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Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr. Wie es aussieht, könnte Perry Rhodan, der als erster Mensch von der Erde auf Außerirdische gestoßen ist, sich endlich seinem großen Ziel nähern: der alte Traum von Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmung ein, man arbeitet intensiv und gleichberechtigt zusammen. Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit. Doch ES weilt nicht mehr in der Galaxis – das Geisteswesen scheint in ungezählte Fragmente zersplittert zu sein, die sich in verborgenen Fragmentrefugien ballen. Diese Refugien zu finden und die Fragmente wieder zu vereinen, ist Rhodans Ziel. In der Galaxis Morschaztas unweit Gruelfins sind Atlan und er unterwegs und stellen sich den Panjasen, die das dortige Refugium für sich beanspruchen. Ihr Expeditionsraumer MAGELLAN wird von zwei kleineren Einheiten begleitet: der RA von Atlan und dem Spionageraumer AURA. Ein kleines Einsatzkommando unter Leitung des Asen Alschoran besucht DIE HERMETISCHEN ARCHIVE ...
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Seitenzahl: 171
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Nr. 3224
Die Hermetischen Archive
Im globalen Ozean – sie suchen das Fragmentrefugium
Susan Schwartz
Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
1. RA
2. Atmosphäre
3. Zweite Etage
4. Auf Kurs
5. Blase 97
6. Annäherung und Entdeckung
7. Besucher in Blase 97
8. Vorbereitungen und Erkundungen
9. Das Archiv
10. Übernahmen
11. Dem Wahnsinn verfallen
12. RA
Report
Leserkontaktseite
Glossar
Impressum
Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr. Wie es aussieht, könnte Perry Rhodan, der als erster Mensch von der Erde auf Außerirdische gestoßen ist, sich endlich seinem großen Ziel nähern: der alte Traum von Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmung ein, man arbeitet intensiv und gleichberechtigt zusammen.
Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit.
Doch ES weilt nicht mehr in der Galaxis – das Geisteswesen scheint in ungezählte Fragmente zersplittert zu sein, die sich in verborgenen Fragmentrefugien ballen. Diese Refugien zu finden und die Fragmente wieder zu vereinen, ist Rhodans Ziel. In der Galaxis Morschaztas unweit Gruelfins sind Atlan und er unterwegs und stellen sich den Panjasen, die das dortige Refugium für sich beanspruchen. Ihr Expeditionsraumer MAGELLAN wird von zwei kleineren Einheiten begleitet: der RA von Atlan und dem Spionageraumer AURA. Ein kleines Einsatzkommando unter Leitung des Asen Alschoran besucht DIE HERMETISCHEN ARCHIVE ...
Alschoran und Ephin – Der Ase und der Leutnant kommen nicht gegen ihre Natur an.
Tommpur und Ginnoro – Der Kopplor und der Panjase können nicht aus ihrer Haut.
Bhorgosch und Tryceille
1.
RA
»Wir sollten nicht mehr allzu lange warten«, bemerkte Ephin drängelnd.
»Es ist gleich so weit«, erwiderte Alschoran kühl.
Der Laosoor hatte es gar nicht so eilig, wie er tat, es ging ihm vielmehr um die Beobachtung des Asen. Würde er eine Reaktion aus ihm herauszukitzeln können?
Der Galaktische Kastellan gab sich gelassen, doch die hochsensiblen Sinne des Laosoor, der einen Terraner entfernt an einen Panther erinnerte, konnten nicht getäuscht werden. Vor allem über seine Tasthaare war er sehr empfänglich für die Stimmungen anderer. Daher wusste er: Alschoran war nervös. Da der Grund dafür nicht ersichtlich war, spornte das Ephin zusätzlich an, ihn herauszufinden. Womöglich gehörte das zum natürlichen Jagdtrieb, der allen Laosoor zu eigen war.
*
Der Tabuplanet Aschvalum war – wie nicht anders zu erwarten – vollständig abgeriegelt. Den Galaktikern war es nur mithilfe eines Tricks und eines Verbündeten gelungen, sich unbemerkt so nahe heranzuschleichen.
Atlans Sextadim-Kapsel RA befand sich in einem Hangar der panjasischen PRAIPASCH, das Team wurde aus Alschoran, Damar Feyerlant, Antanas Lato und Tommpur, dem Kopplor, gebildet. Dank dessen Gabe des Paraspinnens war es den Reisenden aus der Milchstraße gelungen, die PRAIPASCH unbemerkt zu übernehmen.
Ihn zum Verbündeten zu gewinnen war nicht ganz einfach gewesen, denn begreiflicherweise hatte er die menschliche Besatzung der AURA zunächst für Cappins gehalten. Und Tommpur, der Fädenspinner, hasste die Cappins aus tiefster Seele für das, was sie seiner Heimat angetan hatten.
Umso bereitwilliger hatte er deshalb nach Beseitigung aller Missverständnisse den Galaktikern gegen die Cappins geholfen. Im Gegenzug hatten sie ihm zugesichert, in den auf Aschvalum befindlichen Hermetischen Archiven nach den Koordinaten seines Heimatsystems – das er Upmud nannte – zu suchen, damit er nach seinem langen Exil endlich wieder nach Hause zurückkehren konnte. Leider – wenn auch aus wohlüberlegten Gründen – hatten die Galaktiker ihm bisher vorenthalten, dass er die zurückliegenden 250.000 Jahre als Eisskulptur verbracht hatte und dieser Tage niemand mehr die Kopplor zu kennen schien.
Die meisten Cappins an Bord der PRAIPASCH waren narkotisiert; nur jene, die für Steuerung und Hyperfunkkontakt zu der Wachflotte des Planeten benötigt wurden, waren wach. Aber sie standen unter dem Einfluss der psionischen Fäden und waren somit äußerst kooperativ, ohne sich dessen bewusst zu sein.
Wo sich diese Hermetischen Archive genau auf Aschvalum befanden, hatten die trotz der Beeinflussung auskunftsfreudigen Panjasen jedoch nicht mitteilen können.
Das bedeutete, das kleine Team musste zuerst danach suchen – um ebenso weiterführende Informationen zu dem Fragmentrefugium von ES zu erhalten, dessen Wirken in Morschaztas spürbar war.
Und an dieser Stelle, als sie darüber gesprochen hatten, war Ephin aufmerksam auf Alschoran geworden.
Eine Diskussion hatte sich entsponnen, ob es überhaupt sinnvoll war, das Fragmentrefugium an sich zu bringen. Die Folgen könnten politisch katastrophal für Gruelfin sein, mit Chaos und einem galaxisweiten Krieg, der womöglich Millionen Tote mit sich brachte. Denn das Fragment bildete die Basis der Panjasenherrschaft.
Wir müssen uns in jedem Fall den Konsequenzen dessen stellen, was wir anrichten, dachte Ephin. Aber zunächst einmal müssen wir das Fragment überhaupt finden. Und dann müssen wir in der Lage sein, es zu bergen. Wenn uns das nicht gelingt, ist sowie alles marginal und jegliche Überlegungen und Diskussionen über die Folgen überflüssig.
Es steht außer Frage, dass ES unsere Hilfe braucht – und die Terraner, zu denen ich mittlerweile auch gehöre als auf Terra Geborener, führen eine sehr lange, intensive Beziehung zur Superintelligenz, die wir nicht einfach beiseitefegen können.
Wir sind nicht auf diese Fernmission gegangen, um aufzugeben. Ohne ES droht seiner Mächtigkeitsballung in letzter Konsequenz das Chaos. Es sollte für uns einfacher sein, eine politische Wende herbeizuführen, ohne einen Krieg auszulösen, als unsere Aufgabe absichtlich nicht zu lösen aus Angst vor den Folgen. Andernfalls wäre wirklich alles umsonst.
Also: Was war nun mit Alschoran los? Ephin hatte den Eindruck, als wäre der Ase hin- und hergerissen. Auf der einen Seite schien er zu fürchten, was noch ans Licht kommen könnte. Auf der anderen brannte er darauf, das ES-Fragment zu bergen.
Alschoran hatte sich auf seine hohe Affinität zu ES berufen, als er seine Überzeugung deutlich machte, das Refugium befinde sich auf Aschvalum. Der Tabuplanet hatte dadurch noch mehr an Bedeutung gewonnen, nicht nur durch die Hermetischen Archive. Die Sextatronik des tropfenförmigen Kleinraumers hatte Alschorans Vermutung bestätigt.
Das Team bereitete sich auf die Ausschleusung vor – und Alschoran zeigte sich nach Ephins Ansicht weiterhin im inneren Widerstreit, schien es einerseits kaum erwarten zu können, andererseits jedoch belastete ihn etwas, das mit dem Planeten zusammenhing. Den anderen mochte das vielleicht nicht auffallen, dem Laosoor hingegen sehr deutlich. Kannte Alschoran den Planeten Aschvalum etwa schon?
Nein, das wohl nicht ... vielmehr schien der Ase sehr unsicher zu sein, seit sie angekommen waren. Etwas arbeitete in ihm, das er sich offenbar selbst nicht erklären konnte. Ein Gefühl, das vielleicht der Vergangenheit entsprang, aber nicht deutlich wurde.
Ephin wollte Alschoran nicht direkt darauf ansprechen, weil der vermutlich selbst die Antwort nicht kannte, aber er nahm sich vor, den Asen unter Beobachtung zu halten – nicht, dass der Ase noch mehr zum unkalkulierbaren Faktor wurde, als er ohnehin schon war. Als Galaktischer Kastellan lebte er schon sehr lange und trug dadurch jede Menge Geheimnisse mit sich herum, die ihm vielleicht nicht einmal mehr alle bewusst waren.
Vielleicht ist es aber auch nur das Fragmentrefugium, das ihn durcheinanderbringt, dachte Ephin. Und ich überbewerte da etwas.
*
»Die Panjasen werden bald Fragen stellen«, bemerkte Antanas Lato. »RA meint auch, dass ...«
»Ich wollte abwarten, bis die AURA genug Sicherheitsdistanz erreicht hat«, unterbrach Alschoran. »Mir ist bewusst, wie sehr die Zeit drängt. Aber wir dürfen keinen Fehler begehen.«
Die Freude war groß gewesen, als der Kontakt zu der vorgeblich vernichteten MAGELLAN hergestellt werden konnte. Damit stand nicht nur fest, dass man keineswegs die gesamte Besatzung samt Perry Rhodan verloren hatte, sondern es war schlagartig auch die Chance gegeben, Morschaztas wieder verlassen zu können. Denn der Trick mit der Übernahme eines panjasischen Blutstropfenraumers, der die Schwarzsterngrenze überwinden konnte, war mehr oder minder eine Verkettung glücklicher Umstände gewesen und würde sicherlich kein zweites Mal funktionieren. Die Gefahr, dass ihre Tarnung demnächst aufflog, war ebenfalls groß.
Allen war bei der Überschreitung der Grenze nach Morschaztas bewusst gewesen, dass die Suche nach der MAGELLAN womöglich vergeblich war und sie unter Umständen auf längere Zeit festsaßen.
Doch dann – die Erlösung. Die MAGELLAN war intakt und meldete sich!
Das hob die Stimmung immens – und das Team um Alschoran ging leichteren Herzens an Bord der RA, um sich schnellstmöglich auf den Tabuplaneten zu schleichen.
Vielleicht trafen sie dort sogar mit Perry Rhodan zusammen, der laut Kommandantin Mirabelle Eden vor einiger Zeit ebenfalls nach Aschvalum aufgebrochen war? Über Atlans Aufenthaltsort wusste allerdings niemand etwas.
Das dürfte Alschoran eher weniger ausmachen, sinnierte Ephin, denn nach dem, was man so hörte, kamen der Arkonide und der Ase nicht besonders gut miteinander aus.
Aber was soll man da glauben? Sogar Bull und Bostich hatten zum Schluss einen Modus Vivendi gefunden, und die hatten einer mit dem anderen viel tiefergehende Probleme gehabt. Und in gewisser Weise sind Atlan und Alschoran sich sogar sehr ähnlich aufgrund ihres hohen Alters und ihrer vielen Geheimnisse.
Viel wichtiger war: Dank des Kontaktes zur MAGELLAN erschien alles in einem besseren Licht, und sie waren dem Ziel so nahe ... nun ja, dem ersten Ziel.
Ob sich die weiteren Hürden als genauso schwierig oder sogar noch höher erwiesen, darüber wollte Ephin lieber nicht nachdenken. Er konzentrierte sich besser auf die aktuelle Priorität.
»Die PRAIPASCH wird gerufen«, meldete Antanas Lato.
»Kein Problem«, versicherte Tommpur. »Meine Fäden kleben noch aktiv an dem Funker.«
»Na, hoffentlich bewährt sich das«, brummte Ephin.
Der Kopplor war ein Kopfläufer. Er stand auf einem krallenartigen Geviert aus knochigen, sichelförmigen Beinen. Das Kopfsegment verfügte über einen porigen Schild, darüber wölbte sich ein sackförmiger Leib. Als gerade Linie verliefen auf dem Kopf Teilmünder, die mit fransenartigen Lippen versehen waren. Die Kommunikation war nur mittels Translator möglich.
Dennoch entging es Ephin bei aller Fremdheit des anderen nicht, dass Tommpur es kaum erwarten konnte, die Koordinaten seines Heimatsystems zu erfahren. Nicht nur, dass er nach Hause wollte. Es war für die meisten Lebewesen wichtig, einen Bezugspunkt, einen Anker zu haben – was oft, aber nicht immer, die Heimat war –, um »irgendwohin« zu gehören.
Illustration: Swen Papenbrock
Das kannten die Laosoor und damit auch Ephin sehr gut. Ihrer Entstehungswelt schon sehr lange beraubt und nur noch extrem gering an Zahl, hatten sie eine neue Heimat auf Terra gefunden, der sich Ephin verbunden fühlte und für deren Schutz er alles unternehmen würde.
Insofern unterstützte er den Kopplor und wollte ihm seinen dringendsten Wunsch erfüllen – das war ja wohl das Mindeste, nachdem er den Galaktikern den Weg nach Morschaztas und weiter nach Aschvalum ermöglicht hatte. Aber wie würde er es aufnehmen, wenn er erfuhr, dass sein eigentliches Leben über 250.000 Jahre zurücklag ...?
*
Der Funkverkehr wurde in der RA empfangen. Tommpur war überzeugt, dass seine Anwesenheit unmittelbar bei dem Funker nicht erforderlich war. Der Panjase war entsprechend instruiert und konnte kaum in Erklärungsnöte geraten. Verplappern konnte er sich nicht, da er unverbrüchlich an die Richtigkeit seiner Antworten glaubte.
»Notfalls«, erklärte Ephin leichthin, »kann ich dich ja schnell hinteleportieren.«
In mehreren Etappen, da er als Nahdistanzteleporter eine maximale Reichweite von rund fünfzig Metern hatte. Aber selbst mit mehreren Sprüngen schafften sie es auf diese Weise schneller in die Zentrale als auf dem üblichen Transportweg durch den Blutstropfenraumer.
»ARGANAS an PRAIPASCH«, erklang es in der Kommandozentrale der RA. »Aus welchem Grund hältst du dich unangekündigt hier auf?«
Eine Bildübertragung dazu gab es nicht, also antwortete auch die PRAIPASCH ohne.
»An ARGANAS, hier spricht Cheffunker Voshtat. Wir haben uns sehr wohl angekündigt, aber vielleicht ist das untergegangen. Das bedaure ich.«
»Solche Fehler sollten nicht zu häufig vorkommen«, wurde er belehrt. »Ich wiederhole. Was ist der Grund eures Aufenthalts in der Tabuzone?«
»Wir haben unsere Mission im Kugelsternhaufen Schopurd abgeschlossen und werden die gewonnenen Erkenntnisse in die Hermetischen Archive einspeisen, wie es üblich ist.«
»Zweck der Mission?«
»Ich bin leider nicht befugt, dies der Systemflotte mitzuteilen. Das widerspricht den Vorschriften 34a, 598c und 2761 der Ganjasischen Anweisung in Hauptordner Aschvalum, Unterordner Hermetische Archive, Abschnitt ...«
»Ja, schon gut, mir sind die Vorschriften bekannt.«
Und trotzdem ist er neugierig, dachte Ephin. Sie haben einen riesigen Beamtenapparat, und jeder Handschlag ist exakt vorgeschrieben, aber daran hält man sich denn doch nicht akribisch.
»Ich übermittle die Einspeisungsbefugnis, damit alles seinen korrekten Weg geht.«
Das hatten sie vorher geklärt: War die PRAIPASCH überhaupt dazu berechtigt, den Tabuplaneten anzufliegen? Wie sich herausgestellt hatte, war das bei allen Expeditionsraumern der Fall – und es war insbesondere nicht erforderlich, dass man sich vorher bei der Systemflotte anmelden musste.
Hier nahm sich demnach jemand sehr wichtig, wahrscheinlich weil so gut wie nie etwas passierte. Und der Cheffunker hatte das zunächst diplomatisch gelöst, ohne den sofortigen Hinweis auf Vorschriften.
Wahrscheinlich ist dem Panjasen langweilig, und viele Ansprechpartner wird er nicht haben, da die Flotte zum größten Teil robotisiert ist.
Was sollte schon den Alltag unterbrechen? Die Panjasen sind der Kopf des Großen Ganjats, und andere Schiffe als Blutstropfenraumer würden abgeschossen, noch bevor sie überhaupt in die Nähe des Systems kommen.
Und wer wollte sich freiwillig hierher begeben? Alle Nicht-Panjasen achten darauf, sich so weit wie möglich von diesen Brennpunkten der Diktatur fernzuhalten.
Das permanente Aufgebot ist zwar nötig, trotzdem rechnet niemand wirklich mit einem Angriff. Oder gar einer Unterwanderung ...
Letzteres würde sich in Kürze ändern, und das gefiel Ephin. Er hatte auf Hapcischan erlebt, zu welchen Grausamkeiten die Panjasen in letzter Konsequenz fähig und bereit waren. Seitdem war er darauf erpicht, ihnen bei jeder sich bietenden Gelegenheit ins Handwerk zu pfuschen.
»Ein sofortiger Einflug ist nicht möglich«, fuhr der Beauftragte der Systemflotte fort, der sich weder namentlich noch mit Rang vorgestellt hatte. »Ich gehe davon aus, dass dir die diesbezüglichen Vorschriften ebenso bekannt sind?«
»Allerdings, und das wollen wir auch gar nicht erbitten«, erwiderte Voshtat. »Ganz im Gegenteil, wir benötigen noch einige Stunden, um die Daten aufzubereiten, bevor wir sie einspeisen können. Ist es möglich, dass wir in acht Stunden einfliegen? Dann sind wir umso schneller wieder draußen.«
»Das ist kein Problem, sofern ihr die Position haltet«, lautete die Antwort.
Ephin wunderte sich. Aber vielleicht war auch das eine übliche Prozedur, die Aufbereitung erst vor Ort durchzuführen. Wobei acht Stunden eine ziemlich lange Zeit war, fand er, schließlich verfügten die Panjasen über hocheffiziente Hypertroniken, die den Positroniken der Galaktiker weit überlegen waren.
Doch der Panjase der Systemflotte gab keine Beanstandung von sich. Anscheinend war es ihm völlig egal, wie lange die PRAIPASCH vor seiner Nase verharrte. Er fühlte sich in der Tabuzone sicher und militärisch bestens ausgerüstet – was die Flotte auch war, schon allein von ihrer Anzahl her. Also spielte es wohl keine Rolle, ob ein Raumer mehr oder weniger dort kreuzte; ernst wurde es erst, sobald er Aschvalum anfliegen wollte.
Der anonyme Panjase setzte fort: »Dann hast du genug Zeit, die Formulare auszufüllen. Ich übermittle sie dir. Wir sprechen uns in exakt acht Stunden wieder. ARGANAS Ende.«
Alschoran blickte in die Runde. »Das verlief reibungslos. So habe ich es erwartet. Die Panjasen rechnen nicht mit Widerstand, und ein einzelnes, noch dazu panjasisches Schiff bereitet ihnen kein Kopfzerbrechen. Die Probleme kommen jedoch auf uns zu – wir können niemanden fragen, wo sich die Hermetischen Archive befinden. Wenigstens haben wir acht Stunden Zeit für die Suche, bevor man auf der PRAIPASCH mal nachsieht.«
»Meine Fäden verlieren möglicherweise vorher ihre Wirkung, wir sollten uns deshalb ein kürzeres Zeitfenster setzen«, wandte Tommpur ein. »Auch die Narkotisierten werden deutlich vor Ablauf der Frist erwachen.«
»Ja, die werden sich gehörig wundern und eine Menge Fragen gestellt bekommen, auf die sie keine Antwort haben. Oder werden sie sich erinnern, Tommpur?«
»Ich gehe nicht davon aus.«
Sehr gut, sie werden also durch die Erklärungsnot Schwierigkeiten bekommen, und die Systemflotte ist beschäftigt mit Rätselraten. Selbst wenn sich die Leute erinnern würden, müsste man ihnen erst mal die Geschichte glauben, was mit ihnen geschehen ist. Das verschafft uns weitere Zeit – blenden wir dabei aus, dass wahrscheinlich umgehend systemweiter Alarm ausgelöst werden wird, dachte Ephin.
2.
Atmosphäre
Die rote Zwergsonne Bunura hatte nur einen einzigen Planeten. Die Wasserwelt Aschvalum war mit 15.099 Kilometern Durchmesser größer als Terra. Selbst die Atmosphäre war erheblich mit Wasserdampf angereichert, und wenn es nicht gerade regnete, war es schwülwarm.
Der Auskunft der Panjasen gemäß existierte auf der Oberfläche ein schwimmendes Gebilde, die Stadt Payla, doch sie war nicht das Ziel der RA. Auch wenn die Koordinaten der Hermetischen Archive nicht bekannt waren – zumindest galt als sicher, dass sie nicht auf der künstlichen Insel installiert waren. Also blieb nur der globale Ozean, ein riesiges Suchfeld, bei dem selbst Alschoran nicht so recht wusste, wo sie beginnen sollten.
Genauso verhielt es sich mit dem Fragmentrefugium, das der Ase nach wie vor spüre, wie er mitteilte, aber nicht lokalisieren könne.
Ebenso wenig war das Gegenüber der RA zur Ortung in der Lage.
»Na, ob uns da acht Stunden reichen ...«, meldete sich zum ersten Mal seit längerer Zeit Damar Feyerlant zu Wort.
Der Parabegabte stammte von Poltumno und hatte seine Ausbildung im TIPI erhalten, dem Terranischen Institut für parabegabte Individuen. Als Konnektor war er dazu in der Lage, in die Schnittstelle zwischen biogenen und künstlichen Intelligenzen einzugreifen und sie zu manipulieren. Aus diesem Grund hatte Alschoran ihn für das kleine Team ausgewählt. Wer wusste schon, wie die Hermetischen Archive beschaffen waren, um aus ihnen Informationen herauszukitzeln?
Normalerweise war Feyerlant nicht so schweigsam, doch in den letzten Stunden hatte er sich mehr der Beobachtung gewidmet und sich vor allem von Tommpurs Fäden fasziniert gezeigt.
»Ja, die Suche könnte Jahre dauern«, stimmte Ephin launig zu und hob leicht den Kopf, um seine beeindruckenden, aus dem Oberkiefer ragenden, geschmückten Fangzähne zu präsentieren. Damit zeigte er sein Amüsement.
Die nächste Stufe dieser Stimmung wäre ein Zähnefletschen, das ein breites Grinsen darstellen sollte, aber bei Menschen oft als furchterregend gedeutet wurde – ein großer Spaß, den er sich momentan noch aufsparte, um die Anspannung nicht noch mehr zu strapazieren.
»Doch wir werden sehr viel schneller sein als acht Stunden, denn jeder von uns hat auf seine Weise ein besonderes Gespür für das, wonach wir suchen«, fügte er dann mit einem Seitenblick auf Alschoran hinzu.
»Ich will nur nach Hause«, klang es leise aus seinem Translator. Die Fransen an zwei Mündern von Tommpur bewegten sich.
»Wir verlassen in Kürze die PRAIPASCH«, sagte Antanas Lato dazwischen.
*
Sie konnten nur hoffen, dass das Öffnen und Schließen eines Hangars des panjasischen Schiffes nicht weiter auffiel. Das Misstrauen innerhalb der Systemflotte war zwar nach der langen Zeit der erfolgreichen Diktatur nicht sonderlich hoch an diesem streng abgeriegelten Ort, aber dennoch konnten winzige Details unerwünschte Aufmerksamkeit erregen.
Die Panjasen mochten arrogant und überheblich sein und unter einer gehörigen Selbstüberschätzung leiden, aber sie waren nicht dumm. Und sie verfügten über ein hervorragend ausgebildetes Militär, das für den ständigen Druck zu sorgen hatte, damit niemand aus der Reihe tanzte.
Antanas Lato und das Gegenüber hatten deshalb einen kleinen Trick ausgearbeitet, der zumindest optisch gelingen sollte. Bevor die Hangarschleuse geöffnet wurde, projizierte die RA das Holo der geschlossenen Schleuse. Es sah also alles wie vorher aus, als die Schotten hochfuhren.
Im Tarnmodus, vergleichbar einer Kombination aus Deflektorschirm und Laurin-Antiortung, nur höherwertiger als bei den Schiffen der Liga, verließ die RA den Hangar. Sie war unsichtbar gegen optische Erfassung und Sensoren jeglicher Art. Emissionen wurden abgeleitet, selbst panjasische Taster würden keinerlei Masse, Dichte, Gewicht oder Materialbeschaffenheit finden.
Ephin könnte sich also sicher fühlen, dennoch war er ein wenig nervös, glaubte sich wie auf dem Präsentierteller.
Die RA hatte eine Menge drauf, aber sie war nicht unfehlbar und nicht unüberwindlich. Sie hatte schon einmal erheblichen Schaden genommen, als sie in eine Falle der Panjasen geraten und unter Beschuss genommen worden war.
Die schweren Schäden waren inzwischen vollständig beseitigt, aber rundum geschützt fühlte der Laosoor sich in Erinnerung an den Vorfall trotzdem nicht. Die AURA, zu deren Mannschaft er gehörte, war seinerzeit rechtzeitig zu Hilfe gekommen und hatte die zum Wrack geschossene RA geborgen, ehe sie den Cappins in die Hände fallen konnte.
Wenn nun etwas Ähnliches passierte, würde niemand sie retten können. Und das wäre absolut fatal in Ephins Augen, da sie dem Ziel schon so nah waren. Sein vorherrschendes Dogma lautete, niemals zu scheitern – und gerade im Moment am wenigsten.