Perry Rhodan 3154: Horis Erinnerungen - Susan Schwartz - E-Book + Hörbuch

Perry Rhodan 3154: Horis Erinnerungen E-Book und Hörbuch

Susan Schwartz

0,0

Der Titel, der als Synchrobook® erhältlich ist, ermöglicht es Ihnen, jederzeit zwischen den Formaten E-Book und Hörbuch zu wechseln.
Beschreibung

In der Milchstraße schreibt man das Jahr 2071 Neuer Galaktischer Zeitrechnung. Dies entspricht dem Jahr 5658 nach Christus. Über dreitausend Jahre sind vergangen, seit Perry Rhodan seiner Menschheit den Weg zu den Sternen geöffnet hat. Noch vor Kurzem wirkte es, als würde sich der alte Traum von Partnerschaft und Frieden aller Völker der Milchstraße und der umliegenden Galaxien endlich erfüllen. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmtheit ein, man arbeitet intensiv zusammen. Nun aber übernehmen die sogenannten Kastellane wichtige Machtpositionen – es sind relativ Unsterbliche unterschiedlicher Völker, die als spezielle Eingreiftruppe von ES gelten. Und mitten in der Galaxis entsteht mittlerweile eine Yodor-Sphäre, die ein geheimes Bauprojekt der Kosmokraten enthält. Was es damit auf sich hat, versucht Atlan in Erfahrung zu bringen. Während Perry Rhodan den mysteriösen Chaoporter FENERIK verfolgt, der aus Richtung Andromeda auf die Milchstraße zustürzt, bahnen sich in der Galaxis vielversprechende politische Entwicklungen an. Atlan reist auf die Heimatwelt der Cheborparner – und hört von HORIS ERINNERUNGEN ...

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 175

Das Hörbuch können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS

Zeit:4 Std. 0 min

Sprecher:Martin Bross
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Nr. 3154

Horis Erinnerungen

Ein Pakt gegen das Chaos – und eine Sabotage in der Magma-Nacht

Susan Schwartz

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

Prolog

1. Vorgeschichte: Taaivalinen

2. Zu den Cheborparnern

3. Illustre Gäste

4. Welt der Vulkane

5. Auf das neue Jahr!

6. Der erste Tag: Beginn

7. Der erste Tag: Das Ende der Taavii

8. Der erste Tag: Chaos

9. Der zweite Tag: Viele Fragen, keine Antworten

10. Der zweite Tag: Ermittlungen

11. Der zweite Tag: Neue Gäste

12. Der dritte Tag: Ein Sonderpunkt auf der Tagesordnung

13. Der dritte Tag: Magma-Nacht

14. Anbruch des vierten Tages

Epilog

Journal

Leserkontaktseite

Glossar

Impressum

In der Milchstraße schreibt man das Jahr 2071 Neuer Galaktischer Zeitrechnung. Dies entspricht dem Jahr 5658 nach Christus. Über dreitausend Jahre sind vergangen, seit Perry Rhodan seiner Menschheit den Weg zu den Sternen geöffnet hat.

Noch vor Kurzem wirkte es, als würde sich der alte Traum von Partnerschaft und Frieden aller Völker der Milchstraße und der umliegenden Galaxien endlich erfüllen. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmtheit ein, man arbeitet intensiv zusammen.

Nun aber übernehmen die sogenannten Kastellane wichtige Machtpositionen – es sind relativ Unsterbliche unterschiedlicher Völker, die als spezielle Eingreiftruppe von ES gelten. Und mitten in der Galaxis entsteht mittlerweile eine Yodor-Sphäre, die ein geheimes Bauprojekt der Kosmokraten enthält. Was es damit auf sich hat, versucht Atlan in Erfahrung zu bringen.

Während Perry Rhodan den mysteriösen Chaoporter FENERIK verfolgt, der aus Richtung Andromeda auf die Milchstraße zustürzt, bahnen sich in der Galaxis vielversprechende politische Entwicklungen an. Atlan reist auf die Heimatwelt der Cheborparner – und hört von HORIS ERINNERUNGEN ...

Die Hauptpersonen des Romans

Atlan – Der Arkonide erinnert sich an Sir Arthur Conan Doyle.

Sichu Dorksteiger – Die Liga-Residentin begrüßt die Yodoren.

Nunnuyard Cheteszer (NunC) – Der Reichsverweser begrüßt zu einer Konferenz.

Aumt Raszaypart (AuRa) – Der Sicherheitschef schließt Lücken.

Hori

Prolog

Der Auftrag war angenommen und musste erfüllt werden.

Er brauchte die genauen Hintergründe nicht zu kennen, darüber wussten die anderen vor Ort auch nichts. Lediglich, dass der Auftrag nicht auf Eigennützigkeit basierte, sondern einem großen Ganzen diente, musste bestätigt werden. Ansonsten folgte er seiner Berufung und dem, was er schon immer getan hatte. Er war gut in dem, was er tat. Nur wenige waren so perfekt wie er.

Mit der ihm eigenen Geschicklichkeit fädelte er sich in die Systeme ein, die ihm Zugang zu den wichtigsten Informationen ermöglichten, und zu den Überrangbefehlen, um die Steuerung zu übernehmen.

Das waren die einfachen Dinge, die er von seinem geschützten Ort aus unternehmen konnte, und sie waren zeitraubend genug.

Weitaus schwieriger und noch langwieriger waren die Handlungen an den ausgewählten Orten. Nicht nur, dass er dabei nicht erkannt werden durfte, er musste auch ungeheuer schnell sein. Die anderen waren klug und von Natur aus misstrauisch, wenn etwas außerhalb des Plans verlief. Bei ihnen hatte die Verringerung jedwedes Sicherheitsrisikos oberste Priorität.

Kein Wunder, die Umgebung war hochexplosiv, jegliches Leben gefährdet, wenn nicht genaue Regeln eingehalten wurden. Dafür waren sie ausgewählt und an ihre Posten bestellt worden – so wie er an den seinen. Er kannte sie besser als sie ihn, und das war in dem Fall von Vorteil.

Das einzige Problem war die Zeit. So wenig Zeit! Und ständig gab es Störungen, denn ungewöhnliche Dinge waren im Gange. Ständig musste er mit einer Erhöhung der Sicherheitsstufe rechnen, und selbst bei geringeren war die Nervosität höher als sonst. Und damit die Gefahr, entdeckt zu werden, enorm gewachsen.

Aber er musste es schaffen, es musste ihm gelingen. Noch nie hatte er versagt. Keine Entdeckung. Kein Fehler. Alles musste präzise ablaufen, ein Glied ins andere greifen und eine lange Kette bilden, die sich aufwickelte und zum Start abspulte.

Er war auf sich gestellt, denn ab diesem Moment waren Kontaktaufnahmen unmöglich. Es gab immer jemanden, der eine Kommunikation abfing oder sonst wie entdeckte, so abgeschirmt sie sein mochte. Aber der Auftrag erforderte ohnehin keine Nachfragen. Doch falls er versagen sollte, was absolut unwahrscheinlich war, musste es dennoch einkalkuliert werden. Wenn man professionell arbeitete, durfte niemand mit hineingezogen werden. Er arbeitete auf eigenes Risiko, von ihm aus würde es keine Spur zu den Auftraggebern geben. Erst wenn alles vorüber war, würde er sich wieder melden.

Nachdem alles glattgegangen war, korrigierte er sich. Ein Versagen kam nicht infrage und war auch noch nie vorgekommen. Sein Plan war absolut präzise und vom ersten bis zum letzten Schritt penibel durchdacht.

Nichts konnte schiefgehen. Das meiste war ohnehin längst vorbereitet, er musste nur ein paar winzige Details ändern. An der einen Stelle zumindest.

1.

Vorgeschichte: Taaivalinen

Sha'tiss breitete die Hautflügel aus und warf sich in die Thermik. Lachend ließ er sich höher treiben und segelte mit der besten Strömung von Ensime nach Toinen hinüber. Er konnte es gar nicht erwarten, die frohe Botschaft mitzuteilen. Essa'sta hatte ihn erhört, und sie würden einen eigenen Hort gründen, die Basis für die neue Dynastie.

Unter ihm zogen die beiden miteinander verbundenen riesigen Himmelshorte vorbei. Von oben sahen sie aus wie die Baumkronen der gigantischen, vielverzweigten Schirmbäume auf dem weit darunter liegenden Boden.

Taaivalinen war ein wilder Planet, auf dem bereits die kleinste Blüte die Größe einer Faust hatte, und entsprechend riesig waren die Tiere, Räuber wie Pflanzenfresser.

Die Taavii gehörten zu den Kleinwüchsigen, die sich nur dank ihrer wachsenden Intelligenz durch die Äonen retten konnten. Von Anfang an hatten sie ihre Horte weit oben angelegt, auf Bergen und in Baumkronen. Sie hatten mit der Zeit den Vorteil der Gemeinschaft erkannt, sich zusammengerottet, gemeinsam gejagt und Riesenhorte errichtet.

Sie waren geschickt und erfindungsreich und erkannten, welche Schätze der Planet bot. Sie lernten, Thermiken, Auftriebsgase und die Beschaffenheit bestimmter Mineralien zu nutzen, um die ersten Wolkensiedlungen zu bauen. Doch das war immer noch nicht genug, schließlich waren die fliegenden Räuber größer als sie – und diese wiederum kleiner als die Sphärenriesen, die ewig friedlich mit ihren Energieantennen dahinzogen, aber mangels ausgereifter Sinne Hindernisse in ihrer Flugbahn kaum bemerkten und daher nicht auswichen.

Also mussten sie höher hinauf, bis in den Himmel, und da sie schon dabei waren, bauten sie auch gleich Flugschiffe, um Verbindungen zwischen den wachsenden Städten rund um den Planeten zu schaffen. Mittels solcher Reisegefährte konnten viele Taavii gleichzeitig transportiert werden. Dazu Rohstoffe und Waren.

Die Taavii erlernten die Nutzung von Metall und entwickelten Waffen, und da sie schon dabei waren, konnten sie sich genauso gut auch außerhalb der Heimatwelt umsehen, ob die Nachbarplaneten nicht ebenso schöne Schätze zu bieten hatten, mit denen man weiterkam. Also machten sie sich daran, die Gesetze der Schwerkraft auszuhebeln, Energie zu zapfen, zu speichern und gerichtet zu verwenden. Immer bessere Waffen entstanden – defensiv wie offensiv.

Längst brauchten die Taavii keine Sorge mehr zu haben, gefressen zu werden oder sonst wie durch die Unbilden der Heimatwelt umzukommen, dennoch blieben sie weiterhin in der Höhe. Sie bauten Orbitalbäume, ließen die Äste sich immer weiter ausstrecken, bis alle Orbitalbäume miteinander verbunden waren. Mit Raumschiffen stießen sie in den luftleeren Raum vor, errichteten dort baumartige Habitate vollkommen aus Metall und Kunststoffen, und drangen noch weiter vor, sprangen von Planet zu Planet, bis sie sich im ganzen Sonnensystem ausgebreitet hatten.

Die Taavii scheuten keine bewaffneten Auseinandersetzungen mit anderen Völkern. Sie stellten rasch fest, dass sie zwar die Kleinsten von Taaivalinen waren, aber meistens die Größten bei anderen Völkern, die das unendlich scheinende Universum bevölkerten. Nach dem ersten Kontakt mit Fremdleben besaßen die Taavii Antriebe, um die Lichtgeschwindigkeit zu überlisten und in kürzester Zeit Lichtjahre entfernte Systeme zu erreichen. Jeder neue Kontakt brachte sie einen Sprung nach vorne. Bald würden sie nicht nur Zehntausende, sondern Hunderttausende, dereinst vielleicht Millionen Lichtjahre zurücklegen können.

Bei all diesem Streben vergaßen sie nie ihre Himmelswurzeln – die ersten beiden Baumstädte, Ensime und Toinen. Und weil sie einen so prominenten Platz im Denken der Taavii hatten, wurden sie stets auf den modernsten Stand der Technik aufgerüstet. Dieser Tage wirkten sie wie eine perfekte Mischung aus Natur und Maschine. Ihre Kronen wuchsen und verästelten sich immer weiter, sodass manche Gebiete der planetaren Oberfläche längst kein direktes Sonnenlicht mehr kannten.

Die Doppelstadt beherbergte die Gesamtregierung und die gesamte Verwaltung, sämtliche Universitäten und wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen. Zugleich lebten die Privilegierten und die ehrwürdigsten Familien dort.

Sha'tiss konnte auf eine lange Ahnenreihe zurückblicken, die stets die Geschicke des Volkes in den Krallen gehalten hatte. Dennoch bedeutete das keine Garantie, dass er automatisch zum Esmakorsh ernannt wurde, sobald er das 55. Lebensjahr vollendet hatte. Von Geburt an war er allerdings auf diese Rolle vorbereitet worden: Er hatte gedient und sich zum hochdekorierten Offizier hochgearbeitet, der Schlachten erfolgreich geschlagen hatte und sich dabei umsichtig, strategisch klug und wagemutig verhalten und sich stets schützend vor seine Anvertrauten gestellt hatte. Auch als Politiker hatte er sich talentiert gezeigt und die höchste Beliebtheitsstufe beim Volk erreicht.

Dennoch: Es brauchte mehr, um berufen zu werden. Eine besonders bedeutende Voraussetzung war, dass Essa'sta bereit war, mit ihm die nächste Dynastie zu gründen.

Selbstverständlich hätte Sha'tiss einen Gleiter nehmen können, er verfügte über eine große Auswahl. Oder, noch schneller und kürzer, einen Transmitter.

Doch er genoss es, über die beiden Himmelsstädte hinwegzuschweben und sie unter sich dahinziehen zu sehen, denn bald wären sie sein. Sein Hort. Er hatte sehr klare Vorstellungen, was er während seiner hoffentlich hundert Jahre oder länger währenden Regierungszeit tun würde. Weiteren Vorstoß in den Raum – die Gründung eines Sternenreiches. Bisher hatten sich die Taavii mit ihrem System begnügt und lediglich Krieg um Ressourcen und weiterführende Technik geführt, auch gegen allzu neugierige Nachbarn, die sich »nur mal umsehen« wollten.

Ja, es hatte auch schon Allianzen mit anderen gegeben, um sich gegen einen gemeinsamen Feind zu behaupten, und die eine oder andere einer solchen vertraglichen Übereinkunft sah die Taavii eher als »Angehörige« eines wachsenden Imperiums an, die von soldatischem wie wirtschaftlichem Nutzen waren. Die Taavii ließen solche Dummköpfe in dem Glauben, solange sie davon profitierten. Andere baten sie um Unterstützung gegen fremde Mächte, was ebenfalls zum Nutzen und Schutz der Taavii sei, wie man versicherte. Von Chaos war immer wieder die Rede, das sich ausbreiten würde, und gegen das man kämpfen müsse.

Die Taavii interessierten sich für diese galaktische Politik noch nicht, wie sie bezeichnet wurde, wenngleich sie von dieser Inanspruchnahme profitierten. Man schätzte ihre Kampfkraft und ihre Größe.

Aber das genügte Sha'tiss nicht mehr. Er sah den Zeitpunkt für den Einzug in die galaktische Politik gekommen. Er hatte während seiner Dienstzeit im All viel gesehen – zwar kein »Chaos« an sich, aber einige Gegner, die er in die Schranken gewiesen hatte –, und das hatte ihm aufgezeigt, dass die Taavii inzwischen zu bedeutend mehr in der Lage waren. Körperlich waren sie den meisten anderen Sternenvölkern überlegen, und technisch arbeiteten sie hart daran. Weitere Systeme unter seiner Verwaltung, das schwebte dem künftigen Esmakorsh vor. Okkupation und Unterwerfung anderer Völker – die bei entgegenkommender Verhaltensweise nahezu selbstverwaltet bleiben sollten – und immer weitere Expansion hinaus, um die Wunder zu finden, die auf sein Volk warteten.

Illustration: Dirk Schulz

*

Noch bevor Sha'tiss die frohe Botschaft verkünden konnte, bemerkte er die ernsten Mienen der Ratsmitglieder und war schlagartig ernüchtert.

»Was gibt es?«, fragte er, kaum dass er auf dem Balkon gelandet war und in den Versammlungsraum stampfte.

»Ein Angriff«, wurde ihm verkündet. »Wir haben versucht, dich zu erreichen.«

»Ich hatte den Funk abgeschaltet«, sagte er. »Der letzte Angriff liegt viele Jahre zurück. Wer sollte sich noch hierher wagen?« Er zog die dünnen Lippen zurück und bleckte die Reißzähne. Alle 96.

Mit einem Wink seiner Hauptkralle aktivierte er ein Holo. »Zeigt es mir!«

Gleich darauf stellten sich seine Rückenstacheln auf, und seine rot gewordenen Brustschuppen rasselten.

Fremde Raumschiffe näherten sich dem System. Sie sahen aus wie drei ineinander verschachtelte Würfel, wobei keiner dem anderen exakt glich.

»Die!«, zischte er. »Ich bin ihnen vor Jahren einmal begegnet, sie wollten sich auf einem Planeten breitmachen, von dem wir profitierten. Sie sind Winzlinge! Wir haben ihnen gesagt, was wir von ihnen halten, und das System beschützt, das wiederum Teil der Cenikto-Allianz ist. Das hat uns vier weitere Bäume bis an den Systemrand beschert.«

»Die dank dir auch gebaut werden – aber werden wir die Bauarbeiten zu Ende führen können?«

Sha'tiss öffnete seine Schwingen zu voller Größe. Sie füllten zwei Drittel des Raums aus. Und dabei hatte er nicht einmal die volle Blüte seiner Jahre erreicht.

»Alarm für das System!«, schrillte er. »Die Systemflotte soll sich sofort auf den Weg machen! Alle anderen Einheiten werden auf der Stelle mobilgemacht oder von ihren Einsätzen zurückgerufen! Bringt mir meine Rüstung! Ich werde mich persönlich auf das Flaggschiff begeben und diesen Eindringlingen zeigen, was für einen schweren Fehler sie begangen haben!«

2.

Zu den Cheborparnern

31. Dezember 2071 NGZ

Sichu Dorksteiger war schon sehr gespannt auf Pspopta. Eigentlich wusste sie in der Theorie alles über das Sternenreich Chebor-Popta, das mit seinen 866 Welten zu den galaktischen Mittelmächten gehörte – aber ebenso wusste sie, dass das für die Praxis im Umgang und in der Diplomatie viel zu wenig war. Derzeit tauchten die Cheborparner in der galaktischen Politik am häufigsten im Zusammenhang mit den Etappenhöfe auf, die sie gemeinsam mit den Akonen betrieben. Einen solchen Etappenhof gab es auch im Ayc-Tohotche-System. Eine große Rote Sonne beschien acht Planeten, von denen der vierte die Hauptwelt Pspopta stellte.

Sie war einem frühzeitlichen Terra ähnlich, mit höheren Durchschnittstemperaturen, was Dorksteiger in Vorfreude schon als angenehme Voraussetzung empfand. Zehn Kontinente verteilten sich über die Ozeane, von denen einer, Tanpary, als »der Stille Kontinent« bezeichnet wurde, weil er der einzige ohne Vulkane war.

Die Hauptstadt Chediudurc war allerdings auf dem größten, am Äquator gelegenen Kontinent Basbaszan angesiedelt. Sie lag an der Ostflanke des Vulkans Deszoc.

Angesichts dieser offensichtlich gewollten Nähe zu aktiven Feuer speienden Bergen mit daraus resultierender permanenter Erdbebengefahr musste Dorksteiger unwillkürlich an die terranische Mythologie denken, aus der Perry ihr einmal Kostproben erzählt hatte: Weil die Cheborparner Hörner trugen und Bocksfüße hatten, ihre Augen rötlich funkelten und ihr Körper von dichtem schwarzem Fell bewachsen war, lag für Menschen die Assoziation zu Teufeln nahe.

Dorksteiger musste zugeben, dass selbst auf sie mit einer völlig anderen Sozialisation diese Geschöpfe auf den ersten Blick einen eher unheimlichen Eindruck machten – doch ihre Handlungen, Gesten und Worte zeigten das Gegenteil davon. Die Cheborparner waren dank ihrer angeborenen Neugierde hervorragende Wissenschaftler, Forscher und Ingenieure, und insgesamt eher friedliche, aufmerksame Wesen.

Lediglich ihr Hang zu Naturgewalten erschien ihr seltsam. Er war ... pittoresk, vorsichtig formuliert. Aber dank der hochstehenden Technik war er keineswegs selbstmörderisch.

Das Liga-Flaggschiff THORA parkte im interplanetaren Raum des Systems, zusammen mit einem weiteren terranischen Raumer, dessen Passagiere wegen der anstehenden bedeutenden Konferenz ebenfalls eingeladen worden waren. Akkreditierte Journalisten, Mitarbeiter der Encyclopedia Galactica, Historiker und Politikwissenschaftler reisten mit der WOLFGANG BRUNN an, um als Beobachter und Augenzeugen dabei zu sein, wie sich zum ersten Mal seit langer Zeit wieder die raumfahrenden Zivilisationen der Milchstraße auf freiwilliger Basis zu multilateralen diplomatischen Gesprächen trafen.

Historische Sendungen hatten daher derzeit Hochkonjunktur in den Trivid-Sendern: Nicht jede war unparteiisch, kaum zwei hatten den gleichen Fokus. Der interessierte Galaktiker konnte wählen aus so vielversprechenden Titeln wie Das Versagen der Sternenreiche: Galaktische Hausmannskost der Diplomatie in Zeiten der Cairanischen Epoche, Demokratien und Diktaturen als austauschbare Etiketten galaktischer Großmächte, Von der Galaktischen Völkerwürde-Koalition zum Galaktikum, Das Humanidrom als Zeichen von Freiheit und Knechtschaft, Missbrauch eines Friedenswerkzeugs: das Galaktikum, Galaktische Politik im Zerrbild eines versagenden Galaktikums, Das Galaktikum – Vision einer Zukunft oder Rückschritt ins Provinzielle?, Auftritt der Bürokraten: Wie das Galaktikum Vertrauen verspielte, Die Aufbaukonferenz der Völker als Wendepunkt der Geschichte, Mutoghmann Scerp und Maurenzi Curtiz: Visionäre der Verständigung, Das Babylon-Projekt der Sprachen: die Erfolgsgeschichte des Interkosmo, Ferne Stätten und nahe Krisen: Politik am Abgrund zwischen den Sternen, Wie Politik versagte: Streiflichter im Angesicht von Invasoren, Bostich – vom Imperator zum Verwalter, Gaumarol da Bostich – Wahrer des Friedens statt Kriegshetzer des Throns und dergleichen mehr widmeten sich dem Gedanken an interstellare Diplomatie und Politik.

Die Medienvertreter aller Zivilisationen bildeten gemeinsam eine eigene Delegation, die sich selbst organisieren musste. Sie war zwar nicht zu den diplomatischen Zusammenkünften selbst eingeladen, durfte aber die Medienkonferenzen mitgestalten. Zudem hatte die cheborparnische Regierung strenge Kriterien aufgestellt, die in langwierigen Vorbesprechungen mit den galaktischen Großmächten abgeklärt worden waren und die jeder akkreditierte Medienvertreter und jeder entsendete Diplomat erfüllen musste.

Das Gipfeltreffen von Pspopta war das politische Ereignis des Jahres und wahrscheinlich sogar das des Jahrzehnts. Manche sprachen schon von einem Jahrhundertereignis, allerdings gab es dafür keine Faktengrundlage, denn Themen und Verlauf des Gipfeltreffens unterlagen strenger Geheimhaltung. Nichts drang im Vorfeld nach außen. Die galaktische Öffentlichkeit nahm es gelassen hin: Man verließ sich darauf, dass die Heimlichtuerei im Vorfeld keineswegs die Inhalte spiegelte. Für die meisten waren Handelsrouten und Handelsprivilegien, Streitschlichtungsverfahren und Kommunikationswege die Topthemen, also etwas, das sich im Lauf der Zeit von selbst ergeben würde, aber das durchaus mit ein wenig gemeinsamem politischem Willen schneller und gerechter vonstattenging.

Zudem gab es großes Verständnis dafür, dass Sicherheit oberstes Gebot war – reißerische Berichte über die seinerzeit blutig geendete Aufbaukonferenz der Völker sorgten schon dafür. Nie wieder sollten Agenten der Chaosmächte etwas Derartiges anrichten dürfen.

Vordergründig stand das Thema FENERIK ganz oben auf der Tagesordnung, wie Sichu Dorksteiger genau wusste, aber sie hoffte, dass die anderen Teilnehmer genügend Weitblick hatten, um auch in eine weiter entfernte Zukunft blicken zu können. Sie hoffte hierbei vor allem auf Atlan, der seine Teilnahme ebenfalls fest zugesagt hatte, und auf einen aktuellen Bericht ihres Ehemannes: Perry Rhodan war mit der RAS TSCHUBAI in Cassiopeia vor Ort, um mehr über den Chaoporter herauszufinden, der sich womöglich als Bedrohung der gesamten Milchstraße herausstellen würde.

Dorksteiger dachte in diesen Tagen oft an ihren Mann. Sie vermisste ihn und hätte ihm gerne zur Seite gestanden, wie sie es immer tat. Zusammen waren sie ein unschlagbares Team. Aber sie hatte eingesehen, dass sie in der Milchstraße und vor allem auf Terra mehr gebraucht wurde. Perry hatte dabei zudem den Hintergedanken gehabt, jemanden seines besonderen Vertrauens zurückzulassen, nicht zuletzt wegen Reginald Bulls Situation. Perrys ältester Freund, der während der letzten 500 Jahre gezwungen gewesen war, die Geschicke der Liga allein zu lenken, war von den Galaktischen Kastellanen vor wenigen Monaten zum Rücktritt gezwungen worden. Weil er chaotarchisch kontaminiert sein könnte.

Doch egal welche Indizien es geben mochte und welches Interesse FENERIK an ihm haben mochte, war Sichu sich einer Sache gewiss: Reginald Bull war unverbrüchlich vertrauenswürdig und loyal. Lediglich die Entwicklungen hatten ihn gezwungen, sich aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen. Nun lag es an ihr, Chaos zu verhindern.

Dorksteiger hoffte, dass es Bully gut ging, sie schätzte den temperamentvollen, energiegeladenen Mann, der das Herz auf der Zunge trug und auch nach Jahrtausenden der Unsterblichkeit kein wirklicher Diplomat geworden war. Seine Bodenständigkeit und sein gesunder Menschenverstand waren stets eine wichtige Ergänzung zu Perrys visionären Zielen gewesen.

Homer G. Adams hatte sich zuletzt nicht sehr ausführlich geäußert, wie es so seine Art war, doch das hatte schon genügt, um besorgt zu sein. Ob die Kastellane wussten, dass Bulls Rücktritt eine Scharade gewesen war? Und ob sie ahnten, dass Dorksteiger keineswegs nur ein willfähriges Instrument war? Sie hegte den Kastellanen gegenüber ein ebenso grundsätzliches Misstrauen wie gegenüber jedem, der sich kritiklos über andere stellte. Ihre Biografie – herangewachsen unter der Indoktrinierung der Frequenz-Monarchie – machte sich dabei eben bemerkbar. Ja, sie würde gegen FENERIK an der Seite der Kastellane stehen. Und ebenso würde sie sich gegen die Kastellane stellen, wenn diese nicht zum Wohl der Liga und der gesamten Galaxis wirkten. Sie würde nicht zögern, den hochrangigen Dienern von ES eine deutliche Ansage zu machen, sollten sie das Wohl der Liga gefährden, weil ihnen das große Kosmische wichtiger war als die Völker, die es belebten.

Vertrauen muss man sich täglich neu erarbeiten, das wusste sie, und so, wie sie diesen Ratschlag beherzigte, forderte sie dies auch von anderen.

*

»Das Beiboot ist bereit und wird auf dem Raumhafen Hyzprad erwartet«, meldete die Zentrale in Dorksteigers Unterkunft.

»Sehr gut, ich bin unterwegs.« Sichu Dorksteiger erhob sich und prüfte den Sitz ihrer Kleidung.

Sie trug eine Mischung aus Anzug und Uniform, in seidig glänzendem Hellgrün mit goldenen Streifen, die ihre hochgewachsene schlanke Silhouette betonten. Ihre Insignien schimmerten als Holos an der rechten Schulter der taillierten Jacke. Das hüftlange Haar trug sie weit unten locker gebunden mit einer juwelenbesetzten Haarklammer, die bedeutend mehr war als nur ein Schmuckstück.

Die auf den Hüften sitzende Hose wurde von einem breiten Gürtel mit einer goldfarbenen, kunstvollen Schnalle gehalten, die ebenfalls ein paar Überraschungen für den Fall der Fälle bereithielt. Ihre schwarzen Stiefel waren leicht, aber robust.

Die Ator hatte es sich zu eigen gemacht, stets auf alles gefasst und bereit zu sein, vor allem, seit sie ihr Leben an Rhodans Seite verbrachte. Nie hätte sie sich das in ihrer beschaulichen Jugend auf Ganroj erträumt, einmal ein derart abwechslungsreiches Leben zu führen, das ab und zu die Rettung eines Volkes oder gar einer ganzen Galaxis erforderte.