Perry Rhodan 3238: Turm des Stillen Lotsen - Susan Schwartz - E-Book + Hörbuch

Perry Rhodan 3238: Turm des Stillen Lotsen E-Book und Hörbuch

Susan Schwartz

3,0

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Beschreibung

Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr. Wie es aussieht, könnte Perry Rhodan, der als erster Mensch von der Erde auf Außerirdische gestoßen ist, sich endlich seinem großen Ziel nähern: der alte Traum von Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmung ein, man arbeitet intensiv und gleichberechtigt zusammen. Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit. Doch ES weilt nicht mehr in der Galaxis – das Geisteswesen scheint in ungezählte Fragmente zersplittert zu sein, die sich in verborgenen Fragmentrefugien ballen. Diese Refugien zu finden und die Fragmente wieder zu vereinen, ist Rhodans Ziel. Während Rhodan selbst in der Heimatgalaxis der Sorgoren tätig ist, versucht Atlan in Gruelfin das dortige Fragment an sich zu bringen. Sein Weg führt ihn zum TURM DES STILLEN LOTSEN ...

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Seitenzahl: 179

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Zeit:3 Std. 40 min

Veröffentlichungsjahr: 2023

Sprecher:Martin Bross

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Nr. 3238

Turm des Stillen Lotsen

Atlan in der geheimen Stadt – der Arkonide trifft Schatten seiner Vergangenheit

Susan Schwartz

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1. Und das ist längst nicht alles

2. Nachricht aus der Vergangenheit

3. Annäherung

4. Brontha

5. Der Weg nach Munnau

6. Die Alles-hat-seine-Zeit-Stadt

7. Ghaner Vreik XX

8. Ein kurzer Abriss der Geschichte

9. Der Ruf

10. Ein alter Freund

11. Die Falle

12. Kampf um Zarmun

13. Ein letztes Gespräch

Journal

Leserkontaktseite

Glossar

Impressum

Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr. Wie es aussieht, könnte Perry Rhodan, der als erster Mensch von der Erde auf Außerirdische gestoßen ist, sich endlich seinem großen Ziel nähern: der alte Traum von Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmung ein, man arbeitet intensiv und gleichberechtigt zusammen.

Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit.

Doch ES weilt nicht mehr in der Galaxis – das Geisteswesen scheint in ungezählte Fragmente zersplittert zu sein, die sich in verborgenen Fragmentrefugien ballen. Diese Refugien zu finden und die Fragmente wieder zu vereinen, ist Rhodans Ziel. Während Rhodan selbst in der Heimatgalaxis der Sorgoren tätig ist, versucht Atlan in Gruelfin das dortige Fragment an sich zu bringen. Sein Weg führt ihn zum TURM DES STILLEN LOTSEN ...

Die Hauptpersonen des Romans

Atlan – Der Arkonide begegnet einem Freund.

Ephin – Der Laosoor stiehlt nicht, sondern tauscht.

Smyronosch – Der Baschganjo statuiert ein Exempel.

Der Stille Lotse – Nur wenige hören seinen Ruf.

Ghaner Vreik XX

1.

Und das ist längst nicht alles

Diese Bemerkung ging mir einfach nicht aus dem Kopf.

Davon bin ich nicht minder irritiert, stimmte mein Extrasinn zu.

ES habe laut der Mrynjade Trochod deswegen das Fragmentrefugium in Gruelfin deponiert, um den Weg dafür zu bereiten, die Gräuel der Vergangenheit wenigstens teilweise wiedergutzumachen. Wie Ras Tschubai als zusätzliche Anweisung kürzlich überbracht hatte: Dabei sollte die Macht der Panjasen einerseits gebrochen werden, andererseits sei dafür zu sorgen, dass ihr Reich nicht unterginge.

Wenn es nach mir ging, durfte das Alschoran erledigen, während wir die Rückführung des Fragmentrefugiums in die Milchstraße bewerkstelligten.

Dass ES aus dem Grund der Wiedergutmachung das Fragment in Gruelfin hinterlegt hatte, war für uns überraschend gewesen, aber einleuchtend.

Was mich stutzig gemacht hatte, war die folgende Andeutung gewesen: Die Erweckung der Blaugoldraumer sei erst der Anfang gewesen, der Beginn der Panjasen-Dämmerung.

Mit über zwanzigtausend Jahren Lebenserfahrung machten mich Aussagen wie »das ist erst der Anfang« sofort misstrauisch. Und dazu brauchte ich keinen Extrasinn, der mich darauf hinwies.

Gern geschehen, alter Narr!

Was bei solchen Hinweisen unausgesprochen zwischen den Zeilen schwebte, alarmierte jedoch mich und meinen Extrasinn. Denn das bot jede Menge Möglichkeiten zur Spekulation.

Wir waren uns einig. Es steckte mehr dahinter. Auch dass Trochod uns bei Weitem nicht alles gesagt hatte.

Ich vermute, wir werden bald wieder unterwegs sein, orakelte der Extrasinn.

*

Die MAGELLAN war nach wie vor unentdeckt bei der auffällig hellroten, planetenlosen Sonne positioniert. In Anlehnung an Vater Indigo hatten wir sie »Mutter Magenta« getauft.

Inzwischen war daraus »Bollwerk Magenta« geworden, denn rund fünfhundert Blaugoldraumer hatten wir dorthin geleitet. Sie dienten als Schutz der MAGELLAN und zugleich als Trumpfkarte zur Verstärkung oder Ablösung für die sich im Einsatz befindlichen Blaugoldeinheiten. Und natürlich wurden sie technisch an die Gegebenheiten der gegenüber der Zeit ihres Baus erhöhten Hyperimpedanz angepasst werden.

Derzeit verfügte Alschoran als Oberbefehlshaber über insgesamt gut zweitausend erweckte Einheiten dieser faszinierenden Raumschiffe. Sie waren 800 Meter lang bei einem Höchstdurchmesser von 300 Metern. Zum Bug hin verschlankten sie sich in einem sanften, runden, wellenartigen Design, waren also entfernt tropfenförmig, aber keinesfalls mit den Blutstropfenraumern der Panjasen zu verwechseln. Um die Mitte des Hecks waren vier flossen- oder flügelähnliche Zusätze platziert. Dadurch hatten sie nicht nur eine ästhetische, elegante Form, sondern wirkten auch ein wenig wie bionische Tiergestalten.

Der prächtige Anblick wurde durch die außergewöhnliche Hüllenfarbe vollendet, die namensgebende blaugoldene, uns unbekannte Legierung. Die Grundfarbe erschien blau, durchzogen von mäandernden, erstarrten Goldströmen.

Die Konstrukteure der Blaugoldraumer, die Anqhas, waren einst ein Hilfsvolk von ES gewesen – und hatten im Gegenzug für ihre Dienste die uns unbekannte Technologie erhalten. Das Erbe dieses Volkes existierte weiter, und zwar als neuronal-positronisch miteinander verbundene Gehirne in ihren Vitalmänteln als essenzieller Bestandteil der Schiffe.

Und sie heizten den Panjasen ordentlich ein. Sie waren den Blutstropfenraumern technisch überlegen – allerdings erst, nachdem ihre Systeme an die erhöhte Hyperimpedanz angepasst waren.

Dennoch hatten wir mit ihnen endlich ein bedeutendes Machtmittel an der Hand, um gegen das Große Ganjat vorzugehen.

Unser erster großer Erfolg war der Durchbruch durch die Schwarzsterngrenze und die Errichtung eines Tunnels gewesen. Damit hatten wir nicht nur erreicht, jederzeit mit all unseren Schiffen zwischen Morschaztas und Gruelfin wechseln zu können, sondern vor allem einen Hauptkonfliktherd geschaffen, der die Kräfte des Großen Ganjats an einem einzigen Ort band.

Die Panjasen mussten selbstverständlich unter allen Umständen die vollständige Kontrolle wiedererlangen und den Tunnel schließen. Für sie war diese Schutzlosigkeit ein katastrophaler Zustand.

Dass unsere Strategie aufging, war daran zu erkennen, dass sogar das Flaggschiff der Ewigen Ganja, die WUTHRASCHA, vor Ort war und mit allen Mitteln versuchte, von der Morschaztas-Seite aus den Zugang zum Tunnel zu zerstören.

Jenseits der Schwarzsterngrenze hielt sich das Flaggschiff der Blaugoldraumer, die SCHUTZWEISHEIT auf, die von Bianna Walsh und Nicku Golodryga gemeinsam geführt wurde – ähnlich wie Damar Feyerlant in ihrer Funktion als Kommunikations- und Steuerschnittstelle zu den Blaugoldschiffen; die militärischen Aktionen blieben unseren erfahrenen Strategen und Kommandanten überlassen.

Meine eigenen Bemühungen hatten mittlerweile ebenfalls Früchte getragen: »Drüben« sammelten sich praktisch täglich neue Raumschiffe und Einheiten der Takerer und vieler weiterer Cappinvölker. Angefangen hatte es mit einem aus lediglich 20 Schiffen bestehenden Verband des Kommandanten Taschtaron, einem Ganjasen, mit dem ich auf meiner letzten diplomatischen Mission Kontakt hergestellt und ein intensives Gespräch geführt hatte.

Nun meldeten Bianna Walsh und Nicku Golodryga die Ankunft von Taschtarons OVKASCHA und seiner kleinen Einheit. Er ließ mitteilen, dass sich aufgrund meiner Initiative ein Bündnis gegen die Panjasen gebildet hatte, eine Gruelfin-Liga gemäß des Vorbilds unserer Liga Freier Galaktiker.

Das waren großartige Nachrichten, vor allem für Alschoran. Allerdings hatte ich dafür gesorgt, dass diese Liga-Verbände derzeit im Hintergrund gehalten wurden, um Vergeltungsaktionen seitens der Panjasen gegen ihre Heimatsysteme vorzubeugen.

Alschoran, Trochod, Mirabelle Eden und ich setzten mit deren Zuwachs vor allem auf psychologische Kriegsführung: Weil es immer mehr Aufständische gab und die Gerüchte einer neuen »Gruelfin-Liga« gegen die Panjasen blitzschnell die Runde machten, bildete sich für das Ganjat erkennbar eine ernsthafte Bedrohung, die nicht mehr übersehen oder kleingeredet werden konnte.

Ich hoffte, dass die Liga-Schiffe niemals zum Einsatz kommen mussten, sondern dass die Druckwirkung genügte.

Doch sie waren für den Notfall bereit, und manche unter ihren Besatzungen brannten sicherlich darauf, in den Einsatz gehen zu dürfen – nach der langen Zeit der gnadenlosen Unterdrückung durch die Diktatur der Perfektion.

Alschoran und die Mrynjade Trochod hielten die Panjasen derweil in Morschaztas in Atem. Die panjasischen Flottenfront sollte aufgebrochen und die entstehenden kleineren Formationen dann in vielen kleinen Scharmützel zerstreut werden. Die Blutstropfenraumer sollten in großer Zahl so erheblich beschädigt werden, dass sie aus dem Einsatz genommen werden mussten, und nicht zuletzt sollten die Versorgungswege blockiert werden, um Reparatureinsätze und Nachschub zu erschweren.

Wir achteten streng darauf, so wenig Personenschaden wie möglich zu verursachen und ließen Fliehende entkommen und Verletzte bergen. Auch das war psychologisch bedeutend – für alle Befehlsempfänger. Wir traten nicht als mörderische, invasorische Feindesmacht auf, die alles vernichtete, was ihr vor die Geschütze kam, sondern als Verbündete der Nicht-Panjasen, die dabei halfen, einen politischen Umsturz einzuleiten. Und das mit so wenigen Opfern wie nur machbar.

Sicher wusste jeder Soldat, jeder Kämpfer, überhaupt jeder, der seinen Dienst auf einem Kriegsschiff verrichtete, dass sein Leben auf dem Spiel stand und dass er bereit sein musste, es zu opfern. Aber in dem Fall eben für das Große Ganjat, nicht wegen der eigenen Freiheit oder Verhinderung einer Invasion oder gar Auslöschung. Viele mochten überzeugt sein, dass das Große Ganjat für Stabilität sorgte, doch sobald es genug Cappins gab, die stichhaltige Argumente dagegen verbreiteten, würden sie früher oder später auf fruchtbaren Boden fallen.

Jeder kannte jemanden oder war selbst unmittelbar betroffen durch das Vorgehen der Panjasen. Freunde, Verwandte, Bekannte wurden verschleppt, um »umerzogen« zu werden, und kamen manchmal, aber nicht immer, mit völlig neuer Persönlichkeit zurück. Etliche blieben auf immer verschwunden.

Das brachte irgendwann selbst den Überzeugtesten zumindest zum Nachdenken. Solange man nicht selbst betroffen war, war es leicht, den Dogmen des Großen Ganjats zu folgen. Doch wenn es persönlich wurde, änderte sich das.

Und darauf zielten wir.

Es ging niemals um eine Vernichtung des panjasischen Militärs – dann wären wir nicht besser als die Panjasen –, sondern um die politische Destabilisierung des Großen Ganjats insgesamt, die sich selbstverständlich auch in Form von zunehmender Demoralisierung der Schiffsbesatzungen und Soldaten, vielleicht sogar der Verwaltung äußern würde.

Sobald Gehorsam und Loyalität bröckelten, passierten Fehler und Nachlässigkeiten. Befehle wurden infrage gestellt, was bis zur Verweigerung führen konnte. Und auf den Kriegsschiffen würden sich Befehlsempfänger – vielleicht auch auf der einen oder anderen Kommandoebene – zusehends fragen, welchen Sinn ihr Kampf eigentlich hatte. Was genau es zu bewahren gab. Was es zu verteidigen galt, wenn immer mehr sich den neuen Verbündeten anschlossen und diese Verbündeten keineswegs so ultimativ böse waren, wie sie seitens des Mentorats beschrieben wurden.

Auf den höheren Ebenen würden die Panjasen mit fortschreitender Kampfdauer und daraus resultierender Frustration zunächst verbissener werden, keine Frage, denn sie wollten schließlich bis an die Spitze der Karriereleiter gelangen und nicht gerade kurz vor dem Ziel – nach all den Entbehrungen, Intrigen und Kämpfen – durch einen äußeren Einfluss zum Scheitern verurteilt werden.

Illustration: Swen Papenbrock

Aber die unteren Chargen, die zum größten Teil ohnehin nie eine Chance hatten, so »perfekt« und zum Panjasen zu werden, würden zusehends emotional ins Schwanken geraten. Nicht wenige würden sich fragen, ob das Große Ganjat in der derzeitigen Konstellation eine dauerhafte Zukunft hatte angesichts der eskalierenden Lage und der sich rasant ausweitenden Widerstandsbewegung. Und ob sie ihre Köpfe für die Prädikatierung machtbesessener Kommandanten hinhalten sollten.

Einmal ins Rollen geraten kam irgendwann jener Punkt, nach dem es den tausend Mentoräten nicht mehr möglich war, die Entwicklung aufzuhalten oder einzudämmen. Sobald der Damm brach ...

Ich hatte das viele Male erlebt und war sehr oft selbst daran beteiligt gewesen.

Du hast ein gutes Gefühl?

Ja, derzeit habe ich das tatsächlich.

Dass die Cappins Alschoran akzeptierten, war keine Frage, er war als Ase ebenfalls ein Cappin und hatte als Galaktischer Kastellan eine enorme Lebens- und Einsatzerfahrung sammeln können. Und er hatte aus seiner Biografie heraus ein persönliches, historisches und übergeordnetes Motiv, für Gruelfin einzustehen.

Keine Frage, die Blaugoldraumer waren genau das, was wir gebraucht hatten, um die Lunte zu zünden.

Gut, dass Alschoran sich endlich wieder erinnern kann.

Allerdings.

Wir hatten an Bord der AURA überraschend die Mrynjade Trochod getroffen, die gemeinsam mit ihrem Blaugoldraumer aus der Stasis geholt worden war und sich heimlich zu uns an Bord begeben hatte. Sie bezeichnete sich als Vizeadmiralin der Anqhas-Armada in Vaarnvellt – wie Gruelfin vor der Invasion der Cappins geheißen hatte – und hatte Alschoran zu seiner und unserer Überraschung als Admiral begrüßt.

Aber da wird noch was kommen. Ein Dämpfer.

Ist das eine logische Schlussfolgerung meines Logiksektors?

Ein Erfahrungswert, und das wiederum muss ich dir nicht erklären, Arkonidenscheich, dank deines eidetischen Gedächtnisses.

Ja, mochte sein. Aber derzeit sollten wir unseren Fortschritt würdigen.

Je mehr Blutstropfenraumer aus dem Einsatz genommen werden mussten, desto niederschmetternder wurde die Lage für die Panjasen. Gewiss erzielten sie immer wieder vereinzelte Schlachtensiege, aber ihre materiellen Verluste waren dabei immens hoch.

Mit jedem Schiff, das die Ewige Ganja verlor, sank die Chance, die Kontrolle über die Schwarzsterngrenze zurückzugewinnen.

Und jenseits der Grenze stand deutlich sichtbar die Rebellion vor der Tür, voll gerüstet und kampfbereit, um, ohne anzuklopfen, hereinzustürmen.

Wir würden die Panjasen ständig beschäftigt halten, und das so lange, bis ihnen die Luft ausging.

Alschoran wollte das Große Ganjat reformieren, und ich wollte die Ewige Ganja Viyesch dazu zwingen, mit mir die Verhandlungen für die Übergabe des ES-Fragmentes aufzunehmen.

*

Um unseren guten Willen zu zeigen, gab ich regelmäßig über den offenen Hyperfunk ein Verhandlungsangebot ab.

Es war nicht einfach eine Wiederholung, sondern jedes Mal formulierte ich anders. Vor allem betonte ich immer wieder, dass wir alle dasselbe anstrebten: den galaxisweiten Frieden. Der aber nicht auf Druck und Gewalt basieren dürfe, sondern freiwillig von allen Völkern getragen werden müsse. Völker, die einander als Partner sähen und gemeinsam daran arbeiteten, in jedes System Wohlstand zu bringen.

Ich führte dabei als funktionierendes Beispiel eines solchen Konzepts die Liga Freier Galaktiker auf – eine Diktatur, wie sie derzeit in Gruelfin bestand, sei überholt, betonte ich, und könne auf Dauer nicht funktionieren.

Ich vergaß dabei nicht, die Panjasen für ihre ausgezeichnete Organisation und Struktur zu loben und dass dies als Fundament für eine Neuordnung dienen könne. Man wolle mit, nicht gegen die Panjasen arbeiten – das betonte ich sehr nachdrücklich.

Natürlich kam auf diese Ansprache ebenso wenig eine Antwort wie auf alle vorherigen. Nicht einmal eine Ablehnung. Die Panjasen machten einfach weiter, kämpften um die Schwarzsterngrenze und fuhren Verluste ein.

Wie lange gedenkst du so weiterzumachen?, meckerte der Extrasinn.

»Gar nicht«, antwortete ich und schickte eine Botschaft hinterher, diesmal mit Bild. Und ich gab kein Angebot ab, sondern stellte zum ersten Mal eine Forderung.

»Als diplomatischer Vertreter der Liga Freier Galaktiker verlange ich die umgehende Übergabe des Mentalkonglomerats, das wir ES-Fragment nennen. Es befindet sich in Gefangenschaft und wird für eure Zwecke missbraucht, ohne dass es in der Lage ist, sich seiner selbst bewusst zu werden – wie es gedacht und gewünscht ist. Wir sind auf diese Mission gesandt worden, um alle Fragmente wieder zu einem Ganzen werden zu lassen. Das darf nicht aus eigennützigen Gründen verwehrt werden, denn es bringt Gruelfin in Gefahr. Wenn ihr die Herausgabe verweigert, könnte das euren Untergang bedeuten.«

Diesmal kam die Antwort prompt.

*

... und zwar von höchster Stelle – vollkommen unchiffriert und für jeden empfangbar: Die Ewige Ganja Viyesch persönlich ließ sich zu einer Antwort herab.

Sie war eine geradezu beängstigend schöne Frau von absoluter Perfektion, wirkte dabei jedoch nicht kalt oder künstlich, sondern durchaus warm und lebendig. Die Panjasen schauten voller Verehrung zu ihr auf, sie war »die Vollkommene«, das Licht der Panjasen, wobei sie sich keineswegs unnahbar gab oder sich selbst aufs höchste Podest stellte. Sie war erhaben und doch leutselig, gab jedem das Gefühl, von ihr bemerkt zu werden. Sie verfügte auch über Humor – und ging selbst in den Einsatz. Viyesch war eine ausgezeichnete Kämpferin, mutig und entschlossen. Ein wahres Vorbild.

Wenn sich jemand unserer Strategie in den Weg stellen und alle Bemühungen zunichtemachen konnte, zumindest aufseiten der Cappins, so war es die Ewige Ganja persönlich.

Ihre Anziehungskraft, ihr Charisma und ihr majestätisches Auftreten ließen niemanden kalt, auch mich nicht, auch nicht in diesem Moment, obwohl es nur ein Holobild war.

Ihr wärt ein tolles Paar, gewiss, aber du weißt selbst, dass es nicht funktionieren kann. Hat es nie.

Ja, ich wusste das, und ich hing auch keinerlei Illusionen nach.

Unsere erste Begegnung hätte mich beinahe Kopf und Kragen gekostet. Bis dahin war ich als Imperator der Milchstraße aufgetreten, und die Panjasen hatten eine gewisse Scheu vor mir gezeigt; Viyesch jedoch nicht, mein Auftreten hatte sie neugierig auf mich gemacht. Sie lud mich als Erstes zu einer Unterwasserjagd ein, die für uns beide nicht gut ausging. Doch ihre Wunden heilten schnell und nahezu umgehend, wohingegen ich trotz Zellaktivators einen Heiltankaufenthalt nötig hatte.

Keine gute Figur.

Nein, das nicht – aber andererseits hatte sie das Interesse an mir nicht verloren. Weil ich überlebt hatte.

Viyesch hatte mir viel zu erzählen gehabt. Ich hatte die Vergangenheit Vaarnvellts, als die Galaxis noch nicht Gruelfin geheißen hatte, sozusagen live erfahren, durch die Bewusstseinssplitter der Perlen ihres »Kissens«. Und sie hatte mich zum Fragmentrefugium geführt.

Wir hatten viele Gedanken geteilt, viel geredet, einander respektiert, und ja, da war auch Sympathie gewesen.

Ich kannte die Ewige Ganja inzwischen gut genug, dass ich vorhersagen konnte, was sie als Erstes sagen würde. Und so kam es auch.

»Das Gegenteil ist der Fall.

Das Mentalkonglomerats gewährleistet dem Ganjat Gruelfin Stabilität, Sicherheit und damit Frieden. Eine Trennung von dem Fragment würde Chaos verursachen und zum Zusammenbruch führen.

Der Frieden, von dem du sprichst, Atlan, ist nur ein optimistischer Gedanke, ein aus Hoffnung geborener Traum, der sich niemals bewahrheiten kann.

Einen solch idealen Zustand, wie du ihn beschreibst, gibt es nur in der Philosophie, er ist ehrenvoll, aber nicht mehr als ein Gedankenspiel, fern jeglicher Realität. Die Völker Gruelfins wissen das, sie kennen die historischen Aufzeichnungen. Jedes Individuum lernt alles über die kriegerische Vergangenheit, sobald es alt genug ist.

Die vielen mörderischen und verlustreichen Kriege, die Bruderkämpfe.

Ich hingegen vereine alle unter meiner Obhut, ich kümmere mich um sie, wie eine gute Mutter sich um ihre Kinder kümmert, sich um sie sorgt und verhindert, dass sie sich zanken oder gegenseitig wehtun.

All das willst du riskieren? Wer garantiert, dass du das Fragment nicht für deine eigenen Zwecke missbrauchen willst, dass du nicht anstrebst, der neue Machthaber zu sein?

Ich garantiere seit langer Zeit Frieden, Harmonie und Eintracht, und das in stetiger Dankbarkeit, dass das Fragment mir dafür gegeben wurde. Ich weise so ein Geschenk weder zurück, noch übergebe ich es leichtfertig in fremde Hände, die meine Galaxis dem Chaos preisgeben.«

*

Jetzt hat sie's dir aber gegeben, bemerkte mein Extrasinn, als ich auf der MAGELLAN ankam, um mich mit Sichu Dorksteiger und Mirabelle Eden zu besprechen, sowie mit Alschoran, der kurz vor mir eingetroffen war. Vizeadmiralin Trochod blieb vor Ort, um die Blaugoldraumer taktisch einzusetzen.

Ich verzichtete auf eine Antwort; es war klar gewesen, dass Viyesch nicht so schnell darauf eingehen würde – oder überhaupt auf Verhandlungen.

Einige ihrer Argumente und Vorstellungen konnte ich durchaus nachvollziehen, und ich wusste, dass sie daran glaubte, was sie sagte.

Sie herrschte autokratisch, aber sie wollte auch Gutes bewirken, durch ihre Mentoren vermittelt. Nur schoss sie leider übers Ziel hinaus – oder vielmehr die Panjasen insgesamt mit ihrem radikalen Zwang zur Perfektion, zur absoluten Schönheit, zur Existenz ohne Fehl und Mangel.

Das war unmöglich, und nicht etwa meine Sehnsucht nach Demokratie und Frieden, die ich mit Perry teilte. Und die Alschoran mit uns teilte. Ansonsten wäre er niemals Galaktischer Kastellan geworden.

Insofern hatte das Ergebnis dieses kurzen Austauschs von vornherein festgestanden, aber er war keineswegs überflüssig oder umsonst gewesen. Alle sollten unsere Argumente hören!

Wir standen erst am Anfang der Auseinandersetzung. Ein galaxisweiter Umsturz war ein langwieriger Prozess, der nicht von heute auf morgen stattfinden konnte, vor allem nicht einfach mit einem Fingerschnippen.

Wir würden Hyperfunksprüche dieser Art noch einige Zeit hin- und herschicken: Gib mir das Fragment! – Nein.

Aber diese Nachrichten, solange sie überall empfangen wurden – und dafür musste Viyesch sorgen, ob sie wollte oder nicht, solange wir es taten –, würden sich irgendwann in den Köpfen festsetzen. Milliarden Cappins würden darüber nachdenken, wer von uns beiden recht hatte und ob es wirklich zum Chaos käme.

In naher Zukunft würden wir den Druck erhöhen, indem wir Alschoran als Befreier und Anführer in eine neue Zeit präsentierten. Zwar war sein Einsatz bereits allgemein bekannt, aber bisher hielt er sich im Hintergrund und überließ die öffentlichen Auftritte mir.

Auch ein Teil unserer Strategie: Das ist nicht alles, da kommt noch was nach.

*

Wir trafen uns wie gewohnt in der Kapitänsmesse, ein Ort, den ich aus nostalgischen Gründen überaus schätzte. Die mit der Weltkarte aus dem 16. Jahrhundert verzierte und mit Drachen, Seeschlangen und Riesenkraken bereicherte Tischplatte, dazu die Einrichtung mit Teppichboden, Holzvertäfelung und Kristallleuchtern im Stil jener Zeit – das ließ für mich die Vergangenheit lebendig werden, an der ich selbst teilgehabt hatte.

Konzentrier dich lieber auf die Gegenwart!, mahnte mein Extrasinn.

Als ob ich daran erinnert werden müsste! Aber warum sollte das nicht in einem stilvollen Ambiente geschehen? Hatte man in einem dekorationslosen, nüchtern-grauen Raum bessere Gedanken oder Einfälle?

Zumindest keine Ablenkung.

Was nicht an abschweifenden Gedanken hindert, spottete ich.

Die meiste Zeit unseres Lebens verbrachten Wesen wie wir im Weltraum, was reine Ödnis um uns bedeutete, denn die Entfernungen waren so gewaltig, dass wir uns im Normalraum außerhalb eines Systems praktisch permanent im leeren, finsteren Schwarz befanden. Also mussten wir unseren Wohnbereich mit uns führen, so, wie es auch die Galaktischen Kastellane getan hatten. Wir waren unsterblich oder langlebig; für uns war es daher besonders wichtig, sich wohlzufühlen. Und was das betraf, hatten wir Arkoniden schon immer Stil.

»Atlan!« Sichu Dorksteiger, Topwissenschaftlerin und während Perry Rhodans Abwesenheit kommissarische Leiterin der Mission, empfing mich mit einem festen Händedruck und einem herzlichen Lächeln. Nachdem wir schon einige Male als Team zusammengearbeitet hatten, hatte sich zwischen uns eine vertrauensvolle Freundschaft entwickelt.

Oberst Mirabelle Eden war mit der MAGELLAN inzwischen nahezu verwachsen und hatte sich als Kommandantin mehrmals bewährt. Ihr Verstand war analytisch, aber zugleich sehr flexibel und zu überraschenden Schlussfolgerungen fähig.