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In der Milchstraße schreibt man das Jahr 2072 Neuer Galaktischer Zeitrechnung. Dies entspricht dem Jahr 5659 nach Christus. Über dreitausend Jahre sind vergangen, seit Perry Rhodan seiner Menschheit den Weg zu den Sternen geöffnet hat. Noch vor Kurzem wirkte es, als würde sich der alte Traum von Partnerschaft und Frieden aller Völker der Milchstraße und der umliegenden Galaxien endlich erfüllen. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmtheit ein, man arbeitet intensiv zusammen. Doch entwickelt sich in der kleinen Galaxis Cassiopeia offensichtlich eine neue Gefahr. Dort ist FENERIK gestrandet, ein sogenannter Chaoporter. Nachdem Perry Rhodan und seine Gefährten versucht haben, gegen die Machtmittel dieses Raumgefährts vorzugehen, bahnt sich eine unerwartete Entwicklung an: FENERIK stürzt auf die Milchstraße zu. Mit an Bord ist Anzu Gotjian, die Transmitterspezialistin, Mutantin und Heldin wider Willen. Drei der fünf Quintarchen sind mittlerweile gestorben, der vierte, Farbaud, ist im Gewahrsam der Galaktiker. Nun greift Addanc, der Taucher, als letzter amtierender Quintarch nach der Macht und den tödlichen Möglichkeiten FENERIKS. Aber Perry Rhodan und die Galaktiker holen zum Gegenschlag aus. Unterstützung erhofft sich der Unsterbliche vom HAUS DER CHIMÄREN ...
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Seitenzahl: 172
Veröffentlichungsjahr: 2022
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Nr. 3194
Haus der Chimären
Im kosmischen Niemandsland – Perry Rhodan plant den Angriff auf den Chaoporter
Susan Schwartz
Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
1. Atlan – Überlebt
2. Atlan – Ruf nach Hilfe
3. Atlan – Der Weg zum Haus
4. Atlan – Im Haus der Chimären
5. Atlan – Antworten
6. Atlan – Zusammenkunft
7. Atlan – Nachricht von Mu Sargai
8. Atlan – Widerstand
9. Atlan – Das Wispern hinter den Türen
10. Die letzte Tür
11. Alaska – Der Unumkehrbare Raum
12. Atlan – Versprechen
13. Atlan – RAS TSCHUBAI
Journal
Leserkontaktseite
Glossar
Impressum
In der Milchstraße schreibt man das Jahr 2072 Neuer Galaktischer Zeitrechnung. Dies entspricht dem Jahr 5659 nach Christus. Über dreitausend Jahre sind vergangen, seit Perry Rhodan seiner Menschheit den Weg zu den Sternen geöffnet hat.
Noch vor Kurzem wirkte es, als würde sich der alte Traum von Partnerschaft und Frieden aller Völker der Milchstraße und der umliegenden Galaxien endlich erfüllen. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmtheit ein, man arbeitet intensiv zusammen.
Doch entwickelt sich in der kleinen Galaxis Cassiopeia offensichtlich eine neue Gefahr. Dort ist FENERIK gestrandet, ein sogenannter Chaoporter. Nachdem Perry Rhodan und seine Gefährten versucht haben, gegen die Machtmittel dieses Raumgefährts vorzugehen, bahnt sich eine unerwartete Entwicklung an: FENERIK stürzt auf die Milchstraße zu. Mit an Bord ist Anzu Gotjian, die Transmitterspezialistin, Mutantin und Heldin wider Willen.
Drei der fünf Quintarchen sind mittlerweile gestorben, der vierte, Farbaud, ist im Gewahrsam der Galaktiker. Nun greift Addanc, der Taucher, als letzter amtierender Quintarch nach der Macht und den tödlichen Möglichkeiten FENERIKS. Aber Perry Rhodan und die Galaktiker holen zum Gegenschlag aus. Unterstützung erhofft sich der Unsterbliche vom HAUS DER CHIMÄREN ...
Perry Rhodan, Atlan und Alaska Saedelaere – Die Unsterblichen betreten das Haus der Chimären.
Alschoran – Der Nicht-mehr-Unsterbliche nimmt sein Schicksal an und einen Würfel mit.
Eile, Weiche und Verweile – Drei Frauen hüten das Haus.
Klerwand Taggraun und Ebeneo Tolsan – Die Yodorin und der Hauptbürgermeister kümmern sich um berühmte Gäste.
1.
Atlan
Überlebt
Es war der 8. März 2072 NGZ.
Die Schlacht war geschlagen.
Und wir hatten überlebt. Alle drei.
Wobei ich mir in Bezug auf Alschoran nicht ganz sicher war, in welcher Verfassung er überlebt hatte. Er wirkte weiterhin abwesend, immer noch mit dem Blick eines Mannes, der in die Hölle geschaut hatte, und der verwirrten Miene, als könne er nicht glauben, dass er dieses Inferno überlebt hatte.
Wir befanden uns wieder im Raumhafen auf Präparatorium I, jener Welt, auf der wir Mu Sargai ... nun: begegnet waren.
Die Yodor-Sphäre war gerettet – vorerst. Mu Sargais Gesandter, der Roboter Steward VII, hatte uns nach der Rückkehr berichtet, dass die LUCTU, das Schiff des Quintarchen Addanc, zusammen mit der Armada FENERIKS wieder in die Kluft getaucht war.
Damit war die Raumschlacht beendet – die Gefahr aber nicht beseitigt. Der Chaoporter raste dennoch weiterhin ungebremst auf die Yodor-Sphäre zu.
Der Kastellan war zudem wegen einer anderen Sache niedergeschlagen: Er allein hatte letzten Endes den Sieg errungen, aber um einen enorm hohen Preis: Er hatte seine Sextadim-Kapsel THANA geopfert und damit auch sein Singular-Physiotron. Seine auf ihn geeichte Schlafkapsel mit der lebensverlängernden Funktion.
Er hatte dies nicht nur für Mu Sargai getan oder um der Milchstraße willen, sondern um einen Preis, der mir förmlich den Atem hatte stocken lassen: Mu Sargai hatte uns in Aussicht gestellt, dass wir eine Spur zu ES finden könnten. Der Superintelligenz unserer Galaxis, die wir für immer an Thez verloren geglaubt hatten.
Mein Freund Perry Rhodan schien ähnliche Gedankengänge zu verfolgen, denn er sagte zu Alschoran: »Wir werden eine Lösung für deinen Verlust finden.« Und verbesserte sich: »Mu Sargai wird eine Lösung für dich finden. Du agierst als Kastellan im Auftrag von ES und bist daher wertvoll. Sie wird nicht auf dich verzichten.«
Der Ase strich eine Strähne seines dunkelblonden Haares aus dem grau gewordenen Gesicht. »Wir haben anderes zu tun«, sagte er streng. Seine Stimme passte nicht zu dem Ausdruck seiner braunen Augen. Allerdings hatte ich den Eindruck, dass er allmählich seine Haltung straffte und sein Blick sich zusehends klärte.
Wie ist er da eigentlich rausgekommen?, wollte mein Extrasinn wissen, und nicht nur er.
»Was genau ist denn geschehen?«, sprach Rhodan meine Gedanken aus.
»Du meinst, wie ich überlebt habe?« Alschoran zuckte die Achseln. Mit seinen 1,75 Metern war er bedeutend kleiner als wir beide, aber als Anführer der Galaktischen Kastellane hatte er eine enorme Ausstrahlung und eine sehr charismatische Art in seinem Auftreten.
Ich mochte ihn trotzdem nicht.
Aber du warst entsetzt, als du begriffen hast, dass er sich opfern will, bemerkte der Extrasinn.
Ja, das war ich gewesen. Ich hätte nicht gedacht, dass er so weit gehen würde. Stets war ich misstrauisch ihm gegenüber gewesen, doch mit dieser Aktion hatte er einiges wettgemacht.
Also überdenkst du deine Meinung?
In gewissem Sinne. Erst mal abwarten, was er zu erzählen hat.
»Das musste ich mir selbst zusammenreimen«, antwortete Alschoran. »Ich wusste nicht, dass sie das tun würde – aber die Sextatronik hat mich auf das Yodorenschiff zu euch versetzt, während sie verging. Es war ihre letzte Großtat, die ich zuvor technisch überhaupt nicht für möglich gehalten habe. Offenbar wachsen nicht nur organische Intelligenzwesen manchmal über sich hinaus.«
»Der Verlust der THANA muss dich schmerzen«, meinte ich.
Er warf mir einen kurzen, geradezu wilden Blick zu, bevor er müde, mit hängenden Lidern, nickte. »Leicht dahingesagte Worte«, murmelte er. »Du ahnst nicht, wie hoch der Preis war, den ich gezahlt habe, und nicht nur wegen des Singular-Physiotrons.«
Zumindest sein blauroter Multifunktionsanzug war ihm geblieben. Er hatte nicht alles verloren und verfügte weiterhin über ein gewisses Maß an Macht. Zuzüglich zu seiner Paragabe.
Perry hat da schon recht, Mu Sargai wird ihn nicht im Stich lassen, merkte mein Extrasinn an. Du wirst dich seiner noch ein wenig erfreuen dürfen.
»Aber«, fuhr Alschoran fort, »während meines Transports kam es zu einem eigentlich unmöglichen Ereignis.«
Damit hatte er unsere volle Aufmerksamkeit.
*
»Ihr wisst selbst, dass eine Versetzung wie diese so schnell geschieht, dass wir nicht in der Lage sind, sie bewusst wahrzunehmen. Zuerst sind wir hier, dann woanders.« Alschoran war nun wieder völlig da, er sprach ruhig. »Diesmal war es ... anders. Wie ein Jucken beim Blinzeln. Deswegen spreche ich von ›eigentlich unmöglich‹. Zumal ich – als wäre ich an einem richtigen Ort – einen ultrakurzen Kontakt mit jemandem an Bord der LUCTU hatte.«
Das kann selbst ich mir kaum vorstellen, stellte der Extrasinn fest. Wir sprechen hier immerhin vom Sextadimraum, einem Medium außerhalb des Raum-Zeit-Gefüges.
Definieren konnte ich das natürlich nicht, mir aber inzwischen eine ganze Menge vorstellen – vor allem in Bezug auf Chaotarchen und Kosmokraten. Allerdings war dieses Begebnis für Alschoran sicherlich schwer fassbar und daher kaum in Worte zu kleiden.
»Mit Addanc, dem Taucher, selbst?«, fragte Perry Rhodan.
»Nein, aber es muss jemand sein, der ebenfalls Zugang zum Sextadimraum hat«, antwortete Alschoran. »Ist das schon kaum erklärlich, so habe ich eine noch verwirrendere Information zu der Person, die vor allem dich betrifft, Perry.«
Mein Freund hob die Augenbrauen.
»Es war eine Terranerin.«
»Wie bitte?«, entfuhr es mir. »Unmöglich!«
Das sagte er bereits, Narr.
»Nannte sie ihren Namen?«, wollte Rhodan wissen.
»Ja ...« Alschoran kam nicht weiter.
»Anzu Gotjian«, vollendete Rhodan an seiner Stelle und hatte damit das Überraschungsmoment nun auf seiner Seite.
Siehst du. Anscheinend hat Anzu ihre Paragaben enorm weiterentwickelt ...
»Ist das so? Kennst du sie?«, sagte der Kastellan verwirrt.
Ja, er wusste nicht alles, und das war gut so.
»Es hat also geklappt«, fuhr Rhodan fort. »Zur Erläuterung: Anzu Gotjian kam aus dem zweiten Zweig des Dyoversums mit dem Re-Transfer in diese Milchstraße. Sie war die Erste, die die Kluft mit dem havarierten Chaoporter wahrnahm, denn sie verfügt über besondere Paragaben.«
»Und Farbaud war stets auf der Suche nach Parabegabten ...«, setzte ich an, um anzuzeigen, dass ich im Gegensatz zu Alschoran ebenfalls mehr wusste, und gab das Wort wieder weiter an Rhodan:
»... um sie zu Sextadim-Kanonierin auf FENERIK auszubilden. Also schmiedeten wir den Plan, Anzu undercover als Agentin in den Chaoporter einzuschleusen. Damit Farbaud nicht misstrauisch wurde, ließ sie es zu, dass er sie von der scheinbar untergehenden RAS TSCHUBAI entführte.«
»Aber du wusstest bisher nicht, ob der Plan geklappt hatte«, sagte ich.
»Nein, ich hatte seither keinen Kontakt mehr zu ihr, das war auch nicht zu erwarten. Ich konnte nur hoffen, dass Farbaud Anzus wahre Absichten nicht durchschaute. Wir wissen, wie kompromisslos er handeln kann.«
»Und hiermit kann ich bestätigen, dass ihr vollen Erfolg hattet«, meldete Alschoran sich wieder zu Wort. »Anzu Gotjian ist integriert ... vielleicht zu sehr.«
Rhodans Miene war sofort alarmiert. »Wie ...«
Alschoran wiegte eine Hand. Deren Haut war heller als im Gesicht, was daran lag, dass beide Hände biotechnische Prothesen waren – das war aber das einzige Erkennungsmerkmal. »Ich habe den Eindruck gewonnen, dass sie unter einem starken inneren Loyalitätskonflikt leidet. Sie fühlt sich in FENERIK angekommen – will aber nicht mit ihm und dessen Arsenal gegen die Menschheit vorgehen.«
»Damit war zu rechnen gewesen«, warf ich ein. »Das weißt du, Perry.«
Gotjian hätte sich längst selbst enttarnt, wenn sie keine Angehörige von FENERIK werden würde. Um glaubhaft zu sein, musste sie in ihrer Rolle aufgehen, und das war ihr offenbar gelungen. Allerdings erging es ihr wahrscheinlich wie vielen Undercoveragenten, die ein Doppelleben führten und Beziehungen in ihrer Tarnidentität knüpften. Nur so konnte man sich das Vertrauen jener sichern, die man zu verraten gedachte. Und das konnte nicht spurlos an einem vorübergehen. Es führte zwangsläufig zu inneren Konflikten, wem die Loyalität eigentlich gehörte.
»Ja, das weiß ich«, sagte Rhodan gepresst. »Darüber habe ich mit Anzu vorher ausführlich gesprochen. Sie wusste, dass es sehr schwer werden und sie mehrmals auf harte Proben stellen würde. Sie vielleicht zu einer Entscheidung zwingt, die sie nicht will und die fatale Folgen haben kann.«
Er hatte Gotjian die Wahl gelassen, ihr sein Vertrauen ausgesprochen – und sie ziehen lassen. Aber es bekümmerte ihn. Nicht nur, ob er das Richtige getan hatte, sondern vor allem ihretwegen. Und das war einer der vielen Charakterzüge an meinem Freund, die ich schätzte. Er wollte die Milchstraße retten. Und jedes einzelne Lebewesen darin.
»In dem Fall hat sie uns gegenüber Loyalität gezeigt und Kontakt zu mir aufgenommen. Wobei ich keine Ahnung habe, wie sie mich entdecken konnte, was mich durchaus beunruhigt«, erzählte Alschoran weiter. »Aber kommen wir zum Punkt. Das, was sie mir zu sagen hatte, wird euch nicht gefallen.«
Illustration: Dirk Schulz
*
Da sagte er uns nichts Neues. Nichts in Bezug auf FENERIK gefiel uns. Es war ein Instrument der Chaotarchen, und die hatten uns bisher nie besonders viel Gutes getan.
Was der Kastellan zu berichten hatte, ließ eine eiskalte Hand mein Herz umschließen, um es einzufrieren.
Nun klärte sich, was Alschoran nach seinem Abenteuer am meisten belastete.
»Es war eine Warnung. An Bord FENERIKS befindet sich ein Chaofaktenhort. Ein gut gefülltes Arsenal mit Chaofakta. Und der Quintarch Addanc hat es irgendwie zuwege gebracht, alle Sperren auszuschalten und über einen fast unbegrenzten Zugriff darauf zu verfügen.«
*
Das saß. Ich schätzte, dass mein Gesichtsausdruck ebenso geschockt aussah wie der Rhodans.
Mein Freund aktivierte sofort sein Multifunktionsarmband und setzte Steward VII in Kenntnis über das, was wir soeben erfahren hatten, natürlich ohne Gotjians Namen zu erwähnen oder überhaupt von »Terranerin« zu sprechen.
Die Gefahr hatte sich nun vielfach potenziert, denn Addanc verfolgte offensichtlich eigene Pläne und würde seine Macht über den Hort gegen uns einsetzen. In Form von Erpressung – und anschließendem Einsatz, wenn wir nicht spurten. Oder auch einfach so.
»Ich danke für die Information«, sagte der Roboter in dem projizierten Miniholo. »Das muss ich unverzüglich an Mu Sargai weitergeben.«
»Das solltest du«, stimmte Rhodan zu. »Ich habe übrigens eine weitere Forderung, die du bei dieser Gelegenheit ebenfalls an die Kosmokratin überbringen wirst. Die Raumschlacht konnte gerade so zu unseren Gunsten entschieden werden, hat aber einen sehr hohen Tribut gefordert.«
»Einen zu hohen«, setzte ich mit einem Fingerzeig auf den Kastellan hinzu, und Alschoran sah mich überrascht an. Ich nickte ihm kurz zu. Was er getan hatte, erforderte Respekt, egal wie wir zueinander standen.
»Beinahe hätten wir einen weiteren Galaktischen Kastellan verloren«, fuhr ich an Steward VII gerichtet fort. »Deine Herrin Mu Sargai hat uns um Hilfe gebeten – aber dazu muss sie uns die nötigen Mittel erlauben.«
Du weißt, was Perry verlangen will?
Natürlich, du etwa nicht, Schlauberger?
Innerlich grinste ich kurz. So einen Schlagabtausch hatten wir selten, bei dem ich als Sieger gegen den Extrasinn hervorging. Das half mir, die eiskalte Hand um mein Herz aufzulösen und zur Tat zu schreiten.
»Atlan sagt, wie es ist.« Rhodans Lippen waren nur noch zwei dünne Striche, und die kleine Narbe an seinem rechten Nasenflügel wurde weiß. Seine Sorgen um die Zukunft der Milchstraße waren gerade sprunghaft gestiegen. »Addanc wird die Blamage nicht hinnehmen, und die Armada wird zurückkehren, vermutlich mit dreimal so viel Schiffen.«
»Das ist anzunehmen«, stimmte der Roboter zu.
»Die Yodoren sind Baumeister, sie haben nicht genug Kampferfahrung, außerdem sind sie viel zu wenige. Ich brauche deshalb eine eigene, schlagkräftige Flotte innerhalb der Yodor-Sphäre. Liga-Schiffe, dazu jede Menge Einheiten der Lemurischen Allianz und der Kristallrepublik sowie der Herrlichkeit von Gatas, in deren Gebiet sich die Yodor-Sphäre schließlich befindet. Alles, was die Galaktiker aufzubieten bereit sind.«
Rhodan machte eine Pause von zwei Sekunden und setzte eindringlich, fast scharf hinzu: »Mu Sargai hat unsere Hilfe erbeten. Wir Galaktiker und die Yodoren müssen uns sofort eng verbünden, andernfalls sehe ich keinerlei Chancen, auch nur gegen die Armada FENERIKS zu bestehen, bevor der Chaoporter selbst uns bedroht!«
*
Vielleicht eine halbe Stunde später kam Steward VII persönlich bei uns vorbei, um uns die Antwort zu überbringen. Er sah ähnlich wie der Hafenmeister des Raumhafens von Sholtoss aus – ein drei Meter hoher Roboter auf vier Beinen und mit zwei aus der Schulter ragenden Greif- und Aktionsarmen.
Ob er über einen mental-analogen Nukleus verfügte, wussten wir nicht, aber die Vermutung lag nahe. Denn Alschoran hatte mittels seiner Paragabe festgestellt, dass da »etwas war«, er aber »abgleiten« würde. Zudem war davon auszugehen, dass ein Bediensteter einer Kosmokratin über besondere Kräfte verfügte.
»Mu Sargai ist einverstanden«, kam er ohne Umschweife zur Sache, nüchtern wie ein Roboter eben, was mir nur recht war. Der Inhalt dieser Antwort war entscheidend.
»Aber«, fuhr Steward VII fort, »Präparatorium I ist innerhalb der Yodor-Sphäre noch einmal besonders abgeschirmt.«
Wen wundert's, schließlich hat sie ja hier ihre Berghütte, bemerkte der Extrasinn.
Damit wandte der Laufbursche der Kosmokratin sich an mich. Ich war nun einmal ihr primärer Ansprechpartner durch unsere vorherigen Kontakte. Die beiden anderen hatten sich daran inzwischen vermutlich gewöhnt.
»Du sollst, gern in Begleitung von Perry Rhodan und Alschoran, zu einem achtunddreißig Lichtjahre entfernten Planeten fliegen. Auf ihm unterhalten die Yodoren eine Kontaktstation. Ihr habt von dort aus die Möglichkeit, Hyperfunk nach draußen, außerhalb der Sphäre, zu führen.«
»Wie heißt der Planet?«
»Tülasy im Fyroriisystem.«
Ich kannte das System! Aber warum mussten wir dorthin?
Ich geb dir einen Tipp, Tattergreis. Dort gibt es das Haus ...
... der Chimären. Richtig!
Schon war die Erinnerung parat. Und das war sehr interessant, denn ausgerechnet dort sollte sich die Kontaktstation befinden? Das konnte kein Zufall sein.
»Mir scheint, du kennst das System.« Mein Freund hatte mich beobachtet und meine Mimik durchschaut. Wir kannten uns einfach zu lange.
Ich nickte. »Ich habe davon jedoch lediglich gehört – aus der Zeit vor der Yodor-Sphäre.«
»Dann bin ich gespannt.« Rhodan wandte sich an Steward VII. »Wir brechen umgehend auf.«
2.
Atlan
Ruf nach Hilfe
Ein Kobraschiff der Yodoren brachte uns am nächsten Tag binnen weniger Stunden nach Tülasy.
Seit wir das Ziel genannt bekommen hatten, ging mit Alschoran eine seltsame Verwandlung vor sich, die ich mir nicht erklären konnte. Aus seiner Unruhe wurde Energiegeladenheit.
Ich würde noch viel weitergehen, sagte der Extrasinn. Ich finde, nachdem Alschoran den ersten Schock überwunden hat und ihm so richtig bewusst geworden ist, welche Konsequenzen auf ihn zukommen, scheint eine große Last von ihm abgefallen zu sein.
Du hast recht.
Ich beobachtete, wie Alschoran sich gut gelaunt durch keine noch so abweisende Haltung davon abbringen ließ, mit den Yodoren Gespräche zu führen. Er gestikulierte, er lachte, er zeigte sich hin und wieder sogar begeistert. Wie es so seine Art war, andere um den Finger zu wickeln. Worum es ging, bekam ich nicht mit. Aber es gelang ihm durch seine freundliche Hartnäckigkeit tatsächlich, dass die spinnenartigen Yodoren sich ihm zuwandten.
Mein Freund Perry Rhodan wusste, dass ihm das nicht so gut gelingen würde, und so überließ er dem Kastellan das Feld und gesellte sich zu mir.
»Fällt dir was an unserem Begleiter auf?«, sagte er leise zu mir.
»Das ist nicht zu übersehen«, erwiderte ich.
»Er wirkt wie befreit«, fuhr Rhodan fort. »Dabei sollte der Schock des Verlustes sich eher noch verstärken, je bewusster ihm wird, dass seine Lebensverlängerung vorbei ist.«
»Vielleicht haben deine Worte in Bezug auf Mu Sargais Unterstützung ihm Mut gemacht«, überlegte ich.
»Glaubst du das wirklich?«
»Offen gestanden, ich weiß es nicht. Mir ist es ebenso ein Rätsel wie dir. Vielleicht ist er in Rekordzeit schon bei der fünften Phase des Sterbens angelangt, indem er die anderen übersprungen hat. Er ist schließlich Ase und kein Terraner.«
Leugnen, Zorn, Verhandlung, Depression und schließlich Annahme – das gab es durchaus, ich hatte es oft erlebt.
Ich wandte ihm den Kopf zu. »Höre ich da ein Zögern heraus?«
»Ich bin nach wie vor von seiner Verlässlichkeit ziemlich überzeugt, wenn du das meinst.«
»Ziemlich?«
»Du magst mir immer wieder vorwerfen, dass ich stets das Gute in anderen sehen will, aber in erster Linie bin ich Realist, Atlan. Ich kann mich täuschen. Und Alschoran ist von zu großer Bedeutung, als dass ich das außer Acht lassen kann.« Er hob die Schultern. »Aber diese Wendung überrascht mich. Du und ich, wir haben schon einige Male unsere Zellaktivatoren verloren, und die folgenden Stunden waren die Hölle. Natürlich haben wir uns gefasst gegeben, aber innerlich sah es anders aus. Alschoran erscheint mir aber nicht bewusst oder unbewusst überdreht, sondern er scheint sich wirklich so zu fühlen, wie er sich gibt.«
»Mein Extrasinn stimmt dir zu, und ich in gewissem Sinne auch. Ich halte es für naheliegend, dass er all seine Kräfte mobilisiert, um seine verbliebene Lebenszeit bestmöglich zu nutzen. Da er von positiver Natur ist, kann das seine Reaktion sein. Vielleicht ist er sogar froh, seine Pflicht dadurch loszuwerden.«
»Oder er hat etwas in der Hinterhand.« Perry runzelte die Stirn. »Wir wissen vor allem nicht, wie viel Lebenszeit ihm bleibt. Das Singular-Physiotron war von ganz anderer Art, als wir diese Maschinen kennen. Vielleicht holt ihn die Zeit ein, vielleicht altert er aber auch ganz normal, sobald die Wirkung nachlässt.«
»Mir ist er so jedenfalls lieber, als würde er sich im Selbstmitleid baden und uns damit zur Last fallen«, machte ich deutlich. »Wir sind ein gutes Team, Vorbehalte hin oder her. Und wir brauchen ihn. Das hat er mit seinem Einsatz sehr deutlich bewiesen. Ich werde ihn weiterhin beobachten, aber momentan bin ich ihm gegenüber eher positiv eingestimmt.«
»Und das aus deinem Mund.« Mein Freund grinste spöttisch.
Wir schlossen damit das Thema, denn der Kastellan kam zu uns zurück. »Die Yodoren sind wirklich sehr zäh«, verkündete er. »Was nicht zuletzt daran liegt, dass sie sich in zwei Fraktionen spalten. Die einen sehen den Nutzen in unserer neuen Allianz. Die anderen sind Kontaktskeptiker und der Ansicht, bisher gut allein zurechtgekommen zu sein.«
»Das ist doch nichts Neues«, meinte Rhodan leichthin.
*
Die Yodor-Sphäre durchmaß 500 Lichtjahre, was zunächst als reine Zahl nach nicht viel klingen mochte – aber deutlich wurde, wenn man bedachte, dass es etwa sechseinhalb Millionen Sonnensysteme darin gab.
Das hast du schön gesagt, Lehrer Atlan.
Ich kann eben genauso wenig wie du aus meiner Haut.
Innerhalb der aktuellen Herrlichkeit von Gatas gehörte sie zum Herrschaftsbereich der Oszyrii, wobei sie auf Tülasy keineswegs die Hauptbevölkerung stellten, dem dritten Planeten der gelben Sonne Fyrorii.
Kommt mir bekannt vor.
Oh ja. Der innerste Planet ist merkurähnlich, der zweite marsähnlich, auf Tülasy folgen ein Asteroidengürtel und drei Gasriesen, noch ein Asteroidengürtel und zuletzt eine Eiswelt.
Vielen Dank erneut für die Unterrichtsstunde.
Natürlich wusste mein Extrasinn all das genauso wie ich, aber es schadete nicht, es zu rekapitulieren, um sich einzustimmen.
Tülasy war regnerisch und etwas kühler als Terra, mit dem bläulichen Mond Jalza als Trabanten.