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"Patrouillenschiff P-47" ist eine "Space Opera" im Stil klassischer Heftromane, aufgeteilt in sechs Episoden: Der Angriff, Gegen die Zeit, Meuterei, Zwischen den Fronten, Dämonen und Akis Kampf. Dieses E-Book enthält die Episoden 3 "Meuterei" und 4 "Zwischen den Fronten". Klimatische Katastrophen haben die Natur des Planeten Yama zerstört. Ein Bürgerkrieg tobt um die letzten Wasserreserven. Der blutjunge Soldat Aki Baku sehnt sich nach Frieden. Um eine neue Wasserquelle für seine Heimat zu finden, stiehlt er das legendäre Patrouillenschiff P-47 und bricht zu den Sternen auf. Begleitet wird Aki von seinen besten Freunden Tara und Riko, dem stummen Wissenschaftler Pyke, einem zwielichtigen Ex-General namens Ty Sorro sowie der Androidin Nava. Gemeinsam begegnen sie zahlreichen Gefahren auf ihrem Weg durch die Weiten des Weltraums... Alle weiteren Episoden liegen ebenfalls als E-Books vor.
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Seitenzahl: 271
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Kurt Thomas
Teil 3 & 4
eISBN 978-3-948987-18-3
© mainbook 2021
Lektorat/Korrektorat: Michael Fern
Cover-Design: José-Javier Rodriguez
Weitere Infos unter www.sonnige-sendung.de
Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.
Die Story
Der Autor
Teil 3: Meuterei
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Zwischen den Fronten
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Klimatische Katastrophen haben die Natur des Planeten Yama zerstört. Ein Bürgerkrieg tobt um die letzten Wasserreserven. Der blutjunge Soldat Aki Baku sehnt sich nach Frieden. Um eine neue Wasserquelle für seine Heimat zu finden, stiehlt er das legendäre Patrouillenschiff P-47 und bricht zu den Sternen auf. Begleitet wird Aki von seinen besten Freunden Tara und Riko, dem stummen Wissenschaftler Pyke, einem zwielichtigen Ex-General namens Ty Sorro sowie der Androidin Nava. Gemeinsam begegnen sie zahlreichen Gefahren auf ihrem Weg durch die Weiten des Weltraums…
„Patrouillenschiff P-47“ ist eine „Space Opera“ im Stil klassischer Heftromane, aufgeteilt in sechs Episoden: Der Angriff, Gegen die Zeit, Meuterei, Zwischen den Fronten, Dämonen und Akis Kampf.
Dieses E-Book enthält die Episoden 3 „Meuterei“ und 4 „Zwischen den Fronten“.
Die weiteren Episoden liegen ebenfalls als E-Books vor.
Kurt Thomas ist das Pseudonym des Frankfurter Journalisten und Autors Marc Rybicki. Unter dem Künstlernamen Martin Olden veröffentlichte er bereits zahlreiche Krimis.
Mit „Patrouillenschiff P-47“ gibt er sein Debüt im SF-Genre.
Im Norden von Yama
Peitschenhiebe, Elektroschocks, Laser-Folter. Roi Baku war auf die größtmöglichen Grausamkeiten gefasst gewesen, als man ihn aus dem Gefängnis in Ambrakia geholt und nach Delion gebracht hatte, dem Landsitz der adeligen Basco Familie. Ihr jüngster Spross, Kail Basco, wollte Vergeltung üben für den Tod seines Vaters, dessen Kreuzer der Captain bei einer Weltraumschlacht vernichtet hatte. Um den Rachedurst zu stillen, war dem hinterlistigen Baron jedes Mittel recht. Angefangen bei der Zerstörung von Edon, der Heimatstadt Roi Bakus, bis zur Jagd auf seinen Sohn Aki, dem an Bord des Patrouillenschiffs P-47 die Flucht zu den Sternen geglückt war. Deswegen hatte Roi damit gerechnet, in Bascos Herrenhaus nicht besser als Abschaum behandelt zu werden. Weit gefehlt. Seit seiner Ankunft vor annähernd zwei Monaten genoss er die Privilegien eines Ehrengastes.
Wie jeden Morgen, so erwachte er auch an diesem Tag auf seidenen Laken. Warmes Sonnenlicht fiel durch die Balkonfenster in sein helles, großzügig eingerichtetes Schlafzimmer, das im ersten Stock der Villa lag. Roi gähnte herzhaft, streckte sich und schlüpfte aus dem geräumigen Bett. Im Bad nahm er eine Dusche – den Luxus gab es im Süden aufgrund des Wassermangels schon lange nicht mehr – und rasierte sich den Kopf und das Gesicht, wobei er die Barthaare an Oberlippe und Kinn stehen ließ. Nach der Morgentoilette zog er einen dunkelblauen Overall an, den ihm Bascos mechanische Bedienstete als Ersatz für seine zerrissene Uniform ausgehändigt hatten. Dann sah er sich zum wahrscheinlich fünfhundertsten Mal nach einer Fluchtmöglichkeit aus dem goldenen Käfig um. Die Fenster und Türen waren durch ein elektromagnetisches Siegel gesichert. Nichtsdestotrotz würde sich der Captain heute so wie an allen anderen Tagen das Hirn über Ausbruchsstrategien zermartern.
Denn eines stand fest: Seine luxuriöse Sonderbehandlung diente ausschließlich dazu, Kail Bascos perverse Lust auf die spätere Abrechnung zu steigern. Sobald der Baron die Suche nach Aki beendete, ob erfolgreich oder nicht, und nach Hause zurück käme, wäre Rois Leben keinen Tropfen Kaktuswasser mehr wert. Aus tiefstem Herzen wünschte er sich, Aki möge Basco ein Schnippchen schlagen. Da der Junge genügend Mut gehabt hatte, P-47 aus dem Raumhafen zu stehlen, müsste es ihm doch auch gelingen, mit diesem eingebildeten Blaublüter fertig zu werden.
Andererseits war Aki kein geborener Kämpfer, obwohl er vom stolzen Kriegervolk der Husu abstammte. Es steckte zu viel von seiner Mutter in ihm. Das Herz der schönen Nandi war angefüllt gewesen mit Menschenliebe und grenzenloser Gutmütigkeit. Sie hatte selbst dann noch an die Versöhnung zwischen Nord und Süd geglaubt, als der Krieg unvermeidlich geworden war.
»Geliebte Nandi, wie sehr hast du dich geirrt«, flüsterte Roi. Traurig dachte er an jenen Luftangriff vor vierzehn Sonnenjahren, bei dem er seine Frau viel zu früh verloren hatte. »Es wird keinen Frieden geben, bis die Adelsbrut besiegt ist – oder ausgemerzt.« Kampflustig ging er aus dem Zimmer und über die gewundene Treppe hinunter ins Erdgeschoss.
Im Speisezimmer hatte Serva, der Service-Androide, den Tisch für das Frühstück gedeckt.
»Schönen guten Morgen, Captain Baku«, grüßte er in einem melodischen Ton. »Haben Sie gut geschlafen?«
»Ausgezeichnet, danke.«
Serva nickte höflich. »Möchten Sie Maisbrot mit Zitrusmarmelade, Haferflocken mit Soja-Quark oder lieber gegrillte Pflanzenwurst?«
»Von jedem etwas.« Roi setzte sich an den Tisch. »Weißt du, ich muss bei Kräften bleiben, um die Foltern auszuhalten, die dein Meister garantiert für mich bereit hält.«
Der kahlköpfige Kunstmensch zeigte nicht die kleinste Reaktion auf die Bemerkung. In seinem Butler-Anzug und mit einem eingestanzten Lächeln im bleichen Gesicht sah er harmlos aus wie eine Schaufensterpuppe. Roi hütete sich jedoch davor, ihn zu unterschätzen. In Servas Augen erkannte er dieselbe wache Intelligenz, die auch das Nava-Modell auf P-47 auszeichnete.
»Was möchten Sie trinken?«, ertönte die nächste freundliche Frage. »Fruchtsaft oder Kaffee?«
»Kaffee natürlich«, grinste der Raumschiffkommandant. »Ich wollt`s ja nicht glauben, dass der Norden noch soviel Wasser hat, um es beim Kochen von Bohnenkaffee zu verschwenden.«
»Das Wasser meines Herrn stammt aus einer privaten Quelle.«
»Die ganz Yama gehören wird, nachdem die Süd-Allianz den Krieg gewonnen hat«, sagte Roi selbstsicher, griff nach einem stumpfen Messer und schmierte Marmelade auf seine Maisbrotscheibe.
Serva lächelte breiter als zuvor. »Sofern es zu diesem Triumph kommt – meinen Sie, dass Sie dann noch am Leben sein werden?«
Ein kalter Schauder jagte über Rois Rücken, als er in das gleichmütige Gesicht des Androiden blickte. »Wirst du mein Henker sein, wenn dich Basco darum bittet?«
»Ich bin ein Service-Modell. Es ist meine Aufgabe, jeden Wunsch meines Herrn zu erfüllen.«
»Und wenn er etwas von dir verlangt, das du für falsch hältst?«
»Wertungen stehen mir nicht zu.«
»Schade. Ich habe gedacht, du wärst intelligent genug, um dir deine eigene Meinung über die Menschen zu bilden. Wie man sich täuschen kann«, meinte Roi provokant und biss in das Maisbrot.
Den Vorwurf, es mangele ihm an Intelligenz, wollte Serva nicht auf sich sitzen lassen. Kerzengerade nahm er neben Roi Bakus Stuhl Aufstellung und sah zu ihm hinunter. »Bezüglich der menschlichen Rasse verfüge ich sehr wohl über eigene Ansichten, die aber nicht das Geringste mit der Pflichterfüllung zu tun haben, die ich meinem Herrn schulde. Als ein Mann des Militärs sollten Sie das verstehen, Captain. Haben Sie jemals den Befehl eines Vorgesetzten verweigert?«
»Nein. Doch ich würd`s machen, falls der Befehl gegen die Moral verstößt.«
»Moral?« Für einen Augenblick sah es so aus, als ob der Maschinenmensch in Gelächter ausbrechen wollte. »Ein Begriff, der im höchsten Maße subjektiv und ständigem Wandel unterworfen ist. Was der eine als Verbrechen ansieht, gilt einem anderen als Tugend. Ich richte mein Handeln nach den unumstößlichen Gesetzen der Logik aus. Und die Logik sagt mir, dass Sie mit Ihren Fragen herausfinden möchten, ob es möglich ist, mich zu überreden, meinen Herrn zu verraten und Sie freizulassen. Die Mühe können Sie sich sparen, Captain. Ich genieße zwar unsere kleinen Unterhaltungen, aber meine Loyalität gilt uneingeschränkt dem Mann, der Sie tot sehen will. Darf ich Ihnen jetzt den Kaffee einschenken?«, fragte er übergangslos.
»Ja, danke«, murrte Roi. In Gedanken schimpfte er sich einen Idioten. Er hätte wissen müssen, dass Serva zu klug war, um seine Absicht nicht zu durchschauen. Die Maschine zum Verrat zu verleiten, konnte er getrost von der Liste möglicher Fluchtmethoden streichen.
Serva ließ die Kaffeekanne sinken, hielt inne und griff sich ans Ohr. Über sein eingebautes Kommunikationsnetzwerk empfing er eine Sprachnachricht von der Roboter-Wache am Eingangstor.
»Wir bekommen Besuch«, sagte er zu Roi. »Die Mutter meines Herrn ist eingetroffen.«
»Kommt Sie, um mich zu sehen? Warum ist Sie nicht schon früher aufgetaucht?«
»Die Baronin bevorzugt eine Stadtwohnung in Ambrakia. Das Landhaus empfindet sie als leer und einsam, seitdem ihr Mann, der verehrte Baron Dag Basco, auf tragische Weise ums Leben kam. Über die Umstände seines Todes wissen Sie wohl am besten Bescheid, Captain.«
Roi Baku schmunzelte über Servas plumpen Versuch, ihm ein schlechtes Gewissen einzureden. Der Androide wollte, dass er sich schuldig fühlte, weil die Baronin seinetwegen zur Witwe geworden war. Darauf könnte er lange warten. Dag Basco hatte in einer fairen Schlacht den Kürzeren gezogen, Ende der Geschichte. Das Überlebensrecht gebührt allein dem Stärkeren, so lautete seit jeher die oberste Regel des Krieges. Roi sah keinen Grund, das Prinzip zu hinterfragen. In aller Ruhe aß er sein Maisbrot und trank den Kaffee.
Plötzlich stieß ihm die braune Brühe bitter auf. Ob die Baronin die mörderischen Pläne ihres Sohnes teilte?, fragte er sich. War sie nach Delion gekommen, um die Rache zu vollstrecken?
Unwillkürlich schloss sich seine Faust um das Frühstücksmesser, obgleich er mit der stumpfen Klinge wenig Schaden anrichten könnte. Vor allem, wenn er sich in einem Kampf gegen Servas übermenschliche Kräfte zur Wehr setzen müsste.
Gespannt blickte Roi zur Tür.
Die zarte Gestalt der Baronin von Delion schwebte herein. Reba Basco trug ein schwarzes, hochgeschlossenes Brokatkleid, das die Blässe ihrer Wangen unterstrich. Ausdrucksstarke Augen, grün schimmernd wie die einer Feline, sahen zwischen Roi Baku und Serva hin und her. »Was geht hier vor?«
Serva wich einer direkten Antwort aus und flüchtete sich in eine Höflichkeitsfloskel. »Verehrte Baronin, darf ich Ihnen Captain Baku vorstellen?«
»Ich weiß, wer er ist«, sagte sie harsch. «Ich kenne sein Gesicht aus den Nachrichten.« Reba wandte sich an den Kommandanten. »Meines Wissens nach sollten Sie in einem Gefangenenlager in Ambrakia sein. Wie kommen Sie in dieses Haus?«
»Hab ich Ihrem Sohn zu verdanken«, sagte Roi mit einem Lächeln. »Der gute Kail möchte es mir so bequem wie möglich machen, bevor er mich umbringt.«
Sie sog hörbar Luft ein. »Serva, stimmt das?«
Der künstliche Diener verschränkte die Hände hinter dem Rücken. »Sagen wir, der Baron vertritt die Auffassung, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird, wenn er das Gesetz selbst in die Hand nimmt.«
»Unerhört!« Kails Mutter schüttelte den Kopf, sodass ihre schwarzgefärbten Haare nach beiden Seiten flogen. »Ein Lynchmord? Wie tief will er noch sinken? Und die Strategin ahnt natürlich nichts von seinen Machenschaften. Er hintergeht sie schon wieder. Lernt dieser dumme Junge denn nie dazu? Ist ihm nicht klar, dass er die Ehre unserer Familie in den Schmutz zieht? Kein Basco hat je im Ruf gestanden, ein heimtückischer Mörder zu sein.«
Reba Basco drehte ihr aristokratisches Gesicht wieder dem Captain zu. »Sie sollen wissen, dass ich keinen Hass gegen Sie hege. Ihre Pflicht als Kommandant zwang Sie, das Schiff meines Mannes zu zerstören. Andernfalls hätte Dag Sie vernichtet. Es war ein Duell, aus dem nur ein Mann lebend hervorgehen konnte. Das Glück war diesmal auf Ihrer Seite.«
»Gut, dass Sie`s so sehen«, sagte er angenehm überrascht.
»Kail hatte kein Recht, sich als Richter aufzuspielen und Sie hierher zu verschleppen. Daher werde ich mich an die Strategin wenden und dafür Sorge tragen, dass man Sie zurück nach Ambrakia bringt.«
Die Aussicht gefiel Roi. Das Leben im Lager war zwar kein Zuckerlecken, aber ein Ausbruch konnte dort vielleicht eher gelingen.
Da hob Serva eine seiner feingliedrigen Hände. »Baronin, Sie werden nichts dergleichen unternehmen.«
Reba kniff ihre Augenbrauen zusammen. »Willst du mir drohen? Bedenke, du bist nur eine Maschine. Ich kann dich jederzeit abschalten, wenn es mir beliebt.«
»Ich weiß genau, was ich bin«, sagte der Service-Androide, wobei er mehr Selbstbewusstsein ausstrahlte als mancher General, dem Roi Baku begegnet war. »Und ich weiß, wer Sie sind, Gnädigste. Eine liebende Mutter«, betonte Serva. »Haben Sie daran gedacht, wie die Strategin reagiert, wenn sie aus Ihrem Munde von den Heimlichkeiten meines Herrn erfährt? Sie wird ihn strengstens bestrafen. Unehrenhafte Entlassung aus der Flotte, Entzug des Adelstitels, öffentliche Demütigung, eventuell Gefängnis. Ich diene ihm lange genug, um zu wissen, dass er lieber tot wäre, als diese Schande zu ertragen. So fehlerhaft das Verhalten Ihres Sohnes für Sie sein mag, können Sie es über sich bringen, ihn auf diese Weise zu verdammen?«
Im Hinterkopf machte sich Captain Baku eine Notiz. Falls er mal in die Verlegenheit käme, einen Strafverteidiger zu benötigen, würde er sich an Serva wenden. Der Knabe verstand es, sein Gegenüber auf die sanfte Tour weich zu kochen. Roi brauchte keine hellseherischen Fähigkeiten, um zu wissen, dass er sich die Rückkehr ins Lager abschminken konnte.
In Rebas Augenwinkeln glitzerten Tränen, als sie ihn ansah. »Haben Sie Kinder?«
»Einen Sohn. Aki. Er ist siebzehn Sonnenjahre alt. Kail sucht den Weltraum nach meinem Jungen ab, um ihn vor meinen Augen hinrichten zu können.«
Reba Basco schloss kurz die Augen und atmete schwer. »Kail ist im Grunde seines Herzens kein schlechter Mensch. Der Verlust seines Vaters hat ihn aus der Bahn geworfen. Ich kann ihn nicht auch noch verdammen, wie Serva sagte. Das würde mein Sohn nicht überleben. Es tut mir leid, Captain, aber ich sehe im Moment keine Möglichkeit, Ihnen zu helfen. Können Sie meine Entscheidung verstehen?«
»Sie werden lachen, ich verstehe sogar Kails Wunsch nach Rache. Mir ging`s genauso«, gestand Roi. »Dag führte den Luftangriff, bei dem meine Frau ums Leben kam. Im Gegenzug tötete ich ihn. Und dafür will Kail nun Aki und mich bluten lassen. Das ist der Kreislauf des Krieges. Er zwingt die Menschen, ihre härtesten Seiten zu entdecken, um zu überleben.«
»Interessante Hypothese«, meinte Serva. »Demnach wäre Krieg eine Notwendigkeit für die menschliche Entwicklung.«
«Zum geistigen Fortschritt der Menschheit tragen Kriege jedenfalls nicht bei«, entrüstete sich Reba. »Den Frieden zu suchen und zu bewahren ist eine weitaus lohnendere Herausforderung.«
Durch Rois Herz fuhr ein Blitz. Rebas Appell hatte ihn an Nandi erinnert. »Meine Frau hätte sich gut mit Ihnen verstanden.« Er zog einen Stuhl neben sich zurück. »Kommen Sie, Baronin, nehmen Sie Platz. Trinken Sie einen Kaffee mit mir. Unterhalten wir uns und vergessen die Politik für eine kleine Weile.«
Sein einladender Tonfall und die respektvolle Haltung ihr gegenüber veranlassten Reba, auf den Vorschlag einzugehen. Eine Sonnenstunde lang plauderten sie miteinander wie gute Nachbarn, die kein Schützengraben und keine Raumschlacht trennte. Dennoch dachte Roi Baku daran, das Frühstücksmesser im Ärmel seines Overalls verschwinden zu lassen. Als Stichwaffe taugte es nicht. Als Werkzeug zur Manipulation der Überwachungselektronik in seinem Zimmer könnte es dagegen von Nutzen sein.
Persönliches Computerlogbuch des Captains Aki Baku.
150. Tag an Bord von P-47.
Im Weltraum lauert ein Feind, den man weder sehen noch hören kann. Dieser Feind nennt sich Langeweile. Auf dem Schiff gibt es nichts Sinnvolles zu tun, ehe der Planet Vaga in Sichtweite ist, was frühestens in achtzig Tagen der Fall sein dürfte. Trübe Aussichten. Für meine Freunde und mich besteht die größte Herausforderung darin, die Zeit zwischen Aufstehen und Schlafengehen totzuschlagen. Das mag sich nicht dramatisch anhören. Doch die Eintönigkeit könnte zu einem ernsthaften Problem werden. Ich bemerke, wie gereizt die Atmosphäre unter uns ist. Wegen jeder Kleinigkeit wird gestritten. Ich frage mich bange, wann es zur ersten Schlägerei kommt.
In dem schmalen Schlauch, den sie Offiziersmesse nannten, gab es nur einen Tisch, an dem man beengt auf einer Sitzbank und zwei Stühlen sitzen konnte. Tara Lautan hatte einen der Stühle belegt, um das Fell ihres Schoßtieres Kiri zu bürsten. Daneben saß die Androidin Nava. Sie sah unverwandt Ty Sorro an, der ihr gegenüber auf der Sitzecke hockte und Spielkarten an Pyke Mook und Riko Kamao verteilte, die ihn links und rechts flankierten.
»Ich möchte dieses Spiel erlernen«, bat Nava.
»Gern, Schatz«, lächelte Ty. »Es heißt Makau. Die Regeln sind recht einfach. Es gibt einen Bankier und eine bestimmte Zahl von Spielern, in unserem Fall drei. Riko, Pyke und dich. Ich übernehme die Rolle des Bankiers. Jeder Spieler erhält von mir eine Karte. Weitere Karten kann man dazu kaufen.«
»Kaufen? Ich besitze kein Geld«, sagte sie.
Riko stöhnte und griff sich an seinen Lockenkopf. »Wieso müssen Maschinen immer alles wörtlich nehmen? Kaufen heißt nicht, dass man dafür bezahlen muss. Man verlangt die Karte und kriegt sie, fertig.«
»Ein verwirrendes Sprachbild«, fand die künstliche Frau.
Ty fuhr fort, die Regeln zu erläutern. »Gewonnen hat, wer möglichst schnell neun Punkte in der Hand hat. Das Ass zählt einen Punkt, Zehner und Bilder null, die übrigen Karten nach ihrer Augenzahl. Bekommt man als erste Karte eine 9, ist das ein sogenannter großer Schlag, und man erhält die doppelte Summe seines Einsatzes, es sei denn, der Bankier hat auch einen großen Schlag.«
Wieder hakte Nava ein. »Sie sprachen von einem Einsatz. Spielen wir doch um Geld?«
»Normalerweise ja. Da wir an Bord kein Geld haben, spielen wir um etwas Essbares. Zwiebackstücke.«
Pyke schob Nava einen halben Zwieback über den Tisch, damit sie Kapital für ihren Spieleinsatz hatte. Der kleine Kiri bekam Stielaugen, als er die Knabberei witterte.
»Pass auf, dass dir das Pelzvieh nicht alles wegfrisst«, warnte Riko.
Tara schob den Schirm ihrer Pilotenmütze aus der Stirn. »Wenn du ihn nochmal Pelzvieh nennst, kriegst du eine gelangt.«
»Von dir? Da lachen ja die Hühner.«
Aki, der als Beobachter im Durchgang des Schotts lehnte, spürte die wachsende Spannung zwischen den Streithähnen. Er glaubte, auf einem Fusionstorpedo zu sitzen, das jederzeit aus dem Rohr schießen konnte. Aber noch musste er nicht eingreifen, denn Ty nahm wieder das Heft in die Hand.
»Wer zu viele Karten kauft und mehr als neun Punkte hat, verliert seinen Einsatz sofort«, sagte er. »Verkauft sich der Bankier, gewinnen alle Spieler. Hat ein Spieler weniger als neun Punkte, aber mehr als der Bankier, gewinnt er den einfachen Einsatz. Hat er weniger Punkte, verliert er. Bei Punktgleichheit gewinnt immer der Bankier. Soweit alles verstanden?«
»Ich habe die Regeln abgespeichert«, antwortete Nava.
»Perfekt, dann kann`s losgehen.«
Die Spieler brachen kleine Zwiebackstücke ab und legten sie auf den Tisch.
Ty teilte die ersten Makau-Karten aus. Pyke bekam eine Karo 7, Riko den wertlosen Pik Buben und Nava die Karo 9. Da Ty als Bankier eine Kreuz 8 für sich aufdeckte, hatte Nava mit einem großen Schlag gewonnen.
»Gratuliere, du bist ein Naturtalent«, lobte er.
»Es handelt sich um ein simples Glücksspiel. Dazu benötigt man keine speziellen Fähigkeiten«, erwiderte die Androidin.
Riko beschwerte sich. »Ty hat gemogelt, damit seine Blechkopf-Freundin gewinnt.«
Der Ex-General sah ihn verkniffen an. »Hast du einen Triebwerkschaden, Kleiner?«
»Sag nicht Kleiner zu mir, das hasse ich!«, motzte der junge Kadett.
Von seiner Position am Schott aus verfolgte Aki wachsam die Auseinandersetzung und machte sich bereit, sofort dazwischen zu gehen, wenn bei Riko die Sicherungen durchbrannten. Wohin das aufbrausende Temperament seines Kumpels führen konnte, war ihm von unzähligen Schulhofschlägereien bestens im Gedächtnis geblieben.
Der stumme Pyke entschärfte die Situation, indem er gebärdete: Wollen wir spielen oder quatschen?
»Wir spielen«, sagte Ty, mischte die Karten und teilte eine neue Runde aus. Er deckte für sich eine Herz 8 auf. Nava bekam die Pik 7. Sie berechnete ihre Chance auf den Kauf einer günstigen zweiten Karte und entschied sich, lieber zu passen.
Pyke hielt eine Karo 6, kaufte und schaute missmutig auf eine Kreuz 4. Somit hatte er mehr als neun Punkte und war ausgeschieden. Blieb nur noch Riko. Vor ihm lag eine Karo 8 auf dem Tisch.
Ty erinnerte ihn: »Wir haben die gleiche Punktzahl. Und bei Gleichstand gewinnt der Bankier.« Aus seiner Armeehose fischte er eine Feldflasche mit Kaktusschnaps und setzte sie an die Lippen. »Was ist, Junge? Wie entscheidest du dich? Kaufen oder passen?«
»Ich kaufe – und erhöhe den Einsatz.« Energisch schob Riko seinen gesamten Zwiebackvorrat in die Tischmitte.
»Wie du willst. Mir soll`s recht sein. Ich gehe mit und kaufe auch noch eine.« Seine Finger zogen zwei Karten aus dem Stapel – eine für Riko, die andere für sich – und legte sie verdeckt auf den Tisch.
Alle Augen warteten gespannt darauf, dass er sie umdrehte und die Punktzahlen enthüllte. Sogar Tara war neugierig und unterbrach Kiris Fellpflege, um den Ausgang der Makau-Runde nicht zu verpassen.
Die Karten wurden aufgedeckt. Riko hatte einen Kreuz König, der ihm nichts einbrachte. Dagegen freute sich Ty über ein Herz Ass, das einen Punkt zählte. Zusammen mit seiner Herz 8 hatte er die zum Sieg erforderlichen neun Punkte auf der Hand.
»Die Bank gewinnt. Mehr Glück beim nächsten Mal, Kleiner.«
Ein Gewitter aus Flüchen und Beschimpfungen hagelte aus Rikos Mund, während er vom Sitz hochsprang und sich zu voller Körpergröße aufbaute, was angesichts seiner Schmächtigkeit nicht sonderlich imposant aussah.
»Betrüger!«, warf er Ty Sorro an den Kopf. »Du hast die Karten vertauscht. Ich hab`s genau gesehen. Verdammte Scheiße, und dich hab ich mal für `nen starken Typen gehalten. Ein gemeiner, dreckiger Gauner bist du, mehr nicht.«
»Spinnst du?« Tys bärtige Miene hatte sich verfinstert. »Nava, Pyke, habt ihr gesehen, dass ich gemogelt habe?«
Die beiden verneinten.
»Hab ich auch nicht nötig«, sagte er blasiert.
»Doch, weil du sonst gegen mich nicht gewinnen kannst, elender Halunke«, kreischte Riko. »Ich war nämlich der beste Makau-Spieler der ganzen Militärschule von Edon.«
»Unglaublich! Wie mies müssen die anderen gewesen sein.«
Das war der Tropfen, der Rikos Fass zum Überlaufen brachte. Mit wilden Schreien und fliegenden Fäusten stürzte er sich auf Ty. Der Titan-Arm des Schmugglers schnellte nach vorne. Er stieß den Jungen weg wie eine lästige Fliege. Riko landete auf der Sitzbank, berappelte sich und ging zum nächsten Angriff über. Da war Aki Baku zur Stelle, umschlang mit beiden Armen die schmale Taille seines Freundes und hob ihn mühelos hoch, sodass Rikos Beine in der Luft strampelten.
»Lass mich runter, lass mich runter«, zeterte der Hitzkopf.
»Nicht, bevor du dich abregst.«
Als Riko aufhörte zu zappeln, setzte Aki ihn auf dem Boden ab. »Alles klar? Bist du wieder normal, Kumpel?«
»Ich war die ganze Zeit normal. Ty hat mich beschissen. Ich hab`s mit eigenen Augen gesehen«, begann er von vorne.
»Freut mich, dass du scharfe Augen hast«, sagte Aki. «Du bekommst nämlich von mir die Aufgabe, den Torpedoschacht zu reinigen. Dir wird sicherlich kein Staubkorn entgehen.«
Üblicherweise akzeptierte Riko Akis Rolle als Captain und folgte seinen Anweisungen. Üblicherweise. Heute nicht.
»Ich soll Sträflingsarbeit machen? Ich denk nicht dran.«
»Oh doch, und Ty wird dir helfen, nachdem er sich bei dir entschuldigt hat. Du bist nicht der einzige mit guten Augen, Riko. Auch ich habe gesehen, wie er seine Siegerkarte, das Herz Ass, mitsamt der Feldflasche aus dem Stiefel gezogen hat.«
Aki blickte dem Falschspieler in die Augen, der zu überlegen schien, ob es lohnend wäre, sich gegen die Behauptung zu wehren. Dann sah Ty ein, dass leugnen keinen Zweck hatte. Er lachte.
»Entschuldigt, ich war anscheinend zu langsam, um euch reinzulegen. Ich wollte dem frechen Burschen eine Lektion erteilen, weil er mir vorgeworfen hat, ich hätte Nava gewinnen lassen. Aber wie heißt das Sprichwort: Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein. Bei uns ist es keine Grube, sondern ein Torpedoschacht.« Ty stand auf und reichte Riko die Hand. »Nichts für ungut, Kamerad. Komm, lass uns abzischen. So haben wir wenigstens was halbwegs Sinnvolles zu tun.«
Gemeinsam gingen sie an die Arbeit. Kiri nutzte ihre Abwesenheit und fraß den Zwieback, den sie auf dem Tisch vergessen hatten.
»Meine Sensoren müssen gestört sein«, sagte Nava, die wie versteinert auf ihrem Stuhl saß. «Warum entdeckte ich den Kartentrick nicht?«, wunderte sie sich.
Pyke meinte tröstend, er habe ja auch nichts bemerkt.
»Deine Sensoren waren vielleicht abgelenkt durch Sorros schöne dunkle Augen«, frotzelte Tara.
»Nein, das denke ich nicht«, sagte die Androidin in aller Ernsthaftigkeit. Vorsichtshalber ließ sie ihr Analyseprogramm ablaufen.
Aki schwieg und kaute auf seiner Unterlippe.
Tara stieß ihn an. »Was ist mit dir? Bist du eifersüchtig, weil ich gesagt habe, dass Sorro schöne Augen hat?«
»Woran du immer denkst«, murrte er. »Ich mach mir wirklich Sorgen. Diese Eintönigkeit jeden Tag und die Enge an Bord … merkst du nicht, wie wir aufeinander hocken und uns gegenseitig auf die Nerven gehen? Da müssen einem früher oder später die Sicherungen durchbrennen. Der Streit eben könnte erst der Anfang gewesen sein. Ich weiß, es hört sich seltsam an, aber ich wünschte fast, wir hätten Baron Basco wieder am Heck. Dann gebe es alle Hände voll zu tun.«
Tara konnte nicht anders, als ihm zuzustimmen.
In der Kantine des Schlachtkreuzers Nordstern wurde das Abendessen ausgeteilt. Soja-Pfannkuchen mit synthetischem Sirup. Offiziere, Sicherheitskräfte, Robotertechniker und Raumschiffmechatroniker saßen hierarchisch getrennt an langen, hintereinander gestaffelten Tischen. Beim Essen unterhielten sie sich über die ferne Heimat, ihre Familien und die Zukunftspläne nach dem Bürgerkrieg, wann immer er beendet sein mochte. An der entlegensten Tafel, außer Hörweite des übrigen Personals, waren drei Männer und eine Frau versammelt, die nicht harmlos miteinander plauderten. Sie planten eine Verschwörung. Ihr Anführer war Kim Korsan, ein hochgewachsener, gut aussehender Mechaniker mit schulterlangen, pechschwarzen Haaren.
»Der Baron ist ein Verräter«, fauchte er und schlug mit der Faust auf die Tischplatte. »Basco hat die Nord-Allianz im Stich gelassen«.
Beim Sprechen rollte Korsan das »R«. Ein Zeichen, dass er vom Bergvolk der Rukovaren abstammte. Die Rukovaren hatten als Bauern in den nordöstlichen Gebirgsketten Yamas gelebt. Als sich das Klima drastisch veränderte, Erdbeben und Vulkanausbrüche an der Tagesordnung waren, sahen sie sich gezwungen, in die Großstädte des Nordens zu fliehen.
»Die Nordstern hätte nach Melos zurückfliegen müssen, um unseren Brüdern und Schwestern in der belagerten Stadt zu helfen«, erinnerte Korsan. »Was hat Basco getan? Er hat die Befehle der Strategin ignoriert und ist in den freien Raum abgedreht. Das Ergebnis kennen wir. Melos ist gefallen. Mir blutet das Herz, wenn ich daran denke, dass jetzt das Banner der Süd-Allianz am Ufer des Hannok weht.«
Marv Lima, ein blutjunger Blondschopf, war von Korsans Worten ergriffen. »Du sprichst mir aus der Seele, Kim. Ich meine, wozu führen wir diesen Krieg? Doch um den Stolz der Nordens zu verteidigen – unsere Wasserquellen, die von den Vorvätern entdeckt worden sind«, sagte Marv mit verklärter Miene. »Sie sind unser Erbe, unser Schatz, und wir lassen uns nicht vorschreiben, mit wem wir sie zu teilen haben. Jeder, ob Edelmann oder einfacher Arbeiter, hat geschworen, die Quellen bis zum letzten Blutstropfen zu verteidigen, als eine heilige Pflicht.« Traurig fügte er hinzu: »Basco schert sich einen Dreck darum. Ihn kümmert nur seine private Fehde.«
Neben Marv Lima saß ein dunkelhäutiger Mann namens N`Gorr, der ein kehliges Brummen ausstieß, das Zustimmung signalisierte. N`Gorr war so hoch und breit wie ein Kleiderschrank. Seine Muskeln sprengten beinahe den braunen Mechatroniker-Overall. Das kernige Gesicht zierte ein Spitzbart, und die krausen Haare waren zum Zopf geflochten, wie es die Tradition vorschrieb für ein Stammesmitglied der Hullu. Mit ihrem Geschwistervolk der Husu, dem die Baku-Familie angehörte, waren die Hullu seit Jahrhunderten verfeindet.
»Ich verstehe, dass Basco die Bakus töten will. Mit Freude würde ich ihm dabei behilflich sein«, sagte N´Gorr. »Aber so süß die Rache ist, man darf deswegen nicht das eigene Volk verraten. Wer das tut, hat keine Ehre.«
Meri Trato, die auf der Krankenstation des Schiffes arbeitete, hob ihre Stimme. »Der Baron von Delion ist eine Schande für den Adelsstand. Die Strategin müsste ihm seinen Titel wegnehmen.« Meri war die Tochter eines Grafen aus Dazia und eine vollendete Schönheit mit wallenden, schwarzbraunen Haaren, azurblauen Augen und einer Figur, die Männer zum Träumen brachte. Doch ihre Liebhaber wählte sie sorgfältig aus. Meri bevorzugte willensstarke Draufgänger, die auch der Gewalt nicht abgeneigt waren. Kim Korsan entsprach ganz ihrem Geschmack. Als er wieder das Wort ergriff, hing Meri Trato an seinen Lippen.
»Ich höre, wir sind uns einig. Basco ist eine Gefahr für die Nord-Allianz. Je eher er aus dem Weg geräumt wird, desto besser«, sagte der Rukovare. Seine dunklen Augen blitzten auf wie Laserfeuer. »Die Zeit zum Handeln ist gekommen. Wir nehmen Basco als Geisel, bringen das Schiff in unsere Gewalt und bringen es zurück nach Yama.«
N`Gorr fletschte seine spitzen Zähne. »Aye, ich bin dabei.«
»Ich folge dir überallhin«, flötete Meri und legte eine Hand auf Kims Schulter. Bewundernd sah sie ihn an.
Er quittierte ihre Huldigung mit einem flüchtigen Kuss. »Und was ist mit dir, Marv?«, hakte er nach.
Der Bursche zögerte. »Ich hasse Basco genauso sehr wie du. Zum Wohl meiner Heimat würde ich alles tun, glaub mir.« Unsicher wippte Marv Lima auf seinem Stuhl vor und zurück. »Aber wir sind nur einfache Mechatroniker, keine Soldaten. Wir haben ja nicht mal Waffen. Wie sollen wir`s schaffen, das Kommando zu übernehmen?«
»Der Baron ist der Schlüssel«, sagte Korsan. »Wenn wir ihn haben, werden es Captain Yun und die anderen Feiglinge nicht wagen, uns anzugreifen. Was die Waffen anbelangt … die wirst du für uns besorgen.«
Marvs Augen weiteten sich. »Ich?«
»Du hast doch einen Bekannten bei den Sicherheitskräften.«
»Aye, ein Nachbar von mir aus Skapa. Fürchterlicher Angeber.«
»Hervorragend. Solche Typen müssen immer beweisen, wie gut sie sind. Fordere ihn heraus. Sag ihm, du könntest besser mit dem Lasergewehr umgehen als er, und biete ihm ein Wettschießen an. Er wird darauf eingehen und den Waffenraum öffnen, um die Gewehre für euch zu holen. N`Gorr und ich werden in der Nähe auf euch warten. Wir schalten den Burschen aus und nehmen uns die Waffen, die wir brauchen.«
Marv fragte ängstlich: »Willst du ihn töten?«
Korsans Blick verschleierte sich, als ihm Bilder der Vergangenheit durch den Kopf geisterten. »Ich bin im Armenviertel von Ambrakia aufgewachsen. Von frühester Jugend an habe ich gelernt, dass das Leben ein andauernder Kampf ist, den nur die Starken überleben. Genügt dir das als Antwort?«
Der blonde Jüngling nickte. Er hatte verstanden, dass ihre Rebellion nicht ohne Opfer zu bewerkstelligen war. Zum Segen der Nord-Allianz erklärte sich Marv bereit, das Notwendige zu erledigen. »Wann soll`s losgehen?«
»Noch heute Abend.« Kim Korsan schaute auf sein Holo-Phon. »Sieh zu, dass du den Mann in einer Stunde zum Waffenraum lockst.«
»Alles klar. Dann mache ich mich am besten gleich auf den Weg zu ihm.« Marv nahm sein Essenstablett, stand vom Tisch auf und lief durch die Reihen der Kantinenbesucher zum Ausgang.
N`Gorr sah ihm nach, ein Grinsen auf den wulstigen Lippen. »Der Junge frisst dir aus der Hand, Kim. Er hat den patriotischen Schwachsinn geglaubt, den du ihm erzählt hast.«
»Du warst aber auch sehr überzeugend«, lobte Meri die Schauspielkunst ihres Geliebten. »Wie hast du gesagt? Mir blutet das Herz, wenn ich daran denke, dass jetzt das Banner der Süd-Allianz am Ufer des Hannok weht.« Sie lachte und schmiegte sich an seinen drahtigen Körper. »Eine glänzende Vorstellung, mein Schatz.«
Korsan sah seine Komplizen selbstzufrieden an. »Der Dummkopf merkt früh genug, was wir wirklich vorhaben.«
Kail Basco lief in seiner Kabine auf und ab wie ein Lupo im Käfig. Der Admiral stand unter Druck. Die Strategin Manouk Dara hatte ihm ein Ultimatum gestellt. Binnen fünf Tagen sollte er ihr Beweise liefern, dass die geheime Basis der Süd-Allianz, zu der das Patrouillenschiff P-47 seiner Ansicht nach unterwegs war, tatsächlich existierte.
Dann werde ich großmütig über Ihre Weigerung hinwegsehen, an die Front nach Melos zu fliegen, hatte die Strategin in ihrer Audio-Botschaft mitgeteilt.
Solche Milde walten zu lassen fällt mir nicht leicht, da Melos, meine Grafschaft, auch wegen Ihrer mangelnden Unterstützung in Feindeshand gefallen ist, Admiral. Falls sich diese vermeintliche Basis auf dem Planeten Vaga jedoch als blankes Hirngespinst entpuppt, werde ich Sie Ihres Kommandos entheben, das verspreche ich Ihnen.
Basco knirschte mit den Zähnen. Debile, alte Schachtel! Sie wusste haargenau, fünf Tage waren eine Frist, die er unmöglich einhalten konnte. Schon allein der Flug nach Vaga würde das Zehnfache der vorgeschriebenen Zeit in Anspruch nehmen.
Während er weitere Bahnen auf dem Teppichboden in seinen Gemächern abmarschierte, erwog er mögliche Alternativen. Letztendlich blieb ihm eine einzige Chance. Auf Abfangkurs zu P-47 gehen, Aki Baku gefangen nehmen und den geforderten Beweis für die Existenz der Basis aus ihm heraus pressen. Ein Unterfangen, das ein hohes Risiko barg. Baku und seine Freunde würden sich nicht kampflos ergeben. Es bestand die Gefahr, dass das Patrouillenschiff bei einem Gefecht zerstört und Aki getötet werden könnte. Damit wäre der sorgfältig ausgetüftelte Plan, den Jungen vor den Augen seines leidenden Vaters umzubringen, beim Teufel. Überdies konnte ein toter Aki keine Geheimnisse mehr preisgeben.
Kail Basco blieb vor dem Holo-Bild seines Vaters stehen. »Ach, könntest du mir doch beistehen. Gemeinsam hätten wir das verdammte Weib aus dem Regierungspalast gejagt.«
Die Kabinentür glitt zur Seite, und Meri Trato kam herein. Sie trug eine himmelblaue, einteilige Uniform der Krankenstation, die ihre weiblichen Reize zur Geltung brachte. Im Moment hatte Basco keinen Blick für Meris Schönheit übrig.
»Bei Yamas Sonne! Was fällt Ihnen ein, bei mir hereinzuplatzen?«, wetterte er.
»Ich bitte vielmals um Entschuldigung, Baron.« Unterwürfig