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Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr. Wie es aussieht, könnte Perry Rhodan, der als erster Mensch von der Erde auf Außerirdische gestoßen ist, sich endlich seinem großen Ziel nähern: der alte Traum von Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmung ein, man arbeitet intensiv und gleichberechtigt zusammen. Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit. Doch ES weilt nicht mehr in der Galaxis – das Geisteswesen scheint in Fragmente zersplittert zu sein. Eines dieser Fragmente befindet sich in der Kondor-Galaxis, von den Einheimischen Spaphu genannt. Als Rhodan dort eintrifft, scheint es aber, als hätte bereits eine bislang unbekannte Macht das Fragment geraubt. Auf der Suche nach dem Unbekannten bewegt sich der Terraner alsbald IM HYPERFLUSS ...
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Seitenzahl: 153
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Nr. 3245
Im Hyperfluss
In den Weiten der Galaxis Spaphu – sie erleben ein galaktisches Transportsystem
Susan Schwartz
Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
1. Perry Rhodan
2. Formalitäten
3. Ankunft
4. Geldbeschaffung
5. Unerkannte Talente
6. Der Zwischenfall
7. Showbusiness
8. Perry, der Spieler
9. Auf der Suche nach Wahrheit
10. Khmoun
11. Viermal Egannol, bitte
12. Der Hyperfluss
13. Die Hyperflusspiraten
Fanszene
Leserkontaktseite
Glossar
Impressum
Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr.
Wie es aussieht, könnte Perry Rhodan, der als erster Mensch von der Erde auf Außerirdische gestoßen ist, sich endlich seinem großen Ziel nähern: der alte Traum von Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmung ein, man arbeitet intensiv und gleichberechtigt zusammen.
Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit.
Doch ES weilt nicht mehr in der Galaxis – das Geisteswesen scheint in Fragmente zersplittert zu sein. Eines dieser Fragmente befindet sich in der Kondor-Galaxis, von den Einheimischen Spaphu genannt.
Als Rhodan dort eintrifft, scheint es aber, als hätte bereits eine bislang unbekannte Macht das Fragment geraubt. Auf der Suche nach dem Unbekannten bewegt sich der Terraner alsbald IM HYPERFLUSS ...
Perry Rhodan – Der Terraner erzählt Geschichten.
Poquandar – Der Onquore sammelt Geld.
Shema Ghessow – Die Mutantin setzt auf die Macht ihrer Stimme.
Antanas Lato
1.
Perry Rhodan
Unter uns erstrahlte der Hyperflusshafen Samsant. So wohlklingend wie der Name, so beeindruckend war der Hafen. Weit hinaus ins All leuchtete er wie ein Saphir, fern aller Sterne.
Ich hatte in meinem langen Leben schon viel Schönheit gesehen, doch es gab immer noch so viel Neues zu entdecken, das diesen Begriff verdiente.
So war es auch in der Galaxis Spaphu, Hunderte Millionen Lichtjahre von der guten alten Erde entfernt. Sosehr meine Mission drängen mochte und mich besorgt machte, ob wir sie erfüllen konnten – die Faszination angesichts des Fremden, des scheinbar Unergründlichen, konnte ich bei diesem Anblick nicht unterdrücken. Ich war und blieb beständig neugierig, betrat stets Neuland, musste herausfinden, was mich erwartete, was ich lernen konnte, was ich Neues erfuhr an Geheimnissen, an kosmischem Leben.
Wir hatten soeben erfolgreich die Flucht von der KASHZOR überstanden und damit vorerst die Khassu Than und den tashzurischen Jäger hinter uns gelassen.
Wir waren – mehr über Umwege als direkt – auf dem Weg zur RA, um mit ihr unseren Weg fortzusetzen. Vor allem für Antanas Lato war das wichtig, denn sein Anzug war schwer beschädigt und nicht mehr weltraumtauglich, ganz abgesehen vom Schutzschirm. Die Lebenserhaltung arbeitete noch, der Translator funktionierte, und inzwischen hatte er selbst das eine oder andere wieder instand setzen können, aber das war nur behelfsmäßig. Antanas bedurfte derzeit unseres besonderen Schutzes.
Das bedeutete, Shema Ghessow und ich hatten diese Aufgabe – denn damit war unser schlagkräftiges Team komplett. Unserem Ziel, ein Fragment von ES zu finden und letzten Endes die Superintelligenz wieder zusammenzusetzen, waren wir bisher allerdings nicht näher gekommen.
Unser Vorhaben hatte sich als noch komplizierter erwiesen als ohnehin gedacht. Als wir glaubten, das Refugium gefunden zu haben, hatten wir feststellen müssen, dass es bereits entleert worden war.
Zunächst wussten wir nicht, wer das Fragment an sich gebracht hatte. Nachdem der Onquore Poquandar unser Team zumindest zeitweilig ergänzte, erfuhren wir von ihm, dass es ein Raumschiff gewesen war, das er TEZEMDIA nannte und das aus einem anderen Universum stammen sollte. Und das zudem mit der LEUCHTKRAFT gekämpft hatte ...
»Es ist alles so viel undurchsichtiger geworden«, murmelte Shema neben mir, als hätte sie meine Gedanken gelesen. »So viele ›vielleicht‹, ›möglicherweise‹, ›eventuell‹. Aber sieh dir das an ...« Sie deutete auf den Hyperflusshafen.
Ja, ich schaute weiterhin.
Samsant war kugelförmig, mit einem Durchmesser von 3400 Metern. 850 Meter davon waren den Maschinenanlagen vorbehalten.
Auf den Polregionen saß jeweils eine 340 Meter durchmessende und 170 Meter hohe Kuppel, die in zwei fest installierte Etagen eingeteilt war, die sich in beliebig viele Unteretagen und Decks gliedern ließen. Diese dienten den Reisenden: Unterkünfte für alle Preisklassen, Wartebereiche, Freizeiteinrichtungen und Amüsements, angepasste Nahrungsangebote für unterschiedliche Metabolismen und Geschmäcker. Hinzu kamen große Informationsbereiche, Reisebüros, aber auch medizinische Versorgung und sonstige Beratungen.
Der Kernbereich durften, wie Poquandar uns informiert hatte, ausschließlich Fayyud oder Lletha betreten; damit war er auch für uns tabu. Der Außenbereich war für unsere Mission nicht bedeutsam, enthielt er doch ausschließlich technische Komponenten, darunter Energiegewinnung, Waffensysteme, Lebenserhaltung und dergleichen mehr. Auf der dunkelblau-semitransparenten Oberfläche konnten Landemöglichkeiten in Form von Plattformen angeboten werden, aber auch Hangars mit einer Grundausstattung an Versorgung und Unterbringung bei kurzen Unterbrechungen der Reise sowie Transportsysteme in die Polregionen für längere Aufenthalte.
»Hat man keine Angst vor Piratenüberfällen?«, fragte Antanas.
»Nicht im Sinne eines direkten Angriffs«, antwortete Poquandar. »Ihr könnt euch vorstellen, dass die Schutzschirme das Höchstmaß an Leistung bieten und dass man nicht gerade mit Schweißgeräten versucht, einem Angreifer Feuer unter dem Hintern zu machen, sondern mit schweren Impulskanonen und mächtigen Raumtorpedos.«
»Und über welche Triebwerke verfügt so ein Hafen?«
»Über gar keine. Diese Stationen sind in der Raum-Zeit verankert. So zumindest habe ich es gehört. Selbstverständlich gestatten die Fayyud keine genaueren Fragen oder Untersuchungen.«
»Mächtige Konstruktionen«, meinte Shema. »Von denen gibt es sicherlich nicht allzu viele.«
»Oh, täusch dich da mal nicht«, widersprach Poquandar.
Der Onquore war nur 1,20 Meter groß – und ebenso breit. Sein Rücken war stark gewölbt, wie ein Schild, und stark verhärtet. Der Hals war nach vorne gerichtet, der daran sitzende schuppige Schädel zeigte ein Gesicht mit einer kaum sichtbaren Nase, einen lippenlosen, schmalen Mund und beherrschenden, hellblau strahlenden Augen. Die Haut war von sechseckigen, jadefarbenen Schuppen bedeckt, die klobigen Füße hatten verkümmerte Zehen, die Hände verfügten über je zwei lange, feingliedrige Finger und zwei gegenüberliegende, starke Daumen, die sich zu einem Zangengriff schließen konnten. Poquandar trug einen borkigen Ganzkörperanzug, der je nach Situation Fuß- und Handschutz ausklappen konnte und vermutlich weltraumtauglich war.
Poquandar klammerte sich an seinen Truimou, den er soeben erst zurückerhalten hatte, als hätte er Angst, ihn gleich wieder zu verlieren. Kein Wunder, dass er daran hing – der Stab aus unbekanntem schwarzen Material, das geradezu Licht aufzusaugen schien, war mit zahlreichem technischen Schnickschnack versehen. Und mit Waffen wie Neuroschocker und Desintegrator. Darüber hinaus konnte er Messungen vornehmen und hatte noch dazu ein Antigrav-Flugaggregat integriert.
Ein Multifunktionsspielzeug, das zugleich ein wenig unheimlich wirkte. Und ich war sicher, dass wir längst nicht alles darüber wussten. Dass Poquandar über alles informiert war, bezweifelte ich ebenfalls.
»Es gibt um die fünftausendvierhundert Hyperflusshäfen«, setzte der Onquore fort. »Knapp unter vierhundert davon sind nicht in Betrieb – die sogenannten Dunklen Häfen. Wo genau manche liegen, ist wohl nicht einmal den Fayyud bekannt – das betrifft ungefähr die Hälfte, die anderen befinden sich in der Nähe der Hyperflussroute und sind wohl als Ersatzhäfen gedacht, bis dahin jedoch ohne Anbindung.«
Er wies auf Samsant. »Was ihr so weithin strahlend blau seht, ist der Hyperfluss selbst, ein optisches Phänomen, das den Hafen umgibt.«
»Wie ein Saphir«, wiederholte ich meinen vorherigen Gedanken laut.
»Pa-pfir?«, hakte Poquandar nach.
»Saphir. Wenn er gut geschliffen ist, ist das ein intensiv blau strahlender Schmuckstein in meiner Heimat und entsprechend teuer«, erklärte ich. Das konnte ich unbedenklich preisgeben, denn die »Tellusier«, als die wir uns ohne Maske ausgaben, waren schließlich ein Volk, das neu aufs Parkett der Völker von Spaphu getreten war.
Welch ein Funkeln im schwarzen Samt des Alls! Ein faszinierender, einzigartiger Anblick.
*
Poquandar übernahm es, die Behörde anzufunken. Ich hätte die Kontrollen inzwischen auch gut bedienen können, aber es war vermutlich einfacher, wenn sich jemand aus einem der bekannten Völker anmeldete.
Shema, Antanas und ich hielten uns im Erfassungsbereich für die Bildübertragung auf, sobald die Verbindung stand.
Wir hatten darüber diskutiert, ob wir mittels Shemas Deponentengabe den Weg über ihre Hypersenke nach Samsant nehmen sollten, sobald wir nahe genug waren – und ich hatte mich dagegen entschieden. Höchstwahrscheinlich würden wir in dem Gewimmel, das sicherlich in der Station vorherrschte, nicht weiter auffallen. Aber wir wussten nicht, welche geheimen Sicherungen womöglich eingebaut waren – und in welche Schwierigkeiten wir geraten konnten, um Passagen für die Weiterreise zu erhalten.
Besser war es also, gleich die Karten auf den Tisch zu legen, der »Umweg«, insofern er möglich war, stand uns dann immer noch offen.
Ausschlaggebend war die Tatsache, dass wir bisher als Tellusier keine großartigen Schwierigkeiten gehabt hatten, in Kontakt zu treten. Spaphu war schließlich eine Riesengalaxis und es war unmöglich, selbst für die Hauptvölker, von allen Völkern Kenntnis zu haben, Hyperfluss und Megadatenbanken hin oder her. Selbst in der Milchstraße waren uns nach Jahrtausenden längst nicht alle Völker bekannt, vor allem nicht diejenigen, die keine Raumfahrt betrieben.
Die Bestätigung für den Empfang kam nur in Form eines kurz angebundenen Ping.
»Nicht sehr umgänglich«, flüsterte Shema neben mir hinter vorgehaltener Hand.
»Station Samsant, es spricht der Onquore Poquandar«, gab unser Begleiter in freundlichem Tonfall von sich. »Ich befinde mich in Begleitung von drei Tellusiern – hier neben mir stehend – auf Geschäfts- und Bildungsreise.«
»Tellusier?«, kam es zackig und weiterhin sehr wortkarg zurück. Vielleicht eine Automatik. Eine Bildverbindung gab es jedenfalls nicht.
»Ja, ein kleines Volk, das erst seit kurzer Zeit die Raumfahrt beherrscht und Gesandte nach überallhin ausgeschickt hat, um Spaphu und seine Völker kennenzulernen. Ihre Translatoren beherrschen das Spaphri.«
»Ihr befindet euch an Bord einer Rettungskapsel der Tashzuren. Was hast du dazu zu sagen?«
Schnörkellos zur Sache, so mochte ich es. Trotzdem hätte der Tonfall ein bisschen freundlicher sein können. Aber wahrscheinlich waren die Mitarbeiter ständig überlastet.
Die Angehörigen der großen Sternenreiche wurden sicherlich automatisch und ohne viel Aufwand abgewickelt, aber bei unbedeutenderen sah man sicher genauer und mit eigenen Augen hin. Vor allem wenn sie, so wie wir, mit einem nicht zu uns passenden Raumgefährt daherkamen.
»Ja, das war eine sehr freundliche Geste, denn der Tashzurenraumer hatte nicht die Absicht, Samsant anzusteuern. Er hatte uns mitgenommen, nachdem die Tellusier auf meiner Welt gestrandet waren. Ihr Vehikel, anders kann ich das nicht nennen, war irreparabel zerstört. Auseinandergefallen. Sie taten mir leid. Da mein Auftrag, der mich auf diese Welt geführt hatte, abgeschlossen war und ich erst in einiger Zeit abgeholt werden sollte, hatte ich mich bereit erklärt, den Tellusiern ohne ineffizientes Warten zu helfen. Ich finde sie außerdem recht interessant.«
»Ungewöhnlich für einen Onquoren.«
»Ich gelte in meinem Volk als Frakturdenker.«
Illustration: Swen Papenbrock
Schweigen.
Poquandar summte leise vor sich hin, wie er es häufig tat, wenn es Zeit zu überbrücken galt oder er bestimmte Gedanken hegte oder weil er gerade in Stimmung dazu war.
Nach einer Minute: »Wie seid ihr dann weitergekommen?«
»In der Nähe befindliche Tashzuren haben unseren Notruf empfangen und sich bereit erklärt, uns mitzunehmen und in der Nähe von Samsant abzusetzen. Selbstverständlich haben wir für die Passage bezahlt.«
Poquandars Lügengeschichte floss ihm so leicht wie sein Atem aus dem lippenlosen Mund. Er klopfte dazu ab und zu mit dem Truimou auf den Boden. Ob das für die Behörde von Samsant von Belang war oder nur der Unterstreichung seiner Worte diente, blieb dahingestellt.
Er setzte fort: »Und weil der Raumer in seiner eigenen Mission zeitlich im Verzug war, haben die Tashzuren uns diese – wie ich anmerken möchte: extrem beengte – Rettungskapsel zur Verfügung gestellt. Sie haben wohl genug davon, es war keine große Sache. Vielleicht, weil die Reichweite nicht sonderlich hoch ist und es, ich muss es wiederholen, wirklich unerträglich eng ist. Einen großen finanziellen Verlust kann das nicht darstellen, der durch unsere immens hohe Bezahlung, die uns abgeknöpft wurde, sicherlich gedeckt ist.«
»Und weshalb wollt ihr nach Samsant?«
»Selbstverständlich, um über den Hyperfluss weiterzureisen, mangels eigenen Raumschiffs, und es der nächstgelegene Hafen auf der Route der Tashzuren war. Außerdem kennen die Tellusier diese Fortbewegungsart noch nicht, und sie sind ja Forscher, die Spaphu kennenlernen wollen. Dazu gehört das Erlebnis der Hyperflusshäfen zwangsläufig.«
Erneutes Schweigen.
»Ist das nun ein gutes oder schlechtes Zeichen?«, hakte Lato ein wenig nervös nach.
»Überhaupt kein Problem«, meinte Poquandar zuversichtlich. »Die wollen im Vorfeld nur herausfinden, ob wir Piraten sind.«
»Und wie wollen sie das bewerkstelligen?«, versetzte Shema.
»Onquoren sind keine Piraten«, verkündete Poquandar gelassen. »Ich habe euch doch erzählt, dass mein Volk auf Balance, Gleichgewicht und Stetigkeit ausgerichtet ist.« Er tippte sich mit einem langen Finger an den Kopf. »Weswegen ich durch meine komplexe Abweichung von der Norm zur Gefahr für die harmonische Struktur werde. Was unweigerlich zur Fraktur führen könnte und weshalb ich ein Frakturdenker bin.«
Ein hochintelligenter, hochgebildeter Denker, fügte ich in Gedanken hinzu. Poquandar wusste von Dingen, die den meisten Spaphu-Bewohnern unbekannt sein dürften, und er hatte einmalige Erfahrungen gemacht, die unserer Mission sehr weiterhelfen sollten. Oder sie auch in Schutt und Asche legen konnten ...
*
Wir fuhren unwillkürlich zusammen, als die knarzige, knarrende Stimme wieder erklang.
»Ich übermittle euch die Koordinaten für Hangar 20396. Nähert euch mit der angegebenen Geschwindigkeit bis auf fünfhundert Meter Abstand, dann gebt die Kontrollen frei. Ein Traktorfeld wird euch hineinziehen. Die Einreiseformalitäten werden vor Ort erledigt.«
Poquandar trommelte mit dem Stab auf den Boden. »Na, seht ihr!«, rief er. »Überhaupt kein Problem!«
Bis auf die Einreise, dachte ich.
2.
Formalitäten
Die Landung im Hangar ging zügig und flott. Er bot Platz für ungefähr fünfzig Kleinstraumer wie unsere Kapsel.
Wir stiegen aus und wurden bereits erwartet – von einem Wesen, das mich an einen Kalkulator aus meiner Studienzeit erinnerte. Der Korpus war ein langsam rotierender Würfel mit einem Gitterraster auf allen Seiten, der ebenfalls würfelförmige, auf der Spitze stehende Kopf schwebte wenige Zentimeter darüber und war wie ein Spiegel, denn ich sah eine stilisierte Form meiner selbst, als er ihn zu mir drehte, und ein verschwommenes Bild von Poquandars schuppigem Kopf, sobald er sich ihm zuwandte.
Sein Würfelkorpus ruhte auf etwas, das wie ein Suppenteller aussah – eine kleine Antigravplattform. Es verfügte über keinerlei Extremitäten.
»Das ist ein Arvuti«, flüsterte Poquandar mir zu, während wir uns auf das Wesen zubewegten. »Dieses Volk wird sehr häufig an Hyperflusshäfen für die Registrierung eingesetzt. Die Arvuti verfügen über telekinetische Kräfte, sind mit dem Netzwerk des jeweiligen Hafens direkt über eine implantierte Schaltstelle in ihrem Gehirn verbunden und verarbeiten unglaublich schnell Rechenprozesse. Sie sind begnadete Registratoren für alle Belange, ob nun Fracht oder Passagiere oder wofür man sie sonst braucht.«
Sein Tonfall wirkte für mich zugleich amüsiert wie abfällig. Für die Onquoren musste ein Arvuti eigentlich ein sympathisches Wesen sein, nach allem, was ich gehört hatte. Aber für einen Frakturdenker wie Poquandar eher das Gegenteil.
»Willkommen auf Samsant«, erklang eine leicht summende Stimme von irgendwo aus dem Korpus. »Wenn ich zwecks der Aufnahme um die Daten bitten dürfte.«
»Poquandar, Onquore«, antwortete der Frakturdenker und sah mich auffordernd an.
»Perry, Tellusier«, gab ich an.
»Shema, Tellusierin.«
»Antanas, Tellusier.«
»Was soll das bitte sein: ›Tellusier‹?«
Ich spiegelte mich wie eine verwaschene Bleistiftzeichnung auf dem Kopf-Kubus.
»Das, was ich bin«, antwortete ich. »Und meine beiden Begleiter. So wie du Arvuti bist.«
»Und von woher wollt ihr sein?«
»Das sind keine öffentlichen Informationen«, stellte ich klar. »Sonst kommt gleich der nächste Tashzure oder Khassu Than, und aus ist's mit unserer Unabhängigkeit.«
Shema und Antanas sahen mich erschrocken an, aber ich wusste, wie das mit den Umgangsformen war und wie es kleinen Völkern ergehen konnte, sobald die Hauptvölker anfingen, sich für sie zu interessieren. Oder andere, die ihr Sternenreich vergrößern wollten. Das war universell, in der Milchstraße, in Gruelfin und sicher auch hier.
»Damit ist nicht die exakte Position gemeint. Spa-Achar oder Spa-Garacht?«
Das war tatsächlich sehr allgemein. Ich überlegte. Spa-Garacht wäre einfacher anzugeben, da als zweiter Hauptarm sehr weit weg. Andererseits wäre es dann wenig glaubhaft, dass wir noch keinen Hyperflusshafen besucht haben sollten.
»Spa-Achar«, antwortete ich also und stellte den Arvuti damit wohl zufrieden, denn auf seinem Korpus bewegten sich die Raster und bildeten verschiedene Farben, die ich nicht als »aggressiv« wertete.
»Gibt es irgendwelche Besonderheiten, die zu beachten sind?«
»Über uns? Nein, wir sind sehr flexibel.«
»Ihr werdet also unsere Medodienste nicht in Anspruch nehmen, wegen der Anpassung und so weiter? Und dann versicherungsrechtlichen Regress fordern?«
»Nicht, solang uns niemand Leid zufügt, nein.« Ich wies auf meinen Kopf. »Kein Helm, richtig?«
»Wir sind eine wenig anspruchsvolle Reisegruppe«, mischte Poquandar sich ein, »die danach trachtet, so schnell wie möglich weiterzukommen.«
»Können wir denn von hier aus direkt nach Egannol gelangen?«, hängte ich mich sofort an.
Dort wartete hoffentlich die RA auf uns. Und wenn nicht, mussten wir eben nach Tallumadd, wohin Poquandar wollte, denn dort in der Nähe befand sich seine Heimat.
»Woher soll ich das wissen?«, fertigte der Registrator mich ab. »Ich nehme lediglich die Daten der Einreisenden auf und leite sie weiter.«
»In Ordnung, dann können wir ja auf ein schnelles Verfahren hoffen«, sagte ich.
Dachte ich.
*
Wie sich herausstellte, war das erst die Einleitung gewesen. Poquandar war schnell abgehandelt, sein Volk war hinlänglich in den Datenbanken hinterlegt. Aber wir Tellusier – nun, über uns war eben nichts weiter bekannt.
Es sei nur eine einmalige Sache, versicherte mir der Arvuti: Sobald unsere Daten einmal hinterlegt wären, hätten wir in den folgenden Hyperflusshäfen keinerlei Schwierigkeiten.
Ich bezweifelte das, denn ich war sicher, dass jeder Hafen seine eigene Behörde stellte und die Einreise individuell handhabte. Bei den vielen Hyperflusshäfen mochte zwar der Transport mehr oder minder reibungslos funktionieren, aber vor Ort hatte jede Verwaltung ihre eigene Vorstellung. Den Betreibern wie den Fayyud war es sicherlich völlig egal, wie das gehandhabt wurde. Sie kümmerten sich darum, dass alles funktionierte und der Schutz aufrechterhalten blieb.
Zentral gesteuert konnte das nicht sein, nicht bei den Tausenden Häfen und einer gigantisch großen Galaxis.
Personen, die etwas zu verbergen hatten, hatten ohnehin keine Probleme, sich eine fremde Identität zuzulegen. Auch wir waren schließlich mit falschen Angaben unterwegs. Schwieriger war es, einen galaxisweit durchsetzbaren Haftbefehl auszustellen, denn das griff in die Regierungshoheiten der jeweiligen Sternenreiche ein und würde nicht überall widerspruchslos hingenommen.