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"Wie hat dein Fahrrad ausgesehen, als du ein Kind warst?" lautet Davids Frage an seine Oma, doch die Antwort darauf ist nicht so einfach. Denn wenn man auf den Gedankenteppich steigt und in die Kindheit von Gertrud Seehaus und Peter Finkelgruen zurückfliegt, landet man mitten im 2. Weltkrieg, in den Stollen von Rimlingen und im Getto von Shanghai. Kann, darf man Kindern solche schrecklichen Geschichten erzählen? Man muß, denn neben all den schönen und lustigen Familiengeschichten, die Großeltern ihren Enkeln erzählen, gehören auch die traurigen und schrecklichen dazu: Alle Geschichten sollen erzählt werden, weil nur so verstanden werden kann, was geschehen ist.
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Seitenzahl: 42
Veröffentlichungsjahr: 2013
DIESE GESCHICHTE ERZÄHLEN WIR FÜR ANNA UND DAVID
UND NATÜRLICH FÜR ALLE KINDER, DIE UNS ZUHÖREN WOLLEN
Dem Schriftsteller und Maler Günter Kunert sind zu unserem Text viele Möglichkeiten eingefallen, wie man sich von einem Ort zum anderen fortbewegen kann
Und Nadine Englhart hat das Ganze in Form gebracht
In dieser Geschichte spielt die ganze Welt eine Rolle.
Hier seht ihr die Welt.
Schaut sie euch an.
Das ist David auf seinem Tiger-Bikel.
DIE GESCHICHTE VON PETER UND GERTRUD
NAMEN KÖNNEN SPRECHEN
NOCHMAL DAS FAHRRAD
ALS DER KRIEG BEGANN
WAS IST EIN GETTO?
NICHT ALLE BETTEN SIND HIMMELBETTEN
WAS PETER UND GERTRUD LERNEN - IN CHINA UND DEUTSCHLAND-
SIE LERNEN NOCH MEHR
DIE GESCHICHTE VOM OSTERHASENHÄUSCHEN
ES GIBT AUCH ANDERE GESCHICHTEN
DER MANN MIT DEN GRÜNEN HAAREN
SELBST IM MAI UND IM JUNI SCHEINT NICHT IMMER DIE SONNE
EINE ZWISCHENLANDUNG
DIE GESCHICHTE VOM JÄGER UND DEM AFFEN
HAUSTIERE
IRGENDWANN GEHT JEDER KRIEG ZU ENDE
WAS IST EIN KONZENTRATIONSLAGER?
DIE GESCHICHTE VON HEINER
UND WAS KAM NACH DEM KRIEG?
EIN NACHTRAGV ON GERTRUD
SPÄTE VERWANDTSCHAFT
METAMORPHOSE
VORSCHLAG
BRIEF AN ANNA
Abbildungsverzeichnis
Schön, findet Ihr nicht? Man kann damit herumsausen und Freunde besuchen. Aber kann man auch zum Eiffelturm nach Paris fahren? Oder zur Freiheitsstatue nach New York? Oder nach Argentinien? Oder etwa nach China?
Warum ich das frage? Weil die Geschichte, die wir erzählen wollen, etwas mit ganz großen Entfernungen zu tun hat. Man kann mit dem Super–Tiger–Bikel nicht nach Amerika fahren. Das stimmt.
Trotzdem hat uns das Fahrrad – schwupps – in eine andere Zeit geschickt. Und das kam so: Als David zum Geburtstag sein Super–Tiger–Bikel bekommen hatte, mußte er natürlich ein bißchen angeben. Er zeigte es jedem, der ins Haus kam. Auch mir, seiner Oma.
Und so ging unser Gespräch:
Mit der Frage nach Opas oder meinem Fahrrad hatte David uns was eingebrockt. Opa und ich waren nämlich, ehe wir es uns versahen, auf einer ganz langen Gedankenreise in unsere Kindheit.
Man kann nämlich nicht nur mit Fahrrad und Auto und Zug und Schiff und Flugzeug reisen. Auch Gedanken und Erinnerungen können einen irgendwo hinbringen. Zum Beispiel in die Vergangenheit.
Wir wurden an schöne Dinge, aber auch an traurige erinnert. Schöne Dinge – daswaren Spiele und Freunde und lustige Ereignisse, traurige – das waren Krieg und Verfolgung und der Tod von Menschen, die wir lieb hatten.
In Deutschland hat es seit über 60 Jahren keinen Krieg mehr gegeben. Und so haben Eure Eltern Bomben und Verfolgung nicht selbst erlebt. Dennoch gibt es ständig irgendwo auf der Welt Krieg. Vor kurzem sogar wieder in Europa.
Opa und ich haben beschlossen, unsere Erinnerungsreise noch einmal zumachen.
Wir nehmen Dich, David - Ihr kennt ihn schon -,
und Dich, Anna,
und alle Kinder mit, die sich uns anschließen wollen.
Denn um gemeinsam mit den Enkeln Reisen in die eigene Kindheit zu machen, dazu sind Omas und Opas schließlich auch da.
Das ist ein Gedankenteppich.
Er kann fliegen. Schneller als ein Flugzeug. Nehmt Platz.
So fängt sie an:
Dieser Junge heißt Peter
Dieses Mädchen heißt Gertrud
Ihr ahnt es schon – das sind Opa und Oma von David und Anna.
Das ist Hans
Das ist Esti
Sie sind Peters Eltern.
Das ist Karl
Das ist Maria
Sie sind Gertruds Eltern.
Als Peters und Gertruds Eltern junge Leute waren, gab es in Deutschland viele Arbeitslose. Es gab Armut und Hunger. Menschen gingen auf die Straße und demonstrierten. In den Straßen tauchten die merkwürdigsten Fahnen auf:
Die Leute, die diese Fahnen schwangen, versprachen, daß alles besser würde. Sie nannten sich Nationalsozialisten. Sie versprachen Arbeit und Essen und Wohnung für alle. Dafür sollte man ihre Partei wählen.
Andere Menschen fürchteten diese Fahnen. Sie hatten Angst vor einer noch schlimmeren Zeit. Sie hatten Angst, von den Menschen, die diese Fahnen hißten, verantwortlich gemacht zu werden für Hunger und Arbeitslosigkeit.
Ihr kennt das von heute: Wem es schlecht geht, der sucht nach einem, der daran schuld ist. Wer kann das sein? Jeder, der irgendwie anders ist.
Die anderen von damals waren die Juden.