Perry Rhodan 3185: Die Einsamen von Halut - Susan Schwartz - E-Book + Hörbuch

Perry Rhodan 3185: Die Einsamen von Halut E-Book und Hörbuch

Susan Schwartz

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Beschreibung

In der Milchstraße schreibt man das Jahr 2072 Neuer Galaktischer Zeitrechnung. Dies entspricht dem Jahr 5659 nach Christus. Über dreitausend Jahre sind vergangen, seit Perry Rhodan seiner Menschheit den Weg zu den Sternen geöffnet hat. Noch vor Kurzem wirkte es, als würde sich der alte Traum von Partnerschaft und Frieden aller Völker der Milchstraße und der umliegenden Galaxien endlich erfüllen. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmtheit ein, man arbeitet intensiv zusammen. Doch entwickelt sich in der kleinen Galaxis Cassiopeia offensichtlich eine neue Gefahr. Dort ist FENERIK gestrandet, ein sogenannter Chaoporter. Nachdem Perry Rhodan und seine Gefährten versucht haben, gegen die Machtmittel dieses Raumgefährts vorzugehen, bahnt sich eine unerwartete Entwicklung an: FENERIK stürzt auf die Milchstraße zu. Mit an Bord: mehrere Terraner, darunter Alaska Saedelaere und Gry O'Shannon. In der Milchstraße bangen die Völker vor einer Konfrontation mit FENERIK – sein Sturz führt ihn an mehreren Welten vorbei, darunter auch die Heimatwelt der Haluter. Es naht eine Schicksalsstunde für DIE EINSAMEN VON HALUT ...

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Seitenzahl: 160

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Zeit:3 Std. 54 min

Sprecher:Florian Seigerschmidt

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Nr. 3185

Die Einsamen von Halut

Ein Angriff und ein Schicksal – eine schwere Entscheidung wird getroffen

Susan Schwartz

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1. Wevar

2. Wevar

3. Bothor

4. Bothor

5. Bothor

6. Wevar

7. Bothor

8. Wevar

9. Bothor

10. Bothor

11. Bothor

12. Wevar

13. Bothor

14. Bothor

15. Bothor

16. Bothor

17. Bothor

Fanszene

Leserkontaktseite

Impressum

In der Milchstraße schreibt man das Jahr 2072 Neuer Galaktischer Zeitrechnung. Dies entspricht dem Jahr 5659 nach Christus. Über dreitausend Jahre sind vergangen, seit Perry Rhodan seiner Menschheit den Weg zu den Sternen geöffnet hat.

Noch vor Kurzem wirkte es, als würde sich der alte Traum von Partnerschaft und Frieden aller Völker der Milchstraße und der umliegenden Galaxien endlich erfüllen. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmtheit ein, man arbeitet intensiv zusammen.

Doch entwickelt sich in der kleinen Galaxis Cassiopeia offensichtlich eine neue Gefahr. Dort ist FENERIK gestrandet, ein sogenannter Chaoporter. Nachdem Perry Rhodan und seine Gefährten versucht haben, gegen die Machtmittel dieses Raumgefährts vorzugehen, bahnt sich eine unerwartete Entwicklung an: FENERIK stürzt auf die Milchstraße zu. Mit an Bord: mehrere Terraner, darunter Alaska Saedelaere und Gry O'Shannon.

In der Milchstraße bangen die Völker vor einer Konfrontation mit FENERIK – sein Sturz führt ihn an mehreren Welten vorbei, darunter auch die Heimatwelt der Haluter. Es naht eine Schicksalsstunde für DIE EINSAMEN VON HALUT ...

Die Hauptpersonen des Romans

Blo Rakane – Der Anwalt Aller stellt sich einem Giganten.

Farbaud – Der Quintarch besucht einen Planeten der Giganten.

Wevar – Der Atamma ist ein Gigant seines Faches.

Matai Tum – Der Haluter entdeckt ein gigantisches Geheimnis.

Bothor Trittschank

1.

Wevar

Wovon ich träume, fragst du?

Das ist einfach. Und auch wieder nicht.

Verstehst du, Großhüterin Kaina, mein Traum ist eigentlich derselbe wie deiner.

Wie der aller Atammas.

Wir sehnen uns nach der Großen Reise.

Selbst auf die – wenngleich eher geringe – Gefahr hin, dass man uns da draußen aus historischen Gründen als »Humidors« bezeichnen wird, was bei uns seit sehr langer Zeit – seit wir uns nicht mehr missbrauchen lassen –, ein fürchterliches Schimpfwort ist. Aber das ist verzeihlich, weil man es nicht besser weiß. Noch nicht.

Ich denke, die Zahl derer, die über unseren Ursprung Bescheid wissen, ist ohnehin überschaubar, und es wird gewiss nicht jeder gleich historische Archive wälzen, nur um uns »Guten Tag« zu sagen. Vor allem, da es so gut wie keine Daten über uns gibt. Wer kennt uns denn schon genauer, uns und unsere Kultur? Deshalb werden sie unseren Volksnamen als »Atammas« schnell und vorbehaltlos akzeptieren, so wie es die Haluter bereits tun.

Ja, ich weiß, ich presche mit diesen Gedanken vor, weit über das derzeitige Ziel hinaus. Aber ich frage dich, Großhüterin Kaina, wann genau ist denn die Zeit für unser eigentliches Ziel gekommen? Wenn nicht einmal ich, der ich meinen Traum ausspreche, so weit denke – wie soll ich je erreichen, die Große Reise anzutreten?

Schließlich muss vorausgeplant werden, und ich – oder vielmehr wir – müssen uns auf alles vorbereiten. Das derzeitige Ziel, mehr Aufgaben übertragen zu bekommen, geht mir einfach nicht weit genug, denn dazu wird es nicht kommen.

Fakt ist: Man braucht uns nicht. Man duldet uns, weil wir nicht im Weg sind. Die leben oben, wir unten, da kreuzen sich kaum die Wege.

Mir ist bewusst, welche Unruhe ich durch meine Worte auf der Großen Versammlung ausgelöst habe. Und weshalb du mich nun zu einer schriftlichen Stellungnahme aufforderst, die in einer Erklärung öffentlich gemacht werden soll. Verzeih, wenn ich dies in der meinem Charakter entsprechenden spontanen Weise erledige, als säßen wir uns gegenüber und ich müsste mich persönlich rechtfertigen!

Um deine unausgesprochene, zwischen den Zeilen erkennbar bedeutendste Frage zuerst zu beantworten: Nein, ich will nicht Großhüter werden, so vermessen bin ich nicht. Im Gegenteil – es wäre mir ein Gräuel, so eine Verantwortung übernehmen zu müssen. Diese ist am besten in deinen Händen aufgehoben. Ich respektiere und bewundere dich für deine aufopferungsvolle Arbeit.

Ich hingegen möchte konstruieren, montieren, schalten, testen. Ich möchte mit den Händen arbeiten und mit dem technischen Verstand. Ich möchte mich großen Herausforderungen stellen, um Maschinen zu erbauen, die selbst für Halut hoch entwickelt sind. Ich möchte neue Wege in der Technik gehen.

Das ist mein Traum, mein wahrer Traum, den ich mir auf Halut nie erfüllen könnte.

Deswegen ist es einfach und auch wieder nicht. Denn ich habe keinen Weg gefunden, auf die Große Reise zu gehen, und ich habe keine Entscheidung getroffen, ob ich dabei allein sein möchte. Denn ich denke auch an unser Volk. So viele sind wir schließlich nicht, gerade mal 100.000 Köpfe. Ich weiß nicht, ob ich es ertragen könnte, der Einzige von uns da draußen zu sein, und mich drückt auch das Gewissen, euch alle im Stich zu lassen, wenn ich einfach gehe.

Deshalb meine leidenschaftliche Rede, die ich nicht vorbereitet hatte, sondern es sprudelte aus mir heraus. Ich habe vorher nicht bedacht, welchen Aufruhr das verursachen würde und dass es unser Volk in eine Krise stürzen könnte. In die große Identitätskrise, die jedoch, seien wir ehrlich, schon so lange in jedem von uns schwelt.

Stets wurde die öffentliche Diskussion vermieden, dass wir im Grunde unserer Herzen unglücklich sind, dass wir uns verloren fühlen, weil wir keine richtige Aufgabe mehr zu erfüllen haben. Wir können mehr, wir wollen mehr als nur diese Eintönigkeit Tag um Tag, dieses Suchen nach Aktivität, einer Aufgabe und einer Herausforderung. Das ist unser Sein, wie es uns ursprünglich zugedacht war als Hilfsvolk.

Wir haben bis zum heutigen Tage nicht vergessen, dass wir ursprünglich Retortenwesen der Uleb waren, doch dieser Ursprung an sich ist nicht mehr von Bedeutung. Wir sind längst ein eigenständiges Volk, wenngleich wir weiterhin quasi für das Geschwistervolk der Uleb, die Haluter, arbeiten.

Aber könnten wir denn nicht noch mehr tun?

Verzeih, ich wiederhole mich schon wieder und rede mich erneut um Kopf und Hand, aber ich werde diese Zeilen nicht löschen. Du sollst verstehen, was mich antreibt und warum ich deinen Zorn erregt habe.

Denn anhand der öffentlichen Reaktion, der vielen Diskussionen seither, kannst du erkennen, dass ich nicht der Einzige bin. Hätte ich mit meinen Worten nicht ins Schwarze getroffen, würde es diese ganze Aufregung wohl kaum geben.

Nun ist es heraus, es ist gesagt, und es ist jedem bewusst geworden, was er schon tief in sich schlummern hatte: Es kann so auf Dauer nicht weitergehen. Wir müssen uns etwas überlegen, und zwar in sehr naher Zukunft.

Wir haben schon so viel überstanden.

Traumatischer als alles war wohl der entsetzliche Blitzer-Angriff vor fast 1600 Jahren. Damals hatten die Haluter – nach dem ersten, abgewehrten Anschlag – den Planeten sicherheitshalber verlassen und somit von der entsetzlichen Verheerung durch den zweiten Blitzerangriff nichts abbekommen. Wir hingegen schon.

Die Riesen kehrten schlussendlich zurück und mussten den Planeten wieder lebenswert machen. Sie wollten alles so wie früher und haben dafür die Flora und Fauna aus den genetischen Datenbanken rekonstruiert, denn für Haluter soll immer alles so bleiben, wie es ist. Sie verändern sich nie, was kein Wunder ist, wenn man 3000 Jahre alt wird.

Muss das auch für uns gelten?

Schließlich fanden sie heraus, dass wir immer noch da waren – dass wir nie weg gewesen waren. Gewiss, beinahe wären wir ausgerottet worden in jenen langen dunklen Jahrhunderten nach den Blitzern. Es hat lange gebraucht, bis die wenigen von uns, weit verstreut vegetierend in den riesigen Kavernen des Unten, das wir nach der tefrodischen Nomenklatur Isolon nennen, wieder zusammenfanden und einen Neuanfang wagen konnten.

Ich sage es noch einmal deutlich: Mehr als 1000 Jahre dauerte es, bis die Haluter den Theorien der Tefroder folgten, nachforschten und auf uns stießen, so beschäftigt waren sie mit der Wiederherstellung der Planetenoberfläche. Ihre Wege sind anders als unsere, ihre Gedanken sind anders als unsere – und nicht nur, weil sie zwei Gehirne haben.

Wir hatten kein Bedürfnis, nach oben zu gehen, denn wir sind nun einmal sehr lichtempfindlich, und Lärm mögen wir ebenfalls nicht. Dieses laute Dröhnen, wenn ein Haluter redet oder gar lacht ...

In den vergangenen 500 Jahren, seit unserer Wiederentdeckung und den neuen Verträgen, haben wir eine völlig neue Kultur aufgebaut, die nicht nur darin besteht, die halutischen Maschinen zu warten und zu reparieren.

Unsere gesamte Gesellschaft hat während dieser Zeit, da unsere Zahl wieder zunahm, eine große Wandlung durchgemacht. Wir sind uns unserer Historie bewusst, doch anders als die Haluter wollen wir weiter, wir wollen Veränderung, wir wollen vorwärtskommen. Lange genug hat es gedauert.

Wir haben eine eigene Identität entwickelt, und nun ist diese in der Krise. Bei uns geht das im Vergleich schnell, so langlebig wie Haluter sind wir nicht.

Warum also gebe ich dir eine Zusammenfassung all dessen, was dir nur allzu gut bekannt ist, Großhüterin Kaina? Ganz einfach, um dir bewusst zu machen, worum es mir geht – und dass mir unsere Herkunft ebenso bewusst ist.

Und dass ich mich nicht entschuldigen werde oder gar auch nur ein Wort zurücknehmen will von dem, was ich in meiner Impulsivität gerufen habe.

Was du als unsere Identität siehst, ist sie nicht, wahrscheinlich nie gewesen. Mit den Blitzern hat es begonnen. Während der vergangenen fünf Jahrhunderte haben wir einen Wandlungsprozess durchgemacht, der nun darin gipfelt, dass wir nicht mehr länger auf Halut bleiben wollen.

Die Sache ist in Bewegung gekommen, Großhüterin Kaina, du kannst es nicht mehr aufhalten oder zum Stillstand bringen. Unser Ziel muss sein, auf welche Weise auch immer es gelingen mag, unser gesamtes Volk einer neuen Aufgabe zuzuführen. Wir müssen umsiedeln, vielleicht auf eine große Raumwerft, und von dort aus neue Wege gehen, vielleicht sogar getrennt in Gruppen.

Der Gedanke daran erschreckt mich genauso wie dich und jeden einzelnen Atamma, der inzwischen von meiner flammenden Rede weiß. Ich habe Worte ausgestoßen, über deren Konsequenzen ich nicht weit genug nachgedacht habe. Eigentlich habe ich gar nicht nachgedacht. Mir ging es nur um das Ziel, dass es da draußen mehr gibt, das wir erreichen können.

Ich habe keine Ahnung, wie ich das bewerkstelligen will, aber ich werde ab sofort intensiv daran arbeiten. Für dich, für uns alle.

Du magst es mir vielleicht verbieten wollen. Du magst mich öffentlich vielleicht sogar ächten wollen.

Aber ich werde es tun. Du kannst mich nicht aufhalten.

2.

Wevar

Ich hatte es getan! Ich hatte die Nachricht abgeschickt!

Und nun würde ich vermutlich sofort zur Großhüterin zitiert. Wo ich jede Menge Ärger bekommen würde.

Deshalb hatte ich eilig meine Unterkunft verlassen und mich an die Arbeit gemacht, um der Konfrontation zumindest so lange zu entgehen, bis Kaina sich beruhigt hatte.

Ich zitterte, doch ich würde keinen Millimeter nachgeben oder weichen. Das, was aus mir hervorgesprudelt war, hatte endlich an höchste Stelle adressiert werden müssen. Großhüterin Kaina war eine Zauderin, was verständlich war bei ihrer Last als Koordinatorin aller Abläufe, aber ich musste sie dazu bringen, flexibler zu denken.

Warum ausgerechnet ich all das ausgelöst hatte? Bisher war ich eigentlich politisch weder sonderlich aktiv noch leidenschaftlich engagiert gewesen. Aber etwas auf der Großen Versammlung hatte einen Schalter in mir umgelegt, und ich war nicht mehr aufzuhalten gewesen. Niemand war darüber mehr erstaunt gewesen als ich. Bin ich immer noch! Aber anscheinend hatte da schon lange etwas in mir gegärt, ohne dass es mir so recht bewusst gewesen war.

*

Alles fing wohl damit an, als die VATASHD gebaut wurde. Vatashd ist das halutische Wort für Neugier.

Das war, so empfand ich im Rückblick, die Initialzündung für alles, was danach folgte.

Und was ich nunmehr, nach dem Absenden meiner Nachricht, auf die Spitze treiben würde. Ich war nun schon so weit gegangen – da würde ich nicht mittendrin aufhören. Ich würde die VATASHD zur Perfektion bringen. Man würde uns sehen, hören, wahrnehmen – und zwar endlich auf die Weise, wie die Haluter die Terraner wahrnahmen. Ja, zu denen hatten manche durch die Jahrtausende eine besondere Beziehung – wie etwa Icho Tolot und Blo Rakane, aber auch andere nahmen am galaktischen Geschehen teil.

Illustration: Swen Papenbrock

Denselben Status konnten wir selbstverständlich nicht erreichen, so naiv war ich nicht – aber ich wollte es schaffen, dass man uns künftig zumindest als vollwertiges Volk akzeptierte und nicht länger als unbedeutendes Untergrundhilfsvolk der Haluter.

Und an diesem Tag des Umbruchs würde ich genau das in die Wege leiten. Solange ich nicht vorher abgefangen und zur Großhüterin gebracht wurde.

*

Ich betrat soeben die Werfthalle, als ich stolperte – etwas hatte mich aus dem Gleichgewicht gebracht.

Nur eine Sekunde später ging der Alarm los, und ich sah, dass die der VATASHD nächstgelegene Wand vibrierte.

Einige Atammas waren anwesend, die sogleich losspurteten, genau wie ich. Ich riss mein Analysedip aus der Tasche, das umgehend ein Holo projizierte, und tippte hektisch drauflos.

Die Wand zitterte und bebte immer stärker, an einigen Stellen bildeten sich Risse. Erstaunlich, denn normalerweise war alles, was Haluter bauten, extrem solide. Schließlich durfte nichts zusammenbrechen, nur weil drei der Riesen mal gleichzeitig lachten, hieß es unter uns Atammas.

Die Gefahr war ernst, und sie war groß. Der Boden vibrierte nun ebenfalls, und die vier Teleskopstützen des 60-Meter-Kugelraumers bemühten sich um Stabilität. Der erste Test unter Realbedingungen für sie.

Eine der Stützen gab tatsächlich nach!

Langsam neigte das Raumschiff sich zur Seite, woraufhin zwei weitere Stützen an die Grenze ihrer Belastbarkeit gerieten. Welche Fehler waren uns beim Bau unterlaufen?

»Antigravprojektoren aktivieren!«, schrie ich, während ich zur VATASHD rannte. »Fesselfeldprojektoren aktivieren!«

Säulen fuhren aus dem Boden, und kurz bevor die beschädigte Stütze brach, griffen gewaltige energetische Kräfte ein und stabilisierten die Lage des Kleinraumers.

Damit war die Gefahr aber keineswegs gebannt. Die Wand wackelte nun sehr bedenklich, immer mehr Risse bildeten sich, und die ersten Mauerbrocken wurden aus dem inneren Haltegerüst gesprengt. Ich sah, dass die Metallstreben glühten.

Hektisch strich ich auf dem Holo herum, tippte auf Symbole, wischte Überflüssiges weg. Endlich kam Bewegung in die Sache, Löschroboter sausten heran und machten sich an die Arbeit, die steigende Temperatur zu verringern, während gleichzeitig mobile Projektoren ein weiteres Fesselfeld vor der Wand errichteten.

Noch ein paar weitere Befehle, und das Zittern der Wände und des Bodens ließ endlich nach. Ich rief den anderen Atammas zu, was sie tun sollten, und sie machten sich umgehend an die Arbeit, den Normalzustand wiederherzustellen.

Derweil bekam ich die Nachricht, dass Matai Tum mich zu sprechen wünschte. Und zwar persönlich. Das überraschte mich nicht.

Zufrieden machte ich mich auf den Weg zu ihm.

*

Matai Tum war ein typischer Haluter. Es war selbst für uns, auch nach der langen Zeit miteinander, schwierig, sie auseinanderzuhalten – auf den ersten Blick.

Haluter waren aufgrund ihrer riesigen ungeschlachten Leiber und der vier mächtigen Arme sehr zurückhaltend in Gestik und überhaupt im körperlichen Ausdruck. Außerdem lieferten die Gesichter so gut wie keine deutliche Mimik – bis auf ihre breiten, schmallippigen Münder, die die Mundwinkel nach oben oder unten ziehen konnten. Je nach dem Grad der Entblößung der Kegelzähne konnte man mit einiger Übung ebenfalls die Stimmung erkennen, in der sich der Haluter gerade befand. Hinzu kam die Besonderheit, dass sie bei unterschiedlicher Stimmung ihre Augen auf Stielen aus dem kuppelförmigen Schädel ausfahren konnten.

Die Stielaugen schufen ein verbindendes Element zwischen den Halutern und uns, wenngleich wir unsere Stielaugen nicht einziehen konnten. Aber wir konnten sie unabhängig voneinander bewegen, was uns nicht nur eine totale Rundumsicht bescherte, sondern für Eingeweihte auch unsere Empfindung anzeigte. In unserem übrigen Körperausdruck sind wir nämlich ebenfalls sehr zurückhaltend.

Matai Tum war mit gut 250 Jahren ein junger Haluter. Von den großen Gefahren, die seinem Volk einst gedroht hatten, selbst der relativ jungen Haluterpest, hatte er keine miterlebt und bisher die meiste Zeit auf seinem Anwesen mit Forschungen und seiner Ausbildung verbracht. Die VATASHD hieß also nicht von ungefähr so, und sie war das erste Raumschiff, das nach seinen Vorstellungen konstruiert wurde.

Was genau er vorhatte, wusste ich natürlich nicht. Über derlei Dinge redete man nicht mit uns, unsere Beziehung war rein technischer Natur: Tun Sie dies, tun Sie das! Und stellen Sie keine Fragen!

Zumindest höflich waren die Haluter zu uns. Wie zu so ziemlich jedem. Damit man von einem Haluter geduzt wurde, musste allerhand passiert sein.

Ich vermutete, Matai Tum wollte endlich aufbrechen und Halut verlassen. Wie ich ihn kannte, würde er eine altruistisch halutische Mission anstreben, und wenn ich den Namen seines Schiffes zutreffend interpretierte, würde er sich in den Dienst der großen galaktischen Hoffnung stellen: dem neu gegründeten Dritten Galaktikum.

Die VATASHD war klein, aber sie hatte einige Überraschungen zu bieten, von denen wahrscheinlich nur ich wusste. Ich hatte es mir zusammengereimt anhand der Pläne und was der eine oder andere meiner Kollegen so einbaute. Wie stets wusste keiner über alles Bescheid, außer dem Eigentümer selbst. Und der hatte sich ganz offensichtlich einiges einfallen lassen.

Matai Tum wollte nicht unvorbereitet sein. Es trieb ihn hinaus, er wollte seinen Beitrag für die Milchstraße leisten, und er wollte erfahren, was das Universum für ihn bereithielt.

So wie ich.

*

Bevor wir miteinander sprachen, inspizierte Matai Tum die Reparaturarbeiten und überzeugte sich davon, dass seinem kostbarsten Schatz, der ihn bald in die Weiten des Universums entführen sollte, nichts weiter geschehen war. Ein paar durchgebrannte Platinen, Austausch der defekten Landestütze und Überprüfung der anderen, nichts weiter; das nahm höchstens ein paar Stunden in Anspruch.

Anschließend traf er sich mit mir in einem Besprechungsraum in der Werft. Ich traf als Erster ein, das gehörte sich so.

»Wie mir scheint, schulde ich Ihnen Dank, dass Sie schnell reagiert und dadurch größere Schäden vermieden haben, nachdem die automatischen Systeme versagt hatten«, sagte er zu mir nach der höflichen Begrüßung.

Er hatte sich in einem Kontursessel niedergelassen, so wie ich. Eine angenehme Sache. Sobald wir uns niederließen, glitt die scheinbar feste Form so auseinander, dass sie uns den optimalen Sitzkomfort bot. Zudem reagierten sie auf unsere Anatomie und Körperhaltung. In meinem Fall lag ich halb, was angenehmer für meine eher kurzen Beine war, wohingegen der Haluter in aufrechter Position blieb, die Säulenbeine nur leicht angewinkelt, der Rücken angelehnt.

So wie seine Haut schwarz und hart war, war meine weich und weiß. Uns unterschied so viel – und doch gab es auch jenseits der Stielaugen Gemeinsamkeiten. Das war wohl zwangsläufig so, wenn man über Jahrtausende sozusagen zusammenlebte.

Deshalb hatte ich gelernt, das Verhalten der Haluter zu lesen und vor allem auf die feinen Nuancen in ihren Stimmen zu achten. Ja, sie dröhnten so sehr, dass einem beinahe der Gehörgang platzte, selbst wenn sie sich zurücknahmen, doch man musste auf das achten, was eher in den Infraschallbereich ging. Was Menschen nur als unterschwelliges Brummen, wenn überhaupt, wahrnehmen konnten, konnten wir Atammas differenzieren. Unser Hörspektrum verfügte durch unsere unscheinbar wirkenden, hochsensiblen Lamellen über weite Frequenzen. Die Haluter konnten bis Infrarot sehen, wir konnten Infra- und Ultraschall hören. Ich könnte ohne Probleme einen Jülziish verstehen.

Diese Stärke ist allerdings zugleich eine Schwäche – wir sind sehr lärmempfindlich und tragen, sobald wir die Kavernen verlassen und arbeiten, meistens einen Hörschutz, den wir mit einem bunten Kopftuch bedecken, damit er nicht auffällt. Zu laute Geräusche werden automatisch heruntergedimmt, unser Gehör selbst aber nicht beeinträchtigt.