Perry Rhodan 3120: Die Gilde der Kidnapper - Susan Schwartz - E-Book

Perry Rhodan 3120: Die Gilde der Kidnapper E-Book

Susan Schwartz

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Beschreibung

In der Milchstraße schreibt man das Jahr 2071 Neuer Galaktischer Zeitrechnung. Dies entspricht dem 6. Jahrtausend nach Christus, genauer dem Jahr 5658. Über dreitausend Jahre sind vergangen, seit Perry Rhodan seiner Menschheit den Weg zu den Sternen geöffnet hat. Noch vor Kurzem wirkte es, als würde sich der alte Traum von Partnerschaft und Frieden aller Völker der Milchstraße und der umliegenden Galaxien endlich erfüllen. Terraner, Arkoniden, Gataser, Haluter, Posbis und all die anderen Sternenvölker stehen gemeinsam für Freiheit und Selbstbestimmtheit ein, womöglich umso stärker, seit ES, die ordnende Superintelligenz dieser kosmischen Region, verschollen ist. Als die Liga Freier Galaktiker durch drei Deserteure erfährt, dass in der Nachbarschaft der Milchstraße ein sogenannter Chaoporter gestrandet sei, entsendet sie unverzüglich ihr größtes Fernraumschiff, die RAS TSCHUBAI. Denn von FENERIK geht wahrscheinlich eine ungeheure Gefahr für die Galaxis aus. Perry Rhodan begibt sich in Cassiopeia, einer Andromeda vorgelagerten Kleingalaxis, auf die Suche nach dem Chaoporter. Doch dessen Agenten sind bereits aktiv. Eine Meute hat sich auf die Fährte von Dienern der Kosmokraten gesetzt, zwei Besatzungsmitgliedern der LEUCHTKRAFT. Dieses Raumschiff steht unter dem Kommando eines alten Wegbegleiters von Perry Rhodan, dem Terraner Alaska Saedelaere. Nun greift eine weitere Partei in das Geschehen ein: DIE GILDE DER KIDNAPPER ...

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Nr. 3120

Die Gilde der Kidnapper

Die Meute sucht Komplizen – Terraner erhalten wichtige Informationen

Susan Schwartz

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1. Sternenruf

2. Masurosh

3. Am Bahnhof

4. Das Treffen

5. Feststellungen

6. An Bord der ZALTERTEPE-Jet

7. An der Börse

8. Das Große Haus

9. Der Commo'Dyr

10. Die Entführung

11. Teilerfolg

12. Umherschleichen

13. Mit Tricks zum Erfolg

14. Die Falle

15. Der Scharade letzter Kniff

16. ZALTERTEPE-Jet

Report

Leserkontaktseite

Glossar

Impressum

In der Milchstraße schreibt man das Jahr 2071 Neuer Galaktischer Zeitrechnung. Dies entspricht dem 6. Jahrtausend nach Christus, genauer dem Jahr 5658. Über dreitausend Jahre sind vergangen, seit Perry Rhodan seiner Menschheit den Weg zu den Sternen geöffnet hat.

Noch vor Kurzem wirkte es, als würde sich der alte Traum von Partnerschaft und Frieden aller Völker der Milchstraße und der umliegenden Galaxien endlich erfüllen.

Terraner, Arkoniden, Gataser, Haluter, Posbis und all die anderen Sternenvölker stehen gemeinsam für Freiheit und Selbstbestimmtheit ein, womöglich umso stärker, seit ES, die ordnende Superintelligenz dieser kosmischen Region, verschollen ist.

Als die Liga Freier Galaktiker durch drei Deserteure erfährt, dass in der Nachbarschaft der Milchstraße ein sogenannter Chaoporter gestrandet sei, entsendet sie unverzüglich ihr größtes Fernraumschiff, die RAS TSCHUBAI. Denn von FENERIK geht wahrscheinlich eine ungeheure Gefahr für die Galaxis aus.

Perry Rhodan begibt sich in Cassiopeia, einer Andromeda vorgelagerten Kleingalaxis, auf die Suche nach dem Chaoporter. Doch dessen Agenten sind bereits aktiv. Eine Meute hat sich auf die Fährte von Dienern der Kosmokraten gesetzt, zwei Besatzungsmitgliedern der LEUCHTKRAFT. Dieses Raumschiff steht unter dem Kommando eines alten Wegbegleiters von Perry Rhodan, dem Terraner Alaska Saedelaere. Nun greift eine weitere Partei in das Geschehen ein: DIE GILDE DER KIDNAPPER ...

Die Hauptpersonen des Romans

Perry Rhodan – Der Missionskommandant begegnet einem Commo'Dyr.

Masurosh – Die Munuam will ihr Zertifikat erfüllen.

Gucky – Den Mausbiber gibt es doppelt.

Kemur – Ein Mitglied der Gilde mit kleptomanischen Anwandlungen.

Vimuin Lichtschlag

1.

Sternenruf

Er träumte, dass er in der Dämmerung auf einem breiten Weg durch einen Wald spazierte. Es nieselte.

Der Hund sprang freudig hechelnd neben ihm herum, lief vorneweg, hielt abrupt inne, witterte und bellte.

Reginald Bull streckte den Arm aus und zeigte dem Hund eine bestimmte Geste. Der Hund verstummte sofort und kehrte still zu ihm zurück.

»Dreh dich um«, sagte die Stimme, hart und scharf wie ein Messer, das durch die Wirklichkeit schnitt.

»Nein«, weigerte sich Bull. »Ich schlafe. Ich träume. Ich drehe mich nicht um.«

»Wenn du mich zwingst, mich umzudrehen, reiße ich eine ganze Galaxis mit.«

»Ich drehe mich nicht um«, wiederholte Bull.

2.

Masurosh

»Hilf uns noch einmal, es zu verstehen«, bat Troparod die Meutenführerin.

»Seit wann sprichst du von dir in der Mehrzahl?«, gab Masurosh ungehalten zurück.

»Er spricht für uns beide«, ergänzte Gizezze.

»Wollt ihr damit sagen, meine Triade wäre in irgendeinen Verdummungsstrahl gelaufen und verstünde den einfachsten Plan nicht mehr?« Masurosh lenkte die Sänfte zum Pent-Zirkel und beschleunigte, sodass die beiden anderen zunächst zurückfielen. Auf diese Weise machte sie ihnen deutlich, was sie von dieser Unterhaltung hielt. Der Wechsel vom Weiblichen ins Männliche hatte Gizezze offensichtlich nicht gutgetan, und Troparod ... nun, der war immer für einen geistigen Querschläger gut.

Die Hauptstadt Akkudpar des Planeten Ghuurdad teilte sich in fünf einander überschneidende Zirkel. Im Zentrum der Stadt überschnitten sich alle Zirkel, sodass eine direkte Verbindung zu jedem Stadtbereich bestand – zumeist über das weit verzweigte oberirdische Schwebebahnsystem.

Der Pent-Zirkel war zweifelsohne am beliebtesten bei allen Reisenden, weil sich in ihm ohnehin die vielen verschiedenen Völker des Planeten am stärksten durchmischten. Dort gab es – im Unterschied zu den anderen Bereichen – keine dominante Völkerform so wie die Ghutawen im Prim-, die Komeuk im Sekond-, die Tefroder im Terz- und die Gaids im Quarto-Zirkel. Außerdem gab es im Pent-Zirkel naturgemäß die meisten Hotels und Übernachtungsangebote, die auf alle Bedürfnisse zugeschnitten und bezahlbar waren. Niemand fiel dort auf, mochte er für die Hauptvölker noch so exotisch aussehen – vom Insektoiden bis zum Gulladwurm.

Dennoch bewegten sich die Munuam am liebsten unter den Deflektoren ihrer Boxen und zeigten ihre wahre Gestalt, wenn sie sich offenbarten. Eine Meute schlug meist im Geheimen zu, sie offenbarte sich nicht frühzeitig. – Normalerweise!

Masurosh hatte das sehr wohl getan – aber nicht umsonst hatte sie sich längst den Beinamen »die Irre« erworben. Sie war nach dem Ausschleusen der Roboter und dem Angriff planetenweit an die Öffentlichkeit getreten und hatte sich als Oberbefehlshaberin der Landetruppen vorgestellt, als Anführerin der Meute. Immerhin hatte Masurosh durch die Mento-Montur die Erscheinung als Gaid gewählt; so weit, ihre wahre Identität zu enthüllen, ging nicht einmal sie.

Mit einem Appell hatte sie sich an die gesamte Bevölkerung gerichtet, sie bei der Suche nach einem sehr gefährlichen Verbrecher namens Krummer Gryllner zu unterstützen, da dieser die Sicherheit ganz Valotios bedrohe.

Dazu hatte sie, um dem Aufruf mehr Nachdruck zu verleihen, zwei Anschläge inszeniert.

An und für sich Erfolg versprechend – wäre da nicht eine Raumschlacht entbrannt, an deren Ende der Trikubus JOZZVAR, zu dem Masuroshs Triade gehörte, schwer angeschlagen den Rückzug antreten musste.

Sehr unrühmlich für die Munuam insgesamt. Masurosh war nicht gewillt, diese Schmach hinzunehmen.

Und gerade bei diesem Zertifikat wollte sie auf keinen Fall eine Niederlage ertragen müssen. Hatte sie Erfolg, würde sie unter dem offenen Nabel von Zou Skost knien dürfen. Dadurch würde sie eine Legende wie Jochzor, und sie würde einen anderen Beinamen erhalten: Masurosh die Großartige, denn sie wäre eine der wenigen legendären Munuam, der jemals diese Ehre zuteilwurde. So wie Jochzor.

Nur noch ein Auftrag! So nah am Ziel war kein anderer Triadenführer. Egal, was Masurosh dafür tun musste, sie würde alles riskieren. Sollte sie danach nochmals einer »die Irre« nennen!

*

Die beiden Angehörigen der Triade schlossen wieder auf. Masurosh registrierte zufrieden, wie schnell sie reagiert hatten.

Ihre Begleiter waren von den jüngsten negativen Ereignissen immer noch geschockt, und es war sehr wichtig, sie an der Greifstange zu halten. Ein Munuam, der zweifelte, war ein Verlierer. Er musste normalerweise sofort aus dem Außeneinsatz entfernt werden, weil er alles gefährdete.

Aber die JOZZVAR war fort, und die Meute saß auf Ghuurdad fest, mit einem unerledigten Zertifikat. Eine untragbare Situation, die andere Triaden womöglich zu Verzweiflungstaten getrieben hätte.

Nicht so Masurosh. Sie hatte Troparod und Gizezze ihren Plan schon dargelegt, doch das hatte deren Schock nur vertieft. Hoffentlich nur zunächst und nicht dauerhaft.

»Also, was wolltet ihr wissen?«, fragte sie im halb versöhnlichen Tonfall.

»Das Zertifikat ist weiterhin gültig«, antwortete Troparod. »Und wir haben die Expertise. Genügt das nicht?«

»Wir sind eine äußerst fähige Triade, sonst hätten wir das Zertifikat für diesen Auftrag überhaupt nicht erhalten«, ergänzte Gizezze. »Genügen wir nicht?«

Ach, das war es also. Sie hatten den Plan verstanden, waren aber gekränkt und fühlten sich zurückgesetzt oder hielten es womöglich für einen Vertrauensmangel. Das ging in Ordnung. Die Triade war nicht gefährdet und somit auch nicht der Auftrag.

Sie hätte es wissen müssen. Die Triade bestand schon lange, sie kannten sich alle sehr gut und vertrauten einander. Masurosh wusste vor allem, dass ihre Begleiter absolut loyal zu ihr standen, und dass es sie sogar mit Stolz erfüllte, der Meute der »Irren« anzugehören. Die Erfolge sprachen schließlich für sich. Nun ... die bisherigen Erfolge, musste die Triadenführerin tentakelverschränkend einräumen. Der Auftrag geriet trotz ihrer Eskapaden immer mehr ins Schlingern.

Bis zur Katastrophe – nein. So weit würde es nicht gehen. Solche Gedanken würde sie niemals hegen. Die Triade ging niemals fehl. Die wenigen Niederlagen, die sie hatten einstecken müssen, hatten ihre Gründe gehabt. Und am Ende hatten sie das Zertifikat immer erfüllt.

So wie diesmal war es nie zuvor gewesen. Also genau das Richtige für sie – eine Herausforderung! Am Ende, nach ihrem Erfolg, hatte sie sich die Ehrenauszeichnung mehr als verdient.

»Selbstverständlich ›genügt‹ ihr, wie ihr so schön ausdrückt. Wie kommt ihr nur auf einen solch absurden Gedanken?«

»Warum gehen wir dann nicht wie gewohnt vor?«

»Die Umstände haben sich geändert«, antwortete Masurosh. »Eine Menge Dinge sind geschehen, jede Menge neue Spielfiguren besetzen die Hanteln. Daran müssen wir uns anpassen. Wir müssen flexibel sein und auf ungewöhnliche Weise handeln. Anders, als wir es sonst gewohnt sind, denn die Widrigkeiten sind es ebenso.«

»Die Flucht der JOZZVAR«, murmelte Gizezze niedergeschlagen.

»Nenn es nicht Flucht!«, fauchte Masurosh. »Niemals Flucht! Sie wird zurückkehren.« Sie stieß mit dem Atem beruhigende Geräusche aus.

Es wäre besser gewesen, so eine Unterhaltung von Angesicht zu Angesicht zu führen, aber sie konnten die Sänften nicht zu diesem Zeitpunkt verlassen – sobald sie das taten, waren sie im Einsatz. Holoübertragung zwischen den Sänften mochte Masurosh nicht sonderlich, weil es sie ablenkte von dem äußeren Geschehen. Es genügte, die anderen zu hören.

»Ihr müsst lernen, aus den gefestigten Strukturen auszubrechen«, fuhr Masurosh fort. »Nur so können wir den immer neuen Herausforderungen begegnen. Ungewöhnliche Voraussetzungen erfordern ungewöhnliche Vorgehensweisen.«

»Die Änderung könnte das Zertifikat gefährden«, wandte Troparod ein.

»Wer sollte sich darum kümmern? Die JOZZVAR ist fort. Ihre Besatzung hätte selbst genug Erklärungsbedarf gegenüber den Quintarchen, derart gegen ein einzelnes Schiff zu versagen.«

Gewiss, die Vorgänge waren sehr seltsam gewesen, als würde der gegnerische Raumer verwischen, wäre nicht richtig da. So hatte er dem Trikubus viel zu nahe kommen und ihn unter konzentrierten Beschuss nehmen können, wohingegen er selbst keinerlei Ziel bot.

Auch das musste noch geklärt werden: Wer war das gewesen und über welche geheimnisvolle Technik verfügte er, dass er gegen eine Einheit FENERIKS bestehen konnte?

»Es kommt auf uns an! Wir sind auf uns gestellt, ohne Strategen, ohne Unterstützung durch Roboter oder Verstärkung anderer Meuten. Und genau das ist unsere Spezialität!«

»Nur, dass wir nicht allein vorgehen!«, blieb Gizezze hartnäckig.

»Du wirst noch froh darüber sein. Und nun Ende der Diskussion.«

*

Der Rand des Pent-Zirkels kam in Sicht: Masurosh betrachtete amüsiert die wohltuend chaotische Struktur des Zentrumsabschnitts – verschiedenartige Gebäude, ein dichtes Verkehrsnetz und vollgestopfte Straßen. Mehr als hundert Flüsse zogen sich bis in die Außenbezirke, mit Tausenden Brücken darüber, die stets von einer Statue des zweigesichtigen Ghutawen-Gottes Kovpar beschützt wurden.

Sie lächelte nicht und fixierte nacheinander einzelne Punkte, die ihr Interesse erweckten Dort vor ihr lagen Hunderte Inselchen, die jeden verfügbaren Platz ausnutzten. Ein ideales Jagdgebiet, weil es beiden Parteien vielfältige Möglichkeiten bot. Und nur der würde gewinnen, der nutzte, was ihm zur Verfügung stand.

Swen Papenbrock

Schnell kristallisierte sich ein guter Landeplatz für die Boxen heraus. Es handelte sich um ein mehrstöckiges Gebäude, das auf mehreren Ebenen Parkraum für Gleiter bot. Gleich nebenan befand sich ein öffentlicher Verkehrsknotenpunkt, um überallhin in die Stadt zu gelangen.

Masurosh wählte einen passenden Bereich auf der dritten Ebene und ließ durch Gizezze eine holografische Illusion erzeugen, die andere fernhalten würde. Gizezze entschied sich für eine simple Platzsperrung, sodass niemand aus Versehen gegen das Prallfeld stoßen konnte – und wenn, würde er es für eine weitere Sicherung halten, die mit der Sperrung zusammenhing. Damit standen die Boxen relativ sicher und unbemerkt.

Im Schutz der Deflektoren ihrer Mento-Monturen verließ die Triade anschließend ihre bequemen Sänften. Die drei Munuam schwebten mit den Antigravs hinunter zum Bahnhof, wo jede Menge Getümmel herrschte und keiner auf den anderen achtete. Hinter einer dicken Stützsäule machten sie sich sichtbar und schalteten den Antigrav ab.

Für andere sahen sie aus wie durchschnittliche Gaids. Diese Wesen hatten vom Körper her eine ähnlich humanoide Gestalt wie die Tefroder, um die 1,80 Meter Größe, mit haarloser, blaugrüner Haut, breiten Schultern, jedoch eher dünnen Armen und Beinen. Der Kopf unterschied sich hingegen erheblich von dem eines Lemurerabkömmlings. Er war nur faustgroß, saß auf einem langen Hals und wurde von einem riesigen Facettenauge beherrscht, Gehör- und Geruchsorgane befanden sich an den Seiten. Ihre Kleidung war am Hals stets weit ausgeschnitten, da sich am Übergang vom Hals zum Rumpf das Sprechorgan befand, das auch zur Nahrungsaufnahme diente. Die lippenlose Öffnung war sehr beweglich und auch in der Lage, Stimmungen auszudrücken, für Masuroshs Gefühl besser sogar als die Tefroder.

Bedingt durch die nur zwei dünnen Beine war es zu Beginn nicht einfach gewesen, sich unter der Tarnung mit den neunteiligen Laufbündeln einigermaßen fließend zu bewegen, doch inzwischen hatten sie alle drei Übung. Deshalb waren sie auch bei der Tarnung als Gaids geblieben.

Obwohl sie erfahrene Jäger waren, kostete es immer wieder Überwindung, sich auf den Boden zu stellen und ihn zu fühlen.

Munuam waren von Geburt an daran gewöhnt, sich mithilfe der neun Schulterfäden an Stangen entlang durch das Raumschiff zu hangeln. Die Bodenberührung galt ihnen seit unvordenklichen Zeiten bereits als tabu. Bodenkontakt war verpönt, geradezu verwerflich, und selbst bei besonders toleranten Munuam galt er zumindest als gewöhnlich: das primitive Verhalten unterentwickelter Völker. Masurosh schauderte bei dem Gedanken. Und dann gab es auch noch so oft Wesen mit nur wenigen Beinen, zwei oder vier zumeist. Neun war eine Seltenheit. Eine Auszeichnung.

Kann es nicht mal mehrbeinige Völker geben, die etwas zu sagen haben?, fragte sich Masurosh nicht zum ersten Mal. Gewiss, auf Ghuurdad gab es auch Insektoide, die auf dürren, teils mehrmals gewinkelten Beinen dahinstaksten, aber die dominanteste Lebensform waren Lemurerabkömmlinge, gefolgt von anderen Zweibeinern.

Masurosh war es prinzipiell völlig egal, wie viele Beine ein Individuum hatte – sie hätte sich lediglich bei Mehrbeinern leichter getan, eine andere Gestalt vorzutäuschen.

Dabei waren die Munuam, wenn es darauf ankam, auf ihrem Laufbündel sagenhaft schnell. Da könnte kein Tefroder jemals mithalten, auch kein Gaid, geschweige denn die Ghutawen mit ihren zwar sehr langen Beinen, die jedoch zwei Kniegelenke aufwiesen.

Masurosh empfand fast ein perverses Vergnügen daran, ihren Ekel jedes Mal aufs Neue überwinden zu müssen. Dank ihrer vielfältigen Einsatzerfahrung ging das Gefühl schnell vorüber, dennoch kostete es Willenskraft.

Die Triadenführerin blickte zu ihrem Gefolge. »Bereit?«

Der fast auf der Brust sitzende Mund kräuselte sich bei Gizezze, und Masurosh dachte bei dem Anblick sofort an kläglich.

Troparod hob leicht die Arme und ließ sie wieder sinken.

»Gehen wir!«, ordnete sie an.

Gehen.

3.

Am Bahnhof

Die Triade löste sich aus der Deckung und glitt verteilt, nicht als Gruppe erkennbar, in die kreuz und quer eilende Menge. Im Gegensatz zu den Leidensgesten vorher verhielten sich Troparod und Gizezze wieder absolut professionell, ihre Mienen waren neutral, der Gang war nahezu perfekt, genau wie bei Masurosh selbst.

Da Gaids auf dieser Welt eine alltägliche Erscheinung waren, achtete niemand weiter auf sie. Jeder war viel zu beschäftigt mit seinen eigenen Zielen. Alle, die sich an diesem Verkehrsknotenpunkt aufhielten, wirkten sehr geschäftig und unterwegs. Muße hatte keiner. Nicht zuletzt deshalb hatte Masurosh diesen Ort als Treffpunkt gewählt – nirgendwo konnte ihr Auftauchen unauffälliger und unverfänglicher sein, selbst mit Überwachungssystemen.

Die Triadenführerin wusste, dass man auf der Suche nach ihr war, seit dem öffentlichen Aufruf und den beiden Scheinanschlägen. Neben den städtischen Sicherheitskräften hielten wahrscheinlich auch jene die Augen offen, bei denen der Krumme Gryllner sich aufhielt und die seine Verbündeten waren. Nach all den Vorfällen bei der Raumschlacht war Masurosh überzeugt davon, dass »jemand« ebenso wie sie auf dem Planeten im Einsatz gewesen war und dabei auf den Krummen Gryllner getroffen war und ihn nun schützte. Vielleicht war dieser jemand sogar mit ihm verabredet gewesen?

Jedenfalls war ihre eigene Initialaktion der Jagd gründlich schiefgegangen und hatte sich dadurch zu alles anderem als einer Ruhmestat entwickelt, die im Nachhinein das »irre« Vorgehen gerechtfertigt hätte. Masurosh konnte nicht fassen, wie sehr der Plan fehlgeschlagen war.

Wer pfuschte ihr da ins Handwerk? Wer hatte Interesse an einem Feind FENERIKS? Wer hatte die JOZZVAR beinahe in die Havarie getrieben, dass sie sich nur noch mit letzter Kraft hatte zurückziehen können?

Dass alle diese Vorgänge zusammenhingen, daran konnte kein Zweifel bestehen. Schließlich hatte es nach dem öffentlichen Aufruf Hinweise aus der Bevölkerung gegeben, wo man das beschriebene Wesen gesehen habe.

Doch es war plötzlich nicht mehr auffindbar gewesen. Die Munuam hatten einen gesicherten Hinweis auf ein Haus in einem Industriekomplex bekommen, es unter Beschuss genommen ... und dann erfolgte der Fehlschlag. Masurosh hatte einen ihr unbekannten Reptiloiden gesehen, der wild feuernd auf der Flucht vor den angreifenden Sänften gewesen war, zusammen mit jemand anderem ...

Und dann waren sie plötzlich allesamt verschwunden. Hatten ihnen eine ausgefeilte Technologie zur Verfügung gestanden oder ein Parabegabter? Beides war auf dieser Welt nicht zu erwarten gewesen, deswegen erhärtete es den Verdacht, dass es sich um die Einmischung einer weiteren extraplanetaren Partei handelte.

Hinzu kam die Raumschlacht. Trotz der Unterstützung der JOZZVAR mit Waffen und Robotern hatten sie den Krummen Gryllner verloren.

Das bedeutete Masuroshs Schlussfolgerung nach, dass bereits jemand vor der Meute auf der Suche nach dem wandelnden Archiv gewesen war und dass es sich um eine größere Bodeneinheit mit hervorragender technischer Ausstattung und mindestens einem äußerst schlagkräftigen Raumschiff handeln musste.

Masurosh musste sich demnach vorsichtiger denn je verhalten. Alles konnte zur Falle geraten, erst recht nach ihrer Offenbarung – auch wenn sie als Gaid aufgetreten war. In dieser Richtung hatten ihre beiden Begleiter bisher keine Bedenken angemeldet; vermutlich aus Respekt vor ihr. Es konnte schließlich nicht angehen, dass die Mitglieder einer Triade mehr Probleme erkannten als die Führung. Sie würden erst dann darüber reden, wenn ein konkreter Verdacht bestand, dass es eine Falle sein könnte und Masurosh blindlings hineinzutappen drohte.

Bei dieser Verabredung waren sich wohl alle einig, dass es sich nicht um eine Falle handelte. Masurosh würde dennoch alle Vorsicht walten lassen.

*

Beliebtestes Transportmittel im öffentlichen Verkehr war die Schwebebahn. Sie genoss beinahe kultische Verehrung und war, das musste Masurosh zugeben, elegant und effizient aufgebaut: auf vier Ebenen mit jeweils 40 Stationen. Schon kurz nach der Ausfahrt verliefen die Spuren nicht mehr parallel, sondern führten in alle Richtungen, gewunden und sich überkreuzend, als handelte es sich um ein chaotisches Netz.

Hierbei den Überblick zu behalten, wäre normalerweise problematisch, aber die Holodaten waren überall gut einsehbar. Man konnte sich ausführlich informieren und sich dann zur richtigen Station auf dem kürzesten Weg leiten lassen.

Zahlreiche Rollwege für primär horizontale und Expresslifte für vorwiegend vertikale Bewegung sorgten überall für ein zügiges Weiterkommen.

Dennoch entwickelte sich ab und zu ein heftiges Gedränge, wenn jemand nicht mehr weiterwusste, sich verabschiedete oder einen Anruf erhielt – eben alles unternahm, um den Fluss ins Stocken zu bringen.

Masurosh blieb permanent wachsam, sondierte ununterbrochen, unterstützt von dem Anzugsystem, die Umgegend. Gab es jemanden, der mehr als nur flüchtig seinen Blick über sie schweifen ließ? Änderte plötzlich jemand seine Richtung? Auch die Sicherheit durfte nicht außer Acht gelassen werden. Wo befanden sich die stationierten Überwachungssysteme, gab es mobile Geräte?

Ohne sich weiter verständigt zu haben, verhielten sich ihre beiden Begleiter ebenso; das erkannte Masurosh an kleinen Bewegungen und Körperhaltungen. Das war der Vorteil einer hervorragend eingespielten, erfolgreichen Triade.

Was machte ein kleiner Rückschlag in der ersten Jagdphase schon aus – am Ende würden sie das Zertifikat erfüllen und Masurosh an die Spitze steigen.

Und um das zu erreichen, musste man eben alles in Kauf nehmen – auch die Kooperation mit Fremden.

*

Über einen Rollweg bewegten sie sich – weiterhin auf Distanz voneinander, damit sie nicht als Gruppe erkennbar wurden – Richtung dritte Ebene. Das war nicht das eigentliche Ziel, aber sie hatten genug Zeit und wollten nicht zu früh eintreffen. Besser war es, das Umfeld weiterhin im Blick zu behalten.

Um die Ghutawen machte Masurosh sich keine Gedanken – es war dieser unbekannte Feind, über den so gut wie nichts bekannt war. Das beunruhigte die Munuam, da sie nicht wusste, worauf sie sich einstellen musste. Sie konnte dem Gegenspieler dadurch keinen Schritt voraus sein, und das verärgerte sie.

Die Holotafeln waren so groß und übersichtlich, dass sie sich zurechtfinden konnte. Die Anzeigen waren nicht nur in Tefroda, der Lingua franca von Kasus 443, sondern auch in einigen anderen Sprachen ausgeführt. Das Anzugsystem filterte heraus, was die Triade an Informationen brauchte, und gab weiter den Weg vor.

»Achtung, von vorn, links«, sagte der etwas gemütlicher dahinschlendernde Troparod, plötzlich über den internen Funk.

Masurosh sah es – Unruhe in der Menge. Ein über zwei Meter großes Wesen auf stelzenartigen Beinen verschaffte sich Durchgang, indem es Passanten einfach wegschubste. Die empörten sich verständlicherweise darüber, und der Ärger steigerte das Durcheinander weiter.

Das alles hätte die Munuam überhaupt nicht interessiert, würde das Stelzenwesen nicht direkt auf sie zuhalten.

Zufall? Inszeniert?

»Es ist besser, wenn wir sofort auf einen anderen Weg umschwenken, aber fallt bloß nicht auf!«, sagte Masurosh.

Der Rollweg führte in etwa 20 Metern über ein anderes Band hinweg, das ein wenig von der Route abwich, aber zumindest in der Richtung blieb. Masurosh bewegte sich langsam auf den Rand zu, um notfalls zu springen ... zu spät.

Das Stelzenwesen hob einen mehrgliedrigen, dünnen Arm mit sehr langen dürren, spitz zulaufenden Fingern genau in ihre Richtung.

»Du!«, schrillte es so ohrenbetäubend, dass die Mento-Montur augenblicklich herunterregeln musste. »Gib mir sofort mein Geld zurück!«

»Der verwechselt dich«, stellte Gizezze fest.

»Das kann Methode sein«, versetzte Masurosh. »Hier laufen viele Gaids herum, die für Angehörige anderer Völker genauso aussehen wie ich. Warum also ausgerechnet ich?«

»Da bleibt nur eines – wegen des Erkennungszeichens!«, äußerte Troparod. »Also doch eine Falle.«

Vielleicht. Masurosh war sich da nicht so sicher, denn sie hatte zu wenig Informationen hinterlassen, um sogleich eine Falle zu provozieren. Was hatte dieser Vorfall also zu bedeuten?