PARTEIEN - QUELLEN DES UNSINNS EUROPAS WEGE IN DIE ZUKUNFT - Georg Matuszek - E-Book

PARTEIEN - QUELLEN DES UNSINNS EUROPAS WEGE IN DIE ZUKUNFT E-Book

Georg Matuszek

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Beschreibung

Die Idee, Parteien als Instrumente des Unsinns zu bezeichnen, ist provokativ und wirkt auf den ersten Blick polemisch. Doch sie wirft die ernsthafte Frage auf, welche strukturellen Schwächen Parteien dazu bringen, sich von sachlichen Diskussionen und klugen Entscheidungen zu entfernen und stattdessen Mechanismen zu entwickeln, die eher unnötige Machtkämpfe als innovative Problemlösungen fördern.

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Seitenzahl: 216

Veröffentlichungsjahr: 2025

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INHALTSANGABE

1. Parteien-Quintessenz

2. Spezialfälle der Parteienlandschaft

3. Von der neuen Unerträglicheit des Parteidenkens

4. Modernität der Einstellungen

5. Die europäische Herausforderung

6. Gefahren für Europa

7. Imperialistische Einflüsse

8. Fakes und die Öffentlichkeit

9. Europas to-do-Liste

10. Was Euopa braucht

11. Von der Bedeutung neuer Allianzen

12. Europäisches Bündnis auf Zukunft

13. Assessments von Kommentatoren

14. Missglückte Ideenbewertung

15. Durchführungs-Modus

16. Reaktionen einer freien Gesellschaft

17. Erhoffte Zukunft

18. Mentaler Turn-around

1. PARTEIEN-QUINTESSENZ

Die Idee, Parteien als Instrumente des Unsinns zu bezeichnen, ist provokativ und wirkt auf den ersten Blick polemisch. Doch sie wirft die ernsthafte Frage auf, welche strukturellen Schwächen Parteien dazu bringen, sich von sachlichen Diskussionen und klugen Entscheidungen zu entfernen und stattdessen Mechanismen zu entwickeln, die eher unnötige Machtkämpfe als innovative Problemlösungen fördern. In den meisten Fällen bilden die überkommenen Parteien in der heutigen Zeit eine perfekte Mischung aus kollektiver Selbstüberschätzung, ideologischer Sturheit und dem festen Glauben, dass die Welt nur gerettet werden kann, wenn man ihr erst einmal die eigene Wahrheit aufzwingt.

Eine der zentralen Kritiken an Parteien in Parlamenten ist der sogenannte Fraktionszwang. Obwohl Abgeordnete in einem demokratischen System theoretisch frei sind, nach ihrem Gewissen zu entscheiden, herrscht in der Praxis meist ein enormer Druck, sich der Parteilinie zu fügen. Dies bringt mit sich, dass individuelle Meinungen und fachliche Expertise zugunsten eines kollektiven Konsenses unterdrückt werden. Anstatt unterschiedliche Perspektiven innerhalb einer Partei auch nach außen hin zuzulassen, wird der Kadergehorsam priorisiert. Deswegen finden innovative Ideen von Einzelpersonen in Parteien keinen Raum. Modernes Kommunikations- und Problemlösungs-Management hat in die Parteipolitik noch keinen Eingang gefunden.

Das Tagesgeschäft der Abgeordneten besteht darin, zu zeigen, wie gut sie, ganz ohne eigene Ideen, der Partei-Linie folgen. Wer es wagt, aus der Reihe zu tanzen, wird sofort disqualifiziert. Eine brillante, innovative Lösung für das Rentenproblem oder die Migrationskrise zu präsentieren, steht leider nicht im Drehbuch. Man hat keine Wahl, die Partei bestimmt den Lifestyle. Die Kunst der politischen Selbstverleugnung hat ihren eigenen Reiz. Eine Tätigkeit voller Zustimmung und der ständigen Angst, den eigenen Stuhl zu verlieren, sollte man jemals wagen, einen eigenen Gedanken zu äußern. Es lebe die sorgfältig orchestrierte Einfalt, sie bedarf keiner Beherrschung von Kreativ-Techniken.

Wenn die Loyalität zur Partei wichtiger wird als die Auseinandersetzung mit den Sachfragen, verliert die Demokratie an Substanz. Entscheidungen verflüchtigen sich und werden ineffizient, da sie nicht auf fundierten Evidenz-basierten Überlegungen beruhen. Da Parteien in einem kompetitiven System um Macht und Einfluss konkurrieren müssen, verwenden sie mehr Energie darauf, politische Positionen zu sichern, anstatt langfristige Lösungen für gesellschaftliche Probleme zu entwickeln. Demzufolge orientieren sich die Entscheidungen an Wahlzyklen. Lösungen, die kurzfristig populär erscheinen, werden bevorzugt, selbst wenn sie langfristig problematisch sind. Dieser Kreislauf bewirkt, dass die Glaubwürdigkeit der Akteure in der Wählerschaft abnimmt und bei jedem Zyklus rochiert. In einer medial geprägten Welt wird Politik zunehmend auf ihre Außenwirkung reduziert. Die Frage, wie eine Entscheidung in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird, überlagert die sachliche Auseinandersetzung.

Die Mittelmäßigkeit wird zur oberen Schwelle der Norm. Parteien neigen dazu, sich selbst gegen Kritik von außen abzuschotten und interne Schwächen zu verleugnen. In einer Umgebung, in der Anpassung belohnt wird, setzen sich oft nicht die besten Ideen, sondern die am wenigsten kontroversen durch. Die Öffentlichkeit verliert das Vertrauen in Parteien, sobald sie als ineffizient oder realitätsfern wahrgenommen werden. Dadurch erhalten populistische Bewegungen Zulauf, die vorgeben, eine Alternative zu den etablierten Parteien zu sein. Der politische Diskurs wird dann weniger von sachlichen Argumenten als von ideologischen Grabenkämpfen bestimmt. Eine Parteienlandschaft, die eher Stillstand als Fortschritt symbolisiert, trägt dazu bei, dass Bürger sich von politischen Prozessen entfremden. Die Radikalen bleiben übrig. Sie sind die engagierten Verfechter der Art und Weise, die Welt zu retten, indem sie sie vorerst vollständig abbrennen. Nach ihrer Überzeugung besteht der beste Weg zum Konsens darin, erst mal alle anderen Meinungen abzuschaffen. Deren Führer sind Meister einer Diplomatie, die jede Diskussion mit dem Motto bereichern: wer nicht für uns ist, ist gegen uns.

Eine Partei an sich stellt keinen Grundwert dar, denn dieser ist zunächst einmal parteiunabhängig ein fundamentales Prinzip, das den ethischen und moralischen Grundstock einer Gesellschaft bildet. Dazu gehören Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichheit, Solidarität und Menschenwürde. Eine Partei hingegen ist ein politisches Organisationsinstrument, das darauf abzielt, bestimmte Ideologien und Programme innerhalb eines Systems zu vertreten und durchzusetzen. Sie kann auf der Grundlage von Werten handeln, aber sie selbst ist kein moralisches oder ethisches Prinzip.

Eine Partei des 21. Jahrhunderts ist meist eine gut finanzierte Selbsthilfegruppe, ausgestattet mit einem klassisch überholten Logo. Und wer einer Partei Grundwertstatus zuschreibt, glaubt vermutlich auch, dass der Thermomix die Grundlage des Kochens ist. Wenn sich eine Partei so sehr überhöht, ist man bald näher an der Götzenanbetung als an der Demokratie. Sie ist wie eine Pizza, die behauptet, sie hätte den Käse erfunden. Parteien meinen, sie seien die Gipfel der politischen Klugheit, doch manchmal wirken sie wie ein Treffpunkt für Menschen, die das Kollektiv für schlauer halten als den gesunden Menschenverstand, eine Art Verein, in dem zu denken vorgegeben ist, nicht zu denken, zumindest nicht zu laut, falls der Fraktionszwang mithört. Parteien lösen oftmals Probleme wie ein Elefant, der eine Fliege jagt, mit viel Aufwand, Getöse und am Ende mit einer kaputten Vase. Entscheidungen werden oft so getroffen, dass man sich fragt, ob jemand wirklich dabei war, oder ob Praktikanten heimlich die Entscheidung getroffen haben. Hauptsache, die PR-Abteilung kann danach twittern: "wir haben geliefert."

Die historische Obsoleszenz von Parteien bezieht sich auf den Prozess, in dem diese im Laufe der Zeit an Bedeutung verlieren, aus dem politischen System gar verschwinden oder ihre Relevanz einbüßen. Dieser Prozess ist durch verschiedene Faktoren bedingt, darunter gesellschaftliche, politische, technologische oder wirtschaftliche Veränderungen, die die Bedürfnisse und Präferenzen der Wählerschaft verändern.

Wenn sich die gesellschaftlichen Werte und Bedürfnisse grundlegend ändern, bekommt eine Partei, die ursprünglich mit den dominierenden Interessen und Werten einer bestimmten Zeit übereinstimmte, Schwierigkeiten, mit den neuen Entwicklungen Schritt zu halten. Das passiert besonders dann, wenn sie an den traditionellen Ideologien festhält und nicht in der Lage ist, auf neue gesellschaftliche Strömungen zu reagieren.

In vielen Ländern verändert sich das Parteiensystem durch neue politische Bewegungen, die die Interessen der Wählerschaft besser repräsentieren. Als logische Konsequenz werden Parteien in einem sich wandelnden System irrelevant oder marginalisieren sich selbst. Interne Krisen, Skandale oder Skandale, die das Vertrauen der Wählerschaft in eine Partei untergraben, verdeutlichen ebenfalls ihre Obsoleszenz. Wenn eine Partei nicht in der Lage ist, ihre Krisen zu überwinden oder sich von einem Skandal zu erholen, verliert sie an Bedeutung. Die neuen Formen der politischen Mobilisierung und des Dialogs lassen die alten Strukturen von etablierten Parteien verblassen.

Man könnte meinen, das Parteiensystem sei ein Relikt aus der Vergangenheit, ein wenig wie eine längst überholte VHS-Kassette. Schwelgen Parteien zu lange in ihrer Vergangenheit, werden sie irgendwann vom nächsten Meteoritenschauer, auch bekannt als neue politische Bewegungen, hinweggefegt. Sie waren mal die strahlenden Helden des politischen Diskurses, doch heute? Wie lässt sich der Dinosaurier-Effekt der letzten Bastionen der Vergangenheit erklären? Da gibt es diese alten Parteien, die auf dem politischen Parkett noch immer so tun, als wären sie die trendigsten Kids in der Klasse. Ihre Programme sind ein Sammelsurium von Anachronismen, die vor zwei Jahrzehnten noch beeindruckt haben, aber heute nur noch ein müdes Gähnen hervorrufen. Die Wähler wenden sich in Scharen neuen Optionen zu. Skandale und Krisen tun den Rest.

Plötzlich tauchen neue Frischlinge auf der politischen Bühne auf. Sie nutzen Hashtags, Memes und Tweets, um ihre Agenda zu verbreiten. Ihre Programme sind kurz und mit mehr Emojis versehen als man sich in einer politischen Rede wünschen kann. Sie mögen nicht wissen, wie sie das Land regieren sollen, aber sie haben immerhin die besten Filter. Am Ende des Tages könnte man sich auch fragen, ob das eigentliche Problem vielleicht nicht in den Parteien selbst liegt, sondern in der Tatsache, dass sie viel zu lange gedacht haben, sie wären noch relevant. Während die Welt sich weiterdreht, bleiben sie an ihren Stammtischen und Parteisitzungen kleben, als wäre das die letzte Bastion des politischen Überlebens.

Wenn man also heute eine dieser überkommenen Parteien betrachtet, fragt man sich fast, ob sie nicht eigentlich ein grandioser Zirkus sind, mit den gleichen alten Kunststücken, die aber niemanden mehr aus dem Publikum zum Staunen bringen. Sie haben ihre Zeit gehabt. Auch die besten Zirkusnummern gehen irgendwann zu Ende. Das ist nicht der Untergang des Abendlandes, sondern die Erkenntnis, dass es irgendwann mal Zeit ist, den Staub von den alten Parteiprogrammen zu pusten und zu akzeptieren, dass die Show längst gewechselt hat.

Im Gegensatz dazu verfolgen neue politische Bewegungen ein dezentrales Modell, bei dem Entscheidungen in einem offenen Dialogprozess getroffen werden. Niemand wird von vornherein in seinem Gegenüber einen verkappten Sozi oder Schwarzen sehen. Es wird mehr Wert auf Diskurs, Konsensbildung und die Berücksichtigung unterschiedlicher Perspektiven gelegt. Ein weiteres Merkmal ist der verstärkte Einsatz von digitalen Plattformen zur Kommunikation und Entscheidungsfindung. Diese ermöglichen es, die Partizipation breiterer Bevölkerungsschichten einzubeziehen, was die Transparenz und Effizienz steigert. Durch digitale Foren können Mitglieder ihre Standpunkte darlegen und Vorschläge einbringen, ohne dass ihre Meinungen durch die strengen Hierarchien einer Partei im Voraus gefiltert werden. Sie stellen eine Reaktion auf das ständige Streben nach Parteieinheit dar und bieten eine Form der politischen Beteiligung, die sowohl die individuelle Meinung als auch die kollektive Verantwortung nach außen zu anderen Mitbewerbern ernst nimmt. Dies könnte auch einen wichtigen Beitrag zur Erneuerung und Demokratisierung bestehender Institutionen leisten.

Entscheidende Faktoren zur Lösung des Problems wären ein Abbau des Partei-Apparat-Denkens und der Nationalismen, dafür mehr Leistungsdenken mit effizienten Evaluierungs-Formaten. Der Schwerpunkt müsste auf den Interessenslagen und ihrer Bewältigung liegen. Weniger die parteiinternen Machtstrukturen sollten im Mittelpunkt stehen, als eine offene, sachorientierte Politik. Hierzu könnten Methoden wie mehr Transparenz in Entscheidungsprozessen und die Förderung fachlich qualifizierter Kandidaten beitragen. In Europa könnte eine verstärkte Zusammenarbeit der Regionen den Weg hierfür ebnen. Regelmäßige Evaluierungen politischer Maßnahmen würden sicherstellen, dass Versprechen eingehalten und Ressourcen effizient eingesetzt werden. Es macht Sinn, die Politik stärker an den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger sowie relevanter Interessengruppen auszurichten. Der Dialog mit der Zivilgesellschaft und die Nutzung partizipativer Formate sollte Lösungen für konkrete Probleme liefern. Persönlichkeits-Assessments kommen hinzu, um sicherzustellen, dass die Führungskräfte nicht nur aufgrund politischer Loyalität oder Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen in verantwortliche Positionen kommen, sondern auch über die nötige Kompetenz, Integrität und Vision für das Amt verfügen.

Es entspricht einer modernen Leistungs-Struktur, Mechanismen zur öffentlichen Rechenschaftspflicht zu etablieren, um Transparenz und Verantwortung gegenüber den Wählern zu gewährleisten. Eine Möglichkeit wäre die Einführung von unabhängigen Agenturen, die die Handlungen und Entscheidungen der Parteiführung überprüfen. Diese Institutionen, vielleicht auch extern auf marktwirtschaftlicher Basis, könnten Empfehlungen zur Verbesserung der Führung und Verantwortung liefern. Wahlprozesse und die Möglichkeit für die Öffentlichkeit, Führungskräfte auf Basis ihrer Leistung und Integrität zu unterstützen oder abzuwählen, sind ebenfalls ein essenzieller Bestandteil von professioneller Accountability.

Besonders im Sicherheits- und Verteidigungswesen und in anderen sicherheitsrelevanten Bereichen müssen Strategien umfassend und flexibel sein. Keine Lösungen darf von Vornherein ausgeschlossen werden, bedeutet, im selben Maße alle Optionen zu prüfen, um auf unterschiedliche Szenarien vorbereitet zu sein. Effiziente Strategien sind zumeist innovativ und nehmen adäquat Risiken an. Deshalb sollte man gerade in Fragen der Verteidigung nicht in vorgefertigten Denkweisen verharren, sondern mutig neue Wege erkunden. Wenn Regierungen oder Führungskräfte ständig zögern und sich vor notwendigen, aber schwierigen Initiativen drücken, schränkt dies ihre Handlungsfähigkeit ein.

Strategische Weite und strikte operationelle Kompetenz in den internationalen Beziehungen beschreiben die Synergie aus langfristiger, visionärer Planung und präziser, wirkungsvoller Umsetzung auf operativer Ebene. Diese beiden Elemente sind essenziell für den Erfolg von Staaten, internationalen Organisationen und global agierenden Unternehmen. Diese Fähigkeit ermöglicht es Akteuren, bestehende Regelwerke der internationalen Politik aufrechtzuerhalten, weiterzuentwickeln oder neue Strukturen zu schaffen. Sie bildet die Grundlage für eine souveräne und gestaltende Rolle in der globalen Ordnung. In der operationellen Kompetenz kommt es auf ein effizientes Ressourcenmanagement zur optimalen Nutzung vorhandener Kapazitäten an. Die kontinuierliche Leistungsüberwachung ist unerlässlich.

Die Verbindung aus strategischer Weite und strikter operationeller Kompetenz, ermöglicht es, dass Staaten und internationale Akteure nicht nur langfristige Visionen entwickeln, sondern diese auch mit hoher Effizienz und Anpassungsfähigkeit umsetzen können. Sie entscheidet darüber, wer in der internationalen Politik Akzente setzt und wer nur reagiert. Wer beides beherrscht, kann langfristig nicht nur bestehen, sondern aktiv die Spielregeln der globalen Ordnung mitgestalten.

Die wahre Kunst besteht also darin, langfristige Ziele zu setzen, ohne sich auf dem Weg dorthin zu verirren und gleichzeitig die kleinen Stellschrauben so zu drehen, dass sie das große Rad bewegen. Wer das beherrscht, schreibt die Regeln der internationalen Ordnung, wer nicht, spielt nach denen anderer. Jedenfalls wird man den globalen Verkehr nicht einfach auf Autopilot stellen können, während man sich die Weltkarte von der Liege aus anschaut.

Besonders in Krisenzeiten, wenn schnelle und fundierte Entscheidungen notwendig sind, wird Zögern als Schwäche wahrgenommen. Psychologisch erkennt man solche Entscheidungs-Schwächlinge schon an ihrem Auftreten, ihrer Körpersprache und rhetorischen Ausdrucksweise. Wie viele laufen in Unternehmen und in der Parteipolitik herum, ohne sich je einer Bewertung ausgesetzt zu haben? Die schwachen politischen Resultate in den mitteleuropäischen Politiken oder auch Firmen-Ergebnisse, etwa in der Automobilindustrie, bezeugen dieses Manko. Oftmals verstecken sie sich hinter grau gebliebenen Arbeits-Titeln von Universitäten, ohne ein Leistungsprogramm je in der Praxis erfolgreich ibewältigt zu haben.

Welche Relevanz hat eine professionelle Bewertung aus der empirischen Beurteilung? Maßgebend ist, dass diese Entscheidungen fundiert sind und auf klaren Analysen basieren. Wer hat es schon ausgiebig gelernt, mit Analysen richtig umzugehen? Führungskräfte müssen sich der Tragweite ihres Tuns bewusst sein und verantwortungsbewusst handeln, auch wenn dies Risiken birgt. Eine Führung, die keine wohlüberlegten Entscheidungen trifft, wird als visionär schwach wahrgenommen.

Sollte die wundervolle Welt der Führung ein Ort sein, an dem Vision oft mehr bedeutet als Fakten und der Begriff Verantwortung wie ein Rätsel klingt, das nur in sehr exklusiven Workshops entschlüsselt wird? Wer braucht schon Analysen, wenn man die Fähigkeit besitzt, mit einem Augenzwinkern in die Zukunft zu blicken und eine Entscheidung zu treffen, die von vornherein auf den Flügeln des Bauchgefühls getragen werden? Führungskräfte in der Politik, die ernsthaft auf empirische Daten hören, sind in der Tat selten, fast so selten wie eine tiefgründige Diskussion über die tatsächlichen Auswirkungen von Entscheidungen.

Wer braucht schon am Ende des Tages einen klaren Plan, wenn man ein gutes Gefühl hat? Natürlich ist es völlig unbedeutend, dass die letzten fünf visionären Entscheidungen auf einem dicken Berg von Fehlern und halbherzigen Rücktrittserklärungen beruhen. Was dort zählt, ist nicht das Ergebnis, sondern der Glaube an den Pfuscher, der niemals nach einer fundierten Analyse fragt. Schließlich, wer schon einmal Führung aus dem Bauch heraus betrieben hat, kann sich wohl kaum vorstellen, dass eine echte, durchdachte Entscheidung mehr wiegt als das Verlassen auf ein vages „Wir schaffen das schon!“

Führungskräfte sind dafür verantwortlich, nicht nur aktuelle Probleme zu lösen, sondern auch die langfristigen Herausforderungen zu antizipieren. Ohne eine klare Vision und entschlossene Maßnahmen fehlt der Schwung, der ein Land in schwierigen Zeiten voranführt. Wenn keine mutigen und entschlossenen Schritte unternommen werden, gefährdet dies nicht nur die politische Stabilität, sondern schädigt auch die gemeinsame Sicherheit und das Vertrauen in die Regierungen. Eine Führung, die nicht entschlossen handelt, läuft Gefahr, die Kontrolle zu verlieren und langfristige negative Auswirkungen auf die Gesellschaft zu riskieren.

2. SPEZIALFÄLLE DER PARTEIENLANDSCHAFT

Brechen die Rechts-Populisten in den Niederlanden die Deiche in ihrem Land? Sie sind so sehr damit beschäftigt, Deiche gegen kulturelle Fluten zu errichten, dass sie glatt die Realität vergessen. Während sie die vermeintliche Überschwemmung durch Einwanderer stoppen wollen, könnte es passieren, dass die eigentlichen Deiche wegen Vernachlässigung ins Rutschen geraten, Hauptsache der Wahlkampf läuft trocken. Wer braucht dann noch Klimaschutz, wenn man stattdessen die Mauern des Nationalismus hochziehen kann? Die echten Deiche kriegen das schon irgendwie alleine hin.

Rechtspopulisten wie die Partei von Geert Wilders oder andere neuere Akteure haben in den Niederlanden an politischem Einfluss gewonnen. Ihre Programme beinhalten häufig Maßnahmen, die gegen die etablierten politischen Strukturen oder gegen internationale Klimaschutzmaßnahmen gerichtet sind. Sie würden all zu gerne Umweltauflagen lockern, die im Grunde genommen für den Schutz von Natur und Wasserhaushalt wichtig sind. Die Behandlung dieser Themen führt zu einer Polarisierung der Öffentlichkeit. Die traditionellen politischen Strukturen sind nun herausgefordert. Sobald populistische Parteien die politische Agenda dominieren, werden die langfristigen Herausforderungen wie Klimawandel und soziale Gerechtigkeit vernachlässigt, Themen, die für Land und Bürger von entscheidender Bedeutung sind. Die Unzufriedenheit mit den etablierten Parteien wächst allerdings, weil diese aus der Sicht vieler Bürger als ineffektiv oder abgehoben wahrgenommen werden, insbesondere bei Themen wie Migration, innere Sicherheit und sozialer Gerechtigkeit.

Die fehlende Fähigkeit, Migration differenziert zu gestalten und zu kommunizieren, hat in den Niederlanden wie in anderen Ländern dazu beigetragen, dass rechtspopulistische Parteien mit simplifizierten Botschaften Zulauf fanden. Wenn klassische Parteien nicht überzeugend handeln oder keine klare Linie vorgeben, wirkt dies wie ein Machtvakuum, das dann die Populisten füllen. Die üblichen Parteien tragen tatsächlich eine Mitschuld, weil sie es nicht schaffen, auf reale oder gefühlte Probleme zu reagieren. Sie überlassen diese Themen den Populisten, anstatt selbst Lösungen zu präsentieren. Dies hat weitgreifende europäische Auswirkungen, da sich ähnliche Trends in anderen Ländern beobachten lassen. Steht da eine brillant verzerrte Zukunft nach dem Vorbild des Wilden Westens an, wo jeder für sich selbst sorgen will? Politische Parteien mutieren in TV-Show-Formaten zu selbstgerechten, oft hilflosen Schwindlern. Das politische Management geht stracks auf eine Bankrott-Erklärung zu.

Die Herausforderung besteht darin, wieder Vertrauen aufzubauen, am besten in europäischer Übereinstimmung. Die im Augenblick grundlegenden Themen von Migration und Sicherheit müssen transparent, pragmatisch und sozialverträglich behandelt werden. Ohne überzeugende Antworten wird es schwer, das Erstarken des Populismus einzudämmen. Das Verlangen nach einem gemeinsamen europäischen Politik-Managements wird deutlich. Denn solche Themen sind nicht mehr allein auf nationaler Ebene zu lösen. Sie erfordern abgestimmte, grenzüberschreitende Strategien und eine stärkere Zusammenarbeit auf EU-Ebene. Migration ist ein Paradebeispiel dafür, wie nationale Politik an ihre Grenzen stößt. Kein einzelnes EU-Land kann die komplexen Migrationsströme alleine bewältigen. Die ungleiche Verteilung der Verantwortung für Geflüchtete zwischen südlichen Ländern wie Italien und Griechenland und den nördlicheren Staaten wie den Niederlanden oder Deutschland führt verständlicherweise zu Spannungen.

Die innere Sicherheit hängt heute eng mit europäischer Zusammenarbeit zusammen, da Bedrohungen wie Terrorismus, Cyberkriminalität oder organisierte Verbrechen grenzüberschreitend auftreten. Vereinzelte staatliche Sicherheitsmaßnahmen greifen zu kurz, wenn die Daten, Ressourcen und Strategien nicht effizient geteilt werden. Ein handlungsfähiges Europa, das echte Lösungen liefert, würde jeder provozierenden Rhetorik den Boden entziehen.

Die Stärkung europäischer Institutionen und die Bewältigung globaler Herausforderungen setzen aber auch eine aktive Beteiligung der Bürger voraus. Wahlen sind das wichtigste demokratische Instrument, um Institutionen Legitimität zu verleihen und die politischen Weichen in die optimalste Richtung zu stellen. Viele Bürger unterschätzen den Einfluss des Europäischen Parlaments oder der Kommission. Eine stärkere Betonung der Rolle der EU-Wahlen könnte ihre Wirksamkeit bedeutend anheben. Würde die Wahlbeteiligung weiter sinken, erreicht Politik den Status, in dem die wahren Wahlsieger diejenigen sind , die am meisten Tiktok schauen und dann Partei-Kandidaten aufstellen, die versprechen, Europa wie ein perfektes Wochenende zu organisieren.

Werden Wahlen ignoriert, könnte sich Europa in ein riesiges Online-Forum verwandeln, in dem alle in schneller Abwechslung auf X oder TikTok über wichtige politische Entscheidungen abstimmen. Das Ergebnis wäre im besten Fall eine ständige Rotation im Austausch von Beschlüssen und Richtlinien. Stabile politische Institutionen sind dann nicht mehr gebraucht. Stelle man sich vor, 27 Länder würden sich zu einer riesigen Spontanversammlung zusammenschließen, bei der jeder, der laut genug schreit, automatisch zum Präsidenten des Europäischen Chaos-Kommandos wird. In regelmäßigen Abständen wäre dann eine neue Führungskraft an der Reihe, die ihre Entscheidungen durch ein Fan-Voting oder einen Whistleblower-Wettbewerb trifft - keine Wahlbeteiligung mehr, entschieden wird alles am Großen Lagerfeuer. Es wäre der perfekte Moment für eine Neuinterpretation vom Reality-Fernseh-Konzept „Survivor“, bei der die Wähler ihr Schicksal mit einem Zufallsgenerator bestimmen.

Die ultrarechte Chega-Partei in Portugal verfolgt eine nationale Agenda, die in vielerlei Hinsicht stark mit den populistischen Bewegungen in anderen europäischen Ländern vergleichbar ist. Obwohl es eine relativ neue Partei ist, hat sie in kurzer Zeit eine beachtliche Anhängerschaft gewonnen. Bei den Parlamentswahlen 2019 erzielte die Partei noch geringe Ergebnisse, doch bei den Parlamentswahlen 2022 konnte sie einen Durchbruch erzielen und eine signifikante Zahl an Sitzen im portugiesischen Parlament gewinnen. Die Partei erhielt insbesondere Unterstützung aus ländlichen Gebieten und von Wählern, die sich von den etablierten Parteien enttäuscht fühlten, die sie als zu weit entfernt von den Bedürfnissen der Bevölkerung wahrnehmen. Sie hat insbesondere von der zunehmenden Unzufriedenheit mit der der politischen Elite profitiert. Sie hat erfolgreich Themen wie die Angst vor einer Vereinnahmung der portugiesischen Gesellschaft angesprochen und polarisiert damit die öffentliche Debatte. Ihr wird von der anderen Seite vorgeworfen, populistische Angstmacherei zu betreiben, um Wählerstimmen zu gewinnen, indem sie komplexe soziale und wirtschaftliche Probleme auf einfache, aber radikale Lösungen herunter bricht. In einer Zeit, in der populistische Bewegungen in ganz Europa an Stärke gewinnen, wird Chega vermutlich in Zukunft eine bedeutende Rolle spielen, für einige als notwendige Alternative, für andere als bedrohliche Kraft, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährdet.

Der rasche wirtschaftliche Wandel führt oftmals zu Verunsicherung in ländlichen Regionen, die sich von der Entwicklung abgehängt fühlten. Bewegungen wie die US-amerikanische People's Party entstanden als Reaktion auf die Dominanz des Großkapitals und setzten sich für die Interessen der Farmer ein. Verblüffend war dann, als gerade rücksichtslose Großkapitalisten als Wölfe im Schafsgewand die späteren Wahlen gewannen. Die Kombination aus wirtschaftlichen Unsicherheiten, ideologischen Strömungen und gezielten politischen Strategien schuf in all diesen Staaten einen fruchtbaren Boden für nationalistische Ideen in ländlichen Regionen. Vlaams Belang in Belgien setzte sich von Anfang an für die Förderung des flämischen Nationalismus und die Unabhängigkeit Flanderns von Belgien ein. Die Partei hat sich schnell als eine der Hauptakteurinnen im politischen Spektrum der flämischen Rechten etabliert, indem sie sich als starke Stimme gegen die Regierungspolitik und gegen die Wahrnehmung der politischen Elite positionierte. Die etablierten Parteien lehnen es ab, mit Vlaams Belang zusammenzuarbeiten, was die Partei zu einem konstruktiven politischen Dialog zunehmend ausschließt. Sie hat jedoch in den letzten Jahren verstärkt versucht, mit anderen nationalistischen und rechtspopulistischen Kräften in Europa zusammenzuarbeiten, um ihre politische Agenda auf europäischer Ebene voranzutreiben.

Es begann alles mit einem zarten Flügelschlag. Die ersten extremen Parteien tauchten in Europa wie die unauffälligen, aber gefährlichen Mücken auf, die das stille Gewässer der Politik störten. In den 1990er Jahren, als Europa noch in seinen bunten Post-Wende-Jahren schwelgte, gab es nur wenige, die sich über die Radikalen Gedanken machten. Die Rechten und Linken spielten noch nett miteinander im europäisch unbeschwerten Post-War- Settingdes Kalten Krieges. Doch wie bei jedem guten Rezept für politische Verwirrung, reichten ein paar wirtschaftliche Krisen, gesellschaftliche Ängste und ein zunehmendes Gefühl der „Wir-sind-zu-viele-hier“-Mentalität und schon war die extremistische Party im Gange. Kann man sich denn noch auf den verstaubten Konsens der Mitte verlassen? Und so ziehen die extremistischen Parteien los mit dem Slogan „Weniger Europa! Mehr nationale Flaggen in unseren Wohnzimmern!“

Die Partei der AfD in Deutschland hat sich wie eine dieser viralen Social-Media-Geburten entwickelt. Es begann als Scherz einiger erfolgloser Ökonomen, plötzlich war jeder dabei. Sie zeigten, dass man mit ein bisschen Populismus, einer Portion Respektlosigkeit und viel Angst vor der Zukunft durchaus die politische Szene aufmischen kann. Hauptsache, es klingt einfach. Am besten beherrschen die Extremisten die Kunst des „Shocking, Rhetorik- Overload“. Die soziale Medienwelt hat das Ganze auf die Spitze getrieben. Wer braucht noch eine solide politische Diskussion, wenn man die Massen einfach mit Schlagwörtern wie „Multikulti-Wahn“-Slogans anheizen kann? Am besten, wenn man in kurzen, prägnanten Videos alles erklärt, wie die nationale Identität gestohlen wird und wie man sich am einfachsten von den intellektuellen Eliten retten kann. Extreme Parteien sind immer hungrig danach, wie sie die politische Unterhaltung auf die nächst tiefere Stufe senken können. Vielleicht mit populistischen RealityShows à la „Wer ist der größte Feind der Nation?“ oder „Politik mit Wut - die einzige Lösung!“

In Frankreich sind Marine Le Pen und ihre Partei, das Rassemblement National, ehemals bekannt als Front National, seit Jahren eine der markantesten Stimmen in der französischen Politik. Mit ihrer Mischung aus Nationalismus, EU-Skepsis und populistischen Botschaften hat Le Pen die politische Landschaft Frankreichs erheblich beeinflusst und polarisiert. Sie ist eine geschickte Politikerin, die es geschafft hat, populistische Themen in Frankreich salonfähig zu machen. Ihre Strategie beruht darauf, sich als Stimme des Volkes gegen die politische Elite zu präsentieren. Marine Le Pen, die Selfmade-Frau des französischen Nationalismus - wer braucht da noch Jean d’Arc, wenn man Marine hat, die unermüdlich gegen die bösen Globalisten kämpft? Ihr Rezept ist einfach und effektiv: man nehme eine Portion Angst, mische sie mit Nationalstolz und würze alles mit einer Prise EU-Skepsis. Voilà, fertig ist der politische Bestseller, der Frankreich seit Jahren in Atem hält. Madame ist clever, sie hat gelernt, dass ihre Partei mit dem alten, groben Charme ihres Vaters, Jean-Marie Le Pen, nicht weit kommt. HolocaustLeugnungen und offene Hetze sind passé. Stattdessen gibt sich das Rassemblement National jetzt modern, fast freundlich. Marine lächelt in Talkshows, spricht von "Liebe zur Nation" und kritisiert die EU, während sie deren Gelder gerne annimmt, eine Frau mit einer Vorliebe für nationale Souveränität, auch einem Faible für russisches Kleingeld. Während sie auf französischen Bühnen lautstark die Unabhängigkeit von bösen ausländischen Einflüssen fordert, hat sie offenbar nichts dagegen, wenn ein gewisser Wladimir Putin ihr ein kleines Finanzpolster bietet. Ein echter PR-Geniestreich.

Bei all der Aufmerksamkeit, die auf die rechte Seite gelenkt wird, darf man auf der Fahrt im Überland-Bus der Politik nicht vergessen, durch die Fenster auch auf die linke Seite zu schauen. Während populistische Bewegungen auf der rechten Seite an Einfluss gewinnen und die Mitte in vielen Ländern schwächer wird, ringt die Linke immer noch mit internen Widersprüchen, gesellschaftlichen Veränderungen und einem oft fehlenden Zugang zu breiteren Wählerschichten. Während Marine Le Pen die französischen Grenzen dichtmachen will, träumt die Linke davon, das kapitalistische System einfach abzuschaffen, obwohl im heimtückischen Kommunismus Chinas ein nicht zu übersehenden Staats-Kapitalismus gepredigt wird.



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