Patrouillenschiff P-47: Teil 1 & 2 - Kurt Thomas - E-Book

Patrouillenschiff P-47: Teil 1 & 2 E-Book

Kurt Thomas

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Beschreibung

"Patrouillenschiff P-47" ist eine "Space Opera" im Stil klassischer Heftromane, aufgeteilt in sechs Episoden: Der Angriff, Gegen die Zeit, Meuterei, Zwischen den Fronten, Dämonen und Akis Kampf. Dieses E-Book enthält die Episoden 1 "Der Angriff" und 2 "Gegen die Zeit". Klimatische Katastrophen haben die Natur des Planeten Yama zerstört. Ein Bürgerkrieg tobt um die letzten Wasserreserven. Der blutjunge Soldat Aki Baku sehnt sich nach Frieden. Um eine neue Wasserquelle für seine Heimat zu finden, stiehlt er das legendäre Patrouillenschiff P-47 und bricht zu den Sternen auf. Begleitet wird Aki von seinen besten Freunden Tara und Riko, dem stummen Wissenschaftler Pyke, einem zwielichtigen Ex-General namens Ty Sorro sowie der Androidin Nava. Gemeinsam begegnen sie zahlreichen Gefahren auf ihrem Weg durch die Weiten des Weltraums... Alle weiteren Episoden liegen ebenfalls als E-Books vor.

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Seitenzahl: 265

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Kurt Thomas

PATROUILLENSCHIFFP-47

Teil 1 & 2

eISBN 978-3-948987-17-6

© mainbook 2021

Lektorat/Korrektorat: Michael Fern

Cover-Design: José-Javier Rodriguez

Weitere Infos unter www.sonnige-sendung.de

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

Inhalt

Die Story:

Der Autor:

Teil 1: Der Angriff

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

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16

17

18

Teil 2: Gegen die Zeit

1

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6

7

8

9

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16

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18

Die Story:

Klimatische Katastrophen haben die Natur des Planeten Yama zerstört. Ein Bürgerkrieg tobt um die letzten Wasserreserven. Der blutjunge Soldat Aki Baku sehnt sich nach Frieden. Um eine neue Wasserquelle für seine Heimat zu finden, stiehlt er das legendäre Patrouillenschiff P-47 und bricht zu den Sternen auf. Begleitet wird Aki von seinen besten Freunden Tara und Riko, dem stummen Wissenschaftler Pyke, einem zwielichtigen Ex-General namens Ty Sorro sowie der Androidin Nava. Gemeinsam begegnen sie zahlreichen Gefahren auf ihrem Weg durch die Weiten des Weltraums…

„Patrouillenschiff P-47“ ist eine „Space Opera“ im Stil klassischer Heftromane, aufgeteilt in sechs Episoden: Der Angriff, Gegen die Zeit, Meuterei, Zwischen den Fronten, Dämonen und Akis Kampf.

Dieses E-Book enthält die Episoden 1 „Der Angriff“ und 2 „Gegen die Zeit“.

Alle weiteren Episoden liegen ebenfalls als E-Books vor.

Der Autor:

Kurt Thomas ist das Pseudonym des Frankfurter Journalisten und Autors Marc Rybicki. Unter dem Künstlernamen Martin Olden veröffentlichte er bereits zahlreiche Krimis.

Mit „Patrouillenschiff P-47“ gibt er sein Debüt im SF-Genre.

Teil 1:Der Angriff

1

Der Planet Yama, im Jahr 2120 des Sonnenkalenders

Die Aufklärungsdrohne eröffnete das Feuer aus ihren Laserkanonen. Orangerote Blitze fetzten über die Steppe. Wo sie auftrafen, explodierte die Erde. Die Luft roch nach verbranntem Gras und flimmerte vor Hitze.

Aki Baku sah die Drohne auf sich zufliegen.

Mit einem gewaltigen Hechtsprung entkam er ihren tödlichen Strahlen. Aki fiel in den Staub und riss sein Lasergewehr, Modell LG-3, an die Schulter. Mehrmals zog er den Abzug durch. Der vierte Schuss landete im Ziel. Der Flugkörper verwandelte sich in einen Trümmerregen aus Metallteilen und Mikrochips. Aki Baku atmete durch. Schweiß rann über seine schwarze Haut. Einmal mehr wünschte er sich, an einem friedlichen Ort zu leben. Seit seiner Geburt vor siebzehn Sonnenjahren kannte Aki nichts anderes als den Krieg. Diesen verdammten Bürgerkrieg, in dem er seine Mutter verloren hatte.

Im nächsten Moment spürte der blutjunge Soldat, wie der Boden unter ihm zu beben begann. Das gleichmäßige Vibrieren verhieß eine neue, weitaus größere Gefahr. Die Augen zu Schlitzen verengt, um von der gleißenden Sonne nicht geblendet zu werden, spähte Aki zu einem Erdhügel am Horizont. Was er entdeckte, ließ seinen Pulsschlag in die Höhe schnellen. Eine komplette Kompanie der Nord-Allianz marschierte über die Kuppe! Bestückt mit Maschinensoldaten, deren metallische Füße im Gleichschritt stampften. Zielstrebig näherten sie sich seiner Position. Aki musste sein digitales Fernglas nicht bemühen, um zu wissen, wer die Roboter-Truppe befehligte. Tara Lautan, ein Mädchen in seinem Alter, mit dem er als Kind gespielt hatte. Heute stand Tara auf der Seite des Gegners. Am liebsten hätte Aki sein Gewehr weggeworfen und wäre davongelaufen. Sollten doch die Politiker und Generäle diesen Krieg alleine weiterführen, den sie angezettelt hatten. Andererseits wollte er nicht im Ruf eines Feiglings und Versagers stehen. Mit einem Fingertippen aktivierte Aki das eingebaute Sprechgerät in seinem Schutzhelm.

»Zugführer an Gruppe blau! Zur rechten Flanke ausschwärmen! Gruppe gelb zur linken Flanke! Angriff auf mein Kommando!«

Er konnte sich darauf verlassen, dass seine Befehle befolgt werden würden. Denn auch seine Einheit bestand aus Robotern, darauf programmiert, widerspruchslos zu gehorchen. An der Front dienten Menschen ausschließlich als Offiziere, Techniker und Wartungspersonal.

Aki Baku wartete, bis die erste Staffel der Nord-Allianz die Anhöhe überquert hatte. Dann schrie er: »Jetzt! Angriff!«

Eine wilde Schlacht entbrannte. Laserstrahlen zuckten wie ein flammendes Gewitter. Getroffene Roboter brannten und explodierten. Mechanische Gliedmaßen wirbelten durch die Luft. Schlag auf Schlag lichteten sich die Reihen in Akis Gruppen.

»Rückzug! Rückzug!«, befahl er, als ein Schuss an seinem Gesicht vorbei zischte. Doch es war zu spät. Gegen die Übermacht des Nordens gab es kein Entkommen. Bald sah sich Aki von den Widersachern umzingelt. Ausdruckslose Stahlgesichter wohin er auch blickte – und Waffen, die auf seinen Kopf gerichtet waren. Er hatte den Kampf verloren. Nun müsste er den Preis dafür zahlen. Aki senkte den Kopf und biss sich auf die Lippen.

Aus dem Hintergrund tönte eine tiefe Männerstimme: »Simulation stoppen!«

Im Handumdrehen löste sich die Szenerie auf. Die Maschinensoldaten, die Steppenlandschaft und der Himmel verschwanden. Zurück blieb eine dunkle Halle, durchzogen von grünen Gitternetzlinien. Der holographische Trainingsraum gehörte zum Komplex der Militärschule von Edon, Akis Heimatstadt. Alle Jungen und Mädchen, die älter als fünfzehn Sonnenjahre waren, mussten die Schule besuchen, sofern ihre Eltern sie nicht vom Kriegsdienst freigekauft hatten. Einer der Ausbilder trat auf Aki zu.

»Gratulation, Kadett Baku! So schnell wie du hat noch keiner die Prüfung vermasselt«, höhnte Major Zhandu, ein Schwarzer mit kahlem Schädel und krausem Kinnbart. Unter seiner grauen Uniform der Süd-Allianz zeichneten sich kräftige Muskeln ab. Die Kadetten nannten ihn Rot-Auge, weil er bei einer Schlacht sein rechtes Auge verloren und durch eine elektronische, rotschimmernde Linse ersetzt hatte.

»Erkläre mir, wieso du deine Einheit an den Flanken aufgeteilt hast, anstatt ihre Kraft im Zentrum zu bündeln?«

»Ich wollte den Gegner einkreisen, ihn in die Zange nehmen«, rechtfertigte sich Aki.

»Keine schlechte Idee. Aber leider hast du vergessen, den Befehl zu geben, der die Flanken zusammengezogen und den Kreis geschlossen hätte. Was deine Gruppen gebildet haben, war ein offenes Scheunentor, durch das der Feind hindurch spazieren konnte. Ein Kreis ist rund, weißt du? Wie eine Null. Falls du vergessen haben solltest, wie sowas aussieht, dann schau in den Spiegel!«, spottete Zhandu. »Denk daran, dass du Maschinen befehligst, die klare Anweisungen brauchen. Nimm dir ein Beispiel an Kadett Lautan! Sie gibt präzise Kommandos und ist eine talentierte Strategin.« Der Major rief das dunkelblonde Mädchen von der anderen Seite der Halle zu ihnen herüber.

»Das war eine überzeugende Leistung, Tara. Deinem Abschluss steht nichts im Wege. Möchtest du danach wirklich zur Raumflotte gehen? Die Infanterie könnte eine Kommandeurin wie dich gut gebrauchen. Denk auch an deinen Vater. Immerhin ist er General.«

»Danke, Major. Doch ich möchte unbedingt Pilotin werden. Mein Vater kennt meinen Wunsch und unterstützt mich dabei.« Taras blaue Augen wanderten zu ihrem Freund Aki. Sie lächelte ihn mitleidig an. »Tut mir leid, dass ich dich schlagen musste. Du hast es mir ziemlich einfach gemacht und ich wollte nicht mit Absicht verlieren.«

»Schon gut«, sagte Aki. »Mach dir keine Gedanken. Es ist mir sowieso egal.«

Major Zhandu glaubte, sich verhört zu haben. »Wie kann dir dein Abschneiden in dieser Prüfung egal sein, Kadett Baku? Bereits dein Name verpflichtet dich, der Beste zu werden. Oder hast du vergessen, dass du der Sohn von Roi Baku bist, dem größten Helden, den unser Bündnis jemals hervorgebracht hat.«

»Mein Vater ist kein Held«, schnaubte Aki. »Er tut nichts als diesen idiotischen Krieg zu verlängern. Seit achtzehn Sonnenjahren bekämpfen wir unsere Brüder und Schwestern im Norden, statt gemeinsam nach einem Weg zu suchen, wie sich unser Planet vielleicht noch retten lässt, bevor er vollständig zerstört wird!«

Tara tippte sich an die Stirn. »Spinnst du? Weißt du nicht mehr, wer uns in den Krieg getrieben hat? Das Adelspack der Nord-Allianz! Die hohen Herren haben uns den Zugang zu ihren Wasserquellen verweigert. Sie wollten die Völker im Süden verdursten lassen! Aber wenn wir sie besiegt haben, werden wir ihnen die Spielregeln diktieren!«

Aki widersprach. »Unsere gemeinsamen Vorväter sind Schuld, dass es überhaupt soweit gekommen ist. In ihrer Gier nach Profit haben sie Yama ausgebeutet und in eine Wüste verwandelt!« Der Junge redete sich in Rage. »Wissenschaftler, die damals vor der Zerstörung der Natur gewarnt haben, wurden als Spinner bezeichnet. Dabei hatte es genug Warnsignale gegeben. Viel zu heiße Sommer, zu wenig Regen, Waldbrände, Wirbelstürme, schmelzende Gletscher, verseuchte Ozeane. Keiner rührte einen Finger. Jeder ging seinen Geschäften nach. Den Ernst der Lage erkannte man erst, als die Katastrophe nicht mehr zu leugnen war.«

Tara wollte ihn unterbrechen, aber er sprach aufgebracht weiter. »Innerhalb von nur zwei Generationen waren weite Teile Yamas unbewohnbar geworden. Die Meere hatten sich in Tümpel verwandelt. Dürren, Hungersnöte und Epidemien breiteten sich aus. Und was kam dann? Ein lächerlicher Streit um Wasserrechte! Die Stadtstaaten des Südens schlossen sich zusammen und wollten die letzten sauberen Flüsse und Seen unter die Kontrolle einer Zentralregierung stellen. Im Wissen, dass der Norden dagegen protestieren würde, weil dem Adel nichts wichtiger ist, als Herr über sein eigenes Land zu sein. Der Süden stieß Drohungen aus und zog schließlich in den Krieg. Angeblich, um das Wasser für ganz Yama zu schützen. In Wirklichkeit geht es darum, die verhasste Monarchie der Nordstaaten zu zerschlagen!«

Tara spießte ihn mit Blicken auf. »Wie kannst du einen solchen Unsinn erzählen? Du verteidigst die Mörder im Norden? Nach allem, was sie deiner Familie angetan haben? Denk an deine Mutter!«

»Das tue ich. Sie wäre meiner Ansicht«, gab Aki zurück.

»Niemals!«, schrie Tara.

Major Zhandu hatte den Streit der beiden lange genug mitangehört. »Schluss damit! Feuer einstellen!« Die Linse seines künstlichen Auges fixierte Aki. »Kadett Lautan hat recht. Wie kannst du es wagen, solche Reden zu führen? Überlass die Politik dem Rat der Einhundert und kümmere dich lieber darum, dass du deinen Abschluss schaffst. Wenn du so weitermachst, werde ich dich um ein Sonnenjahr zurück versetzen!«

»Machen Sie, was Sie wollen, Rot-Auge!« Aki zog den Helm ab, warf das Gewehr auf den Boden und stapfte zum Ausgang.

»Stehenbleiben, Soldat!«, brüllte Zhandu.

Doch Aki kümmerte sich nicht um die Befehle des Ausbilders, ebenso wenig um die Strafen, die er ihm androhte. Tara Lautan rannte hinter ihrem wütenden Freund her, bemüht, ihn zur Vernunft zu bringen.

»Warte doch!«, rief sie und bekam den Ärmel seiner Uniform zu fassen. »Bitte beruhige dich! Schmeiß nicht alles hin! Du kriegst mächtigen Ärger!«

Aki riss sich los. Ungerührt lief er weiter, mit geballten Fäusten und beherrscht von einem einzigen Gedanken: Es war an der Zeit, seinen langgehegten Plan in die Tat umzusetzen.

2

Einst waren die prächtigen Yama-Bäume der Stolz des Planeten gewesen. Sogar seinen Namen verdankte er den über dreihundert Fuß hohen Riesengewächsen mit den kräftigen, rotbraunen Stämmen. In den Baumkronen hatten die herrlichsten Vögel ihre Nistplätze gefunden, gut geschützt durch das hellgrün leuchtende Blattwerk. Nun stand ein einsamer Yama-Baum auf dem großen Platz vor dem Stahlgebäude der Militärschule, von dem kein Leben mehr ausging. Seine Äste und Blätter bestanden aus Plastik, geformt von einem Künstler. Zur Erinnerung an die echten, längst ausgestorbenen Wunder der Natur. Aki Baku blieb im Schatten des Denkmals stehen. Er sah hinauf zu der Panzerglaskuppel, die seine Heimatstadt Edon vor den Strahlen der Sonne abschirmte. Wer sich längere Zeit ohne einen Schutzanzug außerhalb der Kuppel aufhielt, riskierte tödliche Verbrennungen. Aki fühlte den kühlen Luftzug, der aus den Belüftungsschächten am Boden strömte. Ein unterirdisches Netzwerk aus Hochleistungsmaschinen versorgte Edons Bevölkerung mit künstlichem Sauerstoff. Dem Gemisch waren Duftstoffe beigesetzt, um den chemischen Geruch der Kunst-Atmosphäre zu überdecken.

Von hinten legte sich eine Hand auf seine Schulter. Er fuhr herum. Tara hatte ihn eingeholt.

»Hast du dich abgeregt?«, fragte sie. »Kann man wieder vernünftig mit dir reden?«

»Ich bin sehr vernünftig. Im Gegensatz zu manch anderem.«

»Meinst du Rot-Auge? Oder deinen Vater? Sie wollen doch nur, dass du das Beste aus deinem Leben machst.«

In einer Geste der Verzweiflung strich sich Aki über seine kurzgeschorenen, krausen Haare. »Was für ein Leben soll das sein? Schau dich um, Tara!«

Er zeigte auf das Stadtzentrum vor ihren Augen. Aneinandergereihte Hochhäuser. Gläserne Aufzüge und Rolltreppen. Neonreklamen. Gigantische LED-Bildschirme, über die Nachrichten und Militär-Propaganda flimmerte. Betonierte Straßen, verstopft mit selbststeuernden Solar-Taxis. Passanten eilten von Geschäft zu Geschäft und befriedigten ihre Kauflust, scheinbar unbekümmert von einem Krieg, dessen Schlachtfelder weit weg lagen. Androiden in dunkelblauen Overalls säuberten die Gehwege, leerten den Müll aus oder erledigten Botengänge für ihre Eigentümer. Die Maschinenwesen sahen Männern und Frauen aus Fleisch und Blut täuschend ähnlich, abgesehen davon, dass sie alle die gleiche cremefarbene Haut hatten und kahlköpfig waren. Ein fabrikmäßiges Merkmal, um sie von echten Menschen unterscheiden zu können. Auf Pflichterfüllung programmiert, verrichteten die Androiden sämtliche niederen Arbeiten, für die sich das gebildete Volk zu fein geworden war. Bei ihrem Anblick musste Aki jedes Mal an die Sklaven aus grauer Vorzeit denken und fragte sich, wann die künstlichen Intelligenzen lernen würden, gegen ihre überheblichen Schöpfer zu rebellieren.

»Und für diese Welt soll ich kämpfen?« Er schüttelte den Kopf.

»Es ist unsere Heimat«, sagte Tara. »Die Einzige, die wir haben.«

»Da bin ich mir nicht so sicher«, murmelte er.

Sie stutzte. »Was soll das heißen?«

Aki wollte antworten, als auf einem der großen LED-Bildschirme der Kopf eines Nachrichtensprechers erschien. Seine Stimme hallte durch die Lautsprecher:

Captain Roi Baku, Held der Schlacht von Skapa, hat einen neuen glorreichen Sieg errungen. Es gelang ihm, das Flaggschiff der Nord-Allianz zu zerstören, den berüchtigten Schlachtkreuzer Feuersturm. Bakus Patrouillenschiff, P-47, und seiner tapferen Besatzung ist ein Platz in den Geschichtsbüchern sicher. P-47 wird am heutigen Nachmittag im Raumhafen von Edon erwartet. Tasso Halkon, Oberster Sprecher des Rats der Einhundert, hat erklärt, persönlich anwesend zu sein, um Captain Baku mit dem Goldenen Yama-Blatt auszuzeichnen – dem höchsten militärischen Orden.

Regungslos starrte Aki auf den Schirm.

Seine Freundin ahnte, was in ihm vorging. »Du willst an dem Empfang nicht teilnehmen, stimmt`s?«

Die Antwort war ein stummes Nicken.

»Hasst du deinen Vater wirklich so sehr?«

»Ja.« Aki nagte an seiner Unterlippe. »Das heißt … nein. Ach, ich weiß auch nicht«, rief er aus. »Früher konnte ich mit ihm über alles reden. Er hat mir zugehört, so wie du. Heute schreien wir uns nur noch an. Oder wir schweigen. Es kümmert ihn nicht, was ich denke oder fühle. Ihm geht es bloß um seine verdammten Missionen!«

»Das ist nicht wahr. Du bist ihm wichtig.«

»Aber sicher! Sofern ich seine Erwartungen erfülle und ihm keine Schande mache. Wenn er erfährt, dass ich durch die Prüfung gefallen bin, wird er einen Anfall bekommen.«

»Denkst du, euer Verhältnis bessert sich, wenn du ihn provozierst, indem du nicht an seiner Ehrung teilnimmst?«

Aki schwieg.

»Komm, lass uns später zusammen hingehen«, schlug Tara in einem versöhnlichen Ton vor. »So schlimm wird`s schon nicht werden. Meine Mutter ist auch dort. Im Notfall kann sie deinen Vater beruhigen. Du weißt, wie viel Respekt er vor ihr hat.«

»Deine Mutter ist Ratsmitglied und muss teilnehmen. Ich nicht.«

»Bitte! Tu`s mir zuliebe, ja?« Sanft strich sie über Akis Arm. Ihre blauen Augen blinzelten entwaffnend.

»Meinetwegen«, lenkte er ein. »Aber nur, wenn Riko auch mitkommt.«

»Oh, nicht dieser Angeber«, seufzte Tara.

»Riko ist mein bester Freund. Ohne ihn gehe ich nicht.«

»Na schön, wenn`s sein muss.« Tara rollte mit den Augen, während Aki eine Taste an seinem Holo-Phon berührte, das er in Form eines Kunststoffarmbands am Handgelenk trug. Kurz darauf tauchte die holographische Gestalt eines hellhäutigen Jungen auf. Seine schwarze Lockenmähne reichte fast bis zu den Schultern, und er trug ein ärmelloses Hemd, um Muskeln zu betonen, die allein in der Fantasie des schmächtigen, klein gewachsenen Burschen vorhanden waren.

»Ey, Aki! Was läuft, Kumpel?«, grüßte Riko Kamao und grinste breit.

»Nicht viel.«

»Wie ist die Prüfung gelaufen?«

»Frag nicht.«

»Rot-Auge ist ein Arsch!« Riko biss in einen Sojaprotein-Riegel und sprach schmatzend weiter. »Bei mir hat er rumgenörgelt, in meiner Einheit hätte es zu viele Verluste gegeben. Was soll der Quatsch? Sind doch bloß Blechköpfe. Wen juckt`s?«

Tara mischte sich in das Gespräch ein. »Weißt du, wie viel ein Roboter kostet? Unsere Kriegskasse ist nicht unerschöpflich.«

»Mann, du laberst schon so hochgestochen wie deine Mutter!«, erwiderte Riko. »Von mir aus brauchten wir die Dosen nicht. Ich würde die Stinker im Norden auch alleine fertig machen – so wie Kando.«

Tara stöhnte. »Kando ist eine Figur aus dem Holo-Kino. Ein Schauspieler, klar? Den gibt`s nicht in Wirklichkeit.« »Noch nicht. Aber warte, bis ich voll austrainiert bin, dann wirst du staunen, Blondie!«

»Nenn mich nicht Blondie, du Hohlkopf!«

Aki unterbrach ihren Streit. »Hast du die Blitznachrichten gesehen, Riko? Mein Vater wird heute Nachmittag im Raumhafen empfangen. Kommst du mit uns?«

»Und ob! Wird ein Riesenspaß, das ist so klar wie Kaktus-Wasser!«

Aki schmunzelte über Rikos Begeisterung, obwohl er in seinem Herzen anderer Meinung war.

Der Raumhafen lag im äußeren Bezirk der Stadt Edon. Er bestand aus einem mächtigen Hangar mit parallel verlaufenden Landebuchten, überdacht von einem Rundbogen aus Stahlträgern und Panzerglas. Vor dem Haupttor standen ein paar Dutzend Demonstranten und forderten eine größere Menge an Wasser, als ihnen monatlich von Staats wegen zugeteilt wurde. Ihre abgetragene Kleidung verriet, dass sie aus den weniger betuchten Bezirken Edons stammten. Einige der Protestler setzten sich lautstark für einen Waffenstillstand ein. Aki erkannte in ihnen Kriegsveteranen, ehemalige Offiziere und Offizierinnen, lebenslang gezeichnet durch Brandnarben in den Gesichtern und Prothesen an Armen und Beinen. Am liebsten hätte er sich ihrem Widerstand angeschlossen, aber Tara und Riko zogen ihn mit sich durch die Sicherheitsschleuse.

Eine Menschenmenge hatte sich im Hangargebäude an Landebucht Nummer 1 versammelt. Aki sah Männer in Maßanzügen und Gala-Uniformen, Frauen in Festtagskleidern und jubelnde Kinder, die Fähnchen mit dem Abbild des goldenen Yama-Blattes schwenkten. Aus den Deckenlautsprechern dröhnte die Hymne des Südens. Abgeordnete des Rats der Einhundert standen in Reih und Glied auf einer provisorisch errichteten Bühne. Auch Taras Mutter war dabei, eine hübsche blonde Frau namens Deva Lautan. An ihrer Seite befand sich ein schwergewichtiger Hüne, dessen Gesicht Aki an eine der ausgestorbenen Raubvogelarten erinnerte. Tasso Halkon. Sein Amt als Oberster Sprecher machte ihn zum mächtigsten Politiker der Süd-Allianz. Schwarzgekleidete Geheimpolizisten waren rund um die Bühne postiert und wachten über Halkons Sicherheit.

»Ich wette, der Dicke stürmt nachher als Erster ans Büffet«, scherzte Riko. »Gibt doch ein Büffet, oder? Meine Muskeln brauchen Nahrung.«

»Welche Muskeln?« Tara lupfte eine Augenbraue.

Riko tippte an den Schild ihrer Pilotenmütze. »Vorsicht, Blondie! Sonst frisst du dein Käppie!«

Tara stieß ihn beiseite. »Finger weg, Blödmann!«

»Und wenn nicht?«, fragte er provozierend.

»Sei friedlich, Riko«, mahnte Aki.

»Hast du gehört, Blondie? Dein Liebster beschützt dich.«

»Er ist nicht mein Liebster – und du sollst mich nicht Blondie nennen!«

Aki fluchte. »Verdammt, gebt endlich Ruhe ihr zwei!«

Seine Stimmung war gedrückt genug, auch ohne das ewige Gezänk seiner Freunde. Aus Protest gegen die Zeremonie hatte er seine Uniform gegen eine braune Beladi-Lederjacke getauscht, hergestellt aus den Blättern einer Frucht, die in den heimischen Gewächshäusern gezüchtet wurde.

Zähneknirschend mischte er sich unter das Volk und beobachtete, wie sich ein dunkler Schatten vor die Nachmittagssonne schob. Ein Raunen lief durch die Menge. Zwei Luken in der Kuppel über der Stadt glitten auseinander. Danach öffnete sich das Schott im Dach des Hangars. Unter Fanfarenklängen schwebte P-47 in den Raumhafen ein.

Das röhrenförmige Patrouillenschiff war wie alle Modelle seiner Klasse aus einem Gemisch aus Stahl, Aluminium und Kohlenstofffasern gebaut, um den Strapazen eines Fluges im Orbit des Planeten standzuhalten. Deflektor- und Hitzeschilder schützten die Außenhülle vor dem Druck und der Sonnenstrahlung beim Wiedereintritt in die Atmosphäre. Dank seiner Wendigkeit war das Schiff den schwerfälligen Schlachtkreuzern des Nordens weit überlegen. Vom Bug bis zum Heck maß es gerade einmal 180 Fuß, bei einer Höhe von nur sieben Fuß. Eine fliegende Dose, wie Akis Vater zu sagen pflegte, die der 12-köpfigen Besatzung wenig Raum und Komfort bot. Unter Platzangst durfte kein Mitglied der Crew leiden, zumal die Konstruktion hermetisch abgeschlossen war, ohne jegliche Aussichtsluken. Spezielle Sensorkameras, verbunden mit den Monitoren in der Kommandozentrale, ermöglichten die einzige Sicht nach außen. Auf dem Oberdeck erhob sich ein Geschützturm für die Laserkanone. Zehn Fusionstorpedos lagerten im Bauch des Schiffes. An den Seiten der Außenhülle waren je zwei Rettungsfähren für den Notausstieg angebracht, falls der Gegner schwerwiegende Treffer landete. Aki Baku kannte jeden Winkel und jede Schraube an Bord, denn er hatte die Konstruktionspläne genau studiert. Aus Gründen, die er vorläufig für sich behielt.

Das stetige Summen der Fusionstriebwerke verstummte, als P-47 in der Landebucht andockte. Scheinwerfer beleuchteten den grauen Rumpf und das flammend rote Bild eines Yama-Baumes, das auf das Heck gemalt war. Langsam öffnete sich die Druckluke auf dem Oberdeck. Ein athletischer, dunkelhäutiger Mann kletterte aus dem Schiff. Lauter Beifall und Jubel brach los. Captain Roi Baku hob die Hand zum Gruß. Auf seinen vernarbten Wangen erschien ein Lächeln. Aki fiel wieder einmal auf, wie sehr sein Vater und Major Zhandu sich ähnelten. Derselbe kahlrasierte Kopf, der gleiche Bart und dazu die tiefliegenden Augen unter buschigen Brauen. Vielleicht rührte ihre Ähnlichkeit daher, dass beide vom Volk der Husu abstammten, das in Yamas Frühgeschichte ein Nomadenleben in der Steppe geführt hatte. Hinter Akis Vater tauchte seine Erste Offizierin auf, Lieutenant Ledas. Die Rothaarige mit der Hochsteckfrisur hielt die Hände auf dem Rücken verschränkt und verzog keine Miene.

»Eine bessere Pilotin als sie gibt es in der gesamten Flotte nicht«, schwärmte Tara. »So gut wie Lieutenant Ledas möchte ich auch mal werden.«

Riko grinste schief. »Die Alte ist `ne arrogante Hexe. Kein Wunder, dass sie dir gefällt.«

Tara boxte ihm mit dem Ellenbogen in die Rippen.

Captain Baku, Lieutenant Ledas und die weiteren Besatzungsmitglieder liefen über den Landungssteg auf das Podium zu, wo sich Tasso Halkon für die Ordensverleihung rüstete. Zwei Kindern war es gelungen, die Absperrungen zu durchbrechen. Sie rannten zu Roi Baku, baten um Autogramme und gemeinsame Aufnahmen mit dem Holo-Phon. Lächelnd erfüllte er alle Wünsche. Seinen Sohn, der in der Nähe der Bühne stand, übersah der heimgekehrte Held. Aki überlegte, wie viele Menschen wohl an Bord des Schlachtschiffes gestorben waren, das sein Vater zerstört hatte. Und er bedauerte die naiven Kinder, die sich begeistert um ihr Idol scharten. Irgendwann würde ihnen klar werden, dass sie einen Mörder verehrten.

3

In Ambrakia, dem einflussreichsten Stadtstaat des Nordens, rollte ein Solar-Taxi über die Straßen. Captain Kail Basco rutschte unruhig auf den Polstern der Limousine hin und her.

»Fahr schneller, Mistding!«, schrie er den Bordcomputer an.

Eine weibliche Elektro-Stimme antwortete: »Leider habe ich Sie nicht verstanden. Bitte wiederholen Sie Ihre Eingabe.«

»Du sollst schneller fahren! Beschleunigen!«

»Die innerhalb der Stadtgrenze zulässige Höchstgeschwindigkeit ist bereits erreicht.«

»Zum Henker, die Verkehrsregeln sind mir gleichgültig! Es geht um Leben und Tod, verstehst du das?« Basco vollführte eine wegwerfende Handbewegung. »Nein, natürlich verstehst du`s nicht. Du bist bloß eine dumme Maschine. Beschleunige auf maximale Geschwindigkeit. Ich übernehme die Verantwortung.«

»Wie Sie wünschen!« Durch das Taxi fuhr ein Ruck, der Basco kurzfristig in den Sitz presste. Am Fenster rauschten die prächtigen Alleen und der Regierungspalast Ambrakias vorbei. Nervös fuhr sich Kail Basco durch sein schwarzes Haar, in das sich schon einige graue Strähnen verirrt hatten, obwohl er erst dreißig Sonnenjahre alt war. In seinem breiten Gesicht zuckten die Muskeln vor Anspannung. Immer wieder glitten seine Hände über den Stoff der dunkelblauen Uniform, die Bascos schlanke Figur betonte. Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichte der Wagen ein Hochhausgebäude, über dem die Leuchtschrift Medi-Center prangte. Basco bezahlte die Fahrt mithilfe seines Holo-Phons, sprang aus dem Taxi und rannte in das Krankenhaus.

Ein Arzt, dessen Haare genauso weiß waren wie sein Kittel, erkannte ihn sofort.

»Captain Basco! Gut, dass Sie hier sind.«

»Wie geht es meinem Vater?«, fragte er atemlos.

»Wir haben unser Möglichstes getan, nachdem die Rettungsfähre geborgen wurde. Aber ich fürchte, es geht zu Ende.«

Kail Basco schluckte. »Kann ich zu ihm?«

»Sicher.« Der Arzt führte ihn in das Krankenzimmer.

Admiral Dag Basco, Baron von Delion, bot einen erschreckenden Anblick. Brandwunden entstellten sein Gesicht. Die grauen Haare und der Schnauzbart waren größtenteils versengt. Eine Kompresse bedeckte die Augen. Aus seiner Nase hingen Atemschläuche.

Der Sohn des sterbenden Barons setzte sich neben ihn auf das Lager. »Vater, ich bin es, Kail. Ich bin so schnell gekommen, wie ich konnte.«

Dag Basco begann mit heiserer Stimme zu sprechen. »Feuersturm … zerstört … Torpedo-Einschlag … Baku.«

»Captain Baku? Hat er dir das angetan?«

Der Todgeweihte rief den Namen seiner Frau. »Reba! Wo ist Reba?«

»Mutter ist auf dem Weg. Halte durch, Vater!«

»Kail, du musst … dich um sie kümmern.«

»Aye, das werde ich.« Kail kämpfte mit den Tränen.

Admiral Basco lächelte entrückt. »Lasst uns den Fluss der Sterne überqueren und unter ihrem Licht ausruhen.« Dann wich der letzte Atem aus seinem geschundenen Körper.

Weinend hielt Kail die Hand seines toten Vaters fest. »Ich werden dich rächen. Das schwöre ich!«

4

Im Aufenthaltssaal des Raumhafens von Edon war eine Party zu Roi Bakus Ehren im Gange. Die Gäste durften sich an einem reichhaltigen Büffet bedienen. Die Gewächshäuser hatten Gemüseplatten und Obstkörbe geliefert, dazu gab es Fleischersatz aus Seitan und Erbsenproteinen. Die Nutztierhaltung war seit einiger Zeit auf Yama abgeschafft worden, wegen Mangels an Weideland und Wasser. Auch Haustiere hatte man verboten, um die Vergeudung an Trinkwasser zu vermeiden, was Aki bedauerte, da er in seiner Kindheit gerne einen zahmen Lupo oder eine Feline als Spielgefährten gehabt hätte.

Sein Vater stand mit Tasso Halkon und Deva Lautan vor der Festtafel. Sie plauderten und tranken Kaktuswein aus bauchigen Gläsern.

»Nochmals Gratulation zu Ihrem Triumph«, sagte der Oberste Sprecher. »Sie sind unser ganzer Stolz.«

»Ich tue nur meine Pflicht«, meinte Roi Baku.

»Sie müssen sich den Film ansehen, den diese hochbegabte Künstlerin über Sie gedreht hat. Wie heißt sie noch gleich? Lana? Loni?«

»Lia Sokal«, soufflierte Deva Lautan. »Der Film handelt von der Schlacht um Skapa.«

»Ein Meisterwerk!«, befand Halkon.

Riko Kamao war anderer Meinung. »Die Kando-Filme sind schärfer!«, rief er und drängte sich zwischen den Dreien hindurch zum Büffet. »Darf ich mal? Hhm … sieht lecker aus!«

Halkon rümpfte die Nase. »Wer ist dieser Knirps?«

»Er ist mein Freund«, sagte Aki. Unbemerkt hatte er neben seinem Vater Stellung bezogen und verschränkte die Arme vor der Brust.

Roi Baku musterte ihn streng. »Darf ich Ihnen meinen Sohn Aki vorstellen, Oberster Sprecher?«

Die dunklen Augen des Politikers blickten den Jungen an. »Er sieht seiner Mutter sehr ähnlich. Ich kann mich noch gut an Nandi erinnern.«

»Wirklich?«, fragte Aki. »Ich kenne sie nur von Holo-Aufnahmen. Und das habe ich Ihnen zu verdanken.«

»Wie darf ich deine Aussage verstehen, junger Mann?«

»Ganz einfach. Sie und Ihresgleichen haben diesen Krieg begonnen«, zischte er.

Roi Baku brummte. »Benimm dich, Sohn!«

Tasso Halkon winkte ab. »Lassen Sie ihn. Zorn ist das Vorrecht der Jugend, ebenso wie die Unwissenheit.« Er wandte sich an Aki. »Ich habe den Kampf nicht gewollt, mein Junge. Die Uneinsichtigkeit des Nordens hat ihn heraufbeschworen. Wir wurden dazu gezwungen, das Wasser und unsere Werte zu verteidigen. Wo kämen wir hin, wenn wir uns von den Feudalherren diktieren ließen, wie wir zu leben haben?«

Deva Lautan legte eine Hand auf Akis Schulter. »Hätte es vor vierzehn Sonnenjahren schon Patrouillenschiffe gegeben, die feindliche Schlachtkreuzer und Satelliten zerstören, von denen die Steuerung der Roboter-Armeen abhängig sind, wäre es nicht zu dem schrecklichen Luftangriff auf Edon gekommen, bei dem deine Mutter gestorben ist. Männern wie deinem Vater verdanken wir unsere Sicherheit.«

«Ich weiß, mein Vater ist der größte Held, der jemals gelebt hat. Und ich hoffe, dass ich niemals so werde wie er«, fauchte Aki.

Der Captain entschuldigte sich bei Deva und dem Obersten Sprecher, packte seinen Sohn am Arm und zerrte ihn beiseite. »Was ist in dich gefahren? Schlimm genug, dass du nicht in Uniform erschienen bist. Musst du mich auch noch vor den Würdenträgern unseres Bündnisses blamieren?«

»Ich finde es widerwärtig, wie dich alle dafür bewundern, dass du Menschen umbringst.«

Roi Baku senkte seine Stimme zu einem drohenden Flüstern. »Nun hör mir mal gut zu. Anstatt dich wie ein trotziges Kind aufzuführen, solltest du mir lieber dankbar sein. Das Schiff, das ich vernichtet habe, die Feuersturm, stand unter dem Kommando von Admiral Basco. Er war es, der den Angriff auf Edon geführt hat, bei dem ich deine Mutter verloren habe. Jetzt habe ich ihren Tod gerächt.«

»Macht sie das wieder lebendig?«

Da Akis Vater offensichtlich keine passende Antwort einfiel, wechselte er das Thema. Er deutete auf Major Zhandu, der sich auf der anderen Seite des Saals mit einem Ratsmitglied unterhielt. »Zhandu sagte mir, du bist durch die Prüfung gefallen. Hast du eine Erklärung dafür?«

»Ich hasse es, Soldat zu spielen. Warum hast du mich nicht vom Militärdienst freigekauft? Haben andere Eltern auch getan.«

»Sieh dich um und sag mir, wie viele dunkelhäutige Männer du hier siehst – außer dir, mir und Zhandu.«

Akis Blick schweifte durch die Runde. »Keinen.«

»Eben. Früher war das anders. Da hatten wir das Sagen im Süden. Doch nachdem die Natur verrücktspielte und der Westen und der Osten unbewohnbar wurden, flüchteten sich die Weißen zu uns. Nach und nach übernahmen sie die Macht. Um in dieser Gesellschaft wieder nach oben zu kommen, müssen wir durch Leistung überzeugen. Militärische Leistung. Nur die zählt in Kriegszeiten.«

Aki rammte die Fäuste in die Taschen seiner Lederjacke. »Mir ist egal, ob jemand schwarz, weiß oder kariert ist. Davon abgesehen, kann man auch als Wissenschaftler eine Menge leisten.«

»Hinter einem Labortisch zu hocken und durch ein Elektronenmikroskop zu glotzen, ist kein Leben für einen Mann vom Volk der Husu«, betonte der Raumschiffkommandant. »Die Husu waren immer Krieger. Das Blut unserer Väter fließt durch deine Adern, ob es dir passt oder nicht. Keine Sorge, Zhandu und ich werden dir noch beibringen, was es heißt, ein echter Mann zu sein.«

»Aye, Captain!« Aki salutierte übertrieben, machte auf dem Absatz kehrt und stürmte hinaus. Riko und Tara hatten das Streitgespräch beobachtet. Sie folgten ihrem Freund nach draußen vor den Raumhafen.

»Hey, das war `n heißer Abflug«, lachte Riko und schlug Aki auf den Rücken. »Kühl dich ab, bevor deine Triebwerke explodieren.«

»Worum ging`s denn?«, erkundigte sich Tara.

»Als ob du das nicht wüsstest«, grummelte Aki. »Er lässt einfach nicht mehr mit sich reden.«

»Wahrscheinlich denkt dein Vater das Gleiche über dich.«

Riko ergriff Partei für seinen Kumpel. »Mal langsam! Auf wessen Seite stehst du eigentlich, Blondie?«

Wutschnaubend wollte sie zu einer Erwiderung ansetzen, aber Aki schnitt ihr das Wort ab. »Fangt nicht schon wieder an! Ich habe die Nase voll von Streitereien und Kämpfen. Das halte ich nicht mehr aus. Ich muss hier weg«, sagte er entschlossen.

»Was meinst du damit?«, fragte Tara. »Wo willst du denn hin? Etwa die Stadt verlassen?«

Aki lächelte schief und zeigte auf den Himmel jenseits der Panzerglaskuppel. »Dort hinauf.«

»Du bist irre!«, entfuhr es Riko.

Ausnahmsweise war Tara seiner Meinung. »Machst du Witze? Wie stellst du dir das vor?«

«Ich werde es euch erklären», sagte Aki Baku geheimnisvoll. »Kommt, wir gehen in Bero`s Bar.«

5

Die Dunkelheit war über Delion hereingebrochen, den Landsitz der Basco Familie. Vereinzelte LED-Lampen beleuchteten die üppigen Gärten. Wie alle Angehörigen der Adelsschicht verfügten die Bascos über ein privates Bewässerungssystem, angeschlossen an einen der verbliebenen Flüsse, um ihren Park zu versorgen. Die Gartenanlagen waren ein Statussymbol, das sich das gewöhnliche Volk nicht leisten konnte. Um die Pflege der Wiesen und Pflanzen kümmerten sich Androiden. Ein menschlicher Aufseher achtete darauf, dass sie ihrer Programmierung ordnungsgemäß nachkamen. Gegen Abend wurden die Kunstwesen abgeschaltet und in einer Baracke auf dem Grundstück untergebracht. Rund um die Uhr arbeiteten dagegen die Dienstmodelle im Herrenhaus, das auf prunkvollen Marmorsäulen thronte.

Zu dieser Stunde saßen Kail Basco und seine Mutter Reba im Salon vor dem Speisezimmer, tranken Soja-Cocktails und hingen den Erinnerungen an den verstorbenen Vater und Ehemann nach.

Der livrierte Diener Serva, eine Kurzform für Service-Androide, trat ein und meldete hohen Besuch. »Die Strategin Manouk Dara, Gräfin von Melos, ist eingetroffen.«

Reba Basco, eine verblassende Schönheit mit dunkelgefärbtem Haar, nickte huldvoll. »Wir lassen bitten.«

Sie erhob sich aus dem Sessel und richtete ihr schwarzes Kleid.



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