Perry Rhodan 3321: Die Schwingen des PHOENIX - Michael Marcus Thurner - E-Book

Perry Rhodan 3321: Die Schwingen des PHOENIX E-Book

Michael Marcus-Thurner

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Beschreibung

Gut 4000 Jahre in der Zukunft … In der Mitte des 23. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung leben die Menschen in Frieden und Freiheit. Von der Erde aus haben sie Tausende von Welten besiedelt; ihr Netz aus Handelsbeziehungen und Bündnissen umfasst zahlreiche Planeten der Milchstraße. Mit dem Projekt von San will Perry ­Rhodan einen alten Traum verwirklichen: Er möchte die Verbindungen zu anderen Galaxien verstärken. Mit dem PHOENIX steht ein neuartiges Raumschiff zur Verfügung, das als Kurierschiff dienen soll. Dann taucht eine Fremde auf Terra auf. Sie nennt sich Shrell und fordert von Perry Rhodan, in die Agolei zu reisen. In diesem weit entfernten Sternenband soll er seinen ältesten Freund töten: ­Reginald Bull. Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, erschafft sie an drei Stellen das Brennende Nichts – diese Anomalien werden die Erde und den Mond vernichten, falls Rhodan ihr nicht gehorcht. Rhodan begibt sich unter Zwang auf eine gefahrvolle Reise. Er reist dabei AUF DEN SCHWINGEN DES PHOENIX …

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Seitenzahl: 159

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Nr. 3321

Die Schwingen des PHOENIX

Die Semitronik findet sich selbst – im Kampf gegen die Leun

Michael Marcus Thurner

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1. Sichu Dorksteiger: Höhlenwanderung

2. Atlan: Garrincha

3. Sichu Dorksteiger: Entstofflichung

4. Atlan: Fehler über Fehler

5. Gucky: Der Andere

6. Phoenix: Das Vergessen

7. Gucky: Der Jaffat

8. Rhodan: Wiedersehen

9. Phoenix: Die Flügel, ausgebreitet

10. Rhodan: Der Handel

11. Sichu Dorksteiger: Noch mehr Gänge

12. Atlan: Gefunden!

13. Rhodan: Der neue Plan

Nachruf Swen Papenbrock

Fanszene

Leserkontaktseite

Impressum

Gut 4000 Jahre in der Zukunft ... In der Mitte des 23. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung leben die Menschen in Frieden und Freiheit. Von der Erde aus haben sie Tausende von Welten besiedelt; ihr Netz aus Handelsbeziehungen und Bündnissen umfasst zahlreiche Planeten der Milchstraße.

Mit dem Projekt von San will Perry Rhodan einen alten Traum verwirklichen: Er möchte die Verbindungen zu anderen Galaxien verstärken. Mit dem PHOENIX steht ein neuartiges Raumschiff zur Verfügung, das als Kurierschiff dienen soll.

Dann taucht eine Fremde auf Terra auf. Sie nennt sich Shrell und fordert von Perry Rhodan, in die Agolei zu reisen. In diesem weit entfernten Sternenband soll er seinen ältesten Freund töten: Reginald Bull. Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, erschafft sie an drei Stellen das Brennende Nichts – diese Anomalien werden die Erde und den Mond vernichten, falls Rhodan ihr nicht gehorcht.

Rhodan begibt sich unter Zwang auf eine gefahrvolle Reise. Er reist dabei AUF DEN SCHWINGEN DES PHOENIX ...

Die Hauptpersonen des Romans

Gucky – Der Ilt hat eine erschreckende Begegnung.

Perry Rhodan – Der Zellaktivatorträger sieht sich Shrell gegenüber.

Sichu Dorksteiger – Die Ator droht zu vergehen.

Shrell – Die Wüko-Leun droht nicht nur, sie handelt auch danach.

Phoenix

Manchmal überkamen Phoenix Gefühle der Minderwertigkeit. Er war zwar ein leistungsfähiges Unikat mit besonderen Fähigkeiten. Dazu gehörte eine Beherrschung seines metallenen Leibes, des PHOENIX, die herausragend war. Auch verfügte sein Bewusstsein über Eigenschaften wie Sozialkompetenz oder Humor. Aber es fehlten ihm Kräfte. Weder waren seine Schutzschirme besonders stark ausgeprägt, noch war er imstande, sich gegen einen gut ausgerüsteten Feind aktiv zu wehren.

Phoenix litt unter diesem Mangel. Auch wenn er mit niemandem darüber reden wollte. Weder mit Dr. Barstow noch mit Zhobotter. Und schon gar nicht mit Perry Rhodan.

1.

Sichu Dorksteiger:

Höhlenwanderung

»Ich fühle mich unwohl«, sagte Krash und schwieg dann gleich wieder, den Schädel gegen die Wand gelehnt, den Blick der roten Augen in die Dunkelheit des Gangs gerichtet.

Sichu Dorksteiger hörte diese Worte nicht zum ersten Mal. Sie kannte mittlerweile die sozialen Konventionen, nach denen sich Krash und andere Wüko-Leun richteten. Sie fühlten sich in Gruppen wohl und neigten zu unruhigem, manchmal gar aggressivem Verhalten, sobald sie auf sich allein gestellt waren.

»Wir müssen weiter«, drängte sie, ohne auf die Worte ihres Fluchtgefährten einzugehen. Sie deutete nach rechts. »Unsere Verfolger sind nicht allzu weit entfernt.«

Dorksteiger glaubte, Stimmengemurmel zu hören. Worte in einer Sprache namens Thoiko, die sie einigermaßen beherrschte. Aber vermutlich irrte sie sich. Sie litt unter einer ständigen Überreizung ihrer Sinne. Schließlich waren sie seit Stunden in diesem Labyrinth unterwegs, stets auf der Flucht, mehrmals eingeholt und in Auseinandersetzungen verwickelt. Dass es ihnen bislang gelungen war, in Freiheit zu bleiben, grenzte an ein Wunder.

»Wohin?«, fragte Krash, ohne sich zu bewegen.

»Das solltest du mir sagen. Kushlur ist deine Heimatwelt.«

»Falsch. Ich lebe hier, aber es ist nicht meine Heimat.« Krash warf ihr einen zornigen Blick zu, wandte sich aber gleich wieder ab. Er kam auf die Beine, streckte die Glieder durch und ging nach links.

Hinter einer Biegung war das trübe Licht einer der wenigen Lampen zu erahnen. Meist lief die kleine Gruppe durch Dunkelheit und musste sich mit den Scheinwerfern ihrer Anzüge behelfen.

Stumm setzten sie ihren Weg fort. Stets wachsam und auf Begegnungen mit den Verfolgern vorbereitet. Mit Verfolgern, die einstmals Untergebene oder gar Freunde von Krash gewesen waren.

Da und dort mündeten Zubringer in den Hauptgang. Auch führten Treppen oder leicht abfallende Rampen in untere Bereiche des Labyrinths. Die Wege nach oben waren allesamt gesperrt. Warum das so war, wusste Dorksteiger nicht zu sagen.

Die Besonderheiten des Labyrinths scherten sie nur wenig. Ihrem Gefühl nach mussten sie so weit wie möglich von der Oberfläche des Planeten fort, wollten sie ihren Verfolgern entkommen.

Sie fühlte eine ... Änderung in sich. Nicht zum ersten Mal, doch sie erschrak immer wieder aufs Neue. Ihr kam es vor, als löste sie sich auf, verlöre an Substanz. Damit verbunden waren Schmerzen, die sie nicht so recht einzuordnen wusste.

An den Rändern ihrer Wahrnehmung zeigte sich ein unangenehmes Weiß. Es schränkte ihr Blickfeld ein.

Bloß ein bisschen zwar – aber deutlich mehr als während der vorherigen Attacken. Mein Zustand verschlechtert sich. Meine Körperlichkeit verschlechtert sich.

Versuchsweise streifte sie mit den Fingern über die linke Gangwand und stieß, wie erwartet, auf nur wenig Widerstand.

Dorksteigers Herz klopfte heftig. Die Intervalle der Auflösung wurden kürzer, und jedes Mal, so hatte sie das Gefühl, wurde sie selbst weniger.

Sie bemerkte Krashs Blicke. Er betrachtete sie von der Seite und vergrößerte instinktiv den Abstand zu ihr. Der Wüko-Leun erlebte sie nicht das erste Mal in diesem Zustand. Er fürchtete sich vor den Veränderungen, die sie durchlief.

»Weiter!«, sagte sie und überholte den Wüko-Leun. Sie gab sich Mühe, sich nichts anmerken zu lassen. Undefinierbarer Schmerz machte jeden Schritt zur Anstrengung.

Außerdem musste sie sich konzentrieren. Auf ihre Füße, die in den Boden einzusinken drohten. Auf ihre Umgebung, die verquer und verdreht wirkte, ohne dass sie hätte sagen können, was tatsächlich falsch war. Auf haptische und akustische Wahrnehmungen, die verfälscht bei ihr ankamen.

Reiß dich zusammen, Sichu! Du bist Wissenschaftlerin. Logikerin. Du weißt mit höherdimensionalen Effekten umzugehen und kannst durchaus Theorien zu diesen Veränderungen entwickeln. Dein großes Problem ist, dass du das nicht möchtest. Weil du es verabscheust, dich selbst und deine Probleme sezieren zu müssen. Weil du Angst vor unangenehmen Schlussfolgerungen hast.

Mehrere Lichter aktivierten sich unvermittelt an den Gangwänden, etwa zwanzig Meter voraus. Dorksteiger tastete nach ihrer Waffe. Konzentrierte sich. Verbannte alle anderen Gedanken aus ihrem Kopf. Mit etwas Mühe bekam sie den Impulsstrahler zu fassen und aktivierte ihn.

»Nur die Ruhe«, sagte Krash. »Wir haben diese Gravierungen bereits mehrmals gesehen. Du erinnerst dich?«

»Ja.« Dorksteiger drehte sich im Halbkreis und sah sich genauer um. Alles blieb ruhig, also senkte sie die Waffe wieder. »Und ihr habt nie gelernt, diese Symbole zu entziffern? Obwohl sie im Labyrinth allgegenwärtig sind? Obwohl sie nach wie vor aktiv sind und aufleuchten, wenn man sich ihnen nähert?«

»Diese Tunnel waren – oder sind – eine Option zur Flucht. Wir haben sie teilweise erkundet und Zwischenlager angelegt, um uns versteckt halten zu können, sollte unsere Welt von Feinden besetzt werden. Für historische Untersuchungen war kaum Zeit.«

»Es hat euch nicht interessiert, wer vor euch Kushlur bewohnte? Schon aus Selbstschutz hättet ihr euch darum kümmern müssen.«

»Du verstehst wenig von Strategie und von Notwendigkeiten, Sichu Dorksteiger.« Der Wüko-Leun ging breitbeinig auf eines der Symbole zu. Es war etwa kopfgroß und zeigte einen Kreis, in dem feine Linien einen neunzackigen Stern nachzeichneten. Das Symbol leuchtete blaugrün. »Das hatten wir bereits einmal, nicht wahr?«

»Ja.« Dorksteiger war versucht, die Darstellung mit den Fingern zu betasten, ließ es dann aber bleiben. Etwas hielt sie davon ab.

Die weißen Schlieren am Rand ihres Gesichtsfeldes wurden dünner. Der ... Anfall, der sie in eine Art von Entstofflichung geschickt hatte, ging zurück.

Er hatte kürzer gedauert als beim letzten Mal. Hatte sie das Schlimmste überstanden? Setzte ein Heilungsprozess ein?

Unwahrscheinlich. Ich bin durch das defekte Mentatron gestolpert und wurde mit einem höherdimensionalen Phänomen konfrontiert. So etwas heilt nicht einfach ab.

Erst bei diesen Gedanken fühlte Dorksteiger, wie verkrampft ihr Körper war. Angst machte sich durch eine Abwehrreaktion ihrer Haut bemerkbar. Sprich: Sie fröstelte.

Der Stern mit den neun Strahlen erlosch. Krash, dessen Haut dunkel wie die Nacht war, verschmolz mit der Umgebung. Mit der Dunkelheit legte sich so etwas wie Erleichterung über Dorksteiger. Der Anfall war vorüber. Mit ein wenig Glück hatte sie nun für eine Stunde Ruhe und musste nicht darum fürchten, dass sie sich aus ihrem Körper löste.

»Weiter!«, befahl sie Krash. »Wir müssen in Bewegung bleiben. Ich glaube nicht, dass deine Kumpane die Jagd nach uns aufgeben werden.«

»Sie sind nicht meine Kumpane!«, rief der Wüko-Leun wütend, mit zitternder Stimme.

»Entschuldige.« Dorksteiger erschrak. Sie hatte einen Fehler begangen. Sie lebte schon zu lange unter Terranern und hatte vergessen, dass die Angehörigen der Wüko-Leun Sarkasmus nicht verstanden. Sie waren offenbar jähzornig und fanatisch in ihren Ansichten und hatten Mühe, die Worte anderer als gleichwertig zu akzeptieren.

»Schon gut«, sagte Krash, mühsam beherrscht. »Lass uns weitergehen!« Er stapfte den Gang entlang, noch breiter als zuvor. Als wollte er dadurch seinen Ärger über ihre Worte ausdrücken.

Sichu Dorksteiger folgte ihm in einem Abstand von mehreren Metern. Sie schalt sich eine Idiotin.

2.

Atlan: Garrincha

Alle Figuren zurück auf die Anfangsposition.

Ich ignorierte die Stimme meines Extrasinns. Der Logiksektor wollte mich provozieren und damit weitere Nachdenkprozesse in die Wege leiten. Weil das nun mal seine Art war: Er liebte es, ein Planmodell von allen Seiten zu beleuchten und nur ja nichts zu übersehen.

Der PHOENIX hatte erneut jene Zielkoordinaten erreicht, die ihnen Shrell ursprünglich übermittelt hatte. Wir trieben durch das schwarze Nichts des Weltraums, im interstellaren Leerraum der Agolei, 238 Millionen Lichtjahre von Terra entfernt.

Ich dachte nicht weiter über diese Zahl nach. Sie war abstrakt und ohne Bedeutung. Sie stand für unendlich weit von der Heimat entfernt. Das arkonidische Gehirn war nicht im Entferntesten dazu in der Lage, eine derartige Distanz zu verstehen.

»Du bist an der Arbeit, Phoenix?«, fragte Perry Rhodan.

»Selbstverständlich.«

Zu meiner Verwunderung zeigte sich der Avatar des PHOENIX. Das Gefieder des goldenen Vogels brannte in einem kräftigen Gelb. Da und dort löste sich – scheinbar – eine Feder des Phoenix und sank zu Boden, ohne ihn jemals zu erreichen.

Der Avatar verschwand und ließ sie, die Besatzungsmitglieder dieses wundersamen Raumschiffs, zurück: Perry, die Ärztin Meg Ontares, Dr. Barstow, Zhobotter, Gucky und ihn.

Wir saßen in der Lounge, in bequemen Sesseln.

In viel zu bequemen Stühlen, korrigierte ich mich gedanklich. Sie verleiten zu Trägheit. Ich hätte lieber Stehpulte und einige magere Sitzgelegenheiten, die einen dazu zwingen, seine Arbeit so rasch und so effizient wie möglich zu erledigen. Mit der Einrichtung und Ausstattung des PHOENIX haben sich die Terraner nicht unbedingt einen Gefallen getan. Die Semitronik und das phänomenale Antriebssystem täuschen über die eigentlichen Schwächen hinweg.

»Schimpfst du in Gedanken wieder mal vor dich hin?«

»Wie kommst du auf diese Idee, Perry?« Ich wandte mich meinem alten Gefährten zu.

»Wenn du die Kiefer aufeinanderpresst, tief durch die Nase atmest und die Stirnfalten zentimeterweise nach oben rücken, bist du unzufrieden. Glaub mir – ich kenne dein Bulldoggengesicht. Etwas passt dir nicht. Also, sag schon: Worum geht's?«

»Es ist alles in bester Ordnung.«

»Aber?«

»Aber ich wollte, wir wären weiter. Ich habe das Gefühl, als träten wir auf der Stelle.«

»Zugegebenermaßen waren wir schon mal hier. Aber wir sind mit jeder Menge Informationen im Gepäck zurückgekehrt. Wir wissen, dass sich der Sternwürfel tatsächlich an diesen Koordinaten aufgehalten hat. Er ist transitiert. Wir müssen bloß noch die für die Transition zuständige Steuerwelt ausfindig machen ...«

»Bloß noch!

Hörst du dir denn selbst zu, Perry? Ja, mag sein, dass sich die Steuerwelt in unmittelbarer Nähe befindet, und vermutlich wird es uns mit Geduld und Spucke gelingen, sie zu finden. Dennoch tappen wir im Dunklen und jagen bloß winzigen Informationsbrocken hinterher. Ich frage mich, warum Shrell uns nicht vorab besser informiert hat? Wollte sie, dass wir die Welt Rugyra kennenlernen? Und wenn ja, warum?«

»Wir wissen, dass Shrell nicht nach herkömmlichen Maßstäben zu beurteilen ist. Unsere Gegenspielerin reagiert dort emotional, wo wir vernünftige Entscheidungen erwarten – und umgekehrt. Vielleicht hat ihr Verhalten Methode. Sie und generell die Wüko-Leun mögen uns im Aussehen ähneln. In Wirklichkeit aber sind sie uns derart fremd, dass jeder Vergleich mit Arkoniden oder Terranern unzutreffend wäre.«

»Ich bin der Meinung, dass Shrell völlig aus der Art geschlagen ist«, meldete sich Ontares zu Wort. »Sie wird von Hass getrieben. Aber sie ist nicht wahnsinnig.«

Die Ärztin betonte die letzten beiden Worte und blickte mich dabei intensiv an.

»Keine Sorge, ich unterschätze Shrell nicht. Sie hat mehr als einmal bewiesen, wie gefährlich sie ist und über welche Möglichkeiten sie verfügt. Aber sie hat nun mal auch Schwächen, über die wir uns Gedanken machen sollten.«

»Das tun wir seit Beginn unserer Reise, alter Freund.« Rhodan schlug die Beine übereinander. »Wir haben Hunderte mögliche Psychogramme sowie Verhaltensmodelle erstellt, haben Strategien gegen sie geplant und uns auf alle Eventualitäten vorbereitet. Aber es läuft trotzdem auf eines hinaus: Wir müssen nach Shrells Pfeife tanzen, solang die Erde in Gefahr ist. Wir müssen auf die passende Gelegenheit warten, um uns aus ihrem Würgegriff zu befreien zu können.«

»Jaja. Und in einem der nächsten deiner Sätze kommt das Wort Improvisation vor. Nicht wahr? Alles, was du in den vergangenen paar Tausend Jahren so angestellt hast, während du dich durch die Geschehnisse des bekannten Universums hast treiben lassen, beruhte auf Intuition, Spontaneität und kühnen Vorhaben. Während so etwas wie Planung oder Kalkül in deinem Wortschatz nicht vorkommt.«

Ich tat ihm unrecht. Aber ich musste Dampf ablassen. Musste mich an meinem besten Freund reiben. Wenn jemand verstand, wie ich mich fühlte, dann war es Perry.

»War's das?«, fragte er. »Können wir uns auf die bevorstehenden Aufgaben konzentrieren?«

»Natürlich. Verzeih.« Ich sammelte mich. »Bevor wir darüber nachdenken, wie wir weitermachen, möchte ich noch einen kleinen Gedanken loswerden.«

»Du hast niemals kleine Gedanken, Atlan«, warf Gucky ein, der sich bisher auffällig zurückgehalten hatte. »Trotzdem, schieß los!«

Ich schloss die Augen. »Der Sternwürfel bewegt sich in Form von Transitionen vorwärts. Nach allem, was wir wissen, ist er ein riesiges, kaum fassbares Objekt. Und damit hat er eine Gemeinsamkeit mit einem Phänomen, dem wir vor Jahrtausenden das erste Mal begegnet sind.«

»Du redest von Sternenschwärmen, nicht wahr? Von kleinen Galaxien, deren beherrschende Völker im Auftrag der Kosmokraten arbeiten.«

»Richtig. Die Mechanismen und die technischen Hintergründe in den beiden Objekten sind möglicherweise unterschiedlich ...«

»... und haben wohl kaum etwas miteinander zu tun.«

»Das wissen wir nicht! Worauf ich hinauswill: Ähnliche Probleme führen oftmals zu vergleichbaren Lösungen. Der Sternwürfel ist, soweit wir es aus Terrybors Daten herauslesen können, eine künstlich geschaffene Sternenanhäufung. Was, wenn die Urwyconder Schwarmbauer gewesen sind, so wie die Querionen? Was, wenn sie ihr Wissen beim Bau des Sternwürfels eingesetzt haben?«

»Die Wyconder verfügen über kein Wisse, was die Hohen Mächte betrifft. Begriffe wie Materiequelle oder Kosmokraten sind ihnen fremd. Es ist, als hätten sie niemals vom Zwiebelschalenmodell gehört.«

Ich öffnete die Augen. Unsere Begleiter folgten gespannt unserer Unterhaltung. Sie mochte rein theoretischer Natur sein. Aber es schadete nichts, sich über die Hintergründe der Geschehnisse Gedanken zu machen.

»Wir sind Terrybors Unterlagen teilweise durchgegangen. Es gibt Hinweise darauf, dass die Urwyconder ihr Wissen von irgendwoher erbeutet haben. Das wäre eine Erklärung dafür, warum sie ihren Nachfahren die Angst vor der Weitergabe ihrer Technik vermacht haben. Die Urwyconder würden dies als Sakrileg betrachten. Und ich behaupte, dass diese Angst aufrechterhalten wird, weil sie fürchten, die ursprünglichen Hüter des Wissens auf sich aufmerksam zu machen.«

»Das ist sehr weit hergeholt, Atlan.«

»... sagt der Mann, der den Technologiediebstahl im Namen seines Volkes perfektioniert hat.« Ich grinste Rhodan an. »Wie wir alle wissen, haben sich die Terraner zu kosmischer Bedeutung über Jahrtausende hinweg hochgestohlen.«

»Aus Eigenschutz. Andernfalls wäre Terra zerstört worden zwischen den früheren Mächten in der Milchstraße. Bloß noch eine Fußnote in der Geschichte unserer Galaxis. Man hätte uns ausgelöscht. Vermutlich hätten robotisierte Schiffe diese Aufgabe von ihren mittlerweile durch Dekadenz völlig lethargischen Schöpfern übernommen, die aus Langeweile durch unsere Sterneninsel trieben und sich nicht weiter für die Angehörigen anderer Völker interessierten. Wie hießen sie bloß ...? Fiktivspieler ... nein ... Ar...«

»Schluss mit dem Unfug!«, schimpfte Gucky. »Schale Scherze sind mein Metier!«

Meg trat zwischen uns, sie versperrte mir den Blick auf Perry. »Diese gegenseitigen Kommentare sind das Dümmste, das wir derzeit machen könnten.«

»Sag das diesem unverschämten Terraner, der immer noch auf einem Baum säße und Läuse aus seinem Fell pflückte, wenn ich nicht gewesen wäre.«

Sie hat vollkommen recht: Schluss jetzt! Konzentrier dich gefälligst!

Ich nahm den Ordnungsruf des Extrasinns erschrocken zur Kenntnis. Ich war zu weit gegangen. Ich wandte mich an Meg Ontares: »Es ... tut mir leid. Ich wollte nicht eure Spezies per se beleidigen. Es gibt leider einzelne Exemplare, die mich immer wieder auf die Palme bringen.«

Weil du selbst viel zu viel Zeit auf der Erde verbracht hast und einige der schlechtesten Eigenschaften ihrer Bewohner angenommen hast, meinte der Extrasinn- So verärgert habe ich dich schon lange nicht mehr erlebt.

»Es ist der Frust«, sagte ich – und hörte dieselben Worte zur selben Zeit von Perry Rhodan. Ich wollte grinsen, unterließ es aber.

Er fuhr fort: »Wir kommen Bully Stück für Stück näher. Aber Shrell scheint uns stets einen Schritt voraus zu sein.«

Ich nickte. Das war es. Unsere Gegenspielerin hatte uns auf Terra mehrmals ihre Macht bewiesen und hielt darüber hinaus Sichu gefangen.

Bemerke ich da eine gewisse Bewunderung für die Leun in deinen Gedanken?, fragte der Extrasinn.

Nein. Ich war verärgert. Shrell verfügte über außergewöhnliche Fähigkeiten. Und sie hatte viel Zeit gehabt, um sich auf die Auseinandersetzung mit Terra vorzubereiten. Aber sie war kein kosmisches Geschöpf mit unbegrenzten Möglichkeiten.

»Lassen wir diese Hintergrundgeräusche beiseite und konzentrieren uns auf das eigentliche Ziel«, sagte ich. »Wie finden wir die Steuerwelt? Der Suchradius mag eingeschränkt sein. Aber wir wissen noch nicht mal, wie stark. Wir haben keine Ahnung, wie groß der Sternwürfel ist und wie viel Raum er eingenommen hat, als er in dieser Region weilte. Wir wissen nicht, ob die Steuerwelt, die wir suchen, Rugyra im Wycosystem auch nur irgendwie ähnelt. Auch die Sonnentransmitter der Lemurer, mit denen sie große Objekte transmittierten, unterschieden sich gehörig voneinander. Kaum eine der lemurischen Steuerwelten ähnelte der nächsten.«

Rhodan räusperte sich. »Phoenix?«

»Ja, Perry?«

»Wie weit bist du mit der Vermessung des Raumsektors?«

»Spezifiziere Raumsektor.«

»Definieren wir ihn als innerhalb der Reichweite des Massetasters von vier Lichtjahren und damit allen beweglichen Objekten, die du erkennen kannst. Bei der passiven Hyperortung geh bitte auf deine maximale Reichweite von dreißig Lichtjahren, bei der Hypertastung aufs Maximum von zwanzig Lichtjahren. Sollten starke und verdächtige Hyperquellen existieren, die weiter weg und zu empfangen sind, möchte ich das ebenfalls wissen. Nutz alle deine Möglichkeiten und Rechnerkapazitäten!«

Phoenix schwieg mehrere Sekunden und sagte dann: »Meine Massetaster zeigen zwölf Systeme mit möglichen Irregularitäten in diesem Umkreis.«

»Geht's etwas präziser?«

»Ich rede von Sonnen, die aufgrund ihrer energetischen und hyperenergetischen Muster auf Abweichungen hinweisen. Acht von ihnen lassen sich vermutlich durch natürliche Phänomene erklären. Vier weitere sollten durch Sonden beschickt werden.«

»Welches ist das nächstgelegene dieser vier Ziele?«, hakte ich nach.

»Eine planetenlose Sonne, die ich Garrincha genannt habe.«