Papperlakröt! - Moni Folz - E-Book

Papperlakröt! E-Book

Moni Folz

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Beschreibung

Theodor ist ein Kobold. Der böseste, schlimmste und gemeinste aller Kobolde – behauptet er jedenfalls. Bald jedoch erweist er sich als wahrer und liebenswerter Rebell, der trotz aller Schwierigkeiten erkennen muss, dass er doch NETT ist. „Nett“ ist allerdings so ziemlich das Letzte, was man in den magischen Höhlen von Untenwelt sein sollte. Hier herrscht der Koboldrat mit strenger Hand und nur ein böser Kobold ist ein guter Kobold. Durch das Aufeinandertreffen mit der 13-jährigen Theresa wird Theodor in eine ganz andere Richtung gelenkt, als er es jemals zu denken gewagt hätte. Theodor muss ein höchst gefährliches Abenteuer bestehen und sich gegen die furchtbar gemeine Gunnar-Kobold-Gang zur Wehr setzen. Auch Theresa will sich gegen das gemeine Mobbing an ihrer Schule behaupten. Und so kommt es dazu, dass die beiden parallel und Hand in Hand, oder eher „Hand in Tatze“, aufregende Auseinandersetzungen von mutigen Minderheiten gegen ziemlich krötgefährliche Gegner bestehen müssen. Trudi, das keckpfiffige Flederschwein, komplettiert das unvergleichbare Team. Alles ist garniert mit ein paar irrwitzigen Einfällen, jeder Menge wurzschmatzköstlicher Späße und wunderschön vertrackter Kobold-Spezial-Sprache.

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INFO | TITEL

Moni Folz

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Papperlakröt!

Theodor – ein garstig netter Kobold in einem rattwurmscharfen Abenteuer

:::

K|U|U|U|K

Verlag mit 3 U

INHALT

Theodor ist ein Kobold. Der böseste, schlimmste und gemeinste aller Kobolde – behauptet er jedenfalls. Bald jedoch erweist er sich als wahrer und liebenswerter Rebell, der trotz aller Schwierigkeiten erkennen muss, dass er doch NETT ist.

„Nett“ ist allerdings so ziemlich das Letzte, was man in den magischen Höhlen von Untenwelt sein sollte. Hier herrscht der Koboldrat mit strenger Hand und nur ein böser Kobold ist ein guter Kobold.

Durch das Aufeinandertreffen mit der 13-jährigen Theresa wird Theodor in eine ganz andere Richtung gelenkt, als er es jemals zu denken gewagt hätte. Theodor muss ein höchst gefährliches Abenteuer bestehen und sich gegen die furchtbar gemeine Gunnar-Kobold-Gang zur Wehr setzen. Auch Theresa will sich gegen das gemeine Mobbing an ihrer Schule behaupten. Und so kommt es dazu, dass die beiden parallel und Hand in Hand, oder eher „Hand in Tatze“, aufregende Auseinandersetzungen von mutigen Minderheiten gegen ziemlich krötgefährliche Gegner bestehen müssen. Trudi, das keckpfiffige Flederschwein, komplettiert das unvergleichbare Team.

Alles ist garniert mit ein paar irrwitzigen Einfällen, jeder Menge wurzschmatzköstlicher Späße und wunderschön vertrackter Kobold-Spezial-Sprache.

ORIGINALTON THEODOR: Wenn Du jetzt gerade irritiert denkst: „Mit wem zum Troll hat der es eigentlich??!!“, dann hör bloß auf damit! MIT DIR NATÜRLICH! Du, der dieses Buch in der Hand hat! Jaha – DUHU! Oh nee, und jetzt frag Dich bloß nicht, woher ich weiß, dass gerade Du das bist! Mensch!! Kobolde?? Magie?? Und so!?! VERSTANDEN? Kopf genug geschüttelt? Buch noch immer nicht weggelegt? Herrje, Du bist ja hartnäckig wie ein goldlockiger Wassergnom! Also gut – aber beschwer Dich hinterher nicht, dass es dabei um jede Menge oberkrötige, fiese Koboldstreiche ging! Also beschweren kannst Du Dich schon! Aber NICHT BEI MIR!

DIE AUTORIN

Moni Folz, Jahrgang 1969, lebt mit ihrem Mann in der schönen Südpfalz. Dort am kleinen Schreibtisch, mit Blick in den Garten, ist Kobold Theodor aus Untenwelt aufgetaucht und hat es sich seither in ihrem Leben so richtig gemütlich gemacht. Aus allen Ecken und Winkeln grinst er sie schelmisch an, lässt sie mitunter mitten in der Nacht aus dem Bett springen, weil ihm gerade eine prima Idee für einen rattwurmstarken Streich gekommen ist oder hockt gemeinsam mit ihr am Teich und lässt die Seele baumeln. Erfüllend

IMPRESSUM

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek erfasst diesen Buchtitel in der Deutschen Nationalbibliografie. Die bibliografischen Daten können im Internet unter http://dnb.dnb.de abgerufen werden.

Alle Rechte vorbehalten. Insbesondere das der Übersetzung, des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk, Fernsehen und Medien – auch einzelner Teile. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere neuartige Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

HINWEIS: Deutsch ist überaus vielschichtig und komplex. Der Verlag versucht, nach bestem Wissen und Gewissen alle Bücher zu lektorieren und zu korrigieren. Oft gibt es allerdings mehrere erlaubte Schreibweisen parallel. Da will entschieden werden. Zudem ergeben sich immer wieder Zweifelsfälle, wozu es oft auch keine eindeutigen Antworten gibt. Schlussendlich haben auch die Autorinnen und Autoren ureigene Sprachpräferenzen, die sich dann bis in die Kommasetzung, Wortwahl und manche Schreibung wiederfinden lassen können. Bitte behalten Sie das beim Lesen in Erinnerung.

Coverbild © Moni Folz | Coverentwurf © Moni Folz & Klaus Jans |

E-BOOK-ISBN 978-3-939832-96-6

Erste Auflage E-BOOK September 2017

HINWEIS: Es gibt dieses Buch auch als Papierbuch.

KUUUK Verlag und Medien Klaus Jans

Königswinter bei Bonn

K|U|U|U|K – Der Verlag mit 3 U

www.kuuuk.com

Alle Rechte [Copyright] © KUUUK Verlag – [email protected] und © Moni Folz – [email protected]

...

Meinem wunderbaren Mann

...

Behaupten zu wollen, wir Kobolde wären

böse, gemein, intrigant, hinterlistig

und schadenfroh,

...

wäre absolut untertrieben!

Wir sind nämlich auch hämisch, höhnisch, gehässig

und teuflisch fies!

Aber ihr armen Menschlein habt ja

überhaupt keine Ahnung,

1

THEODOR

Der dunkle See weit unterhalb der großen Abbruchkante wird Schlickersee genannt. Seine brackigen Fluten sind zäh und stinkend wie schlammiger Schlick.

Wenn man sich wagemutig durch schartig schroffe Felsblöcke zwängt und sich vorsichtig über das brüchige Geröll tastet, kann man den Blick über den wie geschliffen scharfen Rand senken. Auch wenn es schmerzt, tut man gut daran, sich am dornig gezähnten Fels festzuhalten.

Unten schimmert der See wie ein lichtloser, glatt polierter Spiegel. Nur wer eine Weile so nahe am Abgrund zu verweilen vermag, bemerkt die schwarzen kleinen Wellentäler, die sich raupengleich zwischen dunkelgrauen Wellenkämmen winden. Erkennt die träge auftauchenden, riesigen Wellenbuckel, die die Oberfläche mit sich schläfrig krümmenden Wirbeln übersäen.

Mit jeder Sekunde, die das Auge in der Tiefe verbleibt, verstärkt sich der Sog, der den Betrachter hinabziehen will, und das dumpfe, saugende Schmatzen in der Luft verführt zum Loslassen. Einzig der Griff am eiskalten Felsrand erdet den Beobachter. Doch es scheint, als würde sich der sichernde Felsen langsam kriechend aus der Tiefe her erwärmen. Wer sich jetzt nicht vom Abgrund losreißt, wird unweigerlich den Schritt über den Rand gehen. Nur einige wenige hat die schlammige Flut danach wieder hervorgewürgt.

Der Schlickersee liegt in der größten der magischen Koboldhöhlen, aber sein beißend bittrer Gestank strömt weit in die anderen Höhlen hinein und hinterlässt auf der Zunge einen klebrigen, teerartigen Geschmack.

Das Ufer ist übersät mit gurgelnden Schlickerlöchern, in denen sich armdicke schmutzgraue Rattwürmer aalen. Die blubbernden Gruben durchziehen nicht nur die Ufer des Schlickersees, sie liegen verstreut bis in die hintersten Winkel der Koboldhöhlen. Durch die stampfenden Fluten des Sees gespeist, sind sie in einem unterirdischen, scheinbar lebendigen Netz miteinander verbunden. Denn urplötzlich kann sich in einem eben noch sicheren Höhlengang eines der Löcher auftun und sich einen unachtsamen Spaziergänger treibsandgleich einverleiben. Einzig die listigen Rattwürmer vermögen das Netz der Schlickertiefen unbeschadet zu nutzen und tauchen durch die unterirdischen Tiefen, um an einem weit entfernten Höhlenwinkel wieder hervorzukriechen.

Verlässt man die Ufer des Schlickersees, wird das Geräusch seiner wogenden Wellen wie ein ewig hallender Ton zum Begleiter. Erst in den äußersten Höhlen verklingt er zu einem leisen sirrenden Schlürfen.

An diesem letzten Saum der Tunnel haust Theodor. Der böseste, gemeinste, hämischste, hinterhältigste, tückischste, teuflisch fieseste und grusligste Kobold des gesamten Koboldclans – behauptet er jedenfalls!

Seiner Meinung nach, wird das besonders unterstrichen durch die schwarz zerklüftete Narbe, die das zottige Fell seines linken Arms mit einer breiten Furche zerteilt. Das schauerliche Mal nimmt seinen Anfang auf seiner borstigen Schulter, windet sich schlangengleich den langen Arm hinab, krümmt sich auf seinem Handrücken zu einer schuppigen Schrunde und kriecht schließlich in zwei dürren, fasrigen Fäden bis zum zersplitterten Rest seiner Daumenkralle. Oberkoboldmäßig gruselig findet Theodor.

Auch die zwischen blaugrünen Zotteln hervorragenden, braunschorfigen Hornansätze, die gelbbraunen Zahnstummel und die klauenbewehrten, tatzenartigen Hände lassen eine gewisse Gefährlichkeit erahnen. Allerdings ist Theodor mit seinen 127 Jahren noch nicht mal einen Meter groß und damit viel zu klein für sein jugendliches Alter. Die orangefarbenen Glubschaugen, die rote Knubbelnase und der grünstruppige, kugelige Bauchansatz wirken eher niedlich als bedrohlich. Selbst die kurzen, knotigen O-Beine und der lange Stoppelschwanz mit seiner wollig puscheligen Quaste sind so ganz und gar unkoboldmäßig süß und nett.

„Ach PAPPERLAKRÖT!!! ICH BIN NICHT NETT!!! Auf keinen Fall! Vertrollt nochmal und zugegnomt! Als gäbe es überhaupt auf der Welt auch nur einen einzigen Kobold, der NETT ist!“, poltert es laut aus einem schmalen Felsgrat, der offenbar in eine der wenigen Wohnhöhlen hier führt.

„Allein schon die Annahme, ich könnte NETT sein, ist absolut lächerlich! Und wenn du mir deine neunmalklugen, dreigedrehten Orakelweisheiten noch und nöcher in die Ohren säuselst! Ich bin gemein! Ich bin fies! Und ich bin echt gruselig! Ich bin NICHT NETT! Und jeder, der das Gegenteil behauptet, den versenke ich höchstpersönlich im nächsten Rattwurmloch! Und mit dir winzigem Flederschwein fange ich am besten gleich an!“

Etwas, das wie eine dicke, faustgroße, rosagrüne Hummel aussieht, zischt fröhlich glucksend aus dem Felsspalt heraus.

„Ja klar. Du bist ja sooooo böse! Und darum wirfst du auch mit deinem ganz furchtbar harten Flauschkissen nach mir! Ach Theodor – ich mag dich, auch wenn du so ganz und gar unkoboldmäßig drauf bist!“ Mit gluckerndem Gekicher surrt das kleine, geflügelte Flederschwein um die nächste Tunnel­ecke und ist verschwunden.

Missmutig grummelnd und mit entrüstet in die Seite gestemmten Fäusten steht Theodor mitten in seiner Wohnhöhle und tapst watschelnd zum Ausgang, um nachzusehen, ob seine nervige kleine Flederschweinfreundin auch wirklich die Kurve gekratzt hat.

Fauchend stößt er die Luft aus den knubbeligen Nasenlöchern, um dann mit dem langen, blaugrünen Schwanz sein fliederfarbenes Kissen durch die Luft zu balancieren und es schließlich mit einem zarten Plopp auf sein Koboldlager plumpsen zu lassen.

Dann dreht er sich breit grinsend um und knurrt „Ha – der hab ich’s aber gezeigt, der alten Besserwisserin! Ich und nett, ph! Das bildet die sich doch alles nur ein! Ich werde ganz sicher irgendwann im großen Koboldrat den Vorsitz führen. Genau! Die werden alle nach meiner Fiepe tanzen. Jawohl! Alle!“

Mit leuchtenden Augen stolziert Theodor durch seine Höhle, um mit einem vorfreudig strahlenden Lächeln aus einem Felsenloch in der Wand eine große verbeulte Blechdose hervorzuholen.

Eines seiner knautschig weichen Ohren eng an die Dose gepresst, lauscht er dem kaum vernehmbaren, kratzigen Scharren im Innern. Genüsslich verdreht er die großen Glubsch­augen. Wenn er jetzt noch etwas butterwarme Rattwurmbrühe hätte, dann wäre es wahrlich ein Festmahl. Na ja, geht auch ohne! Mit vorsichtigem Drehen öffnet er langsam den Deckel.

„Na, ihr Kleinen? Ihr seht ja lecker aus! Na, na, na, wer wird denn hier ausbüxen wollen?!“ Mit spitzen Krallenfingern schnappt Theodor eine langbeinige Spinne und lässt sie zappelnd auf die breite, dornig harte Zunge fallen. Lecker, das knirscht wie Schokosplitter auf Moccasahneeis.

Zufrieden schmatzend leert Theodor den Inhalt seiner Vesperdose, um diese dann mit bedauerndem Blick wieder in die Felsnische zurückzuschieben.

Mist, ich muss heute doch noch in die inneren Höhlen aufbrechen! Dabei hatte er gehofft, mal ein bisschen Frieden in seinem Unterschlupf genießen zu können.

Vielleicht, wenn er viel Glück hätte, dann wäre nicht viel los in den Höhlengängen. Vielleicht, wenn er viel Glück hätte, dann wäre Gunnar mit seiner Gang am anderen Ende der Höhlen. Vielleicht, wenn er viel Glück hätte, dann fände er schnell einige Vorräte und wäre genauso schnell wieder zurück.

Ich werde in den Felsen an der Abbruchkante suchen und den ganzen Trubel umgehen. An der Klippe hab ich Deckung. Und wer weiß, vielleicht finde ich ja außer Spinnen sogar noch ein paar knackig frische Eumeltritschkäferchen. Genüsslich schnalzt Theodor mit der Zunge und zieht rumpelnd eine große hölzerne Truhe aus einer Felsspalte hervor. Er öffnet sie und kramt nach seinem erdbraunen speckigen Ledersack, den er sich entschlossen über die borstige Schulter wirft.

„Upps!“, entfährt es ihm, als er sich schwungvoll umdreht, sich in den Längen seines Schwanzes verheddert und mit einem lautem Platsch mitten in seine Sammlung Flummibälle knallt.

Lärmend prasseln die Bälle auf ihn herab, springen vibrierend wieder in die Höhe, um in einem erneuten Hagel auf ihn niederzuregnen.

„Wanzenfett und Rattwurmmist!“, stöhnt Theodor, rappelt sich mühsam auf, bleibt mit seinen rissigen Hornansätzen in seiner wollig knisternden Decke hängen, um mit einem Salto gurgelnd auf seinem Koboldlager zu landen.

Am besten, ich bleib einfach liegen!, fährt es ihm noch durch den Kopf, bevor ihn die durch die Flummibälle abgeschossene Koboldlaterne trifft und ins Reich der Träume schickt.

Nein, ich will nicht, stöhnt Theodor träumend und windet sich wimmernd zu einem steifen, engen Knäuel. Die langen Arme und der struppige Schwanz umspannen seinen kleinen gedrungenen Körper wie straff gespannte Stricke. In einem taumelnden Alptraum stürzt Theodor in der Zeit zurück und findet sich in den dunklen Höhlengängen nahe des Schlickersees wieder.

„He, hier ist dein Beutel, fang ihn! Ach so was, bist du etwa zu klein, um ihn zu fangen??? Upps, da hab ich ihn wieder! Dumm, wenn man so kurze Beine hat, aber jetzt – och, wieder nicht!“ Vielstimmige, grölende Lachsalven jagen donnernd über Theodor hinweg und katapultieren ihn weiter und tiefer in den quälenden Angsttraum. Gunnar. Gunnar und seine Gang.

Nun atmet er den gallig ätzenden Modergeruch der Schlickerlöcher. „Du winzige Witzfigur eines Kobolds, du hast mehr Ähnlichkeit mit einem goldlockigen Wassergnom oder einer grünbauchigen Grottenkröte als mit einem gestandenen Kobold! Du bist eine Schande für den gesamten Koboldclan.“ Unter den hämisch peitschenden Hieben windet sich Theodor zu einem starren, tauben Bündel auf seinem Lager.

Lass mich in Ruhe, lass mich doch in Ruhe, flutet es durch seine ohnmächtigen Gedanken. Unbarmherzig stechendes Licht fesselt Theodor geblendet auf schwarzem Stein, klirrend kaltes Kettengerassel lässt ihn unwillkürlich die Arme noch dichter an den Leib ziehen. Der schwarze Stern. Der Anklageplatz des großen Koboldgerichts. „Hier gehörst du hin! Du Irrtum eines Kobolds. Du kannst nichts. Du bist nichts. Du bist eine einzige plumpe Ungeschicklichkeit!“, brandet Gunnars dröhnende Stimme über Theodor hinweg.

Ich bin ein richtiger Kobold. Ich werd’s euch beweisen. Ich muss nicht vor den Koboldrat. Ich bin ein richtiger Kobold.

„Ich bin ein richtiger Kobold!“ Mit einem Schrei befreit sich Theodor aus dem lähmenden Albtraum. Fauchend springt er von seinem Bett. „Gunnar“, zischt er wütend hervor.

Gunnar und seine Gang verfolgen Theodor nicht nur im wahren Leben. Immer wieder stehlen sie sich auch in seine Träume. „Gunnar“, stößt er ein weiteres Mal hervor und lässt sich grimmig erschöpft auf sein Lager zurückfallen. Wenn ich nur wüsste, wie ich ihn loswerden könnte!?

„Ach was, jetzt muss erst mal was zu essen her!“, brummt Theodor und schüttelt seine blaugrünen Zotteln wie ein nass gewordener Fransenbär, so dass sein langer Schwanz die überall herumliegenden Flummibälle wieder aufwirbelt. Entschieden wirft Theodor sich ein weiteres Mal den Ledersack über die Schulter und macht sich auf zu den inneren Höhlen.

Er hat Glück und hat auf dem Weg nur ein Dutzend Begegnungen mit anderen Höhlenbewohnern, von denen ihn die eine Hälfte gänzlich ignoriert und die andere Hälfte lediglich mit den kleinen, boshaften Pöbeleien betitelt, die er von klein auf gewohnt ist.

„Achtung, der große, böse, gemeine Herr Niedlich ist unterwegs. Oh, oh, jetzt müssen wir aber Angst haben!“

„Oh weh, in Deckung, Herr Obertölpel ist im Anmarsch!“ Während ihn hämisches Gelächter durch die Gänge treibt, hängt Theodor trotzig seinen Gedanken nach. So viele echte Koboldgemeinheiten hat er in seinem Leben schon vollbracht. Ein Grinsen legt sich auf Theodors Gesicht.

Als er mittels bester Koboldmagie die granitschwarzen dornenbewehrten Keulen der Koboldwächter in flauschige buntschillernde Staubwedel verwandelt hatte. Oder als er alle grünbauchigen Grottenkröten der Höhlen mit einem Streich in die riesigen Töpfe der Koboldküche geschafft hatte. Oder – und darauf war er besonders stolz – als er das gesamte Schlickerlochnetz mit rotem Krautwurzsaft leuchtend pink gefärbt hatte. Eine kurze Zeit lang schimmerten alle darin badenden Rattwürmer in einem zarten Rosa und dufteten nach süß herbem Lakritz – ja, da hatte er sich wahrlich selbst übertroffen. Nun ja, Koboldwächter, Koboldköche und Rattwürmer fanden das freilich nicht besonders komisch, aber er hatte wirklich viel Spaß gehabt.

Und das waren ja nur seine kleineren Koboldkapriolen. Wenn er daran dachte, wie er besagte Koboldküche mit Schlickerwasser geflutet, die eisernen Koboldportale zur Versammlungshalle gesprengt oder alle Koboldlaternen der Höhlen auf einmal gelöscht hatte, durchlief ihn ein wohliges Schnurren.

Das war doch gar keine Absicht von dir, schallt Trudis entnervende Piepsstimme durch seine zufriedenen Gedankengänge – das war deine reine pure Ungeschicklichkeit! Auch wenn’s echt komisch war!

Ja, es war wohl so gewesen, dass Theodor schon das ein oder andere Mal unbeabsichtigt ein paar Steinschläge in den Tunneln ausgelöst hatte. Der eine, der den Hauptwasserlauf der Höhlen kurzzeitig in die Kochhöhlen umgeleitet hatte. Oder der, welcher die Felsen direkt gegen die Koboldportale donnern ließ. Oder der ganz große, der das gesamte Höhlennetz erschütterte und dabei sämtliche Laternen aus den Halterungen riss.

„Aber das zählt TROTZDEM!“, brummt Theodor laut.

2

FREUND UND FEIND

„Trotzdem was?“, quäkt plötzlich eine Stimme ganz nah an seinem linken Ohr. „Trotzdem du gesagt hast, du gehst nicht mehr in die Nähe der großen Abbruchkante, befindest du dich auf halbem Tunnel dorthin? Trotzdem du gesagt hast, du führst niemals Selbstgespräche, brummelst du die ganze Zeit vor dich her? Oder trotzdem du gesagt hast, du hast noch jede Menge Vorräte, bist du schon wieder mit deinem Futtersack unterwegs?“

„TROTZDEM du eines der letzten Flederschweine auf der Welt bist, würde ich dich jetzt echt grade gerne als Zunderstoff in die nächste Koboldlaterne stopfen. Was, nebenbei gesagt, das Licht eher dunkler statt heller machen würde!“, entgegnet Theodor übellaunig.

Aus den Augenwinkeln betrachtet Theodor mürrisch seine kleine Flederschweinfreundin Trudi und muss unwillkürlich grinsen. Trudi ist schon eine Besonderheit in den Höhlen.

Sie lebt allein in der Höhle des großen Koboldorakels, mit dem sie – nach ihrer eigenen prahlerischen Aussage – eine tiefsinnige Freundschaft verbindet. Wer’s glaubt, denkt Theodor nur. Aufgrund dieser tiefschürfenden Verbindung meint Trudi auch, die Weisheit quasi gepachtet zu haben, stets mit ihren Aussagen ins Schwarze zu treffen und mit ihren Prophezeiungen immer richtig zu liegen.

Das olle Orakel scheint irgendwie auf sie abzufärben, spekuliert Theodor innerlich schulterzuckend.

Theodor war vor langer Zeit auch mit einer Frage vor das riesige, felsige Monument des Orakels getreten. Aber die Antwort, die er bekam, hatte ihn mehr verwirrt, als sein Problem gelöst.

Damals wollte er vom Orakel wissen, ob er es denn je schaffen würde, allen zu beweisen, dass er ein richtiger, durch und durch echter Kobold wäre. Die Weissagung, die ihm gemacht wurde, war wenig erhellend: Die Zeit und die Begegnung werden dein wahres Wesen enthüllen und du wirst über Grenzen hinweg den Ruf eines einzigartigen Kobolds erlangen.

Die Zeit? Die Begegnung? Theodor wusste bis heute nicht, was dieser verflixte, ehrfurchtheischende Steinklotz damit meinte. Darum hielt er sich lediglich an den doch aussagekräftigen „Ruf eines einzigartigen Kobolds“. DAS hörte sich wirklich vielversprechend an.

Mit dieser rosigen Zukunftsprognose im Kopf betrachtet Theodor seine Begleiterin nun mit wohlgesinnterem Blick als noch vor wenigen Minuten.

Flauschig – war das Wort das ihm sofort eingefallen war, als Trudi das erste Mal, dort in der Orakelhöhle, seinen Weg kreuzte.

Ihren flaumig behaarten Körper zieren schmale rosagrüne Ringe, und der zarte, schmiegsame Pelz lässt den starken Wunsch nach Berührung und Nähe aufkommen. Was freilich angesichts Trudis Größe recht schwierig ist. Am ehesten lässt sich das Aussehen des Flederschweins mit dem einer kleinen, faustgroßen, wolligweichen Hummel vergleichen. Ihre nadelspitzen Krallenfüße würde sie wahrscheinlich gegen jedweden Annäherungsversuch vehement einsetzen und mit erbost zeternder Stimme würde sie wohl schließlich auch das letzte verbliebene Kuschelbedürfnis zunichte machen.

Wenn Trudi so richtig in Rage ist, stellen sich alle ihre sonst flauschigen Häarchen wie kleine Igelstacheln auf und sie schwirrt wie ein aufgeregter, zerzauster Federball herum.

Mit ihren knisternden, dunklen, blaugrünen Flügeln ist Trudi überraschend schnell unterwegs. Ihre fledermausartigen Flügel sind wie gemacht für rasante Sturzflüge, schwungvolle Loopings oder blitzschnelle Bremsmanöver.

Nach ihren Landungen hat Trudi die seltsame Angewohnheit, ihre pelzigen Haare über dem linken Ohr festzuzwirbeln, und dann loszulassen, so dass sie wie ein kleiner haariger Springbrunnen auseinanderfedern und ihre Ohrmuschel kitzeln.

Ihre Ohren – sind Trudis wunder Punkt. Sie findet sie viel zu groß. Dass dies bei Flederschweinen durchaus normal ist, lässt sie nicht gelten, denn schließlich kann man das bei so wenigen Flederschweinen, die es noch gibt, gar nicht verlässlich sagen. Auch, dass dadurch manche ihrer waghalsigen Flugmanöver erst möglich sind und sie dadurch letztlich auch wirklich besser hört, ist für Trudi kein Argument. Sie findet ihre Ohren zu groß – BASTA! Und man tut gut daran, einem kratzbürstigen, starrköpfigen Flederschwein nicht zu widersprechen, sondern gerade in diesem Punkt die Sache auf sich beruhen zu lassen.

Andererseits ist das wenigstens ein Hebel, mit dem Theodor die sonst so selbstsichere Trudi aus dem Lot bringen kann.

„Und sonst so? Ist dir irgendwas Wichtiges zu Ohren gekommen?“, bemerkt Theodor frotzelnd.

„Ha ha, keine Chance! Du ärgerst mich heute nicht! Dafür hab ich viel zu gute Laune! Und wenn du sehr sehr nett zu mir bist, verrate ich dir auch ein großes Geheimnis!“, gurrt Trudi fröhlich von seiner Schulter her.

„Großes Geheimnis? Ach hör bloß auf, welche großen Geheimnisse kann so ein winziges, großohriges Flederschwein schon in Erfahrung gebracht haben? Vielleicht, wie viele unglaublich sinnfreie Prophezeiungen dein schwatzhafter Orakelkumpel in letzter Zeit gemacht hat? Oder was die Koboldküche heute in ihren Töpfen hat? Oder ob die grünbauchigen Grottenkröten rotbauchige Verwandte haben? Nee, lass mal, deine Geheimnisse sind nun wirklich keine besonders hervorragenden Enthüllungen!“

„Na gut“, quiekt Trudi spitz, „wenn dich nicht interessiert, wo Gunnar und seine Kumpane ihren versteckten Treffpunkt haben. Bitte!“

Mit einem Blitzstart zischt Trudi von Theodors Schulter und verschwindet hinter der nächsten Tunnelbiegung.

„Hey! Trudi! Stop! Halt! Warte mal!“ Theodor hechtet um die Ecke, um abrupt stehen zu bleiben. Trudi fliegt breit grinsend, mit zufrieden vor dem Körper verschränkten Armen, direkt vor Theodors roter Knubbelnase.

„Jahaaa???“, fragt Trudi feixend. „Was denn?“

„Okay, okay“, meint Theodor gespielt zerknirscht. „Was hast du denn für Neuigkeiten?“ Und mit einem gezierten Augenaufschlag blickt er Trudi aus seinen orangefarbenen Glubsch­augen groß und inbrünstig an.

„Komm. Lass stecken!“, gickelt Trudi, lässt sich mit einem leisen Plopp wieder auf der dunklen Narbe seiner linken Schulter nieder und stupst ihn freundschaftlich mit dem kleinen Kopf an.

„Also, ich war heute morgen in der Versammlungshalle unterwegs, als ich Gunnars Kumpel eilig Richtung Schlickersee gehen sehe. Ich hab mir erst nichts dabei gedacht, als ich am Ende der Halle Gunnar erspähe. Echt – der ist sooo hässlich, es ist ein Wunder, dass nicht jeder, der ihn sieht, einen Kotzanfall kriegt!“

Theodor nickt zustimmend, verdreht in scheinbarem Entsetzen die Augen, greift sich dramatisch an die Kehle und gibt vor, sich zu erbrechen. Trudi hält sich prustend den Bauch und folgt Theodors Beispiel.

„Na und“, quietscht Theodor schließlich atemlos „was war denn jetzt mit Gunnar???“

Trudi muss erst einige Male tief durchatmen, bevor sie mit verschwörerischer, triumphierender Miene berichtet.

Gunnar hatte seine Kumpane am Ausgang der Versammlungshalle in Empfang genommen, sie wie Maultiere mit schweren Säcken beladen und dann in Richtung Schlickersee geführt. Trudi wollte schon weiterfliegen, als sie gerade noch aus den Augenwinkeln sah, wie Gunnar urplötzlich scharf abbiegt und direkt auf die schroff aufragende Felswand der Abbruchkante zustrebt. DAS erschien ihr dann doch etwas seltsam. Schließlich gibt es in diesem schroffen, kargen Gestein keinerlei Höhle, Durchgänge oder Aufstiegsmöglichkeiten. Neugierig geworden änderte Trudi den Kurs, stieg hoch über den Schlickersee auf, um ungesehen alles beobachten zu können.

Doch mit einem Male waren Gunnar und seine Gang wie vom Erdboden verschluckt. Eben noch waren sie zwischen den ersten Felsvorsprüngen hindurchgeklettert, und Trudi erwartete, sie gleich wieder dahinter auftauchen zu sehen. Aber – sie waren verschwunden.

Trudi war direkt über die Felsüberhänge geflogen, aber sie konnte nichts entdecken. Schließlich war sie langsam tiefer gesunken, und mit dem Näherkommen erkannte sie einen mannshohen Riss im Gestein. Es war klar, da hinein mussten die sieben Kobolde verschwunden sein.

„Ein geheimer Gang? In der Abbruchkante?“, fragt Theodor ungläubig den zottigen Kopf schüttelnd. „Ist nicht dein Ernst!?“