Petermännchen. Der geheimnisvolle Zwerg - Erika Borchardt - E-Book
SONDERANGEBOT

Petermännchen. Der geheimnisvolle Zwerg E-Book

Erika Borchardt

4,9
4,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 4,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

11 überlieferte, besonders schöne Sagen vom Petermännchen, dem Schweriner Schlossgeist, haben die Autoren wunderbar neu erzählt. In einem ausführlichen Nachwort erfährt man mehr über das Petermännchen und mögliche Deutungen der Entstehung der aufgeschriebenen Sagen. Das Buch wendet sich an Kinder und Erwachsene. INHALT: Der geheimnisvolle Zwerg Es spukt im Schloss Eine Ohrfeige für den Mundschenk Die wundersame Rettung der schönen Gartenknechtstochter Ein Wachsoldat schläft Ein derber Denkzettel Das rostige Schwert Das verschwundene Diadem Der fürstliche Essenträger und die Silberschale Die Schlossjungfer am Pfaffenteich Das Geheimnis um die goldene Tuchnadel Nachwort Quellen und Anmerkungen LESEPROBE: Eine Ohrfeige für den Herrn Mundschenk In Gardemins Kopf nistete die Unruhe. Sie ließ ihn auch diese Nacht nicht schlafen. Was konnte es mit dem Männchen bloß auf sich haben? Ob der Hofnarr vielleicht diesen bösen Scherz mit ihm trieb? Unmöglich! Nie dürfte der wagen, sich einem Herren Kammerlakaien gegenüber so ungebührlich zu betragen, obwohl ... So klein war das Männchen vorhin tatsächlich gewesen. Aber es hatte einen langen, spitzen, bis auf die Brust hängenden Bart, während der Hofzwerg einen kleinen Kinnbart trug. Der liebte auch hohe Hüte, das Männchen aber trug eine flache schwarze Kappe auf dem Kopf. Der Hofzwerg kleidete sich auch auffallend farbenprächtig in ein kurzes, meist mit bunten Bändern besetztes Wams. Und das Männchen? Das hatte bloß einen unscheinbaren, schwarzen Rock an. Ob es die gleichen krummen Beine besaß wie der Hofnarr, hatte er nicht erkennen können, der Rock reichte ja bis auf die Füße. Aber vielleicht hatte sich der Giftzwerg nur verkleidet? Und wenn das Männchen nun doch ein Geist war? Und nur die Gestalt eines Zwerges angenommen hatte? Mit Geistern durfte man nicht spaßen und sie keinesfalls anfassen. Nicht einmal ansprechen war erlaubt! Der Lakai wusste ganz genau, Schreckliches passierte denen, die sich nicht daran hielten. Das hatte er schon oft gehört. Mit Krankheit und Elend, sogar mit dem Tode bestraften die Geister, wer sich ihnen fürwitzig in den Weg stellte. Tage und Wochen vergingen. Zum Erstaunen aller ließ Gardemin den Hofnarren in Ruhe. Und dieser sah auch zu, dass er nicht öfter als nötig in dessen Nähe geriet.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 71

Bewertungen
4,9 (18 Bewertungen)
17
1
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Impressum

Erika und Jürgen Borchardt

Petermännchen

Der geheimnisvolle Zwerg

1. Auflage 1994

ISBN 978-3-86394-032-4 (E-Book)

EDITION digital®Pekrul & Sohn GbR Alte Dorfstraße 2 b 19065 Godern

Tel.: 03860-505 788 Fax: 03860-505 789 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.edition-digital.com

Der geheimnisvolle Zwerg

Einstmals, dreihundert Jahre sind seitdem vergangen, da ereignete sich im Fürstenschloss Schwerin gar Seltsames, ja Ungeheuerliches. Ein geheimnisvolles Männchen erschien plötzlich in den düsteren Kellergewölben und Gängen des altehrwürdigen Schlosses. Es verteilte, hast du nicht gesehen, mir nichts, dir nichts Ohrfeigen! Und verschwand.

Furchtsam flüsterten die Leute, das könnte nur ein Geist sein, der hier sein Unwesen trieb. Manche frohlockten aber auch. Des Erzählens über den geheimnisvollen Zwerg war kein Ende.

***

Und das kam so. Die fürstliche Herrschaft benötigte zu ihrem Unterhalt im Schloss über vierhundert besoldete Bedienstete; Köche, Küchenjungen und Bratenwender, Kaffeesieder, Bäcker und Konditoren, und Essenträger und Wäscherinnen, Plätterinnen und Kammerjungfern und Jäger, Stallmeister und Pferdeburschen, Hofmaler, Musikanten und Tanzlehrer. Und viele, viele andere mehr, darunter auch einen Mundschenk. In seiner feinen Uniform stand er an der Speisetafel und achtete sorgsam darauf, die passenden Getränke für die verschiedenen Speisen vorzuschlagen und rechtzeitig nachzuschenken, wenn der Wein, das Bier oder der Cognac in den Gläsern der Herrschaften zur Neige gingen. Das war zwar eine Tätigkeit wie jede andere auch, solch ein Lakai stand jedoch bei Hofe in hohem Ansehen. Er war in der herzoglichen Rangordnung gleichgesetzt mit Professoren der Universität Rostock und den Bürgermeistern der Städte. Er arbeitete ja unmittelbar vor den Augen der fürstlichen Personen für deren Genuss. Was er servieren ließ, versetzte die Herren zudem meistens in gute Stimmung, so dass er sich auch eines besonderen Wohlwollens erfreute. Es hatte also schon sein Gutes, als Mundschenk den Dienst versehen zu können. Ein Mundschenk des Herzogs Friedrich Wilhelm am Anfang des 18. Jahrhunderts hieß Daniel Gardemin. In Güstrow geboren, entstammte er einer dort ansässigen Lakaienfamilie. Ob dadurch oder durch den Dienst an der herzoglichen Tafel, jedenfalls dünkte er sich was Besseres, wurde hochmütig und rechthaberisch, andere achtete er für gering. Sogar vor Gericht hatte er schon gestanden, weil er über andere schlecht geredet hatte. Verleumdung nannte man das in den Akten. Weil Herr Gardemin jedoch solch hohen Rang bekleidete, bekam er meist Recht. Schließlich wagte es niemand mehr, ihm zu widersprechen, jedenfalls nicht, wenn er im Rang unter ihm stand. Gegen Höhergestellte benahm sich Gardemin jedoch unterwürfig und dienstbar zuvorkommend. Er war eben ein richtiger Lakai.

Manch einem am Hofe war im Herzen der Sinn für Recht und Unrecht geblieben, und er wünschte deshalb insgeheim, der hochnäsige Herr Gardemin möge einmal eine tüchtige Strafe erhalten, die er sein Lebtag nicht vergessen sollte. Selbst einige der Herren hätten sich darüber gefreut. Gar zu sehr katzbuckelte er und redete ihnen zum Munde, was doch gar nicht seine Aufgabe als Mundschenk war. Niemand mochte den Lakaien. Er schien es jedoch nicht zu merken, oder aber es war ihm gleichgültig. Immer unverschämter benahm er sich. Jede Laune ließ er an niedriger Gestellten aus.

Zu den vielen Bediensteten am Hofe gehörten seit längerem auch kleingewachsene Menschen, zur Belustigung der Herren und Damen als Hofnarren gehalten. In der höfischen Rangordnung aber fanden sie nicht einmal Erwähnung. Und sie waren doch witzig und belesen und klug, oftmals sehr feinsinnig. Und empfindsam.

Über den Hofzwerg seines Herrn machte sich der Herr Mundschenk des Herzogs Friedrich Wilhelm des Öfteren lustig. Er demütigte das Männchen, wo er konnte, am liebsten im Beisein anderer. In grimmiger Ohnmacht biss sich der Zwerg heimlich auf die Lippen, und seinen Zorn versteckte er hinter einem Scherzwort. So gelangte er oftmals lachend aus der Reichweite des boshaften Lakaien. Wehren durfte er sich nicht, das wäre ihm schlecht bekommen. Vergessen konnte der kleine Mann die Kränkungen jedoch auch nicht.

Eines Abends, bei einer Gesellschaft im Ballsaal trieb es der Mundschenk gar zu arg mit dem Zwerg. Gardemin trat ihm wie unabsichtlich mit dem spitzen Absatz auf den Fuß. Der Kleine schrie laut auf vor Schmerz. Der Mundschenk sah sich jedoch ganz scheinheilig um und fragte laut: „Hat sich hier etwa ein Ferkel verlaufen? Es quiekt ja so.“ Das war zwar bloß einer seiner üblichen Scherze, mit denen er den Hofstaat kaum noch erheiterte, aber er hatte die Aufmerksamkeit erst einmal auf sich gelenkt. Man wartete gespannt, was nun folgen würde. Wenig später lockte er den Zwerg wieder heran und flüsterte ihm etwas ins Ohr.

Als der Kleine sich umwandte und loslief, stellte Gardemin ihm ein Bein, dass er stolperte und hinfiel und sich die Nase blutig schlug. „Was bist du wieder eilig, du Narr!“ höhnte sein Peiniger von oben herab. „Glaubst wohl, die hohen Damen vergehen schier vor Sehnsucht nach dir? Welcher der Schönen soll denn heute die Ehre zuteil werden, von dir umarmt zu werden? Seid nur nicht gar zu verschwenderisch mit Eurer Gunst, edler Herr!“ Er schlug sich auf die Schenkel und lachte wiehernd. Und mit ihm wieherte der feine Kreis der hohen Herrschaften. Welch ein gelungener Scherz. Dem Kleinen dröhnte das Gelächter wie Donner in den Ohren, und Tränen der Ohnmacht schossen ihm in die Augen. Es schien aber, sie kämen vom Lachen, so hatte er sein Gesicht verzogen. Und er entgegnete offenbar ganz keck: „Seid unbesorgt, mein Herr! Nach Euch nur steht mir der Sinn, oh Sonne meines Herzens.“ Wieder wollte der Hofstaat schier bersten vor Lachen, diesmal über den Kammerlakaien. Niemand bemerkte, dass der Narr eigentlich gar keinen Spaß gemacht hatte.

In dieser Nacht kam dem Zwerg ein wahrlich geistreicher Einfall. Er würde den Mundschenk strafen, ohne von ihm erkannt zu werden. Nicht einmal ahnen sollte Gardemin, wer hinter den Streichen steckte. Und auch die anderen Diener, die der Herr Kammerlakai demütigte, würden ihren Spaß haben.

Es spukt im Schloss

Es war spät geworden in dieser Nacht. Gardemin begab sich als einer der letzten Schlossbewohner endlich zur Ruhe, des Schlafes schon sehr bedürftig. Die Herren hatten wieder tüchtig gezecht. Müde langte er in seiner Kammer an, hängte die Perücke einfach über die Stuhllehne, streifte die Livree ab, schlüpfte ins Nachthemd, legte sich ins Bett, löschte die Kerze auf dem Nachtschrank, zog die Nachtmütze über beide Ohren und drehte sich auf die Seite. So schlief er immer am ehesten ein.

Plötzlich aber polterte es über seiner Kammer. Als ob der Teufel los wäre. Der Lakai wusste in seiner Benommenheit gar nicht, wie ihm geschah. Ein gewaltiger Schreck fuhr ihm in sämtliche Glieder. Käsebleich wurde er. Ein Gespenst!? Vor Gespenstern hatte Gardemin eine höllische Furcht. Mit einem Satz sprang er aus dem Bett und stürzte in die Ecke zum Kleiderschrank. Zitternd zwängte er sich hinein und blieb bewegungslos hocken. Eine Ewigkeit verging, schien es ihm, ehe Stille herrschte. Aber erst lange danach traute sich Gardemin aus seinem Versteck. Leise kroch er auf allen Vieren zum Bett, tastete zitternd nach den Schwefelhölzern, zündete das Licht an und schaute sich furchtsam um. Oh weh, die Tür! Einen Spalt breit stand sie offen. Was tun? Wieder bloß warten? Nein. Mit weichen Knien schlich er sich hin zur Tür und warf sie dann rasch zu. Sicherheitshalber drehte er den Schlüssel gleich zweimal um. Wie war er da erleichtert! Nachdem Gardemin auch noch unter das Bett geschaut hatte, legte er sich hin und lauschte eine Weile angestrengt. Stille rauschte in seinen Ohren. Nichts regte sich. Er schloss die Augen. Obwohl der Mundschenk todmüde war, wollte sich der erlösende Schlaf nicht einstellen. Ob vielleicht bloß eine Katze über der Kammer nach Mäusen gejagt und dabei einiges Gerümpel umgestoßen hatte? Fast hätte ihn dieser Gedanke beruhigt. Der süße weiche Nebel des Schlafes wollte ihn schon umfangen. Da, da kratzte plötzlich etwas an seiner Tür! Gardemin erstarrte. Alle Schläfrigkeit war wie fortgeblasen. Er hörte, wie die Klinke sich langsam nach unten drehte. Das Herz wummerte in seiner Brust. Es schlug wie rasend und drohte zugleich, jeden Augenblick stillzustehen. Der Herr Mundschenk verkroch sich unter der Decke. Ja kein Geräusch machen! Das könnte ihn verraten. Er kugelte sich zusammen, wie ein Igel, und hielt sich beide Ohren zu. Wenn das Gespenst, oder was immer es sein mochte, ins Zimmer käme, sollte es glauben, hier wäre überhaupt niemand. Lange Zeit hörte Gardemin nur das Rauschen in den Ohren. Sein Herz schlug immer noch wie wild. Die Nachtmütze war ihm verrutscht, das wirre Haar klebte im Gesicht, und das wollene Nachthemd verursachte ein schier unerträgliches Jucken am feuchten Körper. Gardemin zitterte. Er traute sich jedoch nicht, auch nur die Nasenspitze aus dem Bett zu stecken. Solche Angst beherrschte ihn. Aber nichts geschah. Bis zum Morgen lag er so, kein Auge konnte er zutun. Erst als ihm war, als hörte er den morgendlichen Lärm der Dienstleute, lüpfte er ein wenig die Bettdecke und sah die Sonne schon ins Zimmer scheinen. Da fasste er Mut, und wagte sich hervor. Missmutig und mit vergnittertem Gesicht versah er an diesem Tage seinen Dienst. Von dem Hofnarren, der ihn mit erstaunlicher Freundlichkeit grüßte und vor ihm dienerte, wie es sich gehörte, nahm er anfangs kaum Notiz. Bald aber ärgerte ihn, dass dieser fröhlich umhersprang, während er bei Tisch manchen Tropfen daneben schüttete. Zu schwach jedoch fühlte er sich, um auf der Stelle seine Laune an dem Zwerg auszulassen. Er blickte ihn nur böse an, zischte Unverständliches durch die Zähne und knurrte im Vorbeigehen: „Dir wird das Lachen schon noch vergehen.“