Philosophie der Kosmologie - Reinhard Gobrecht - E-Book

Philosophie der Kosmologie E-Book

Reinhard Gobrecht

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Beschreibung

Diese Philosophie der Kosmologie stellt die großen Fragen nach den kosmischen Bestandteilen und Strukturen des Himmels, insbesondere nach Raum und Zeit. Es geht aber auch um ontologische und logische Strukturen im Kosmos, wie z. B. Widerspruchsfreiheit, Kausalität, Gestaltung durch rationale Formen und Kontinuität. Ist der Kosmos von ewiger Dauer? Ist der Kosmos vom Raum endlich oder unendlich? Finden Bewegungen immer statt? Ist ein Werden und Vergehen unaufhörlich? Wie wahrscheinlich war ein Urknall? Kann es mehrere Universen geben? Kann es ein kosmisches Zentrum und eine absolute Zeit geben? Was bedeutet Raumzeit für unser Verstehen? Quantenobjekte zeigen ein ganz anderes physikalisches Verhalten als normale Körper. Für Quantenobjekte gelten deswegen andere physikalische Gesetze, als für die gewöhnlichen Dinge. Welchen Sinn und Zweck hat der Kosmos? Sind alle Seinsarten wie Materie, Leben und Denkvermögen auch auf Exoplaneten möglich?

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Inhaltsverzeichnis

Begeisterung für Kosmologie

Dualismus von Materie und Geist

2.1 Dialektik zwischen Materie und Geist

2.2 Entstehung des Kosmos

2.3 Immersein und Immerwerden

Verschiedene Bereiche

3.1 Sinnliche Existenz des Sichtbaren

3.2 Vernunftexistenz des Geistigen

3.3 Seelische Existenz - Denken und Handeln

3.4 Zusammenfassung

3.5 Philosophie und Kosmologie

3.6 Postulate und Axiome

Kosmische Struktur (ontologische Sichtweise)

4.1 Statische und dynamische Struktur

4.2 Logik als Prüfstein für Realität

4.3 Kausalität

4.4 Endlose Dauer

4.5 Einzigkeit

4.6 Erhaltungsprinzip

4.7 Rationale Formen

4.8 Harmonie und Symmetrie

4.9 Einfachheit und Schönheit

4.10 Berechenbarkeit

4.11 Postulate und Axiome

Kosmische Struktur (empirische Sichtweise)

5.1 Werden und Vergehen

5.2 Masse und Energie

5.3 Raum

5.4 Zeit

5.5 Raumzeit und Gravitation

5.6 Bewegung

5.7 Aktuelles und Potenzielles

5.8 Quantenwelt

5.9 Kontinuität

5.10 Ökonomie

5.11 Seinsarten

5.12 Planeten, Sterne, Galaxien

5.13 Postulate und Axiome

Kosmische Problemfelder

6.1 Raumexpansion

6.2 Raumkrümmung

6.3 Dunkle Materie und dunkle Energie

6.4 Galaktische Zentren – Schwarze Löcher

6.5 Kosmisches Zentrum

6.6 Physikalische Konstanten und Normen

6.7 Räumliche Trennung kosmischer Strukturen

6.8 Urknall

6.9 Wahrnehmungsprobleme

6.10 Multiversen

6.11 Stringtheorie

6.12 Physikalische Modelle

Zusammenfassung der gesamten Theorie

Abbildungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Personenverzeichnis

Sachverzeichnis

1. Begeisterung für Kosmologie

Woher kommt die Begeisterung für Kosmologie? Warum beindruckt uns der bestirnte Himmel? Je öfter wir uns den Sternenhimmel ansehen und je anhaltender sich unser Nachdenken damit beschäftigt, desto mehr Bewunderung und Ehrfurcht können wir gegenüber dem Kosmos empfinden. Auf diese Weise formulierte Kant seine Bewunderung für den Kosmos.

„Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt; der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir.“ Kant

Nichts und Nichtsein sind sinnlos, zwecklos und verstandlos. Nur das Sein veranschaulicht Vernunft und Wahrheit und kann uns Erkenntnis bringen. Warum ist das so? In unserer Denktätigkeit liegt unsere Freiheit und unsere Selbstständigkeit. Unser Bewusstsein begründet den Unterschied zwischen Sein und Nichtsein. Unsere Begriffe sind Abstraktionen von Gegenständen, die wir anschauen und wahrnehmen. Der Begriffsumfang, wie weit sich ein Begriff erstreckt, referenziert auf eine reale Gegenstandsmenge.

Ohne Dinge keine Begriffe, ohne Begriffe kein vernünftiges Denkvermögen. Während Dinge sich verändern können, verlangen wir für unsere Begriffe eine Konstanz. Wenn sich Begriffe ständig ändern würden, wäre eine objektive Erkenntnis nur schwer möglich. Der Endzweck aller Dinge ist, Vernunft sichtbar und möglich zu machen. Sein nur hat Zweck und Grund und macht Sinn. Ohne den Kosmos, ohne die Welt, ist auch keine Vernunft und kein Verstand. Teile dieser letzten beiden Abschnitte findet man sinngemäß bei Feuerbach. Das nächste Zitat zeigt ein Verhältnis von Vernunft und Frömmigkeit bei Feuerbach.

„Das Auge, das in den Sternenhimmel schaut, ist himmlischer Natur. Darum erhebt sich der Mensch über die Erde nur mit dem Auge; darum beginnt die Theorie mit dem Blicke nach dem Himmel. Die ersten Philosophen waren Astronomen. Der Himmel erinnert den Menschen an seine Bestimmung, daran, dass er nicht bloß zum Handeln, sondern auch zur Beschauung bestimmt ist.“ Feuerbach

Dasselbe kann gedacht werden und kann sein, so drückte es Parmenides in seinem Lehrgedicht aus. Wenn wir Denken und Sein in Verbindung bringen, dann gibt es genau vier Möglichkeiten: Etwas wird nicht gedacht und ist auch nicht, diese Möglichkeit bringt uns überhaupt keine Kunde. Etwas wird gedacht und ist aber nicht, dann ist es nur Fiktion. Etwas ist und wird nicht gedacht, dann bleibt es verborgen. Etwas ist und wird gedacht, dann und nur dann macht es einen Sinn; nur beides, Denken und Sein zusammen, bringt uns Erkenntnis. Die Wahrnehmung benötigt unsere Sehkraft und das Licht. Wahrnehmung funktioniert physikalisch nur, wenn es auch Dinge gibt. Das Wahrgenommene alleine reicht jedoch nicht aus; Wahrnehmung kann auch täuschen. Damit objektive Erkenntnis entstehen kann, ist das Denkvermögen ebenfalls von Nöten.

Der Kosmos ist also notwendig, damit wir Erkenntnisse haben können. Erkenntnisse und Wissenschaft sind möglich. Die Wissenschaft muss sich jedoch nicht nur auf die Naturwissenschaften beschränken, sondern sie kann auch Geisteswissenschaft sein. Nach Platon lehrt uns der Kosmos auch Weisheit. Wie aber wird man der Weisheit teilhaftig? Welche von den Wissenschaften ist so geartet, dass wenn man sie der Menschheit entzöge, dasselbe ganz unvernünftig und unverständig sein würde? Platon hält die Wissenschaft der Zahl für die wichtigste aller Wissenschaften. Die Mathematik handelt nicht nur von den ewigen mathematisch geistigen Dingen, sie ermöglicht uns auch zu zählen und zu messen. Zahlen, Daten und Maße sind notwendig für alle anderen Wissenschaften.

Warum ist die Mathematik so wichtig? Die Bewegungen der Himmelskörper lassen sich mit Hilfe der Mathematik beschreiben. Astronomie und Physik machen mathematische Berechnungen. Für Platon ist aber gerade das Maß auch wichtig für die Charaktertugenden. Ein gesundes Maß ist das Maßvolle. Eine gesunde Portion Tapferkeit hat kein Übermaß und kein Untermaß. Untermaß und Ungemessenheit wären Feigheit bei zu wenig Tapferkeit und ein Übermaß wäre Tollkühnheit und Todesmut bei zu viel Tapferkeit, beides sind also Extreme von Tapferkeit, die einer vernünftigen Selbsteinschätzung und Einsicht bar sind.

Gerade diese Extreme von Ungemessenheit, nämlich einerseits der Mangel und das Untermaß, andererseits das Grenzenlose und das Übermaß, verkörpern das Unvernünftige und das Böse. Durch den Kreislauf der Natur, durch die geordneten Bewegungen am Himmel, durch Wechsel von Tag und Nacht und Wechsel der Jahreszeiten sind wir des Zahlbegriffes inne geworden. Die Zeit ist Zählmoment, wir messen sie und wir rechnen mit ihr. Das richtige Maß bedeutet Harmonie.

Wenn es keine Mathematik gäbe, wäre keine Wissenschaft mehr möglich. Astronomie, Physik, Medizin und andere Wissenschaften könnten keine Berechnungen vornehmen und keine Daten auswerten. Philosophisch betrachtet würde das bedeuten, dass Weisheit und Vernunft fehlen würden. Ähnlich wie die Existenz eine Mastereigenschaft ist, ist die Mathematik eine Masterwissenschaft. Nimmt man jemanden seine Existenz, verliert er damit auch alle anderen Eigenschaften automatisch. Nimmt man der Menschheit die Mathematik, verliert sie damit automatisch alle Wissenschaftlichkeit und die Möglichkeit der vernünftigen Einsicht und Vernunft. Astronomie und Mathematik verhelfen uns somit zur Weisheit und nach Platon auch zur Bewunderung des Himmels und zur Frömmigkeit auf die rechte Weise.

„Die Mathematik ist viel robuster als der Verstand irgendeines einzelnen Menschen. Ist das nicht ein Verweis auf etwas, das außerhalb von uns, jenseits des Vermögens jedes einzelnen Individuums eine Wirklichkeit besitzt?“ Penrose

Kosmologie ist die Wissenschaft des Kosmos als Ganzen, die Wissenschaft der Natur als Ganzes. Kosmologie ist die Wissenschaft der Ordnung und Struktur des Weltgebäudes, der ontologischen und empirischen Ordnung. Kosmologie ist auch die Wissenschaft von Maß, Harmonie und Symmetrie der Natur. Durch das Schöne scheint die Natur das Geistige sichtbar zu machen. Für eine Kosmologie sind nicht nur die Naturwissenschaften relevant, sondern auch Logik, Mathematik und Philosophie müssen gefragt werden. Verschiedene Bereiche bzw. Welten müssen dabei unterschieden werden. Popper benutzte für seine Forschung eine bestimmte Unterscheidung in verschiedene Welten, und er wies auf die Komplexität einer Kosmologie hin.

„Kosmologie ist die vielleicht philosophisch wichtigste aller Wissenschaften.“ Popper

Warum ist neben der Betrachtung der empirischen Welt, eine Betrachtung der geistigen Welt sinnvoll? Weil die Gesetze, Prinzipien und die Ontologie der empirische Welt, nicht direkt zur empirischen Welt, sondern zu einer geistigen Welt gehören. Physikalische Gesetze sind nicht selbst physikalisch. Der Plan für den Kosmos, dessen Existenz man vermuten kann, kann nicht in die Welt der Verwirklichung gehören, er gehört zu einem geistigen Existenzbereich. Für eine geistige Struktur, sowohl für eine statische als auch für eine dynamische Gesamtstruktur des Kosmos, gibt es Anzeichen. Diese Strukturen muss man logisch auch dem geistigen Bereich zuordnen.

Neben dem sichtbaren Kosmos, neben den materiellen Dingen, die uns zur anschaulichen Erkenntnis und Erfahrungswissen verhelfen, haben wir außerdem somit die geistigen Dinge. Wichtige geistige Dinge, wie die Ideen sind für uns Richtpunkte im Denken. Das Gute, das Schöne, das Gerechte und das Wahre als Ideen, sind solche Richtpunkte und Maßstäbe. Damit misst unser Geist einerseits das erlebte Gute, Schöne, Gerechte und Wahre und vergleicht das Maß bzw. das Normative mit dem Tatsächlichen. Andererseits lernen wir durch Erfahrung mit dem Tatsächlichen und durch unser vernünftiges Denken das richtige Maß erst nach und nach erkennen. Wir müssen so zu sagen zu den Ideen erst aufsteigen. Für Platon lebt der Kosmos.

„…so ist dieser Kosmos sichtbares Lebewesen, das das Sichtbare in sich schließt, als wahrnehmbarer Gott ein Bild dessen, was von der Vernunft geschaut wird, entstanden als dieser eine größte, beste, schönste und vollkommenste Himmel, als einziger hervorgegangen.“ Platon

Die Ideen sind ein Teilbereich von Vernunftexistenz. Auch der mathematische Bereich ist ein Teilbereich von Vernunftexistenz. Mathematische Dinge sind geistige Dinge. Die mathematischen Sätze und geometrischen Figuren beanspruchen Vernunftexistenz. Sie hängen von keiner Grammatik ab, sie sind reiner objektiver Geist. Mathematische Existenz ist eine andere als physikalische Existenz. Das Mathematische zeigt Möglichkeiten für das physikalisch Reale. In der Realität sind jedoch nicht alle Möglichkeiten der Vernunftexistenz realisiert.

Unser Denken, unsere Seele beschäftigt sich sowohl mit der sinnlichen Existenz als auch mit der geistigen Existenz. Die menschliche Seele erinnert das Erkannte aus beiden Bereichen; sie besitzt ihren eigenen individuellen subjektiven Bereich. In den folgenden Kapiteln werden drei Bereiche eine wichtige Rolle einnehmen: Sinnliche Existenz, Vernunftexistenz und seelische Existenz. Bevor wir uns diesen drei verschiedenen Existenzbereichen widmen, gehen wir aber im nächsten Kapitel zunächst auf die Trennung von Geist und Materie ein.

Quellen:

Parmenides:

Vom Wesen des Seienden

Platon:

Anhang zu den Gesetzen (Epinomis)

Platon:

Timaios 92 c

Kant:

Kritik der praktischen Vernunft, Beschluss Nr. 288-289

Feuerbach:

Das Wesen der Religion: Das Wesen des Christentums: Das Wesen des Menschen im Allgemeinen, Gott als Wesen des Verstandes

Popper:

Auf der Suche nach einer besseren Welt, Wissenschaft und Kritik IV

Penrose:

Der Weg zur Wirklichkeit, Kapitel 1, Nr. 1.3

2. Dualismus von Materie und Geist

2.1 Dialektik zwischen Materie und Geist

Der Dualismus von Materie und Geist ist so alt, wie die Welt selbst. Bereits die Philosophen Parmenides und Heraklit verkörpern diesen Dualismus. Heraklit betonte die Veränderlichkeit der Welt und den ständigen Wandel der materiellen Dinge. Nach Heraklit wird die Sonne Tag für Tag jung, denn sie entzündet sich und verlischt jeden Tag wieder aufs Neue. Parmenides betonte die Unveränderlichkeit und Ewigkeit des geistigen Seins. Nach Parmenides ist das geistige Sein ungeworden und unvergänglich.

Heraklit beschrieb den materiellen Kosmos aus seiner Sicht als ein ständiges Werden und Vergehen, als eine Welt des Immerwerdens, während Parmenides Werden und Vergehen für eine Erscheinung hielt, die uns von dem eigentlichen Weg zur Wahrheit abhält. Das Wahre ist für Parmenides dasjenige, welches immer Bestand hat und keiner Veränderung unterliegt, das aber ist geistiges Sein in einer Welt des Immerseins. Heraklit betonte die Gegensätzlichkeit in der empirischen Welt, während es Parmenides um eine einheitliche Wahrheit ging. Heraklits Philosophie war damit von empirischer Beobachtung geprägt, während Parmenides Philosophie auf Überlegung und Denktätigkeit basierte und das rein Geistige im Blick hatte.

Bei Platon gibt es einen Bereich des Denkbaren und einen Bereich des Sichtbaren und als Drittes, als Vermittlung zwischen den beiden dualistischen Existenzbereichen, gibt es den Bereich der Seele. Die Seele nimmt wahr, fühlt und denkt über beide Bereiche nach; sie handelt und macht Erfahrungen, und umgekehrt abstrahiert sie von dem Wahrgenommenen. Sie speichert und erinnert und sie mutmaßt über das Unbekannte.

Die Vernunft in der Seele hat die Möglichkeit, zu objektiver wissenschaftlicher Erkenntnis über die Welt zu gelangen. Die Vernunft braucht aber dazu das Sinnliche, die Vernunft braucht die Bilder der Anschauung. Mit Hilfe der Anschauung kann sie leichter zu den Gesetzen gelangen und möglicherweise den Plan der Natur verstehen. Platon stellt im Timaios auch die platonischen Körper vor: Tetraeder, Hexaeder, Oktaeder, Dodekaeder und Ikosaeder. In Heisenbergs Denken haben diese Körper bei der Entwicklung der Quantentheorie eine Rolle gespielt.

„Die Elementarteilchen können mit den regulären Körpern in Platons >Timaios< verglichen werden. Sie sind die Urbilder, die Ideen der Materie. Die Nukleinsäure ist die Idee des Lebewesens.“

Heisenberg

Descartes machte durch zwei Argumente den Dualismus zwischen Materie und Geist deutlich, durch ein Teilbarkeitsargument und ein Möglichkeitsargument. Teilbarkeitsargument: Die Materie (Körper) ist von Natur stets teilbar, der Geist hingegen durchaus unteilbar. Der Körper ist sichtbar, Geist und Seele unsichtbar. Möglichkeitsargument: Man kann sich vorstellen keinen Körper zu haben, aber nicht vorstellen keinen Geist zu haben. Körper und Geist sind verschieden.

Die Dialektik zwischen Materie und Geist besteht in der Gegensätzlichkeit von sinnlicher Existenz und geistiger Existenz. Materielle Dinge und geistige Dinge stehen in einer Hinsicht im Gegensatz, in anderer Hinsicht gibt es aber zwischen beiden eine Wechselbeziehung. Ein geistiger Begriff, wie z.B. Kausalität, lässt sich in der empirischen Welt beobachten und erfahren. Was man beobachten und erfahren kann, hilft dabei das Geistige und Abstrakte nicht nur durch Denken zu erfassen, sondern auch anzuschauen, zu fühlen, zu erleben.

Diese Gegensätzlichkeit liefert ein Gesamtbild für die Erkenntnis, eine Art Synthese aus Gedachtem und Angeschauten wird möglich. Durch die Trennung von beiden Bereichen, behält man einerseits einen klaren Blick und erkennt die Unterschiede. Aufgrund der Wechselbeziehung erkennt man dann zusätzlich Zusammenhänge zwischen den Bereichen. Beides Anschauung und Denken sind Erkenntnisquellen. Das Denken allein kann keine Realität erzwingen und das Reale, das angeschaut werden kann, muss überprüft werden, begrifflich gefasst und logisch geordnet werden.

Das Geistige lässt sich einerseits nicht auf Materie reduzieren, andererseits kann das Geistige nichts Materielles erzeugen. Weder ist die Materie Ursache des Geistes noch der Geist Ursache für die Materie. Möglicherweise haben Geist und Materie eine gleiche gemeinsame Ursache. Diese möglicherweise gemeinsame Ursache kennen wir nicht, wir kennen nicht die Quelle des Geistes und auch nicht die Ursache für die Materie, und deswegen gehen wir einfach vom Dualismus aus. Wir nehmen den Dualismus, wie er uns durch die Welt gegeben ist.

Das Geistige selber hat verschiedene Bereiche: Objektives, Subjektives, Gedanken und Vorstellungen. Vorstellungen benötigen einen Träger und sind subjektiv, Gedanken können objektiv sein und unabhängig vom Träger gedacht werden. Es gibt subjektive Meinungen und objektive wissenschaftliche Erkenntnisse, Psychologisches und Logisches, Einbildungen und Wünsche. Es gibt auch objektive rationale Formen in der Natur, wie Feuer, Wasser, Erde und Luft. Bewusstseinsinhalte unterscheiden sich von allgemeinen Wissensinhalten. Behaupten, denken und urteilen unterscheiden sich. Es gibt objektiven Geist unabhängig von menschlichem Denken und menschlichem Bewusstsein.

Beim Computer, bei der künstlichen Intelligenz (KI), ist ebenfalls der Dualismus Realität. Die Hardware (HW) ist notwendig für die Software (SW); wenn die HW nicht wäre, könnte die SW nicht dynamisch ablaufen, sie könnte noch nicht einmal gespeichert werden ohne HW. Und was sollen die Bits aussagen, wenn man nicht weiß, was in ihnen codiert wurde. Weder kann die SW die HW verursachen noch umgekehrt. Die SW ist als geistiger Anteil an die HW gebunden, ähnlich wie unser Bewusstsein an unser Gehirn gebunden ist. Das Eingebundensein in die HW bedeutet aber nicht, dass die SW aus der HW entsteht oder von ihr nicht abgetrennt werden könnte. SW ist portierbar. HW ist Zugrundeliegendes und austauschbar.

Quellen:

Heraklit:

Fragmente

Parmenides:

Vom Wesen des Seienden

Platon:

Timaios 50 ff.

Descartes:

Meditationen über die Grundlagen der Philosophie (Meditation VI Nr. 19); Die Prinzipien der Philosophie (1. Teil Nr. 7 und 8)

Frege:

Logische Untersuchungen, Der Gedanke

Heisenberg:

Der Teil und das Ganze, Nr. 20

2.2 Entstehung des Kosmos

Das Wort Kosmos wurde aus dem Griechischen übernommen. Es bedeutet Weltall, Weltordnung, Welt als Ganzes. Die Pythagoreer sollen gesagt haben, dass die Augen für die Astronomie gemacht sind und die Ohren für den Lauf der Harmonie und beides miteinander verschwistert ist. Pythagoras soll ein Mann mit überragendem Wissen gewesen sein, ein wirklich weiser Mann, der mehr als alle anderen wusste und verstand, was es an Einsichten gibt, und er soll als erster den Himmel Kosmos genannt haben.

„Pythagoras habe das Himmelsgebäude zuerst Kosmos genannt und die Erde als rund bezeichnet.“ Diogenes Laertius

Platon beschreibt in seinem Dialog Timaios die Entstehung des Kosmos. Er liefert folgendes Argument: Der Kosmos ist sichtbar, anfassbar und als solches wahrnehmbar. Alles Wahrnehmbare aber hat sich als werdend und erzeugt erwiesen. Der Kosmos ist geworden. Weiter argumentiert Platon: Alles Werdende hat eine Ursache. Die Ursache bzw. der Existenzgrund des Kosmos liegt aber nicht in der Zeit, sondern außerhalb der Zeit. Der Kosmos ist aufgrund eines Vorbildes geworden und das Vorbild ist das Ewige.

Deswegen stellt der Kosmos, als Ganzes, das Schönste des Gewordenen dar, und existiert als eine Art Abbild eines geistigen Urbildes. Wenn es eine solche Abbildung zwischen geistigem Immersein und Materiellem Sein gibt, dann bleibt das Abbild so lange in der Existenz, wie auch das Urbild existiert. Wenn das Urbild aber ewig ist, muss auch das Abbild von einer Art endlosen Dauer existieren.

Weil der Kosmos als Ganzes das Schönste des Gewordenen ist, unterscheidet er sich von allem anderen Gewordenen in der Welt. Alles andere im Kosmos, das materielle Einzelne, wie Monde, Planeten, Sterne und Galaxien unterliegen dem Zeitlichen in der Welt, haben damit Anfang und Ende. Sterne können entstehen und vergehen. Sie treten in die Existenz ein und verschwinden wieder aus der Existenz. Der gesamte Kosmos aber, hat als Ganzes keinen Anfang in der Zeit und weil er nach ewigem Vorbild entstanden ist, auch kein Ende in der Zeit.

Nach Platons Argumentation ist die Zeit ein bewegtes Abbild der Ewigkeit. Als Abbild nach ewigem Vorbild ist auch die Zeit damit ohne Anfang und ohne Ende. Die Zeit kann man von der Bewegung ableiten, sie ist Teil der Bewegung; ihr kommt jedoch keine sinnliche Existenz zu. Das materielle Sein ist aus Grundbausteinen zusammengesetzt. Zusammengesetztes unterliegt der Anfälligkeit und dem Verschleiß und kann daher nicht ewig sein.

Monde, Planeten, Sterne und Galaxien können vergehen, der Kosmos als Ganzes hat möglicherweise Beständigkeit, er entsteht fortlaufend neu. Es wird möglicherweise immer Sterne geben, nur nicht immer dieselben Sterne. Im Gegensatz zum Zusammengesetzten ist das Einfache autark und möglicherweise immer. Die Grundbausteine der Materie können möglicherweise immer sein, d. h., wie die Zeit von einer endlosen Dauer, ohne Anfang und ohne Ende, ohne Eintritt und ohne Verlassen der Existenz.

Die Grundbausteine der Materie verhalten sich nicht nach strikter Gesetzmäßigkeit, die für die Dinge geltend gemacht werden kann, sie verhalten sich eher aufgrund von Wahrscheinlichkeit. So gibt es im Bereich des Werdens Wahrscheinlichkeit und Glaubwürdigkeit, im Bereich des geistigen Seins aber Wahrheit. Platon zieht einen Vergleich zwischen Sein und Werden.

„Was das Sein im Verhältnis zum Werden, das ist die Wahrheit im Verhältnis zur Glaubwürdigkeit.“ Platon

Welchen Sinn und Zweck hat der Kosmos? Nach Platons Ansicht soll der Kosmos das Denkbare sichtbar machen. Er soll Ordnung, Vernunft und Geist sichtbar und erfahrbar machen. Er soll durch zyklische immer wiederkehrende geordnete Bewegungen Harmonie und Verlässlichkeit zeigen. Die Ständigkeit und Zeitlosigkeit des immer seienden Geistigen wird durch Bewegungen des immer werdenden Materiellen nachgeahmt. Mit Hilfe der Zeit lässt sich Sein und Nichtsein des einzelnen Materiellen messen. Der gesamte Kosmos in seiner Existenz ahmt jedoch das Immer nach.

Nach Platon ist der Kosmos eine Mischung aus Notwendigkeit und Vernunft und die Vernunft herrscht über die Notwendigkeit. Für die Welt der Verwirklichung, für die sichtbare Existenz, ist die Materie notwendig. Sie bietet die Grundlage und Möglichkeit für die sichtbare Existenz. Der Kosmos als Ganzes hat eine Zweckursache. Zweckursachen, sind Ursachen die aufgrund eines Planes sein können oder aus einem bestimmten Willen heraus. Im Fall des Kosmos ist die Zweckursache gut, vernünftig und planvoll, die Vernunft herrscht über die Notwendigkeit.

Für die Notwendigkeit, für das Materielle sieht es anders aus. Die Ursachen für das Materielle sind Wirkursachen bzw. Bewegungsursachen, die aufgrund von unterschiedlichen Gesetzen zusammenwirken können. Wirkursachen können nach Plan, bzw. nach Gesetzen ablaufen oder sich gegenseitig auch hindern. Nach Platon sind wirkende Ursachen vorstellbar, die rein mechanisch aus blinder Notwendigkeit wirken. Bewegungsursachen können ihrerseits bewegt werden. Bei den Grundbausteinen der Materie bzw. Energie scheinen die Wirkursachen sogar auch ausgesetzt bzw. planlos zu sein.

Die Theorie der Entstehung des Kosmos, wie sie von Platon beschrieben wird, hat logisch schlüssige und wahrscheinliche Elemente. Sie enthält auch metaphysische Aspekte und bringt die Entstehung des Kosmos in einen schöpferischen Zusammenhang mit den Göttern bzw. mit einer höheren Vernunft und Allmacht. Platons metaphysische Aspekte sind sehr positiv, sie geben dem Kosmos einen Sinn, einen guten Zweck und die Allmacht ist gütig und tut nichts Unvernünftiges. Betrachten wir den folgenden Syllogismus:

(P1) Alles Gewordene hat eine äußere Ursache.

(P2) Der Kosmos ist geworden.

(S) Der Kosmos hat also eine äußere Ursache

Der Syllogismus besteht aus zwei Prämissen (P1, P2) und einem Schluss (S). Beide Prämissen haben den Mittelbegriff >geworden< gemeinsam. Da Kosmos und Zeit gemeinsam entstanden sind, liegt die äußere Ursache des Kosmos außerhalb der Zeit. Diese äußere Ursache ist notwendig. Der Kosmos ist somit kontingent, er ist nicht selbst das notwendige Sein. Das notwendige Sein ist möglicherweise eine höhere Vernunft. Aus logischen Gründen muss es ein absolut notwendiges Sein geben; wir zitieren an dieser Stelle Kant.

„Weil das notwendige Wesen den letzten Realgrund aller anderen Möglichkeiten enthält, so wird ein jedes andere Ding nur möglich sein…. Etwas, was selbst abhängend ist, enthält nicht den letzten Realgrund aller Möglichkeit und ist demnach nicht schlechterdings notwendig. Mithin können nicht mehrere Dinge absolut notwendig sein.“ Kant

Woraus besteht das Menschsein? Das Menschsein besteht aus Seele, Bewusstsein, Denkvermögen und Vernunft und nicht nur aus materiellen Kohlenstoffatomen des menschlichen Körpers. Der Mensch hat die Möglichkeit aufgrund des Kosmos Wissenschaft zu betreiben; er hat die Freiheit innerhalb der Naturgesetze selber Dinge in die Welt zu setzen, er hat die Möglichkeit die Welt mitzugestalten. Anschauung, Denkstoff und Handlungsmöglichkeiten bietet der Kosmos dem Menschen.

Die einzelnen Punkte, die wir in diesem Abschnitt angesprochen haben, wie Existenz, Kausalität, Zeit usw. werden ausführliches Thema in den nachfolgenden Kapiteln sein. Vom Absoluten, von einer höheren Vernunft, von einer Allmacht kann es kein Wissen geben, sondern nur Meinung. Etwas Höheres mag es außerhalb des Weltalls und außerhalb des Geistigen und des Denkens geben, welches den Geist spendet und das Denken verleiht. Hier ist nicht der Raum über eine Allmacht zu mutmaßen.

Wir wollen in den folgenden Kapiteln für unsere Theorie des Himmels eigene Postulate und Axiome aufstellen. Wir werden dabei gerne auf das Logische, Schlüssige, Wahrscheinliche und auf den positiven Blick Platons zum Sinn und Zweck des Kosmos zurückkommen. Die nachfolgenden Abbildung 1 ist ein Versuch den Dualismus zwischen geistigem Sein und materiellem Sein zu veranschaulichen. Dabei wird auch eine Verbindung zwischen beiden Seinsarten durch eine Abbildfunktion hergestellt.

Quellen:

Platon:

Timaios 27 ff. und 46 d ff.

Pythagoras:

Fragmente 253, 258-259 in: Kirk/Raven/Schofield, Die vorsokratischen Philosophen

Diogenes Laertius:

Leben und Meinungen berühmter Philosophen

Kant:

Beweisgrund zu einer Demonstration des Daseins Gottes, Erste Abteilung, Dritte Betrachtung.

Abbildung 1: Dualismus von Materie und Geist – Kosmos Entstehung

2.3 Immersein und Immerwerden

Was bedeutet Immersein? Der Satz des Pythagoras, ein Satz der euklidischen Geometrie, ist zeitlos wahr. Er wurde von Pythagoras erkannt, aber nicht erfunden. Es gab wohl keine Zeit vor Pythagoras, in der er nicht gültig war, und es wird wohl auch keine Zeit geben nach Pythagoras, in der er nicht mehr gültig sein sollte. Wenn die Erde nicht der einzige Planet im Kosmos ist, wo Lebewesen Denkvermögen besitzen können und Wahrheit erkennen können, wenn es ähnliche Planeten, wie die Erde im Kosmos gibt, dann kann der Satz des Pythagoras auch dort erkannt werden. Wir nehmen an, dass es ein Immersein gibt. Es gibt Geist in allgemeiner Form, unabhängig von jedem Bewusstseinsträger und die Möglichkeit diesen Geist zu erkennen, nicht nur von der Erde aus, sondern von jedem Exoplaneten aus.

Was bedeutet Immerwerden? Wenn Platon Recht hat, dann ist der Kosmos zwar geworden, aber er ist von unendlicher Dauer. Aufgrund der Materie und der physikalischen Kräfte kann im Kosmos immer Bewegung stattfinden und auch die Zeit ist von unendlicher Dauer. Alles Werdende hat eine Ursache. Das Werden benötigt somit ein Woraus und dieses Woraus sind die Grundbausteine der Materie.

Wenn es diese Grundbausteine der Materie immer gibt, kann auch das Werden immer stattfinden. Die Materie ist zwar begrenzt, aber aufgrund ihrer Teilbarkeit, kann manches vergehen und anderes werden, und damit kann ein Werden immer stattfinden. Wir nehmen an, dass es ein Immerwerden gibt. Näheres zu Materie, Kausalität und Werden und Vergehen in nachfolgenden Abschnitten. Das Immerwerden lässt die sichtbaren Dinge entstehen und neu entstehen. Sie können als Bilder, der hinter ihnen stehenden Gesetzlichkeit verstanden werden. Nach Nikolaus von Kues hat uns das Immerwerden etwas Wichtiges zu sagen und deswegen beobachten wir ja auch und haben Naturwissenschaften. Nikolaus von Kues sieht die sichtbaren Dinge als Spiegelbilder oder Gleichnisse der unsichtbaren Dinge.

„Die sichtbaren Dinge sind in Wahrheit Bilder unsichtbarer Dinge. Die geistigen, uns unzugänglichen Dinge können im Symbol erforscht werden.“ Nikolaus von Kues

Zwischen Immersein und Immerwerden gibt es eine Verbindung. Die eine Welt enthält den Plan und die andere Welt ist die Verwirklichung des Planes. Der Plan, der geistige Kosmos, ist das Urbild des verwirklichten Kosmos. Wenn etwas durch Vernunft geschieht, gibt es einen steuernden Geist zuerst, und dieser macht einen Plan. Das Können ist vor dem Werden und das Werden ist vor dem Sein. Nach dem Plan kommt also später erst die Verwirklichung. So ist nach Plotin unser Weltall ein Abbild eines höheren geistigen Weltalls. Zwischen beiden Welten scheint es eine Art Abbildungsfunktion, eine Art Vernunftbeziehung zu geben.

Was eine mögliche Vernunftbeziehung zwischen den beiden Welten wahrscheinlich erscheinen lässt, geht auch aus einem Argument al-Ghazalis hervor. Der persische Philosoph argumentiert auf folgende Weise: Die sinnliche Welt ist eine Welt der Erscheinung, denn sie kann von allen erfasst werden. Die sinnliche Welt ist der Ort, von dem aus wir zu der rationalen Welt aufsteigen. Wenn es zwischen den beiden Welten weder Verbindung noch Ähnlichkeit gäbe, wäre der Weg des Aufstiegs zur rationalen Welt versperrt. Soweit al Ghazalis Argument. Ein versperrter Weg zur Rationalität widerspricht jedoch unseren Erfahrungen.

Wie bereits erwähnt soll nach Platons Ansicht der Kosmos das Denkbare sichtbar machen. Er soll Ordnung, Vernunft und Geist sichtbar und erfahrbar machen. Er soll durch zyklische immer wiederkehrende geordnete Bewegungen Harmonie, Schönheit und Verlässlichkeit zeigen. Im Kosmos gibt es reale Anzeichen für Ordnung, Vernunft und Harmonie. Es gibt geordnete wiederkehrende Bewegungen der Himmelskörper. Hinter den Verwirklichungen in der Realwelt lassen sich ontologische Strukturen erkennen, es lässt sich eine Planung erkennen. Das Mathematische ist ein Hilfsmittel die Strukturen von Ordnung, Vernunft, Harmonie und Schönheit in der Realwelt zu erkennen.

Ein ganz konkretes Beispiel für Ordnung und Harmonie sind die in der Natur realisierten Fibonacci-Zahlen. In der Natur findet man häufig Elemente der sogenannten Fibonacci-Folge verwirklicht. Leonardo Fibonacci war ein italienischer Mathematiker aus Pisa. Die Fibonacci-Folge ist eine Folge natürlicher Zahlen: 1,2,3,5,8,13, .... Das nächste Glied der Zahlenfolge entsteht durch Addition seiner beiden unmittelbaren Vorgänger, hier z. B. 13=5+8. Die Fibonacci-Folge steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Goldenen Schnitt (1,618033...). Die Division zweier benachbarter Folgeglieder und zwar größeres Glied geteilt durch den kleineren Vorgänger, z. B. 13:8=1,625, ergibt einen Wert für den Goldenen Schnitt. Je größer die Fibonacci Glieder sind, desto präziser wird eine Zahl des Goldenen Schnittes erreicht. Die absolut exakte Zahl für den Goldene Schnitt ist dann der Grenzwert der entsprechenden Quotientenfolge.

Was haben z. B. Sonnenblumenköpfe, Ananas, Kiefernzapfen, Kakteen, Gänseblümchen und Rosen gemeinsam? In all diesen sind anzahlmäßig Fibonacci-Zahlen realisiert. Näheres dazu findet man z. B. in meinem Buch ‚Philosophie der Mathematik‘. Auch und gerade wegen konkreter Anzeichen, die es in der Realwelt für ein geistiges Immersein gibt, gehen wir von einer Vernunftbeziehung zwischen beiden Existenzbereichen des Immerseins und des Immerwerdens aus; wir werden dazu im nächsten Kapitel ein Postulat formulieren.

Quellen:

Platon:

Timaios 27 ff. und 92 c

Plotin:

Die beiden Materien; Gegen die Gnostiker; Ewigkeit und Zeit; Von der Vorsehung I;

Proklos:

Theologische Grundlegung Nr. 84-85

Aristoteles:

Über Werden und Vergehen

Aristoteles:

Über den Himmel

al Ghazali:

Die Nische der Lichter, Nr. II.1

Nikolaus von Kues:

Die belehrte Unwissenheit Buch I (Kapitel 11) 30

Gobrecht:

Philosophie der Mathematik, Nr. 5.2

3. Verschiedene Bereiche

In der nachfolgenden Abbildung wird ein Übersichtsbild gezeigt, welches drei verschiedene Existenzbereiche zeigt, die im Folgenden eine wesentliche Rolle spielen werden. Schauen wir zunächst auf das Übersichtsbild.

Abbildung 1a: Drei Existenzbereiche

Es gibt verschiedene Existenzbereiche. Zwischen sinnlicher bzw. sichtbarer Existenz und Vernunftexistenz ist ein Unterschied. Schwalben existieren auf andere Weise als Primzahlen. Nachzuweisen, dass an einem bestimmten Ort in Nordeuropa Schwalben existieren, benötigt eine andere Methode, als zu beweisen, dass 101 eine Primzahl ist. Wissenschaftliche Nachweise oder Beweise sind vom Existenzbereich abhängig. Der Bereich der Vernunftexistenz wird unabhängig vom menschlichen Bewusstsein angenommen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Ideen und mathematische Wahrheiten auch von möglichen Lebewesen auf Exoplaneten erkannt werden können.

Der Mensch besitzt Wahrnehmungsvermögen und Denkvermögen, er hat auf beide Bereiche Zugriff. Erkenntnis entsteht durch Wahrnehmung und Denken. Wir merken uns Wahrgenommenes und das durch unser Denken Erfasste. Wir speichern und erinnern. Wir besitzen einen subjektiven Bereich, einen Individualbereich. Im subjektiven inneren Bereich, im Bereich der Seele verarbeiten wir Sichtbares und Denkbares. Auch dieser dritte Existenzbereich muss beachtet werden, er kann Vorstellungen oder gar Erwartungen enthalten, die weder objektive sinnliche Existenz noch objektive Vernunftexistenz besitzen.

„Die Betrachtung der einfachsten Vorgänge in der Natur lehrt, dass sich in den Dingen, die wir zum Gegenstand der Untersuchung machen, stets die verschiedenen Bereiche treffen oder überschneiden.“ Heisenberg

Für die objektive Erkenntnis ist es wichtig diese Unterschiede zu bemerken, und nicht einen Bereich mit einem anderen zu verwechseln oder zu vermischen. Wir werden im Folgenden drei verschiedene Bereiche näher anschauen: Sinnliche Existenz, Vernunftexistenz und den Bereich der Seele. Nach Platon ist neben den zwei Existenzbereichen des Sinnlichen und Denkbaren die Seele als eine dritte Art des Seins entstanden. Der Kosmos als Körper des Himmels ist sichtbar. Die Seele ist unsichtbar. Das ewig geistige Seiende ist denkbar.

Des Weiteren ist zu beachten das Raum und Zeit keine an sich sichtbaren Dinge sind. Nach Platon ist der Raum etwas anderes als Sein und Werden, etwas was durch eine Art unechtes Denken zu erfassen ist. Die Zeit kann von Bewegung hergeleitet werden, sie steckt implizit in der Bewegung mit drin und Bewegung ist sichtbar, daher haben wir die Zeit dem sichtbaren Bereich zugeordnet, obwohl sie selbst nicht sichtbar ist. Die Ewigkeit haben wir dem denkbaren Bereich zugordnet. Raum und Zeit sind beides Wahrnehmungsformen, die Wahrnehmung möglich machen und die helfen Dinge einzuordnen. Ereignisse können durch Angabe von Raum und Zeit fixiert werden. Gibt es einen speziellen kosmischen Raum und eine spezielle kosmische Zeit? Zu Raum und Zeit mehr in den nachfolgenden Kapiteln.

„Die meisten Verwirrungen in den Gedanken über die Wirklichkeit entspringen ja wohl dem Umstand, dass jedes Ding gleichzeitig an verschiedenartigen Zusammenhängen teilhat, ebenso wie jedes Wort sich gleichzeitig auf verschiedene Zusammenhänge bezieht.“ Heisenberg

In diesem Kapitel haben wir nachfolgend (Abschnitte 3.1 bis 3.3) drei Tabellen, zu den drei wesentlichen Bereichen, sinnliche Existenz, Vernunftexistenz und Bereich der Seele, zusammengestellt. Die einzelnen nummerierten Tabellenfelder der drei Bereiche können direkt verglichen werden. Der Leser kann dazu seine eigenen Überlegungen und Vorstellungen entwickeln. Wir wollen an dieser Stelle keine weiteren Details zu den einzelnen Tabellenfeldern erläutern; bei Bedarf werden wir jedoch gerne, an den dafür relevanten Stellen, im weiteren Textverlauf des Buches, zurückkommen, wenn nötig auch in Einzelheiten.

Wenn man Begründungen oder Beweise für eine Sache benötigt, ist wie bereits erwähnt, der Bereich um den es geht, eine wesentliche, logisch notwendige und methodische Voraussetzung, um eine Begründung oder einen Beweis zu erstellen. Denn immer kommt es auf den Kontext an, in dem sich etwas abspielt. Aristoteles nennt das Gattungstreue und weist darauf hin, dass man geometrische Sätze nicht mit arithmetischen Axiomen beweisen kann.

„Es ist folglich nicht möglich in der Art zu beweisen, daß man von einer Gattung zu einer anderen übergeht, wie etwa geometrisches durch Arithmetik. Deshalb ist es auch nicht möglich, durch die Geometrie zu beweisen, dass zwei Kubikzahlen (durch Multiplikation) eine Kubikzahl ergeben, und durch die eine Wissenschaft zu beweisen was zu einer anderen gehört“ Aristoteles