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In der Milchstraße schreibt man das Jahr 2071 Neuer Galaktischer Zeitrechnung. Dies entspricht dem Jahr 5658 nach Christus. Über dreitausend Jahre sind vergangen, seit Perry Rhodan seiner Menschheit den Weg zu den Sternen geöffnet hat. Noch vor Kurzem wirkte es, als würde sich der alte Traum von Partnerschaft und Frieden aller Völker der Milchstraße und der umliegenden Galaxien endlich erfüllen. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmtheit ein, man arbeitet intensiv zusammen. Nun aber übernehmen die sogenannten Kastellane wichtige Machtpositionen – es sind relativ Unsterbliche unterschiedlicher Völker, die als spezielle Eingreiftruppe von ES gelten. Und mitten in der Galaxis entsteht mittlerweile eine Yodor-Sphäre, die ein geheimes Bauprojekt der Kosmokraten enthält. Was es damit auf sich hat, versucht Atlan in Erfahrung zu bringen. Die größte aktuelle Bedrohung geht freilich von einem havarierten Chaoporter im Umfeld Andromedas aus. Perry Rhodan begibt sich mit der RAS TSCHUBAI an Ort und Stelle, um mehr darüber herauszufinden – und stößt nicht nur auf den Chaoporter FENERIK, sondern auch auf die LEUCHTKRAFT, ein kosmokratisches Raumschiff, das unter dem Kommando Alaska Saedelaeres stand. Zu ergründen, ob sein alter Freund noch lebt, ist nun Perry Rhodans Anliegen. Aber durchschaut er auch die MASKERADE ...?
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Seitenzahl: 178
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Nr. 3148
Maskerade
Zurück in der LEUCHTKRAFT – auf der Suche nach einem alten Freund
Susan Schwartz
Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
1. Ein schöner Tag
2. 25. August 2071 NGZ – Zur LEUCHTKRAFT!
3. Die Suche nach dem Code
4. Wo ist Alaska?
5. Und täglich grüßt der schöne Tag
6. Durch Schnee und Eis
7. Déjà-vu
8. Gobi-Park
9. Puppeteer
10. Das Versteck
11. Der Eistänzer
12. Attacke
13. Wiedersehen mit der LEUCHTKRAFT
Report
Leserkontaktseite
Glossar
Impressum
In der Milchstraße schreibt man das Jahr 2071 Neuer Galaktischer Zeitrechnung. Dies entspricht dem Jahr 5658 nach Christus. Über dreitausend Jahre sind vergangen, seit Perry Rhodan seiner Menschheit den Weg zu den Sternen geöffnet hat.
Noch vor Kurzem wirkte es, als würde sich der alte Traum von Partnerschaft und Frieden aller Völker der Milchstraße und der umliegenden Galaxien endlich erfüllen. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmtheit ein, man arbeitet intensiv zusammen.
Nun aber übernehmen die sogenannten Kastellane wichtige Machtpositionen – es sind relativ Unsterbliche unterschiedlicher Völker, die als spezielle Eingreiftruppe von ES gelten. Und mitten in der Galaxis entsteht mittlerweile eine Yodor-Sphäre, die ein geheimes Bauprojekt der Kosmokraten enthält. Was es damit auf sich hat, versucht Atlan in Erfahrung zu bringen.
Die größte aktuelle Bedrohung geht freilich von einem havarierten Chaoporter im Umfeld Andromedas aus. Perry Rhodan begibt sich mit der RAS TSCHUBAI an Ort und Stelle, um mehr darüber herauszufinden – und stößt nicht nur auf den Chaoporter FENERIK, sondern auch auf die LEUCHTKRAFT, ein kosmokratisches Raumschiff, das unter dem Kommando Alaska Saedelaeres stand. Zu ergründen, ob sein alter Freund noch lebt, ist nun Perry Rhodans Anliegen. Aber durchschaut er auch die MASKERADE ...?
Perry Rhodan – Der Terraner betritt vertrautes Terrain.
Gucky – Der Mausbiber weiß, wann er teleportieren muss.
Patricia Young – Sie ist bereit, alles für ihr Ziel zu tun.
Vimuin Lichtschlag
1.
Ein schöner Tag
Frühzeitig verlasse ich mein Appartement, denn ich bin altmodisch und gehe zu Fuß bis zur Brücke. Die Bewegung tut mir gut, zur Einstimmung auf die neuen Anforderungen des Tages. Ich gehe dabei in Gedanken meinen Arbeitsplan durch und kalkuliere die Zeit, die ich für die einzelnen Schritte benötige.
Dabei achte ich nicht so sehr auf meine Umgebung, höchstens einmal, wenn ich einem rücksichtslosen Skater ausweichen muss. Die unter ihren Füßen mit Fesselfeldern gehaltenen Monogleiter sind besonders bei denen beliebt, die es eilig haben – was bei den meisten der Fall ist. Sie wedeln wie Skifahrer zwischen den Passanten hindurch, springen über Gleittaxis oder schlagen sogar Salti, wenn eine Kollision droht. Damit ist man in kürzester Zeit am Zielpunkt – oder in der Klinik, je nachdem.
Die Tonmaranen kümmern sich nicht darum und schreiten auch nicht ein, wenn es zu einem Unfall kommt. Wenn der Schuldige überlebt, bekommt er eine gehörige Strafe aufgebrummt und auf befristete Zeit Bewegungseinschränkungen, die empfindlich treffen – sie müssen dann zu Fuß gehen. Davor haben sie alle Angst, es hindert sie aber nicht.
Ich kann über solch unlogisches Verhalten nur den Kopf schütteln. Vielleicht ist es der Nervenkitzel, der die jungen Leute antreibt.
Alternativ könnten sie natürlich rechtzeitig aufbrechen, so wie ich, das ist lediglich eine Sache der Selbstorganisation. Auch die Gleitbänder sind so voll, dass man kaum mehr von einem zum anderen wechseln kann – Springer, Überschwere und Cheborparner sind dort hauptsächlich unterwegs, die grundsätzlich in Streit geraten, wer wen geschubst und wer es eiliger hat.
Wir Externen wohnen alle auf der Handelsstation, auf der dem Kontinent Puran vorgelagerten, 550 Quadratkilometer großen Insel Vopham. Die Tonmaranen haben uns die ganze Insel zur Verfügung gestellt. Sie sind haarlose, grünhäutige Humanoide mit großen, blau gesprenkelten orangen Augen, Langfinger im wahrsten Sinne des Wortes, und gereichen im Verhandlungsgeschick jedem Springer zur Ehre.
Die Tonmaranen verlassen ihren Planeten so gut wie nie, sondern lassen alle zu sich kommen. Sie sind Handwerker, unterhalten eine gut florierende Industrie für allerlei touristische Geschmacklosigkeiten und kassieren gut für unseren Aufenthalt. Der interstellare Export ist der Hauptwirtschaftszweig, deswegen sieht man hier auch so viele Springer.
Dadurch herrscht ein ständiges Kommen und Gehen, mit Raumschiffen, aber auch per Transmitter. Der Planet stellt eine gute Verbindung zwischen diversen Interessengruppen dar und ist unauffällig.
Ein gutes Angebot für jede Menge Büros und hoch technisierte Stationen der Geheimdienstorganisationen diverser Sternenreiche und Regierungen. Da sich die politischen Verhältnisse praktisch ständig ändern, werden häufig Büros ganz plötzlich geschlossen und die Stationen manchmal freiwillig aufgegeben, meistens aber zwangsweise geräumt. Manche dieser geheimen Einrichtungen werden erst später entdeckt, wenn sie längst nicht mehr betrieben werden, man sie sich aber »für mögliche Neuentwicklungen« noch aufheben wollte. Anstatt neue zu bauen, hätte man die alten Einrichtungen einfacherweise aktualisieren und wieder in Betrieb nehmen können.
Eine solche Station wurde vor drei Monaten entdeckt, und hier komme ich ins Spiel. Ich bin einer der Techniker, die im Auftrag der Firma, bei der sie angestellt sind, das technische Equipment demontieren. Ich bin dafür zuständig, gefährliche oder auf Spionage ausgelegte Bauteile zu finden, zu identifizieren und zu neutralisieren. Das ist eine reichlich knifflige Angelegenheit, die enorm viel Sorgfalt und Gründlichkeit erfordert und analytisches Denken, um so ein Ding überhaupt als das zu erkennen, was es ist, und wie man es knackt, ohne dass man womöglich in die Luft fliegt.
Das nimmt seine Zeit in Anspruch, und in meinem Vertrag ist eindeutig festgehalten, dass ich überall für unbestimmte Dauer eingesetzt werden kann.
Die unbestimmte Dauer bedeutet in Wirklichkeit: bis der Auftrag abgeschlossen ist. Dann geht es zum nächsten Einsatzort.
Meine Tätigkeit hier ist schon beinahe beendet, noch etwa zwei Wochen, dann geht es zum nächsten Planeten. Der Termin steht fest, der Auftrag ist eingetroffen. Der Rest in dieser Station wird dann hauptsächlich von den Bürokraten erledigt werden, die die Geräte endgültig abbauen und abtransportieren. Dafür wird jemand von der Hauptfirma erwartet, der die Leitung übernehmen soll, vor allem kontrollieren, dass wir Techniker alles richtig gemacht haben.
*
Ich habe die Brücke erreicht. Der kalte Wintertag verzaubert alles mit klarem Licht, Schlaglichtern und Schattenspielen, und vor allem mir intensiven Farben. Bis eben hat die Sonne geschienen, nun fallen dicke, weiche Schneeflocken aus aufgeplusterten Wolken herab.
Ich spüre sie auf meinem Gesicht, wo sie beim Vergehen winzige, eisige Schmelzpunkte hinterlassen. Es kribbelt, aber nicht unangenehm. Ich wische die Überreste nicht weg, sonst vergehen die zerbrechlichen Kristalle so schnell endgültig. Ich mag diese zierlichen fraktalen Erscheinungen, sie sind so harmonisch und perfekt angeordnet. Und keine sieht aus wie die andere.
Auf der Brücke aller Schätze findet der gesamte Handel statt. Die Überschweren haben sie auf Wunsch der Tonmaranen gebaut, sie ist zwölf Kilometer lang und 500 Meter breit und verbindet »unsere« Insel mit dem Kontinent, wo die Tonmaranen leben und arbeiten, aber nicht hökern.
Der Handel findet streng nach tonmaranischem Brauch statt und nur an diesem Ort. Schmuck, ausgefallene Früchte und Gemüse, Gewürze, Kräuter, Pulver für diversen Gebrauch bei Zipperlein aller Art. Kunstwerke dürfen nicht fehlen, besonders die Miniaturen, die Künstler nach Holovorgabe aus Holz schnitzen, schleifen, stechen, polieren und anschließend bemalen.
Alle Gleitbänder enden vor der Brücke, auch auf der anderen Seite, ebenso sind die Monogleiter verboten und der Luftverkehr wird umgeleitet.
Natürlich könnte ich von der Insel aus einen normalen Taxigleiter nehmen, der auf direktem Weg zur Station gelangt – aber ich mag den Anblick der Brücke jeden Tag aufs Neue. Das gehört zu meinem täglichen Ritual, das mit dem Fußmarsch beginnt.
Sonst komme ich ja kaum raus, denn ich bin weder ein geselliger Mensch, noch habe ich großartige Hobbys. Ich mache meine Arbeit, erledige meinen Privatkram, esse, gehe ein bisschen spazieren, und anschließend schlafe ich.
Damit bin ich vollauf zufrieden, denn die Arbeit fordert mir eine Menge ab, und davon brauche ich Erholung. Mein Verstand würde sonst immer weiter rotieren, und ich würde überall nur noch Verfolger und Spione sehen und in jedem harmlosen Passanten den Agenten einer feindlichen Macht vermuten, der gerade an wichtigen Knotenpunkten Überwachungssysteme installiert hat.
Und das Schlimme dabei ist, dass es gewissermaßen stimmt. Unter Garantie sind wichtige Institutionen nach wie vor unterwandert, was bedeutet, dass ich so gut wie niemandem trauen kann. Für jemanden wie mich, der ohnehin eher distanziert bleibt, ist das nicht so schwer ... aber es zermürbt dennoch, weil es ein Dauerzustand ist. Das Misstrauen verlässt einen nie mehr.
Deswegen mein Morgenritual, das ist tröstlich und aufmunternd und stimmt mich positiv ein, bevor es am Arbeitsplatz dann ernst wird.
Das bunte Treiben auf der großen Brücke, die vielen unterschiedlichen Völker, Händler, Künstler, Handwerker, die phantasievoll gestalteten Geschäfte und offenen Märkte, die gerade von Glasdächern vor dem Schnee geschützt werden, zeigen mir eine Welt, deren Anblick immer großartig ist und sich nie abnutzt und mir Trost spendet, obwohl ich nie ein Teil davon sein werde.
Ich weiß, ich wirke etwas merkwürdig, den Eindruck erwecke ich oft bei anderen. Einzelgängerisch, eigenbrötlerisch. Aber ich bin kein Einsiedlerkrebs, der nur die Beine aus dem Schneckenhaus reckt, um zu laufen, und sich ansonsten kaum zeigt. Ich habe durchaus Kontakt zu anderen, aber eben nicht so häufig.
Und an meinem jetzigen Einsatzort genügt mir die tägliche Zusammenarbeit mit den anderen. Danach bin ich froh um die Ruhe in meiner Wohnung, wo ich mich einfach fallen lassen kann und nicht mehr ständig auf der Hut sein muss. Bei so einer heiklen Arbeit kann ich einfach keine näheren Kontakte knüpfen.
*
Ich gehe zu den Stationen mit den Ein-Personen-Plattformen. Ein simples Podium mit höhenverstellbarem Stab und einer Halterung, über die gesteuert wird. Das ist die einzige erlaubte Fortbewegungsweise auf und über der Brücke, gemächlich und leise. Distanzmelder reduzieren automatisch die Geschwindigkeit oder initiieren einen Ausweichkurs.
Ich schwebe durch die stets offene Einflugschleuse und nehme den direkten Weg durch den gekennzeichneten höchsten Korridor über den Markt hinweg. Meine Plattform ist registriert, meine Route wird automatisch erfasst, sodass ich am anderen Ende nicht durch den Zoll muss, sondern direkt die freigegebene Schleuse passieren kann. Schwindler werden sofort erfasst und mit Fesselfeldern gehalten, bis die Sicherheitskräfte der Tonmaranen eingetroffen sind und saftige Gebühren erheben, bevor man den Weg fortsetzen darf.
Das Treiben unter mir ist in vollem Gange, niemand stört sich am Schneefall. Meine Kleidung ist wasserabweisend und selbstwärmend, sodass ich ebenfalls keinen besonderen Schutz brauche. Lediglich mein Gesicht und meine Haare werden feucht, und ich spüre die Kühle. Aber das macht mir nichts aus, im Gegenteil: Ich genieße dieses Gefühl sogar, denn manchmal schrecke ich in der Nacht hoch und betaste mein Gesicht, weil ich es nicht mehr spüren kann.
Ich fliege mit Höchstbeschleunigung, sodass ich eine gute halbe Stunde später am anderen Ende ankomme, die Plattform an der Station abstelle und zu einem der vielen wartenden Taxigleiter gehe. Es gibt nur Halbautomatiken, und die Piloten sind ausnahmslos Tonmaranen.
#Illustration: Dirk Schulz#
Alle sind geschäftstüchtig, Männer wie Frauen, und so soll ich wie jeden Morgen mit unglaublichen Angeboten verlockt werden, mein Gehalt für Waren, Dienstleistungen, Investitionen, Casinos und Reisen zu verschleudern. Aber damit hatte noch nie einer Erfolg bei mir, denn so bin ich nicht. Die größte Verschwendung ist ab und zu ein Los für ein Gewinnspiel, bei dem zugleich gespendet wird. Sonst brauche ich nichts – ich bin ohnehin nicht mehr lange da, und dann folgt der nächste Planet mit ähnlichen Angeboten.
Manche meiner Kollegen können tatsächlich nicht widerstehen und verschulden sich, spätestens mit den Transportkosten für all die unnützen Dinge, die sie einkaufen.
Das Einzige, was ich mir schon öfter auf dem Markt angeschaut habe, sind die Schmuckstände. Da gibt es einzigartige Kreationen, wie etwa Schneeflocken und besondere Kristallstrukturen und Fraktale. In diesem speziellen Fall komme ich tatsächlich ins Schwanken. Vielleicht erstehe ich eine Kette, bevor ich abreise.
Der Gleiter setzt mich nach wenigen Minuten bei der Station ab, und ich checke am Schott ein. Es ist alles streng abgeriegelt, aber dennoch gehe ich davon aus, dass Agenten eingeschleust worden sind, von welchem Geheimdienst auch immer. Das war bisher jedes Mal der Fall, und zwei- oder dreimal wurde ein entsprechender Skandal vertuscht. Da ich zur Verschwiegenheit verpflichtet bin, spreche ich mit niemandem darüber. Aber ich trage durchaus Sorge, dass mir dieses Wissen eines Tages nicht auf die Füße fällt. Oder dass irgendjemand den Verdacht auf mich lenkt.
Um mir den Druck zu nehmen, könnte ich natürlich einen anderen Job annehmen. Aber mir macht die knifflige Aufgabenstellung zu viel Spaß, als dass ich deswegen die Stelle aufgeben würde. Nirgendwo sonst käme ich so viel herum und bekäme immer neue Herausforderungen. Rätsel zu lösen ist etwas Universelles, das mit Logik und analytischem Verstand gelöst werden kann. Ein grundsätzlicher Code, könnte man sagen, den man Schritt für Schritt erarbeiten und zugrunde legen kann, um darauf aufzubauen. Manchmal im Team, meistens aber beschäftige ich mich allein damit.
Was ich in dieser Station vorgefunden habe, war in diesen vergleichsweise wenigen Wochen leicht lösbar. Das mag an meiner Erfahrung liegen, die ich inzwischen gesammelt habe. Überall waren Hinweise versteckt, die nach einem bestimmten System angelegt waren, und die hatte ich nach und nach entschlüsselt.
So mein Gedanke, mit dem ich komplett falschliege.
*
Ich bin überrascht, was in der Station alles los ist. Es scheint ziemliche Aufregung zu herrschen, und ich bin unsicher, ob ich einen Fehler begangen habe. Oder ob ein Agent aufgedeckt wurde.
Doch es ist ganz anders. Der Abteilungsleiter kommt aus dem Büro auf mich zu, sichtlich erleichtert, mich zu sehen, und stellt mir einen Neuzugang vor.
Ihr Name lautet Patricia Young, und sie ist eine atemberaubende Schönheit – schlichtweg perfekt. Sie hat gewellte, blonde Haare, strahlend blaue Augen und einen Kirschmund. Ihr Gesicht ist so ebenmäßig, dass es fast puppenhaft wirkt.
Sie lächelt mich freundlich an und gibt mir die Hand – nur kurz, weil sie, vermutlich an meiner Miene, merkt, dass ich Nähe zu Fremden nicht besonders mag.
Der Chef sagt mir, dass sie und ich nun als Team zusammenarbeiten werden, und dass meine neue Partnerin mir alles über die Änderung erklären würde.
Damit bin ich mit ihr allein. Um meine Unsicherheit zu überwinden, starte ich mit ihr einen Rundgang, auf dem ich ihr alles zeige.
»Wir sind im Grunde genommen fertig und haben eigentlich jemanden von der Logistikabteilung erwartet, um mit dem Abbau zu beginnen.« Ich komme um diesen Kommentar nicht herum. So spät jemanden beigestellt zu bekommen, ist sehr ungewöhnlich.
»Ich weiß«, sagt Young. »Aber leider haben sich Umstände ergeben, die den Abbau um zwei Wochen verzögern werden.«
»Heißt das, ich soll länger bleiben?« Darauf bin ich nicht eingestellt.
»Nein, aber Sie werden die restliche Zeit anders nutzen. Was Sie noch nicht fertiggestellt haben, können die anderen erledigen, Sie haben hervorragend vorgearbeitet. Doch wir haben Informationen erhalten, die Ihren Einsatz noch einmal anderweitig fordern werden. Wir befürchten nämlich, dass wir das Hauptgerät noch gar nicht gefunden haben. Die bisherigen Erfolge sind zwar gut und schön, aber das war zu leicht.«
»Darin stimme ich Ihnen zu. Aber manchmal ist es eben so leicht. Und ich bin sicher, dass ich nichts übersehen habe.«
»Das haben Sie bestimmt nicht, weil Sie nicht wussten, wonach Sie suchen sollten. Hat man Ihnen gesagt, wer die Station betrieben hat?«
Ich zögere. Hatte man? »Klar«, antworte ich und habe keine Ahnung.
Das ist seltsam. So etwas kann ich gar nicht vergessen, das gehört zu meinem Auftrag.
»Wie lange werden Sie noch hier sein?«, fragt Young.
»Knapp zwei Wochen. Meine Arbeit ist bis dahin beendet. Nach heutigem Stand zumindest.«
»Dann werden Sie sich beeilen müssen, den Mastercode zu finden.«
»In Ordnung ...«, gebe ich mich zögerlich. Diese Sache gefällt mir nicht. Mastercode? Gewiss, das hatte es auch schon gegeben, aber in dieser Station, von einem bisher unentdeckten Gerät? Nichts hatte darauf hingewiesen.
Ich erwäge, Kontakt zu meiner Vertrauensperson in der Hauptstelle aufzunehmen, um zu melden, was hier los ist. Ich finde, mit dieser Frau stimmt etwas nicht. Die Vermutung, dass sie eine Agentin ist, liegt nahe. Aber von welcher Seite? Diejenige, die die Station betrieben hat, die nun ihr Werk vollenden will? Dann würde ich zu ihrem unfreiwilligen Helfer. Oder die Gegenseite, um genau das zu verhindern? Auch ihr zu helfen ist nicht mein Auftrag. Oder etwa eine dritte Partei, die Kenntnis davon erlangt hat und sie für sich nutzen will? Das wäre ebenso wenig mit meinem Job vereinbar.
Die Firma, für die ich tätig bin, ist streng an die Weisungen ihrer Auftraggeber gebunden und zur Loyalität verpflichtet. Aber natürlich lässt sich nicht vermeiden, dass auch sie unterwandert wird.
Oder stellt man mich auf die Probe, weil man einen Verdacht hegt?
»Ich bin hier, um Ihnen dabei zu helfen«, fährt Patricia Young fort. »Wir werden das zusammen hinkriegen, dessen bin ich sicher. Und wie immer gilt ...« Sie legt den Zeigefinger an ihren vollen roten Mund. »Schweigen ist Gold.«
»Sie verstehen, wenn ich mich rückversichern will?«, erwidere ich, nun zur Offenheit entschlossen. Ich lege die Karten auf den Tisch, Spielchen liegen mir nicht.
»Selbstverständlich. Rufen Sie Ihre Vorgesetzte an und geben Sie mir Bescheid.« Sie lächelt und geht zurück ins Büro, um mit dem Leiter zu sprechen.
Ich gehe zu meinem Terminal und rufe auf der abgeschirmten Frequenz in der Zentrale an, aber nicht bei meiner Vorgesetzten, sondern gleich eine Stufe höher. Man will mich zuerst abwimmeln, weil mein Rang dafür zu niedrig ist und ich die Befehlskette übergehe, aber als ich von Dringlichkeit spreche, finde ich schließlich Gehör. Man weiß, dass ich so etwas nicht ohne Grund mache.
Schon zwei Minuten später kann ich aufatmen. Es ist alles in Ordnung. Ich soll mit Young zusammenarbeiten, bis ich abgezogen werde. Bis dahin müssen wir das versteckte Gerät gefunden haben und mittels des Mastercodes entschärfen – der befindet sich bereits in meinen Unterlagen, da ist man sicher, er ist mir nur nicht aufgefallen, weil ich nicht danach gesucht hatte.
2.
25. August 2071 NGZ
Zur LEUCHTKRAFT!
Die RAS TSCHUBAI benötigte zwei Stunden Flugzeit, um vom Sidbandsystem zur Äquivalenzzone zu gelangen.
Deshalb verbrachten wir zuerst die drei Tage der Vorbereitungen im Sidbandsystem, denn der Hypertraktor musste erkundet und anschließend mit der STATOR-FE koordiniert und synchronisiert werden.
Der Hypertraktor war ein Traktorstrahlprojektor, der über diverse Hyperräume hinweg, wie Kano Blautvind es ausdrückte, auf Objekte zugreifen und sie bewegen konnte. Er sollte leistungsstark genug sein, die LEUCHTKRAFT aus der Kluft zu heben.
Vosskon der Gaukler hatte ihn uns übergeben – wobei er ihn selbst auf geheimnisvolle Weise von einem namenlosen, unbekannten Schiff in einem altertümlichen Container erhalten hatte, mit dem Auftrag, ihn »Perry Rhodan oder Atlan« zu übergeben.
Atlan hatte er nicht getroffen, aber mich – schon kurze Zeit nach der Übergabe des Hypertraktors an Vosskon selbst.
Und nun befand er sich an Bord der STATOR-FE, dem Beiboot der LEUCHTKRAFT. Der Hypertraktor war jedoch nur eine der beiden Voraussetzungen, die benötigt wurden, um die Kosmokratenwalze aus der Kluft bergen zu können.
Die zweite Voraussetzung war überraschenderweise Gry O'Shannon, wie wir von dem Zwergandroiden Blautvind bei unserem ersten Vorstoß in die LEUCHTKRAFT erfahren hatten.
Technische Fähigkeiten allein genügten bei dieser Bergung nicht, hatte er uns erklärt, denn die aufwendigen Bemühungen würden nicht unbemerkt bleiben und könnten den Konflikt zwischen den Hohen Mächten – den Kosmokraten auf der einen und den Chaotarchen auf der anderen Seite – eskalieren lassen.
Aber es gab jemanden, der von der chaotarchischen Seite nicht als Gefahr erkannt werden konnte und deshalb bei der Bergung womöglich von entscheidender Bedeutung war.
Die Beschreibung, die Blautvind uns gegeben hatte, passte hundertprozentig auf Gry und ihren »kosmischen Sinn«. Blautvind hatte die Beschreibung von Alaska Saedelaere erhalten, und dieser wiederum von der Kosmokratin Mu Sargai, die dem Kommandanten auch den Hinweis auf den Hypertraktor gegeben hatte. Sie fürchtete die Eskalation verständlicherweise am meisten – denn die Kosmokraten waren unter ihrer Ägide »mit irgendetwas« in der Milchstraße zugange.
FENERIK war dabei gewesen, besagtes kosmokratisches Geheimnis in der Milchstraße aufzudecken – aus diesem Grund hatte sich die LEUCHTKRAFT auf Mu Sargais Geheiß dem Chaoporter in den Weg geworfen.
Seither lagen beide Raumschiffe – falls das überhaupt ein zutreffender Begriff für diese beiden Machtinstrumente war – havariert in der Kluft.
*
Nun hatten wir alles beisammen, was wir für die Bergung benötigten: den Hypertraktor, der hoffentlich korrekt arbeitete, und Gry O'Shannon, neu in meinem bewährten Team aus Gucky, Lousha Hatmoon – die eigentlich Soynte Abil hieß und sich als ursprünglicher Faktor VII der Meister der Insel bezeichnete –, dem Tamaron Vetris-Molaud und dem Paddler Kemur, der sein mobile Werft KE-wohlfeil an der STATOR-FE angedockt hatte und sich weigerte, sie zu verlassen. Ich konnte das durchaus verstehen, denn seine Ambulanz war sein Zuhause, dort fühlte er sich wohl und sicher. Es war auch nicht schlecht, noch ein zweites Raumschiff, so klein es auch sein mochte und nicht mehr als eine fliegende Werkstatt, in der Hinterhand zu haben.
Pilot und Kommandant der STATOR-FE war weiterhin Vimuin Lichtschlag, und mit ihm war das Team vollzählig.
Immer, wenn ich ihn ansah, erinnerte er mich von der Statur her ein wenig an Alaska Saedelaere. Er war zwei Meter groß und sehr hager, und sein Gesicht ähnelte vage dem jenes Menschen, der Alaska vor jenem folgenreichen Transmitterunfall gewesen war, der ihn letztlich in unsere Unsterblichenriege geführt hatte. Lichtschlag hatte schwarze Haare und schwarze Augen, die helle Haut wies einen leichten Blaustich auf. Was genau er war, wusste ich nicht – jedenfalls kein Zwergandroid, die zu Zeiten Samburi Yuras die Besatzung gestellt hatten. Aus seiner Warte stand er als Commo'Dyr dem LEUCHTKRAFT-Kommandanten nahe und bewunderte, ja, verehrte ihn.