spint, in der er immer einige wenige Kleidungsstücke, sowie seine Sicherheitsjacke und schussfeste Weste aufbewahrte und räumte den persönlichen Inhalt seines Schreibtisches hinein. Inzwischen waren auch andere Kollegen auf sein Tun aufmerksam geworden, aber keiner von ihnen stellte eine Frage. Nur elf Monate hatte er hier verbracht, er war mit keinem warm geworden. Sie hatten schon vor seiner Ankunft eine verschworene Gemeinschaft gebildet und ihn als von außen Kommenden misstrauisch beobachtet. Die neuerliche Versetzung in einen anderen Bezirk war nicht völlig unerwartet gekommen, er hatte schon von Anfang an das Gefühl gehabt, hier nur geduldet zu sein. Nun, er hatte nicht vor, ihnen gegenüber irgendeine Erklärung abzugeben und mit einem schlichten „Bye, Bye.“ verließ er den Raum.
Danach war er in seine kleine möblierte Wohnung gefahren, hatte beim Vermieter die Wohnung gekündigt und sich im nächstgelegenen Baumarkt einige Umzugskartons besorgt. Viel gab es nicht einzupacken, hauptsächlich Bücher und Elektronik und ein wenig eigenes Geschirr. Als er vor nicht ganz einem Jahr hergezogen war, hatte er die wenigen Dinge, die er besaß, eingelagert.
Das Appartement aufzugeben war nicht schlimm. Ein Zuhause war es für ihn nicht gewesen. Er hatte es nur wegen seiner Nähe zur Dienststelle gemietet, es war komplett möbliert und ausgestattet gewesen und besaß eine Garage für seine Rennräder. So etwas hoffte er auch in Herlingpool zu finden. Seine Rennräder waren ihm sehr wichtig und es missfiel ihm der Gedanke, sie im Auto mit sich herumzufahren.
Als sein Vorgesetzter ihm seine Versetzung zur Police of Devon and Cornwall mitgeteilt hatte, war er davon ausgegangen, in der Zentrale in Truro eingesetzt zu werden. Schließlich war er großstadterfahren und in der Bezirkshauptstadt von Cornwall konnten die Provinzler sicher davon profitieren. Heute früh, auf dem Weg nach Herlingpool, versuchte er, mit seiner Wut und Enttäuschung über diesen unerwarteten Einsatzort klarzukommen. Zumindest hatte er mit der Aussage, dass es für mindestens ein Jahr sein würde, einen Anhaltspunkt. Auf jeden Fall musste er sich in bald nach einer Wohnmöglichkeit umsehen. Ein paar Mal war er schon in diesem Landesteil gewesen, es gab dort einige schöne Trainingsstrecken zum Radfahren und es lag direkt am Meer. Vielleicht bot sich hier ja die Möglichkeit, wieder regelmäßig für einen Triathlon zu trainieren. Dieser Gedanke stimmte ihn optimistisch.
Mehr Gedanken als um seine Wohnung macht er sich über den neuen Kollegen, den DCS Thornton mehrfach erwähnt hatte. Sie sollten voneinander lernen, hatte sie gesagt. Als ob er von einem Dorfpolizisten noch etwas lernen könne! Er schnaubte vor sich hin.
Nun saß er hier auf dem kleinen Parkplatz vor dem örtlichen Polizeirevier und wappnete sich innerlich für die bevorstehende neue Tätigkeit und die neuen Kollegen. Er hatte er alles im Auto, von dem er glaubte, es in den nächsten Tagen zu benötigten. Keine Ahnung, wie lange es dauern würde, hier eine passende Wohnung zu finden. Laut Mrs Thornton kannte sein neuer Teampartner so ziemlich jeden hier im Ort, da würde er hoffentlich eine vorübergehende Unterkunft empfehlen können. Er stieß einen tiefen Seufzer aus, das war also seine letzte Chance – Herlingpool.
Im Rückspiegel sah er einen uniformierten Beamten vor die Tür des Gebäudes treten und sich suchend umsehen. Er musterte ihn aufmerksam. Möglicherweise war dies PCSO Coombe, der ihn hier empfangen sollte.
„Typisch Dorfpolizist,“ dachte er. „Ein unsportlicher Pummel, der sicherlich mehr Zeit im Pub verbringt als beim Sport, so wie sich sein Bauch abzeichnet. Dabei ist er bestimmt noch keine vierzig.“ Schnell stieg er aus, schloss das Fahrzeug ab und eilte auf den Mann zu.
***
David beobachtete seinen neuen Kollegen, während dieser aus dem Auto stieg und auf ihn zukam. Ein sportlich schlanker Mann, nur wenig kleiner als er selbst, mit dunklen kräftigen Haaren, die für Davids Geschmack etwas zu lang waren.
Er trat ihm einigen Schritte auf ihn zu und streckt ihm freundlich die Hand zur Begrüßung entgegen. Der Händedruck war fest und angenehm, der Blick seines Gegenübers allerdings neutral, fast verschlossen.
„Ich bin David Coombe und Sie müssen Matthew Cornell sein. Hatten Sie eine gute Fahrt?“ fragte David mehr aus Höflichkeit als aus Interesse.
„Ja, danke.“ Matthew schüttelte die angebotene Hand. „Ich bin schon um kurz nach acht losgefahren, was ein Glück war, denn auf der A30 war ein mächtiger Stau.“
„Der ist leider fast zu einer täglichen Einrichtung geworden,“ erwiderte David bedauernd. Während die beiden Männer das Polizeirevier betraten, versuchte sich David mit Smalltalk, aber Matthew blieb in seinen Reaktionen ziemlich einsilbig.
David führte ihn durch das Revier, erklärte die wichtigsten Anlaufstellen, machte ihn mit dem Diensthabenden am Empfang bekannt und brachte ihn schließlich in ihr gemeinsames Büro.
„Ein Büro nur für uns?“ Matthew, der bisher nur in Großraumbüros gearbeitet hatte, war positiv überrascht. Hier standen zwei Schreibtische in einem Zimmer, in das locker vier oder mehr Arbeitsplätze hineingepasst hätten.
„Ja, hier im Gebäude gibt es fast nur solche Räume. Es ist aber ganz angenehm, vor allem kann man hier gut Zeugen befragen, ohne gleich in einen der Interviewräume gehen zu müssen. Die Leute erzählen einem hier viel mehr, in einer etwas lockereren Atmosphäre.“
Matthew nickte. Dann entdeckte er die schöne Kaffeemaschine in einem Regal.
„Können wir erst einmal einen Kaffee trinken, bevor Sie mich weiter herumführen? Nach der langen Fahrt habe ich das Gefühl, ich könnte einen gebrauchen.“
„Gern,“ David wies auf den fast leeren Schreibtisch, den er mit einem einzelnen Blumentopf dekoriert hatte, in dem eine robust aussehenden Zimmerpflanze steckte.
„Das ist ihr Platz, ich habe gestern etwas sauber gemacht,“ gestand er verlegen, als er Matthews hochgezogene Augenbraue beim Anblick der Pflanze sah. „Es sah so leer aus.“
Er löffelte den Kaffee aus dem Behälter, befüllte die Maschine und schaltete sie ein. Dann öffnete er den darüber liegenden Schrank und holte zwei Tassen und einen Behälter mit Zucker heraus. Während der Kaffeeautomat blubbernd seine Arbeit machte, saß Matthew an seinem leeren Schreibtisch, zog die ein oder andere Schublade auf und untersuchte deren Inhalt. Das nötige Büromaterial war vorhanden, der Computer eingeschaltet und der Stuhl, auf dem er saß, ausgesprochen bequem. David sah ihm sein Erstaunen darüber an.
„Der Stuhl war extra für ihren Vorgänger angeschafft worden. Er hatte Rückenprobleme,“ erklärte er.
Der Kaffee war inzwischen fertig und erfüllte den Raum mit angenehmem Duft. David stellte die dampfenden Tassen auf ihre Schreibtische, machte es sich selbst Matthew gegenüber bequem und sagt, während er vorsichtig den ersten Schluck heißen Kaffees nahm:
„Ich hoffe, sie nehmen es mir nicht übel, aber ich habe für ihre ersten Tage hier eine Unterkunft für Sie arrangiert.“
Matthew zog die Augenbrauen hoch und David fuhr fort:
„In Anbetracht weiten Strecke nach Truro, dachte ich, es wäre für Sie einfacher. Es ist ein kleines B&B am Stadtrand, nur für ein paar Tage. Die Vorsaison ist bald vorbei, und ab Juli, also in ein paar Tagen, kommen viele Touristen und die meisten Pensionen sind von da an ausgebucht. Auch die Preise für die Unterkünfte steigen dann deutlich. Mrs Howe ist eine freundliche ältere Dame und war bereit, ihnen zumindest für die nächsten 14 Tage ein Zimmer zu vermieten.“
Er sah Matthews skeptischen Blick und fügte schnell hinzu:
„Sie müssen es nicht nehmen, wenn es Ihnen nicht gefällt. Aber es ist wirklich schwer so kurzfristig etwas zu finden.“
Matthew zuckte resigniert die Schultern.
„Ich nehme erst einmal, was sie mir anbieten. Können Sie mir einen Makler empfehlen, damit ich schnell etwas eigenes bekomme?“
„Da ist Imogen Dwight wahrscheinlich die beste Ansprechpartnerin. Sie hat ihr Büro hier mitten in der Stadt. Ich schreibe Ihnen die Adresse auf.“ Er nahm sich einen Zettel, notierte die nötigen Informationen und reichte sie Matthew.
Sie tranken noch in Ruhe ihren Kaffee, und David erläuterte seinem neuen Partner, was er für diesen Tag geplant hatte.
Zuerst allerdings wollte er ihm die Unterkunft zeigen.
Matthew war angenehm überrascht, als Mrs Howe ihm sein Zimmer zeigte. Es war ein ruhiger heller Raum in einem etwas älteren Familienhaus, unweit der Herlingpool Promenade und eines kleinen tropisch angelegten Stadtgartens. Der Weg ins Stadtzentrum war fußläufig, einen kurzen Spaziergang vom Bahnhof und auch dem Polizeirevier entfernt. Es gab sogar kostenlose Parkplätze in der kleinen Straße und zu seiner großen Freude bot sie ihm sogar an, seine Räder in einem Schuppen im Garten abzustellen.
Das Zimmer selbst im lag im ersten Stock, das Gemeinschaftsbad unten im Erdgeschoss, aber für eine kurze Zeit war er bereit, diese Unannehmlichkeit auf sich zu nehmen. Leider gab es kein WLan, aber die Wirtin versichert ihm, im Pub zwei Häuser weiter könnte er sich jederzeit einloggen.
Mrs Howe selbst bewohnte das Haus gemeinsam mit ihrem erwachsenen Sohn Gerald, der im Schichtdienst arbeitete und bat darum, sich Tag und Nacht leise zu verhalten. Nun, auch das würde ihm keine Schwierigkeiten bereiten.
David half ihm, seine wenigen Sachen ins Zimmer zu tragen, dann setzten sie sich in den Streifenwagen und Matthew trat offiziell seinen Dienst an.
***
Will Mateland setzte das Fernglas ab und machte sich einige Notizen in sein Beobachtungsbuch, handschriftlich auf die altmodische Art. Es war ein Sammelsurium an Aufzeichnungen, das er am Ende der Woche sortiert in seinen PC übertrug. Zu Anfang seiner Tätigkeit hatte er versucht, gleich alles digital zu erfassen, einfach ins Handy zu diktieren und vom Computer schreiben lassen. Aber diese vermeintliche Arbeitserleichterung hatte sich als umständlicher entpuppt, als er zuerst gedacht hatte. Aber diese altmodische Methode, Stichworte, halbe Sätze, oft mit kleinen Skizzen versehen, war spontan und für ihn eine effektive Möglichkeit, die vielen wechselnden Beobachtungen festzuhalten. Das in braunes Leder gefasste Buch entwickelte sich für ihn immer mehr in sein persönliches Nachschlagewerk.
Das Haus, dass er in seiner Funktion als Naturschutzwart für den Trust „Cornwall Nature South West“ bewohnte, lag oberhalb der kleinen Bucht von Trevadlock und bot einen sensationellen Ausblick. Von seinem Arbeitszimmerfenster aus konnte er im Süden fast das gesamte Dorf überblicken, einschließlich der kleinen Bucht mit ihrem feinen Sandstrand. Wandte er sich nach Westen überblickte er den Küstenwanderweg in Richtung Coast Guard House. Mit dem Fernglas war es ihm sogar möglich, direkt bis hinüber zum Haus der Küstenwache zu schauen. Die Männer und Frauen, die dort ihren freiwilligen Dienst taten, übernahmen von dort aus die Überwachung des restlichen, weitläufigen Geländes, sie beobachteten die Küstenregion und das Meer sowieso den ganzen Tag lang. Wenn es irgendwelche Vorkommnisse in seinem Zuständigkeitsbereich gab, funkten sie ihn an, und er kümmerte sich um die Angelegenheit. Drehte er sich nach Osten, konnte er sogar den Küstenpfad bis hinüber zur Kirchturmspitze von Trezaire überwachen. Es war der ideale Standort. Im letzten Jahr hatte ein altes Ehepaar das Haus aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben und schließlich war es, nicht zuletzt durch seine Vermittlung, Eigentum der Stiftung geworden.
Gerade eben hatte er zum wiederholten Mal das junge Paar Alpenkrähen gesehen, deutlich zu erkennen an ihren roten Schnäbeln und Füßen. Offensichtlich waren sie dabei, sich im zerklüfteten Felsen oberhalb der Bucht niederzulassen. Es lag ganz in der Nähe der Stelle, an der seine Nachbarin Lydia im letzten Jahr abgestürzt war. Bei ihrer Rettung hatte sich ein größerer Brocken in der Felswand gelockert und dieser hatte sich im Februar, als es für ein paar Tage sehr kalt gewesen war, endgültig von der steilen Wand gelöst und war mit lautem Getöse mitten in der Nacht herabgestürzt. Glücklicherweise war es nachts geschehen, denn tagsüber hielten sich oft Menschen unten in der Bucht am Wasser auf, selbst bei kalten Temperaturen. Wie leicht hätte es dort ein Unglück geben können! Das Loch, das er hinterlassen hatte, besaß genau die passende Größe für ein Krähennest. Er war sich sicher, dass Lydia sich sehr darüber freuen würde und nahm sich vor, ihr so bald wie möglich davon berichten. Nach ihrer Rettung aus der Felswand, an der er nicht unbeteiligt gewesen war, hatten sie sich angefreundet. Sorgfältig trug er Uhrzeit und Ort der Sichtung in sein Buch, einschließlich einer kleinen Skizze der Stelle, an der das Nest gebaut wurde.
Er kümmerte sich im Auftrag der Stiftung um ein ziemlich großes Areal und war glücklich mit seiner neuen Aufgabe. Für ihn war es ein Traumjob. Er konnte viel Zeit draußen in der Natur verbringen, kam mit interessierten Menschen zusammen, mit denen er großartige Gespräche führen konnte, und hatte die Möglichkeit, Wissen über hiesige Natur und ihren Schutz zu vermitteln. Als er die Stelle antrat, war er überrascht gewesen, wie wenig davon im Bewusstsein der Besucher ankam. Ob Wanderer, Kletterer, Mountainbiker oder Hundehalter, die Natur soll respektiert und nicht zerstört werden. Da das ihm anvertraute Gebiet einer privaten Stiftung gehörte, besaß er sogar die Befugnis, bei Verstößen die Leute vom Gelände zu weisen. Neben dieser wichtigen Aufgabe, das Gebiet zu überwachen und auf den Umweltschutz zu achten, musste er die Pflanzen- und Tierwelt hier dokumentieren. Speziell die seltenen Arten wie diese Alpenkrähen, deren Population sich langsam erholte, nachdem sie in dieser Region fast ausgestorben waren, galt es sorgfältig im Auge zu behalten.
Er blickte erneut mit dem Fernglas in diese Richtung, schwenkte es dann aber nach Osten auf den Küstenpfad. Die ersten Touristen des Sommers nutzten diesen Weg bereits und bald würde seine Hauptarbeit darin bestehen, auf diese Besucher aufzupassen. Es war nicht ungefährlich, sich abseits der ausgetretenen, teils extra befestigten Trampelpfade zu bewegen. Der üppige Bewuchs der Abhänge täuschte, manchmal überdeckte er die steilen Klippen und jeder, der dort hintrat, konnte ohne Vorwarnung plötzlich in die Tiefe stürzen. Er hatte schon einige Schilder mit Warnhinweisen an unterschiedlichen Stelle aufgestellt. Hoffentlich waren sie deutlich genug, um beachtet zu werden. Mit Hilfe seines Praktikanten Oliver hatte er auch zwei Informationstafeln entworfen und hergestellt, die am Gatter beim Herrenhaus und am Café angebracht werden sollten. Die eine bezog sich auf die seltenen Pflanzen entlang der Wege, mit der Bitte, sie nicht zu pflücken oder gar zu zertrampeln. Die andere, die am Café angebracht werden sollte, wies auf die Gefahren durch Plastikmüll für die heimische Tierwelt hin und warnte die Touristen unter Androhung einer sehr hohen Geldstrafe, ihren Müll in der Natur entsorgen. Ein herzzerreißendes Foto eines mittels Plastiktüte strangulierten Kegelrobbenbabys hatte hoffentlich die gewünschte Wirkung!
Er besaß zwar keine spezielle Ausbildung für seine Tätigkeit, aber die Stiftung als sein Arbeitgeber, hatte ihn seit seiner Anstellung im letzten Winter als Naturschutzwart für diese Gegend auf diverse Fortbildungen geschickt. Darunter war auch ein Grundlehrgang in Umwelt- und Naturpädagogik gewesen und er hatte sich vorgenommen, intensiv auf diesem Feld tätig zu werden. Je mehr Wissen den Besuchern der Region über die Pflanzen, Tiere und Landschaft hier vermittelt werden konnte, um so mehr würden sie sich für deren Erhalt einsetzen, davon war er fest überzeugt.
Augen und Ohren offenhalten, Missständen vorbeugen, die unterschiedlichen Stadien von Fauna und Flora dokumentieren und für deren Erhalt zu sorgen, das waren seine Hauptaufgaben. Die Stiftung ließ ihm freie Hand bei der Ausgestaltung seiner Arbeit. Er musste nur alle drei Monate einen schriftlichen Bericht darüber abgeben, was er getan hatte, sowie einen Ausblick auf seine Pläne für die nächsten drei Monate. Während der vergangenen Wochen hatte er einen Plan entwickelt. Er wollte oben am Coast Guard House einen kleinen Raum einrichten, mit vielen Bildern, Büchern und auch digitalen Medien, wo sich vorbeikommende Wanderer und Touristen ausgiebig selbst informieren konnten. Vielleicht, so hoffte er zumindest, könnte man dorthin Schulklassen zu kleinen Aktionen einladen. Lydia, seine Nachbarin und Vorsitzende des Trusts „Cornwall Nature South West“, war früher Lehrerin gewesen, zwar am College und mit ganz anderen Schwerpunkten, aber mit ihrer Erfahrung als Pädagogin könnte sie ihm sicherlich helfen, etwas Lehrreiches zu erarbeiten und kindgerecht umzusetzen. Während er den Wanderpfad mit dem Fernglas beobachtete, überlegte er, ob er später in die Stadt fahren sollte, um sich in der dortigen Buchhandlung über spezielle Fachliteratur zur Naturpädagogik beraten zu lassen. Er konnte diese Werke natürlich auch im Internet bestellen, aber dann könnte er nicht in den Büchern blättern, um sie zu beurteilen. Außerdem er fand es besser, vor Ort zu kaufen und sich eventuell auch den ein oder anderen guten Rat vom Fachpersonal geben zu lassen.
In der Ferne sah er ein kleineres Kreuzfahrtschiff am Horizont, auf einem der Wege wanderte ein Pärchen mit Rucksack in seine Richtung, sonst gab es im Augenblick nichts zu sehen. Er drehte sich langsam mit wachsamen Augen erst nach Süden, überblickte die kleine Bucht, die um diese Zeit noch unberührt und schläfrig wirkte, dann weiter Richtung Westen. Sein Blick blieb an der Einfahrt des Herrenhauses hängen. Dort stand der Wagen eines Installateurbetriebs und jetzt, wo er es sah, drangen auch von weitem Geräusche eines Bohrhammers zu ihm hinüber.
Er machte sich fertig, um in die Stadt zu fahren, nahm aber vorher noch einmal das Fernglas zur Hand, um nach dem Krähenpärchen zu schauen. Ja, es war eindeutig, sie bauten dort oben ein Nest. Er nahm sich fest vor, später noch bei Lydia vorbeizuschauen und ihr die freudige Neuigkeit zu überbringen.
***
Lydia Lynn stand in der Tür ihres Gärtnerhäuschens, wie sie es nannte, und winkte dem Monteur und Inhaber des Installationsbetriebs hinterher. Wie gut es doch war, mit den Handwerkern der Umgebung einen freundlichen Kontakt zu pflegen. Sie stand bei ihnen zum Glück in dem Ruf, nicht zu feilschen, sich bei Beanstandungen fair zu verhalten und die Rechnungen immer sofort zu begleichen. Außerdem gab es bei ihr immer Tee und Sandwiches, wenn die Arbeiten länger als zwei Stunden dauerten. Innerhalb einer Woche hatte der Fachbetrieb die Rohre dem alten Häuschen kontrolliert, durchgespült und gereinigt, sowie überprüft, ob sie ordnungsgemäß an das Abwassersystem des Manor Houses angeschlossen waren. Zu ihrer und Brittas großer Freude konnte alles noch ein bis zwei Jahre genutzt werden, auch wenn es veraltet war. Damit stand Brittas vorübergehendem Einzug hier nichts im Wege.
Britta war ein echter Gewinn. Die junge Deutsche, eine kinderlose Witwe, war vor zwei Monaten als erste Besucherin in Lydias frisch eröffnete Pension gekommen. Ursprünglich hatte sie nur für eine Woche gebucht, um sich, weit ab von ihren gewohnten Leben, Klarheit über ihre Zukunft zu verschaffen. Seitdem hatte sie mehrmals ihren Aufenthalt verlängert und war schließlich geblieben.
Aus Lydias Idee im letzten Jahr, das große, geerbte Manor House in eine ökologisch geführte Ferienunterkunft zu verwandeln, war während der vergangenen Wintermonate ein kleines, luxuriöses B&B mit bisher drei Zimmern entstanden. Daran, dass es ein Problem werden könnte, in der abgeschiedenen Bucht von Trevadlock Personal zu finden, hatte sie nie auch nur einen Gedanken verschwendet. Bisher hatte sie die Arbeit allein bewältigen können, aber außer Britta waren in diesen ersten Monaten auch nur wenige Gäste gekommen. Inzwischen war das Gästebuch jedoch gut gefüllt, fast ausgebucht ab Mitte Juni bis hin in den August und die Arbeit, soviel war ihr klar, würde für eine Person sehr anstrengend werden.
An einem lauen Abend vor zwei Wochen saß sie gemeinsam mit ihrer Freundin Imogen und Britta bei einem Glas Wein auf der Terrasse und stöhnte über die Schwierigkeit, zuverlässige Mitarbeiter zu finden. Britta hörte sich ihre Klagen geduldig an und äußerte schließlich einen Gedanken, der seit geraumer Zeit in ihrem Kopf herum geisterte.
„Ich würde gerne hierbleiben und den Job machen,“ erklärte sie in ihrem gestelzten, aber immer besser werdenden Englisch.
„Was hältst du davon, wenn ich mir ein Zimmer im Dachgeschoss herrichte? Es muss doch möglich sein, dort oben ein kleines Badezimmer zu installieren. Ich möchte so gerne bleiben.“
Unbewusst warf sie Imogen einen nachdenklichen Blick zu. Die beiden Frauen hatten sich in den letzten Wochen angefreundet und Britta hatte festgestellt, dass sie Imogen nicht nur mochte, sondern sie auch auf irritierende Weise anziehend fand.
Lydia wusste, dass ihrem Gast langsam das Geld ausging. Aus der ursprünglich einen Urlaubswoche waren mittlerweile sieben geworden und auch, wenn Lydia ihr einen Freundschaftspreis gewährte, bald würde Britta abreisen müssen, denn ihr jetziges Zimmer war ab Juni schon anderweitig vermietet. Daran, das Dachgeschoss mit einem Bad zu versehen, hatte sie selbst auch schon gedacht, die Pläne lagen bereits fertig in der Schublade. Sie umzusetzen würde allerdings eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen und konnten erst nach der Hauptsaison in Angriff genommen werden, wenn sich kaum noch zahlenden Gäste mehr im Haus befanden.
Trotzdem griff sie Brittas Vorschlag erfreut auf.
„Das mit dem Dachgeschoss ist eine gute Idee, aber jetzt noch nicht machbar. Du könntest fürs erste bei uns im Ostflügel wohnen,“ schlug sie spontan vor.
„Ich weiß nicht, ob das so gut wäre, so nah bei euch,“ wandte Britta zögernd ein.
Imogen, die sich alles bisher nur unbeteiligt angehört hatte, mischte sich ein.
„Aber da ist doch noch das alte Cottage von deinem Urgroß-Onkel Arthur.“ Sie deutete wage in die Richtung eines alten Gebäudes, gegenüber der Auffahrt.
Lydia sah sie überrascht an.
„Hm, das ist wirklich kein schlechter Vorschlag. Es steht seit den Siebziger-Jahren leer. Soweit ich weiß, wohnte dort früher zwischenzeitlich ein Ehepaar, dass meinen Großeltern Haus und Garten pflegte, danach irgendein entfernter Verwandter, der nur für den Garten zuständig war. Ich war das letzte Mal als Kind dort drinnen. Ich wollte es mir schon lange einmal genauer ansehen, um eventuell ein Ferienhaus daraus zu machen, habe es aber immer wieder aufgeschoben.“
Sie wandte sich wieder an Britta. „Lass es uns bald einmal in Augenschein nehmen. Aber dein Angebot, für mich zu arbeiten, nehme ich sehr gerne an. Über dein Aufgabengebiet und alles andere muss ich mir erst noch Gedanken machen.“