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4000 Jahre in der Zukunft … die Mitte des 23. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung. Die Menschen leben in Frieden und Freiheit. Von der Erde aus haben sie ein Netz aus Handelsbeziehungen und Bündnissen geschlossen, das zahlreiche Planeten in der Milchstraße sowie in umliegenden Galaxien umfasst. In dieser Phase attackiert Shrell, eine Unbekannte aus dem Volk der Leun, die Erde. Sie zündet das Brennende Nichts, das binnen vier Jahren Erde und Mond verschlingen wird, und erpresst Perry Rhodan auf ungeheuerliche Weise: Er kann die Erde nur retten, wenn er in Shrells Heimat fliegt. Dort herrscht angeblich Reginald Bull, Rhodans ältester Freund – und diesen soll er nun töten. Mit einer kleinen Gruppe von Gefährten begibt sich Perry Rhodan auf die riskante Reise. Das Raumschiff PHOENIX bringt sie in bisher unbekannte Weiten des Universums. Auf der Erde wächst das Brennende Nichts – auf dem Mond wie auf der Erde. Dort beschäftigt die Menschheit auch NATHANS TESTAMENT …
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Seitenzahl: 151
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Nr. 3311
NATHANS Testament
Showdown zwischen Posbis und Ylanten – was steckt hinter dem großen Werk?
Marc A. Herren
Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
1. Auszeit
2. Konflikte
3. Kampfgetümmel
4. Eine neue Aufgabe
5. Die Prozession der Ylanten
6. Im Fragmentraumer
7. Am Kraterwall
8. Plasmaeroberung
9. Das Back-up
10. Das Wort des Kommandanten
11. Der Letzte seiner Art
Leserkontaktseite
Glossar
Raumfrachter der QUADRA-Klasse
Impressum
4000 Jahre in der Zukunft ... die Mitte des 23. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung.
Die Menschen leben in Frieden und Freiheit. Von der Erde aus haben sie ein Netz aus Handelsbeziehungen und Bündnissen geschlossen, das zahlreiche Planeten in der Milchstraße sowie in umliegenden Galaxien umfasst.
In dieser Phase attackiert Shrell, eine Unbekannte aus dem Volk der Leun, die Erde. Sie zündet das Brennende Nichts, das binnen vier Jahren Erde und Mond verschlingen wird, und erpresst Perry Rhodan auf ungeheuerliche Weise: Er kann die Erde nur retten, wenn er in Shrells Heimat fliegt. Dort herrscht angeblich Reginald Bull, Rhodans ältester Freund – und diesen soll er nun töten.
Mit einer kleinen Gruppe von Gefährten begibt sich Perry Rhodan auf die riskante Reise. Das Raumschiff PHOENIX bringt sie in bisher unbekannte Weiten des Universums.
Auf der Erde wächst das Brennende Nichts – auf dem Mond wie auf der Erde. Dort beschäftigt die Menschheit auch NATHANS TESTAMENT ...
Sira Nylling – Die KIS-Agentin bangt um ihre Geheimnisse.
Rhea Caburra – Die Forensikerin erfährt Erstaunliches.
Bonnifer – Der Wyconder bringt sich ein.
Sloreg
1.
Auszeit
3. August
Rhea fühlte, wie ihr alle Farbe aus dem Gesicht wich. »Sahira Saedelaere«, sagte sie. »Wie in Alaska Saedelaere?«
»Wie ebenjener.«
»Ist er dein ...« Vater? Großvater? Urgroßvater?
»Mein Vater, ja.«
Rhea Caburra blickte in das Gesicht der jungen Frau, versuchte die Verwandtschaft zu dem legendären Unsterblichen darin zu finden. Sie erinnerte sich schwach an Bilder aus der Zeit, als er keine Maske getragen hatte. Aber das war gewesen, als er auch ohne Cappin-Fragment unterwegs gewesen war – und dieses hatte sein Gesicht erheblich in Mitleidenschaft gezogen. Wie hatte man ihn damals genannt?
Der Totenbleiche.
»Alaskas Tochter also«, sagte sie, weil ihr gerade nichts Besseres einfiel.
Sahira rümpfte die Nase. »Das ist einer der Gründe, weshalb ich in der Milchstraße Tarnidentitäten verwende: Kaum nenne ich meinen Namen, werde ich nur noch als Alaskas Tochter gesehen. Er mag seinen Anteil an meinem Genom gespendet haben, aber ich bin ich.«
Rhea hatte nach wie vor Mühe, das Gesagte einzuordnen. Als Forensikerin war sie es gewohnt, bei ihren Gegenübern auf Geheimnisse zu stoßen, die sie plötzlich in einem ganz anderen Licht erscheinen ließen. Aber bei Sahira hatte das Geheimnis ungeahnte Dimensionen. Und offenbar auch ein paar Falltüren.
»Verzeih«, sagte Rhea. »Ich muss das erst einmal alles verarbeiten. Das und ... das alles!« Sie machte eine umfassende Geste, die die Überreste von Anniwas Tercel, die zerstörte Glassitkuppel des Shifts und ihren malträtierten Hals einschloss.
Anniwas Tercel hatte sie aus einem Impuls heraus umbringen und danach »in Stücken« in ein Versteck nach Terra bringen wollen. Sahira hatte sie im buchstäblich letzten Augenblick gerettet, indem sie die Glassitkuppel durchschlagen und ihrerseits den Gestaltwandler umgebracht hatte.
Nun schützte nur Sahiras SERUN sie und Rhea vor der absoluten Kälte des Weltraums. Rhea fröstelte. Tercel hatte ihr den SERUN ausgezogen. Sie trug nur dünne Funktionskleidung.
»Du hast recht«, sagte Sahira. »Ich bringe dich erst einmal an einen sicheren Ort. Du musst dich erholen.«
»An welchen sicheren Ort hast du da gedacht?«
Sahira grinste. »In mein geheimnisvolles Schiff.«
»Das Schiff, das die Posbis oberhalb des Ylatoriums entdeckt haben?«
»Jepp.«
»Das Schiff, bei dem ich dir auf den Kopf zugesagt habe, dass du seine Kommandantin seist?«
Sahira nickte. »Du hast eine bewundernswerte Beobachtungs- und Kombinationsgabe, Rhea.«
Rhea atmete durch. Sahira gab sich so ganz anders als zuvor, als sie noch Sira Nylling, KIS-Agentin und ihre Vorgesetzte gewesen war. Rhea hatte zwar überhaupt nicht den Eindruck, dass Sahira sie anlog, aber völlig trauen wollte sie ihr nicht. Noch nicht, zumindest.
»Komme ich nun vom Regen in die Traufe? Von Tercels Gefangenschaft in deine?«
Sahira blickte sie aus ihren dunklen Augen an. »Ich habe dir meinen echten Namen verraten. Nun muss ich dich leider umbringen.«
Rhea hielt ihrem Blick stand. »Eine klare Lüge, Sahira. Oder hast du dich an schwarzem Humor versucht?«
Sahira grinste. »Humor ist eine Art Roulette. Manchmal setzt man auf Gerade und kommt trotzdem schräg rüber. Vielleicht war ich auch zu viele Jahre ohne menschliche Gesellschaft.«
»Du willst mich also nicht aus dem Verkehr ziehen?«
»Sicher nicht. Mein Raumschiff wird uns nun abholen, dann päpple ich dich wieder auf. Vielleicht erzähle ich dir dabei etwas aus meinem Leben, bevor ich mich als Sira Nylling zusammen mit dir zurück ins lunatische Abenteuer stürze. Wir müssen schließlich den armen Wilhelm finden.«
Rhea fühlte Erleichterung in sich aufsteigen. Fünf Minuten zuvor hatte sie in Sira noch das Verbrechergenie gesehen, das bei ihrer Entführung durch Tercel im Hintergrund die Fäden gezogen hatte. Sie musste sich erst daran gewöhnen, dass aus der distanziert-kühlen und potenziell gefährlichen jungen Agentin eine nahbare, quasi-unsterbliche und kosmisch angehauchte Frau geworden war. Alaska Saedelaeres Tochter, von der sie nicht einmal gewusst hatte, dass sie existierte.
Sahira aktivierte ihr Multifunktionsarmband. »Du kannst mich abholen, CORELLA.«
»Der Name deines Schiffes?«
»In Anlehnung an den Namen meiner Mutter.«
Etwas klingelte in Rheas Gedächtnis. Eine Assoziation nur, aber sie war zu ... »Hieß nicht eine Tochter von Reginald Bull Corella?«
»So ähnlich. Corell. Siela Corell.«
Rhea schnappte nach Luft. »Dann bist du auch noch ...«
»Reginald Bulls Enkelin, ja.«
»Grundgütiger.«
»Ich möchte etwas klarstellen«, sagte Sahira, »damit wir nicht in ein falsches Fahrwasser geraten: Ich habe keine persönlichen Banden zu diesen beiden Männern geknüpft. Mit Bull habe ich einmal im Leben kurz gesprochen. Er war nett, hat mir sogar eine Space-Jet überlassen. Alaska hingegen ... Da bin ich nicht einmal sicher, ob er von meiner Existenz überhaupt weiß. Ich habe recherchiert und Hinweise gefunden, dass Perry Rhodan ihm von mir erzählt hat, obwohl er mir versprochen hatte, es nicht zu tun.«
»Männerfreundschaften«, sagte Rhea.
»Tja.«
Rhea Caburra atmete durch. »In Ordnung, Sahira. Ich habe dich gehört. Laut und deutlich. Du willst mit deinem biologischen Vater und deinem biologischen Großvater weder in einen Topf geschmissen werden, noch dass du über sie definiert wirst. Für mich ist dies okay. Es reicht mir, wenn ich mehr über dich erfahre. Deine Geschichte, deine Ziele. Deinen ... Plan?«
»Die CORELLA ist da. Sie wird einen röhrenförmigen Prallschirm projizieren und ihn mit Luft füllen. Dann hebe ich dich hoch. Ist angenehmer so.«
Rhea folgte Sahiras Blick, sah aber nichts. »Steckt die CORELLA immer noch in ihrem Tarnfeld?«
»Japp. So sieht sie aus.« Sahira hob das linke Handgelenk. Eine faustgroße bläuliche Holosphäre erschien. Darin drehte sich ein Raumschifftyp, den Rhea nie zuvor gesehen hatte.
Es handelte sich um ein rochenartig geformtes Raumschiff. Abgeflachte Bauweise, etwas länger als breit, mit weit ausladenden »Flügeln«, einer maulartigen Sensorleiste am Bug und gekreuzten Ablegern am Heck, der »Schwanzpartie«. Alles in allem sah es sowohl kraftvoll als auch elegant aus.
Sahira erhob sich und zog Rhea hoch. »Die Röhre steht; halt dich fest.«
Sahira umfasste sie mit dem einen Arm um die Hüfte, mit dem anderen schirmte sie ihren Kopf ab, während sie vorbei an den scharfen Zacken der geborstenen Glassitscheibe in die Höhe schwebten.
Rhea sah den verräterisch glänzenden Prallschirm, darüber glommen die Sterne. Die CORELLA verbarg sich vor ihren Augen. »Woher hast du das Schiff?«
»Von den Ayindi. Hast du schon mal von ihnen gehört?«
»Das Volk von der anderen Seite des Möbiusbandes?«
»Genau das.«
Rhea zuckte zusammen, als plötzlich eine beleuchtete Halle erschien. Sahira setzte sie sanft ab. In der Halle war es angenehm warm. Rhea roch Kunststoffe, aber auch einen eigenartig süßlichen Duft, der sie an Hyazinthen erinnerte.
»Willkommen in der CORELLA«, sagte Sahira. »Du bist die erste Terranerin, die ihr Inneres sieht.«
»Ich fühle mich geehrt.«
»Hoffentlich.«
Auf den ersten Blick wirkte die Halle wie Tausende andere Räume in Raumschiffen. Mit einem entscheidenden Unterschied: Die Wände, Decke, der Fußboden, Einrichtungsgegenstände ... alles wirkte eigenartig ... künstlich.
»Formenergie«, erklärte Sahira, als wäre nichts dabei, über etwas zu verfügen, das seit dem Hyperimpedanz-Schock als ebenso ausgeschlossen galt wie Syntroniken.
Rhea stieß einen anerkennenden Pfiff aus, während sie mit der Hand über einen Tisch strich. »Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal in einem Raum stehen würde, in dem alles aus Formenergie hergestellt wurde.«
»Die Terraner verwendeten früher Formenergie bis zum Exzess«, erzählte Sahira. »Seit sie ihnen verschlossen ist, setzen sie notgedrungen auf weniger anfällige und energieintensive Bauweisen.«
Das Schott, durch das sie in das Rochenschiff hineingelangt waren, schloss sich mit einem schmatzenden Geräusch.
»Was geschieht nun mit dem Shift und den Überresten von Tercel?«, fragte Rhea.
»Bleiben erst mal da unten. Ich werde beizeiten jemanden dorthin schicken, um alles einzusammeln und Daten zu sichern.«
»Werden sie auch herausfinden, weshalb Tercel all die Jahrhunderte überleben konnte?«
»Eventuell. Ich vermute ja, dass er dies auf medizinischem Weg bewerkstelligt hat. Die Aras hatten einmal ein Unsterblichkeitsserum entwickelt. Zeitlich könnte es hinkommen, dass Tercel – oder wie er tatsächlich geheißen haben mag – es in die Finger bekam. Vielleicht finden unsere Kampfstoffspezialisten noch Spuren davon.«
»Du willst also weiter in deiner Tarnidentität als KIS-Agentin Sira Nylling auftreten?«
»Es gibt mehrere Gründe, weshalb ich mich nicht zu erkennen gebe. Ich darf nicht offen agieren, muss immer darauf achten, unter dem Radar zu fliegen.«
»Weshalb?«
Sahira blähte die Wangen auf. »Das kann und darf ich dir leider nicht genau erklären. Ich folge einem Auftrag, den ich vor vielen Jahren erhalten habe und der absolute Geheimhaltung verlangt. Mein Leben hängt davon ab.«
Rhea runzelte die Stirn. »Und weshalb hast du dich dann für diese Mission bereit erklärt, die dich an den Brennpunkt des aktuellen sicherheitspolitischen Geschehens bringt? Wir agieren im offiziellen Auftrag des TLD, nachdem Icho Tolot uns angefordert hat.«
»NATHAN«, sagte Sahira. »Einer der Gründe, weshalb ich überhaupt nach Terra zurückgekehrt bin, war der große Menschheitsrechner. Ich benötige Informationen, die in ihm abgespeichert waren. Aber bevor ich mich langsam an ihn heranarbeiten konnte, geschah die Katastrophe.«
»Hmm«, machte Rhea. »Du hattest aber schon Kontakt mit Rhodan und Bull. So ganz unter dem Radar bist du also bislang nicht geflogen.«
»Das stimmt. Deswegen bin ich in erster Linie in Gefahr, wenn ich mit einem der Unsterblichen in Kontakt komme. Meine positronischen Spuren, die ich vor Jahrhunderten in den terranischen Annalen hinterlassen habe, konnte ich einigermaßen beseitigen. Deswegen musste ich bei meiner Rückkehr auch nicht in Maske auftreten. Sahira Saedelaere findet man nicht mehr in den Archiven, selbst wenn man sie gezielt sucht.«
Rhea hatte schon länger vermutet, dass Sahiras technische Möglichkeiten den terranischen weit überlegen waren. Dann stutzte sie. »Aber du warst doch bereits in Kontakt mit einem der Unsterblichen: Icho Tolot.«
Illustration: Swen Papenbrock
Sahira verzog das Gesicht. »Ich habe im Vorfeld alles versucht, der Begegnung aus dem Weg zu gehen. Schlussendlich bin ich das Risiko eingegangen. Ich habe es nur getan, weil ich Tolot bei meinem ersten Auftritt in der Milchstraße nicht getroffen habe. Aber ich werde es tunlichst vermeiden, ihm ein zweites Mal unter die Augen zu kommen.«
»Und was ist mit mir? Werde ich nicht zu einer Bedrohung für deine Geheimnisse?«
Sahira sah sie nachdenklich an. »Ich vertraue dir, Rhea. Aber ich werde technische Vorkehrungen treffen, damit meine wahre Identität nicht allgemein bekannt wird.«
»Was ... was für Vorkehrungen?«
»Ich werde dir einen speziellen SERUN geben, der alle unsere privaten Unterhaltungen ausfiltert. Sollte der TLD oder jemand anders ihn einmal auswerten, wird nur die KIS-Agentin Sira Nylling in den Aufzeichnungen erscheinen.«
Rhea tippte sich an die Schläfen. »Und was ist mit den Aufzeichnungen hier drin? Wie kannst du sicher sein, dass ich dich nicht verraten werde?«
»Das kann ich nicht«, gab Sahira zu. »So funktioniert aber nun einmal Vertrauen.«
Rhea wusste nicht, was sie darauf antworten sollte.
Sahira lächelte. »Du musst hungrig sein nach den Tagen in Tercels Gewalt. Komm mit!«
Sie führte Rhea in einen Bereich des Schiffes, der eindeutig als Erholungszone eingerichtet war.
»Wow«, sagte Rhea.
Sie wähnte sich an einer dampfenden Quelle in einem Urwald. Ein kleiner Wasserfall plätscherte in das natürlich aussehende Becken. Dahinter trugen Büsche saftige rote Früchte. Es roch nach Waldboden, Honig und Eukalyptus.
»Hier.« Sahira ging zu einem Strauch und pflückte eine der Früchte.
Während Rhea hineinbiss – sie schmeckte wie eine Mischung aus Mango und Erdbeere und war genauso saftig, wie sie aussah –, schälte sich Sahira aus ihrem SERUN und sprang ins Wasser.
»Darauf habe ich mich monatelang gefreut«, sagte sie, während sie sich Wasser aus ihrem Gesicht strich. »Komm rein!«
Rhea betrachtete fasziniert Sahiras jungen Körper. Sie hatte erzählt, dass ihre Alterung im 116. Lebensjahr plötzlich rückwärts verlaufen sei. Wie musste es sein, seinen Körper langsam alt werden zu sehen, um dann sukzessive die Jugend zurückzuerhalten? Straffheit, wo zuvor weiche, runzlige Haut gewesen war?
»Nun komm schon, Rhea! Das Wasser ist herrlich.«
Rhea zögerte kurz, zog sich dann ebenfalls aus und ließ sich ins dampfende Wasser gleiten. Sie konnte ein angenehmes Stöhnen nicht unterdrücken. Die vergangenen Tage hatten ihrem Körper und ihrem Geist übel mitgespielt. Nun fühlte sie, wie die Anspannung mit jedem Atemzug kleiner wurde.
Die beiden Frauen ließen sich im Wasser treiben, aßen von den Früchten und erzählten aus ihren Leben. Sahiras Geschichte war naturgemäß viel länger und aufregender als die von Rhea. Mit jeder Episode fühlte Rhea, wie das Band zwischen ihr und Sahira enger geknüpft wurde.
So fremd und unnahbar Sira Nylling aufgetreten war, so natürlich und unkompliziert stellte sich Sahira Saedelaere heraus. Und dies, obwohl Alaskas Tochter über tausend Jahre alt war. Rhea musste sich diese Tatsache immer wieder ins Bewusstsein rufen. Nur ihre Augen sprachen von den kosmischen Wundern, denen sie in ihrem Leben schon begegnet war.
Irgendwann wurde Rhea aus ihren Gedanken gerissen, als Sahira plötzlich einen gellenden Schrei ausstieß. Sie schlug sich die Hände an die Ohren,.
Rhea ergriff Sahira und hielt ihren Kopf über Wasser, als sie unterzugehen drohte. Sahira hatte jede Kontrolle über ihren Körper verloren. Er zuckte konvulsivisch, die Augen waren so stark verdreht, dass man nur noch das Weiße sah. Sie schrie, stieß Wörter in einer fremden Sprache aus.
Rhea fühlte Panik in sich aufsteigen. »Was ist los, Sahira? Was soll ich tun?«
Nach zehn langen Sekunden verstummte Sahira. Nach etwa zwanzig nahm sie die Hände von den Ohren und blinzelte, als müsste sie sich erst wieder orientieren.
»Was ist geschehen?«
»Eine Art hochfrequenter Puls«, flüsterte Sahira. »Er kam von weit weg, aber ich fühlte eine Art Echo in unserer Nähe. Als wäre etwas erwacht.«
Zwischenspiel 1
Ein Kind in Fornax
Meine Geschichte ist eng mit der meiner Mutter Siela Correl und meiner Großmutter Vanity Fair verknüpft. Und diese Geschichte begann am Perseus-Black-Hole im Jahr 490 NGZ.
Nach allem, was ich heute weiß, war Perry Rhodan zusammen mit Reginald Bull und anderen in das Jahr 490 NGZ zurückversetzt worden. Bull traf dort die junge Vanity Fair, die als Ortungsspezialistin in einem Raumschiff das Perseus-Black-Hole beobachtete. Und die beiden hatten eine Affäre. War es Liebe? Das habe ich nie erfahren.
Vanity half Bull und Rhodan aber, die Flucht durch das Schwarze Loch vorzubereiten. Dieses Vorhaben gelang; die Besucher reisten zurück in die Zukunft.
Die Reise in die Vergangenheit war aber nicht ohne Folgen geblieben. Vanity war von Bull schwanger geworden. Leider lebte sie nicht lange genug, um ihr Kind kennenzulernen. Sie wurde getötet und der Fötus in einen robotischen Uterus aus dem Arsenal der Cantaro eingepflanzt. In einem Medoschiff wurde dieser auf den Weg nach Fornax gebracht.
Fornax ist eine elliptische Kleingalaxis mit einem Durchmesser von lediglich 7000 Lichtjahren. Sie liegt 550.000 Lichtjahre von der Milchstraße entfernt und gehört zur Lokalen Gruppe von Galaxien und somit zur Mächtigkeitsballung der Superintelligenz ES.
Das ungeborene Kind war aber ein spezielles Kind. Es mag an der Strahlung des Schwarzen Lochs in Kombination mit den Genen des unsterblichen Vaters gelegen haben. Bereits kurz nach der Zeugung entwickelte es ein Bewusstsein. Auf dem Flug nach Fornax – das Medoschiff verzögerte die Geburt des Kindes – nahm der Geist des Ungeborenen mit dem Schiffsbewusstsein Kontakt auf und begriff es als MUTTER.
In Fornax angekommen, weigerte sich das Kind, geboren zu werden. Es lernte immer besser, mit seinem Geist auf das Instrumentarium des Schiffes zuzugreifen und es zu steuern.
Eines Tages kam es zu einer schicksalhaften Begegnung: Das Kind erhielt über den Hypersender des Raumschiffs Kontakt mit Bewusstseinsinhalten, die sich frei durch den Weltraum bewegten: den Nocturnen. Das Kind war fasziniert von ihnen und mehr noch von seiner neu entstehenden Fähigkeit, die Nocturnen mithilfe von Hyperimpulsen zu beeinflussen. Das Kind ließ die Nocturnen tanzen.
2.
Konflikte
4. August
Rhea half Sahira aus dem Wasser. Sie führte sie zu einem Baumstamm, in den Schlitze eingelassen waren. Warme Luft blies die beiden Frauen trocken, dann schlüpften sie wieder in ihre Kleidung.
Rhea betrachtete sie aufmerksam. Sahira hatte ihr erzählt, dass sie eine Fünf-D-Interpreterin war. Eine Paragabe, die sie von ihrer Mutter Siela Correl geerbt hatte. Sie konnte fünfdimensionale Impulse – Hyperwellen – empfangen und teilweise auch senden. Außerdem war sie in der Lage, paranormale Aktivitäten von Mutanten aufzuspüren.
»Der Puls muss von Terra gekommen sein«, murmelte Sahira. Ihre Worte waren im Gebläse kaum verständlich. »Er hat im Ylatorium etwas ausgelöst.«
Sahira nahm ihre Hand. »Komm mit!«
Sie führte Rhea in die Zentrale der CORELLA. Sie wirkte so elegant und schnittig wie das Äußere des Rochenschiffes.
Sahira hatte sich von der Attacke durch den Hyperpuls erholt. Sie setzte sich in den zentralen Sessel und aktivierte mehrere Holoschirme. Verschiedene Bereiche des Ylatoriums erschienen darin. Rhea sah den Khasurn, in dem sie auf Anniwas Tercel gestoßen war, die Forschungsstation der Posbis, das strahlende Zentralgebäude, das wie ein einschlagender Meteorit aussah. Und ...
»Die Ylanten in der Halle!«, rief Rhea. »Sie sind aktiviert!«
