Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Im Wald von Orllyndie - zwei Frauen suchen Perry Rhodans Sohn Wohl kaum ein Raumschiff ist mit derart viel Mythen verbunden wie die SOL. Mit ihr startete Perry Rhodan von der Erde im Mahlstrom der Sterne, um über vierzig Jahre hinweg die Rückkehr in die heimatliche Milchstraße zu finden. Mit ihr irrte Atlan durch das Universum. Als "Fliegender Holländer" der terranischen Raumfahrt geisterte das hantelförmige Raumschiff durch die Geschichte der Menschheit. Zuletzt hatte Shabazza das Raumschiff in seiner Gewalt. In der Kosmischen Fabrik MATERIA wurde die SOL umgestaltet, vergrößert und mit einer Carithülle umgeben. Auf dem Planeten Century I in der Galaxis DaGlausch konnte Perry Rhodan sein uraltes Raumschiff zurückerobern, um es erneut in den Dienst der Menschheit zu stellen. Doch jetzt ist die SOL so weit von dieser Menschheit entfernt wie nie zuvor in ihrer Geschichte. Sie wurde 18 Millionen Jahre in die Vergangenheit geschleudert. Dort, in der gigantischen Kugelgalaxis Segafrendo, soll ihre Besatzung einen mehr als seltsamen Auftrag der Superintelligenz ES erfüllen. Gelingt dies nicht, so lautet die Prophezeiung, droht das Ende der Menschheit. Die Besatzungsmitglieder der SOL sind in fernen Zeiten gestrandet. Atlan und seine Begleiter müssen in dieser Vergangenheit nach Informationen suchen. Auf dem Planeten Orllyndie kommt es zur Begegnung - es treffen sich DAS KIND UND DER PFLANZENVATER...
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Veröffentlichungsjahr: 2014
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Nr. 2017
Das Kind und der Pflanzenvater
Im Wald von Orllyndie – zwei Frauen suchen Perry Rhodans Sohn
von Susan Schwartz
Wohl kaum ein Raumschiff ist mit derart viel Mythen verbunden wie die SOL. Mit ihr startete Perry Rhodan von der Erde im Mahlstrom der Sterne, um über vierzig Jahre hinweg die Rückkehr in die heimatliche Milchstraße zu finden. Mit ihr irrte Atlan durch das Universum. Als »Fliegender Holländer« der terranischen Raumfahrt geisterte das hantelförmige Raumschiff durch die Geschichte der Menschheit.
Zuletzt hatte Shabazza das Raumschiff in seiner Gewalt. In der Kosmischen Fabrik MATERIA wurde die SOL umgestaltet, vergrößert und mit einer Carithülle umgeben. Auf dem Planeten Century I in der Galaxis DaGlausch konnte Perry Rhodan sein uraltes Raumschiff zurückerobern, um es erneut in den Dienst der Menschheit zu stellen.
Doch jetzt ist die SOL so weit von dieser Menschheit entfernt wie nie zuvor in ihrer Geschichte. Sie wurde 18 Millionen Jahre in die Vergangenheit geschleudert. Dort, in der gigantischen Kugelgalaxis Segafrendo, soll ihre Besatzung einen mehr als seltsamen Auftrag der Superintelligenz ES erfüllen. Gelingt dies nicht, so lautet die Prophezeiung, droht das Ende der Menschheit.
Die Besatzungsmitglieder der SOL sind in fernen Zeiten gestrandet. Atlan und seine Begleiter müssen in dieser Vergangenheit nach Informationen suchen. Auf dem Planeten Orllyndie kommt es zur Begegnung – es treffen sich DAS KIND UND DER PFLANZENVATER …
Mondra Diamond – Eine Mutter will ihren Sohn zurückhaben.
Darla Markus – Die Ärztin unterstützt Mondra bei ihrer Expedition.
Yhata-Satnaky – Der uralte Mönch spricht als letzter Tharoidoner die Windsprache.
Rilme-Ireffe – Die oberste Arystische Nonne versucht Kontakte herzustellen.
Arystes
Der Wald: Erwachen (1)
Yhata-Satnaky erwachte. Wie jeden Morgen seit seiner Jugendzeit schaute er als erstes zum Himmel hinauf. Die erste Vision des Tages, die beruhigend sein sollte. Und er wurde nicht enttäuscht.
Der Himmel war unverändert dunkelblau, sogar die üblichen Schleierwolken fehlten, und die Sonne Orllyn schickte ungehindert ihre orangefarbenen Strahlen zu dem Alten herab. Sie stand schon ziemlich weit oben, und Yhata-Satnaky fühlte dankbar die Wärme bis in seine Knochen vordringen. Das würde das Aufstehen doch sehr erleichtern.
Er konnte sich an Zeiten erinnern, zu denen er beim Erwachen gerade den ersten Dämmer am Horizont ausmachte. Das war längst anders. Es kam ihm so vor, als würde er sich jeden Tag ein bisschen später aus seinem Moosbett erheben.
Er schlief unter einem jungen, erst acht Meter hohen Schirmbaum, dessen dichtes Blätterdach ihn vor Regen oder Sturm schützte. Um die großen Wurzeln wuchs das unverwüstlichste, weichste und wärmendste Moos, und aus den Ritzen seiner silbergrünen, faserigen Borke trat süßes, klares Harz, ein nahrhafter Nektar.
Ähnlich wie das Tha'roi'dsandoh, das »Leben des Kronenvolkes«, das auch als »Essenz der ESTARTU« umschrieben wurde. Es war der ideale Platz, um in absolutem Einklang mit der Natur zu leben.
Irgendwann werde ich eine ganze Nacht und einen Tag durchschlafen … und eines Tages überhaupt nicht mehr erwachen, stellte Yhata-Satnaky nüchtern fest.
Weder bedrückte es ihn, noch war er in humorvoll-ironischer Stimmung. Irgendwie war er über all das längst hinaus.
Ohne Zweifel ging es ihm gut. Keine Krankheit fraß an ihm, und die körperlichen Gebrechen beschränkten sich auf steife Glieder und langsames Schwinden der Kräfte. Lediglich beim Gehen musste er sich auf einen Stock stützen, und sein Rücken war leicht gebeugt.
Doch so gut er sich auch fühlte – es konnte kein Zweifel daran bestehen, dass seine Tage gezählt waren.
Yhata-Satnaky war derzeit der älteste aller lebenden Tharoidoner und dementsprechend eine Legende. Er hatte mehr als 3400 Segaf hinter sich gelassen; seine Haut war nachtblau, und das einst goldgelockte Haar fiel ihm in schwarzen Strähnen bis auf die schmalen Schultern herab.
Der Uralte spürte das nahende Ende schon seit einer Weile. Es berührte ihn nicht besonders, er war mit allen Sinnen auf den Übergang eingestellt. Das Weltliche rückte allmählich fort. Yhata-Satnaky richtete die meisten Gedanken nun nach innen, lauschte dem Gesang des Waldes und war damit zufrieden, an seinem Platz zu verweilen.
Die Dinge waren seiner Ansicht nach geordnet, es gab für ihn nichts mehr zu tun, als zu warten. Ohne Bedauern, ohne Sorgen, auch wenn ein düsteres Geheimnis tief in seinen Gedanken verborgen war. Aber Empfindungen waren bedeutungslos geworden, ebenso wie die Verbundenheit zu allem Weltlichen.
Einzig und allein der Wald hielt noch die Verbindung zur materiellen Welt. So lange, bis der Körper des Uralten zu schwach und müde geworden sein würde. Dann würde er friedlich in Arystes' Arme gebettet hinübergleiten.
*
»Yhata-Satnaky!« Eine Stimme?
Es war viele Seg her, dass er zuletzt eine andere Stimme als die des Waldes vernommen hatte. Womöglich nur eine lebendig gewordene Erinnerung. Er brauchte nicht darauf zu achten.
Noch einmal … »Yhata-Satnaky!«
Der Uralte richtete sich leicht aus seiner bequemen Sitzposition auf. Die meiste Zeit des Tages verharrte er so.
Erst gegen Abend, wenn die Hitze nachließ, unternahm er einen kleinen Spaziergang an den Rand seines Lebensbereiches. Manchmal fand er dort einen Krug frisches Wasser, den er gern annahm, denn der nächste Bachlauf war mühsam weit entfernt. Vor Einbruch der Dunkelheit kehrte er zu seinem Platz zurück und bereitete sich auf den Schlaf vor.
Direkt zu ihm wagte sich schon seit langer Zeit niemand mehr, denn er hatte sich seine Einsiedelei genau im Brutgebiet der gefürchteten M'Hauny-Insekten ausgewählt. Sie waren mehr als handspannenlang, unglaublich aggressiv und mit einem tödlichen Giftstachel bewaffnet. Im ganzen Wald gab es keine gefährlicheren Jäger als sie.
Wenn ein Schwarm eine Beute ausgemacht hatte, gab es kaum noch eine Chance zu entkommen. Das Opfer – egal, wie groß und mächtig – starb in Bruchteilen von Segunen und war in weniger als einer Seg bis auf die Haut und die Knochen verzehrt. Die scharfen Mundwerkzeuge der M'Hauny schreckten vor keinem noch so wehrhaften Panzer zurück.
Wenn ein Tharoidoner seiner Angebeteten ein »Schälchen M'Hauny-Honig« holen wollte, nur damit sie ihn endlich erhörte, war er zweifellos ernsthaft verliebt. Es war nämlich schon vorgekommen, dass manche Holde auf dem handfesten Beweis der Zuneigung bestand. In diesem Fall durfte der feurige Liebhaber keinen Rückzieher mehr machen, wenn er sich nicht blamieren wollte. Zweifellos hat es mancher lebend geschafft, wovon Legenden und die Kunstwerke der Wahren Künstler erzählten. Doch die meisten kauften sich lieber teuer – unter hoher Verschuldung – auf dem Schwarzmarkt eine künstlich hergestellte, ziemlich authentische Version, die sie dann der Geliebten unter weitschweifigen Erzählungen ihrer gefährlichen Abenteuer präsentierten.
Der originale M'Hauny-Honig war allerdings berühmt und geschätzt, denn die Insekten produzierten ihn nur dann aus einem besonderen Blütenstaub, wenn sie eine neue Königinnen-Generation und Drohnen heranzogen. Schon ein einziger Tropfen davon entschädigte für alle Strapazen, denn er war süß und verlieh für kurze Zeit enorme Kräfte.
Yhata-Satnaky war der einzige, der es je gewagt hatte, sein Lager bei den M'Hauny aufzuschlagen. Es rankten sich viele Legenden darum, wie er diese Mörderinsekten überwunden haben mochte.
»Yhata-Satnaky! Ich bin es, Rilme-Ireffe! Bitte antworte mir!«
Also doch keine Erinnerung, sondern ein Besuch! Der Alte war nicht erfreut über diese Störung. Doch die Stimme klang drängend, bittend, und so musste er antworten.
Kein Arystischer Mönch verwehrte seine Hilfe, mochte er noch so alt sein.
»Ich komme!«, rief er zurück. »Ich komme ja schon! Gedulde dich nur!«
Seine Stimme war längst nicht mehr so melodiös und kraftvoll wie früher, aber er verstand es, den Wind als Verstärker zu nutzen. Er konnte sicher sein, dass die oberste Arystische Nonne ihn gehört hatte. Er lud sie nicht zu sich ein – wenn sie es gewagt hätte, wäre sie sicher von selbst gekommen.
Langsam erhob sich der Arystische Mönch. Er stützte sich mit der knorrigen Rechten auf einen ebenso knorrigen hohen Holzstab, in den er vor vielen Seg kunstvoll verschnörkelt Beschwörungsformeln geschnitzt hatte.
Die ersten Schritte waren steif und unbeholfen, doch dann wurden die Gelenke allmählich geschmeidiger. Bald hatte er die Schirmbaum-Lichtung hinter sich gelassen und musste seinen Weg durch dichtes, sperriges Gestrüpp suchen. Kein Fremder konnte hier durchkommen. Aber der Uralte kannte jeden Pfad, jeden noch so bedeutungslos wirkenden Ast.
Mit traumwandlerischer Sicherheit trat er genau bei Rilme-Ireffe aus der grünen Zone. Die Arystische Nonne wartete in der Ostrandzone, einem breiten Grünstreifen, der wiederum von dichtem Buschwerk von der Außenwelt abgeschirmt wurde.
Sie schrak zusammen, denn er war lautlos und unbemerkt aus dem Buschwerk getreten und erschien wie aus dem Boden gewachsen plötzlich vor ihr. Dann leuchteten ihre großen, wasserhellen Augen auf, als sie den Uralten erkannte. Ein Strahlen glitt über ihr stupsnasiges, zartblaues Kindergesicht, das von goldenen Locken umkränzt wurde. Ehrerbietig legte sie drei Finger ihrer zierlichen rechten, der »künstlerischen« Hand auf seine Stirn und legte sie anschließend auf ihre Brust.
Stets grüßte der Niederrangige den Höherrangigen auf diese Weise; es bedeutete, etwas von dessen Lebenskraft aufzunehmen und durch das Herz strömen zu lassen. Der Gruß wurde auch als Zeichen besonderer Achtung verwendet. Gleichberechtigte legten drei Fingerspitzen der jeweils rechten Hand aneinander, und Freunde umfassten sich zusätzlich mit dem vierten Finger, dem Daumen. Familienmitglieder drückten die Stirn aneinander.
Ein ganz neutraler, höflicher Gruß unter Tharoidonern, die sich nicht unbedingt blaugold waren, war das kurze Aneinanderlegen der linken Handflächen. Diese Geste benutzten sie auch anderen Völkern gegenüber.
»Was für eine Freude, dich so gesund vorzufinden, Yhata-Satnaky!«, sagte sie in aufrichtiger Zuneigung. »Glaube mir, dass ich deine eifrigste Nacheiferin bin, so alt und würdig zu werden wie du!«
Sein gütiges Gesicht war von vielen Runzeln überzogen, doch seine Augen blickten hellwach. Er betrachtete sie prüfend. »Du hast eine körperliche Veränderung durchgemacht«, stellte er fest. »Glaube nicht, dass mir das entgeht, auch wenn sich die Brüste nach der Stillzeit wieder zurückbilden. Es ist sicher nicht länger als elf Segaf her.«
Sie nickte stolz. »Ich habe Zwillinge bekommen, von Sorku-Kuree, meinem Stellvertreter. Wir erziehen sie als neue Ordensmitglieder, und sie bereiten mir viel Freude.«
Darüber freute der ehemalige oberste Mönch sich kurz. Er selbst hatte in seiner Hingabe nie die Zeit für eine Verbindung gefunden, was er bis vor mehreren Segaf noch manchmal bedauert hatte. Heute jedoch nicht mehr, auch das war inzwischen fern.
»Und fügt sich sonst alles gut bei dir?«, forschte er.
Die Nonne nickte. »O ja, im Orden läuft alles wie gewohnt.«
»Mal abgesehen von weiteren technischen Errungenschaften, nicht wahr?« Eine Feststellung, in eine rhetorische Frage gekleidet.
Yhata-Satnaky hatte während seiner Amtszeit jegliche technischen Hilfsmittel abgelehnt. Aus dem Kloster mussten alle Maschinen – mit Ausnahme des elektronischen Archivs – entfernt werden, damit Nonnen und Mönche in absoluter Askese in Einklang mit dem Wald lebten. Nur maschinell hergestellte Möbel und Einrichtungsgegenstände waren gestattet, damit keine Pflanzen dafür genommen werden mussten.
Das Kloster diente als Archiv für die Aufzeichnungen der Mönche und Nonnen, als Versammlungspunkt für Besucher und für Zusammenkünfte des gesamten Ordens. Hier wurden auch die Adepten herangezogen.
Die übrigen Mönche und Nonnen lebten im Wald verstreut, in Baum- und Buschhäusern, die nicht aus totem Holz stammten, sondern während des Wachsens entsprechend geformt wurden. Nach Yhata-Satnakys Ausscheiden besaßen sie wieder automatische Medoboxen. Eine Funk- und Ortungsanlage gab es nur im Kloster, da innerhalb des Waldes keinerlei Ortungen oder Funkverbindungen mehr möglich waren.
Der Uralte lebte allerdings nach wie vor nach seinem Prinzip – beispielsweise trug er nicht einmal Sandalen zu seinem weit fallenden Gewand; und ein Prallfeldprojektor, der mit seinem zartgolden schimmernden Schutzfeld vor den Unbilden der Natur schützte, war für ihn selbst in seinem gebrechlichen Alter undenkbar.
Natürlich war ihm bewusst gewesen, dass er weder die Zeit noch Veränderungen aufhalten konnte. Damals, als sein Haar allmählich glatter und dunkler wurde, hatte er es an der Zeit gefunden, einen Nachfolger zu berufen. Mit allen Konsequenzen – und ohne weitreichende Belehrungen. Wenn seine Gebote von nun an nicht mehr im gewohnten Maße befolgt wurden, so hatte das sicher seine Richtigkeit.
Es hatte mehrere Kandidaten gegeben, doch seine Wahl war auf die junge Nonne gefallen. Obwohl Yhata-Satnaky auch mit ihr nicht vollends zufrieden war. Denn sie verstand die Windsprache nicht mehr, nicht einmal, wenn sie auf der Lichtung stand.
Das war eine besorgniserregende Entwicklung. Wenn niemand mehr die Mitteilungen des Pflanzenvaters verstand – was würde dann aus der Galaktischen Krone?
»Ja«, musste die oberste Nonne zugeben. »Verzeih mir, Verehrungswürdiger, dass wir deine Gebote missachten. Doch ich halte es für wichtig, den Kontakt zur Außenwelt zu erhalten und nicht in der Bedeutungslosigkeit zu versinken.«
»Rilme-Ireffe, du hast dich schon immer gut auf emotionale Gründe verstanden«, meinte der Uralte nachsichtig. »In der Kronen-Hierarchie stehen unsere Orden, ganz gleich auf welcher Welt, ganz oben, denn die Pflanzenväter selbst kommen gleich nach der Schöpferin ESTARTU. Gewiss, wir haben keine Weisungsberechtigung, doch wir sind die einzigen, die den Willen der Pflanzenväter vermitteln können.«
Die Gesichtsfarbe der Nonne wurde um eine Nuance dunkler. »Wie kann es dann geschehen, dass du der letzte bist, der die Windsprache versteht?«
»Vielleicht habt ihr euch mit den technischen Spielereien und der Beschäftigung mit dem Weltlichen zu sehr vom Zentrum des Waldes entfernt.« Ein Vorwurf, der nicht so einfach abgewiegelt werden konnte, weil es keinen Gegenbeweis gab. Der Uralte konnte durchaus recht haben. »Du weißt, dass man die Windsprache nur erlernen kann, wenn man sein Herz öffnet und von Arystes akzeptiert wird. Dazu sind besondere Askese und Hingabe notwendig.«
»Dann werde ich noch einmal bei dir in die Lehre gehen«, schlug Rilme-Ireffe tapfer vor. »Ich werde bei dir leben, mich der Gnade der M'Hauny ausliefern – und wenn sie mich verschonen, dann werde ich auch in der Lage sein, die Windsprache zu lernen. Wenn es sein muss, werde ich bis an mein Lebensende in Askese bleiben, bis ich meinen Nachfolger ausbilden muss.«
Yhata-Satnaky verzog das Gesicht zu einem Lächeln. Das war er nicht mehr gewohnt, seine Lippen schmerzten, und er fuhr mit der Zunge über die dünne, trockene Haut. »Wenn es nur so einfach wäre …«
»Dann muss es einen anderen Grund für unser Versagen geben«, konterte die oberste Nonne sofort.
Der Uralte hätte es wissen müssen. Nicht ohne Grund hatte er sie erwählt; er aber hatte längst keine Übung mehr in philosophischen Disputen.
Natürlich gab es einen anderen Grund. Sicher hatte er mit dem Vorwurf der Abwendung von der Askese nicht unrecht – aber etwas anderes war weitaus bedeutender. Und schrecklicher.
Es war das einzige, düstere Geheimnis, was Yhata-Satnaky manchmal emotional belastete und ihn von der friedlichen Meditation ablenken konnte. Es war das einzige, worum er noch kämpfen und den Tod noch ein Weilchen weiter hinausschieben würde.
Wenn es denn einen Sinn hätte – aber wahrscheinlich konnte er gar nichts mehr tun. Außer darüber zu schweigen und abzuwarten.
Alle Hoffnungen der Tharoidoner konnten mit einem Schlag zunichte gemacht werden, wenn er öffentlich darüber sprach. Deshalb würde Yhata-Satnaky gewiss dieses Geheimnis mit ins Grab nehmen, in der leisen Hoffnung, sich vielleicht doch getäuscht zu haben.
»Ich bin ein alter Mann«, wich er aus.
So etwas war immer eine praktische Ausrede. Wenn man nicht mehr weiterwusste, flüchtete man sich in scheinbare Senilität. Außerdem war es an der Zeit, endlich zum Kern zu kommen, damit er zu seiner Schirmbaum-Lichtung zurückkehren konnte. Er verspürte jetzt schon Sehnsucht nach der Ruhe und Beschaulichkeit.
»Weshalb bist du hier?«, fragte er seine Besucherin direkt.
*
Rilme-Ireffe berichtete: »Die Kronefin Ru Ri-Garriott ist persönlich mit einer Delegation von Pur Straviente hierhergeflogen und bittet dich um ein Gespräch.«
»Mich? Wozu das denn? Du bist doch die oberste Nonne. Ich bin ein alter Mann, der sich auf den Tod vorbereitet. Denkst du, die Belange der Kronefin sind für mich noch von irgendeiner Bedeutung?«