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Eine Reise in die Vergangenheit - und eine Jagd nach Elcoxol Als Mhogena, der Fünfte Bote von Thoregon, über die Brücke in die Unendlichkeit ins Solsystem zu den Terranern kam, hoffte er auf die Hilfe der Menschheit. Sein Volk, die wasserstoffatmenden Gharrer, ist nämlich von einer ungeheuren Gefahr bedroht: Invasoren haben die Galaxis Chearth angegriffen und das Verderben über zahlreiche bewohnte Planeten gebracht. Die Invasoren beabsichtigen zudem, den geheimnisvollen Sonnentresor zu öffnen. Wenn sie dies tun, werden die Guan a Var ausbrechen, die Sonnenwürmer - und das würde über kurz oder lang den Tod der ganzen Galaxis bedeuten. Hinter der Attacke steckt offensichtlich Shabazza, der Gegenspieler der Koalition Thoregon. Seine Machenschaften sorgten bereits in der Milchstraße und anderen Galaxien für Tod und Vernichtung. Mhogena konnte bei seinem Besuch auf der Erde nur einen kleinen Erfolg verzeichnen. Aus der Milchstraße brach eine winzige Hilfsflotte auf: die GILGAMESCH der Zellaktivatorträger unter Befehl des Arkoniden Atlan und zehn Kampfschiffe der wasserstoffatmenden Maahks. Mit dieser bescheidenen Streitmacht nimmt Atlan den Kampf gegen die Invasoren auf. Immerhin gab es erste Erfolge. Einer davon betrifft die Gefangennahme des Anführers der Algiotischen Wanderer - dieser entwickelt sich zum KETZER DER TAZOLEN ...
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Seitenzahl: 133
Veröffentlichungsjahr: 2014
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Nr. 1968
Ketzer der Tazolen
Eine Reise in die Vergangenheit – und eine Jagd nach Elcoxol
von Susan Schwartz
Als Mhogena, der Fünfte Bote von Thoregon, über die Brücke in die Unendlichkeit ins Solsystem zu den Terranern kam, hoffte er auf die Hilfe der Menschheit. Sein Volk, die wasserstoffatmenden Gharrer, ist nämlich von einer ungeheuren Gefahr bedroht: Invasoren haben die Galaxis Chearth angegriffen und das Verderben über zahlreiche bewohnte Planeten gebracht.
Die Invasoren beabsichtigen zudem, den geheimnisvollen Sonnentresor zu öffnen. Wenn sie dies tun, werden die Guan a Var ausbrechen, die Sonnenwürmer – und das würde über kurz oder lang den Tod der ganzen Galaxis bedeuten.
Hinter der Attacke steckt offensichtlich Shabazza, der Gegenspieler der Koalition Thoregon. Seine Machenschaften sorgten bereits in der Milchstraße und anderen Galaxien für Tod und Vernichtung.
Mhogena konnte bei seinem Besuch auf der Erde nur einen kleinen Erfolg verzeichnen. Aus der Milchstraße brach eine winzige Hilfsflotte auf: die GILGAMESCH der Zellaktivatorträger unter Befehl des Arkoniden Atlan und zehn Kampfschiffe der wasserstoffatmenden Maahks.
Mit dieser bescheidenen Streitmacht nimmt Atlan den Kampf gegen die Invasoren auf. Immerhin gab es erste Erfolge. Einer davon betrifft die Gefangennahme des Anführers der Algiotischen Wanderer – dieser entwickelt sich zum KETZER DER TAZOLEN ...
Vincent Garron – Der terranische Mutant taucht ein ins Farbenmeer.
Vil an Desch – Das wohl meistgehasste Wesen zweier Galaxien braucht neues Elcoxol.
Mhogena – Der Fünfte Bote von Thoregon im Dialog mit seinem bisher größten Feind.
Ver to Nisch – Die Entdeckung des Forschers verändert ein Weltbild.
Soe ra Lor
O Nachto, Gott des Blitzes und des Feuers, wie konntest du mich verlassen? Habe ich dir nicht immer gut gedient, deinen Willen als deine Inkarnation nicht stets erfüllt? Weshalb zürnst du mir nun, da wir alle in so großer Gefahr sind?
Wie konntest du es zulassen, dass mir ein Angehöriger meines eigenen Volkes nach dem Leben trachtet, mich meines Amtes enthebt, um an meiner Stelle oberster Scoctore, der Gottpriester selbst, zu werden?
War er irregeleitet, um das zu wagen, oder hattest du ihn in einer Vision beauftragt?
Ich bin verwirrt, o Nachto, vergib deshalb deinem demütigen Diener, dass er so viele Fragen stellt! Es sind keine Vorwürfe oder Anklagen, denn die Weisheit der Götter ist unendlich. Doch muss ich verstehen, weshalb du so handelst. Ich möchte deinem Willen nicht zuwiderhandeln, doch blinder Gehorsam beschwört meist Unheil herauf!
Zürnst du mir, weil ich mit den Ungläubigen verkehre? Ich bin weiterhin ihr Gefangener, o Feind der Kälte, und ich habe mich ihnen keineswegs ergeben.
Doch ihre Argumente sind begründet. Sie haben nicht im Sinn, mich vom wahren Glauben abzubringen. Das ist auch gar nicht möglich. Es gibt allerdings Beweise, dass sie recht und wir uns geirrt haben. Die Bedrohung ist so groß, dass sie auch das Clannach-Imperium vernichten kann.
O Nachto, ich weiß, du hast mich hierhergeführt, um diese Bedrohung zu beseitigen. Xion der Geflügelte hat uns geweissagt, Gaintanu, den Schöpfer und Herrn der Unsterblichkeit, hier zu finden und zu befreien.
Aber wir haben den Gott des Fluges vielleicht nicht korrekt verstanden, die Vision falsch interpretiert. Wir sind fehlerhafte Geschöpfe, trotz allen Strebens nach Vollkommenheit.
Nun ist die Aufgabe noch viel größer geworden, und ich bin sicher, dass wir am Ende Gaintanu dennoch finden werden. Ich habe unser eigentliches Ziel nicht aus den Augen verloren, ganz im Gegenteil.
Aber wie soll ich den Willen der Götter umsetzen, wenn sie mir zürnen? Nachto, du beraubst mich meiner Macht, meines Einflusses, meines Status.
Bin ich nicht mehr würdig, dir zu dienen? Ist es nicht wichtiger, dem Fortschritt zu dienen, anstatt sich nur immer in der Vergangenheit aufzuhalten?
Dro ga Dremm ist nicht gläubiger als ich, o Beherrscher des Feuers, und er will den Ungläubigen nicht helfen. Die Tazolen sind auserwählt, den wahren Glauben zu verbreiten und ihn von Galaxis zu Galaxis zu tragen.
Ist das falsch? Die wahren Götter sollen mächtiger denn je werden, ihre Erhabenheit auf alle anderen niederen Wesen herabstrahlen und sie zur wahren Einsicht führen.
Ich kann mich nicht irren, o Bewahrer der Lebenswärme, Licht in meiner Dunkelheit. Blende mich mit dem Blitzstrahl deiner Augen, wenn du glaubst, dass ich ein Ungläubiger bin, zerschmettere mich mit den Blitzspeeren aus deiner Hand, wenn ich unwürdig geworden bin, verbrenne mich mit deinem feurigen Atem, wenn ich dich verleugne.
Aber lass es nicht zu, dass mein Volk mich verstößt, dass ein machthungriger Narr an meiner Stelle regiert, der nicht in der Lage ist, den Tazolen die Unsterblichkeit zurückzugeben, und der das Imperium in den Untergang führen wird!
Keine Aussicht auf Erfolg
Myles Kantor befand sich auf der ENZA, als schon wieder Alarm gegeben wurde.
Einer der terranischen Hyperphysiker, die den Gharrern in der Hauptschaltstation auf Thagarum zur Seite gestellt worden waren, zeigte sich auf dem Holo, das sich über Kantors Arbeitstisch aufgebaut hatte. Der Ausschnitt war groß genug, so dass im Hintergrund deutlich zu sehen war, wie hektisch an den Terminals gearbeitet wurde.
»Myles, der Pulsar Wlaschos ist doch nicht so stabil, wie wir in den letzten Tagen gehofft haben«, überbrachte er die Hiobsbotschaft.
»Hat sich seine Pulsfolge erneut beschleunigt?«, fragte der der relativ unsterbliche Wissenschaftler. Die obligatorische Strähne des glatten Haares fiel ihm über die blasse Stirn.
Seit Tagen stand das wissenschaftliche Team der GILGAMESCH und der Gharrer unter Strom. Bei allen machte sich die Belastung allmählich im Aussehen bemerkbar, selbst bei dem Zellaktivatorträger.
Gerrick Villström, ein lang aufgeschossener, streichholzdünner, glatzköpfiger Mann, nickte unglücklich.
»Nur minimal«, sagte er, »aber wir wissen, was das zu bedeuten hat. Die Werte haben sich zuletzt recht schnell auf 15,2373 pro Sekunde erhöht.«
»Nur minimal nennst du das?«, rief Kantor.
Normalerweise sprach er leise und moduliert. Aber in solchen Momenten verlor selbst er die Fassung.
»Du weißt doch, was geschieht, wenn die Frequenz weiter ansteigt«, sagte er halblaut. »Bei der magischen Grenze von 15,24 pro Sekunde wird's richtig kritisch!«
Davon waren sie nicht mehr weit entfernt. Am 1. Januar hatte man noch einen Wert 15,2363 gemessen, danach war er langsam weitergestiegen, bis er sich stabilisiert hatte.
Villström war sich im Klaren, was diese Entwicklung bedeutete. Im Gegensatz zu seinen eher verharmlosenden Worten waren auf seiner Stirn deutlich Schweißperlen zu sehen.
»Wer wüsste das nicht«, murmelte der Hyperphysiker. »Durch seine enormen Gravitationskräfte wird der Stern zu diesem Zeitpunkt recht schnell die Stufe zum Schwarzen Loch überschreiten. Der Sonnentresor kollabiert daraufhin, und ...«
»... und wir können alle für immer in Rente gehen. Falls uns noch soviel Zeit bleibt, uns darüber Gedanken zu machen«, vollendete Kantor den Satz. »Was ist die Ursache für die neuerliche Beschleunigung? Wisst ihr schon was?«
»Wie immer sind's die Algioten. Sie pfuschen uns auf den Stationen zehn und elf mit gezielten Störimpulsen ins Handwerk.«
Die Stationen Nummer 10, Huscoot, und Nummer 11, Thuraghur, waren artgleiche Weltraumstützpunkte wie Khauriom. Die unmittelbaren stellaren Nachbarn Thagarums bildeten zusammen ein gleichschenkeliges Dreieck mit einer Seitenlänge von je 1,5 Lichtjahren.
»Was tut ihr dagegen?«, fragte Myles Kantor.
Gerrick Villström zögerte sichtlich. »Wir ...«, begann er vorsichtig.
Kantor riss die großen Augen noch weiter auf. Die zusammengezogenen buschigen Brauen warfen düstere Schatten darüber.
»Setzt den Hyperraum-Resonator ein, baut entgegengesetzte Störfelder auf, oder erteilt den GILGAMESCH-Modulen den Auftrag, die Stationen in die Luft zu sprengen – was immer notwendig ist, aber tut etwas, verdammt noch mal!«, donnerte er. »Verliert keine Zeit, und ...«
Seine weiteren Worte gingen in einem Stakkato an Störgeräuschen unter, als wäre sein Vorschlag sofort in die Tat umgesetzt worden. Das Holo verzerrte sich zu abstrakten Formen, und es war kein verständliches Wort mehr zu hören. Gleich darauf war die Verbindung gänzlich zusammengebrochen.
»... haltet die Katastrophe um Himmels willen noch einmal auf«, beendete Myles den Satz leise für sich selbst.
Er spürte, wie kurzzeitig ein Zittern durch die ENZA ging, bevor die Stabilisatoren eingriffen. Die Auswirkungen machten sich nicht nur im Hyper-, sondern ebenfalls im Normalraum bemerkbar. Und jedes Mal wurde es schlimmer ...
»Achtung, wir sind soeben einem weiteren Hyperbeben ausgesetzt«, meldete der Hauptsyntron der ENZA. »Ich habe sofort Alarm an alle Schiffe gegeben. Im Augenblick dürfen keine Hyperflüge eingeleitet werden. Die Hyperortung ist wegen des heraufziehenden Hypersturms bereits ausgefallen. Geschätzte Dauer: etwa eine halbe Stunde. Während dieser Zeit sollten alle syntronischen Anlagen sowenig wie möglich belastet werden, da weitere Schäden nicht ausgeschlossen werden können.«
»Warum auch nicht?«, murmelte Myles. »Bisher haben wir ohnehin nichts ausrichten können ...«
Der Wissenschaftler wusste, dass sein Vorwurf Villström gegenüber unberechtigt gewesen war. Selbstkritisch schüttelte er den Kopf.
Mir gehen wohl langsam die Nerven durch, dachte er. Ich muss mich bei Villström nachher entschuldigen.
Die Wissenschaftler arbeiteten unermüdlich daran, der Beschleunigung der Pulsfolge entgegenzusteuern. Doch bisher hatten sie keinen großartigen Erfolg gehabt.
Wlaschos legte fast täglich an Beschleunigung zu, meist wurden nur extrem geringe Werte gemessen; der jüngste Sprung machte Myles Kantor jedoch ernsthafte Sorgen. Es war ein Trugschluss gewesen zu glauben, die Algiotischen Wanderer aufhalten zu können, indem man die Hauptschaltstation eroberte.
Und nachdem Vil an Desch von seinem Volk zum Staatsfeind Nummer eins erklärt und beinahe umgebracht worden war, gab es kaum noch Hoffnung auf Vernunft und eine friedliche Einigung.
*
»Vincent, ich will jetzt endlich wissen, wo du gewesen bist!«, forderte Tuyula Azyk den Mutanten zum wiederholten Male auf.
Doch es brauchte eine ganze Weile, bis Vincent Garron reagierte. Er hielt sich derzeit zwar in der medizinischen Station der MERLIN auf, aber er war weiterhin kaum ansprechbar.
Physisch hatte er sich nicht weiter verändert; die Verunstaltungen waren allerdings auch nicht zurückgegangen. Seine Metamorphose schien jetzt im parapsychischen Bereich voranzuschreiten. Zumindest sagten das die Mediker.
Darla Markus, die momentan Dr. Julio Mangana als Assistentin unterstützte, hatte schon sehr lange nicht mehr in den Spiegel geschaut. Die junge Frau hatte es aufgegeben, ihre stahlblauen, schwarzgesträhnten Haare zu einer kostbaren Frisur aufzudonnern, und die hüftlange Mähne lediglich zu einem schlichten, dicken Zopf ohne Schmuck zusammengefasst. Ihr goldbronzener, glatter Teint hatte geradezu eine wächserne Blässe angenommen.
Manchmal fragte sich die junge Medikerin, ob es das alles wert war. Seit Wochen hatte sie nicht mehr richtig geschlafen, kein geregeltes Essen zu sich genommen. Sie war nervös und gereizt und hatte immer häufiger Magenbeschwerden.
Und das alles für eine Aufgabe, die vielleicht völlig umsonst ist, dachte sie missmutig, weil sie zu keinem ordentlichen Abschluss gebracht werden kann.
Wer hatte im Augenblick schon einen Nutzen davon? Es gab in ihren Augen sicher wichtigere Dinge, für die es lohnenswert war, sich derart zu engagieren und geradezu selbst aufzugeben.
Andererseits war ihre Forschungsarbeit über den ehemaligen Todesmutanten bereits auf einen beachtlichen Umfang gewachsen. Mit dieser Arbeit, ob erfolgreich beendet oder nicht, würden ihr nach der Rückkehr in die Milchstraße in jedem Fall ganz andere Türen als bisher offenstehen.
Mangana hatte sich zwar nicht allzu begeistert über ihr Vorhaben gezeigt – weil er sie dann unweigerlich aus seinem Team verlor –, aber ihr keine Hindernisse in den Weg gelegt. Dank ihrer Berichte hatte er selbst sich ebenfalls zu einem Spezialisten für Vincent Garrons Anomalien entwickelt.
»Ich weiß doch nicht, was ich dir antworten soll«, antwortete Vincent nach einer langen Weile, als Tuyula Azyk schon gar nicht mehr damit gerechnet hatte.
Das war es aber auch schon. Die schmalen Augenschlitze schlossen sich wieder, und er summte leise vor sich hin.
Weil er ziemlich entkräftet war, lag Garron die meiste Zeit auf einer Antigravliege, an jede Menge Überwachungsgeräte angeschlossen. Die Paratron- und Anti-Esper-Schirme standen in Bereitschaft, waren aber nicht aktiviert.
Nach allen Prognosen war der einstige Massenmörder inzwischen weit davon entfernt, jemandem Schaden zufügen zu wollen. Seine Sinne waren ausschließlich auf den Sonnentresor gerichtet, er interessierte sich für nichts anderes mehr als sein farbenprächtiges »Elysium«. Deshalb war es wichtig, ihn ständig zu untersuchen, seine Veränderungen zu protokollieren.
Das Bluesmädchen richtete das vordere Augenpaar auf Darla Markus.
»Kannst du mir nicht helfen?«, bat Tuyula leise.
Darla seufzte und strich über ihren dicken Zopf.
»Tuyula, was soll ich denn noch tun? Die Messgeräte spucken ständig Werte aus, auf die ich mir keinen Reim machen kann. Es gibt keine vergleichbare Datei, die uns weiterhelfen könnte. Vincent Garron ist einmalig. Wir könnten ihm nicht einmal ansatzweise helfen, wenn er uns darum bäte. Das einzige, was ich ihm geben kann, sind temporäre Mittel gegen körperliche Schmerzen, aber die schlagen schon kaum mehr an.«
»Ich glaube nicht, dass er noch unter Schmerzen leidet«, bemerkte Tuyula.
»Das Problem ist, dass er nach überhaupt nichts mehr verlangt«, fuhr Darla fort. »Er ist zwar körperlich anwesend, aber mehr auch nicht. Die Gehirnaktivitäten im parapsychischen Bereich sind ständig im Extrem. Die hyperphysikalischen Werte spotten jeder Beschreibung. Nach Ansicht der Maschinen ist Garron kein Mensch mehr, ja nicht einmal mehr ein lebendiges, atmendes Lebewesen. Wir haben keine Erklärung dafür, wie sich sein Körper noch am Leben erhält. Ich gehe davon aus, dass er, würden wir ihm nicht regelmäßig die notwendigen Energien zuführen, langsam, aber sicher verhungern würde.«
Die Medikerin hob die Schultern. »Aber ob sein Geist dann stirbt ... Das wage ich zu bezweifeln.«
»Das ist bei Menschen möglich?«, fragte die Blue entsetzt.
»Der bekannteste humanoide Vertreter war und ist Ernst Ellert«, antwortete Darla und nickte. »Natürlich hat Garron ganz andere Paragaben, weswegen wir keine Vergleiche anstellen können. Wir wissen nicht, was aus ihm wird, sollte er eines Tages dazu in der Lage sein, das körperliche Dasein aufzugeben.«
»Aber ... du hältst es für möglich?«
»Er interessiert sich nicht mehr für seinen Körper. Seine Gehirnaktivitäten, die den für uns normalen Bereich betreffen – also die bewusste Wahrnehmung der Umwelt, das Empfinden elementarer Bedürfnisse und so weiter –, sind stark eingeschränkt. Er reagiert kaum noch auf Reize.«
Tuyula senkte den Tellerkopf. »Ich habe gehört, wie Julio Mangana gesagt hat, dass Vincent sich der Realität immer mehr entfremdet.«
»So sehe ich das auch«, stimmte die Medikerin zu. »Ich gehe so weit zu behaupten, dass du noch der einzige Bezugspunkt für die dritte Dimension bist. Ohne dich hätte er sicherlich nicht mehr zur MERLIN zurückgefunden.«
»Aber warum redet er dann nicht mit mir?«, zirpte die junge Blue verzweifelt.
»Weil er anscheinend viel nachzudenken hat, Tuyula. Sein ganzes Denken richtet sich auf den metaphysischen Bereich aus – und hat sich entsprechend verändert. Es ist uns nicht mehr möglich, seinen Gedankengängen zu folgen, seine Bildsprache zu verstehen. Es wird für ihn immer schwieriger, sich uns in einfachen Worten verständlich zu machen.« Darla Markus deutete auf die Holoschirme der Überwachungssysteme. »Obwohl es mein Beruf ist, kann ich auf diesen Auswertungen nahezu ebenso wenig erkennen wie du. Sie entsprechen nichts, womit wir etwas anfangen können. Einerseits ist Garron gehirntot, andererseits hyperaktiv. Es ist alles ein großes Rätsel.«
Als die Medikerin angefangen hatte, sich mit dem »Fall Vincent Garron« zu beschäftigen, hatte sie tiefen Hass gegen ihn empfunden. Doch inzwischen fühlte sie praktisch nichts mehr; der Mutant war zu einem reinen Forschungsobjekt geworden, das sie emotionslos und sachlich bearbeitete. Garron förderte dieses pragmatische Verhalten noch, nachdem er sich selbst nahezu vollständig von der Umwelt abgekapselt hatte.
Tuyula richtete die schillernden Katzenaugen auf ihren Freund. Impulsiv packte sie seinen Arm mit den drei kräftigen Daumen und schüttelte ihn.
»Vincent, hör mir endlich zu!«, schrillte sie.
Der Mutant öffnete tatsächlich die Augen und erwiderte mit einem verwunderten Gesichtsausdruck ihren Blick.
»Ich bin hier«, sagte er langsam. Seine Stimme klang rau und fern, mit einem seltsamen Nachhall.
»Du musst mir sagen, wo du gewesen bist! Es ist wirklich sehr wichtig!«
»Es ist so schwierig, das zu beschreiben ... Ich verstehe es ja selbst noch nicht ...«
»Dann fangen wir doch beim Einfachsten an: Du bist wegteleportiert und warst wohl in der Nähe des Sonnentresors, in irgendeiner Dimension oder im Hyperraum?«
»Das ist alles, Tuyula. Mehr war nicht.«
Eine Antwort war das nicht. Tuyula überging es und fragte einfach weiter: »Aber was hast du dort gesehen?«
»Ich sagte es doch schon. Wunderbares. Farben. Es ist das Elysium ...«
»Vincent, du nervst mich mit der dauernden Wiederholung dieses Wortes! Erzähl mir lieber, was geschehen ist!«