Pflege mit Herz - Gerhard Moser - E-Book

Pflege mit Herz E-Book

Gerhard Moser

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Beschreibung

Moritz und Mario, zwei Krankenpfleger beschließen, den Schritt in die Selbständigkeit zu wagen. Sie gründen einen privaten Pflegedienst. Mit der Hilfe von Arbeitskolleginnen und zweier Ärzte aus der Klinik, gelingt es ihnen recht schnell, einen florierenden Pflegedienst zu etablieren. Was sie mit den Kunden in deren persönlichem Umfeld erleben fordert sie oft mehr heraus, als die Arbeit in der Klinik, wo die zwei Pfleger jahrelang im Operationssaal gearbeitet haben. Es entwickeln sich sehr persönliche Beziehungen zu ihren Kunden. Zum Teil sehr lustige Erlebnisse, aber auch traurige Ereignisse prägen ihren Alltag. Ihre persönliche, homosexuelle Beziehung wird dabei oft auf eine harte Probe gestellt.

Gerd Moser, geboren 1955 in Offenburg / Schwarzwald, arbeitete selbst Jahrzehnte als Altenpfleger und weiß genau, wovon er schreibt. Viele Jahre war er als Stations- und Pflegedienstleiter in verschiedenen Heimen tätig. 1992 bis 1996 gründete und führte er einen Pflegedienst und verarbeitet nun viele der Erfahrungen in seinen verschiedenen Büchern.

 

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Veröffentlichungsjahr: 2020

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Gerhard Moser

Pflege mit Herz

Teil 1, Aufbruch

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Aufbruch

 

 

 

 

 

Gerhard Moser

 

 

 

Pflege mit Herz

Aufbruch

 

Teil 1

 

 

 

 

© 2020 Gerhard Moser

 

 

Texte: Gerhard Moser, https://die-weltenbummler.blog/

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

 

 

Wer nicht wagt, kann nichts gewinnen.

„Das war mal wieder das Letzte.“ Völlig genervt stellte Moritz seine Kaffeetasse auf den Tisch des Aufenthaltsraumes. Überall waren Flecken von Tassen, hier und da klebte Marmelade, oder glänzten die Schlieren von verwischter Butter. Daran war zu erkennen, dass die Putzkolonne noch nicht den Aufenthaltsraum des Pflegepersonals gereinigt hatte, obwohl es mittlerweile schon zehn Uhr war.

„Heute ist mal wieder alles chaotisch. Typisch Montag. Bei uns stand eine Beinamputation auf dem Plan, musste allerdings abgesagt werden, weil der falsche Patient geliefert wurde. Stell dir vor, der Patient wäre aufgewacht, hätte ein Bein weniger gehabt, aber der Blinddarm zwickt immer noch.“

Mario lachte lustlos.

Moritz und Mario kannten sich seit vielen Jahren und arbeiteten beide im Operationssaal des örtlichen Krankenhauses.“

„Bei uns war der Oberarzt wieder mal krass drauf. Wir hatten eine 86jährige Frau auf dem Tisch, bei der die Gallensteine entfernt werden sollten. Während der OP meldete der Anästhesist Exitus. Der Oberarzt bestand darauf, dass die Operation bis zum Ende durchgeführt und der Tod erst zwanzig Minuten nach der OP aktenkundig gemacht wird. War schließlich eine Privatpatientin und so kann er noch abrechnen. Ich habe langsam die Nase voll von dem ganzen Saustall.“ Er nahm einen Schluck aus seiner Teetasse und steckte sich eine Zigarette an.

„Willst du die Qualmerei nicht endlich drangeben? Demnächst wird es im ganzen Krankenhaus ohnedies verboten.“ Moritz grinst Mario an.

„Mit dem gesparten Geld könnten wir uns vielleicht endlich eine gemeinsame Wohnung einrichten. Sparen wir uns eine Miete.“

„Du denkst immer nur ans Geld. Das Rauchen schmeckt mir zwar schon lange nicht mehr, ich bin es aber so gewohnt. Sucht ist Sucht“, gab Mario zerknirscht zu.

„Sollten wir nicht doch nochmals überlegen, ob wir uns selbstständig machen? Wir hatten diese Idee schon mal vor über einem Jahr, sie aber damals wieder fallen lassen, weil es doch bequemer war, jeden Monat das Gehalt auf dem Konto zu haben.“ Mario drückte seine Zigarette im Aschenbecher aus und trank den letzten Schluck Tee.

„Du hast vielleicht Recht, mir geht diese chaotische Kiste hier langsam auch gegen den Strich.“ Er trank seinen Kaffee aus.

Die Tür zum Aufenthaltsraum wurde geöffnet und Eva, eine Kollegin kam herein. Sofort unterbrachen die Beiden ihr Gespräch. Wenn Eva nur ein Wort von ihren Plänen hörte, wäre morgen die ganze Klinik informiert. Schließlich war sie die „Zeitung der Klinik“. Neuigkeiten und Gerüchte wurden durch sie schnell verbreitet und kommentiert. Mit dem Wahrheitsgehalt nahm sie es nicht immer so genau.

„Wir müssen leider wieder zurück in den OP, unsere Pause ist um.“ Sie verließen gemeinsam den Raum. Eva sah ihnen enttäuscht hinterher.

Am Nachmittag trafen sie sich bei Mario zu Hause und nahmen das Thema erneut auf.

„Wir könnten einen Pflegedienst anmelden und die Kassenzulassung beantragen. Wenn wir beide als gleichberechtigte Partner eingetragen sind, geht das Risiko und der Verdienst durch zwei.“ Mario war bereits voll in der Planung.

„Kundschaft könnten wir direkt vom Krankenhaus bekommen. Jens ist Oberarzt in der Inneren, Rainer Stationsarzt in der Chirurgie. Beide würden uns bestimmt immer wieder die Kurzzeit Pflegeleute zukommen lassen. Da wir diese Aufgaben direkt mit der Kasse abrechnen, ist das ein guter Anfang.“

Moritz nahm einen Block zur Hand und notierte verschiedene Zahlen, rechnete, dividierte und multiplizierte.

„Wenn wir es schaffen, jeden Tag sechs bis acht solcher Kunden zu versorgen, ist für uns die Grundsicherung finanziert. Dabei sind Dauerpflegen oder weiteres Personal noch nicht eingerechnet.“

Beide planten und redeten sich in diese Idee hinein.

„Personal würden wir am Anfang nur mit 400 € Kräften abdecken. Wir haben genug Kolleginnen, die sich gerne was dazu verdienen wollen. Katja und Heike sind tolle Fachkräfte, die ich gerne im Team hätte. Vielleicht ergibt sich daraus später auch eine Festanstellung.“ Moritz war begeistert.

„Ich gehe gleich an meinem nächsten freien Tag zur Kasse und frage an, was wir alles zur Zulassung vorlegen müssen.“

„Tu das. Ich habe eine Freundin, die ist Steuerberaterin, die kann mir mehr darüber sagen, was wir an steuerlichen und amtlichen Dingen beachten müssen.“ Jetzt war auch Mario voll dabei.

„Lass uns auf unsere Idee ein Glas trinken. Ich habe extra eine Flasche Sekt kaltgestellt. Musst du noch weg?“ Mario schaute seinen Freund fragend an.

„Eigentlich wollte ich noch einkaufen. Mein Kühlschrank ist absolut leer und ich habe morgen meinen freien Tag. Kann ich aber alles verschieben. Bleibe ich über Nacht bei dir, dann brauche ich zu Hause nichts zum Abendbrot.“ Moritz lächelte seinen Freund an und war begeistert von der Idee, über Nacht zu bleiben.

Der Sektkorken knallte und Mario füllte zwei Gläser mit dem roten, perlenden Getränk.

„Prost, auf das Gelingen unseres Vorhabens und auf eine gute Zusammenarbeit.“

Die Zwei prosteten sich zu und waren überzeugt, den richtigen Schritt in ihrem Leben zu machen.

Drei Wochen später war es soweit. Die Unterlagen waren zusammen, die Formulare ausgefüllt, Zeugnisse und Urkunden kopiert.

„Ist der Schritt tatsächlich richtig?“, fragte Mario am Abend erneut.

„Wenn wir die Anmeldung gemacht haben, gibt es kein zurück.“

„Im Krankenhaus werden wir auch nicht glücklich. Lass es uns anpacken. Wenn es schief gehen sollte, können wir hinterher in jedem Fall mit gutem Gewissen behaupten, es probiert zu haben. Schlimmer und stressiger kann es kaum werden.“ Moritz war mit der Entscheidung einverstanden und froh, endlich aus der Klinik raus zu kommen.

„Ich gehe morgen vor dem Dienst zur Krankenkasse und gib die ganzen Papiere ab, den Rest besorgt Angi, unsere künftige Steuerberaterin. Sie ist übrigens davon überzeugt, dass die Idee goldrichtig ist.“ Moritz war froh, endlich den Schritt zu wagen.

„Wir sollten dann auch unsere Kündigungen im Krankenhaus abgeben, da in drei Tagen die Frist abläuft. Am 01.März können wir dann offiziell eröffnen. Die Papiere sollten bis dahin fertig sein, einen Namen für unseren Pflegedienst finden wir bestimmt auch noch.“ Mario sah richtig erleichtert aus. Er freute sich darauf, zukünftig mit seinem Freund und Lebenspartner Seite an Seite arbeiten zu können. Keiner konnte ihnen dann noch Vorschriften machen.

„Es wird bestimmt eine tolle Zeit, auch wenn es am Anfang nicht leicht sein wird, genug Kundschaft zu finden“, warf Moritz ein.

„Ich werde in den nächsten Tagen Jens ansprechen, wie er die Möglichkeit sieht, uns Kundschaft zu vermitteln. Wenn du Rainer, den Stationsarzt der Chirurgie triffst, frag bitte auch bei ihm nach. Die beiden sind unsere erste Quelle. Mundwerbung wird unsere beste Werbung sein. Zufriedene Kunden bringen neue Kunden.“ Mario war in euphorischer Stimmung.

Und alles klappte wie am Schnürchen.

Am Wochenende luden sie die Steuerberaterin Angi, Katja und Heike, ihre ersten Aushilfen und Rainer, den Stationsarzt der Chirurgie zu einem Grillfest in Marios Garten ein. Jens, Oberarzt in der Inneren, hatte leider Dienst, wäre aber gerne gekommen, da er die Idee der Beiden toll fand.

Während das Fleisch und der Fisch auf dem Grill brutzelten, führten die sechs lebhafte Diskussionen.

„Klar ist das der richtige Schritt“, versuchte Angi den zwei Krankenschwestern zu erklären.

„Der Pflegenotstand ist so ausgeprägt, dass die Politik dringend etwas unternehmen muss. Überall das gleiche Bild: Zu wenig Personal, zu hohe Belastung und zu wenig Lohn. Bis zum Jahr 2050 werden rund 1,5 Millionen Pflegekräfte in Vollzeit gebraucht. Derzeit sind lediglich 700.000 Stellen besetzt. Diese teilen sich 1,2 Millionen Pflegekräfte, meist auch noch in Teilzeit.“ Angi redete sich in Rage.

„Angi, mach uns die gute Laune heute Abend nicht mit deinem theoretischen Wissen kaputt“, versuchte Moritz den Redefluss seiner Freundin zu stoppen.

„Wer will ein Hähnchenschnitzel, bevor es verbrutzelt? Auch der Fisch ist fertig...“, tönte Marios Stimme über den Rasen.

Alle gingen nun zum Buffet, luden sich Salate und Brot auf die Teller und holten sich bei Mario ihre Fleisch- oder Fischbeilage ab.

„Das ist ein leckeres Bier“, kommentierte Rainer seinen ersten Schluck.

„Leicht herb, aber süffig. Gut, dass ich heute frei habe.

„Ja, das Tannenzäpfchen kennt man hier wenig, kommt aus dem Schwarzwald. Ich mag es sehr gerne und zum Grillen ist es perfekt.“ Moritz hob sein Glas.

„Danke, dass ihr gekommen seid. Mario und ich sind von unserer Idee mittlerweile vollkommen überzeugt. Der Pflegedienst wird eine bombastische Sache.“

„Macht voran, ich hätte da schon die ersten Kunden für euch.“ Rainer war froh, seine Patienten zukünftig in die Obhut der Zwei abgeben zu können.

„Es ist oft nicht leicht, die richtige Betreuung nach dem Krankenhausaufenthalt zu finden. Meist geht es doch nur auf Zeit und alles muss schnellstens erledigt sein. Wenn ihr euch von Anfang an etwas mehr Zeit nehmt und auf die persönlichen Belange des Einzelnen eingeht, kann überhaupt nichts schief gehen. Ich kann euch jetzt schon versprechen, dass ihr euch vor Kunden nicht retten könnt.“

Mario und Moritz sahen sich lächelnd an.

„Dein Wort in das Gehör des Universums...“, erwiderte Mario auf diesen euphorischen Kommentar.

„Wenn es eng wird, sind wir schließlich auch noch da“, antwortete Heike und zeigte mit ihrem Glas auf Katja.

„Na klar, wir helfen gerne jederzeit aus. Wenn sich später mal die Chance ergibt, aus der Tretmühle der Klinik auszubrechen, sage ich bestimmt nicht nein. Schließlich kennen wir uns schon einige Jahre und wissen, was wir voneinander erwarten können“, antwortete Katja.

Es wurde ein langer Abend. Jeder war davon überzeugt, dass die Zukunft nicht weniger Stress für die Beiden zu bieten hatte, aber viel mehr Freiheit und ein tolles, selbstständiges Arbeiten. Auch etwas ganz Wichtiges konnten die sechs an diesem Abend gemeinsam erarbeiten: Um Mitternacht stießen sie auf den Namen des Pflegedienstes an - „Pflege mit Herz“.

Und pünktlich zum 1. März konnte es losgehen. Im Gereonswall hatten sie ein kleines Büro gemietet. 5 x 5 Meter groß, zwei getrennte Toiletten und einen zusätzlichen Kellerraum. Für den Anfang völlig ausreichend. Sogar mit dem Telefonanschluss hatte es noch geklappt. Ohne Internet ging schließlich heutzutage überhaupt nichts.

Franz, ein Kollege aus dem Krankenhaus und ein Technik Freak, hatte ihnen eine Seite im Internet erstellt, auf welcher jeder sich über die Leistungen ihres Pflegedienstes informieren konnte.

„Die Seite ist echt toll geworden“, erklärte Mario Jens, dem Oberarzt aus der Klinik, der zur Eröffnung kam. Mit wenigen Klicks öffnete Mario die Seite auf seinem Laptop, der auf dem Schreibtisch stand.

„Ansprechend und gut übersichtlich. Ihr müsst mir unbedingt einige eurer Visitenkarten mitgeben, damit ich diese an Kunden von meiner Abteilung weitergeben kann. Ich habe da übrigens schon zwei Leute, die ihr schon morgen übernehmen könntet.“

Moritz strahlte bei dieser Mitteilung.

„Klar, zu allen Schandtaten bereit. Können wir heute Nachmittag bei dir vorbeikommen? Dann kannst du uns den zwei Leuten vorstellen.“ Fragend schaute er zu Jens.

„Klar, wie ist es gegen 16 Uhr? Danach habe ich noch Visite.“

„Abgemacht – und Danke.“

Pünktlich um 16 Uhr betraten Moritz und Mario das Büro von Jens.

„Schön, dass ihr da seid. Lasst uns direkt zu Frau Schwartz gehen. Die hat noch Besuch von der Nichte. Frau Schwartz ist 86 und leicht dement, kann sich aber in ihren eigenen vier Wänden noch gut versorgen. Ihr solltet die nächsten Wochen zweimal am Tag bei ihr vorbeischauen, die Medikamentengabe sichern und den Verband erneuern. Sie hatte sich bei einem Sturz den Arm gebrochen und die Wunde heilt schlecht. Auch hat sie durch ihren Diabetes bedingt ein offenes Bein, welches täglich verbunden werden muss und dann sollte ein Kompressionsstrumpf drübergezogen werden.“ Jens war ganz Arzt und redete ohne Unterbrechung.

„Die erste Verordnung bekommen wir von dir. Wir setzen uns dann mit dem Hausarzt wegen einer eventuellen Verlängerung in Verbindung. Richtig?“ Mario antwortete bereits ganz professionell.

„Genau, so läuft es korrekt ab.“

„Und wer ist der zweite Kunde?“, fragte Moritz.

„Der zweite Kunde, das sind eigentlich gleich zwei Leute. Es handelt sich um ein Ehepaar.“

„Ist ja noch besser.“ Moritz war begeistert, dass sie bereits am ersten Tag drei Kunden bekommen sollten.

„Herr Weinberg ist bettlägerig wegen eines Schlaganfalls, seine Frau war mit der Pflege völlig überfordert und beide wurden von Frau Schneider, ihrer Hausärztin eingewiesen um eine bessere Lösung für die häusliche Versorgung zu finden. Schließlich sind Beide bereits über 80 Jahre alt.“

„Und das ist ein Grund, beide ins Krankenhaus einzuweisen?“ Moritz konnte nicht verstehen, dass die Krankenkasse die Kosten übernahm, nur um die häusliche Versorgung zu klären.

„Du hast Recht, das war aber auch nicht der Grund. Herr Weinberg hatte eine Lungenentzündung, seine Frau war komplett unterernährt und durch den Flüssigkeitsmangel völlig ausgetrocknet. Durch Infusionen konnten wir sie wieder relativ fit machen.“

„Und was ist unsere Aufgabe bei diesen Beiden?“ Moritz überlegte bereits, wie viel Zeit für die Betreuung und Pflege dieses Ehepaares notwendig sein würde.

„Herr Weinberg muss komplett gepflegt, sprich gewaschen, rasiert und angezogen werden.“

„Angezogen?“ Moritz war irritiert.

„Ja, eure Aufgabe wird es sein, den alten Herrn zu aktivieren und aus dem Bett zu holen. Sonst haben wir ihn bald wieder mit der nächsten Lungenentzündung hier. Parallel sollte seine Frau möglichst von der Pflege des Mannes entlastet werden. Bei ihr müsst ihr darauf achten, dass sie mehr trinkt. Zucker und Blutdruck sollten täglich kontrolliert werden.“

„Da kommt ja ein schönes Stück Arbeit auf uns zu“, erwiderte Mario.

„Und das ist bestimmt noch nicht alles. Ich habe da schon die nächste Kundschaft für euch. Aber die bekommt ihr erst in der nächsten Woche.“

Gemeinsam verließen sie das Büro von Jens und machten sich auf den Weg zu Frau Schwartz.

„Hallo Frau Schwartz, das ist der Pflegedienst, der sich zu Hause um sie kümmern wird“, stellte Jens die beiden Pfleger vor.

„Guten Tag Frau Schwartz, mein Name ist Mario und das ist mein Kollege Moritz. Wir werden ab Morgen täglich zu ihnen kommen und ihnen helfen, sich wieder in ihrer Wohnung einzuleben.“ Sie schüttelten beide die zierliche Hand der 86jährigen, kleinen Frau.

„Bitte nicht zu feste drücken, ich habe Rheuma in allen Gelenken.“

„Ja, das sieht man“, gab ihr Mario zur Antwort.

„Eigentlich brauche ich keine Hilfe. Ich mache alles alleine. Meine Nichte schaut auch so oft wie möglich vorbei, kauft für mich ein und putzt. Was brauche ich mehr?“ Frau Schwartz machte einen leicht verängstigten Eindruck.

„Ist das so schlimm, wenn einer von uns beiden morgens und abends zu ihnen kommt? Wenn es nichts zu tun gibt, nutzen wir die Zeit zum Reden. So schön ist es schließlich auch nicht, wenn man den ganzen Tag alleine in der Wohnung sitzt.“ Moritz lächelte die alte Frau an.

„Nein, schlimm ist es überhaupt nicht. Welche Frau in meinem Alter kann sich rühmen, täglich Besuch von einem jungen Mann zu bekommen. Sie könnten mir schon gefallen, mit ihren schwarzen, lockigen Haaren.“ Verschmitzt schaute sie Moritz von unten herauf an.

„Na, Tante Albertine, da wirst du ja wieder richtig jung.“ Die Nichte mischte sich zum ersten Mal in das Gespräch ein.

„Bei mir ist es leider nur freitags möglich, meine Tante zu besuchen, da ich berufstätig bin. Ich gebe ihnen aber gerne meine Telefonnummer. Wenn etwas Besonderes sein sollte, können sie mich jederzeit anrufen.“ Sie suchte in ihrer Handtasche und reichte Mario eine knittrige Visitenkarte.