Perry Rhodan 3229: Die Dunklen Hallen von Terrania - Michael Marcus Thurner - E-Book

Perry Rhodan 3229: Die Dunklen Hallen von Terrania E-Book

Michael Marcus-Thurner

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Beschreibung

Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr. Wie es aussieht, könnte Perry Rhodan, der als erster Mensch von der Erde auf Außerirdische gestoßen ist, sich endlich seinem großen Ziel nähern: der alte Traum von Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmung ein, man arbeitet intensiv und gleichberechtigt zusammen. Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit. Doch ES weilt nicht mehr in der Galaxis – das Geisteswesen scheint in ungezählte Fragmente zersplittert zu sein, die sich in verborgenen Fragmentrefugien ballen. Diese Refugien zu finden und die Fragmente wieder zu vereinen, ist Rhodans Ziel. In der Zwischenzeit macht auf Terra eine mysteriöse Vereinigung von sich reden: Was der Club der Lichtträger erreichen will, bleibt im Dunkeln. Er entführt den Unsterblichen Homer G. Adams – in DIE DUNKLEN HALLEN VON TERRANIA ...

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Seitenzahl: 165

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Nr. 3229

Die Dunklen Hallen von Terrania

Der gefangene Unsterbliche – er kämpft um sein Leben

Michael Marcus Thurner

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1. Vorbereitung auf die Schlacht

2. Entkommen

3. Spurensuche

4. Erwachen in den Niederen Landen

5. Gespräch unter Feinden

6. Schachtgespräche

7. Ist einen Versuch wert

8. Gib endlich auf!

9. Wir haben ihn!

10. Die Angst vor Gollokais Wahrheit

11. Kleinere Heldentaten

12. Das Keitel-Problem

13. Die letzte Unterhaltung

14. Taeb und Toxner

15. Gucky und Gollokai

16. Die Füsiliere

17. Der Tod eines Unsterblichen

18. Nachbereitung

Fanszene

Leserkontaktseite

Glossar

Impressum

Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr. Wie es aussieht, könnte Perry Rhodan, der als erster Mensch von der Erde auf Außerirdische gestoßen ist, sich endlich seinem großen Ziel nähern: der alte Traum von Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmung ein, man arbeitet intensiv und gleichberechtigt zusammen.

Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit.

Doch ES weilt nicht mehr in der Galaxis – das Geisteswesen scheint in ungezählte Fragmente zersplittert zu sein, die sich in verborgenen Fragmentrefugien ballen. Diese Refugien zu finden und die Fragmente wieder zu vereinen, ist Rhodans Ziel. In der Zwischenzeit macht auf Terra eine mysteriöse Vereinigung von sich reden: Was der Club der Lichtträger erreichen will, bleibt im Dunkeln. Er entführt den Unsterblichen Homer G. Adams – in DIE DUNKLEN HALLEN VON TERRANIA ...

Die Hauptpersonen des Romans

César Lebailly – Ein Unschuldiger macht sich des Krieges schuldig.

Homer G. Adams – Der Unsterbliche sitzt im Glaskasten.

Suyemi Taeb – Die Agentin durchsucht die Dunklen Hallen.

Gucky – Der Mausbiber bleibt im Schatten.

Nording Gollokai

1.

Vorbereitung auf die Schlacht

César Lebailly wartete geduldig, bis Keitel Maschine-in-Rot sein Kommandodeck erreicht hatte. Der Roboter machte einige ungeschickte Schritte, fing sich aber rasch wieder.

»Ich muss dich noch besser machen, Keitel.«

»Ich bin eh schon gut genug, Kommandant Lebailly. Ich fühle mich ausgezeichnet.«

»Nein. Ich bin nicht zufrieden mit dir. Oder willst du nicht endlich mal in Waterloo gewinnen?«

»Klar möchte ich das!«

»Na also.« Lebailly blickte auf einen seiner Holoschirme und ließ sich die neueste Analyse von Keitels dezentral-zentralem Rechnergehirn einblenden. Die Positroniksynapsen zeigten immer wieder Schnapp-Fehler, wie er sie nannte. Keitel brauchte zu lange, um Strategien und Gegenstrategien zu entwickeln.

»Darf ich wieder spielen gehen?«, fragte Keitel Maschine-in-Rot. »Es ist gerade ganz spannend.«

»Es ist immer ganz spannend. Und nein, du bleibst jetzt hier. Oder möchtest du, dass ich böse werde? Du weißt, was geschieht, wenn ich böse werde.«

»Ja, das weiß ich. Deshalb möchte ich nicht, dass du böse wirst. Also bleibe ich da. Untersuch mich, solange du möchtest.«

»Siehst du, das wollte ich hören. Es ist schön, dass du mir gehorchst.«

»Ja, es ist schön, dass ich gehorche.«

Lebailly setzte die Untersuchung seines Roboters fort. Er hätte ihm gerne einen besseren Wortschatz verpasst. Aber er konnte es nicht. Dazu reichten seine eigenen sprachlichen Fähigkeiten nicht aus.

Er betrachtete seine Finger. Sie erschienen ihm wie kleine Spechte, die unabhängig voneinander auf die Eingabefelder einhackten. So rasch, so energisch, so zielgerichtet.

Lebailly hatte Spechte immer gemocht. Ihre absolute Hingabe an eine Aufgabe war faszinierend.

Und so war er selbst auch. Er war gut in dem, was er tat. Einer der Besten in den Dunklen Hallen, wenn nicht gar der Beste.

Aber alles, was abseits der Eingabefelder und seiner Finger, die rasch wie Spechte waren, zu geschehen hatte, bereitete Lebailly große Probleme.

Schnelle Finger, langsamer Verstand, hatte Mutti immer gesagt. Er hatte nie herausgefunden, ob sie ihn damit loben oder beleidigen wollte.

Es spielte keine Rolle mehr. Mutti war weg. Sie hatte ihn alleingelassen. Hatte ihm ein wenig Geld auf seinen Chip geladen, ihm einen Kuss auf die Stirn gedrückt und war gegangen. Um einen Freund zu besuchen, von dem sie niemals zurückgekehrt war.

César Lebailly schob diese Gedanken beiseite, sie machten ihn traurig und wütend. Und traurig. Es war besser, an das zu denken, was er seitdem alles geleistet hatte.

Er war allein. Er war selbstständig. Jemand aus der Stadt hatte ihm einen Unterstützer an die Seite stellen wollen. Einen Posbi, der auf ihn aufpasste und dafür sorgte, dass er keinen Blödsinn anstellte. Aber er war geschickt gewesen und hatte den Posbi überlistet. Hatte ihm einen Denkwurm verpasst, mit dessen Hilfe der Blechtrottel César Lebailly vergessen hatte.

»Hast du mich vergessen?«, fragte Keitel Maschine-in-Rot.

»Ja, ich habe dich vergessen. Aber jetzt denke ich wieder an dich.«

Lebailly veränderte einige Parameter in den unzähligen Steckverbindungen. Er gehorchte dabei seinem Instinkt, seinem Gefühl und seinem Wissen über den von ihm selbst erschaffenen Roboter. Über Induktionsfelder am Boden wanderten die Befehle in Form von winzigsten energetischen Stromstößen nach oben. Sie durchdrangen Maschine-in-Rots Körper, pflanzten sich darin fort und verbesserten das Robotwesen.

Lebailly hieb auf die Tasten ein, immer schneller und schneller. Wie ein Specht.

Er war nicht mehr böse und traurig, er war glücklich. Er mochte die Dunklen Hallen. Vor allem, wenn er eine von ihnen mit seinen Armeen erhellte.

»Du kannst wieder spielen gehen«, sagte er zu Keitel Maschine-in-Rot. »Es wird dir ab nun mehr Spaß machen.«

2.

Entkommen

Die Agenten eilten einen langen, gewundenen Gang entlang. Sie brüllten Anweisungen, kommunizierten miteinander, schrien sich ihre Aufregung und ihre Angst von der Seele.

Vor ihnen: Nording Gollokai und Uvid Toxner. Die beiden Mitglieder des Clubs der Lichtträger. Zwischen ihnen ein bewusstloser Homer G. Adams, der mithilfe eines Traktorfeldes transportiert wurde.

Toxner blieb abrupt stehen, feuerte, lief weiter und holte seinen Begleiter problemlos wieder ein.

»Niemand verletzt!«, rief einer der Agenten. »Weiter, weiter, weiter!«

Zwei Roboter tauchten auf. Kugelförmig, kopfgroß. Sie rasten an den Einsatzkräften vorbei und gerieten aus dem Blickfeld. Der Funkkontakt zu ihnen brach ab. Kurze Zeit später erreichten die Agenten ihre maschinellen Helfer. Sie lagen inaktiv auf dem Boden. Die Positroniken waren mithilfe von Störstrahlungen außer Gefecht gesetzt worden.

Gollokai und Toxner hingegen waren nirgendwo zu sehen. Sie waren verschwunden, hatten sich in Luft aufgelöst.

*

Nording Gollokai sah sich diese Szene auf seinem Armbandkom an. Einmal, zweimal, ein drittes Mal. Er genoss das Versagen des Terranischen Liga-Dienstes. Die Agenten waren Dummies gefolgt. Robotern, die seine und Toxners Vitalwerte ausgestrahlt und ihnen bis ins letzte Detail geähnelt hatten.

Sechs Mal waren sie ihnen während der vergangenen vier Stunden entkommen. Immer wieder war es ihnen gelungen, die Verfolger abzuschütteln. In Paris auf den Champs-Élysées, in den engen Gassen der Innenstadt von Hyderabad, auf den Vergnügungsplattformen der Chan-Piraten im Chinesischen Meer, auf den Skipisten des K2, in einem Münchner Bier-Irrgarten und zu guter Letzt im Tiefsee-Abenteuerpark im Marianengraben.

Erst dann war man den Dummies auf die Schliche gekommen. Entweder Aurelia Bina oder Suyemi Taeb hatten die Täuschung erkannt. Etwas früher, als Gollokai gehofft hatte, denn er hatte viel Mühe und Mittel in diese Ablenkungsmanöver investiert.

Gollokai desaktivierte die Bildaufzeichnung und konzentrierte sich wieder auf seine Aufgabe: auf die eigentliche Flucht vor den Verfolgern des TLD.

Um seiner Tarnung gerecht zu werden, musste er ernst und traurig blicken, während Hunderte Männer und Frauen in ihren besten Jahren leise schluchzten, Gebete sprachen oder Songtexte rezitierten.

»Wir müssen nun weiter«, sagte Gollokai mit salbungsvoller Stimme. »Danke für eure Anteilnahme. Wir alle wissen, wie sehr sich Onjour gefreut hätte, euch hier zu sehen.«

Die Trauernden wandten sich ab, mehrere Polizistenroboter geleiteten sie aus der großen Halle der Sub-Station. Mehrmals versuchten einige von ihnen zurückzukehren und sich an den schwebenden Sarg neben Gollokai zu klammern. Toxner wehrte sie gelassen und freundlich ab.

Nach weiteren fünf Minuten war der Zauber endgültig vorbei, die Halle leer. Gollokai überwies den ausgehandelten Betrag an die Tokio-Polizei, einer der Roboter bedankte sich mit ausgewählter Höflichkeit.

Gollokai wandte sich um. Die Kabine der Vakuumbahn war vorbereitet. Natürlich ist sie vorbereitet, dachte er. Ich vergesse nichts, ich denke an alles. Ich habe stets Alternativen zu meinen eigentlichen Plänen parat.

Pasch hatte vor seinem Tod behauptet, dass Gollokais Überheblichkeit eines Tages zu seiner Niederlage führen würde. Aber auch der Ylant, ein künstliches Wesen, das vom Mondgehirn NATHAN ersonnen und erzeugt worden war, hatte sich ab und zu geirrt. Gollokai war nicht überheblich. Er war arrogant.

Er konnte sich diese Einstellung leisten. Er durchschaute die meisten Wesen. Besser, als sie glaubten. Akonen, Arkoniden, Haluter, Gataser und Tefroder, Terraner und Oxtorner – sie alle wiesen charakteristische Schwächen auf. Gollokai hatte zehn Jahre seines Lebens aufgewendet, sie zu studieren und nach wunden Punkten zu suchen. Weitere fünf Jahre hatte er seine Erkenntnisse und Theorien an lebenden Wesen getestet. Hatte sie gequält und mitunter in den Wahnsinn getrieben. Wenn seine Methoden nicht funktioniert und er sich geirrt hatte, hatte er nachjustiert. Gollokai war sich niemals zu gut dafür gewesen, Fehler einzugestehen.

Seit dem Jahr 2090 Neuer Galaktischer Zeitrechnung war ihm kein veritabler Fehler mehr passiert. Es hatte Missgeschicke gegeben, klar, und manchmal hatte der Zufall zugunsten seiner Feinde entschieden.

Die Feinde ... Das sind all jene, die gegen mich sind und dem Club der Lichtträger schaden wollen.

Gollokai betrat die Kabine der Vakuumbahn und unterzog sie einer Überprüfung. Es war alles in Ordnung. Rudimentäre Daten über ihn und seinen Begleiter, die nun an NATHAN gingen, würden hundertfach gespiegelt werden. Das Mondgehirn würde, wenn überhaupt, bloß gehäckselte Informationen erhalten, die gleichzeitig an zahlreichen anderen Stationen der Vakuumbahn verfügbar waren.

»Du kannst kommen!«, rief er Uvid Toxner zu.

Das Gen-Kompositum trat mit festen Schritten näher. Neben ihm jener Schwebesarg, in dem sich Jasemine Onjour befand. Jene höchst populäre Schnulzensängerin, die auf tragikomische Weise verstorben war, indem sie sich im Gewirr ihrer eigenen Brillantketten verfangen und selbst stranguliert hatte. Aus dem Sarg erklangen Musik und die Gesangsstimme der Frau.

Als absurd, grotesk und bizarr hatten die Trivid-Sender Onjours Tod beschrieben.

Gollokai unterdrückte ein Lachen, bevor er sich auf einem der Buntlederstühle im Inneren der Kabine niederließ. Denn noch absurder, noch grotesker und noch bizarrer war die wahre Version von Onjours Tod. Uvid Toxner hatte sie auf sein Geheiß hin bereits vor einer Woche getötet. Was das Gen-Kompositum anschließend mit der Leiche angestellt hatte, interessierte Gollokai nicht. Hauptsache war, dass er seine Anweisungen befolgt hatte.

So war sein Untergebener nun mal. Hündisch ergeben und einzig darauf fokussiert, Gollokais Wünsche zu erfüllen.

Am Vorabend hatte ein Propagandaroboter dafür gesorgt, dass Onjours Tod bekannt geworden war. Also wurde ihr der absurde, groteske, bizarre Wunsch erfüllt, den sie schon vor Jahren einer breiten Öffentlichkeit bekannt gegeben hatte: Sie wollte kreuz und quer durch die Welt geschickt werden, um noch einmal all ihren Fans nahe sein zu können. Und sie wollte unter keinen Umständen einen Trauerzug, sondern heitere Ausgelassenheit sowie respektable Distanz. Schließlich sei sie nach Eigendefinition »eine der begnadetsten Sängerinnen des 20. und 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung«.

Die Kabine schloss sich leise pfeifend. Geringer Druck legte sich auf Gollokais Ohren, als sich die Vakuumbahn in Bewegung setzte.

»Schalt das Gedudel ab, während wir unterwegs sind!«, befahl Gollokai.

Illustration: Swen Papenbrock

Toxner gehorchte. Angenehme Ruhe machte sich breit. Sie würden gut zwanzig Minuten für die Strecke zwischen Tokio Fuka-sa und Sub-Terrania brauchen.

Seit vier Stunden waren sie unterwegs, selbstverständlich in Maske. Kreischende Fans hatten sie in London Underworld, Berlin Sub-Zero und Shēndù-Peking empfangen. Allesamt waren sie darauf bedacht gewesen, der Toten nahe zu kommen oder Blumengebinde in Richtung des Sarges zu schleudern.

Toxner und er reisten in Maske, aber in aller Offenheit. Verkleidet als Anwalt und Leibwächter der Diva. Da Onjour privat ein höchst zurückgezogenes Leben geführt hatte und keinerlei Verwandte oder Freunde besaß, war es ihnen beiden leichtgefallen, diese Rollen einzunehmen. Die Bewohner Terras glaubten, was sie glauben wollten. Sie achteten ausschließlich auf den Sarg in quietschfarbenem Rosa und lauschten der, ihrer Meinung nach, goldenen Stimme der Sängerin, kümmerten sich aber nicht weiter um die beiden Begleiter in ihren dunklen Anzügen.

»Geht es Homer gut?«, fragte Gollokai Toxner.

»Ich überprüfe seine Vitalwerte regelmäßig. Er liegt stabil im Sarg. Seine Lebensfunktionen werden von der Mikropositronik überwacht.«

Gollokai unterdrückte den Anflug von Ärger. Dies alles wusste er. Er hatte lediglich eine knappe Bestätigung hören wollen. Stattdessen plapperte Toxner, als wollte er Gollokai beruhigen.

Noch 20 Minuten bis Sub-Terrania. Dann hieß es, eine letzte Begegnung mit Fans zu überstehen, einigen von Onjours aufgenommenen Worten zu lauschen und nach einer Kontrolle die Sicherheit in ihrem Versteck zu suchen.

Alle Wege führten nach Terrania. Immer. Gollokai hätte seine Zentrale nirgendwo anders als in jener Stadt errichtet. Sie war nun mal das Herz des Planeten und damit auch das Herz dessen, was er zu beschützen und zu bewahren suchte.

»Tut es dir nicht um Adams' Gleiter leid?«, fragte Toxner. »Ich hätte ihn gerne in unseren Fahrzeugbestand übernommen. Seine Positronik hätte vielleicht das eine oder andere über die Führungsspitze Terras verraten können.«

»Du lässt dich von deinen Gefühlen leiten. Dir gefiel der MG und seine Weise, sich bodengebunden zu bewegen.«

»Zugegeben, ja. Er hatte etwas.«

Warum musste er Toxner alles erklären, was das Gen-Kompositum hätte verstehen müssen? Toxner war einerseits hochintelligent und hatte andererseits markante Logikschwächen.

»Wie hätten wir ihn unbemerkt nach Terrania schaffen sollen? Der Terranische Liga-Dienst ist hinter uns her. In Zusammenarbeit mit NATHAN hätte man den Gleiter anhand seiner charakteristischen Bauweise und seiner Optik identifiziert. Außerdem ließ sich die Bordpositronik bloß für eine Weile neutralisieren. Gerade lange genug, um aus Adams' Haus entkommen zu können. Wir durften nicht das Risiko eingehen, dass sie doch einen Weg findet, sich unseren Gegnern mitzuteilen.«

»Ich weiß. Dennoch. Es wäre ein besonderer Triumph für uns Lichtträger gewesen, Adams eines seiner wichtigsten Besitztümer wegzunehmen.«

Für uns Lichtträger? Glaubte Uvid Toxner wirklich, zum Club der Lichtträger zu gehören?

Er war ein Handlanger. Ein Instrument. Ein Gen-Kompositum, das man wie eine Waffe einsetzte, sobald es nötig war.

Toxner war zwar nicht von den Lichtträgern produziert worden, sondern in langen Unterhaltungen von ihren Zielen überzeugt worden. Dennoch sträubte sich alles in Gollokai, Toxner den Status eines Lichtträgers zuzusprechen.

Er zuckte zusammen, denn der Sarg bewegte sich leicht. Ein Klopfen war zu hören. Gleich darauf verstummte das Geräusch wieder. Adams war aufgewacht, die Positronik im Inneren des Gebildes hatte ihn erneut sediert.

Gollokai blieb sitzen und wartete angespannt. Nichts. Der Zellaktivatorträger rührte sich kein zweites Mal.

Was, wenn sich der Sarg in Gegenwart der Fans von Jasemine Onjour bewegt hätte? Wie hätten sie reagiert? Hätten sie es denn überhaupt bemerkt?

Die laut kreischenden oder greinenden Terraner vermutlich nicht, aber ganz gewiss eine der Pressesonden.

Sie hatten Glück gehabt. Sie hatten die Dosierung des Beruhigungsmittels falsch eingeschätzt und nicht damit gerechnet, dass sich Adams' Metabolismus gegen die Wirkung wehren würde.

Komm herunter von deinem hohen Ross!, schalt sich Gollokai. Auch du irrst dich immer wieder mal. Und konzentrier dich auf die Ankunft in Sub-Terrania.

*

Sub-Terrania.

Eine Stadt unter der Stadt, deren Existenz zwar bekannt war, die aber in den offiziellen Verlautbarungen der Oberflächenbewohner nur selten Erwähnung fand.

Gollokai wartete, bis der von den trauernden Fans verursachte Trubel endete und sie den Vorplatz der Magnetbahnstation verlassen hatten. Er ließ den Sarg der Sängerin in eine Aufbahrungshalle schaffen. Dort stand ein baugleiches, aber leeres Modell bereit, das in einem Krematorium verbrannt werden würde. Wie es Onjour sich gewünscht hatte. Im Gegensatz zu ihrem sonst so schrillen Verhalten hatte sich die Sängerin in Bescheidenheit üben wollen. Seit Jahrzehnten waren ihre Pläne einer breiten Öffentlichkeit bekannt.

All diese Dinge waren in die Planung zur Entführung von Homer G. Adams miteinbezogene worden. Gollokai und Toxner hatten es mit ihm im Sarg bis nach Sub-Terrania geschafft. Die ganze Welt, nein, das ganze Solsystem, hatte ihnen dabei über die Schulter geblickt. Niemand war auf die Idee gekommen, dass ein relativ Unsterblicher im Sarg der Sängerin liegen könnte.

Sie geduldeten sich im Wartesaal und informierten sich über Trivid-Kanäle, was offiziell über das Verschwinden Homer G. Adams bekannt gegeben wurde. Die Regierungsspitzen Terranias, allen voran Cascard Holonder und die Solare Residentin Laura Sakinga, hielten sich bedeckt, mussten aber die Verfolgungsjagden an mehreren, über ganz Terra verteilten Orten rechtfertigen. Es machte Gollokai diebische Freude, dem Pressesprecher Cascard Holonders bei seinem Gestotter zuzuhören.

»Sie geben nicht einmal zu, dass Adams entführt wurde«, sagte Toxner. »Dieses Gerede von einem vorübergehenden Rückzug des Unsterblichen kauft ihnen doch niemand ab. Claire Bezpalky und andere Reporter haben lang und breit von einem Kampf in Adams' Haus geredet, das Wrack seines Gleiters wurde ebenfalls gefunden. Halten sie die Terraner etwa für dumm?«

»Nein. Holonder und Sakinga wollen Zeit gewinnen. Sie dürfen in der Öffentlichkeit nicht sagen, dass sie ratlos sind. Also ringen sie um eine passende Formulierung. Was glaubst du, was geschähe, wenn die obersten Gremien Terras zugeben würden, dass sie ahnungslos sind?«

»Das wäre doch die Chance, auf die wir gewartet haben!«, behauptete Toxner. »Gehen wir an die Öffentlichkeit! Zeigen wir den Terranern, wie groß unser Einfluss bereits ist. Dass wir trotz aller Sicherheitsvorkehrungen Adams in unsere Gewalt gebracht haben. Überzeugen wir sie von unserer Agenda, von unserem Vorhaben.«

»Um Unverständnis, womöglich auch Chaos auszulösen?« Gollokai schüttelte den Kopf. »Nein, die Zeit ist nicht reif dafür. Wir wollten den alten Mann haben, und das haben wir geschafft. Nun geht es darum, ihm wichtiges Wissen zu entnehmen.« Er fügte hinzu: »Falls er es in sich trägt.«

»Du zweifelst, Nording?«

»Würde ich zweifeln, wäre ich nicht hier.« Gollokai blickte auf die Uhr. Sechs Stunden waren seit der vorgeblichen Einäscherung von Jasemine Onjour vergangen. »Unser Mann sollte jede Minute auftauchen.«

»Weißt du, wer es diesmal ist?«

»Dominik Hoffower. Du kennst ihn.«

»Ja«, sagte Toxner tonlos. Er misstraute dem Sicherheitsspezialisten, weil er so gut wie jedermann misstraute.

Hoffower war ein Sympathisant ihrer Sache, aber längst nicht in alle Pläne eingeweiht. Er lebte und arbeitete in Herz Terra.

Ihre Geduld wurde auf die Probe gestellt. Erst eine halbe Stunde später öffnete ein übergroß gewachsener Mann mit Gesichtsnarben die Tür zum Warteraum. Ohne ein Wort der Entschuldigung für seine Verspätung zu verlieren, bedeutete er Gollokai, ihm zu folgen. »Schnell jetzt! Wir haben einen Zeitkorridor von nicht mehr als drei Minuten. Innerhalb dieser Frist müssen wir die öffentlichen Räumlichkeiten verlassen haben.«

Die öffentlichen Räumlichkeiten ... Damit bezeichneten die Bewohner Sub-Terranias all jene Bereiche der unterirdischen Stadt, die von Touristen immer wieder aufgesucht wurden.

Gollokai gehorchte. Nur zu gerne hätte er Hoffower zurechtgewiesen, aber der Mann war wichtig für die weiteren Pläne der Lichtträger. Also gingen er und Toxner hinter ihm her. Der Schwebesarg folgte.

»Wie sieht es mit NATHAN aus?«, erkundigte sich Gollokai. »Konntest du das Mondgehirn ablenken?«

»Natürlich. NATHANS Möglichkeiten sind in Sub-Terrania eingeschränkt. Vor allem deshalb, weil wir diese beständige Beobachtung und Überprüfung, die an der Oberfläche stattfindet, nicht so gerne mögen.«

»Ich weiß«, sagte Gollokai geduldig. Er hatte diese Worte schon oft gehört.

»Ich habe die Bereiche, durch die wir uns bewegen, aus der Wahrnehmung des Mondgehirns herausgenommen. So, wie es zur selben Zeit an hundert anderen Orten Terras geschieht. So, wie es tagtäglich an Tausenden Orten geschieht. Die Menschen der Oberfläche glauben, dass NATHAN omnipotent ist. Aber gerade in den Sub-Bereichen der Erde kommt es immer wieder zu Protesten gegen die Überwachung. Zu Behinderungen. Zum Einsatz von Störstrahlern. Und das völlig zu Recht.«

Gollokai unterdrückte einen Seufzer. Mit diesen Worten war Hoffower bei seinem Lieblingsthema angelangt. Zweifellos folgte gleich der immer gleiche Sermon mit sich wiederholenden Argumenten, die allesamt gegen die »Totalüberwachung« durch Positroniken gerichtet waren.