Play Strindberg / Porträt eines Planeten - Friedrich Dürrenmatt - E-Book

Play Strindberg / Porträt eines Planeten E-Book

Friedrich Dürrenmatt

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Beschreibung

Dürrenmatt verwandelte Strindbergs Totentanz, eine düstere und irgendwie schwülstige Tragödie in eine herrliche schwarze Komödie: Play Strindberg. Im Porträt eines Planeten droht die Sonne, eine Supernova zu werden und die Erde zu vernichten. Da will der Autor noch im letzten Moment den Planeten und seine gesellschaftlichen Zustände in einem Porträt festhalten..."

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Friedrich Dürrenmatt

Play Strindberg Porträt eines Planeten

Übungsstücke für Schauspieler

Diogenes

Play Strindberg

Totentanz nach August Strindberg

Szene

Hinten und auf den Seiten der Bühne schwarze Samtvorhänge, am Boden ein schwarzer Samtteppich. Darauf eine hellgraue kreisrunde Fläche. Die Szene. Auf ihr verschiedene Möbel. Links und rechts an den Bühnenseitenwänden je eine Requisitenbank mit den nötigen Requisiten, welche die Schauspieler selber holen. Über der Szene ein Ring mit Scheinwerfern. Der Inspizient schlägt den Gong.

 

Im Text bedeutet größerer Abstand längere Pause, Strich Zäsur. Beides sind Angaben, die helfen sollten, auf die Rhythmisierung des gesprochenen Textes zu achten.

Geschrieben 1968

Uraufführung im Basler Theater (Komödie) am 8. Februar 1969

Alice, Edgar und Kurt treten auf.

A

Play Strindberg.

E

August Strindbergs ›Totentanz‹.

K

Arrangiert von Friedrich Dürrenmatt.

Kurt geht aus der Szene, setzt sich auf die Requisitenbank 2 (rechts).

E

Erste Runde.

A

Unterhaltung vor dem Abendessen.

Gong.

Alice auf dem Liegebett, stickend, Edgar im Lehnstuhl.

Lange geschieht nichts.

Edgar zieht seine Uhr auf.

E

Spiel was vor.

A

Was?

E

Was du willst.

A

›Solveigs Lied‹.

E

Den ›Einzug der Bojaren‹.

A

Du liebst nicht mein Repertoire.

E

Du meines auch nicht.

A

Dann spiele ich nichts vor.

 

E

Die Türe ist offen.

A

Soll ich sie schließen?

E

Wenn du willst.

A

Dann schließe ich sie nicht.

 

A

Rauche doch.

E

Ich vertrage keinen starken Tabak mehr.

A

Rauche schwächeren.

E

Ich habe keinen schwächeren.

A

Rauchen ist doch deine einzige Freude.

E

Was ist Freude?

A

Ich weiß nicht.

E

Ich auch nicht.

 

A

Whisky?

E

Später.

 

E

Was gibt es heute abend?

A

Frag Jenny.

E

Die Makrelenzeit beginnt.

A

Möglich.

E

Es ist Herbst.

A

Und wie.

E

Eine geröstete Makrele mit einer Zitronenscheibe wäre nicht zu verachten.

A

Dir ist bloß deine Gefräßigkeit geblieben.

E

Ob wir noch Burgunder im Weinkeller haben?

A

Nein.

E

Wir brauchen aber Burgunder.

A

Wozu?

E

Wir müssen unsere silberne Hochzeit feiern.

A

Unser fünfundzwanzigjähriges Elend brauchen wir nicht zu feiern.

E

Wir hatten es manchmal nett miteinander.

A

Das bildest du dir bloß ein.

E

Bald ist alles vorbei.

A

Hoffentlich.

E

Von uns bleibt nichts als ein Schiebkarren voll Mist für ein Gartenbeet.

A

Laß mich mit deinem ewigen Mist zufrieden.

 

A

Post?

E

Ja.

A

Die Fleischrechnung?

E

Ja.

A

Wie hoch?

Alice geht zu Edgar.

E

Ich brauche eine neue Brille.

Edgar gibt Alice die Fleischrechnung.

A

Kannst du die Rechnung bezahlen?

E

Ja.

A

Jetzt?

E

Später.

A

Wenn du pensioniert wirst, weil deine Krankheit wiederkommt, muß ich sie zahlen.

E

Ich bin kerngesund.

A

Das ist mir neu.

E

Nur hin und wieder ein wenig schwindlig.

A

Du hast ganz schöne Absencen, mein Lieber.

Alice setzt sich wieder auf das Liegebett, stickt.

E

Ich lebe noch zwanzig Jahre.

A

Kaum.

E

Ich bin nicht krank, ich bin nie krank gewesen, und ich werde nie krank sein.

A

Deine Ansicht.

E

Ich sterbe Knall auf Fall wie ein alter Soldat.

A

Der Arzt ist anderer Ansicht.

E

Der Arzt ist ein Idiot.

A

Der Arzt gibt heute eine Gesellschaft.

E

Soll er.

A

Wir sind nicht eingeladen.

E

Weil wir mit diesen Leuten nicht verkehren, und wir verkehren nicht mit diesen Leuten, weil wir nicht wollen, und wir wollen mit ihnen nicht verkehren, weil wir sie verachten.

A

Weil du sie verachtest.

E

Sie sind Pack.

A

So nennst du alle Menschen. Nur dich nimmst du aus.

E

Ich bin ein anständiger Mensch.

 

A

Spielen wir Karten?

E

Spielen wir Karten.

Alice setzt sich an den Tisch. Sie beginnen Karten zu spielen.

Kartenspielszene 1.

A

Dem Arzt steht das Musikkorps für seine Gesellschaft zur Verfügung.

E

Weil er vor dem Oberst kriecht.

A

Du kriechst auch vor dem Oberst.

E

Ich brauche nicht vor dem Oberst zu kriechen, weil der Oberst mich zu schätzen weiß.

A

Aber das Musikkorps steht dir nie zur Verfügung.

E

Was ist Trumpf?

A

Bist du müde?

E

Nein.

A

Dann sind deine Augen krank. Pik.

E

Unsinn.

A

Du sagtest doch, du brauchtest eine neue Brille.

E

Jeder braucht einmal eine neue Brille.

A

Und du willst noch zwanzig Jahre leben.

E

Ich lebe noch zwanzig Jahre.

A

Pik ist Trumpf.

E

Sechs und acht macht fünfzehn.

A

Vierzehn.

E

Vierzehn.

A

Rechnen kannst du auch nicht mehr.

E

Wenn ich müde bin, bin ich zerstreut.

A

Du sagtest doch, du bist nicht müde.

E

Ich bin nicht krank.

 

A

Man hört die Musik bis hierher.

E

Das Musikkorps taugt nichts.

A

Für die Offiziersfrauen taugen wir nichts.

E

Mir egal.

A

Dir.

E

Ich bin einsam, ich bin immer einsam gewesen, und ich werde immer einsam sein.

A

Ich auch.

E

Dann beklage dich nicht.

A

Für die Kinder ist es nicht egal.

E

Die vergnügen sich in der Stadt.

A

Ob Kurt ankommt?

E

Heute abend.

A

Besucht er uns?

E

Er wird beim Arzt eingeladen sein.

A

Er ist schließlich mein Vetter.

E

Das ist keine Ehre.

A

Laß meine Familie in Frieden, ich lasse deine Familie auch in Frieden.

E

In meiner Familie verließ niemand Frau und Kinder wie dein Vetter.

A

Du hast dich mit ihm gern unterhalten.

E

Schufte brauchen keine Idioten zu sein wie die Leute auf dieser Insel, mit denen ich mich nicht unterhalte, weil sie Schufte und Idioten sind.

A

Mein Vetter ist kein Schuft.

E

Er ist ein Schuft, weil er uns verheiratet hat.

 

A

Kennst du eine glückliche Ehe?

E

Ekmarks.

A

Sie ist im Spital.

E

Von Kraffts.

A

Er ist bankrott.

E

Dann kenne ich keine glückliche Ehe.

 

E

Spielen wir weiter.

A

Spielen wir weiter.

 

A

Schön, daß Kurt zu unserer silbernen Hochzeit kommt.

E

Merkwürdig, daß er sich auf dieser lausigen Insel als Quarantänemeister niederlassen will.

 

A

Wenn wir nicht geheiratet hätten, wäre ich noch am Theater.

E

Um so besser für das Theater.

A

Ich war eine berühmte Schauspielerin.

E

Die Kritiker waren anderer Ansicht.

A

Kritiker sind Schufte.

E

Aber keine Idioten.

E

So, ich nehme einen Whisky.

Edgar geht zum Buffet, schenkt sich einen Whisky ein.

E

Auf den Oberst!

Trinkt.

E

Wenn hier ein Querholz wäre, könnte man den Fuß darauf setzen und sich einbilden, man wäre in der ›Amerika-Bar‹ in Kopenhagen.

A

Kopenhagen war meine schönste Zeit.

E

Erinnerst du dich an Nimbs Navarin aux pommes?

A

Ich erinnere mich an die Konzerte in der Philharmonie.

E

Wir waren nie zusammen in der Philharmonie.

A

Meine schönste Zeit in Kopenhagen war die Zeit, als ich dich noch nicht kannte.

 

E

Du hast mich nur geheiratet, um mit mir zu prahlen.

A

Mit dir konnte ich nie prahlen.

E

Ich war ein berühmter Militärschriftsteller.

A

Dich hat nie ein Mensch gekannt.

 

E

Sie tanzen beim Arzt.

A

Den ›Alcazarwalzer‹.

A

Du hast mich nur geheiratet, um mit mir zu prahlen.

E

Mit dir konnte ich nie prahlen.

A

Ich war eine berühmte Schauspielerin.

E

Dich kennt kein Mensch mehr.

 

A

Ich tanzte lange nicht mehr.

E

Wir sind zu alt dazu.

A

Ich bin zehn Jahre jünger.

E

Ich lebe noch zwanzig Jahre.

 

E

Die Flasche ist leer.

A

Wir haben keinen Whisky mehr.

E

Es ist finster.

A

Du siehst ohnehin nichts mit deinen kranken Augen.

E

Meine Augen sind nicht krank.

A

Dann soll Jenny die Lampe anstecken.

E

Jenny kommt nicht.

A

Klingle.

E

Jenny ist gegangen.

A

Für immer?

E

Für immer.

A

Wenn Jenny geht, geht Christel.

E

Geht Christel, bekommen wir keine Dienstboten mehr.

A

Deine Schuld.

E

Zu mir sind die Dienstboten höflich.

A

Weil du vor ihnen kriechst, und du kriechst vor ihnen, weil du als Despot eine Sklavennatur bist.

E

Ich krieche vor niemandem, ich bin vor niemandem gekrochen, und ich werde vor niemandem kriechen.

A

Außerdem greifst du ihnen unter die Röcke.

Edgar setzt sich in den Lehnstuhl.

A

Willst du weiterspielen?

E

Nein.

Alice setzt sich mit dem Rücken zum Publikum auf das Liegebett, stickt wieder.

A

Mein Vetter soll reich geworden sein.

E

Der erste reiche Verwandte in der Familie.

A

In deiner Familie. In meiner Familie gibt es viele reiche Verwandte.

E

Deshalb stinkt mir ja auch deine Familie.

Der Telegraf klopft.

A

Wer ist’s?

E

Die Kinder.

Edgar geht zum Tisch mit dem Telegrafen.

A

Nun?

E

Sie sind in der Hauptwache.

A

Und?

E

Judith ist krank.

A

Schon wieder.

E

Sie brauchen Geld.

A

Schon wieder.

Edgar setzt sich hinter den Tisch mit dem Telegrafen, klopft das Schlußsignal.

E

Die Kinder arbeiten in der Schule zuwenig.

A

Du arbeitest auch nichts.

E

Ich war der Klassenerste, mein Sohn fällt durch jedes Examen und meine Tochter auch.

A

Rede mit ihnen.

E

Rede du mit ihnen.

A

Du bist feige, du bist immer feige gewesen, und du wirst immer feige sein.

 

E

Ich war ein berühmter Militärschriftsteller!

A

Ich war eine berühmte Schauspielerin!

Edgar gähnt.

A

Du gähnst.

E

Und.

A

Vor deiner Frau?

E

Was soll ich sonst tun. Wir führen jeden Abend dasselbe Gespräch.

 

E

Ich glaube nicht, daß dein Vetter reich geworden ist.

A

Er ist aber reich geworden.

E

Warum wird er dann Quarantänemeister?

A

Du hast es nicht einmal bis zum Major gebracht.

A

Essen wir bald?

 

A

Der Arzt bestellte für die Gesellschaft das Souper aus der Stadt vom Grandhotel.

E

Dann gibt’s Haselhühner. Ich möchte bloß wissen, was diese Barbaren dazu trinken.

A

Soll ich dir nicht doch was vorspielen?

E

Wenn du mir nicht mit deiner ewigen Solveig kommst.

A

Dann nicht.

E

Dann frag nicht.

A

Die einzige Musik, die du liebst, ist dein unmöglicher ›Einzug der Bojaren‹.

Edgar steht auf und geht in die Mitte der Szene.

E

Die Bojaren waren noch Herren.

Alice lacht.

E

Im Weinkeller sind zwei Flaschen Champagner.

A

Ich weiß.

E

Wollen wir sie nicht heraufholen und so tun, als hätten wir Besuch?

A

Der Champagner gehört mir.

E

Sei nicht immer so ökonomisch.

A

Ich muß ökonomisch sein, weil du kein berühmter Militärschriftsteller bist.

E

Wollen wir nicht versuchen, wenigstens heute abend nett miteinander zu sein?

A

Gegen frühere Abende sind wir heute abend nett miteinander.

E

Soll ich dir was vortanzen?

A

Du bist zu alt dazu.

E

Wenn du den ›Einzug der Bojaren‹ spielst, tanze ich dir trotzdem was vor.

A

Auch wenn du alle für Idioten hältst, brauchst du dich nicht wie ein Idiot aufzuführen.

Edgar setzt sich in den Lehnstuhl.

E

Die Haselhühner sind eine Delikatesse, wenn man sie nicht im Speck brät.

A

Das Grandhotel brät sie nie im Speck.

 

E

Der Oberst weiß mich zu schätzen.

A

Dann ist er der einzige wirkliche Idiot.

E

Es wäre vielleicht gut, wieder einmal jemanden einzuladen.

A

Du hast alle weggegrault.

E

Früher waren wir manchmal ganz glücklich, wenn wir Besuch hatten.

A

Nachher waren wir noch unglücklicher. Nur der Besuch war froh, wenn er wieder gehen konnte.

Kurt klopft, auf der Requisitenbank sitzend.

E

Das ist Christel.

A

Sieh nach.

Edgar geht rechts hinten von der Szene.

Edgar betritt wieder die Szene.

E

Es ist Christel.

Edgar setzt sich wieder in den Lehnstuhl.

E

Sie geht auch.

A

Wir sind erledigt.

E

Wir hängen uns am besten auf.

Gong.

Alice, Edgar. Kurt betritt von rechts die Szene.

A

Zweite Runde.

E

Endlich Besuch.

Gong.

Alice, Edgar und Kurt breiten die Arme aus.

A

Willkommen, Vetter!

E

Willkommen, Kurt!

K

Sei gegrüßt, Alice!

Kurt umarmt Alice.

K

Sei gegrüßt, Edgar.

Kurt umarmt Edgar.

K

Ihr wohnt immer noch in diesem alten Turm.

E

Immer noch.

K

Immer noch über dem Gefängnis.

A

Immer noch.

K

Ihr seid allein?

A

Die Kinder sind in der Stadt.

K

Habt ihr keine Dienstboten?

E

Als freie Menschen vertragen wir das Sklavengesindel nicht.

K

Wir haben uns lange nicht gesehen.

E

Fünfzehn Jahre. Wir sind alt geworden. In Ehren verrostet.

Lachen.

A

Kurt hat sich nicht verändert.

E

Unsinn. Auch er ist alt geworden. Ich hoffe nur, auch in Ehren.

Lachen.

A

Du bleibst bei uns.

K

Ich bin beim Arzt eingeladen.

E

Das ist kein Umgang für dich.

K

Der Arzt wird mein Vorgesetzter.

Alice nimmt Kurt den Mantel und den Hut ab, hängt sie an den Kleiderständer.

E

Alter Junge, ich fürchtete mich nie vor einem Vorgesetzten.

K

Ich möchte mir unnötigen Ärger ersparen.

E

Halte dich an mich, und du hast keinen Ärger. Auf dieser Insel befehle ich. Der Arzt ist ein schwachsinniger Quacksalber, der vor mir zittert. Alle auf dieser Insel zittern vor mir.

A

Fast alle.

Kurt setzt sich an den runden Tisch auf Stuhl 2, Alice auf Stuhl 1.

K

Schön. Ich bleibe.

A

Bis du eine Wohnung gefunden hast.

K

Ich sehe, daß ich willkommen bin.

E

Natürlich bist du willkommen. Du bist einmal verflucht leichtsinnig gewesen. Doch die Geschichte ist vergessen, ich bin großzügig.

K

Ich danke dir.

E

Reden wir nicht mehr davon.

Edgar setzt sich in den Lehnstuhl.

Besuchsszene.

A

Du bist weit herumgekommen?

K

Ich ließ mich treiben.

E

Und jetzt strandest du bei denen, die du vor fünfundzwanzig Jahren verkuppelt hast. Junge, Junge, wir haben unsere Ehe redlich geführt, zuweilen haben wir geächzt und gestöhnt, zuweilen ging es verdammt hart zu, wie in jeder richtigen Ehe, doch Alice kann sich nicht beklagen, die alte abgetakelte Schauspielerin, das Geld fließt in Strömen, ich bin nicht umsonst ein weltberühmter Militärschriftsteller.

K

Es freut mich, daß dein Lehrbuch der Ballistik noch nicht veraltet ist.

E

Es ist und bleibt das Standardwerk, obgleich die Scheißkerle heute nach einem völlig wertlosen Lehrbuch unterrichten.

K

Tut mir leid.

E

Ein Skandal.

K

Wirklich.

E

Ich sehe schwarz für die Armee.

K

Hauptsache, eure Ehe hält.

A

Und wie.

K

Ich bin stolz, euch verkuppelt zu haben, wie du dich ausdrückst, mein Alter, wenn es auch nicht ganz der Wahrheit entspricht.

E

Reden wir nicht mehr davon.

 

K

Ihr seid im Ausland gewesen.

A

In Kopenhagen.

E

Fünfmal. Bist du je in Kopenhagen gewesen?

K

Ich war meistens in Amerika.

E

Soso.

K

Und in Australien.

E

Diese Landstriche müssen schauerlich sein. Von lauter Strolchen besiedelt.

K

Kopenhagen ist anders.

 

A

Deine Kinder?

K

Keine Ahnung.

E

Lieber Kurt, sei mir nicht böse. Ich bin eine ehrliche Haut und sage, was ich denke. Es war nicht klug von dir, deine Kinder im Stich zu lassen.

K

Ich ließ sie nicht im Stich.

E

Und auch nicht anständig von dir.

K

Sie wurden der Mutter zugesprochen.

E

Reden wir nicht mehr davon.

K

Ich geniere mich nicht, davon zu reden. Ich bin froh, die Katastrophe heil überstanden zu haben.

E

Das kann man sagen. Das kann man sagen. Mann Gottes, eine Ehescheidung ist immer eine Katastrophe.

K

Die Scheidung? Wieso? Ich rede von meiner Ehe. Die war eine Katastrophe.

E

Was Gott zusammenfügt, darf der Mensch nicht scheiden. Kurt, wir sind Wichte, jämmerliche Wichte angesichts des Unendlichen.

K

Sicher.

E

Wir haben unser Schicksal zu tragen.

K

Mein lieber Edgar, du bist glücklich verheiratet. Du kannst unmöglich eine unglückliche Ehe begreifen.

E

Mein lieber Kurt, du bist in Amerika und in Australien hoffnungslos verspießert.

A

Edgar.

E

Verspießert. Wer sein Schicksal nicht trägt, ist verspießert.

K

Hör mal –

E

Reden wir nicht mehr davon.

K

Wie geht es euren Kindern?

A

Sie besuchen die Schule in der Stadt und sind schon fast erwachsen.

E

Judith ist ein prächtiges Mädchen, kerngesund, und der Junge ein heller Kopf. Er hat das Zeug zu einem Kriegsminister.

A

Falls er durchs Examen kommt.

K

Gratuliere.

E

Deine Kinder sollen ziemlich unbegabt sein, hört man.

K

Möglich. Dann schlagen sie der Mutter nach.

E

Reden wir nicht mehr davon.

E

Willst du trinken?

K

Später.

E

Champagner?

K

Tee.

E

Ich hoffe, du bist keiner von diesen scheinheiligen Abstinenzlern geworden?

K

Bin bloß ein wenig mäßiger geworden.

E

Ein ganzer Mann muß sich vollaufen lassen können.

K

Die Leute auf der Insel?

E

Pack.

K

Ihr seid mit allen verfeindet?

A

Edgar ist mit allen verfeindet.

K

Es muß doch schrecklich sein, zwischen lauter Feinden zu leben.

A

Angenehm ist es nicht.

E

Es ist durchaus nicht schrecklich. Ich habe mein ganzes Leben lang nur Feinde gehabt, und sie haben mir nicht geschadet, sie haben mir geholfen. Wenn ich abkratze, kann ich sagen: Ich bin keinem was schuldig.

A

Edgar war nie auf Rosen gebettet.

E

Ich machte mich aus eigener Kraft zu dem, was ich bin.

K

Das kann ich von mir nicht behaupten. Seit ich als Ehemann jämmerlich versagte, zweifle ich etwas an meiner eigenen Kraft.

E

Du bist ein himmeltrauriger Versager.

A

Edgar!

E

Ein himmeltrauriger Versager!

Edgar schlägt auf den Tisch.

Alice schlägt auf den Tisch.

E

Gewiß, einmal setzt die Maschinerie aus, und nichts bleibt von uns übrig als ein Schiebkarren voll Mist für ein Gartenbeet, aber solange die Maschinerie noch klappert, soll man mit Händen und Füßen um sich schlagen, was das Zeug hält. Das ist meine Philosophie.

K

Alice, dein Mann ist einfach köstlich.

Alice lacht.

A

Es freut mich, daß es dir bei uns gefällt.

Kurt lacht.

E

Du lachst über mich.

K

Ich bewundere dich.

E

Du bist bloß gekommen, dich am Schlamassel unserer Ehe zu weiden.

K