Oma Josie reist nach Spanien - Josie Schubert - E-Book

Oma Josie reist nach Spanien E-Book

Josie Schubert

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Beschreibung

Diesmal reisen Oma Josie und ihre beste Freundin Luzi nach Spanien. Sie wollen die Alhambra besuchen und sich dort mit Bill, ihrer Bekanntschaft aus San Francisco, treffen. Doch es kommt anders als ursprünglich geplant. Ein Anruf von Bill bei Jasmin, Luzis Tochter, verändert alles. Die beiden Omas müssen unbedingt wieder nach Hause kommen, doch sie sind nicht zu erreichen. Was ist passiert? Jasmin reist ihnen sofort mit ihrer Tochter hinterher. Werden sie Josie und Luzi noch rechtzeitig erreichen und zurückbringen? Eine spannende Verfolgungsjagd beginnt. "Oma Josie reist nach Spanien" ist wieder ein heiterer Reiseroman mit zahlreichen und hilfreichen Informationen. Zudem erhält er einen besonderen Reiz durch Luzis siebzehnjährige Enkelin, die ihre eigene Jugendsprache hat und in ein Liebesabenteuer verwickelt wird.

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Seitenzahl: 180

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Was bisher geschah

Reisevorbereitungen

Am Tag vor Reisebeginn

Los geht es

Wutachschlucht im Schwarzwald

Diebstahl in Freiburg

Bill meldet sich bei Jasmin

Josie und Luzi am Comer See

Jasmin und Marie in großer Sorge

Josie und Luzi nach Nizza/Sanremo

Jasmin auf dem Weg nach Freiburg

Josie und Luzi 1. Tag in Sanremo

Josie und Luzi 2. Tag in Sanremo

Jasmin auf dem Weg nach Nizza

Josie und Luzi nach Gruissan

Jasmin und Marie 1. Tag in Nizza

Josie und Luzi in Gruissan

Jasmin und Marie 2. Tag in Nizza

Josie und Luzi nach Sagunt

Jasmin und Marie nach Sète

Josie und Luzi in Sagunt

Jasmin und Marie 1. Tag in Sète

Josie und Luzi nach Cordoba

Jasmin und Marie 2. Tag in Sète

Josie und Luzi in Córdoba

Jasmin und Marie nach Vinaròs

Josie und Luzi nach Sevilla

Jasmin und Marie 1. Tag in Vinaròs

Josie und Luzi in Sevilla

Jasmin und Marie 2. Tag in Vinaròs

Josie und Luzi nach Ronda

Jasmin und Marie nach Granada

Josie und Luzi nach Granada

Besuch in der Alhambra

Rückreise

Quelle der Fußnoten

Was bisher geschah

Nach meiner abenteuerlichen Reise mit Luzi durch den Wilden Westen war fast ein Jahr vergangen. Mittlerweile waren wir ein Jahr älter geworden. Ich hatte meinen siebzigsten Geburtstag und meine, manchmal etwas verpeilte, Luzi ihren achtundsechzigsten. Beide waren wir aber immer noch sehr unternehmungslustig.

Für alle, die meinen ersten Teil »Oma Josie im Wilden Westen« nicht gelesen haben, hier eine kurze Zusammenfassung: Der erste Teil handelt davon, wie ich mit meiner besten Freundin Luzi eine Mietwagenrundreise durch den Wilden Westen von Amerika unternehme. Unsere Reise führte uns unter anderem nach Las Vegas, Los Angeles und in mehrere Nationalparks, wie Monument Valley, Grand Canyon oder Yosemite Nationalpark. Wir erlebten eine Menge Abenteuer und setzen uns dabei manchen Gefahren aus. Darüber hinaus besuchten wir in San Francisco das weltbekannte Hippie-Festival. Kurz zuvor lernten wir in Virginia City Bill kennen, der in San Francisco wohnte. Er und Luzi verliebten sich. Bill begleitete uns bei unserer Reise ein paar Tage mit seinem Wohnmobil.

Bill hatte sich damals kurzfristig entschieden, mit nach Deutschland zu kommen, um ein paar Tage mit Luzi zu verbringen. Aus den paar Tagen in Deutschland sind letzten Endes ganze zwei Monate geworden. Bill lieh sich einen Mietwagen aus, um gemeinsam mit Luzi einige Highlights der Heimat seiner Eltern zu erkunden. Die Beiden verstanden sich während dieser Zeit so gut, als ob sie sich schon ein Leben lang kannten. Sie sind viel in Deutschland herumgekommen und haben eine Menge gesehen und erlebt. Schweren Herzens ist Bill im September wieder abgereist. Jedoch versprach er Luzi, sie mindestens einmal im Jahr zu besuchen.

Luzi hatte sich bestimmt etwas mehr versprochen, aber, wie sich in den zwei Monaten herausstellte, ist die Sachlage viel komplizierter, als sie dachten. Nur eine Hochzeit könnte daran etwas ändern. Doch davon war bisher nie ernsthaft die Rede.

Fast ein halbes Jahr nach unserer Rückkehr aus Amerika hatte sich Luzis Tochter Jasmin, die bis dahin in Australien lebte, von ihrem Mann scheiden lassen und ist zwei Monate danach mit ihrer Tochter Marie zurück nach Deutschland gezogen. Bereits nach wenigen Wochen fand Jasmin einen guten Job. In Sydney studierte sie Medienwissenschaften und arbeitet nun bei einem bekannten niederländischen Rundfunk- und Fernsehsender.

Marie, ihre Tochter, war zu dieser Zeit siebzehn Jahre alt und ging in die 11. Klasse. Sie hatte sich in Deutschland schnell eingelebt, da sie in Australien mit ihrer Mutter nur Deutsch sprach und auch eine deutsche Schule besuchte. Nach dem Abitur möchte Marie Journalistik studieren, um später auch einen Job im Radio oder Fernsehen ausüben zu können.

Nach der Scheidung von ihrem Mann, besserte sich das Verhältnis von Jasmin zu ihrer Tochter Marie zusehends. Hatten beide vorher eher ein alterstypisches Mutter-Tochter-Verhältnis, so könnte man es jetzt mit einem Beste-Freundinnen-Verhältnis vergleichen.

Jasmin und Marie werden sich zudem immer ähnlicher. Beide haben sie eine schlanke und sportliche Figur, sind etwa gleich groß und ihre halblangen, glatten Haare sind meist blond gefärbt. Das Wichtigste ist jedoch, zwischen ihnen gibt es keine Geheimnisse und sie haben vollstes Vertrauen zueinander.

Reisevorbereitungen

Luzi und ich planten unterdessen schon wieder eine größere Reise. Diesmal sollte es nach Spanien, genauer gesagt nach Andalusien, gehen. Granada mit der weltberühmten Alhambra war unser großes Ziel. Die Alhambra, die seit 1984 zum Weltkulturerbe gehört, ist eine der meistbesuchten Touristenattraktionen Europas. Dieses Highlight wollten wir uns auf unsere »alten Tage« auf gar keinen Fall entgehen lassen.

Die Alhambra war jedoch nicht der einzige Höhepunkt in Granada. Auf dem Weg dahin sollte uns unsere Reise unter anderem auch nach Córdoba, mit dem bedeutendsten Bauwerk der Stadt, der Mezquita, führen.

Geplant war auch, uns in Granada mit Bill zu treffen. Nach dem Besuch der Alhambra wollten wir uns anschließend gemeinsam auf die Rückreise nach Deutschland begeben. Bill hatte diesen wunderbaren Plan und wir freuten uns sehr auf dieses Wiedersehen mit ihm.

Reisen wollten wir nicht mit dem Flieger oder gar über ein Reisebüro, sondern in aller Ruhe und ganz gemütlich mit dem Auto. In Amerika hatte dies wunderbar geklappt, warum nicht auch in Europa. Ein Zwischenziel sollte die Mittelmeerküste sein, wo wir, sowohl auf der Hin- als auch auf der Rückreise, in verschiedenen Orten einen Zwischenstopp geplant hatten.

»Josie, sei mir bitte nicht böse, aber ich möchte diesmal nicht, dass wir uns mit dem Fahren abwechseln. Ich finde, du bist ohne Zweifel die bessere Fahrerin von uns beiden.«

Luzis Entscheidung überraschte mich keinesfalls, obwohl ich anfangs so tat.

»Was soll das, Luzi? Wie kommst du auf einmal darauf? Wirst du langsam alt, meine Gute?«

»Ach was. In Amerika hast du uns immer sicher an unser Ziel gebracht. Außerdem fahren die in Italien, Frankreich und Spanien viel zu aggressiv. Da fühle ich mich unsicher. Du bist doch einverstanden?«

»Wenn du meinst, meine Gute, dann fahre ich eben. Danke für dein Vertrauen. Du bist aber in Amerika auch immer gut gefahren«, lobte ich Luzi. »Du solltest dein Licht nicht so unter den Scheffel stellen. Wir schaffen das schon.«

Luzi war erleichtert, ihr fiel ein Stein vom Herzen. »Danke, Josie, auf Strecken, wo nicht so viel Verkehr ist, kann ich dich ja ab und zu abwechseln, wenn du möchtest. In den größeren Städten möchte ich nicht fahren. Die haben manchmal so komische Regeln, vor allem in den Kreisverkehren mit dem inneren und äußeren Kreis. Da weiß ich manchmal gar nicht, wer Vorfahrt hat.«

»Das ist doch ganz einfach, Luzi. Das erkläre ich dir an Ort und Stelle. Wenn ich es dir jetzt erkläre, hast du es später eh wieder vergessen. Dein Gedächtnis ist auch nicht mehr das, was es mal war.«

»Das habe ich überhört.«

Luzis Tochter Jasmin war weniger begeistert von unserem Plan. Sie hielt es für unangebracht und gefährlich, in unserem Alter solch eine lange Reise mit dem Auto zu unternehmen. Aber wir ließen uns nicht von unserem Vorhaben abbringen.

Im Gegensatz zu unserer Reise durch den Wilden Westen, wollten wir diesmal etwas flexibler sein. Fest buchten wir nur die ersten vier Hotels bis nach Nizza und natürlich die Unterkünfte in Córdoba und Granada. Die Hotels am Mittelmeer wollten wir uns vor Ort aussuchen. Diese Vorgehensweise sollte uns vor größeren Reinfällen, was die Lage oder die Sauberkeit anbetrifft, bewahren. Man hat ja diesbezüglich schon eine Menge gehört und gelesen.

Die Vorbereitungen gingen bedeutend schneller, als bei unserer Amerika-Tour. Inzwischen legten wir zwei Omas eine gewisse Routine an den Tag. Innerhalb von nicht mal zwei Wochen hatten wir alles in Sack und Tüten.

Wir buchten erneut einen Mietwagen, da mein Golf bereits einige Tausend Kilometer auf dem Buckel hatte und auch schon etwas in die Jahre gekommen war. Das Risiko einer Panne wäre bei diesem alten Wagen zu groß. Schließlich wollten wir Bill pünktlich und ohne Stress in Granada begrüßen, ihn in unsere Arme schließen und ohne Probleme mit nach Deutschland nehmen.

Am Tag vor Reisebeginn

Eigentlich wollten wir ja erst am Mittwoch, den 12. Juli starten, doch ein stabiles Hochdruckgebiet mit heißem Sommerwetter, brachte uns kurzfristig zum Umdenken und zu einer Planänderung, was unseren Reiseweg anbetraf. Schnell einigten wir uns darauf, unsere Reise bereits am Samstag beginnen zu lassen, um das schöne Wetter optimal auszunutzen. Die zusätzlichen Tage wollten wir dazu nutzen, unsere Route um einige Zwischenziele, wie Sevilla und Ronda zu erweitern. Es verblieben also nur noch drei Tage für die Vorbereitungen. Zunächst kümmerte ich mich um die frühere Abholung des Mietwagens, was aber keine Probleme bereitete. Anschließend widmete ich mich der Umbuchung der Hotels.

Den Wagen holte ich einen Tag vor unserer Abreise ab. Wir bekamen einen blauen Ford Kuga mit Dieselmotor. Er war noch fast neu und hatte kaum 4.000 Kilometer auf dem Tachometer. Mein Koffer war längst gepackt und ich konnte ihn samt einer Reisetasche gleich in den großen Kofferraum hieven. Anschließend fuhr ich zu Luzi. Sie empfing mich bereits vor der Haustür und im Nu war auch Luzis Gepäck im Auto verstaut.

Am Abend verabschiedeten wir uns von Jasmin und Marie, die quasi um die Ecke wohnten und erzählten ihnen von unserer spontanen Planänderung. Die Begeisterung der Beiden hielt sich jedoch in Grenzen.

»Ihr könnt ruhig etwas freundlicher schauen«, forderte ich Jasmin und Marie auf, als ich ihre skeptischen Blicke bemerkte. »Ihr macht ja ein Gesicht, wie auf einer Beerdigung. Wir sind doch nicht von der Welt. In drei Wochen sind wir wieder zurück und bringen auch noch unsere amerikanische Bekanntschaft Bill mit. Freut euch lieber, dass wir noch so unternehmungslustig sind und nicht in einem Altersheim dahinsiechen. Stimmt’s Luzi?«

Luzi lächelte und nickte zustimmend. »Macht euch keine Sorgen, wir sind alt genug«, wollte sie Jasmin und Marie beruhigen. »Wir beiden Omis schaffen das schon. Wir sind doch noch nicht dezent.«

»Dement heißt das Luzi, dement«, flüsterte ich und Jasmin und Marie lachten.

»Inzwischen haben wir gelernt, dass man bei euch jederzeit mit einer Überraschung rechnen muss«, lenkte Jasmin ein. »Ihr habt ja recht. Wer in Amerika auf Gangsterjagd geht, der kann auch durch Europa reisen. Wisst ihr schon, in welchem Hotel ihr morgen übernachten werdet?«

Voller Stolz konnte ich verkünden: »Auch diesmal sind wir gut vorbereitet. Die ersten vier Hotels bis einschließlich Nizza haben wir bereits gebucht. Am Mittelmeer entscheiden wir uns vor Ort. Wo es uns am besten gefällt, dort bleiben wir.

Morgen werden wir im Turmhotel Dreieichenhain übernachten und übermorgen im Landgasthof Alpenblick in Löffingen im Südschwarzwald. Am Montag fahren wir dann ein großes Stück durch die Schweiz bis zum Comer See in Italien. Wie das Hotel dort heißt, habe ich vergessen. Da müsste ich erst einmal auf unseren Plan schauen. Es hat so einen typisch italienischen Namen. Oder weißt du noch, wie das Hotel heißt, Luzi?«

»War das nicht irgendetwas mit Villa oder so?«, beantwortete Luzi meine Frage mit einer Gegenfrage. »Ich weiß es leider auch nicht mehr.«

»Egal, Luzi. Jedenfalls geht es nach dem Comer See endlich ans Meer«, setzte ich meine Ausführungen fort. »Das schöne Nizza wird unsere erste Station am Mittelmeer sein. Dort, in der Urlauberhochburg, haben wir natürlich auch schon ein Hotel gebucht. Ich bin ja mal gespannt, was uns dort erwartet.«

»Wegen der Kriminalität«, ergänzte Luzi flüsternd und hielt dabei ihre rechte Hand vor den Mund.

»Ich war noch nie in Nizza«, fuhr ich fort. »Die einen sagen so, die anderen so. Wir werden sehen. Jedenfalls freuen wir uns schon sehr darauf.«

»Meldet euch bitte öfter mal, damit wir wissen, dass es euch gut geht und alles in Ordnung ist. Wir machen uns sonst große Sorgen«, bat uns Jasmin und die Beiden drückten uns zum Abschied ganz fest.

»Macht keinen Quatsch und verdreht den Männern nicht die Köpfe, vor allem du nicht, Oma«, scherzte Marie. »Denke immer an deinen Lover. Spielt nicht wieder James Bond und versucht nicht der Polizei Konkurrenz zu machen. Das kann auch mal schief gehen und wir müssen euch womöglich noch aus dem Gefängnis freikaufen.«

»Ach was. Gefängnis«, wehrte Luzi sofort ab und schaute mich an. »Wir haben doch hoffentlich wieder einen Schutzengel.«

»Dann wünschen wir euch viel Spaß«, sagte Jasmin. »Wir werden zweimal in der Woche eure Blumen gießen, damit sie nicht vertrocknen. Josie, wir brauchen noch deinen Wohnungsschlüssel.«

»Stimmt, das hätte ich bald vergessen. Hier ist er. Du weißt, Lessingstraße 38. Der Name steht auf dem Schlüssel.«

Der Abschied verlief kurz und schmerzlos. Die letzte Nacht vor unserer großen Reise verbrachte ich bei Luzi, damit wir am Morgen sehr zeitig starten konnten.

Los geht es

Am nächsten Tag, am Samstag, den 8. Juli, brauchten wir in der Frühe nur noch unsere Hygieneartikel, etwas Marschverpflegung und Getränke im Auto unterbringen. Schnell waren auch diese letzten Utensilien verstaut. Als Letztes checkten wir, ob wir auch nichts vergessen hatten und holten noch unsere Jacken aus Luzis Wohnung, denn in den Morgenstunden war es noch ziemlich frisch. Luzi merkte dabei nicht, wie ihr Handy aus der Seitentasche nahezu lautlos auf den Teppichboden glitt, was noch fatale Folgen hatte.

Gegen sechs Uhr morgens begaben wir uns endlich auf den Weg. Wir waren beide sehr aufgeregt. Auf der Autobahn A7 herrschte an diesem frühen Samstagmorgen bereits reger Urlaubsverkehr.

Etwa 100 Kilometer vor Frankfurt, auf der A5, wollte Luzi ihre Tochter Jasmin anrufen, um ihr mitzuteilen, dass es uns gut ginge. Jetzt erst fiel ihr auf, dass ihr Handy fehlte. Sie suchte es im Auto und in ihrer Jacke und Handtasche vergebens.

»Ich krieg die Krise. Josie, ich glaube, ich habe mein Handy vergessen. Halte bitte mal auf dem Parkplatz und klingele mich an!«

»Das ist wieder typisch für dich«, ärgerte ich mich über Luzi. »Wenn man bei dir nicht auf alles achtet. Du bist manchmal wie ein kleines Kind. Das ist echt zum Mäusemelken mit dir. Ich fahre aber nicht wieder zurück, falls du es tatsächlich vergessen haben solltest.«

»Bitte nicht mit mir schimpfen. Ich kann doch auch nichts dafür.«

»Ich vielleicht?«

Ich stoppte auf dem Parkplatz und versuchte Luzis Handy anzurufen. Doch wir hörten keinen Klingelton.

»Ich höre nichts«, flüsterte Luzi.

»Das hat bei dir nicht viel zu bedeuten. Du hörst ja eh nicht mehr gut. - Ich höre aber auch nichts. Da wirst du wohl tatsächlich dein Handy zu Hause vergessen haben.«

Ich reichte ihr mein Handy und wir setzten unsere Fahrt fort.

»Zum Glück habe ich ja auch noch eins. Hier, du kannst Jasmin mit meinem Handy anrufen.«

»Danke Josie, du bist ein Schatz. Wenn ich dich nicht hätte.«

»Ich weiß. Wenn du mich nicht hättest, wärst du schon längst im Heim und würdest den ganzen Tag mit deinem Rollator planlos in der Gegend umherirren.«

»Ach was. Mit dem Rollator, dass ich nicht lache.«

Luzi startete bei meinem Handy die Telefon-App.

»Ich finde Jasmins Nummer gar nicht«, wunderte sie sich.

»Das kommt sicher daher, dass ich sie nicht gespeichert habe«, entgegnete ich etwas lehrerhaft. »Hast du ihre Nummer denn nicht im Kopf?«

»Warum? Sie steht doch in meinem Handy.«

Das war Luzi, wie sie leibt und lebt.

»Ha, ha, wie lustig. Na, dann haben wir jetzt ein Problem. Steht Jasmin im Telefonbuch?«, fragte ich.

»Nein, die beim Sender haben sich alle nicht ins Telefonbuch eintragen lassen. Sonst würden sie sich vor Anrufen oder Heiratsanträgen nicht retten können.«

»Dann hast du Pech, meine Gute. Warte ab, wir lassen uns schon was einfallen.«

Mittlerweile waren wir auf der A661 angekommen. Nun hatten wir nur noch wenige Kilometer bis ans Ziel unserer ersten Station Dreieichenhain in der Nähe von Frankfurt.

Als wir dort angekommen waren, brachte ich zuerst unsere Koffer aufs Zimmer. Luzi füllte in der Zwischenzeit das Anmeldeformular aus.

Wie bereits erwähnt, wohnten wir im Turmhotel, das ich noch aus meiner berufstätigen Zeit kannte. Wir bekamen ein schönes großes Zimmer, ganz oben in der fünften Etage. Die Decke war teilweise aus Glas, sodass wir nachts die Sterne am Himmel sehen konnten.

Doch vor dem Schlafengehen gönnten wir uns im Gasthof Faselstall noch einmal gutbürgerliche hessische Küche.

»Was machen wir nun, Josie? Soll ich mir ein neues Handy kaufen oder nicht?«

»Ich weiß es auch nicht. Zur Not haben wir ja noch mein Handy. Ich glaube, damit kommen wir ganz gut hin. Früher musste es auch ohne Handy gehen.«

»Da gab es aber auch noch Telefonzellen. Und wenn mich jemand anrufen will?«, sorgte sich Luzi und schaute mich fragend an.

»Dann hat derjenige eben Pech. So wichtig wird es wohl nicht sein.«

»Und, wenn Bill versucht, mich zu erreichen?«, gab Luzi zu Bedenken. »Er wird sicher vor dem 25. Juli noch einmal anrufen und fragen, ob alles seinen Gang geht.«

»Stimmt, dann wird es problematisch. Dann wirst du dir wohl doch ein Handy kaufen müssen. Hast du eigentlich Bills Telefonnummer?«

»Ja, sie ist in meinem Handy gespeichert.«

»Ach Luzi. Wenn du Bills Telefonnummer nicht hast, kannst du ihn auch nicht anrufen, auch mit einem neuen Handy nicht. In dem neuen Handy werden gar keine Telefonnummern gespeichert sein. Wir müssen warten, bis er sich meldet.«

»Keine Telefonnummer. Dann brauche ich auch kein neues Handy.«

»Luzi, du bist eine richtige Butterbirne1.«

»Butterbirne? Wo hast du denn diesen Ausdruck schon wieder her?«

»Das sagt doch deine Enkelin, Marie, ständig zu dir.«

»Die immer mit ihren neumodischen Ausdrücken.«

»Ja, Luzi, die Jugend will ihre eigene Sprache haben. Das war bei uns nicht anders.«

»Ich weiß manchmal gar nicht, was sie meint«, ärgerte sich Luzi.

»Das ist so gewollt. Da kommen wir alten Omas nicht mehr mit.«

»Ich möchte aber auch mitreden können. Ich möchte nicht immer so blöd dastehen.«

»Kannst du das überhaupt?«, fragte ich Luzi. »Dann nimm doch mal bei Marie Unterricht. So und jetzt werden wir zahlen. Ich bin sehr müde. Morgen haben wir eine lange Strecke vor uns.«

1 Komplett verplanter Mensch

Wutachschlucht im Schwarzwald

Nach einem ausgiebigen und guten Frühstück im Turmhotel Dreieichenhain machten wir uns am Sonntag, den 9. Juli, erst ziemlich spät auf den Weg. Es war bereits weit nach neun Uhr. Auf der Autobahn A5 war an diesem Tag wenig Verkehr, und auch auf der Bundesstraße B31 ging es zügig vorwärts. Die meisten Urlauber nutzen bereits den Samstag als An- und Abreisetag.

Unsere nächste Station war ein überschaubarer Ort im Südschwarzwald, in der Nähe von Freiburg. Der kleine Landgasthof Alpenblick in Löffingen befand sich in der Nähe der Wutachschlucht und gefiel uns auf Anhieb sehr gut. Wir zwei Omas wurden sehr nett empfangen und bekamen ein schönes Zimmer mit Balkon. Unsere frühe Ankunft ermöglichte es uns, am Nachmittag der Schlucht noch einen Besuch abzustatten.

Wir entschieden uns für den Genießerpfad. Das klang erst einmal, wie gemütliches Spazierengehen. Die Wanderung durch die 60 bis 170 Meter tiefe Wutachschlucht hatte es jedoch in sich. Sie begann am Wanderparkplatz und war für uns ein unvergessliches Erlebnis. Nicht umsonst wird die Wutachschlucht der Grand Canyon des Schwarzwaldes genannt.

Während der mehrstündigen Wanderung, die für mich übrigens ziemlich anstrengend war, kamen wir vorbei an mehreren rauschenden Wasserfällen, zerklüfteten Tälern und abenteuerlichen Wildflüssen. An mehreren Stellen war es extrem rutschig und wir mussten beim Laufen sehr aufpassen. Zum Glück hatten wir unsere Trekkingstöcke dabei. In dem engen Canyon schafft es die Sonne nämlich nicht überall die teilweise felsigen Wege vollständig zu trocknen.

Der erste Wasserfall, den wir passierten, war ziemlich laut.

»Na, meine Luzi, erinnert dich das nicht ein wenig an Amerika, an den Grand Canyon im letzten Jahr? Ist das nicht beeindruckend?«, fragte ich sie. »Ich hätte nicht gedacht, dass es so etwas Schönes auch in Deutschland gibt.«

Ich hörte Luzi nicht antworten. Zunächst dachte ich, dass sie mich wegen des tosenden Wasserfalls nicht verstanden hätte. Doch als ich mich umdrehte, sah ich hinter mir keine Luzi. Ich bekam es sofort mit der Angst zu tun und lief schnell den Weg zurück.

»Luzi, wo bist du? Ist was passiert?«, rief ich sorgenvoll.

Nach wenigen Metern sah ich Luzi, wie sie mir panisch zuwinkte. Anscheinend war sie auf dem nassen und schlüpfrigen Weg ausgerutscht und ein Stück den Abhang hinunter geglitten. Ich habe nichts davon mitbekommen.

»Ach Luzi, mit dir habe ich einen Fang gemacht. Was hast du denn nun schon wieder angestellt? Bist du etwa ausgerutscht? Wenn man dich mal eine Sekunde aus den Augen lässt. Das kann doch nicht wahr sein. Erst vergisst du dein Handy und jetzt dieses Malheur.«

»Ach was. Komm, hilf mir hoch! Ich wollte nur den Wasserfall aus einer anderen Perspektive fotografieren. Da wurde es auf einmal etwas rutschig und ich konnte mich nicht mehr auf den Beinen halten. Ich habe dich noch gerufen, aber du hast mich nicht gehört.«

»Das konnte ich auch nicht«, verteidigte ich mich vehement. »Der Wasserfall war so laut. Aber schau dich doch mal an, wie du aussiehst. Du hast ja überall Schlamm an deinen Sachen. Hast du dir etwas gebrochen?«

»Alles okay bei mir«, versicherte mir Luzi. »Der Schmutz trocknet wieder. Komm, lass uns weitergehen.«

»Wir müssen mal schauen, ob wir deine Sachen irgendwo waschen können. Ich glaube in Nizza haben wir eine Waschgelegenheit im Hotel.«

»Ja, ja, in Nizza machen wir das.«

Ich ließ Luzi fortan vor mir herlaufen, damit ich sie besser im Blick hatte. Eben, wie so ein kleines Kind.

Solch eine traumhaft schöne Schlucht habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen und wir waren am Ende froh, dass wir diese schwierige Herausforderung, bis auf Luzis Missgeschick, ganz gut gemeistert hatten.

Abends entschieden wir uns, im Gasthof des Hotels zu essen. Wir konnten aus vielen kulinarischen Köstlichkeiten aus der Region wählen. Aber auch einige internationale Gerichte wurden angeboten. Alles hatte sehr gut geschmeckt und der ereignisreiche Tag fand noch einen schönen Ausklang.

Diebstahl in Freiburg