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Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr. Vielleicht kann Perry Rhodan, der als erster Mensch auf Außerirdische gestoßen ist, endlich sein großes Ziel erreichen: Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit. Doch ES weilt nicht mehr in der Milchstraße – das Geisteswesen ist in Fragmente zersplittert worden, die sich an verschiedenen Stellen im Kosmos befinden. Eines dieser Refugien wurde bereits von dem Raumschiff TEZEMDIA und seiner Besatzung entführt. Während Perry Rhodan sich an die Verfolgung macht, ist Gucky in der Galaxis Wolf-Lundmark-Melotte auf der Suche nach einem anderen Fragment. Ihm begegnet DIE BERUFENE ...
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Seitenzahl: 173
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Nr. 3278
Die Berufene
Im Kontor der Kosmischen Hanse – Gucky kämpft gegen die Schattengarde
Susan Schwartz
Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
1. Aus Guckys Memoiren
2. Gemischter Empfang
3. Der Obwalter
4. Party mit Folgen
5. Der Tag danach
6. Das letzte Kontor
7. Überfall
8. In der Sternenbuchhaltung
9. Im Dienst von ES
10. Abschied
11. Aus Guckys Memoiren
Journal
Leserkontaktseite
Glossar
Impressum
Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr.
Vielleicht kann Perry Rhodan, der als erster Mensch auf Außerirdische gestoßen ist, endlich sein großes Ziel erreichen: Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien.
Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit.
Doch ES weilt nicht mehr in der Milchstraße – das Geisteswesen ist in Fragmente zersplittert worden, die sich an verschiedenen Stellen im Kosmos befinden. Eines dieser Refugien wurde bereits von dem Raumschiff TEZEMDIA und seiner Besatzung entführt.
Während Perry Rhodan sich an die Verfolgung macht, ist Gucky in der Galaxis Wolf-Lundmark-Melotte auf der Suche nach einem anderen Fragment. Ihm begegnet DIE BERUFENE ...
Gucky – Der Mausbiber wird mehrmals überrascht.
Suyemi Taeb – Guckys Begleiterin weiß sich zu wehren.
Moria Armstrong – Die Lundmark-Terranerin lebt ihren Traum.
Diva Wintersturm
1.
Aus Guckys Memoiren
4. Juli 2098 NGZ
In einer knappen halben Stunde werden wir auf Armstrongs Welt landen. Unsere gesamte kleine Flotte ist der THORA zum Malasystem gefolgt und hat die Einflugerlaubnis erhalten. Die acht GALILEI-Raumer und die BOX-29 haben soeben bei dem Gasriesen Nuuwy geparkt, und die THORA fliegt nun allein weiter.
Wir befinden uns somit im äußeren Zentrumsbereich der WLM-Galaxis, näher an der Milchstraße. Vielleicht sollte ich mal kurz rüberwinken? WLM – also Wolf-Lundmark-Melotte. Oder einfach Lundmark, das hat sich so eingebürgert bei uns.
Das Malasystem ist recht klein mit nur vier Planeten – Bunta ist der innerste Planet und ähnlich wie der Merkur eine Glutwelt, dann kommt Armstrongs Welt, danach folgen Nuuwy und außen die Eiswelt Trunner. Spektakulär ist es in diesem Umfeld nicht, aber immerhin gibt es lebhaften Raumschiffsverkehr – Händler, Geschäftsleute, Abenteurer, Besucher, Politiker, Diplomaten ...
Und nun wir, auf der Suche nach Verbündeten. Wir können jede Unterstützung brauchen, um das ES-Fragment zu finden und zu bergen – und wenn wir uns dabei nicht mit jedem anlegen müssen, dessen Weg wir kreuzen, wäre mir das sehr recht.
Ich notiere das so ausführlich, weil ich derzeit nicht so recht weiß, wo die Reise hingeht, im wahrsten Sinne des Wortes. Eigentlich kann alles wichtig sein, zumal wir gerade erst mit der Schattengarde unliebsame Bekanntschaft gemacht haben, unserem Konkurrenten und Gegner.
Wir haben zwar vor zwei Tagen den Anführer der Schattengarde und einen seiner bedeutendsten Gehilfen – Adjunkt Rapach und den Thourinen Danou Shinshid – auf dem Höllenplaneten Inferno verhaften können, aber damit ist es längst nicht ausgestanden.
Das mörderische Duo wurde mit ziemlichem Tamtam durch ein großes Aufgebot der Thourinen in Gewahrsam genommen. Schließlich ist Shinshid ein Thourine, da gibt es also ein berechtigtes Interesse seiner Mitbürger, über ihn zu Gericht zu sitzen. Und Rapach gehört einem Volk an, das es in Lundmark gar nicht gibt. Die Vrochonen stammen von FENERIK, da erhebt keines der lokalen Völker Einspruch, wenn sich die Thourinen ihn mit aufhalsen. Und wir bekommen keine Probleme in WLM. Daher habe ich den diplomatischen Forderungen zugestimmt, die beiden zu überstellen.
Aber ich bin mir sicher, dass Rapach vorausgeplant hat. Weshalb sonst wirkte er so ... regelrecht vergnügt, als wir ihn überstellten? Und weshalb sonst hätte er mir gesagt, er »freue« sich schon auf unser Wiedersehen?
Die Zeit wird weisen, was sich aus unserem Abenteuer auf Inferno entwickelt. Nun sind wir auf dem Weg zum Zentrum des Commonwealth.
Zieh dich warm an, Rapach, damit habe ich meinen letzten Eintrag gestern beendet. Und heute blicke ich dem nächsten Abenteuer entgegen, denn wenn ich eines weiß: Wo ich bin, ist das Abenteuer meistens nicht fern. Und das ist meistens besser als Langeweile.
Und wenn ich es mit meiner Suche nach dem ES-Fragment vereinbaren kann, werde ich der Schattengarde einen Riegel vorschieben. Und vor allem Rapach endgültig aus dem Verkehr ziehen. Ihn in einem hübschen kleinen Paket mit dem Vermerk Versager direkt zu FENERIK zurückzuschicken. Rapach geht, ohne zu zögern, über Leichen, und es ist ihm egal, ob es eine, hundert oder Tausende sind. Wenn er es für notwendig erachtet, würde er ein ganzes Sonnensystem auslöschen.
In Shinshid hat er einen willigen Gehilfen gefunden, der sich stolz als »Attentäter« bezeichnet und darin seine Berufung sieht. Im Gegensatz zu Rapach fehlt ihm aber die Raffinesse, er ist plump und schlichten Gemüts, und das muss er auch sein, sonst könnte er nicht so gut gehorchen.
Rapach hingegen ist gefährlich intelligent und, noch gefährlicher, überzeugt, ein glühender Anhänger Kmossens. Er ist absolut rücksichtslos – ich zensiere mich gerade selbst mit all den Attributen, mit denen ich ihn bedenken möchte –, und ihm bedeutet das Leben anderer nichts, wenn es nicht seinen Zwecken dient.
Gleichzeitig hat er dreist versucht, mich anzuwerben! Da er sich über meine Vergangenheit kundig gemacht hat, hätte er wissen müssen, dass das keinen Sinn hat. Doch selbst noch beim Abschied schien er völlig überzeugt, dass ich seinem Werben eher früher als später nachgeben werde.
Vielleicht weiß er von meinem rothaarigen Freund Bully, der als Quintarch mit FENERIK unterwegs ist?
Ach, an ihn darf ich nicht denken, sonst kommen mir die Tränen. Mein Dicker fehlt mir unendlich, und ich möchte nichts lieber, als nach ihm zu suchen, ihn telekinetisch kräftig durchzuschütteln und seinen Verstand dadurch wieder in die richtige Ordnung zu bringen.
Denn es ist nur Blablabla, von wegen FENERIK sei jetzt neutral und nicht mehr Tod und Vernichtung bringend. Chaoporter ist Chaoporter, und das kann auch ein anderer überwachen, nicht Perrys ältester Freund und Mitstreiter Reginald Bull, der stets sein Herzblut für seine Heimat und das Solsystem gegeben hat, ein großer Beschützer, der überzeugter Galaktiker war. Und ist, sage ich! Er hat es vielleicht nur ... für den Moment verdrängt. Mistiger chaotarchisch geprägter Zellaktivator, mistiger!
So, Schluss damit! Ich schweife ab und das ist nicht gut, ich muss mich vorbereiten.
Aha!
Gerade erhalte ich die Info, dass wir im Landeanflug sind. Also gehe ich mal in die Zentrale.
Abenteuer, worin immer du bestehen magst, ich komme!
2.
Gemischter Empfang
Moria Armstrong, die noch nicht lange genug an Teleporter gewöhnt war, sprang zur Seite, als sie einen leichten Windstoß erhielt und Gucky neben ihr materialisierte.
»Erschrick mich doch nicht so!«
»Unverhofft kommt oft!«, gab der Mausbiber fröhlich zurück und ließ seinen Zahn glänzen.
Unwillkürlich streckte die WLM-Terranerin die Hand aus und kraulte sein weiches Nackenfell. Gucky wusste genau, welche Wirkung er erzielte, und er mochte das Kraulen nun einmal.
»Du kommst gerade im richtigen Moment«, sagte Armstrong zu ihm und wies auf das Zentralholo. »Schau!«
Armstrongs Welt lag nah vor ihnen, ein erdähnlicher Planet, der auf der ihnen zugewandten Seite soeben von den Strahlen der roten Sonne Mala übergossen wurde.
Armstrong deutete auf einen winzigen Trabanten von nur 700 Kilometern Durchmesser. »Das ist Galindi, von manchen auch Malanda genannt«, erläuterte sie. »Der Mond der unglücklich Verliebten, die sich nach Erfüllung unerwiderter Liebe sehnen, weil er so nah und doch so fern ist, nicht mehr als ein mäßig heller Punkt vor den Sternen.«
»Du bist hier geboren, wie ich weiß«, sagte Gucky.
»Oh ja.« Sie lächelte. »Mein Ururahn Tieker Armstrong hat diese Welt, die er nach sich benannt hat ...«
»... wie es üblich war ...«
»... im Jahr 512 NGZ mit der Hanse-Karracke GREAT SOUTHERN LAND besiedelt. Und versucht, die Ziele der Kosmischen Hanse fortzuführen. Was sich leider nicht erfüllt hat im Lauf der Jahrhunderte.«
Nicht das terranische Commonwealth, sondern die Sternenassoziation der Hayelen bildete die vorherrschende Kraft in WLM. Sie kontrollierten vor allem den Distribut-Sektor mit den Artefakten – wie dem Schwarzen Sternensand. Obwohl sie die überlichtschnelle Raumfahrt erst in den letzten 500 Jahren entwickelt hatten, hatten sie sich sehr schnell zur Kontrollinstanz entwickelt und den Bestrebungen der Kosmischen Hanse einen Riegel vorgeschoben, ehe diese sich von den Folgen der Hyperimpedanz-Erhöhung erholen konnte.
»Und was du wiederbeleben willst.«
»Exakt!«
Die schwarzhaarige Frau mit dem dunklen Teint strahlte. Sie führte das Büro der Kosmischen Hanse auf Goroldoa – jener Welt, auf der die Schattengarde den furchtbaren Anschlag mit zahlreichen Toten verübt hatte.
Unter diesen Umständen waren sie einander begegnet. Und nun war Armstrong quasi als Diplomatin und Türöffnerin dabei.
*
Armstrongs Welt nahm den gesamten Holoausschnitt ein und zeigte während der Annäherung zusehends Einzelheiten.
»Dieser grob deltaförmige Kontinent ist Neuropa«, erläuterte Armstrong voller Stolz. Sie schien beglückt zu sein, wieder einmal ihre Heimatwelt zu besuchen. »Durch seine Mitte verläuft der Äquator. Auf den beiden Polkontinenten – Thurzonia und Skadiland – betreiben wir nur jeweils eine Forschungsstation und überlassen sie ansonsten den natürlichen Verhältnissen. Dort haben sich einzigartige Biosphären gebildet, die es logischerweise sonst nirgends gibt.«
»Es sieht alles sehr ... einladend aus«, stellte Gucky fest. »Ganz anders als Inferno.«
Schon beim Anflug auf Inferno hatte sich das übermäßig üppige Grün als wenig anheimelnd erwiesen. Eine wuchernde Biosphäre, die einer – vermutlich künstlich herbeigeführten – rasend schnellen Evolution unterlag.
Armstrongs Welt hingegen erinnerte in vielem an Terra – und zwar an jenes vor Jahrtausenden, das nicht ganz so dicht besiedelt gewesen war.
»Dort ist Tamanio City!«, rief Armstrong.
Tamanio City war erkennbar Terrania City nachempfunden – von der Struktur her, mit ihren Ringen, die die Hauptverkehrsadern bildeten, und die sich teilweise überschnitten. Jedoch war diese Megapolis von vielerlei bunten Strukturen dominiert – kugelig, dreieckig, quadratisch, Türme, Kelche, verschachtelte Module ...
Illustration: Swen Papenbrock
Eine unverwechselbare Farbenpracht, die in jedem Fall zu einem Besuch einlud.
Und es gab sogar einen Memorial Park, ähnlich dem des STARDUST-Denkmals, wo die Überreste der ausgeweideten Karracke ausgestellt waren.
»Wir fliegen Thunderland an«, bemerkte Armstrong, und ihre Stimme zitterte leicht vor Aufregung.
Gucky dachte bei sich, dass ihr letzter Besuch an ihrem Geburtsort Jahre zurückliegen musste, wenn sie sich so sehr freute. Es war eben, wie nach Hause zu kommen. Ihm selbst würde es vermutlich ähnlich ergehen, sobald die THORA mit dem ES-Fragment in der Milchstraße ankam und das Solsystem ansteuerte. Terra war seine Heimat geworden, und es war immer etwas Besonderes, dorthin zurückzukehren.
Gesteuert vor allem von der Hoffnung, dass er nicht zu lange fernblieb und sich während seiner Abwesenheit nicht allzu viel verändert hatte ...
*
Thunderland war der größte Raumhafen Tamanio Citys. Der THORA wurde, wie Armstrong anerkennend feststellte, ein VIP-Platz eingeräumt, ein großes Areal für einen 2200 Meter durchmessenden Giganten, am Rand zur Stadt hin gelegen, in der Nähe des großen Towers der Raumüberwachung und Raumhafenkoordination.
»An so einem Platz muss man keine Einreiseprozedur durchlaufen«, sagte Armstrong. »Das ist sehr angenehm und spart eine Menge Zeit.«
»Und bringt Zuschauer«, ergänzte Gucky.
Das Holo zeigte Hunderte hauptsächlich tefrodisch-terranische Neugierige, die vor den Sperren zusammenliefen – und ganz eindeutig den riesigen, modernen Kugelraumer bewunderten, der ihren eigenen so sehr ähnelte und doch wieder nicht.
»Wir erregen einige Aufmerksamkeit.« Suyemi Taeb gesellte sich zu ihnen. »Zum Glück war das beabsichtigt.«
»Andernfalls wäre es nicht sinnvoll gewesen, ausgerechnet mit der THORA zu landen.« Gucky zwinkerte.
Gucky, Moria Armstrong, Suyemi Taeb und Diva Wintersturm würden von Bord gehen. Die restliche Besatzung der THORA sollte an Bord und in Alarmbereitschaft bleiben und zusammen mit dem Rest der Flotte bis in den Raum hinaus alle Vorgänge beobachten.
Dass die Posmi sich anschloss, überraschte den Ilt. Seit Inferno hatte sie sich deutlich anteilnehmender gezeigt. Wobei sie nach wie vor eigene Wege ging, ohne zu enthüllen, was sie antrieb. Gucky verwehrte ihr die Teilnahme nicht, denn es war in Ordnung, dass die Posbis eine Vertretung mitschickten. Dennoch nahm er sich vor, in Kürze eine ernste Unterhaltung mit ihr zu führen, in der es vor allem um Vertrauen ging.
»Apropos Alarmbereitschaft«, sagte Taeb leise zu Gucky, während sie das Schiff verließen. »Ich habe gerade die Information erhalten, dass wir den Kontakt zu den Linearsonden verloren haben.«
»Die sagen das dir und nicht mir?«
»He, ich bin die TLD-Agentin! Meine Aufgabe ist es, es dir schonend beizubringen.«
»An deinem Feingefühl sollten wir noch ein bisschen arbeiten.«
Gucky gab sich leichtfüßiger, als er war. So schnell den Kontakt zu den vier Linearsonden zu verlieren, die er dem Flaggschiff THUTESUR der Thourinen mit den gefangenen Schattengardisten hinterhergeschickt hatte, damit hatte er nicht gerechnet.
Rapach war ihm weiterhin einen Schritt voraus. Um nicht zu sagen, er hatte Gucky ordentlich abgezockt.
»Ich sehe deine Gedanken«, wisperte Taeb. »Du denkst, die zwei wären schon frei?«
»Das steht zu befürchten«, murmelte Gucky.
»Mach dir keine Vorwürfe. Du hattest keine andere Wahl.«
»Ich weiß. Trotzdem.«
»Um Ähnliches zu vermeiden, sind wir hier.«
Gucky fing Armstrongs Blick ein, die das Tuscheln der beiden beobachtete – mit sorgenvoller Miene. Für sie war dieser Besuch sehr wichtig, und sie hoffte verständlicherweise, dass nichts dabei schiefging. Das hoffte Gucky ebenso.
*
Eine kleine Delegation erwartete sie. Allen voran eine kleine, dunkelhaarige Frau mit stechend blauen Augen, die Gucky sofort als Marla Sandoka erkannte, mit der er wegen der diplomatischen Verwicklungen um Rapach und Shinshid zu tun gehabt hatte. Sie war die Regierungssprecherin und hatte beim Abschied gemeint, sie würde sich auf ein persönliches Kennenlernen freuen. Das schien sie tatsächlich ernst gemeint zu haben.
Hinter der Absperrung ertönten Hochrufe. Viele der Lundmark-Terraner begrüßten die Neuankömmlinge begeistert. Über der Menge schwebten einige Sonden, vermutlich von der städtischen Polizei, damit diese sofort eingreifen konnte, sollte es zu einer Eskalation kommen.
Gucky registrierte allerdings sehr wohl, dass es auch andere Stimmen gab, die versuchten, sich Gehör zu verschaffen – kritische Stimmen, die den Galaktikern aus der Milchstraße nicht gerade wohlwollend gegenüberstanden. Wie sie sich wohl verhalten hätten, wenn Perry mit dabei gewesen wäre?
Noch kritischer, entschied Gucky, denn Perry war schließlich der Terraner, ohne den es das tefrodisch-terranische Commonwealth gar nicht gäbe. Die einen feierten den unerwarteten, mit Gucky sogar berühmten Besuch, andere mieden hingegen den allzu nahen Kontakt mit der Vergangenheit, womöglich aus Sorge, von nun an »bevormundet« oder vielleicht sogar wieder »integriert« zu werden.
Über die aktuellen politischen Zustände in der Milchstraße wussten sie ja nichts, ihre Datenbanken hatten höchstens den Stand unmittelbar vor Eintreten des Hyperimpedanz-Schocks 1331 NGZ.
Insofern war es für Gucky äußerst spannend, wie ihm die Regierung des Commonwealth begegnen würde.
Marla Sandoka wurde von zwei Lundmark-Terranern begleitet, die sich auffällig-unauffällig im Hintergrund hielten.
Mit einem Lächeln eilte die Regierungssprecherin auf Gucky zu. »Herzlich willkommen auf Armstrongs Welt und in der prächtigsten Stadt des Commonwealth!«
Gucky gab das Lächeln mit einem besonders blitzenden Zahn zurück. »Wie schön, dass du uns persönlich abholen kommst, Marla.« Er wies auf seine drei Begleiterinnen. »Moria Armstrong dürfte ja keine Unbekannte für dich sein.«
»Im Gegenteil«, sagte Sandoka und nickte Armstrong zu. »Wir finden während eures Aufenthalts hoffentlich Zeit für einen kurzen Plausch?«
»Bestimmt«, antwortete Armstrong. »Ist lange her, und es gibt viel zu erzählen.«
»Das hier ist Suyemi Taeb«, setzte Gucky fort, »Angehörige des Terranischen Liga-Dienstes, und neben ihr steht Diva Wintersturm, Abgesandte der Union der positronisch-biologischen Zivilisationen.«
Die Haluter hatte er gebeten, vorerst an Bord zu bleiben – er wollte die Gastgeber nicht gleich überstrapazieren. Das politische Parkett, das sie betraten, war frisch und daher glatt.
»Ich bin eine Berufene«, korrigierte die Posmi ihn mit neutraler Stimme. Immerhin drang die Altstimme aus dem Akustikfeld ihres ewig lächelnden Mundes und kam nicht von woanders, was die Regierungssprecherin andernfalls sicherlich irritiert hätte.
Gucky verzichtete auf einen Kommentar, setzte diesen Punkt aber zu den anderen auf der Liste für das vertrauliche Gespräch.
»Freut mich!«, sagte Sandoka unverbindlich. Sie musterte kurz die beinahe zwei Meter große, schwarze humanoide Gestalt, deren Haut je nach Sonneneinfall bläulich schimmerte, und wies auf einen älteren Mann mit straff zurückgekämmten, weißen Haaren. »Alban Paolucci, zuständig für die Sicherheit ...«
»... und ich bin Cinella Arbogast, das Mädchen für alles«, stellte sich die dritte Person forsch selbst vor, eine junge Frau mit kurzen, weißblonden Haaren und durchtrainiertem Körper, die die beiden anderen Lundmark-Terraner deutlich überragte.
Missmut verzerrte kurz Sandokas joviale Miene, und sie warf der jungen Frau einen verweisenden Blick zu. »Genau gesagt ist sie die Assistentin des Obwalters des Commonwealth, Otrim Armstrong. Er erwartet uns bereits im Trisphärendom.« Sie machte eine einladende Geste. »Nur ein paar Schritte, ein Gleiter holt uns ab.«
*
Sie gingen Richtung Tower, auf das Sperrgitter zu, wo sich der planetare Parkplatz befand. Dort wartete ein großer Nostalgie-Atmosphärengleiter mit dem Emblem der Regierung – so Sandokas Erläuterung –, wie er von der Bauart her auf Terra im 5. Jahrhundert NGZ üblich gewesen war.
Gucky war sicher, dass diese Konstellation von Sandoka absichtlich herbeigeführt worden war. Natürlich drängelten sich die Menschen nun vor der mechanischen Absperrung, hinter der das energetische Gitter jegliche Versuche, hinüberzuklettern, unterband.
»Sprecherin Sandoka! Auf ein Wort! Gucky! Bitte zu mir her lächeln! Was ist der Grund dieses Besuchs? Wie lange werdet ihr bleiben?« Solche und andere dergleichen Fragen schwirrten nur so herum.
Ringsum drängelten sich die Journalisten mit schwebenden Aufnahmesonden ausgestattet oder Handgeräten, die wie kleine Glasbälle aussahen und hochgereckt wurden.
Ein empörter Aufschrei ging durch die Menge, als plötzlich eine Frau hinter der Absperrung langsam herabsank, getragen von einem Antigravrucksack. Sie hatte eine violette Turmfrisur, trug eine protzige Medienbrille, deren Ränder mit funkelnden Glitzersteinen besetzt waren, einen hautengen, ihre perfekte Silhouette betonenden schwarzvioletten Anzug und oberschenkellange schwarze Stiefel mit mörderisch hohen Stiletto-Absätzen.
»Tamara Bülow – natürlich! Wie immer auf Sondertour!« Das waren die harmlosen Bemerkungen dazu, doch die meisten enthielten derbe Beschimpfungen für den offensichtlichen Star der Medienszene.
»Regierungssprecherin Sandoka – auf ein Wort!«, sagte sie mit rauchiger Stimme, als sie wenige Meter vor der um einen Kopf kleineren Frau landete. Über ihr schwebte eine Kamerasonde.
»Tamara, ich hätte es mir denken können«, sagte Sandoka sarkastisch. »Wie viel Bestechungsgeld hast du diesmal investiert, dass der Tower dich durchgelassen hat?«
»Für einen effektvollen Auftritt tue ich alles, wie du weißt, meine Liebe«, erwiderte Bülow mit breitem Lächeln. Ihre tiefroten, glänzenden Lippen zogen sich zurück und entblößten ein perfektes schneeweißes Gebiss. Mit langen Fingern und fast noch längeren spitzen Nägeln daran schob sie die Brille geziert zurecht. »Ihr seid live auf Sendung! Ein kurzes Interview? Ich halte euch auch nicht lange auf.«
»Das wirst du allerdings nicht«, versetzte Sandoka brüsk. »Da ich mit deinem unakkreditierten Auftritt gerechnet habe, habe ich Folgendes vorbereitet.«
Sie wandte sich an die gesamte Runde. »Verehrte Angehörige der Medienzunft, ich danke für eure Aufmerksamkeit und dass ihr mitunter weite Wege auf euch genommen habt. Wir haben eure Anwesenheit zugelassen, um irgendwelchen Gerüchten vorzubauen. Ja, es stimmt, dieses prächtige riesige Raumschiff, das soeben gelandet ist, stammt aus dem Solsystem der Milchstraße, von wo einst die Explorer der Kosmischen Hanse aufgebrochen sind. Tieker Armstrong war einer von ihnen, der unser Commonwealth in dieser kleinen, schönen Galaxis begründet hat. Das ist lange her – und nun haben wir respektable Gäste zu begrüßen, und allen voran, ihr habt ihn längst erkannt, den Mausbiber Gucky! Über den Grund für diesen Besuch muss ich allerdings Stillschweigen bewahren ...«
Sie hob die Hände, als Protest aufbrandete.
»... doch ich kann versichern, es besteht kein Grund zur Sorge, unser Commonwealth bleibt unangetastet. Es geht lediglich um einen Austausch und eine Recherche, bei der wir behilflich sein können. Der Aufenthalt unserer Gäste wird nicht lange währen. Vielen Dank, wir müssen jetzt weiter.«
Sofort erklang erneuter Protest. Viele Fragen wurden herübergerufen. Auch Bülow gab nicht so schnell auf.
»Ein kleines Exklusivinterview mit Gucky...?«
»Nein«, beschied Sandoka und schritt energisch auf die Journalistin zu, die gezwungen war, auszuweichen.
Also stöckelte Bülow auf Gucky zu. »Nur auf ein ganz kurzes Wort: Was bedeutet ...«
»Ich sagte: nein!«, fuhr die Regierungssprecherin sie scharf an, bevor Gucky etwas sagen konnte.
Cinella Arbogast und Alban Paolucci traten zwischen Bülow und den Mausbiber.
»Ich mache nur meine Arbeit«, gab Bülow pikiert von sich.
»So wie ich«, erwiderte Sandoka. »Tamara, ich rate dir, dich umgehend zu entfernen, meine Geduld ist am Ende. Wenn du einer Verwarnung entgehen möchtest, verschwindest du auf der Stelle.«
»Schon gut, schon gut.« Bülow hob die Hände und lächelte strahlend. »Ich sage ja immer, du bist die Beste.« Sie aktivierte den Antigravrucksack und entschwebte mit ihrer Kamera. »Wir sehen uns!«, rief sie zum Abschied und winkte.
Sandoka wandte sich der Assistentin des Obwalters zu. »Kannst du bitte später nachkommen?«
»Ich soll mich um die Bestechung kümmern?«, riet Arbogast.
»Korrekt.«
»Wie weit darf ich gehen?«