Perry Rhodan 3248: Die Frau aus dem Transmitter - Michael Marcus Thurner - E-Book + Hörbuch

Perry Rhodan 3248: Die Frau aus dem Transmitter E-Book und Hörbuch

Michael Marcus-Thurner

3,0

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Beschreibung

Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr. Wie es aussieht, könnte Perry Rhodan, der als erster Mensch von der Erde auf Außerirdische gestoßen ist, sich endlich seinem großen Ziel nähern: der alte Traum von Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmung ein, man arbeitet intensiv und gleichberechtigt zusammen. Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit. Doch ES weilt nicht mehr in der Galaxis – das Geisteswesen scheint in Fragmente zersplittert zu sein, die sich in verborgenen Fragmentrefugien ballen. Eines dieser Refugien befand sich in der Galaxis Gruelfin und konnte sichergestellt werden, ein anderes in der Kondor-Galaxis, wo Perry Rhodan es zu bergen versucht. In der Milchstraße agiert derweil der mysteriöse Club der Lichtträger, und die Regierung tappt weitgehend im Dunkeln über dessen Angehörige, Ziele und Hintergründe. Abhilfe verspricht womöglich DIE FRAU AUS DEM TRANSMITTER ...

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Seitenzahl: 178

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Zeit:3 Std. 47 min

Veröffentlichungsjahr: 2023

Sprecher:Martin Bross

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Nr. 3248

Die Frau aus dem Transmitter

Sie stammt aus tiefster Vergangenheit – und will Rache an ES üben

Michael Marcus Thurner

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1. Am Anfang war ...

2. ... und dann das schwierige erste Gespräch

3. Die Arbeit nimmt Fahrt auf

4. Erwachen

5. Arkoniden, so schwierig!

6. 14.000 Jahre!

7. Öffentlichkeitsarbeit

8. Eine spannende Unterhaltung

9. Teegeplauder

10. Vorbereitungen

11. Der Plan im Plan im Plan

12. Ebene 101

13. Die Besprechung, vier Monate zuvor

14. Zurückkehrende Erinnerungen, Teil 1

15. Zurückkehrende Erinnerungen, Teil 2

16. Der Plan geht auf

Report

Leserkontaktseite

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr. Wie es aussieht, könnte Perry Rhodan, der als erster Mensch von der Erde auf Außerirdische gestoßen ist, sich endlich seinem großen Ziel nähern: der alte Traum von Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmung ein, man arbeitet intensiv und gleichberechtigt zusammen.

Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit.

Doch ES weilt nicht mehr in der Galaxis – das Geisteswesen scheint in Fragmente zersplittert zu sein, die sich in verborgenen Fragmentrefugien ballen. Eines dieser Refugien befand sich in der Galaxis Gruelfin und konnte sichergestellt werden, ein anderes in der Kondor-Galaxis, wo Perry Rhodan es zu bergen versucht. In der Milchstraße agiert derweil der mysteriöse Club der Lichtträger, und die Regierung tappt weitgehend im Dunkeln über dessen Angehörige, Ziele und Hintergründe. Abhilfe verspricht womöglich DIE FRAU AUS DEM TRANSMITTER ...

Die Hauptpersonen des Romans

Gideon Hallinger – Ein Positronikspezialist stößt auf ein technologisches Rätsel.

Paco – Ein ausrangierter Kampfroboter entwickelt seltsame Marotten.

Ann Than – Eine junge Frau wird auf die Venus berufen.

Mocresta da Vasch – Eine Arkonidin, die ein Geheimnis um ihr Alter macht.

Feyman Bonavero

1.

Am Anfang war ...

»Das wird kompliziert«, sagte Paco, der alte Roboter. »Es raucht. Es brennt. Es glüht.« Mit dem beschädigten Arm deutete er in Richtung der höchsten Gipfel des Valta-Gebirges. Die Spitzen und Kegel waren von einem Staub- und Nebelschleier umgeben, der immer wieder von vulkanischem Magma zerteilt wurde.

Der felsige Boden bebte leicht. Da und dort kullerten Felsen in die Tiefe, glücklicherweise weit von ihrem Pfad entfernt. Gideon Hallinger blieb ruhig und glich die Erschütterungen geschickt mit Gewichtsverlagerungen aus. Er war diese Unruhe seit jeher gewöhnt.

Er betrachtete einmal mehr sein Armbandkom und rief Vengeostat auf, die wichtigste Informationsseite für Bergwanderer. Ihr Weg war für die nächsten beiden Tage als »sicher« markiert worden. Seit ihrem Aufbruch hatte sich nichts geändert.

»Ich sagte: Es wird kompliziert«, wiederholte Paco hartnäckig.

»Für dich ist immer alles kompliziert.« Hallinger blieb stehen und wartete geduldig auf seine beiden Begleiter, Jenö und Tibor, die sich keuchend und ächzend den Weg hochschleppten. Trotz der geringeren Schwerkraft auf der Venus hatten seine beiden Freunde gehörige Probleme, den Aufstieg zu bewältigen.

»Die beiden Terrastämmigen halten uns auf. Ich sollte den Gleiter rufen und sie zurück ins Tal befördern lassen. Oder ich zerstrahle sie. Das geht schneller.«

Hallinger wandte sich nicht zu dem alten Roboter um, als er sagte: »Deine Waffenarme sind inaktiv, falls du das vergessen haben solltest. Und du wirst sie keinesfalls zurück ins Tal schicken. Jenö und Tibor sind gute Freunde. Wir wollten einen gemeinsamen Ausflug unternehmen. Um einen klaren Kopf zu bekommen und endlich einmal die beruflichen Sorgen hinter uns zu lassen.«

»Du hast keine Sorgen, Gideon. Du liebst es, dich mit mir und APHRODITE zu beschäftigen.«

»Dennoch brauche ich ab und zu Abstand zur Arbeit, Paco. Meine Gedanken drehen sich kaum um etwas anderes als um die altarkonidische Positronik. Um dich und deinen bemerkenswert aggressiven Charakter. Um die Rätsel, die nach wie vor auf der Venus zu lösen sind.«

»Du bist kompliziert, Gideon.«

»Ärgert dich dieser Schrotthaufen wieder mal?«, fragte Tibor Penzes, der Hallinger deutlich vor Jenö erreichte. »Ich biete dir an, ihn zu einer Kleiderpuppe umzuarbeiten. Er würde gut in meine Hobby-Stickstube passen. Man müsste ihm bloß abgewöhnen, dauernd ›es ist kompliziert‹ zu sagen. Diese Worte würden bei meinen Klientinnen ausgesprochen schlecht ankommen. Wie wäre es, wenn ich ihm ein Sie sehen darin unglaublich hübsch aus, gnädige Frau in den Sprachschatz einpflege?«

»Paco ist, wie er ist.« Hallinger winkte ab. »Ich gebe ihn nicht her. Das habe ich dir schon x-mal gesagt.« Er betrachtete seinen Freund von oben bis unten. »Wie fühlst du dich?«

»Ich hätte nicht das ganze Rautenno-Steak verdrücken sollen, bevor wir losgegangen sind.« Tibor streichelte seinen deutlich vorgewölbten Bauch und grinste. »Aber es hat nun mal gut geschmeckt.«

Jenö hatte endlich aufgeschlossen. Er beugte sich vor und stützte die Hände an den Knien ab. Schweiß stand ihm auf dem Gesicht. Vor allem der dichte Schnauzer wirkte wie ein undurchdringliches Feuchtbiotop. Der Perta umflatterte ihn aufgeregt, sein »Personal Tour Assistant«. Der kleine Roboter half Jenö und seinem Bruder, die Umstellung von terranischen auf venusische Bedingungen möglichst problemlos zu schaffen. Der Perta gab Ratschläge, unterstützte, half mit Atemluft aus, schützte – und erleichterte den beiden sogar den Umstieg auf die geringere Schwerkraft.

Schließlich wogen Jenö und Tibor auf der Venus etwa zehn Prozent weniger als auf Terra. Immer wieder schätzten sie ihre körperlichen Fähigkeiten falsch ein. Das ging jedoch nicht nur ihnen so: Es dauerte meist eine Woche, bis man sich als Erdbewohner auf der Venus vollständig akklimatisiert hatte.

»Wann kommen wir endlich zu dieser Gipfelhütte, die du uns versprochen hast?«, fragte Jenö und richtete sich auf. »Ich habe Durst. Ich habe noch nie venusischen Hochlandschnaps getrunken.« Er war fast einen Kopf kleiner als sein Bruder. Dennoch war die Ähnlichkeit der beiden nicht zu übersehen.

»Wir sind erst seit drei Stunden unterwegs«, sagte Hallinger. »Wir haben den Großteil des Aufstiegs noch vor uns. Ihr solltet nicht so viel reden und euch nicht vorzeitig verausgaben. Die dünne Luft kann einem gehörig zu schaffen machen.«

»Ich könnte ihr Leiden beenden und sie desintegrieren ...«

»Ruhig, Paco!«, sagte Hallinger scharf. »Ich will von dir bis zur Hütte keine dumme Bemerkung mehr hören.«

Er seufzte still in sich hinein. Vor einigen Jahren, als er in das Team der Positronikhistoriker des Venusgehirns aufgenommen worden war, hatte er den alten Roboter für sich beansprucht, hatte ihn untersucht und ihm, aus einer Laune heraus, einige Extras spendiert. Unter anderem ein Gimmick, das einen Douglas-Terry-Faktor etabliert hatte. Oder, wie er im Volksmund genannt wurde, einen Schrägheitsfaktor.

»Das wird kompliziert.« Paco drehte sich mit einer stolpernden Bewegung um und setzte seinen Weg fort, ohne sich um Hallinger und seine Freunde zu kümmern.

»Warum hast du ihn mitgenommen?«, fragte Jenö. »Ich dachte, wir würden ein wenig Zeit miteinander verbringen. Wir beide wollten dich schließlich testen.«

»Austesten? Wieso?« Hallinger schüttelte verwirrt den Kopf.

»Ach, du weißt es nicht? Das ist ein gutes Zeichen.« Jenö lächelte seinem Bruder zu. »Wir wollten bloß wissen, ob es dir gut geht. Du hattest viel Stress während der vergangenen Monate und wirktest nicht besonders ausgeglichen.«

Hallinger ignorierte die Worte. Da war etwas in seinem Kopf, das ihn irritierte, aber er konnte es nicht so recht festmachen. Nun, es hatte wohl wirklich mit der Arbeit in der Festung zu tun. Während der ausgedehnten Wanderungen durchs Gebirge, die er von Zeit zu Zeit machte, lockerten sich Gedankenknoten. Wenn er dann in die Festung zurückkehrte, ließen sich Probleme, die er als unüberwindbar betrachtet hatte, oftmals mit ein paar Handgriffen oder einer klärenden Unterhaltung mit APHRODITE lösen.

»Ich muss euch um Entschuldigung bitten.« Hallinger schüttelte den Kopf. »Ich hatte gehofft, dass Paco pflegeleicht sein würde. Von all den alten Kampfrobotern, die aus der Venusfestung geborgen werden konnten, gilt er als der bestgeprüfte. Ich beschäftige mich seit gut zehn Jahren mit ihm und glaubte, ihn zu kennen. Aber die Begegnung mit euch, mit Fremden, scheint ihn durcheinanderzubringen.«

»Gehen wir weiter«, schlug Tibor vor. Er deutete mit einer sonderbar wirkenden Bewegung seines rechten Arms in Richtung der staubverhüllten Gipfel des Hochgebirges. »Mir ist etwas mulmig zumute.«

»Vengeostat sagt, dass wir uns keine Sorgen machen müssen ...«

Hallinger brach ab. Er betrachtete fassungslos das aufgerufene Holo. Wo vor wenigen Minuten noch alles im grünen Bereich gewesen war, zeigten sich nun Warnungen der höchsten Stufe. Ein Pfeifton wurde laut, um auf das ganze Ausmaß der Gefahr hinzuweisen.

»Das hört sich gar nicht gut an.« Tibor fuhr sich nervös durchs dichte, kurz geschorene Haar. »Was passiert dort oben?«

»Ein Ausbruch an der Westflanke des Jellölö«, antwortete Hallinger knapp, ohne die dramatisch klingenden Holobenachrichtigungen aus den Augen zu lassen.

Die Gäste der gipfelnahen Hütte wurden mithilfe eines dort positionierten Notfalltransmitters evakuiert. Weitere Rettungsgleiter stiegen aus der Basis der Bergrettung hoch, gut tausend Höhenmeter unterhalb ihrer Position. Sie würden in etwa drei Minuten bei ihnen sein.

Viel zu spät, wie Hallinger ahnte.

»Paco!«, rief er, »wir kehren um.«

»Ich habe es mitbekommen.« Der alte Roboter kam mit bemerkenswertem Tempo herangeeilt.

»Ich brauche eine Route von dir.« Beunruhigt blickte Hallinger in die Höhe. Die Erde bebte stärker als zuvor. Ein Flankenvulkan eruptierte, Magma quoll aus mehreren Rissen. Es dauerte einige Sekunden, bis sie der Lärm des Ausbruchs erreichte.

Viele kleine Ströme vereinten sich rasch zu einem einzigen, der in atemberaubendem Tempo die Bergflanke herabrann.

»Rechts«, sagte Paco. »Wir müssen über die schwarze Passage absteigen.«

Hallinger hatte es befürchtet. Der schwarz markierte Weg war ein steiler Klettersteig mit mehreren komplizierten Passagen, für die seine beiden kaum ausgebildeten Begleiter beinahe unmöglich zu meistern – nicht einmal, wenn sie sich Zeit hätten lassen dürfen.

Aber hatten sie denn eine andere Wahl, als das zu versuchen?

»Es ist alles so kompliziert, weil ihr Terraner meinen Antigrav desaktiviert habt. Ich könnte euch bequem ins Tal bringen, wenn ...«

»Kümmere dich um Tibor und sichere ihn. Ich übernehme Jenö.«

»Natürlich bekomme ich den Fetten ab.«

»Noch ein blödes Wort, und ich sorge dafür, dass du im Ersatzteillager der Venusfestung landest. Verstanden?«

Paco antwortete nicht. Aber er schob Tibor vor sich her. Tibor bewegte sich steif und hölzern. Die Verletzung seines Arms, die von einem Unfall mit einem frisierten Antigrav-Scooter herrührte, behinderte ihn.

Jenö hingegen bewegte sich flinker als zuvor. Der Mann, den Hallinger immer wieder mal als Spezialist für Positronik-Neurologie heranzog und der auch als ausgezeichneter Werkzeugmacher galt, zeigte, was in ihm steckte.

Hallinger übernahm die Führung. Der Pfad ging in schmalen, steilen Serpentinen die Bergflanke hinab.

Hallinger trat einen Stein los, der weitere Pyroklasten mit sich riss. Was mit einem einzigen Geröllklumpen begonnen hatte, wuchs sich rasch zu einer Lawine aus, deren Massen mit atemberaubender Geschwindigkeit und schrecklicher Wucht in die Tiefe donnerten. Hallinger konnte nur hoffen, dass keine anderen Bergwanderer diese schwierige Route genommen hatten und unter ihnen dem Steingewitter ausgesetzt waren.

Illustration: Swen Papenbrock

Die erste schwierige Passage: Eine Seilsicherung, in den Fels seitlich von ihnen geschlagen. Ein bloß 20 Zentimeter breiter Pfad. Ein Abgrund mit gut 500 Meter Tiefe.

»Nicht runterschauen und ruhig bleiben!«, wies er Jenö an. »Denk nicht darüber nach, was du machst. Du musst funktionieren, hörst du? Bleib so knapp wie möglich hinter mir.«

Er wartete keine Antwort ab, sondern ging vorneweg. Ein Blick auf das daueraktivierte Holo von Vengeostat zeigte ihm, dass die Ausläufer des Magmastroms beunruhigend schnell näher kamen. Sie würden sich exakt hier, an diesem Ort, in die Tiefe ergießen.

Hallinger tat einen konzentrierten Schritt nach dem anderen. Hinter sich hörte er Jenö in einer unbekannten Sprache schimpfen. Tibor, der als Nächster kam, fiel in das wüste Gefluche ein.

Hallinger verlor den Tritt und wäre beinahe abgerutscht. Er griff nach dem Seil und klammerte sich fest, konnte sich gerade noch auf den Beinen halten. Er fühlte, dass auch für ihn die Luft knapp wurde. Er war die venusischen Atmosphärebedingungen zwar gewöhnt. Doch die Anstrengung war größer als sonst.

»Nutzt eure Pertas und lasst euch Sauerstoff geben!«, rief er. »Wenn euch dennoch schwindlig wird, sagt es mir.«

Die erste Kehre. Kehrt machen, weitere 20 Meter in die andere Richtung hinabsteigen, erneut umdrehen und im Laufschritt in die Tiefe stolpern. Erst ab der vierten Kehre würden sie in Richtung der rechten Flanke ausweichen können.

Hallinger meinte, ein Knistern und Knacksen zu hören. Der Fels rings um ihn fühlte sich warm an. Die Oberfläche nahm jene Hitze auf, die die Magmasäulen im Inneren des Berges erzeugten, und strahlte sie nach außen ab.

»... kann nicht mehr!«, hörte er Jenö keuchen.

»Halt den Mund und geh weiter!«, wies ihn Hallinger zurecht.

Die vierte Kehre war erreicht. Winzige, brennende Teilchen tanzten durch die Luft. Eines davon legte sich auf seine Wange, er ignorierte den Schmerz. Weiter, einfach nur weiter!

Jenö schrie erschreckt auf. Hallinger wandte sich um und packte instinktiv zu, als Jenö den Griff am Seil zu verlieren drohte. Er hielt ihn fest, bis Jenö wieder fest auf den Beinen stand und gesichert war.

Ein glühender Brocken stürzte wenige Meter hinter ihnen in die Tiefe, dann ein weiterer. Paco blieb stehen und schlug wie ein Faustballspieler zu, bevor das kopfgroße, brennende Felsstück Tibor treffen konnte.

Hallinger eilte weiter, noch schneller als zuvor. Er ließ jegliche Vorsicht vergessen. Es gab keinen Abgrund mehr neben ihm. Er vertraute sich vollends dem Seil an, während er sich weiterhangelte. In 20, vielleicht 30 Metern waren sie in Sicherheit ...

Ohrenbetäubender Lärm überrollte ihn. Hallinger wandte sich nicht um. Er ahnte, dass der Fels vom Magmastrom zerbissen und zerschmolzen wurde. Steine erhitzten sich blitzschnell und explodierten.

Er erreichte jenen Absatz, den Vengeostat als sicher markiert hatte, und blieb stehen. Jenö kam herangehumpelt. An den entblößten Unterschenkeln zeigten sich Brandblasen, die größer und dunkler wurden. Tibor stützte ihn. Nein, sie halfen sich gegenseitig. Er sah nicht besser aus als sein Bruder. Ein kleines Trümmerstück musste Tibor an der Wange erwischt haben. Dort zeigte sich ein dunkles, schwärendes Loch.

Paco stieß die Brüder vorwärts, auf den Absatz zu. Just, als sich ein Vorhang aus grellrot glühender Gesteinsmasse über sie ergießen wollte, warf er sich vor die beiden und schützte sie mit seinem Körper. Gleichzeitig schob er sie weiter. Hin zu Hallinger.

Der packte beide Brüder, zog und zerrte sie hin zu einem überhängenden Felsen, in dessen Schatten sie allesamt Platz fanden. Paco stieß als Letzter zu ihnen. Er putzte sich feurige Flüssigkeit vom Rücken, der aus uraltem Arkonstahl bestand, und verkroch sich anschließend im hintersten Winkel ihres Verstecks.

Der Berg dröhnte und ächzte. Erkaltende Gesteinsmassen klatschten nur wenige Meter neben ihnen in die Tiefe. Irgendwo röhrte ein Tier, womöglich eine junge Adistrinerin, die sich während der Brunftzeit von ihrer Herde getrennt hatte und von den Magmaströmen überrumpelt worden war. Ihr Gebrüll endete nach wenigen Sekunden.

Tibor und Jenö sagten kein Wort. Sie hatten Schwierigkeiten, ausreichend Luft zu bekommen, trotz der Unterstützung durch ihre Pertas. Sie starrten nach draußen, schockiert und dennoch froh, dem Tod entkommen zu sein.

Zumindest vorerst.

Hallinger überprüfte die Vengeostat-Nachrichten. Sie gaben Anlass zum Optimismus: So überraschend der Jellölö ausgebrochen war, so schnell schlossen sich die offenen Wunden in seiner Flanke wieder. Irgendwo tief im Vulkaninneren musste sich in einem Nebenkamin ein Pfropfen gebildet haben. Das nachdrängende Magma war offenbar in eine der alten Lavagrotten ausgewichen, ganz entgegen der Meinung der hiesigen Geologen, die einen derartigen Vorgang als »höchst unwahrscheinlich« bezeichnet hatten.

»Wir glauben, dass wir schon alles wissen«, sagte Hallinger leise. »Dabei machen wir bloß winzige Fortschritte in unserem Verständnis für die Natur der Dinge.«

»Wie bitte?«, fragte Jenö. Er zündete sich mit zitternden Fingern einen geriebenen Fliegenpilzling an und nickte dankbar seinem Bruder zu, der ihm einen altertümlichen Flachmann reichte.

»Ich habe zu mir selbst gesprochen. – Was ist das?« Hallinger deutete auf den bauchigen Edelstahlbehälter.

»Nach was sieht's denn aus?« Jenö nahm einen tiefen Schluck.

»Ich hatte euch doch verboten, Alkohol mitzunehmen! Bei dem Sauerstoffdefizit, das ihr habt, werdet ihr binnen weniger Sekunden sturzbesoffen sein.«

»Wir vertragen einiges.« Tibor trank ebenfalls und grinste entspannt.

Hallinger blickte nach draußen. Die Hitze des Felsens rings um sie beunruhigte ihn nach wie vor. Aber der Ausbruch war vorüber. Ein Signal des Armbandkoms informierte ihn, dass die Rettungsgleiter in einer halben Minute da sein und sie mithilfe von Antigravs an Bord nehmen würden.

»Die Flasche ist konfisziert«, sagte er, riss Jenö den Flachmann aus der Hand und nahm einen kräftigen Schluck. »Ich mache das bloß zu eurem Schutz«, fügte er hinzu.

»Ihr Menschen seid reichlich kompliziert«, ließ sich Paco vernehmen.

2.

... und dann das schwierige erste Gespräch

Das Abenteuer im Valta-Hochgebirge würde Hallinger eine Lehre sein. In den nächsten Tagen und Wochen würde er seine sozialen Kontakte weitgehend reduzieren und sich ausschließlich auf die Arbeit konzentrieren.

Es war ein Fehler gewesen, aus seinem Schneckenhaus herauszukriechen und zu versuchen, jemand zu sein, der er nun mal nicht war. Bereits das Desaster eines Urlaubs auf Terra vor fünf Monaten hatte ihm bewiesen, dass er nur bedingt gesellschaftsfähig war. Und dennoch hatte er sich neuerlich breitschlagen lassen, die Venusfestung zu verlassen.

Das riesige Gebäude kam dem, was er Heimat nannte, am nächsten. Weitaus mehr als seine Wohnung in Port Teilhard. Die Stadt seiner Geburt, Kindheit und Jugend, hatte längst ihren Reiz verloren.

Er dachte an den spannenden Aufbau der Festung. An ihre Variabilität. Immer wieder war sie während der letzten Jahrhunderte umgebaut worden, meist auf Betreiben APHRODITES. Die Positronik benötigte Wandel und Erneuerung. Einige Bereiche waren restauriert worden, andere hatten auf verbesserte Datensicherheitssysteme umgebaut werden müssen. Für die mehr als 18.000 Menschen, Arkoniden und Angehörigen anderer Volker existierten Freizeitnischen, Erholungsparks und künstliche Landschaften, die ihnen APHRODITE zur Verfügung stellte. Kaum ein Bereich stimmte noch mit jenem überein, der er zur Landung der Arkoniden auf der Venus gewesen war.

»Ich hatte recht, nicht wahr?«, fragte Paco und störte damit Hallingers Gedanken. Der Roboter stellte eine Tasse Tee vor ihm ab.

»Was meinst du?«

»Dass du hierher gehörst.«

Hallinger schwieg. Er wollte keine Diskussionen mit dem altarkonidischen Roboter führen. Stattdessen sagte er: »Du hast dich überraschend gut geschlagen. Danke für deine Unterstützung.«

»Wie sagt ihr Terraner? – Ich habe jetzt etwas bei dir gut.«

Hallinger hatte die Unterhaltung satt. Seit er Paco einen leicht eigenwilligen Charakter verpasst hatte, übertrieb es der Roboter manchmal.

Er sah sich in seinem provisorischen Wohnbereich in der Venusfestung um. Er war schmutzig und schmuddelig. Geschirr lag umher, ebenso Folien mit rasch hingeschmierten Notizen, der kaum benutzte Holobad-Schläger, ein Sammelsurium an Speicherkristallen, seine antike Sammlung von Prä-Monos-Spielen.

Und wenn er doch einmal einen Reinigungsroboter kommen lassen würde? – Nein. Er hatte viel zu viel mit Positroniken zu tun, um sie in seinem Privatbereich zu dulden. Abgesehen von Paco.

Er kehrte in seinen Arbeitsbereich zurück, der Roboter stelzte hinterher. Die Gänge waren weitgehend leer. Zwei seiner Kollegen, die ihm entgegenkamen, grüßten ihn ehrfürchtig.

Hallinger wusste um seinen Ruf: Er galt als genialer Eigenbrötler, der schon mal aufbrausend, fordernd, emotional und mitunter sogar bösartig sein konnte. Viele der anderen Positroniker, die sich mit der Lösung der Geheimnisse von APHRODITE beschäftigten, bewunderten ihn für seine Leistungen – und mieden den Kontakt mit ihm. Vor allem die arkonidischen Kollegen, die aus historischen Gründen besonders stark in diesem Festungsbau ihrer Vorfahren vertreten waren. Für sie waren die Positronik und das sie umgebende riesige Bauwerk eine Art Denkmal, das die Größe ihres ehemaligen Imperiums verdeutlichte.

Ein Schott glitt auf, Hallinger ließ die üblichen Kontrollen über sich ergehen und trat in jene kleine Halle, in der er ungestört seinen Arbeiten nachgehen konnte.

Augenblicklich umflirrten ihn mehrere Eyra. Funkelnde, kleine Geschöpfe, die einer seiner Vorgänger während der Arbeit an APHRODITE erfunden hatte und die sich als äußerst praktisch erwiesen hatten. Die Eyra hatten ihren Namen vom altarkonidischen Wort für Funkeln bekommen, einer Eigenschaft, die poetisch auf Augen angewendet wurde. Sie waren nicht nur kluge Ratgeber, sondern dienten auch als Schnittstellen zu der alten Positronik. Bei Bedarf konnten sie sogar in deren Inneres vordringen und nach Problemen suchen. Denn schließlich war APHRODITE fast 14.000 Jahre alt und bedurfte ständiger Pflege und Wartung, um auf der Höhe der Zeit und Anforderungen zu bleiben.

»Wie geht es dir heute?«, fragte der Rechner.

»Gut. Und dir?« Eine der Eyra brachte Hallinger einen gut gefüllten Becher mit K'amana.

»Wie soll es mir schon gehen? Du hast mir diese Frage bereits achthundertzweiundsiebzigmal gestellt.«

»Betrachte es als Ritual, das ich benötige, um in den Arbeitstag hineinzufinden.«

»Das hast du mir bereits zweihundertsiebzehnmal erklärt.«

APHRODITE mochte eine alte Positronik sein, die sich hauptsächlich an der Faktenlage orientierte. Aber wie jeder hochintelligente Rechner hatte sie gewisse Eigenheiten entwickelt. Nun, eigentlich waren es nicht ihre Eigenheiten, sondern die ihrer Nutzer und Betreuer. Sie spiegelte lediglich deren Verhaltensweisen.

»Warum warst du so lange weg?«, fragte die Positronik.

»Ich musste über etwas nachdenken. Du erinnerst dich an unsere letzte längere Unterhaltung?«

»Selbstverständlich. Es ging um meine hyperenergetischen Signaturen. Ich habe dir die Erlaubnis gegeben, sie nochmals gründlicher zu betrachten.«

Hallinger unterdrückte ein Lächeln. APHRODITE legte Wert auf ihre Selbstständigkeit. Eigentlich war sie auf terranische Wissenschaftler angewiesen, um richtig zu funktionieren und weit über ihre Haltbarkeitszeit hinaus zu arbeiten.

»Richtig. Und bei einem dreifachen Check deiner Selbstdiagnose- und Autoreparaturroutinen sind wir auf diese eine Unregelmäßigkeit gestoßen.«