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Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr. Wie es aussieht, könnte Perry Rhodan, der als erster Mensch von der Erde auf Außerirdische gestoßen ist, sich endlich seinem großen Ziel nähern: der alte Traum von Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmung ein, man arbeitet intensiv und gleichberechtigt zusammen. Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit. Die Superintelligenz ist in Fragmente zerfallen, die sich in sogenannten Refugien verbergen. Manche dieser Rückzugsorte befinden sich in weit entfernten Galaxien. Eines dieser Refugien befand sich in der Kondor-Galaxis, wurde offenbar aber bereits geborgen – oder entführt. Perry Rhodan folgt dem schwarzen Raumschiff TEZEMDIA bis zu ihren Auftraggebern. Dabei stoppt er AUF DER TRANSITWELT ...
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Seitenzahl: 167
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Nr. 3270
Auf der Transitwelt
Er ist der Gesandte der LEUCHTKRAFT – unheimliche Begegnung im fremden Kosmos
Susan Schwartz
Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
1. Sota
2. ELNVAN
3. In der Warteschleife
4. Kaunkird
5. Sota
6. Interview mit einem Terraner
7. Der Parcours
8. Hinderungen
9. Die Falle
10. Ein Freund (oder so)
11. Noch einmal warten
12. Verrat
13. Sota
14. Überraschung
Journal
Leserkontaktseite
Glossar
Impressum
Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr. Wie es aussieht, könnte Perry Rhodan, der als erster Mensch von der Erde auf Außerirdische gestoßen ist, sich endlich seinem großen Ziel nähern: der alte Traum von Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmung ein, man arbeitet intensiv und gleichberechtigt zusammen.
Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit.
Die Superintelligenz ist in Fragmente zerfallen, die sich in sogenannten Refugien verbergen. Manche dieser Rückzugsorte befinden sich in weit entfernten Galaxien. Eines dieser Refugien befand sich in der Kondor-Galaxis, wurde offenbar aber bereits geborgen – oder entführt. Perry Rhodan folgt dem schwarzen Raumschiff TEZEMDIA bis zu ihren Auftraggebern. Dabei stoppt er AUF DER TRANSITWELT ...
Perry Rhodan – Der Unsterbliche begehrt einen Transit.
Antanas Lato – Der Terraner sorgt sich um einen Freund.
Poquandar – Der Onquore sorgt sich um seinen Truimou.
Lajonta Paxu
1.
Sota
Welch ein herrliches Leben. Abgesehen davon, dass es sich derzeit nahezu im Stillstand befindet.
Soynte Abil nahm auf der Schaukel Platz und stieß sich ab. Mit ruhigen Bewegungen vergrößerte sie den Schwung, sah mal die Silbergraswiese unter sich, mal den Himmel über sich, der zugleich blau und sternenübersät war.
Schwarz-weiß gestreifte Glasflederlinge ließen sich von der sanften Brise tragen, manche kamen Soynte Abils Schwung zu nah und trudelten heftig flatternd aus dem Sog. Sie suchten nach den großen Korbblüten, rollten sich darüber ein und sanken hinab.
Süßtau tropfte von den drei großen Weidenwedeln, der von Hummlingen und Summnekkers im Flug gierig aufgefangen und eingesaugt wurde.
Soynte Abils Bewegungen kamen zur Ruhe, der Schwung verlor sich rasch, bis sie nur noch leise schaukelnd zum See blickte, wo die rotgoldenen Treibblüten der Kolkopflanzen ihre Achänen Schirmfliegersamen ausstießen ließen.
Auf den großen Blättern hockten amphibische, knallblaue Shamakko, deren Flöten und Pfeifen die giftgrünen Weibchen anlockten.
Unruhe kam auf, kreisförmige Wellen breiteten sich aus, dann erschien ein dunkelbrauner Haarschopf, und gleich darauf erhob sich der komplette Mann aus dem See, schüttelte das Wasser aus den Haaren und kam tropfend nass auf Soynte Abil zu. Unterwegs sammelte er seine achtlos hingeworfene Kleidung ein und warf sie sich über.
»Ein prächtiger Tag«, stellte Vetris-Molaud fest. Seine hellblauen Augen schauten tatkräftig.
Soynte Abil verharrte still, ihre schlanken Zehen spielten mit dem Silbergras. Ihr Blick blieb starr nach vorne gerichtet.
»Neuigkeiten von der TEZEMDIA?«, fuhr der Tefroder fort.
Die Lemurerin schüttelte den Kopf.
»Dann müssen wir eben so fortsetzen, was wir begonnen haben.«
Erst bei diesen Worten richtete sie ihre phosphorgrünen Augen auf ihn. »Das liegt in meiner Absicht.«
*
»Sota!«, rief Vetris-Molaud. »Letzter Stand.«
Auf seine Geste hin wurde ein Raumholo erzeugt. Ein zentrales Spielfeld im Schachbrettmuster, darüber Hügel mit blühenden Terrassen und dem Oberland, und am gegenüberliegenden Ende, über allem, thronte die Festung, strahlend weiß und abweisend zugleich.
Nacheinander wurden die Spielfiguren eingeblendet und stellten sich semimateriell auf den Positionen auf, die sie zuletzt eingenommen hatten. Die meisten befanden sich auf dem Spielfeld, doch es gab auch einige auf den Hügeln und dem Oberland.
Die vierfarbigen Felder variierten in der Anzahl, jedoch nicht unter 144, das beliebte lemurische Tyan-Tya, Zwölf-Dutzend, die große Glückszahl. Bis zu sechs Spieler konnten daran teilnehmen, was bei vier Farben keine einfache Angelegenheit war.
»Ich war am Zug«, sagte Soynte Abil und ließ ihren Feldscher gegen den Tamaron ziehen, die höchste Figur des Spiels.
Es gab sie nur ein einziges Mal und sie wurde interaktiv von dem Spielsystem gesteuert – jedoch mit sehr begrenzten Möglichkeiten, um Angriffen auszuweichen. Den Tamaron zu besiegen, bedeutete höchstes strategisches Geschick, da er nur in der vorher festgelegten Farbe geschlagen werden konnte. War dies geschafft, bedeutete das Shak'ti, den ersten Sieg. Der Tamaron nahm die Farbe des Siegers an und konnte nun in all seiner Machtfülle eingesetzt werden. Dabei konnte er aufgehalten, aber nicht mehr geschlagen werden.
Denn es war noch nicht vorbei, lediglich die erste Etappe. Nun mussten die Hügel und das Oberland bezwungen werden, bis zum zweiten Sieg des Shak't-Sota, wenn der Drakor der Festung erwachte, Feuer spie und diese die Farbe des Siegers annahm.
Damit war das Spiel beendet, aber immer noch nicht gewonnen. Zuletzt wurden die seit Beginn gesammelten Punkte ausgezählt – und der dritte Sieg bedeutete den Punktsieg und führte zum Sota-Rom. Das alles zu schaffen, gelang nicht vielen.
Das Spiel konnte sich über Monate ziehen, je nachdem, welche Variante gewählt wurde und wie viele Mitspieler es gab.
Für Soynte Abil und Vetris-Molaud war es eine zumeist vergnügliche Angelegenheit, die ab und zu mit aller Ernsthaftigkeit wie ein Duell ausgeübt wurde. Sie planten während des Spiels das weitere Vorgehen mit der LEUCHTKRAFT, fällten Entscheidungen und kämpften durchaus um ihre Positionen. Sich den Posten des Kommandanten teilen zu müssen, war für beide nicht einfach. Selbst wenn sie am gleichen Strang zogen und sich zumeist über die Richtung einig waren: Die Rivalität blieb.
»Ha!«, machte Vetris-Molaud, als er sah, wie gefährlich nah der Feldscher dem Tamaron kam.
Dessen Ausweichmöglichkeit war aufgrund seiner Position stark eingeschränkt. Das war aber nicht weiter schlimm, denn die höchste Spielfigur wurde im Allgemeinen bestens durch den oder die Gegenspieler geschützt, die ihrerseits das Shak'ti erringen wollten.
Er überlegte, dann aktivierte er den Verräter und ließ ihn hinterrücks den Feldscher angreifen.
»Oho!«, sagte Soynte Abil und zog amüsiert die Augenbrauen hoch. Sie warf vier Metach entgegen, die in dem Anschlag untergingen und sich auflösten, aber der Feldscher blieb unversehrt.
Die Zählung der Metach zeigte 78 zu 32.
»Du hast einen ganz schönen Verschleiß«, stellte Vetris-Molaud fest.
»Metach sind Kanonenfutter«, erwiderte Soynte Abil. »Die können nicht mal den ersten Hügel erreichen. Aber mein Feldscher wird gleich drauf sitzen.«
»Na schön.« Vetris-Molaud setzte sechs Soldaten in Bewegung, die die Waffenmeisterin schützten. Sie war eine der stärksten Figuren im Spiel und höher bewertet als der Feldscher. Sollte sie einen Treffer landen, würde sie direkt ins Oberland katapultiert.
Soynte Abil konterte mit ebenfalls sechs Soldaten und der Diplomatin, ihrer Lieblingsfigur, und der Feldscher rückte eine weitere Position näher an den Tamaron heran.
»Ein sehr hohes Risiko!«, kommentierte Vetris-Molaud. »Das kann dich deinen Himmelsschauer kosten!«
»Na, und wenn schon!«, gab Soynte Abil zurück. »Ich habe noch nie viel auf Himmelszeichen gegeben.«
»Einer der Gründe, warum du noch nie gewonnen hast.«
»Nach Punkten schon, mein Freund, den Sota-Rom hast du bisher nie errungen.«
»Ach, was sind schon Punkte, wenn man die Siege auf dem Feld hat und die Festung besitzt.«
Sie grinste. »Wer bin ich, dort den Maghan zu besiegen?«
»Wer du bist?« Er lachte schallend. »Die Maghan!«
Sie zogen noch eine Weile gegeneinander, ohne dem Tamaron näher rücken zu können, weil sie sich gegenseitig behinderten. Als Soynte Abil schließlich den Feldscher zurückzog, weil die Diplomatin zu stark gefährdet war, rieb Vetris-Molaud sich vergnügt die Hände.
»Pause?«
»Pause.«
Zu lange Spielsequenzen verleiteten zu Fehlern.
Anfänger benötigten nur wenige Stunden, im leichtesten Modus. Das diente dem kurzweiligen Spaß, und ein Sieg wurde kaum je errungen. Man konnte froh sein, wenn man eine Pattsituation erreichte, bei der keiner mehr einen weiteren Zug unternehmen konnte, sogar der System-Tamaron nicht.
Aber je ehrgeiziger man wurde, je höher man die Schwierigkeitsstufen hinaufstieg, desto herausfordernder wurde es bei gleichzeitiger Chance, den Sieg zu erringen.
Die beiden Kommandanten waren Profis, kannten aber ihre Grenzen. Distanz gewinnen, neue Züge überlegen, das Spiel dann mit ausgeruhter, frischer Sicht erneut überblicken und fortsetzen.
Deswegen legten sie gewöhnlich eine Pause ein, wenn die Überlegungen für den nächsten Zug zu lange dauerten.
Das Spielfeld erlosch.
»DAN!«, rief Vetris-Molaud. »Was ist mit der TEZEMDIA?«
»Sie ist leider immer noch außer Sicht«, meldete die Bordintelligenz. »Aber sie wird kommen, ohne jeden Zweifel.«
»Und bald, hoffe ich«, sagte Soynte Abil unzufrieden. »Dann können wir endlich das Permamentum für Karahol bauen. Nicht wahr, DAN?«
»Könnte ich es wagen, der Maghan zu widersprechen?«
2.
ELNVAN
»Nichts?«, hakte ich irritiert nach. »Was soll das heißen: nichts?«
»Wir befinden uns genau an den Koordinaten, wo Atarmoun liegen soll, Perry«, wiederholte Vanashy und bewegte leicht den hirschartigen Kopf mit den Seka genannten, geweihartigen Auswüchsen an den Schläfen. »Das Gouttamsystem, Richtung Zentrum der Galaxis. Wir haben exakt zwölftausendvierhundertneunundneunzig Lichtjahre zurückgelegt ...«
»Ich stelle deine Fähigkeiten nicht infrage«, beschwichtigte ich die Taemkary. Nur dank ihrer Unterstützung hatten wir überhaupt bis zu diesem Ort gelangen können. »Wenn die Koordinaten stimmen, was ich nicht bezweifle, haben wir womöglich eine Fehlinformation erhalten.«
Illustration: Swen Papenbrock
»Nein, auf keinen Fall«, mischte sich Poquandar ein. »Mein Truimou fühlt sich hier zu Hause.«
Die Beziehung zwischen dem Onquoren und dem seltsamen, knorrigen Stab hatte sich intensiviert, wobei Poquandar die »Kommunikation«, die zwischen ihnen bestand, für uns übersetzen musste. Ob sich das Geheimnis des Truimous wohl bald vollständig lüftete, nachdem mittlerweile festzustehen schien, dass Truimous gewissermaßen Fragmente von Louwhanen waren? Ich war sehr gespannt, was in letzter Konsequenz dahintersteckte.
Dazu hatte Poquandar sich noch nicht äußern können. Er hatte inzwischen gelernt, den Stab als eine Art Fiktivtransmitter aktiv und gezielt einzusetzen, und er meinte, dass der Truimou ihm »zuflüstern« würde, wobei es für ihn weniger verbale als vielmehr emotionale Übermittlungen zu sein schienen. Zumindest hatte er es uns gegenüber so ausgedrückt.
Ich wandte mich unserem treuen Begleiter zu. Antanas Lato und ich waren zusammen mit Poquandar in das kontrachrone Universum gereist. Shema Ghessow hatten wir leider zurücklassen müssen. Ich hoffte, dass es ihr gut ging.
Wie viel Zeit bei ihr seit dem Aufbruch vergangen war, konnte ich nicht sagen. Zeit war in diesem Universum kein Begriff, mit dem wir uns an unserem Universum als Bezugspunkt verankern konnten.
»Also könnte sich hier die Hauptwelt der Louwhanen befinden?«, fragte ich den Onquoren.
»Ich bin sicher«, bestätigte er. »Ich komme dem, was man ›verstehen‹ nennt, zwischen mir und meinem Stab immer näher.«
»Antanas?« Fragend sah ich den Hyperphysiker und Dimensiologen an.
»Bin schon dabei«, antwortete er.
Zusammen mit Vanashy wurden die vom Konstruktor aufgepeppten Geräte der ELNVAN bedient, um alle nur möglichen Ortungen und Messungen anzustellen.
»Es sieht nach einer Gravitationssenke aus«, verkündete er nach einer Weile. »Nur ohne Materie oder Masse. Phantastisch.«
Das war natürlich genau das Richtige für Antanas. Murmelnd vertiefte er sich in seine Analysen, bis er die Lösung hatte – oder ihr zumindest näher kam.
»Meistens, wenn etwas nicht da zu sein scheint, es aber da sein muss, wird ein Schutzschirm eingesetzt – so auch in diesem Fall«, erläuterte er. »Das gesamte Gouttamsystem liegt hinter einem Schutzschirm, der es nicht tarnt, sondern auf perfekte Weise die Gravitationssenke verbirgt. Unserer Laurin-Technologie oder dem Paros-Schattenschirm weit überlegen.«
»Haben wir irgendeine Chance, hindurchzugelangen?« Meine Hoffnung war gering und wurde auch gleich zertrümmert.
»Halte ich für ausgeschlossen, selbst mit diesen vom Konstruktor perfektionierten Schiffen. Wir haben schon ein paar Sonden ausgeschickt, die sich nicht mehr melden. Geschweige denn zurückkehren.« Antanas zuckte die Achseln. »Jedweder Schirm dient schließlich als Barriere, also wäre es verwunderlich, wenn es anders wäre.«
Ich rieb überlegend mein Kinn. »Ich würde trotzdem gerne etwas versuchen.« Ich wandte mich an Vanashy. »Kannst du bitte mit dem Gremium absprechen, ob es möglich wäre, eines der uns begleitenden zehn Schiffe in den Schutzschirm zu senden?«
Die Begleitschiffe waren unbemannt. Wir würden höchstwahrscheinlich einen Verlust erleiden – aber nur materieller Art. Unsere kleine Flotte wäre auch danach immer noch schlagkräftig genug. Und an unserem Ausgangsort wartete im Ortungsschutz verschiedener Sonnen der Rest von fast tausend Raumern.
Ich wollte herausbekommen, wie auf den Einflug reagiert wurde. Vielleicht bildete das für Antanas einen Ansatzpunkt, einen Weg durch den Schirm zu finden. Sonden reichten dazu offenkundig nicht aus.
Ein Holo öffnete sich nur wenige Minuten später, und Mr. Bell, Mr. Brown und Mrs. Finch zeigten sich – das Terranern nachgebildete Gremium aus Komplexprojektionen als verlängerter Arm des Raumschiffes. Ich hatte ihnen schon mal gesagt, dass sie sich mir gegenüber nicht so zeigen sollten, aber sie blieben hartnäckig dabei, mit ihrer Freizeitkleidung und dem amerikanischen Englisch, mit dem ich einst aufgewachsen war.
»Wir sind einverstanden, ebenso Vanashy«, äußerte Mrs. Binch. Wie sie sich ausgetauscht hatten, war uns verborgen geblieben – die drei standen in ständiger Verbindung. »Wir möchten erkunden, was es mit diesem Schirm auf sich hat. So eine Technik wäre von großem Nutzen für uns.«
Sie schickten einen der Doppelkugelraumer los.
Wir sahen zu, wie er langsam auf den unsichtbaren Schutzschirm zuflog. Offenbar war es keine abstoßende Barriere, denn das Schiff tauchte ungehindert ein – für uns dadurch visuell nachvollziehbar, indem es nach und nach verschwand. Zuerst die 300 Meter durchmessende hellgrüne Kugel, makellos wie Glas, dann der 600 Meter durchmessende und 50 Meter hohe silbrige Diskus, danach die tiefrote Kugel, und schließlich verschwand der ganze Raumer innerhalb der Barriere, des Schirms oder was auch immer es war, womit wir es zu tun hatten.
Ananas schüttelte den Kopf. »Kein Funkkontakt.«
»Wurde der Raumer vernichtet?«, fragte ich.
»Nein, das denke ich nicht. Ich konnte keinerlei Energieentladung, die beispielsweise auf eine Explosion hinweisen könnte, anmessen. Ich konnte ihn noch für eine Sekunde orten, nachdem er ganz eingetreten war, bevor er aus unseren Empfängern verschwand. Er ist also irgendwo da drin – aber für uns spurlos verschwunden. Verloren.«
»Ich habe programmiert, dass er nach einer Viertelstunde automatisch zurückkehrt«, setzte Vanashy hinzu.
Also hieß es warten.
*
Der Doppelkugelraumer kehrte nicht zurück. Trotz der Synchronschaltung war keinerlei Kontakt möglich. Der Raumer war inzwischen vielleicht aufgelöst worden. Oder er war schlichtweg verloren in dieser Gravitationssenke und dazu verurteilt, auf ewig in ihr herumzuirren.
Meine Hoffnung, irgendwelche Informationen zu erhalten, zerstob.
Wir überlegten, was wir nun tun sollten. Es hatte keinen Sinn, den Selbstversuch zu starten und mit der ELNVAN aufs Geratewohl in den Schutzschirm einzufliegen. Er war dazu gedacht, die Anatomie der Gravitationssenke zu verbergen und unerwünschte Besucher fernzuhalten. Wir konnten zwar in den Schirm hineingelangen, aber wir würden höchstwahrscheinlich nie mehr herauskommen – weder in die eine noch in die andere Richtung.
»Es muss einen Weg geben!«, äußerte ich frustriert. »Wir wissen, dass ein Kontakt hergestellt werden kann.« Ich blickte zu Poquandar, der sich in Schlafrotation begeben hatte, um über unser Problem nachzudenken.
Als hätte er meinen Blick gespürt, schlug er die großen blauen Augen auf und kam auf die Beine.
»Ja, ich denke, ich habe da etwas gefunden.« Er zog die Mundwinkel kurz nach oben. »Der Truimou vermittelt mir eine Verbindung zwischen hier und einem anderen Sonnensystem. Kann ich mal eine Karte der näheren Umgebung bekommen, bitte?«
Ein großformatiges Holo wurde eingeblendet, das Poquandar noch weiter vergrößerte, sodass er davor auf- und abschreiten konnte. Den Truimou hielt er dabei leicht vor sich.
Ein blinkender Punkt zeigte unsere Position an, den nahm er als Ausgangsbasis.
Nach gut fünf Minuten wies er mit einem Stab auf einen anderen Punkt und zoomte ihn heran, bis er als System erkennbar war. »Hier.«
»Das sind etwa dreißig Lichtjahre Entfernung«, stellte Antanas nach kurzer Eingabe fest.
Vanashys Nüstern blähten sich leicht. Auch wenn sie nur ein Komplexholo war, waren ihr Bewusstsein, ihre Erinnerungen, die Gesten und Verhaltensweisen erhalten geblieben. »Bist du sicher?«, fragte sie Poquandar.
»Ein Ort ist so gut wie der andere, um anzufangen«, erwiderte der Onquore. »Aber ja, wie ich schon bei unserer Ankunft gesagt habe: Ich bin sicher. Der Truimou irrt sich nicht. Er irrt sich nie. Er steht sozusagen vor seiner eigenen Haustür. Wenn er den Schlüssel gefunden hat, leitet er mich hinein, denn ich bin sein Träger. Er will hinter den Schirm, zu seiner Heimatwelt.«
»Wir fliegen dorthin«, ordnete ich an.
3.
In der Warteschleife
Wir ließen drei Doppelkugelraumer bei der Gravitationssenke zurück, mit dem Rest machten wir uns auf den Weg zu dem System – und bei der vorsichtigen Annäherung stellten wir fest, dass wir richtig sein mussten.
Es war ordentlich was los, und wir hatten keine Mühe, verschiedene Sendungen des lebhaften, ungesicherten Hyperfunkverkehrs abzuhören, darunter auch allgemeine Informationen und Anweisungen, die von dem Hauptplaneten abgestrahlt wurden.
So erfuhren wir, dass die rot-orange Sonne – Klasse M nach unserem Standard – den Namen Vunainen trug und der bewohnte zweite Planet in der habitablen Zone Kaunkird hieß.
Seine hauptsächliche Bezeichnung aber lautete Transitwelt.
»Seht ihr? Ich hatte recht.« Poquandar wippte auf und ab. »Der Truimou irrt nie. Von hier aus werden wir einen Weg finden, nach Atarmoun zu gelangen!«
Dem stimmte ich zu.
»Wir sollten auch keine Schwierigkeiten mit unserer Anfrage bekommen«, fügte Antanas hinzu. »Wir brauchen uns nicht mal heimlich an- oder einzuschleichen. Der gesamte Raumsektor, der das Gouttamsystem einschließt, gilt als Friedensgelände.«
Er zeigte uns mehrere Holoausschnitte mit vielen verschiedenen Raumschiffen. Sehr prominent vertreten waren große Ypsilon-Raumer, schlanke Modulkollektoren und mit Symbolen übersäte Kugelraumer mit hoch aufgewölbten Polen.
»Unter anderem die großen drei Konfliktparteien dieser Galaxis treffen hier zusammen ...«
»Die Kivalten des Zentrumsbundes, die Salhaisuu der Sterngeschwisterschaft und die Schwurhüter der Sternmutterlande der Isanama«, unterbrach Vanashy murmelnd. Ihr himmelblaues, dickes kurzes Fell bewegte sich leicht, wie in einer Brise. »Ich erinnere mich an diese Raumschiffstypen und an die Rivalitäten ...«
»... aber sie werden sich hüten, irgendwelche Waffensysteme zu aktivieren«, setzte Antanas fort. »Es ist neutrales Gebiet. Wer gegen die Regeln verstößt, muss auf der Stelle abreisen. Und zwar endgültig, ohne zweite Chance.«
»Dann sind alle aus demselben Grund hier?«, wollte ich wissen.
»Ja, sie beantragen eine Audienz bei den Louwhanen. Sie kommen als Bittsteller und werden auch so definiert. Egal, welche Wichtigkeit oder welchen Status sie geltend machen, alle werden gleichbehandelt, ob sie nun mit einer kleinen Schrottkarre daherkommen oder mit dem modernsten Kriegsraumer. Alle dürfen darum ersuchen.«
»Das wusste ich nicht ...«, stellte Vanashy fest. »Bereits diese Gravitationssenke kannte ich nicht ...«
»Das ist verständlich«, sagte ich. »Du hast die Entwicklung der vergangenen Jahrtausende nicht miterlebt.«
Ich konnte verstehen, dass es für die Taemkary nicht einfach war, nach der jahrtausendelangen Isolation und dem Verlust ihres biologischen Körpers wieder am galaktischen Leben teilzunehmen. Ihr rebellischer Geist war jedoch keineswegs ermüdet, dessen war ich sicher.
Vanashy hatte deutlich gemacht, dass wir lediglich ein Zweckbündnis geschlossen hatten, das endete, sobald wir das ES-Fragment in Sicherheit gebracht hatten. Dafür hatte ich ihr geholfen, mitsamt der Flotte dem Konstruktor nach so langer Zeit zu entkommen.
Ihre Forderung, danach als Kommandantin die gesamte Taemkaryflotte zu übernehmen, war auch völlig gerechtfertigt. Wir befanden uns nur aus einem Grund im kontrachronen Universum und mussten so bald wie möglich wieder in unser eigenes Universum zurück. Wobei dieses »bald« in diesem Fall tatsächlich sehr relativ war.
Unsere SERUN-Chronos liefen zwar weiter, aber wie viel Zeit in Wirklichkeit vergangen war, würden wir erst nach unserer Rückkehr feststellen können. Alles war möglich – Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft. Das war eine zusätzliche Sache, die mich ein wenig beunruhigte, im Hinblick darauf, dass ES wieder zusammengefügt werden musste und uns andere Mächte daran hindern wollten. Zeitkapriolen waren etwas, das ich nicht unbedingt auch noch brauchte ...
Darüber hinaus wollte ich noch nicht nachdenken.
Poquandar stupste mich an. »Und, was machen wir?«
»Wir schließen uns den Bittstellern an«, antwortete ich. »Die ELNVAN wird das System anfliegen, die anderen Raumer bleiben im Leerraum auf Abruf. Die TEZEMDIA wird bald eintreffen, wenn sie nicht sogar schon da ist. Entweder hier oder bei der Gravitationssenke.«
Sie hatte das Fragment an Bord – und das wollten wir uns zurückholen.
»Dann bekommen wir sofort Bescheid«, warf Vanashy ein. »Die dort positionierten Schiffe sind instruiert.«
*