Off Limits - Du bist tabu - Clare Connelly - E-Book
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Off Limits - Du bist tabu E-Book

Clare Connelly

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Beschreibung

Für den heißen Millionär Jack zu arbeiten, ist für Gemma eine Qual. Tag für Tag erträgt sie seine elektrisierende Nähe, ohne ihrem Verlangen nachzugeben. Warum muss Jack nur immer wieder seine Verführungskünste an ihr ausprobieren? Wenn er so weitermacht, dann kann Gemma ihre eiskalte Fassade nicht mehr lange aufrechterhalten. Aber nur eine Nacht mit Jack könnte sie ihren Job kosten …

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Seitenzahl: 280

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Zum Buch

»Ich will dich! Heute Abend.« Jack Grant, ihr attraktiver Boss, ist für Gemma Picton absolut tabu. Er ist wild, verlockend, gefährlich … aber letztendlich ihr Chef. Doch als die Überstunden im Büro plötzlich zu sündigen Lektionen der Leidenschaft werden, kann Gemma einfach nicht widerstehen. Auch wenn sie damit ihre Karriere in große Gefahr bringt. Denn wenn etwas so heiß ist, lohnt es sich vielleicht, sich daran zu verbrennen … »Die Leserin wird in eine Welt von Lust und Leidenschaft entführt.«The Daily Mail

Zur Autorin

Clare Connelly liebt Liebesromane – von Jane Austen bis E L James. Nachdem sie lange erfolgreich Selfpublisherin war, ging 2017 ihr Traum in Erfüllung, als ihr erstes Buch bei einem Verlag erschien. Seitdem ist sie nicht mehr zu stoppen. Clare liest und schreibt leidenschaftlich gerne und lebt in einem kleinen Bungalow am Meer mit ihrem Traumehemann, zwei kleinen Kindern und einem fleißigen Team von MacBooks.

MIRA® TASCHENBUCH

Copyright © 2019 by MIRA Taschenbuch in der HarperCollins Germany GmbH, Hamburg

Copyright © 2018 by Clare Connelly Originaltitel: »Off Limits« erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: DARE

Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./SARL

Covergestaltung: zero-media.net, München Coverabbildung: FinePic / München, Just dance / Shutterstock Lektorat: Maya Gause E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN E-Book 9783745750034

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Prolog

»In zehn Minuten ruft der Premierminister an.«

Jack nickt nur flüchtig. Er scheint überhaupt nicht beeindruckt. Aber Jack Grant war schon immer für eine Überraschung gut. Als investmentfreudiger Selfmade-Millionär und Menschfreund mit sagenhaftem Sexappeal ist er ebenso rücksichtslos wie respektlos gegenüber Autoritäten. Herrlich rebellisch!

Und es ist kaum zu glauben: Jack liegt nackt, wie Gott ihn geschaffen hat, in seinem Bett und verschwendet keinen einzigen Gedanken daran, dass er schon vor einer Stunde an seinem Schreibtisch hätte sitzen sollen. Ich genieße den Anblick seines muskulösen Rückens und stelle mir vor, wie es unter der Bettdecke weitergeht. Kann man’s mir verdenken, dass ich Lust auf ihn kriege? Mir wird so heiß, dass ich mir am liebsten die Bluse vom Leib reißen möchte, vom lockenden Kitzeln zwischen meinen Schenkeln ganz zu schweigen …

»Worum geht’s denn?«

Seine Stimme klingt gedehnt, als er sich zu mir umdreht und mich mit seinen funkelnden grünen Augen aufmerksam mustert. Sein Akzent ist unverkennbar irisch, und er klingt wie Colin Farrell nach einer alkohol- und nikotinreichen Nacht: sonor, heiser und kehlig.

Genervt verdrehe ich die Augen. »Um die jüngste Folge von Großbritannien sucht den Superbäcker.«

Seit sechs Monaten sind wir in Verhandlungen über den Erwerb eines großen kommunalen Grundstücks. Die Verträge stehen kurz vor der Unterzeichnung, und wegen des großen Medieninteresses hat sich nun auch der Premierminister in die Angelegenheit eingemischt.

»Was glaubst du wohl?«

Sein Lachen klingt wie dumpfes Donnergrollen in seiner Brust. »Nun ja, jeder Mann braucht schließlich ein gutes Rezept für Pfannkuchen.«

»Sag bloß, du hast eins?«

»Aber sicher.«

Sein Grinsen ist ebenso charmant wie teuflisch, und ich verstehe, wieso es ihm so leichtfällt, Frauen ins Bett zu kriegen. Selbst wenn sie noch nicht einen einzigen Blick auf seinen Körper geworfen oder gar etwas über Jacks Reichtum und Einfluss erfahren haben.

»Neun Minuten«, blaffe ich.

Das Grinsen wird breiter, und mein Herz schlägt schneller. Ich versuche es zu ignorieren. Blödes Herz.

»Hast du schon den Flug nach Sydney gebucht?«

»Ja.«

Als er meinen ungehaltenen Tonfall wahrnimmt, hebt er eine Augenbraue. Wie um mich zu provozieren, räkelt er sich ungeniert im Bett, streckt die Arme über den Kopf und präsentiert mir seinen fantastischen Körper.

»Was ist mit Amber?«

Ich will nicht penetrant erscheinen, aber ich finde, dass man ein gewisses Maß an Kooperationsbereitschaft zeigen sollte, wenn der Premierminister anruft. Jack scheint anderer Meinung zu sein.

»Ist alles erledigt.«

Lucys Schwester, Jacks Schwägerin, nimmt ein Sabbatical von ihrem Job als Bankmanagerin, um sich um den Start-up der Stiftung zu kümmern. Sie ist immens qualifiziert und – aus persönlichen Gründen – ungemein motiviert.

»Die Gehaltsfrage ist geklärt. Sie wird wie besprochen in der Nähe von Edinburgh eingesetzt.«

Er nickt, macht aber keine Anstalten, sich zu bewegen.

»Ernsthaft, Jack. Noch acht Minuten. Steh endlich auf.«

»Auweia. Bist du heute Morgen mit dem falschen Fuß aufgestanden?«

Mit dem Finger fährt er sich über die Brust und lenkt meine Aufmerksamkeit auf sein wohlgeformtes Sixpack. Mein Mund ist staubtrocken.

»Nein.«

»Du bist noch schlechter gelaunt als sonst«, neckt er mich, und ich presse die Lippen zusammen.

Dabei hat er ja recht. Heute Morgen habe ich die Einladung bekommen, die ich jedes Jahr erhalte und in der ich gebeten werde, den Hochzeitstag meiner Eltern mitzufeiern.

Entsetzlich!

Es ist das gesellschaftliche Ereignis, das ich am allerwenigsten mag – und das mich jedes Mal daran erinnert, wer ich wirklich bin. Einmal jährlich werde ich von meinen Eltern auf das familiäre Mutterschiff beordert, und jedes Mal wird mir meine Herkunft wieder deutlich vor Augen geführt: Egal, was ich tue, beruflich oder privat, ich werde immer Gemma Picton sein. Lady Gemma Picton.

Entsetzlich!!

»Setz dich. Erzähl mir, was dir auf dem Herzen liegt.«

Auffordernd klopft er mit der flachen Hand auf die Matratze, und erneut verdrehe ich die Augen. Hoffentlich merkt er nicht, wie sehr ich in Versuchung gerate. Allein bei der Vorstellung, diesem elektrischen Knistern, das zwischen uns existiert, nachzugeben … Doch Jack ist für mich absolut tabu – der Stoff, aus dem nur meine Fantasien sind.

»Nicht so wichtig.«

»Na, komm schon …«

»Es ist wirklich nichts Besonderes. Etwas Privates«, antworte ich ausweichend, und er zuckt nur mit den Schultern.

Aber in seinen Augen liegt Neugier. Eine Neugier, die ich besser ignorieren sollte. Vermischt mit Begehren. Lust. Verlangen. Gier.

Wir kennen unsere Grenzen und tun gut daran, sie nicht zu überschreiten.

Jack schiebt die Bettdecke beiseite und entblößt die Tätowierung, die sich um seine Hüften bis hinunter zu seinen Beinen schlängelt. Sie stechen zu lassen, muss höllisch wehgetan haben – vor allem auf der empfindlichen Haut auf der Innenseite seiner Oberschenkel, ganz in der Nähe seines Schwanzes.

Einmal habe ich ihn gefragt, warum er sich das Tattoo hat machen lassen. Seine Antwort? »Damals hielt ich es für eine gute Idee.«

Es macht ihm nichts aus, dass ich ihn nackt sehe. Es ist nicht das erste Mal, und es wird auch sicher nicht das letzte Mal sein. Manchmal frage ich mich, ob er mich provozieren will und auf eine Reaktion wartet. Das wäre natürlich ein klassischer Fall von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz.

Nur werde ich nicht belästigt.

Es amüsiert mich eher. Und es törnt mich auch ein bisschen an.

Seit zwei Jahren arbeite ich für Jack, und seitdem habe ich ihn ungefähr einmal pro Woche nackt gesehen. Das bedeutet durchschnittlich hundert Mal Anstarren, und er ist es wirklich wert, angestarrt zu werden. Ich glaube übrigens nicht, dass er immer so war. Denn vorher gab es sie.

Lucy.

Seine Frau.

Zwei Monate nach ihrem Tod habe ich angefangen, für ihn zu arbeiten, und seitdem verhält er sich eben so. Düster und grüblerisch und begehrenswert und sexy, völlig durch den Wind, melancholisch und trauernd und faszinierend.

Nach Lucys Tod hat er angefangen, mit allem zu schlafen, was einen Rock trägt. Ebenso mit den Whiskyorgien nach dem Sex. Es ist eine Art lustvoller Selbstgeißelung.

Egal also, wie gern ich auch seinen nackten Arsch betrachte – ich weiß, dass er nur zum Ansehen ist und nicht zum Anfassen. Wie damals, als Grandma mich zum Shoppen in ihr Lieblingsgeschäft in Portmeirion mitgenommen hat, wo ich das mit Obst- und Blumenmustern kunstvoll bemalte Porzellan bewundern, aber auf keinen Fall berühren durfte.

Denn eine Berührung könnte zum Zerbrechen führen – und, ja, Jack zu berühren könnte in der Tat dazu führen, dass ich zerbreche.

»Gefällt dir, was du siehst?«

Seine Stimme klingt wieder gedehnt – diesen Tonfall beherrscht er wirklich perfekt. Die Worte tropfen aus seinem Mund wie flüssige Schokolade.

»Nö.« Ich werfe ihm ein zuckersüßes Lächeln zu. »Sieben Minuten.«

Mit dem Lächeln auf den Lippen mache ich auf dem Absatz kehrt und bemühe mich, das heiße und feuchte Gefühl zwischen meinen Beinen zu ignorieren.

Gemma starrt mich an, und ich bin drauf und dran, mit dem Ruf »Ich Tarzan, du Jane« über sie herzufallen. Ich möchte sie an den Hüften packen und zu mir herunterziehen. Kein Vorspiel. Kein Petting. Sondern sofort ganz tief in sie eindringen …

In meiner Fantasie trägt sie kein Höschen, und ihren Verstand hat sie an der Garderobe gelassen – denn die echte Gemma würde mir tausend Gründe nennen, warum sie keinen Sex mit mir haben will, obwohl sie bereits in meinen Armen stöhnt.

Vergangene Nacht hat es Spaß gemacht. Jedenfalls anfangs. Leider hat die Frau, die ich mit nach Hause genommen habe – Rebecca? Rowena? –, zu viel geredet.

Sie wollte es auf die romantische Tour.

Ich wollte vögeln.

Also habe ich ihr das Geld fürs Taxi in die Hand gedrückt und sie hinauskomplimentiert.

Und jetzt habe ich einen enormen Ständer sowie eine Assistentin – sie hasst es, wenn ich sie so nenne, deshalb mache ich es so oft wie möglich, obwohl sie genau genommen meine juristische Beraterin ist –, die permanent in meinen sexuellen Fantasien herumgeistert. Wann hat das bloß begonnen?

Ich zermartere mir den Schädel, während ich versuche, mich an den Punkt zu erinnern, als ich angefangen habe, sie nicht nur zu beobachten, sondern ständig an sie zu denken. An den Moment, an dem ich sie nicht nur gleichgültig in ihrem Businesskostüm zur Kenntnis genommen, sondern darüber nachgedacht habe, wie lange ich wohl brauchen würde, es ihr vom Körper zu reißen.

Ich glaube nicht, dass es ein bestimmter Tag war, als von jetzt auf gleich ein Schalter umgelegt wurde. Nein, ich glaube, es begann mit diesem Blick, als sie in Spanien zu mir in den Hubschrauber gestiegen ist. Mit einem Lachen beim Abendessen. Mit ihrem Summen, als sie aus einem Fenster schaute und ihr offenbar tausend Gedanken durch den Kopf schossen.

Dann war da auch noch dieser komplette Stromausfall, als wir in meinem Büro festsaßen. Beim Feueralarm wurden sämtliche Türen automatisch verschlossen, und wir steckten auch schon eine Stunde lang im Aufzug fest. Im schwachen Schein der Notbeleuchtung schimmerten ihre unendlich langen Beine wie Seide. Als die Tür endlich aufgestemmt wurde, stand ich kurz davor, sie auf den Teppichboden zu werfen und zu vögeln, bis sie den Verstand verlieren würde.

Ja, das könnte der Moment gewesen sein, in dem mir klar wurde, dass ich ziemlich in der Klemme stecke.

Ich habe keinerlei Interesse an einer Beziehung. Aber ich will sie vögeln. Und ich glaube, sie will es auch. Ich habe den interessierten Blick ihrer karamellfarbenen Augen auf meinem Hintern bemerkt, als sie glaubte, ich würde es nicht mitbekommen.

Deswegen bin ich neuerdings sehr wachsam, wann immer sie in meiner Nähe ist.

1. Kapitel

Sie könnte genauso gut nackt sein. Das knallrote Kleid mit den hauchdünnen Trägern sitzt hauteng und ist sehr tief ausgeschnitten. Außerdem ist es ziemlich kurz. Nicht unanständig kurz, aber, Himmel, ihre Beine sind lang und glatt, und bei diesem Kleid ist es mir unmöglich, wegzuschauen.

Gemma ist schärfer als all die anderen Frauen hier – und das will etwas heißen angesichts der Tatsache, dass sich für diese Auftaktveranstaltung der größte Teil des Londoner Jetsets versammelt hat. Models, Schauspielerinnen, Sportlerinnen und viele Frauen, die wegen des Geldes geheiratet haben und nun hart daran arbeiten, den Erwartungen ihrer Ehemänner gerecht zu werden.

Und dann ist da noch Gemma.

Ihr blondes Haar hat sie zu einem Ballerinaknoten zusammengebunden, sie schaut ernst drein, und ihre Haut ist wie blasse Seide, die sich unglaublich zart anfühlen muss.

Offenbar hat sie etwas Witziges gesagt, denn der Kerl, der bei ihr steht, beugt sich näher zu ihr hinüber und lacht. Ist er ihr Date? Stirnrunzelnd schaue ich genauer hin. Hat sie etwa ihren Lover mitgebracht? Sollte sie nicht, rein technisch gesehen, als meine Begleitung hier sein?

Sie in Gesellschaft eines anderen Kerls zu sehen, bringt mich gefährlich aus der Fassung. Wie ein Blitz überfällt mich die Eifersucht und schnürt mir die Kehle zu.

Ich nehme zwei Champagnergläser vom Tablett eines Kellners und bahne mir einen Weg durch den Saal. Einige Gäste versuchen, mich anzusprechen, aber ich habe keine Zeit für sie. Meine Aufmerksamkeit ist auf Gemma gerichtet.

»Jack …«

Sie zieht einen Schmollmund, als ich näher komme, und mustert mich mit diesem Blick, für den sie ein Patent zu haben scheint. Wie schafft ein Mensch es nur, so verächtlich zu schauen und gleichzeitig den Hauch eines Lächelns zu zeigen?

Ich reiche ihr ein Glas Champagner, und unsere Finger berühren sich kurz. Sofort stelle ich mir vor, dass sie eine andere Stelle meines Körpers anfasst.

»Erinnerst du dich an Wolf DuChamp?«, fragt sie mich. »Er kümmert sich um unsere New Yorker Finanzen.«

Ich erinnere mich an den albernen Namen, jedoch nicht an seinen Träger. Was ist schon bemerkenswert an einem blonden, gut aussehenden Jungen, dem man den Abschluss an einer Elite-Uni schon von Weitem ansehen kann?

»Aber sicher.« Ich strecke meine Hand aus, denn ich weiß, dass ich Haltung bewahren muss, auch wenn ein Teil von mir am liebsten sofort über Gemma herfallen würde.

»Schön, Sie wiederzusehen, Sir.«

Gemmas Lippen zittern unmerklich. Sie weiß, dass ich es hasse, ›Sir‹ genannt zu werden. Unversehens stelle ich mir vor, dass sie es zu mir sagt, während sie vor mir kniet, mich in den Mund nimmt und dabei nach oben schaut, bis sich unsere Blicke treffen. Okay, es gibt also doch Situationen, in denen ich mich an die Anrede gewöhnen könnte …

Was zum Teufel denke ich da? Fantasien sind zwar eine feine Sache, aber Gemma zu vögeln ist ein Ding der Unmöglichkeit. Eher könnte ich mir diese Tätowierung von der Haut kratzen.

»Ich habe Gem gerade das Software-Update erklärt, mit dem wir uns zurzeit beschäftigen.«

Will er mich provozieren? Zum einen, indem er von Software redet, während mir gerade so schöne Bilder von Hardware durch den Kopf gehen; zum anderen, indem er Gemma »Gem« nennt, als wären sie die dicksten Freunde, die sich seit dem Kindergarten kennen.

»Ich erkläre es dir gleich im Schnelldurchgang«, verspricht sie mir schmunzelnd. Sie spürt meine Ungeduld, doch vermutlich nicht die Ursache dafür.

»Es wird unsere Arbeit viel effizienter machen«, fügt Wolf hinzu.

Gem wendet sich ein wenig von mir ab, um mir die Chance zu geben, mich zu verdrücken.

»Ich werde prüfen, inwieweit es umsetzbar ist. Aber das dürfte kein allzu großes Problem sein. Wir müssen allerdings unbedingt dafür sorgen, dass die Systeme während der Datenübertragung geschützt sind. Es geht schließlich um den sensibelsten Arbeitsbereich, mit dem Sie es da zu tun haben. Ein Datenleck wäre eine Katastrophe.«

»Das habe ich mir auch schon überlegt«, erwidert Wolf, und ich habe das Gefühl, überflüssig zu sein.

Auf der anderen Seite des Raumes versucht eine Blondine mit einem wahnsinnigen Vorbau und unendlich langen Beinen meine Aufmerksamkeit zu erregen.

Ich will Gemma, aber ich kann sie nicht haben. Glücklicherweise gehöre ich nicht zu den Typen, die in Selbstmitleid versinken. Auch andere Mütter haben schöne Töchter.

Für mich gelten zwei Regeln beim Vögeln.

Erstens: Keine Verantwortung.

Zweitens: Keine Rothaarigen.

Verantwortung war für Lucy.

Und Lucy war rothaarig.

Ich erstarre zur Salzsäule. Vor mir erscheint Lucys Phantombild. Sie runzelt missbilligend die Stirn. Ehe wir uns kennenlernten, habe ich nichts anbrennen lassen, es allerdings nie so bunt getrieben wie jetzt. Inzwischen ist mir alles egal. Nur dieses anklagende Stirnrunzeln vertrage ich nicht. Selbst jetzt, da sie tot ist, möchte ich Lucy nicht verärgern.

Was hast du erwartet, Luce? Du hast eine riesengroße Lücke hinterlassen, die ich füllen muss.

Mach mir keine Vorwürfe, höre ich ihre tadelnde Stimme. Es ist dein Leben. Deine Entscheidung.

Klar.

Unwillkürlich wandert mein Blick zurück zu Gemma. Jetzt hat sie den Kopf geneigt, und Wolf tippt mit seinen Fingern irgendetwas in sein Handy. Sie nickt und lächelt und legt eine Hand auf seinen Arm. Ich spüre einen Kloß im Magen und versuche, ihn zu ignorieren.

Unverzüglich steuere ich auf die Blondine zu, als wäre sie die einzige Frau im Raum.

»Ich bin Jack Grant.«

Ihre Lippen sind knallrot geschminkt. »Ich weiß, wer Sie sind.«

»Dann sind Sie im Vorteil.«

Sie lächelt verschmitzt. »Nach allem, was ich über Sie gehört habe, bringt es nichts, Ihnen meinen Namen zu nennen. Morgen erinnern Sie sich sowieso nicht mehr daran, stimmt’s?«

Ich lache. Ihre Aufrichtigkeit gefällt mir. »Nein …« Ich beuge mich näher zu ihr hinüber, sodass meine Lippen nur noch ein paar Millimeter von ihrem Ohr entfernt sind. Mein Atem streift ihr Haar, und ich bemerke eine Gänsehaut in ihrem Nacken. »Aber an mich werden Sie sich für den Rest Ihres Lebens erinnern.«

Ihr Lachen klingt rau. Unter normalen Umständen fände ich sie unglaublich sexy, aber in diesem Moment ist sie gerade so akzeptabel. Wenn ich ehrlich bin, langweilt sie mich sogar. Der Flirt macht mich nicht an. Ich habe ein Was soll’s?-Gefühl.

»Wir werden sehen …«

»Kann ich Ihnen etwas zu trinken besorgen?«

»Sie könnten mich von Ihrem Glas trinken lassen«, schnurrt sie mit einem Blick auf meinen Champagnerkelch.

Mir war gar nicht bewusst, dass ich ihn immer noch in der Hand halte. Automatisch reiche ich ihn ihr und schaue ihr dabei zu, wie sie die Lippen ans Glas legt und den Kopf nach hinten kippt. Die Flüssigkeit ist von honiggoldener Farbe. Sie gibt mir das Glas zurück, und ich nehme ebenfalls einen Schluck.

»Verschwinden wir von hier«, schlägt sie mit einem kehligen Lachen zwischen den Wörtern vor.

Ich nicke und lege eine Hand auf ihren Rücken. Gemma und Lucy geistern mir nun gleichzeitig durch den Kopf – eine faszinierende Vorstellung. Ein ganz neues Erlebnis. Würden sie sich gegen mich verbünden? Würden sie sich überhaupt mögen?

Lucy war warmherzig und lieb. Sie hat mich immer angesehen, als sei ich ihr Retter, und vermutlich war ich das auch. Ich habe sie aus ihrem alten Leben und von ihrem Freund befreit, der sie wie den letzten Dreck behandelt hat, und ich habe alle ihre Träume erfüllt.

Aber das Schicksal ist ein Arschloch und hatte für Lucy nichts Gutes in petto. Eine Zeit lang konnte sie ihr Leben mit mir genießen – doch dann erwischte es sie voll. Man kann die Vorsehung nicht überlisten, nicht wahr?

Gemma ist ihr überhaupt nicht ähnlich. Sie wirkt knallhart, ist aber in Wirklichkeit butterweich. Sie ist intelligent – viel intelligenter als ich – und weiß genau, was sie will. Und sie ist sexy. Keine Ahnung, wie ich darauf komme, aber ich weiß es. In meiner Nähe gibt sie sich absolut kühl – als hätte sie noch nie auch nur etwas von einem Orgasmus gehört, geschweige denn einen erlebt. Das macht sie für mich nur noch begehrenswerter. Ich will ihr beweisen, was für eine Lügnerin sie ist. Ich will, dass sie einen Höhepunkt nach dem anderen hat, bis sie nicht mehr weiß, was »kühl« überhaupt bedeutet.

»Jack.«

Sie erwischt mich in dem Augenblick, als ich den Raum verlassen will. Ihr Blick bleibt kurz an der Blondine haften, die sie jedoch nur flüchtig zur Kenntnis nimmt. Sie ist ein einziger Eisblock. Ich möchte Gemma gegen die Wand drücken und bis zur Besinnungslosigkeit küssen. Hier und jetzt.

»In zwanzig Minuten sollst du deine Rede halten.«

Hoppla. Selbst für meine Verhältnisse ist das ein ziemlicher Schnitzer. Normalerweise achte ich darauf, dass mir nichts in die Quere kommt, wenn es ums Geschäft geht – nicht einmal mein Sexleben.

»Bis dahin sind wir zurück.«

Die blonde Sexbombe an meiner Seite überrascht uns beide. Ihre Worte sind eindeutig zweideutig.

Verdammt! Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal einen Quickie im Auto hatte. Schlägt sie das gerade tatsächlich vor?

Gemma konzentriert sich auf ihr Handy. Ihre Selbstgefälligkeit stinkt mir gewaltig.

»Okay. Du kannst dich kurz fassen. Kurz von den Zielen berichten, die die Stiftung zu erreichen hofft, ein Dank an die Geschäftspartner und bla, bla, bla …«

»Bla, bla, bla?« Ein Grinsen breitet sich langsam auf meinem Gesicht aus, und ich mustere sie herausfordernd. Vergiss deine Kälte und deine Selbstgefälligkeit, warnt sie dieser Blick.

Doch Gemma schaut die Blondine nur kurz an und lächelt flüchtig. »Viel Spaß.«

Natürlich liefert Jack eine ordentliche Rede ab. Kein Haar auf seinem Kopf liegt unordentlich. Der Smoking sitzt tadellos, das weiße Hemd faltenlos. Die Fliege klebt wie angeleimt an ihrem Platz. Wortgewandt erzählt er von der Stiftung, streut hier und da ein paar Anekdoten ein, damit seine Zuhörer auch etwas zu lachen haben.

Im Gegensatz zu mir. Ich mache mir Gedanken über die Blondine.

Nein. Meine Gedanken kreisen um Jack – und das sollten sie besser nicht tun. Ich darf mich nicht davon beeinflussen lassen! Ich habe mir für diesen Job den Arsch aufgerissen, um mein Arbeitspensum zu schaffen. Der Umstand, dass mein Boss ein unwahrscheinlich scharfer Typ ist, darf mir jetzt einfach nicht in die Quere kommen.

Ich konzentriere mich lieber auf Wolf.

Er unterhält sich inzwischen mit jemand anderem – zweifellos über diese verdammte Software. Seine Miene ist ernst, und das bringt mich zum Schmunzeln. Denn Wolf ist eigentlich immer ernst.

Achtung! Achtung! Achtung!, blinkt eine Warnlampe in meinem Kopf. Eigentlich stehe ich nicht auf ernste Typen, und wenn ich weiterhin mit Wolf flirte, sieht er wahrscheinlich schon rosarote Wolken und Hochzeitstorten und hört Kirchenglocken läuten.

Meine Güte! Etwas Schlimmeres kann ich mir kaum vorstellen.

Allein bei der Vorstellung, dass ich eine Braut in Weiß bin und Wolf vor dem Altar auf mich wartet, bleibt mir die Luft weg. Bestimmt will er auch Kinder haben. Mindestens drei. Und er erwartet von mir, dass ich eine Vollzeit-Helikopter-Mum bin. Er würde mich mit seinen treuen Hundeaugen traurig und enttäuscht anschauen, wenn ich ihm vorschlagen würde, ein Kindermädchen zu engagieren.

Vielleicht könnte ich wie Marissa Mayer ein Kinderzimmer im Büro einrichten lassen? Dort wäre dann auch der Arbeitsplatz der Nanny, und ich könnte eine von den hyperaktiven Pinterest-Mums werden. Wolf müsste gar nicht mitbekommen, dass ich eine Hilfe eingestellt habe.

Aber Jack würde es mitkriegen. Ihm würde das nicht gefallen. Ein schreiendes Baby, wenn wir über die Tarife unserer China-Importe diskutieren? Vermutlich würde er zuallererst das Kindermädchen verführen, und dann müsste ich sie entweder feuern oder umbringen.

Okay, wer handelt jetzt gerade übereilt?

Wolf hat gemerkt, dass ich ihn anschaue, und er ist so offen, dass ich quasi seine Gedanken lesen kann. Ich muss diese Gelegenheit vorüberziehen lassen. Er ist nicht der Richtige, und wenn ihm erst einmal klar wird, dass ich Jack nicht verlassen und zu ihm nach Manhattan ziehen würde, wird die Zusammenarbeit mit ihm die Hölle sein.

Ich schaue in eine andere Richtung.

Jack steht direkt vor mir.

Die Band hat zu spielen begonnen. Weil ich so sehr mit meinen Vorstellungen über eine gemeinsame Zukunft mit Wolf DuChamp beschäftigt war, habe ich es gar nicht bemerkt.

»Hat dir die Rede gefallen?«

»Willst du jetzt etwa Komplimente hören?« Ich schlürfe Champagner aus meinem Glas und freue mich darüber, wie schnell ich die Fassung wiedergewinne. »Was ist los? War sie nicht angemessen beeindruckt?«

Er funkelt mich an. Hui, ist der sauer! Sollte ich etwa den Nagel auf den Kopf getroffen haben?

»Fragst du dich etwa, ob ich es schaffe, eine Frau in fünfzehn Minuten zu befriedigen?«

Er kommt mir nur ein winziges bisschen näher, aber es reicht, um einen Funken in meinem Unterleib zu entzünden. Wut. Verärgerung. Hitze. Begierde.

Mist!

»Ob du’s glaubst oder nicht, ich habe keinen Gedanken an deine Schlafzimmerfähigkeiten verschwendet«, lüge ich und konzentriere mich wieder auf die anderen Menschen im Raum. Londons Schickeria wirbelt um uns herum, und ich würde am liebsten mit ihr fortgewirbelt werden.

»Schwindlerin«, sagt er so leise, dass ich glaube, ihn missverstanden zu haben.

Wir dürfen es nicht so weit kommen lassen. Er weiß es – ich weiß es. Jede Faser meines Körpers verzehrt sich nach ihm, aber noch hat mein Verstand das Sagen. Ich möchte mir meine Karriere nicht vermasseln. Doch es geht um mehr. Ich liebe Jack. Nicht in dieser Hinsicht. Ich meine, ich liebe es, mit ihm zu arbeiten. Selbst wenn er sich von seiner schlechtesten Seite zeigt – er ist zu einer der größten Konstanten in meinem Leben geworden. Wie blöd wäre es von mir, das aufs Spiel zu setzen?

Ich stelle mir kurz vor, wir hätten eine Affäre, und sie endet, weil Jack nichts Langfristiges anfängt – und dann sehe ich ihn nie wieder …

Allein die Vorstellung macht mich krank.

Ich will lieber nicht darüber nachdenken.

Ich möchte es gar nicht erst riskieren.

»Die Rede war gut.« Ich bringe das Gespräch zurück auf sicheres Terrain und versuche, meine verzweifelten Gedanken in eine Kiste zu packen, die ich nie wieder öffnen werde.

»Sag mir mal eines, Gemma«, setzt er an, und der Klang seiner Stimme kommt mir immer noch bedrohlich vor.

Jack hält sich nicht an die Spielregeln – er flirtet mit mir.

Ich versuche, so geschäftsmäßig wie möglich zu klingen. »Oh, ich weiß nicht, ob du wirklich hören willst, was ich zu sagen habe. Vielleicht gefällt es dir ja nicht …«

Sein Blick ist bohrend. Ich fühle mich, als könnte er durch meine Fassade hindurchschauen.

»Was läuft da zwischen dir und diesem Kerl aus New York?«

Von wem redet er? Ach ja. »Du meinst Wolf?«

Seine Lippen verziehen sich zu einem spöttischen Grinsen. Ob er weiß, wie verdammt sexy er damit wirkt?

»Welche Eltern nennen ihr Kind nach einem Tier? Vor allem, wenn er überhaupt nicht wie ein Wolf aussieht.«

»Ich glaube, das haben sie bei seiner Geburt noch nicht gewusst«, antworte ich. Trotzdem muss ich grinsen. Er hat recht. Wolf sieht gut aus, aber auf eine sehr unschuldige und saubere Art.

»Ist er im Bett ein Wolf?«

Die Frage trifft mich völlig unerwartet. Das ist vollkommen neues Territorium für uns. So intim, dass ich nicht einmal weiß, ob es mir gefällt. Allerdings mache ich mir Sorgen, dass es mir gefallen könnte.

Und ich will Jack provozieren. So spielen wir nun mal.

Ich lege den Kopf schräg und betrachte ihn eine Weile abschätzend, ehe ich zurückschlage. »Wie war die Blondine?«

»Langweilig«, antwortet er wie aus der Pistole geschossen und zuckt mit den Schultern. Offenbar hat er keine Hemmungen, mit mir über sein Sexleben zu sprechen.

»Wo ist sie überhaupt?«

»Zu Hause. Sie wartet.«

»Auf dich?«

Wieder zuckt er mit den Schultern. »Ich habe gesagt, dass ich vielleicht vorbeikomme. Nur so konnte ich sie loszuwerden.«

Moment mal. Er hat nicht mit ihr geschlafen? Nein, nicht »mit ihr geschlafen«. Er hat sie nicht gevögelt. Der Gedanke stimmt mich seltsam heiter, obwohl mir die Frau leidtut, mit der er geflirtet und die er dann in die Wüste geschickt hat.

»Du bist ein richtiges Scheusal«, murmele ich. »Fährst du denn zu ihr?«

Der Blick, den er mir zuwirft, weckt in mir die schmutzigsten Fantasien und heißesten Träume. Sie stehen zwischen uns wie ein perverses »Denkarium« – jene große flache Steinschale aus den Harry-Potter-Büchern, in der man Erlebnisse und Erinnerungen abspeichern und später wieder anschauen kann –, in dem es nur um sein Vergnügen geht.

Ja, ich bin ein absoluter Harry-Potter-Fan. Hermine war eines meiner ersten großen Vorbilder.

»Vielleicht.«

Mein Magen dreht sich um. Dieses Gefühl ist mir vertraut, seitdem ich Jack kenne. Während der ersten sechs Monate unserer Zusammenarbeit bin ich mit seinem zügellosen Sexleben nicht so gut zurechtgekommen. Jedes Mal, wenn ich auf Hinweise seiner nächtlichen Aktivitäten stieß, bin ich rot geworden, und ich konnte ihm nicht in die Augen schauen. Aber jetzt hatte ich zwei Jahre Zeit, mich daran zu gewöhnen.

Ich lächele unverbindlich. »Na dann …« Ich zucke gleichgültig mit den Schultern und versuche, das Hämmern meines Herzens und das lustvolle Prickeln in meinen Nippeln zu ignorieren. »Gute Nacht.«

»Warte.« Seine Antwort klingt wie ein Befehl, den er bekräftigt, indem er mich am Handgelenk packt.

Abrupt drehe ich mich zu ihm um und hole tief Luft. Wir berühren uns nicht! Höchstens zufällig. Das lässt sich kaum vermeiden, wenn man so viel Zeit zusammen verbringt wie wir.

Aber nicht so!

Mit dem Daumen streicht er mir über die Handfläche, und als ich nichts sage, zieht er mich heftig an sich und drückt unsere Körper aneinander. Wir stehen mitten in der Menge und sind doch allein. Wie in einer Luftblase, die uns einhüllt. Eine Luftblase, angefüllt mit sinnlichem Knistern.

Sein Körper ist muskulös, stark, heiß. Genau wie in meinen Fantasien. Es bedarf meiner ganzen Willenskraft, normal zu atmen. Ich zwinge mich, ihn anzuschauen, als ob er den Verstand verloren hätte und nicht ich kurz davorstünde, ihn zu verlieren.

»Ja, Sir?«

Seine Augen blitzen. Ich habe ihn so genannt, um ihn an die Grenzen in unserer Beziehung zu erinnern. Genauso gut hätte ich ein Streichholz über einer Benzinpfütze anzünden können. Er lässt mich nicht los.

»Tanz mit mir.«

Die Atmosphäre um uns herum knistert vor Spannung, und ich weiß, dass er mich um mehr als bloß einen Tanz bittet. Rechnet er damit, dass ich Nein sage? Ich werde ihm sicherlich keinen Grund zu der Annahme liefern, ich hätte Angst vor dem, was zwischen uns läuft.

»Gern.« Mein Lächeln wirkt gezwungen. Es fühlt sich an, als hätte ich einen Sonnenbrand im Gesicht.

Er atmet ganz langsam aus und legt die Hand auf meinen Rücken. Nein … knapp über meinen Hintern. Er spreizt die Finger und drückt mich fest an sich, sodass ich gegen ihn stolpere. Die Finger der anderen Hand verschränkt er mit meinen.

Ich konzentriere mich auf die Band und versuche, ganz gelassen zu bleiben. Natürlich bin ich es nicht. Ich bin schwach, wenn ich stark sein will, und ich brauche etwas, das ich nicht brauchen sollte.

»Dein Kleid ist fantastisch«, sagt er, und mein Versuch, gelassen zu bleiben, schmilzt wie Schnee in der Sonne.

»Ist das deine Meinung als Modeexperte?«

Ein bisschen zu bissig. Ich versuche, die Frage mit einem Lächeln abzumildern. Ein Fehler. Er blickt mich spöttisch an und grinst süffisant.

Sofort schaue ich in eine andere Richtung.

»Es ist meine Meinung als heißblütiger Mann.«

»Was gefällt dir denn daran?«

Alarmleuchten blinken in meinem Kopf und verlangen meine Aufmerksamkeit. Sie sind grellrot und zornig. Was tue ich da?

»Mal sehen«, murmelt er. »Die Farbe. Die Art, wie es praktisch an deinem Körper klebt.«

Er beugt sich näher zu mir herüber, und Hitze steigt in mir hoch. Mein Blut beginnt zu kochen.

Es fühlt sich nicht richtig an. Wir dürfen das nicht tun. Er schläft mit anderen Frauen, und, ja, er flirtet heftig mit mir, aber das ist im Grunde harmlos.

Was wir hier gerade machen, fühlt sich ganz und gar nicht harmlos an.

Die Musik wird langsamer. Ich achte auf ein bisschen Abstand zwischen uns und rede mir ein, dass ich es als Befreiung empfinde.

»Halte mich über die Situation in New York auf dem Laufenden«, bittet er.

»Das hatte ich vor.«

Ich reagiere gereizt, weil ich unsicher bin. Seine Nähe und seine Berührung verunsichern mich total, und meine eigene Lust lässt mich zerfließen. Ich brauche eine Minute, um mich zu sammeln, aber seine Finger lassen mir keine Zeit. Sie fahren über meinen Rücken und meinen Hintern, und von Sekunde zu Sekunde wird mir heißer.

»Heute Abend. Jetzt.«

Unwillkürlich schaue ich mich nach Wolf um. Er ist immer noch ins Gespräch vertieft. Ich habe nicht vor, mit ihm nach Hause zu gehen, und dennoch ärgere ich mich über Jacks Andeutung, ich hätte kein eigenes Leben.

»So dringend ist es nicht.« Meine Worte klingen steif. »Es hat Zeit bis morgen.« Und ich befreie mich aus Jacks Griff.

Es ist, als würde ich auf einem sinkenden Schiff nach einem Rettungsring greifen. Er ist schlüpfrig, und ich bin mir sicher, dass ich nicht stark genug bin, ihn so lange festzuhalten, bis ich in Sicherheit bin. Ertrinken ist unvermeidlich.

»Ich möchte es heute Abend erfahren.«

Es ist eine Herausforderung. Ein Fehdehandschuh. Er lässt mir große Freiheiten in meinem Job, weil er weiß, wie gut ich bin. Aber er ist immer noch mein Boss, und ich weiß nicht, ob ich mir einen Gefallen damit tue, ihm seine Bitte abzuschlagen.

»Na gut«, lenke ich schulterzuckend ein. Aber er soll nicht glauben, dass er gewonnen hat. »Ich brauche … zwanzig Minuten.«

Ich löse mich von ihm und ignoriere das frustrierende Gefühl der Leere, das mich überflutet, während ich in Wolfs Richtung schlendere.

Wolf ist immer noch ins Gespräch vertieft. »Darf ich kurz stören?« Ich werfe den Männern, mit denen er sich unterhält, einen entschuldigenden Blick zu.

»Klar.« Er grinst mich an. Ein nettes Grinsen. Er sieht echt gut aus. Nicht umwerfend gut, aber auf eine solide Weise nett.

Er legt die Hand auf meinen Ellbogen, aber ich bin es, die ihn hinausführt, damit wir ungestört reden können. So kann ich es Jack mit gleicher Münze heimzahlen. So teile ich ihm unmissverständlich mit, dass er nicht die Kontrolle über mein ganzes Leben hat.

»Alles in Ordnung für nachher?«, fragte Wolf.

Ich lächle. »Nein. Ich muss heute Abend noch arbeiten. Jack möchte über die Software informiert werden.«

»Noch heute Abend?« Zweifelnd zieht er die Augenbrauen hoch.

»Er kümmert sich eben um alles«, erkläre ich. Das stimmt. »Und er ist ziemlich ungeduldig. Ich möchte nur sichergehen, dass ich sämtliche Informationen habe.«

Er nickt und kann seine Enttäuschung nur schlecht verbergen. »Dann will ich es mal kurz zusammenfassen.«

Und so verbringe ich die neunzehn Minuten, die mir noch mit ihm bleiben. Na ja, achtzehn … Eine Minute nehme ich mir Zeit dafür, ein paar Strähnen aus meinem Knoten zu ziehen und mich in die Wangen zu kneifen, damit sie frisch und rosig wirken.

Fünfundzwanzig Minuten nachdem ich ihn verlassen habe, wartet Jack in der Limousine auf mich. Ich tue atemlos, als ich einsteige, und genieße seine neugierigen Blicke, als er mich von oben bis unten mustert.

»Bereit?«

Ich nicke und habe das Gefühl, nicht genau zu wissen, in was ich da gerade einwillige. Als würde in seinen Worten eine verborgene Botschaft mitschwingen, die ich nicht entschlüsseln kann.

»Ja. Fahren wir!«

2. Kapitel