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Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr. Vielleicht kann Perry Rhodan, der als erster Mensch auf Außerirdische gestoßen ist, endlich sein großes Ziel erreichen: Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit. Doch ES weilt nicht mehr in der Milchstraße – das Geisteswesen ist in Fragmente zersplittert worden, die sich an verschiedenen Stellen im Kosmos befinden. Mehrere dieser Fragmente konnten gefunden und geborgen werden, aber nicht immer verlief alles nach Plan. Während nun in der Milchstraße ein Fragment nach dem anderen eintrifft, ist Perry Rhodan auf der Spur des letzten relevanten Fragments für eine erfolgreiche Re-Genese von ES: Sein Weg führt ihn in seine eigene Vergangenheit – AUF DER SPUR DES WANDERERS
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Seitenzahl: 184
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Nr. 3292
Auf der Spur des Wanderers
Der Terraner reist in die Vergangenheit – und begegnet einem Geist
Susan Schwartz
Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
1. Kolchis: Kein guter Kontakt
2. Zuvor: Annäherung an die Vergangenheit
3. Zuvor: anachroner Impuls
4. Zuvor: Kolchis
5. Jetzt
6. Auf dem Arbeitsmarkt
7. Die Schöne Groush
8. Die MERRYWEATHER
9. Das Gespenst
10. Die AVDUR
11. Begegnung mit einem Grünen
12. Der dunkle Engel
13. Die Entführung
14. Nach Terra
Leseprobe PR NEO 340 – Rüdiger Schäfer – Kosmische Genesis
Vorwort
1. Naumann von Silikor: Anakonda
2. Naumann von Silikor: Aufbruch ins Abenteuer
3. Naumann von Silikor: Drion
4. Naumann von Silikor: Die Smaragdgruft
Gespannt darauf, wie es weitergeht?
Leserkontaktseite
Glossar
Impressum
Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr.
Vielleicht kann Perry Rhodan, der als erster Mensch auf Außerirdische gestoßen ist, endlich sein großes Ziel erreichen: Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien.
Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit.
Doch ES weilt nicht mehr in der Milchstraße – das Geisteswesen ist in Fragmente zersplittert worden, die sich an verschiedenen Stellen im Kosmos befinden. Mehrere dieser Fragmente konnten gefunden und geborgen werden, aber nicht immer verlief alles nach Plan.
Während nun in der Milchstraße ein Fragment nach dem anderen eintrifft, ist Perry Rhodan auf der Spur des letzten relevanten Fragments für eine erfolgreiche Re-Genese von ES: Sein Weg führt ihn in seine eigene Vergangenheit – AUF DER SPUR DES WANDERERS
Perry Rhodan – Der Unsterbliche versucht, sich bedeckt zu halten.
Eudora Groush – Die Schöne Groush gibt sich nicht mit jedem ab.
Pattran
1.
Kolchis: Kein guter Kontakt
Der Mann sprang auf, warf den Tisch um und zückte ein Messer. »Betrüger!«, schrie er mich an.
Mit einem Messerträger war ich schon immer fertiggeworden.
»Sei kein schlechter Verlierer«, sagte ich unbeeindruckt. »Ich habe diese Partie gewonnen. Daran gibt es nichts zu rütteln.« Ich zeigte auf mein Kartenpärchen Neuner und die drei Würfel Fünfer. »Das ist ein gemischtes Full House und zählt mehr als deine vier gemischten Dreier.«
Er ließ sich nicht überreden, sondern schleuderte den Stuhl beiseite, der ihm im Weg war, und stampfte, das Messer bedrohlich auf mich gerichtet, der Arm zum Stoß bereit, auf mich zu. Er meinte es ernst. Wie die meisten Bewohner und Gäste der Hauptstadt Orplid.
Ich erhob mich. »Nun beruhige dich doch. Dann erklären wir das Spiel eben für ungültig und fangen neu an.«
»Hältst du mich für blöd?«, schrie er mich an.
Offen gestanden: ja, dachte ich. Aber ich konnte mir meinen Spielgegner nun einmal nicht aussuchen.
Ein dicker Stapel bunter Solar-Scheine lag auf dem Tisch. Den könnte ich gut gebrauchen.
In früheren Zeiten hätte wahrscheinlich irgendein Zuschauer zugegriffen und sich bedient – aber die Überwachung war lückenlos. Und die auf dem Fuße folgende Strafe sehr unangenehm. Ich hatte vor einer Stunde miterlebt, wie ein Dieb von einem Roboter am Schlafittchen gepackt und hinausbefördert wurde – und seine Schmerzensschreie machten deutlich, dass er nicht nur auf die Straße gesetzt worden war.
»Das Angebot ist sehr fair, finde ich, denn ich habe schließlich gewonnen«, sagte ich. Ich ließ meine Blicke schweifen und spürte gleichzeitig, wie sich jemand von hinten näherte.
So war das also. Es könnte heikler werden, als ich gehofft hatte.
Vor allem, weil immer mehr Spieler gegen mich vorrückten. Der angeblich geprellte Spieler war ihnen völlig egal, ihr Einsatz diente nicht seiner Unterstützung. Aber sie konnten es nicht leiden, wenn jemand falschspielte, und niemand fragte nach, ob das der Wahrheit entsprach, sobald der Vorwurf ausgesprochen war.
Ein kurzer Blick zur Tür, kurze Berechnung, wie ich innerhalb von fünf Sekunden dorthin gelangen könnte – und hindurch. Es könnte klappen.
Fehlanzeige. Fünf Kerle mit beachtlichen Armmuskeln vertraten den Weg dorthin.
Ich kam nicht mit heiler Haut aus dem Raum, so viel stand fest.
2.
Zuvor: Annäherung an die Vergangenheit
»Wie geht es dir, Perry?«, fragte Antanas Lato.
Ich wandte mich meinem Begleiter zu. Wir waren seit dem Aufbruch nach Spaphu einen weiten Weg zusammen gegangen, und der hoch aufgeschossene, dünne, geniale, eher scheue Hyperphysiker hatte eine erhebliche Entwicklung durchgemacht. Nicht nur was seine Beziehung zu Pflanzen anging.
Wobei ich nicht sagen will, dass unsere Erlebnisse an mir spurlos vorübergegangen wären. Auch ich hatte wieder eine Menge dazugelernt in dieser nahezu unendlich weit entfernten, so fremden und doch auch wieder vertrauten Riesengalaxis im kontrachronen Universum. Wir hatten Freunde gewonnen und ... zurückgelassen.
»Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, ganz normal«, gestand ich. »In mir streiten sich die Gefühle.«
Ich mochte ein paar Tausend Jahre alt sein, aber ich war keineswegs abgebrüht; mir war nichts und niemand egal. Ganz im Gegenteil, aus dem Grund begab ich mich ja immer wieder in solche Ungewissheiten.
»Shema Ghessow«, sagte Antanas und nickte gedankenvoll. Der Gedanke an sie ging ihm wohl genauso wenig aus dem Kopf wie mir.
»Ich kann nur hoffen, dass die RAS TSCHUBAI sie abholt«, murmelte ich. »Falls sie überhaupt losgeschickt wurde.«
Wir hatten Shema in der Kondor-Galaxis zurückgelassen – zurücklassen müssen, als wir ins kontrachrone Universum aufgebrochen waren, weil sie dort trotz des Schutzes nicht hätte überleben können. Gewiss, die RA war bei ihr, und vielleicht schaffte diese auch den Rückweg. Aber nicht in Shemas natürlicher Lebensspanne.
Der Gedanke, dass sie deswegen vielleicht für immer in Spaphu festsaß, war nahezu unerträglich. Wenn es tatsächlich so käme, würde ich nach meiner Rückkehr alle Hebel in Bewegung setzen, um sie zu holen.
»Wir lassen niemanden zurück«, fügte ich laut und grimmig zu meinem Gedankengang hinzu.
»Ich weiß«, sagte Antanas versöhnlich. »Ich kenne niemanden, der verantwortungsbewusster wäre als du, Perry. Deshalb gibt es auch keinen Grund, Shema aufzugeben. Wir werden einen Weg finden, sie zu holen, falls die RAS TSCHUBAI das nicht erledigt.« Er öffnete den Mund, um etwas hinzuzufügen, doch ich kam ihm zuvor.
»Derzeit haben wir keine Wahl, ich weiß.«
Deshalb musste ich mein schlechtes Gewissen hintanstellen und mich auf das konzentrieren, was vor uns lag. Und das war ungewiss genug.
*
DAN hatte uns geweckt, denn den Großteil der weiten Reise durch Zeit und Raum hatten wir in Kryostase verbracht. Nun würde sich herausstellen, ob der Bordrechner der LEUCHTKRAFT mit seinen Berechnungen richtiggelegen hatte.
Wir hatten uns durch den anderen Zeitverlauf weit in die Vergangenheit zurücktragen lassen, bevor wir das kontrachrone Universum verließen und die Milchstraße ansteuerten.
Wir, das waren neben mir noch der Hyperphysiker Antanas Lato und die beiden Maghane Soynte Abil und Vetris-Molaud. Die Maghane hatten Antanas und ich während unserer gelegentlichen Wachphasen kaum zu Gesicht bekommen. Wie zu erwarten war – und das war mir nur recht –, sonderten sie sich von uns ab, spielten ihr seltsames Spiel namens Sota, dessen Regeln niemand verstand, und schmiedeten Pläne für das ES-Fragment, die völlig im Gegensatz zu unserem Auftrag standen.
»Die gute Nachricht ist«, sagte Antanas, der inzwischen wegen seiner Kastellans-Insigne ein besonderes Verhältnis zu DAN besaß und vielleicht gar als künftiger Kommandant galt, »dass wir nun räumlich unser Ziel erreicht haben: Wir befinden uns im Orion-Arm.«
»Nur zu welcher Zeit, das ist noch die Frage«, meinte ich.
Das machte mich nervös. Ich hatte schon so viele freiwillige und unfreiwillige Reisen in die Vergangenheit unternommen, dass ich genügend Gründe hatte, sie zu hassen. Noch dazu da ich in meine eigene Vergangenheit unterwegs war.
Ein ES-Fragment hatten wir bereits an Bord – und das nächste wollten wir nun bergen. Woher wir wussten, dass es in der Vergangenheit existierte?
Ein Bote der Kosmokratin Mu Sargai, eine für uns Normalmenschen nicht fassliche, ätherische Erscheinung, hatte mit DAN Kontakt aufgenommen und ihm neue Informationen übermittelt. Außerdem hatte das Bordgehirn der LEUCHTKRAFT mit dem bereits an Bord befindlichen Fragment kommunizieren können und war in der Lage, den zeitlichen Standort des nächsten großen Fragments einzuschätzen: im Solsystem, und mit großer Wahrscheinlichkeit auf Terra.
Zu Hause.
Das konnte eigentlich kaum überraschen, nicht wahr?
Immerhin war der Zeitpunkt einigermaßen eingegrenzt worden: nach dem Dolankrieg. Eine genauere Datierung war nicht möglich gewesen, und selbst die kobaltblaue Kosmokratenwalze ließ sich nicht sekundengenau durch die Zeit steuern. Obwohl eine solche Steuerung ganz gewiss möglich wäre, sofern die LEUCHTKRAFT es zuließe.
Aber so war das eben mit Kosmokraten und Chaotarchen. Unberechenbar und außerhalb unseres Verständnisses waren sie, und das galt ebenso für alle Vehikel, seien es nun eine Kosmokratenwalze oder ein Chaoporter.
»Fast wie eine Heimkehr, oder?«, unterbrach Antanas' Stimme meine Gedanken.
»Fast, ja.« Ich nickte. »Es wäre mir lieber, eine echte Heimkehr in unsere aktuelle Gegenwart zu erleben.«
»Dein Vorteil ist, dass du dich in dieser Epoche sehr gut auskennst, weil sie deine eigene Vergangenheit darstellt. Du kannst dich schnell und leicht zurechtfinden und musst nicht viel recherchieren.«
»Das macht es zugleich schwieriger«, erwiderte ich. »Ich darf mir keinesfalls selbst begegnen, ich darf nicht erkannt werden, und auf meine bewährten und vertrauten Kontakte kann ich nicht zurückgreifen. Eine heikle Gratwanderung, weswegen ich sehr hoffe, dass wir richtigliegen.« Ich sagte ja: emotionale Turbulenzen.
Ich räusperte mich. »DAN, hat der Hyperfunk schon Resultate gebracht?« Genug der Grübeleien, wir mussten unsere Aufgabe angehen.
»Oh ja, das wird dich interessieren.«
*
Antanas und ich hielten uns in einer »Wohnlandschaft« auf, die DAN für uns kreiert hatte. Eine Terrasse, umgeben von Bäumen, Gras und zwitschernden Vögelchen, bequeme Sitzmöbel, die in komfortable Schlafliegen umgebaut werden konnten. Wenn wir den Wunsch geäußert hätten, wäre ein Büfett aufgebaut worden, mit allem, was das Herz begehrte.
Wir hatten es uns also gemütlich gemacht, während wir auf einem Holo die Annäherung an den Orion-Arm beobachtet hatten. Selbstverständlich war die LEUCHTKRAFT getarnt, niemand würde etwas von ihrer Anwesenheit mitbekommen.
Dass die Tarnung funktioniert hatte, wussten wir deshalb, weil ich mich nicht daran erinnern konnte, dass irgendwann im 25. Jahrhundert ein ungewöhnlicher, kobaltblauer Riesenraumer aufgetaucht wäre.
Illustration: Swen Papenbrock
Nun wurde das Bild des Weltraums überblendet – und ich sah mich selbst.
Ich stand neben einem schwarzen Monolithen von 50 Metern Höhe und 700 Metern Länge. Der Dolan Memorial Park in Terrania City, ganz eindeutig.
»Ich fühle mich geehrt«, begann ich eine Rede, die vermutlich ins gesamte Solare Imperium – dem, was noch davon übrig war – ausgestrahlt wurde, »dass ich heute, am 4. April 2466, dieses Mahnmal eröffnen darf. Neunundzwanzig Jahre nach dem Dolankrieg sind der Park und das Memorial bei Weitem noch nicht fertiggestellt ...«
»Ich habe genug«, murmelte ich und stellte den Ton ab.
Nun wussten wir also, zu welcher Zeit wir angekommen waren – und es passte gut, zumindest DANS Berechnungen nach.
Aber es war für mich eine furchtbare Zeit. 2437 war ein Katastrophenjahr gewesen, von dem wir uns sehr lange nicht mehr erholten – und der Anfang vom Ende des Solaren Imperiums. Terra, insbesondere Terrania City, lag in Trümmern, ebenso viele Kolonialwelten. Nur einige wenige waren wie durch ein Wunder der Vernichtungswut der Zweitkonditionierten und deren Dolans entgangen.
Ich spürte Antanas' Blick auf mir, als ich abrupt aufstand und bis an den Rand der Terrasse ging, die Hände in den Hosentaschen, den Blick starr auf die künstlich gestaltete Landschaft gerichtet, ohne sie bewusst wahrzunehmen.
Ich konnte nicht mit ihm darüber sprechen.
Welche unendlichen Verluste hatte ich damals erlebt! Angefangen bei meinem Sohn Michael, den ich Mike genannt hatte, am 7. Oktober; von all den Milliarden Bürgern und verwüsteten Welten ganz zu schweigen. Es hatte mich fast gebrochen, und ich hatte in den folgenden Jahren mehr als einmal mit mir gehadert, auf welche Weise wir weitermachen sollten.
Das Schlimmste daran: Aus der jetzigen Warte wusste ich, wie es weiterging.
Sollte ich nicht doch etwas dagegen unternehmen? Inkognito Kontakt zu Ras Tschubai, John Marshall oder Allan D. Mercant aufnehmen, um sie subtil davor zu warnen, was als Nächstes auf das Solare Imperium zukam?
Unsinn. Es war müßig, auch nur einen weiteren Gedanken daran zu verschwenden. Ich hatte es nicht getan, weil immer noch alles so war wie zuvor. Meine Erinnerungen hatten sich nicht geändert.
Mein Schmerz ebenfalls nicht. Alles, was lange vergangen schien, schwappte wieder in mir hoch.
Aber: Es war vergangen! Das Leben im 21. Jahrhundert NGZ resultierte aus dem, was einst geschehen war. Ich durfte nichts »geraderücken«, weil das, verbunden mit meiner eigenen Vergangenheit, eine Katastrophe unbeschreiblichen Ausmaßes auslösen konnte. Oder vielmehr würde.
Reiß dich zusammen! Ich musste mich auf meinen Auftrag konzentrieren und die Vergangenheit zwar besuchen, aber ich durfte nicht daran teilhaben oder sogar eingreifen. Nicht einmal meinem jüngeren Ich konnte ich verraten, dass Mike in Wirklichkeit gar nicht tot war.
Zuerst erledigten wir unseren Auftrag, als Nächstes ging es zurück in die Zukunft.
Natürlich hatten wir vier Passagiere auch schon mit DAN darüber debattiert, auf welche Weise wir in unsere Gegenwart zurückkehren könnten.
Die LEUCHTKRAFT könnte den zeitlichen Abgrund mit einem Dilatationsflug überwinden.
Oder versteckt im Solsystem bleiben und die Zeit abwarten.
Soynte Abil, Vetris-Molaud und ich waren relativ unsterblich, und DAN versicherte, dass Antanas für die Dauer hyperhiberniert werden könnte – das bedeutete, er würde gewissermaßen aus der Zeit genommen und seine Existenz stillgelegt werden. Ihn zu vitalisieren war anscheinend nicht möglich, über die Gründe schwieg DAN sich aus.
3.
Zuvor: anachroner Impuls
Ich wandte meine Aufmerksamkeit wieder dem Holo zu und sah ... Pluto, der rund tausend Jahre später zerstört worden war. Welch verwirrender und vertrauter Anblick zugleich, es berührte mich.
Weitere Meldungen kamen herein. Einige Dutzend Haluterschiffe unter der Führung Icho Tolots patrouillierten im System. Viele Menschen fühlten sich dadurch sicherer.
Ich wollte Antanas gerade einen Schwank aus meiner Vergangenheit erzählen, als ich plötzlich eine Veränderung an meiner Schulter bemerkte – dort, wo der Zellaktivator saß und wo seit meinem Aufbruch der tropfenförmige Obsidiankristall der Kosmokratin Mu Sargai untergebracht war.
Üblicherweise hatte er seine eigene, von außen unbeeinflussbare, konstante Temperatur von 19,9 Grad Celsius. Aber auf einmal hatte ich das Gefühl zunehmender Wärme.
Ich zog den halbtransparenten Tropfen hervor und hielt ihn hoch. »DAN, kannst du mir sagen, ob es eine Veränderung daran gibt?«
»Ja«, antwortete das Bordgehirn. »Ich messe eine steigende Temperatur.«
»Seltsam«, bemerkte Antanas und bemühte seine eigenen Mikrogeräte.
Seltsam? Ja, dem konnte ich zustimmen. In der Obsidian-Datei befanden sich Hinweise auf ES-Fragmente. Anfangs waren es nur zwei gewesen, eines in Morschaztas bei Gruelfin und das andere in der Kondor-Galaxis, der Heimat der Sorgoren. Beide waren inzwischen geborgen, und während andere für den Transport sorgten, hatte ich mich auf die Suche nach dem nächsten Fragment begeben.
»DAN, haben wir unser Fragment etwa schon gefunden?«
Das Bordgehirn hatte bereits darauf hingewiesen, dass die Obsidian-Datei auf das in der Vergangenheit befindliche ES-Fragment reagieren würde – wie ein chronoseismischer Detektor. Wie genau dieser für die Ortsbestimmung war, dafür hatten wir jedoch keinerlei Erfahrungswerte.
»Zumindest nähern wir uns dem Standort an«, meinte DAN.
Sehr gut. Richtige Zeit, richtiger Ort – alle Vermutungen vorher hatten sich bewahrheitet. Das sah danach aus, als dürften wir ein wenig Optimismus zulassen!
»Dann sollten wir ...«
»Wir haben ein Problem«, unterbrach mich DAN.
Bang, Rückkehr auf den harten Boden der Realität, Ernüchterung setzte ein.
Wenn DAN so etwas sagte, war es bitterernst.
»Welches Problem?«
»Ich habe einen anachronen Impuls empfangen.«
Bevor ich meine nächste Frage stellen konnte, fuhr das Bordgehirn schon fort: »Etwas, das nicht aus dieser Zeit stammt – und damit sind nicht wir gemeint –, ist soeben in dieser Zeit im Solsystem gelandet. Die Wahrscheinlichkeit liegt nahe, dass es sich genau wie bei uns um jemanden aus der Zukunft handelt.«
»Wir wurden verfolgt!«, entfuhr es mir. An Zufälle glaube ich nicht, und an solche schon gleich gar nicht. Es war ausgeschlossen, dass jemand prompt zur selben Zeit und am selben Ort wie wir in der Vergangenheit eintraf. »Jemand hat es irgendwie geschafft, sich uns an die Fersen zu heften!«
»Und wird uns eine Falle stellen«, folgerte Antanas. »Offen gestanden, ich habe keine Ahnung, wie es gelungen sein mag, unseren Weg zu verfolgen – und wer das getan hat. Das Motiv hingegen ist klar: um uns aufzuhalten.«
»Dann werden wir unverzüglich unsere Strategie ändern«, sagte ich grimmig. »DAN, bitte stell eine Verbindung zu Soynte Abil und Vetris-Molaud her.«
*
Die beiden Maghane bemühten sich nicht zu uns, sondern ließen sich per Holo zuschalten. Wie zu erwarten war, steckten sie mitten in einer Partie Sota, von der sie sich ungerne abziehen ließen.
Ich erläuterte ihnen, was wir soeben entdeckt hatten. Wir waren uns schnell einig.
»Wir stimmen zu, dass es besser ist, dich zuerst inkognito loszuschicken, um die Lage zu sondieren«, sprach Soynte Abil sich für meinen Vorschlag aus. »Jemand, der sich uns an die Fersen heften kann, vom kontrachronen Universum aus bis hierher in diese Zeit und an diesen Ort – der kann womöglich auch die LEUCHTKRAFT orten, womöglich könnte er sich sogar an Bord schleichen.«
»In diesem Stadium müssen wir auf alles gefasst sein«, fügte Vetris-Molaud hinzu.
»Und weil die Obsidian-Datei auf das Fragment reagieren wird, komme nur ich für den Einsatz infrage«, machte ich deutlich.
Die beiden Maghane hatten nichts dagegen. Sie wirkten nicht so, als hätten sie Lust darauf, selbst tätig zu werden. Das überließen sie so lange mir, bis ich das Fragment gefunden hatte.
Aber DAN hatte auch noch ein Wörtchen mitzureden, und darauf konnte ich vertrauen.
Antanas wollte mich unbedingt begleiten, wie er deutlich zum Ausdruck gebracht hatte. Und ich sah ihm an, dass er erneut insistieren wollte, bat ihn jedoch mit einer Handbewegung darum, kurz zu warten.
»Dann ist es beschlossen?«, hakte ich vorsichtshalber noch einmal nach.
Die beiden Maghane nickten und beendeten die Verbindung.
»Perry, wir sind einen so weiten Weg zusammen gegangen, du kannst meine Unterstützung brauchen«, platzte der geniale Hyperphysiker umgehend heraus, kaum dass das Holo desaktiviert war. »Und ich habe so viele Erfahrungen gesammelt, dass ich in der terranischen Vergangenheit zurechtkomme – es ist ja wie Neuland für mich. Ich gehe gut als ahnungsloser Tourist durch und werde mich nicht verraten.«
»Antanas, es liegt nicht an mangelndem Vertrauen«, erwiderte ich. »Das weißt du. Aber zum einen ist mir im Gegensatz zu Spaphu alles bekannt, und ich habe schon eine Idee, wie ich mich nach Terra schleiche. Dafür ist es besser, allein zu sein.«
»Und zum anderen?« Er hörte sich nicht überzeugt an, und das konnte ich ihm nicht verdenken.
Natürlich wollte er es am eigenen Leib erleben, wie es im Solsystem und auf Terra im Jahr 2466 alter Zeitrechnung gewesen war. Ihm bot sich eine einmalige Gelegenheit-
»Das ist der viel wichtigere Grund«, antwortete ich ernst. »Ich brauche dich hier. Du verstehst dich mit DAN, er erkennt dich aufgrund deiner Kastellans-Insigne an, und du kannst mit ihm zusammen die beiden Maghane im Auge behalten.«
Er stutzte. Dann nickte er, wenngleich er enttäuscht wirkte. Verständlich. »Du hast recht. Das ist der Weg der Vernunft.«
Und es war eine bedeutungsvolle Aufgabe. Antanas war am richtigen Platz, und DAN konnte ihn sicherlich mit einigen Einblicken via Holo in das Leben im Jahr 2466 versorgen.
Ohne Antanas auf der LEUCHTKRAFT zu wissen, wäre ich mit großer Sorge aufgebrochen, aber so konnte ich mich voll und ganz auf den Einsatz konzentrieren.
*
Wir waren übereingekommen, dass wir zum 250 Lichtjahre entfernten System der gelben Sonne Lady Cooper flogen. Zu weit weg durfte mein Startpunkt nicht liegen, da zu dieser Zeit die private Raumfahrt kaum erschwinglich war: die Wege weit, die Technik vielerorts nicht auf dem neuesten Stand.
Am sichersten war es, nach einem Händlerschiff Ausschau zu halten, das mich nach Terra mitnehmen würde.
Und so kam Lady Cooper überhaupt ins Spiel. Ihr vierter Planet war Kolchis, eine reichlich anarchistische Welt, die der Dolan-Zerstörung entgangen war, trotz ihrer Nähe zu Terra. Dort ging es laut und lebhaft zu, und es gab sehr viele Geschäftemacher und Händler, allen voran die Springer, wie sie damals von uns noch genannt wurden. Kolchis war nicht so gesetzlos und gefährlich wie Lepso, aber auf dem Weg dahin.
Während des kurzen Flugs kühlte der Obsidiankristall wieder ab. Ich wertete das als sicheres Anzeichen, dass wir auf dem richtigen Weg waren.
Aber erst mal musste ich mich angemessen maskieren.
*
»Ich brauche eine überzeugende, natürliche Maske«, sagte ich zu DAN. »Eine, die einer dem Jahr 2466 angepassten, standardisierten Überprüfung standhält.«
Was nicht allzu schwer werden dürfte – die Standard-Scans von damals konnten mit denen meiner Gegenwart keinem Vergleich standhalten.
Es sei denn, die Agenten von Allan D. Mercants SolAb – oder gar von Atlans USO – würden sich mit mir beschäftigen. Es war nicht vollends auszuschließen, dass sie auch meinen Zellaktivatorchip anzumessen vermochten, wenngleich sie zunächst nichts damit anfangen könnten – damals trugen wir alle noch die »Eier«. Aber sie würden in jedem Fall darauf kommen, worum es sich bei dem Gerät handelte, und mit weiteren Tests herausfinden, dass ich nicht nur unsterblich war, sondern auch ...
Nun, genau darum wollte ich ja Maske machen und mich nicht auf »normalem« Weg nach Terra begeben. Ich musste jeglichen Kontakt mit meinen damaligen Mitarbeitern, Agenten, Mutanten und sonstigen Personen, die mich auffliegen lassen konnten, vermeiden.
»Dann müssen wir als Erstes deine Augen verändern«, schlug DAN vor.
»Ich möchte sie gerne intensiv blau«, sagte ich spontan. »Aber eher hell, nicht so dunkel wie bei Mike.«
»Mike?«
»Mein Sohn Michael Rhodan, auch Roi Danton genannt.«
»Ich habe die Information gefunden. Es stellt kein Problem dar, deine Augeniris in jedem beliebigen Farbton einzufärben. Und zwar so, dass es lange hält. Aber ...«
»Ja?«
»Ich würde dir Kontaktlinsen empfehlen.«
»Warum?«, wollte ich wissen.
»Deine Augen sind alt«, antwortete DAN. »Keine aktive Farbveränderung kann die Tiefe deiner Augen überdecken, die dein wahres Alter, nicht dein physisches, spiegeln. Das würde sofort zu Irritationen führen.«
»Das verstehe ich«, räumte ich ein. »Aber Kontaktlinsen bemerkt man doch, oder?« Die Augenfarben zu verändern, war damals schon recht beliebt gewesen. Zumeist wurden dafür Kontaktlinsen eingesetzt, sodass man jeden Tag wechseln konnte. »Sollten wir dafür nicht medotechnische Nanosubstanzen verwenden?«