Perry Rhodan 3317: Binas Visionen - Susan Schwartz - E-Book

Perry Rhodan 3317: Binas Visionen E-Book

Susan Schwartz

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Beschreibung

4000 Jahre in der Zukunft … In der Mitte des 23. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung leben die Menschen in Frieden und Freiheit. Von der Erde aus haben sie ein Netz aus Bündnissen geschlossen, das zahlreiche Planeten in der Milchstraße umfasst. Darüber hinaus hat Perry Rhodan eine große Vision: Der Bund von San, so glaubt der Raumfahrer, wird irgendwann Galaxien miteinander verknüpfen. Mit dem PHOENIX wird ein neues Raumschiff entwickelt, das zwischen den Sterneninseln verkehren soll. Dann taucht jedoch eine Fremde auf der ­Erde auf. Sie nennt sich Shrell und fordert von Rhodan, in die Agolei zu reisen, ein weit entferntes Sternenband, und dort seinen ältesten Freund zu töten: Reginald Bull. Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, erschafft sie drei Anomalien, die die Erde und den Mond vernichten werden, falls Rhodan ihr nicht gehorcht. Notgedrungen begibt sich Rhodan auf den gefahrvollen Weg. In der Milchstraße geht währenddessen die Forschung an den Anomalien weiter, die man als Brennendes Nichts bezeichnet. Eine Hilfestellung liefern vielleicht BINAS VISIONEN ...

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Seitenzahl: 153

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Nr. 3317

Binas Visionen

Eine Posmi im Einsatz – ein junger Terraner setzt auf Experimente

Susan Schwartz

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1. TNT – Terra News Total

2. Aurelia Bina

3. Im Nichts

4. Die Festung der Einsamkeit

5. Forschungslabor

6. Ein unerwarteter Besucher

7. Vor dem ersten Kaffee

8. Eine Seite der Macht

9. Dieselbe Seite, doch Uneinigkeit

10. Dream-Team

11. Alles auf Anfang

12. Das Zentrum

13. Die geheime Fracht

Fanszene

Leserkontaktseite

Glossar

Impressum

4000 Jahre in der Zukunft ... In der Mitte des 23. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung leben die Menschen in Frieden und Freiheit. Von der Erde aus haben sie ein Netz aus Bündnissen geschlossen, das zahlreiche Planeten in der Milchstraße umfasst.

Darüber hinaus hat Perry Rhodan eine große Vision: Der Bund von San, so glaubt der Raumfahrer, wird irgendwann Galaxien miteinander verknüpfen. Mit dem PHOENIX wird ein neues Raumschiff entwickelt, das zwischen den Sterneninseln verkehren soll.

Dann taucht jedoch eine Fremde auf der Erde auf. Sie nennt sich Shrell und fordert von Rhodan, in die Agolei zu reisen, ein weit entferntes Sternenband, und dort seinen ältesten Freund zu töten: Reginald Bull. Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, erschafft sie drei Anomalien, die die Erde und den Mond vernichten werden, falls Rhodan ihr nicht gehorcht.

Notgedrungen begibt sich Rhodan auf den gefahrvollen Weg. In der Milchstraße geht währenddessen die Forschung an den Anomalien weiter, die man als Brennendes Nichts bezeichnet. Eine Hilfestellung liefern vielleicht BINAS VISIONEN ...

Die Hauptpersonen des Romans

Aurelia Bina – Die Posmi kontrolliert einen TLD-Einsatz.

Icho Tolot – Der Haluter sucht eine Möglichkeit, das Brennende Nichts zu kontrollieren.

Cameron Rioz – Der ehemalige Trividder muss seine Schattenhand unter Kontrolle bringen.

Monkey

1.

TNT – Terra News Total

Terrania City, 3. August 2250 NGZ

»Guten Tag an alle neu Hinzugekommenen zu unserer Livesendung direkt vor Ort bei Atlan Village! Ich bin Feodora Andersen, eure Berichterstatterin für TNT –Terra News Total, dem angesagtesten Sender der schönsten Stadt des Universums!

Wir stehen an der Grenze der Energieschranke, weiterhin herrscht Ausnahmezustand in einem offiziell deklarierten Krisengebiet. Immerhin hat man uns erlaubt, Kamerasonden in einer gewissen Höhe kreisen zu lassen, um unsere Zuschauer über den Fortgang der bedrohlichen Ereignisse zu informieren.

Obwohl das Gebiet weitgehend evakuiert ist, herrscht dichtes Getümmel – Sicherheitskräfte, militärische Spezialeinsatzkräfte Agenten und natürlich Horden von Wissenschaftlern, die an den Analysen des Brennenden Nichts arbeiten und verzweifelt nach einer Lösung suchen, es aufzuhalten.

Im Anschluss an diese Sendung werden wir wie jeden Tag der Opfer gedenken, die seinerzeit darin verschwunden sind – oder bei einer Massenpanik und Unfällen das Leben verloren haben. Nach wie vor sind medizinische Kräfte im Einsatz, auch wenn die Kliniken sich wieder leeren. Viele der Opfer sind nicht nur körperlich, sondern auch psychisch am Ende und müssen langfristig behandelt werden. Hinterbliebene, Zeugen, die Liste der Namen ist lang.

Wir versuchen weiterhin, alle Informationen auf aktuellem Stand zu halten, und fordern dazu auf, uns zu melden, wenn jemand vermisst wird. Wir können die Anfragen direkt an die Behörden weiterleiten und werden dafür sorgen, dass sie bearbeitet werden.

Soeben wurden wir Augenzeugen bei der Verschmelzung der beiden Anomalien. Viele von uns haben vorher größte Befürchtungen diesbezüglich gehegt. Würde das einen Sprung verursachen, der schlagartig Atlan Village verschlingt, oder noch mehr, sogar bis zu den nicht vollständig evakuierten Gebieten? Verschiedene Szenarien sprachen gar von einer möglichen gewaltigen Explosion und einer anschließenden Druckwelle, die der halben Stadt vorzeitig den Garaus macht.

Einige Male haben wir zu dem bevorstehenden Ereignis Wissenschaftler zu Wort kommen lassen, die versucht haben, uns zu beruhigen, dass es vermutlich keine großen Auswirkungen geben wird – zumindest im Normbereich nicht.

Durch eure Meldungen hat sich gezeigt, dass die Meinungen dazu dennoch sehr gespalten waren. Die einen vertrauten den Wissenschaftlern, die anderen sprachen von bewussten Lügen, um keine Unruhe zu erzeugen, weitere befürchteten, dass die Forschung sich irrt – schließlich weiß man kaum etwas über das Brennende Nichts.

Ich selbst muss gestehen, dass ich total zwiegespalten war. Wenn ein Wissenschaftler mit mir spricht, vertraue ich ihm in genau diesem Moment. Aber schon wenige Minuten danach bin ich im Zweifel, hin- und hergerissen zwischen Angst, Zorn und der drängenden Sehnsucht nach Flucht.

Aber ich bleibe, denn das ist mein Job, ich kläre unsere treue Zuschauerschaft live und real über das auf, was vor sich geht. Zwischendurch, für die eine oder andere Sekunde, droht meine Disziplin unterzugehen.

Und wisst ihr, was? Das ist in Ordnung!

Es ist in Ordnung, Angst zu haben und im Zweifel zu sein, und es ist ebenso in Ordnung, Wut, Trauer und Verzweiflung zu empfinden. Wir dürfen nur nicht daran zerbrechen – und erst recht dürfen wir dem nicht nachgeben und blindlings um uns schlagen. Wir müssen besonnen bleiben, uns auf unseren Verstand konzentrieren, denn wir brauchen einander jetzt mehr denn je.

Wir haben im Trivid-Kanal-Treffpunkt eine Vermittlungsbörse eingerichtet, an der sich jeder eintragen kann, der eine Unterkunft braucht oder anbietet, und was es sonst noch für Hilfe gibt, die man geben kann – oder benötigt. Tauscht euch aus! Sprecht miteinander!

Terra darf nicht fallen!

Jeder von uns muss mithelfen, im Rahmen seiner Möglichkeiten.

Doch zurück zu den finsteren Sphären. In der Wiederholung zeige ich die Bilder von vor drei Stunden, als die beiden zusammentrafen.

Wie deutlich zu sehen ist, schiebt sich das größere Nichts über das kleinere und verleibt es sich nach und nach ein. Im Zeitraffer ist erkennbar, dass die kleinere Anomalie nicht mehr weiterwächst, sondern in der größeren aufgeht.

Optisch sieht alles tatsächlich nicht so schlimm aus.

Im UHF-Bereich jedoch gibt es messbare Auswirkungen, die unsere Techniker zumindest annähernd feststellen konnten. Unsere diesbezügliche Nachfrage wurde natürlich zuerst abgeschmettert, aber die Öffentlichkeit hat ein Anrecht auf Aufklärung – wir wissen, dass es da etwas gibt!

Aufgrund unserer eigenen nachweislichen Daten und hartnäckigen Drucks hat sich schließlich ein Pressesprecher dazu bereit erklärt, uns eine kurze Mitteilung zu übersenden. Ein Interview konnten wir leider nicht führen. Diese Mitteilung will ich nun veröffentlichen.

Ich zitiere: Eine Art breitbandige hyperenergetische UHF-Welle mit zufällig erscheinender Amplitudenmodulation auf jeder Frequenzkomponente wird von dem Ort der Verschmelzung ausgestrahlt. Eine Art Puls von hochfrequentem und hochenergetischem weißem Hyperrauschen. Im Moment der Verschmelzung stieg er schnell an, und mit fortschreitender Assimilierung sank er langsam ab, bis fast in den VHF-Bereich, und verstummte schließlich.

Übersetzt: Es war ein undefinierbarer, dissonanter, vielstimmiger Aufschrei.

Ich zitiere weiter: Man hat eine wissenschaftlich-technische Bezeichnung dafür kreiert: Stochastischer UHF-Puls, kurz SUP.

Übersetzt und zusammengefasst: Verschmelzungspuls.

Welche Auswirkungen das haben wird, ist bisher nicht bekannt. Derzeit hat sich die Lage zumindest nicht verschärft. In dieser Hinsicht.

In anderer Hinsicht, und zwar wegen des Vorfalls, verschärfen sich durchaus die Fronten zwischen den Bürgern und der Regierung sowie deren ausführenden Organen.

Nach einer kurzen Werbeeinblendung zeigen wir exklusiv und erstmals weitere Aufnahmen und zwar kurz vor dem Beginn der Verschmelzung.

Eine Stunde vor dem Ereignis fand eine Demonstration statt, die sich nicht um die möglichen Auswirkungen scherte und mit eindeutigen Forderungen an die Liga-Regierung auftrat.

2.

Aurelia Bina

Der Terranische Liga-Dienst war nicht nur als interstellarer Geheimdienst tätig, sondern auch bei extremen planetaren Krisen, insbesondere auf Terra, im Einsatz.

Die Chefin des TLD, Aurelia Bina, hatte ein mobiles Einsatzmodul zur Verfügung gestellt, das in Sichtweite zu dem Brennenden Nichts und seinem Ableger geparkt war, aber jederzeit per Antigrav und Gravopak auf Distanz gebracht werden konnte.

In dem Modul befanden sich technische Labore, Besprechungsräume für den Krisenstab, Schlafröhren für Agenten, Hilfskräfte und Wissenschaftler, die im Dauereinsatz waren, sowie eine automatische Essenausgabe.

Es herrschte ständiger Betrieb, denn nach wie vor waren Evakuierungstruppen im Einsatz. Immer wieder gab es Hartnäckige, die sich weigerten, das gefährdete Gebiet zu verlassen, oder die versuchten, in die Sperrzonen vorzudringen, und es war beileibe nicht immer einfach, sie aufzuspüren.

Aurelia Bina, die die gesamten Einsätze koordinierte, wurde nicht selten vor Ort gerufen, wenn die Hilfskräfte nicht mehr weiterwussten. Zum Glück fand man mittlerweile nur noch sehr wenige Einwohner, die sich versteckt hielten – und sich vehement dagegen wehrten, ihre Wohnungen zu verlassen.

Die Posmi traf in diesem Moment bei einem Wohnblock ein, vor dem sich ungefähr ein Dutzend Menschen versammelt hatten. Wütend schrien sie die Sicherheitskräfte Terranias an, faselten von ihren Rechten, drohten Klagen und dergleichen mehr an.

Diese Verweigerer wussten nicht, dass sie die Chefin des TLD vor sich hatten und wer sie eigentlich war. Sie sahen lediglich eine mittelgroße blonde Frau vor sich, eine vermeintlich durchschnittliche Terranerin, die sich ruhig alles anhörte. Ihr Gesichtsausdruck war dabei neutral, distanziert. Nicht freundlich, aber auch nicht abweisend.

Diese Gelassenheit und das Schweigen irritierten die Verweigerer zusehends. Ihnen fiel sicherlich auf, dass die Sicherheitskräfte auf respektvolle Distanz gegangen waren; das musste ihnen seltsam vorkommen. Was mochte so Besonderes an dieser unauffällig wirkenden Frau sein, die so plötzlich aufgetaucht war? Wieso mischte sie sich ein – vor allem, ohne wie die anderen zu versuchen, zu beschwichtigen, sondern die einfach nur zuhörte?

Ein Terraner, der sich als Sprecher hervortat, meinte schließlich reichlich unhöflich: »Und was hast du nun dazu zu sagen? Wer bist du überhaupt?«

»Habe ich die Möglichkeit, nicht nur zu sprechen, sondern auch ausreden zu können?«, fragte Aurelia statt einer Antwort zurück.

»Wie ... natürlich!«, stotterte der Mann verunsichert.

Die Aggression der aufgebrachten Gruppe schlug um in Verwirrung, die Körperhaltungen wurden defensiv.

Die Terrania-Sicherheit hatte ausdauernd versucht, zu schlichten, damit konnte man umgehen und gegenhalten, mit sich ewig wiederholenden Argumenten oder Wutgeschrei. Das führte zu keinem Ergebnis, und jede Seite wurde dadurch immer aufgebrachter und ungeduldiger, bis irgendwann eine Front nachgab. Im besten Fall die der Sicherheitskräfte, so war es zumindest geplant.

Aber wie sollte man darauf reagieren, dass jemand minutenlang in völlig neutraler Haltung still dastand – und aufmerksam zuzuhören schien? Ohne zu unterbrechen, zu widersprechen oder zu widerlegen?

»Sehr schön«, sagte die Posmi, dem Tonfall nach erfreut, und lächelte kurz. Ohne die Stimme zu erheben, fuhr sie fort: »Mein Name ist Aurelia Bina, ich bin die Chefin des TLD und derzeit an diesem Ort für eure Sicherheit verantwortlich.«

»Ah, endlich jemand Verantwortlicher! Zeit wird es!«

»Ja, die Zeit wird knapp. Möchtet ihr in Sicherheit sein?«

»Was ... selbstverständlich, und ihr habt dafür zu sorgen!«

»Gut.« Sie machte eine weisende Geste. »Dann steigt bitte in den wartenden Gleiter da hinten und lasst euch in Sicherheit bringen.«

Die Wut wallte wieder hoch. »Nein, ihr sollt hier für unsere Sicherheit sorgen! Das ist eure Pflicht!«

Aurelia Bina aktivierte ein Holo und vergrößerte es, damit jeder in der Gruppe das Gezeigte erkennen konnte: Bilder von dem alles verschlingenden Brennenden Nichts, nachdem Shrell – deren Untat zur Erfindung neuer Flüche angeregt hatte – es gezündet hatte.

Illustration: Swen Papenbrock

Eine Erpresserin, eine Feindin, womöglich eine Vernichterin. Es verging keine Stunde, in der nicht irgendein Sender ihr Konterfei präsentierte und hervorhob, dass die Lage weiterhin sehr ernst war und das Ultimatum lief.

Das war auch den Verweigerern klar, niemand hatte sich dem verschließen können. Aber anscheinend musste Aurelia es noch einmal vor Ort verdeutlichen.

Dann wies sie auf die unübersehbar in der Nähe befindliche Anomalie. »Ihr kennt die Auswirkungen. Bisher haben wir keinen Weg der Löschung gefunden. Das Brennende Nichts schreitet weiter voran, und es wird bald mit dem Ableger zusammentreffen. Wir wissen nicht, welche Auswirkungen das haben wird. Es könnte passieren, dass wir auf einen Schlag verschlungen werden. Was veranlasst euch also zu der Annahme, dass wir in der Lage wären, hier vor Ort für eure Sicherheit zu garantieren?«

»Wir gehen nicht weg!«

Die wievielte Wiederholung war das?

Mehr fiel ihnen nicht ein angesichts der Tatsachen, die sie nicht wegleugnen konnten. Sie weigerten sich und wussten wahrscheinlich selbst nicht mehr, warum genau, so viele Gründe gab es dafür. Sie wollten ihr Zuhause nicht verlieren, sie wollten keine Veränderung und hatten Angst, und sie wollten aus Prinzip »dagegen« sein. Das mochten die Hauptgründe sein, aber es gab mit Sicherheit noch mehr.

Aurelia war sich dessen bewusst, aber es interessierte sie nicht. Beharrende Unvernunft gehörte nicht zu den Dingen bei den intelligenten Vertretern organischen Lebens, die sie tolerierte.

»Wenn es nach mir persönlich ginge«, fuhr sie fort, »würde ich euch einfach euren Willen lassen. Freier Wille, wie man so schön sagt.«

Die Leute starrten sie an. Es waren sieben Terraner, drei Arkoniden, eine Tefroderin und eine Ferronin, doch der überraschte Ausdruck in ihren Augen ließ sie alle gleich aussehen.

»Dann werden wir also in Ruhe gelassen?«, fragte der Sprecher hoffnungsvoll. »Wir könnten in die subplanetaren ...«

»Nein«, unterbrach Aurelia. »Es geht nicht nach mir persönlich. Ihr lebt in Terrania City, und dort gelten Regeln und Gesetze, damit alle gleichermaßen gut und sicher leben können. Als Chefin des Terranischen Liga-Dienstes kann und darf ich die Gesetze nicht ignorieren, weil sonst alles ad absurdum geführt würde.«

»Kurz gesagt, wir haben dasselbe Patt wie vorher«, brummte der Sprecher.

Die Sicherheitskräfte hielten sich weiterhin im Hintergrund, zeigten aber allmählich Unruhe.

»Nicht im Geringsten. Ihr seid hiermit verhaftet, und zwar alle.«

Kurzes Stocken, und zwar bei allen. Die Terrania-Sicherheit hätte das im Rahmen ihrer Exekutivbefugnisse selbst längst tun können, hatte es aber bisher vermieden. Das hieß Aurelia einerseits gut, andererseits kostete es nun sie persönlich unnötige kostbare Zeit.

Der Sprecher schnappte nach Luft. »Auf keinen Fall!«, stieß er dann hervor. »Das ist nicht rechtmäßig! Aus welchem Grund denn?«

»Aus welchen Gründen denn«, korrigierte Aurelia. »Erstens: Widerstand gegen die Staatsgewalt. Zweitens: extreme Gefährdung der öffentlichen Sicherheit. Drit...«

»Was genau gefährden wir denn?«, rief der Sprecher erbost. Die kleine Menge rückte zusammen vor. Es wurde ernst.

Die Sicherheitskräfte zückten Kombi-Handwaffen, die sie in den Paralyse- oder Narkosemodus geschaltet hatten.

Aurelia verharrte reglos und gänzlich unbeeindruckt. Sie beugte den Oberkörper sogar leicht vor, um deutlich zu machen, dass nicht einmal ein Dutzend Personen sie wegschieben konnte. Das immerhin brachte die Verweigerer zum Innehalten.

»Ihr gefährdet das gesamte Personal, das innerhalb dieser Sperrzone im Dauereinsatz ist, sei es, um zu bergen, sei es, um zu forschen, sei es, um für die Sicherheit zu sorgen. Die Lage ist dramatisch; jeden Moment treffen das Brennende Nichts und der Ableger aufeinander. Alles ist möglich – von nichts bis zu einer gewaltigen Explosion und akuter Ausbreitung der alles vernichtenden Sphäre, die uns in weniger als einer Sekunde verschlingt.«

Sie hob den Finger, als der Sprecher sie erneut unterbrechen wollte, und ihre Miene war nun nicht mehr neutral, sondern deutlich ungehalten. Ihre Autorität prallte mit Wucht auf den Zorn der Gruppe und trieb sie zurück.

»Ich werde nicht dulden, dass auch nur ein Einziger der Einsatzkräfte euretwegen in Gefahr gerät! Wir haben keine Zeit, uns um euch zu kümmern und Händchen zu halten. Es geht um die gesamte Stadt und infolge den gesamten Planeten, auch subplanetar, wenn wir schon dabei sind, falls wir dieses Unheil nicht in den Griff bekommen.«

Sie schob sich noch ein Stück vor. »Ich habe genug von infantilen Nörglern wie euch!«

Sie wandte sich den Sicherheitsleuten zu und wies auf die Gruppe. »Verhaften und abführen!«

Einige zogen scharf die Luft ein, auf beiden Seiten.

Aber so leicht gab der Sprecher nicht auf, damit kannte er sich anscheinend aus. »Das ist Willkür! Wir werden Klage einreichen!«

Aurelia fuhr zu ihm herum. »Tut das, die Adresse lautet: Tekener-Tower, Terrania City. Als Chefin des TLD bin ich gegenüber der Terrania-Sicherheit und jeder planetaren Exekutive vorgeschaltet. Selbstverständlich könnt ihr Klage einreichen. Die Klage wird bearbeitet, sobald das Brennende Nichts gelöscht ist. Gelingt das nicht, spielt die Klage sowieso keine Rolle mehr, weil Terra dann nicht mehr existieren wird.«

Sie machte eine kurze Pause und setzte dann hinzu: »Ihr hingegen werdet hoffentlich noch weiter existieren, irgendwo in einem neuen Leben, dem Nichts entronnen.«

Dann trat sie dicht an den Sprecher heran, und obwohl sie fast einen Kopf kleiner als er war, überragte sie ihn in diesem Moment auf emotionale Weise. Sie fixierte ihn mit einem Blick, aus dem jeglicher freundlicher Ausdruck verschwunden war. In diesem Moment musste er erkennen, dass ihre Augen nichtmenschlich waren und tiefer als ein lichtloser Abgrund.

»Es steht dir und deinen Freunden natürlich frei, sich über mich persönlich zu beschweren«, sagte sie leise, aber so scharf, dass sich die feinen Härchen an dem Kinn ihres Gegenübers aufstellten, und zwang den Sprecher, für einen kurzen Moment das zu sehen, was sie wirklich war.

»Aber das möchtest du nicht. Glaub mir, das möchtest du nicht im Entferntesten.«

Damit entließ sie ihn aus ihrem Bann und wandte sich ab.

Der Terraner blieb wie erstarrt stehen.

Im Vorübergehen sagte Aurelia zu der Kommandierenden: »Schafft sie endlich hier weg, meinetwegen mit Fesselfeldern, paralysiert oder narkotisiert, wenn sie sich weiterhin weigern. Und falls sie unterwegs randalieren, bringt sie für achtundvierzig Stunden in einer Sicherheitszelle unter, irgendwo auf Terra oder einem Flottenraumer, damit sie in Ruhe darüber nachdenken können, was sie getan haben. Anschließend bringt ihr sie in eine der Aufnahmezentralen, wo man sich weiter um sie kümmern wird.«

Sie nickte der Frau zu und entfernte sich mit zügigen Schritten.

*

Unterwegs rief Aurelia im Stützpunkt an, wütend, womit sie sich herumschlagen musste. Sicherlich war es für sie nicht so belastend wie für Organische, die ohne Schlaf oder Ruhemodus nicht auskommen konnten, dennoch war bei ihr die Grenze erreicht, jenseits derer ihre Arbeit ineffizient wurde.

Allgemein gab es keine überraschenden Neuigkeiten – weder gute noch schlechte. Man machte weiter wie bisher, nur zusehends nervöser. Das Aufeinandertreffen der beiden Anomalien wurde in der nächsten Stunde erwartet,

In etwa hundert Metern Höhe über Aurelia kreisten diverse Kamerasonden. Sie hatte versucht zu intervenieren, aber die Regierung hatte ihr gut zugeredet, die Medien zuzulassen. Die Bevölkerung musste sich informiert fühlen, die Stimmung war ohnehin heikel. Es war besser, Liveschaltungen zu erlauben, um Gerüchten und Falschmeldungen vorzubeugen.

Auch Interviews mit Bina wurden gefordert, aber da weigerte die TLD-Chefin sich. »Setzt einen Topwissenschaftler hin, Regierungssprecher, wen auch immer – das ist nicht mein Job.«

Doch wenn sie gedacht hatte, dass sie sich auf das Zusammentreffen der Anomalien vorbereiten könnte, hatte sie sich getäuscht.

»Leider musst du wieder umkehren«, meldete eine Agentin. »Vor dem Sperrgitter ist eine Antigravplattform mit Demonstranten erschienen und lässt sich nicht vertreiben. Die anwesenden Medien stürzen sich auf das gefundene Fressen.«

»Eine Demonstration? Jetzt? Sind denn alle verrückt geworden?« Für einen Moment erwägte Aurelia, die emotionalen Routinen auszuschalten. Als Posmi verfügte sie nicht über einen Plasmaanteil, sondern eine Semitronik, die das Gefühlsleben eines organischen Wesens – eines Menschen, während sie als Terranerin auftrat – perfekt simulierte.