Prinzen für uns! - Damara Heart - E-Book

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Damara Heart

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Beschreibung

Fake Verlobung mit dem CEO und Second Chance mit dem Playboy Zwei romantische Liebesromane mit rießigem Reichtumg, schrecklichen Fehlern und romantischen Gefühlen. ~~~~~~ Luzifer küss Mich! Ein milliardenschwerer Kronprinz und Junggeselle. Eine attraktive Buchhalterin, die durch ihn ins Visier der Paparazzi gerät. Sein unmoralisches Rettungsangebot: Eine Fake-Verlobung. Carola stolpert in die Arme des teuflisch attraktiven Fremden. Seine dunklen Augen sind nichts im Vergleich zu seiner dominanten Ausstrahlung und seinem Namen: Luzifer. Diesem Herrscher zu entkommen ist eine Kunst und Carola flieht viel zu spät aus seinen Armen. Carolas blonde Locken und kristallblaue Augen erregen Luzifers Aufmerksamkeit. Ihre Weigerung, seinem Charme zu verfallen, entfacht sein Verlangen. Die selbstbewusste Buchhalterin eignet sich perfekt als Fake-Ehefrau, damit seine Mutter aufhört, ihm eine Prinzessin nach der anderen zu schicken - er braucht Zeit für seinen Konzern! Carola will exakt einen heißen Abend mit dem charmanten Kronprinzen. Bis die Paparazzo sie ins Visier nehmen. Luzifers Angebot einer Hochzeit schlägt Carola aus ... beim ersten Versuch. Aber Luzifer wäre nicht der CEO seines selbstgeschaffenen Imperiums, wäre er nur höllisch sexy. Eine knallharte Verhandlung später stimmt Carola einer Fake-Verlobung zu ... und fragt sich, wie sie es schaffen soll, ihr Herz vor dem Feuer des Verlangens zu beschützen. Die Funken fliegen beim ersten Blick. Carola muss sich entscheiden zwischen Aschehaufen und Gefühlen. »Luzifer küss mich!« startet als abgeschlossene Geschichte die funkensprühende Liebesromanserie »Prinzen zum Heiraten«. Mit Happy End. ~~~~~~ Alessandro vertrau Mir! Ein sexy Playboy-Prinz, der Leben in vollen Zügen genießt. Eine tierliebe Prinzessin, die sich nach der wahren Liebe sehnt. Eine Gesellschaft, die niemandem eine zweite Chance gibt. Céleste erfüllt auf dem Benefizball ihre gesellschaftlichen Verpflichtungen … bis sie im Palastgarten dem Playboy gegenübersteht, den sie nie vergessen konnte. Seit ihrer ersten Begegnung verteidigt Alessandro standhaft seinen Platz in ihren Träumen. Dabei weiß sie viel zu gut, dass ihr ein Playboy nie treu sein wird. Alessandro weicht als Zweitgeborener allen Verpflichtungen aus … bis er die liebreizende Céleste trifft. Gleich bei ihrem ersten Treffen attackierten sie die Paparazzo mit ihren Kameras. Die Fotos sind vernichtend. Erst jetzt erhält er eine zweite Chance, die Frau zu sprechen, die er

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Luzifer, küss Mich!

Kleiderchaos

Weiße, bauschige Wolken flogen in langen Bändern über den Himmel. Sie reiten sich aneinander, wie die leicht unförmigen, originalen Süßwasserperlen an der Halskette von Carolas Großmutter es getan hatten.

Der Wind zerzauste Carola nicht nur ihre langen Locken. Er drohte, den Saum ihres dünnen, sommerlich leichten Tellerrockes so weit hochzupusten, dass alle anderen Besucher auf der Aussichtsplattform des Flughafens ihre Unterwäsche bewundern könnten.

Wie peinlich!

Dabei hatte der Wetterbericht für heute Sonnenschein und keinen Wind angekündigt!

Gutes Wetter war, was Carola sich gewünscht hatte. Um sich hübsch zu machen. Sie holte ihre Schwester Andrea ab, die endlich von ihrem Auslandsaufenthalt in Italien zurückkehrte.

Voller Vorfreude war Carola viel zu früh zum Flughafen gekommen. Sie hatte die Zeit nutzen wollen und die Aussicht hier oben genießen. Außer ihr hatten noch viele andere diese Idee gehabt. Die Aussichtsterrasse des Flughafens wäre nicht brechend voll, aber so gut gefüllt, dass Carola nicht auf Anhieb einen guten Aussichtspunkt an der Brüstung mit dem über drei Meter hohen Schutzgitter gefunden hatte.

Sie ging ein paar Schritte weiter und schätzte mit ihrem Blick den Abstand zwischen zwei Familien ein. Zu schmal für sie, um sich dazwischenzuschieben und entspannt die Aussicht genießen zu können.

Eine weitere Windböe zerrte an Carolas Handtasche. Der schmale Trageriemen rutschte von Carolas Schulter und schlug gegen ihr nacktes Schienbein. Hastig bückte sie sich, hob ihre Handtasche auf und schob den Trageriemen zurück auf ihre Schulter.

Carola bereute es bereits, auf die Aussichtsterrasse herausgekommen zu sein. Dabei waren die ersten Minuten wunderschön gewesen. Bevor der Wind eingesetzt hatte.

Jetzt war es kalt.

Von Augenblick zu Augenblick wurde es düsterer. Die flauschigen Wolken ballten sich zusammen, wurden dunkelgrau und ließen Carola frösteln, wann immer eine weitere Wolke vor der Sonne vorbei gerissen wurde.

Kindergelächter klang hell, fröhlich und viel zu laut für Carolas Ohren, über die Aussichtsplattform. Erwachsene riefen einander oder forderten ihre Kinder zum Mitkommen auf. Dazwischen dröhnten, so tief, dass die Steinplatten unter Carolas Füßen vibrierten, die Triebwerke der startenden und landenden Flugzeuge auf dem Flugfeld.

Jemand rempelte sie an.

Carola wich aus. Wieder und wieder, bis sie an die kalten Metallstangen der Brüstung gepresst stand. Ihre Hände hielt sie an ihre Oberschenkel gepresst, damit ihr Rock nicht vom Wind und von den vorbeieilenden Menschen hochgerissen wurde.

Stirnrunzelnd sah sie dem Gedränge vor sich zu. Viele der anderen Besucher waren offensichtlich auf dem Weg zurück ins Flughafengebäude, in dem kein kalter Wind wehte. Die Kinder wurden mit Pommes und dem Versprechen, auf einen anderen Spielplatz, ins Innere gelockt. Das Lachen verschwand. Scharfe Stimmen ersetzten es.

So schlecht war das Wetter auch nicht, entschied Carola und rieb sich ihre Arme, um die Gänsehaut darauf zu vertreiben. Wenn die anderen hineingingen, sollte es ihr recht sein, dann konnte sie endlich die Aussicht genießen, für die sie hier herausgekommen war. Sie drehte sich um und betrachtete einen Moment den Himmel, der halb von schwarzen Wolken bedeckt war. Das freundliche Hellblau verschwand zusehends.

Der Saum ihres Rockes flatterte auf und ab und schlug gegen ihre nackten Beine.

Ein Knacken ertönte, gefolgt von einem Rauschen, welches Carola auf die Lautsprecher aufmerksam machte.

»Liebe Besucherinnen und Besucher, wir schließen die Aussichtsplattform aufgrund eines herannahenden Sturmes«, dröhnte eine blecherne Stimme aus den Lautsprechern. »Bitte verlassen Sie umgehend den Außenbereich.«

Carola hielt mit einer Hand ihren weichen Sommerrock nach unten. Ihre Handtasche war erneut heruntergerutscht und hing jetzt in ihrer Ellbogenbeuge. Sie schlug gegen Carolas Schienbein. Mit der anderen Hand versuchte sie, ihre ungezähmten, offenen Locken aus dem Gesicht zu wischen. Sie mochten blond sein, aber sie versperrten ihr trotzdem die Sicht.

Wo war der Ausgang?

Sie konnte vor lauter blonden Haaren kaum etwas sehen.

Blind stolperte sie hinter den scharfen Stimmen und den stampfenden und klackenden Schritten der letzten, anderen Besucher her, die sich in einer Richtung entfernten. Sicher waren diese, wie sie selbst, auf dem Weg zur Türe, welche in das Flughafengebäude zurückführte.

Auf der Landebahn neben Carola donnerten die Triebwerke eines startenden Flugzeuges. Dem Flugverkehr schien der Sturm nichts auszumachen. Noch nicht, jedenfalls. Hoffentlich konnte das Flugzeug, mit dem ihre kleine Schwester aus Italien ankommen sollte, noch landen, bevor der Sturm den Flughafen erreichte.

Mühsam versuchte Carola weiter, sich ihre blonden Locken aus dem Gesicht zu wischen. Windböen wehten mit plötzlichen Richtungswechseln um sie herum. Die Haare ins Gesicht, den Rock nach vorne. Die Haare zur Seite, den Rock höher. Es war mühsam, den Rock zu kontrollieren und zu sehen, wohin sie durch die Windböen torkelte. Das Letzte, was sie brauchte, war an der Türe vorbei zu stolpern, oder gegen eine der Eisenstangen zu knallen, welche die Brüstung der Aussichtsplattform schützend überragten.

Carola schmeckte die Feuchtigkeit, welche die Wolken mitbrachten, obwohl es noch nicht regnete.

Kurz blieb sie stehen.

Der Wind blies von vorne.

Sie schaute zum Himmel hinauf. Endlich fielen ihre Haare zur Seite weg. Sie sah eine schwarze Wolkenwand, die vom Wind über den Himmel gerissen wurden. Dazwischen konnte sie nur wenige blaue Flecken vom Himmel erkennen. Am Horizont sah sie noch einen Hauch von goldenen Sonnenstrahlen. Wie eine Erinnerung an das bessere Wetter.

»Was machen Sie noch hier?«, rief eine Männerstimme laut und unfreundlich zu Carola herüber und riss sie aus ihrer Betrachtung des Himmels. »Die Aussichtsplattform wurde geschlossen!«

Carola schluckte.

Sie sah in Richtung der Stimme einen unfreundlich schauenden, rundlichen Wachmann mit einem breiten Gürtel, in dem eine Waffe steckte, bevor ihr ihre blonden Locken erneut ins Gesicht geweht wurden. Wieder schob sie sich die Haare aus dem Gesicht und hielt sie mit ihrem Ellbogen über den Kopf gebeugt fest. Es war gerade genug unter Kontrolle, dass sie trotz der langen Strähnen, die zurück in ihr Gesicht geweht wurden, die Türe zu erkennen. Lange, offene Haare waren keine gute Idee am Flughafen! Wenn sie je wieder hierherkam, würde sie einen festen Zopf flechten und diesen mit Unmengen von Haarnadeln feststecken!

So schnell Carola konnte, ohne ihren Rock mit einer Hand und ihre flatternden Haarsträhnen mit ihrem anderen Arm loszulassen, hastete sie auf die Türe zu, die der unfreundlich blickende Wachmann aufhielt. Ihre Handtasche schlug mit jedem Schritt hart gegen ihr Schienbein. Das würde blaue Flecken geben.

»Es ist gefährlich, bei Sturm auf der Aussichtsplattform zu sein«, knurrte der Mann, als Carola sich an ihm vorbeischob.

Er zog die Türe zu und drehte einen Schlüssel mehrmals klickend im Schloss herum.

Das Pfeifen des Windes verstummte.

Die vielen Stimmen und Geräusche aus dem Inneren des Gebäudes ersetzten das Brausen des Sturms.

Heiße, stickige Innenluft schlug Carola entgegen.

Sie rang nach Luft.

Carola sah am Wachmann vorbei durch die Glastüre nach draußen. Dort war die Luft frisch gewesen.

Was sollte auf der Aussichtsplattform gefährlich sein? Die Gitterstäbe, welche die Plattform gegen das Flugfeld abgrenzten, waren mindestens drei Meter hoch und standen so eng beieinander, dass höchstens ein Blatt hindurchgepasst hätte. Nur der Wind, welcher ihr so viel Ärger bereitet hatte, war unangenehm.

»Sie sind immer noch da!«, sagte der Sicherheitsmann, während er den Schlüsselbund an seinem Gürtel befestigte.

Carola drehte sich um. Sie murmelte: »Einen schönen Tag« und rannte beinahe davon.

Je schneller sie von dem unfreundlichen Wachmann wegkam, umso besser. Sie mochte keine bewaffneten Personen in ihrer Nähe und an einem Flughafen gab es für ihren Geschmack zu viele Sicherheitskräfte.

Carola stürmte vorbei an dem Kinderland, in dem es jetzt laut herging, und die Treppe hinunter ins erste Stockwerk, in dem Reisebüro an Reisebüro grenzte. Von hier konnte sie die Abflughalle mit ihren Check-In-Schaltern überblicken.

Seufzend lief Carola an der Aussicht vorbei zu den Toilettenräumen. Sie hob ihre Handtasche höher, bis der Träger auf ihrer Schulter lag, wohin er gehörte. Es war Zeit, dass sie sich ihre Haare kämmte und nicht mehr wie ein verstrubbelter Wirbelwind herumlief.

Rettungsmanöver

»… aus Italien landet …«, hörte Carola einen Fetzen einer Lautsprecherdurchsage.

War das der Flug von Andrea?

Carola drehte sich um.

Statt weiter in Richtung Toiletten marschierte sie jetzt zur Rolltreppe und stieg schnell eine Ebene tiefer. Sie schlängelte sich zwischen den Schlangen von wartenden Reisenden an den Check-In-Schaltern hindurch. Süßes Parfum, Zigarettenqualm aus Kleidern und saurer Schweiß stiegen ihr dabei in die Nase. Mehrmals wurde sie von jemandem angerempelt und stolperte dabei gegen einen harten Koffer. Die blauen Flecken auf ihren Beinen sah sie dabei schon vor ihrem geistigen Auge.

Was für ein Chaos!

Zum Glück war sie selten hier.

Endlich erreichte Carola die andere Seite der Abflugebene und die Treppen, die zur Ankunftsebene hinunterführten.

Sie rang nach Atem. Sie wischte sich mehrere Strähnen aus dem Gesicht und versuchte sie hinter ihrem Ohr festzustecken.

Dann lief sie die nächste Treppe hinunter. Ihr Rocksaum umspielte flatternd ihre Knie. So wie sie es sich vorgestellt hatte, als sie den Rock zu ihrer kurzärmligen Bluse ausgesucht hatte.

Erleichtert lächelnd, dass sie endlich ein bisschen ihres Planes genießen konnte, verlangsamte sie unten lange genug ihre Schritte, um auf der Ankunftstafel ablesen zu können, an welchem Terminal ihre Schwester gleich erscheinen musste: Terminal drei. Der Flug war bereits gelandet.

Die riesigen Hinweisschilder, die von der Decke hingen, zeigten ihr an, dass sie im Terminal eins war. Sie musste durch das halbe Gebäude rennen!

Carola rannte los! Im Zickzack um die anderen Personen herum. Ihr Rocksaum strich mit jedem Schritt um ihre Knie. Ihre Haare flatterten hinter ihr und ihre Handtasche hüpfte am Trageriemen, bis Carola sie mit einer Hand festhielt.

Hier unten war es genauso voll, als eine Ebene darüber. Außerdem standen die Pärchen, Geschäftsleute und Familien mit Kinderwaagen nicht herum, sondern strebten alle ihren eigenen Zielen entgegen. Was das Ausweichen nicht leichter machte.

Sie rannte im Slalom, keuchte und spürte, wie ihr Herz heftig gegen ihre Brust hämmerte. Dabei hatte sie so viel Zeit gehabt! Wo war die geblieben? Auf der Aussichtsplattform war sie nicht lange genug gewesen, um sich jetzt so zu verspäten!

Vor ihr tauchte das Schild mit der Aufschrift »Terminal 3« auf.

Gleich hatte sie es geschafft.

Carola rannte um ein älteres Paar herum, welches zwei grüne Koffer hinter sich herzog, und sah die offene Türe rechts in der Wand, durch die bereits die Neuankömmlinge heraustraten. Auf der digitalen Anzeige darüber waren mehrere ankommende Flüge angeschrieben, auch die aus Italien.

Hatte sie Andrea verpasst?

Hektisch sah sich Carola in dem Gedränge aus Menschen um. Sie sah Andrea nirgendwo. Carola zwängte sich zwischen den Wartenden, den Begrüßungsgrüppchen und den gedankenlos kreuz und quer abgestellten Koffern hindurch ganz nach vorne.

Fast hatte sie es geschafft.

Da fuhr vor ihr ein Arm durch die Luft.

Winkte.

Carola wich zur Seite aus.

Sie stolperte über einen harten Koffer.

Sie stürzte.

Ruderte mit den Armen.

Kämpfte um ihr Gleichgewicht.

»Achtung!«, rief eine dunkle Stimme.

Starke Arme legten sich um Carola und stoppten ihren Sturz.

Sie war aufgefangen worden, bevor sie auf dem Boden aufschlug. Große Hände und starke Arme, welche sie an eine flachte, warme, stabile Brust zogen. Ihre Handtasche schwang in sanften Bewegungen gegen ihr Bein. Ihre Locken hinten ihr wieder halb ins Gesicht. Niemand drehte sich nach ihr um.

»Hallo«, sagte die dunkle Stimme, welche Achtung gerufen hatte. »Wen haben wir denn hier?«

Die dunkle Stimme brachte die muskulöse Brust in Carolas Rücken zum Vibrieren.

Carola schnappte nach Luft und ließ ihre Arme sinken. Dabei wurde ihr die eine Hand bewusst, die auf ihrer Brust lag, und die andere, die auf ihrem Bauch lag. Das war viel zu intim für ihren Geschmack!

»Loslassen!«, verlangte Carola.

Die Hände verschwanden.

Genauso wie die angenehme Wärme. Plötzlich fühlte sie sich einer wohlig-warmen Sicherheit beraubt, derer sie sich einen Augenblick zuvor nicht bewusst geworden war. Ein Gefühl, wie sie es noch nicht erlebt hatte.

Carola presste ihre Lippen zusammen. Sie wischte ihre Locken aus dem Gesicht, strich über ihre Bluse und ihren Rock und versuchte sich zu sammeln. Ihr Herz raste noch von dem Beinahe-Sturz und ihrem Sprint durch das Flughafengebäude.

Sie schüttelte den Kopf, atmete tief ein und aus und richtete sich auf.

Sie war nicht auf der Suche nach einem Partner! Auf keinen Fall würde sie rückwärts gehen oder sich zurück in diese intime Umarmung wünschen. Die warmen Arme hatten sie vor dem Sturz auf den harten Boden gerettet! Das Gefühl, in diesen fremden Armen mehr zu Hause zu sein, als sie es in ihrer Dreizimmerwohnung war, die sie mit Andrea teilte, war absurd. Trotzdem musste sie sich bedanken. Das Gebot des Anstandes.

Carola schluckte, bog ihre Lippen zu einem Lächeln und drehte sich um.

»Danke fürs Auffangen«, sagte sie und schaute auf den obersten Knopf am Kragen eines weißen, gebügelten Hemdes.

Carola schaute nach oben, über ein kantiges, glatt rasiertes Kinn, fest zu einer Linie zusammengepresste Lippen und in schwarze Augen, die funkelten. Wütend oder amüsiert? Fröhlich oder genervt? Sie wusste es nicht und wollte es zu gerne herausfinden.

Was nicht zu ihrem Vorhaben passte, war nur Danke zu sagen.

Genauso wenig, wie das warme Kribbeln in ihrer Brust, auf ihrem Bauch und in ihrem Rücken, wo sie der Mann berührt hatte.

»Ich würde dich jederzeit auffangen«, sagte der Mann laut genug, um den Lärm zu übertönen. »Ich heiße Luzifer.«

Seine Mundwinkel zuckten, als könnte er sich nicht entscheiden, ob er lächeln sollte oder lieber nicht.

Er beugte sich vor und sagte leise neben Carolas Ohr, sodass sie es in der lauten Ankunftshalle hören konnte: »Auch wenn es ungehörig ist, das zu sagen, du fühlst dich wundervoll an und dein Körper passt genau in meine Hände.«

Luzifer atmete tief den warmen, süßen Duft ein, der von den blonden Locken ausging, die sich gegen seine Nase drückten. Er sah den heftig schlagenden Puls am schlanken Hals der Frau, die er vor einem schmerzhaften Sturz bewahrt hatte.

Normalerweise flirtete er nicht so offensichtlich mit einer fremden Frau. Schon gar nicht mit einer, die ihm am Flughafen in die Hände fiel. Oder deren Namen er nicht kannte.

Aber diese hier war, zerzaust und mit ihrem sich schnell hebenden und senkenden, weichen Brüsten, welche seine Aufmerksamkeit auf sich zogen, etwas Besonderes. Es war kein leeres Kompliment, ihr zu sagen, dass sie sich passend in seinen Händen angefühlt hatte. Auch ihr Kopf hatte perfekt in seine Halsbeuge gepasst.

Sie war über einen Koffer der Gruppe neben ihm gestolpert und er hatte sie instinktiv aufgefangen. Wobei seine rechte Hand sich um ihre Brust gelegt hatte. Eine perfekt gerundete Brust, die seine Hand genau ausgefüllt hatte, und die er zu gerne weiter gestreichelt und erforscht hätte. Bevorzugt nackt.

Luzifer hörte, wie die Frau scharf den Atem einzog, und sah eine Ader an der Seite ihres Halses schneller pochen. Er schaute hinunter auf ihre Hände, die rechte hielt die Träger einer Handtasche fest. Kein Ring zu sehen.

Ein Hinweis, aber kein Beweis.

Luzifer war sich sicher, sie beide würden gut zusammenpassen.

Die Frage war, und er sah zu, wie sie die Arme verschränkte und einen Schritt von ihm wegtrat, wen erwartete sie, dass sie gerannt war?

Wenn sie ihn nicht gleich ohrfeigte, oder sagte, dass sie verheiratet war, dann würde er sie zum Abendessen einladen. Er wollte unbedint herausfinden, ob sie genauso interessiert an ihm war, wie er selbst an ihr. Gleich nachdem er seinen Bruder abgeholt und ihn in ein Hotelzimmer verfrachtet hatte, verstand sich.

Luzifer presste seine Lippen fester zusammen. An seinen Bruder Alessandro wollte er am liebsten gar nicht denken.

Luzifer hatte keine Zeit oder Lust, den Babysitter zu spielen und ihm Deutschland zu zeigen. Schlimm genug, dass seine Eltern beschlossen hatten, dass Alessandro endlich ins Familienunternehmen einsteigen sollte. Sie hatten dazu ausgerechnet Luzifers Unternehmenszweig ausgesucht. Den, den er mit harter Arbeit aufgebaut und zu einem großen Erfolg geführt hatte.

Das Stimmengewirr um ihn herum schwoll weiter an.

Luzifer blickte von den schlanken Fingern der Frau, über die pochenden Ader an ihrem Hals, an den blonden, süß duftenden Locken vorbei, zu den jetzt offenen Türen, durch welche die Neuankömmlinge herausströmten. Ihm lief die Zeit davon.

»Abendessen um acht im Kalliope?«, fragte Luzifer.

Er richtete seinen Blick auf und musterte das Gesicht der Unbekannten. Eine leichte Röte war hineingestiegen. Sie sah bezaubernd aus. Wann hatte er zuletzt eine Frau erröten sehen? Er konnte sich nicht daran erinnern.

Immerhin hatte sie ihn noch nicht geohrfeigt.

Er grinste.

Sie öffnete gerade den Mund, als eine helle Stimme dazwischen rief: »Carola. Schön, dass du mich abholst. Da bin ich wieder!«

Eine Frau, mit wilden, braunen Locken, Sommersprossen und einem strahlenden Lächeln, ließ ihren Koffer neben ihnen auf den Boden plumpsen und riss Carola in ihre Arme.

Immerhin war es kein Mann, überlegte Luzifer.

Leise murmelte er ihren Namen, um ihn sich besser zu merken: »Carola.«

Was für ein wunderschöner Name für die blond gelockte Frau, die lachend in die Arme der anderen Frau schmiegte. Sie sahen sich ähnlich, mit ihren langen Locken und ihrem fröhlichen Lächeln.

»Willst du mich nicht deinem neuen Begleiter vorstellen, Carola?«, fragte die quirlige Brünette, die in ihren knappen, kurzen Hosen und dem T-Shirt wie eine jüngere, legerere Version von Carola aussah.

Carola mit ihrer kurzärmligen Bluse und ihrem Rock sah aus, als würde sie Wert auf ihr Äußeres legen. Von den zerzausten Locken abgesehen, in die Luzifer zu gerne seine Hände geschoben hätte.

Er wollte viel lieber ihren Kopf zu einem Kuss zur Seite zu neigen, als eine Vorstellungsrunde zu eröffnen.

Carola schaute von Andrea weg, über ihre Schulter auf den großen Mann hinter sich. Er hatte sie vor einer harten Landung auf dem gefliesten Fußboden gerettet und sie zum Abendessen eingeladen. Er hatte sich sogar vorgestellt. Luzifer. Was für ein Name! Er passte zu dem übermäßig selbstbewussten Mann, der davon ausging, dass sie sofort in seine Arme sinken und ihn anhimmeln würde.

Sie selbst, fiel ihr ein, hatte sich noch nicht vorgestellt. Wie unhöflich von ihr, gestand Carola sich ein. Sie nagte an ihrer Unterlippe, sie war abgelenkt gewesen, entschuldigte sich sich selbst. Abgelenkt von der Erinnerung an das Gefühl seiner warmen Fingerspitzen auf ihrem Körper und seinem warmen Atem, der über ihren nackten Hals gestrichen war. Wenn Andrea sie nicht an sich gerissen hätte, stünde sie weiter schweigend vor ihm und würde ihn anhimmeln.

Was für ein Unfug!

Sie war eine erwachsene Frau und verliebte sich sicher nicht in einen zufälligen Mann, den sie am Flughafen traf und der gut aussah. Sie wusste nicht einmal seinen vollständigen Namen und ob er verheiratet war.

Carola schüttelte den Kopf so heftig, dass ihre Locken zurück in ihr Gesicht fielen.

»Ich kenne den Mann nicht«, murmelte Carola leise, sodass nur Andrea sie hören konnte.

»Ich bin Luzifer«, sagte die warme Männerstimme von Luzifer hinter ihr. »Carola ist mir in die Hände gefallen.«

Carola leckte sich nervös über ihre Unterlippe. Sie hatte zu laut geflüstert! Wie peinlich!

Andrea lachte und schüttelte die Hand, welche neben Carolas Ohr auftauchte.

»Andrea. Freut mich, Luzifer. Ich bin Andrea«, sagte Andrea. »Jetzt befreie ich Sie von meiner großen Schwester. Komm, Carola.«

Andrea griff nach ihrem Koffer und zog Carola mit sich durch das Gedränge davon.

Carola ließ sich mitziehen. Es war besser so, redete sie sich ein. Ein gemeinsames Abendessen hätte die peinliche Situation und das seltsame Flattern in ihrem Magen verlängert und schlimmer gemacht. Je schneller sie die schwarzen, funkelnden Augen, das kantige Kinn und die starken Arme vergaß, umso besser für sie.

Luzifer schaute den beiden Frauen nach. Er hätte nichts dagegen gehabt, Carola zurück in seine Arme zu ziehen, oder sie zum Abendessen zu treffen. Wo Carola schweigsam und zurückhaltend war, war ihre Schwester Andrea ein offener Wirbelwind. Was für ein Unterschied Carola doch war zu ihrer jüngeren Schwester.

Luzifer lächelte versonnen. Wie Carola wohl war, wenn sie auftaute? Das Lachen, welches sie ihrer Schwester geschenkt hatte, konnte er trotz der Geräuschkulisse um sich herum, immer noch in seinen Ohren hören. Ein volles, warmes Lachen, das er wieder hören wollte. Eines, dass er selbst verursachen wollte.

Nur wie?

Er hatte keine Kontaktdaten. Hinterherrennen konnte er auch nicht, weil er auf seinen Bruder warten musste. Außerdem konnte das einen falschen Eindruck vermitteln. Einen, auf den er keinen Wert legte. Er würde niemals eine Frau verfolgen und ihr so Angst einjagen!

Besser, er vergaß Carola schnell wieder, entschied Luzifer. Sie war nicht der Typ Frau, der heute Abend um acht im Calliope erscheinen würde. Sie hatte seine Einladung zu einem gemeinsamen Abendessen nicht beantwortet. Abgesehen davon musste er seinen Bruder Babysitten, nicht ihrem flatternden Rocksaum und ihren wippenden, blonden Locken nachschauen.

Wo blieb Alessandro überhaupt?

Luzifer wandte sich wieder den offenen Türen zu, durch welche die Fluggäste aus Italien strömten. Ein Strom aus Sonnenhüten und grellen Cappies. Viele Menschen mit klackenden und klappenden Absätzen. Dazu mischte sich das Schleifen und Quietschen von überladenen Rollkoffern, die auf zu kleinen Rädern über den Boden gezogen wurden. Das Stimmengemisch aus deutschen und italienischen Sätzen ignorierte er genauso, wie die elegant schlendernden, jungen Frauen, die ihm zuzwinkerten. Keine davon war halb so hübsch wie Carola.

Luzifer wollte Carola wiedersehen.

Bereits der Gedanke an sie ließ sein Herz schneller schlagen.

Eine Nacht mit ihr und er könnte sie vergessen. Das wusste er aus Erfahrung. Er würde es schaffen, sie zu vergessen. Schließlich wurde er morgen im Büro wieder für weitreichende Entscheidungen benötigt.

Luzifer verschränkte seine Arme vor der Brust und tappte mit einem Schuh auf den Boden. Die Leute um ihn herum wurden weniger. Der Lärm in der Ankunftshalle verebbte. Er konnte inzwischen einzelne Schritte und Stimmen heraushören. Wie lange wollte sich sein Bruder mit dem Finden seines Gepäcks Zeit lassen? Oder hatte er es am Ende geschafft, den Flieger zu verpassen und unterzutauchen, ohne dass ihre Eltern es bisher bemerkt hatten?

Luzifer griff in die Innentasche seines Jacketts, um seine Eltern anzurufen, als endlich, fast zuletzt, Alessandro durch die Türen in die beinahe leere Ankunftshalle schlenderte.

Luzifer zog seine Hand zurück und stemmte beide in seine Hüften.

Er musterte seinen Bruder von oben bis unten.

Mit einem Rucksack, den Alessandro lässig über eine Schulter geworfen hatte, und einem zerknitterten Hemd, dessen oberste Knöpfe geöffnet waren, sah er nicht so aus, als wollte er ein Multimilliarden schweres Unternehmen leiten wollen. Immerhin, und für kleine Erfolge würde Luzifer dankbar sein, kam Alessandro ohne eine Frau an seinem Arm auf ihn zu. Was ungewöhnlich war und genau den Wünschen ihrer Eltern entsprach: Alessandro kam alleine.

»Guten Tag, Alessandro«, sagte Luzifer förmlich und zog seinen Bruder weniger förmlich zur Begrüßung in seine Arme. Auch wenn er ihn nicht in seinem Unternehmenszweig haben wollte, mochte er seinen kleinen Bruder sonst ganz gerne. Wenn er nicht gerade für Schlagzeilen in der Regenbogenpresse sorgte.

»Wo ist die Frau des Tages?«, stichelte Luzifer.

Er konnte es sich nicht verkneifen, seinen kleinen Bruder zu necken.

Er ließ Alessandro los und deutete auf den Ausgang des Terminals.

»Luzifer, du bist wie immer der Teufel in Person.«

Alessandro lachte und schritt mit großen Schritten neben ihm her.

»Mama hat mir verboten, mit Frauen in der Presse aufzutauchen, solange ich bei dir bin. Weil die Deutschen viel Wert auf korrektes Verhalten legen.«

Alessandro verdrehte seine Augen theatralisch nach oben.

Luzifer lachte so laut, dass sich ein paar der letzten Menschen im Terminal zu ihnen umdrehten.

Das Vorurteil hatte er auch einmal geglaubt.

Bis er nach Deutschland gekommen war.

Die Leute hier waren am Ende gar nicht so viel anders als Zuhause in Italien, aber sie hatten eine ausufernde, endlose Bürokratie. Außerdem beobachteten sie gerne alle anderen. Und das Wetter war kühler und verregneter im Frühling und Herbst. Dafür gab es im Winter Schnee.

»Das hältst du keine Woche durch«, prophezeite Luzifer und boxte Alessandro brüderlich in die Seite.

»Ich werde durchhalten«, sagte Alessandro und presste seine Lippen zu einer flachen Linie zusammen. »Du wirst schon sehen!«

Luzifer nickte nur. Er würde schon sehen, da hatte Alessandro recht. Zusätzlich war es Luzifers Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Alessandro nicht in den Schlagzeilen auftauchte, solange er bei ihm war.

Nebeneinander schritten sie durch die Glastüre ins Freie. Der letzten Stimmen aus dem Ankunftsterminal verhallten hinter ihnen. Die grauen Wände verschwanden. Sie wurden ersetzt vom Dröhnen der laufenden Autos und grauen Straßen, sowie einem mit sehr dunklen Gewitterwolken verdeckten Himmel. Rund um das Flughafengebäude waren die Straßenlaternen eingeschaltet worden, obwohl es früher Nachmittag war und hell genug sein sollte.

Im düsteren Zwielicht wehte Luzifer eine steife Brise voller Abgasgestank ins Gesicht. Vor ihm stand eine Schlange von gelben, weißen und schwarzen Taxis mit laufenden Motoren. Dahinter lagen volle Parkplätze und danach kam das Hotel am Flughafen, in dem er Alessandro für die erste Woche untergebracht hatte. Nachdem er heute am frühen Morgen die Nachricht von seinem Kommen erhalten hatte, war nicht viel Zeit geblieben. Außerdem hatte er den ganzen Vormittag in einer Videokonferenz verbracht und diskutiert und gehofft, seine Eltern, hauptsächlich seinen Vater, noch umstimmen zu können. Vergeblich.

»Ich bringe dich in dein Hotel«, sagte Luzifer laut genug, um den Lärm zu übertönen.

Er deutete auf das mehrstöckige, graue Haus mit den großen Fensterfronten auf der anderen Straßenseite.

»Lege deine Sachen aufs Zimmer. Dann fahren wir weiter ins Büro. Dort kannst du deinen neuen Arbeitsplatz kennenlernen.«

»Welche Freude. Wie wäre es stattdessen mit einer Stadtführung, einem Eis und einem gemütlichen Abendessen?«, fragte Alessandro mit neckendem Unterton in der Stimme und legte seinen Arm um Luzifers Schultern.

Sie steuerten auf die weißen, breiten Streifen des Zebrastreifens zu, der sie vor den Taxis über die Straße bringen würde.

»Auf keinen Fall«, sagte Luzifer und schüttelte Alessandros Arm ab. »Du bist zum Arbeiten hier, nicht zum Urlaub machen.«

Sie gingen hinter einer Familie her, die einen hoch gestapelten Gepäckwagen vor sich herschob. Die Kinder hüpften ausgelassen herum. Sie schien das aufziehende Gewitter nicht zu stören.

»Du hörst dich an wie die Deutschen in den Filmen. Arbeit, Arbeit, Arbeit«, maulte Alessandro.

Luzifer zog ein mürrisches Gesicht und ging schnell über den nächsten der vielen Zebrastreifen, welche die Fußgänger vom Terminal über die Straßen und Parkplätze zum Hotel führten.

Alessandro lief unbeeindruckt neben ihm her und erzählte von Zuhause, dem guten Wetter und der Schönheit, die er in der vergangenen Woche kennengelernt hatte. Inklusive der verführerischen Prinzessin, die ein One-Night-Stand zu viel gewesen war und ihnen beiden die Schlagzeilen auf den Titelseiten sämtlicher Schmierblätter der Regenbogenpresse eingebracht hatte.

»Sie war so wunderschön. So rein. So zauberhaft«, schwärmte Alessandro.

»Trotzdem konntest du nicht die Finger von ihr lassen«, sagte Luzifer.

»Habe ich doch! Die Presse hat ein Foto und verdreht alle Tatsachen!«, protestierte Alessandro. »Das hat sie nicht verdient. Sie ist viel zu sanftmütig für so eine Schlammschlacht …«

Luzifer lauschte nur mit halbem Ohr, wie Alessandro weiter von der letzten Prinzessin schwärmte, mit der er geflirtet hatte – seiner Meinung nach. Luzifer ignorierte es. Es war egal für seine Situation. Er musste jetzt seinen kleinen Bruder Babysitten. Statt Alessandro seine neuen Kollegen vorzustellen, hätte er jetzt viel lieber Carola näher kennengelernt. Carola, die er vergessen sollte, weil er sie sowieso nie wiedersehen würde. Die Frau mit den langen blonden Locken, die er nicht kennengelernt hätte, wenn er heute nicht am Flughafen gewesen wäre, fiel Luzifer ein.

Er ließ seinen Blick über die Parkplätze schweifen.

Er suchte nach einem blonden, zerzausten Lockenkopf. Auf einer Fußgängerinsel blieb er stehen und schaute einem hellen Flattern nach. Dann schüttelte er den Kopf. Nur ein helles Tuch, das vom Wind herum geweht wurde. Irgendwo grollte ein Donner.

»Wen suchst du?«, fragte Alessandro, der neben ihm stehen geblieben war.

»Niemand«, knurrte Luzifer und marschierte weiter.

Das Wetter wurde zunehmend stürmischer. Passend zu Luzifers Stimmung.

Kissenschlacht

Die Stille ihrer Wohnung umfing Carola. Endlich Zuhause. Der Lärm der vielen Menschen am Flughafen, die blechernen Lautsprecherdurchsagen und das Grollen des Donners auf dem Heimweg hallten noch in ihren Ohren nach. Wenigstens konnte sie sich jetzt entspannen. Als Erstes würde sie sich eine Tasse kalten Tee eingießen und dann die Füße hochlegen. Das Sofa mit dem gepolsterten Hocker davor wartete auf sie.

Carola hängte ihre Handtasche über eine Stuhllehne am Küchentisch und strich sich ihre zerzausten Locken aus dem Gesicht.

Sie atmete tief ein und merkte, wie sie sich beruhigte. Sie bevorzugte ruhige Abende Zuhause und Spaziergänge in guter Gesellschaft. Wenig Gesellschaft. Trubelige Orte, wie den Flughafen oder auch große Feste, mied sie regelmäßig. Zu voll, zu laut und viel zu viele Menschen, ihrer Meinung nach. Ein gutes Buch oder ein schönes Brettspiel mit Freunden zog sie jederzeit vor.

Donner krachte und grollte über sie hinweg.

Das war es dann mit der erholsamen Ruhe. Carola stöhnte und verzog ihre Lippen zu einem missmutigen, schiefen Strich.

Sogar hier drinnen hörte sie das Donnergrollen des Sturmes, der ihre Frisur auf der Aussichtsplattform am Flughafen ruiniert hatte. Immerhin war die Luft nicht mehr so schwül-heiß wie draußen, sondern nur noch warm.

Immerhin war Andrea wieder da. Ihre Gesellschaft hatte Carola vermisst.

»Ich bin froh, dass dein Flug noch rechtzeitig landen konnte«, sagte Carola über ihre Schulter hinweg, durch die offene Küchentüre in den Flur hinein.

Dort hörte sie Andrea rascheln. Der Koffer rollte mit einem Echo über die Steinfliesen und wurde, dem Ton nach, im Nachbarzimmer abgestellt. Schuhe plumpsten auf den Boden und wurden zur Seite geschoben. Strümpfe tapsten leise über die Fliesen. Alles vertraute Geräusche, wenn ihre Schwester Zuhause war.

Wie sich Luzifer wohl anhören würde, wenn er sich in dem kurzen Flur ihrer Wohnung die Schuhe auszog? Würde er sie auf den Boden fallen lassen, wie Andrea, oder sich bücken und die Schleife an seinen schwarzen, glänzenden Anzugschuhen aufziehen und herausschlüpfen? Sicher würden seine sockigen Schritte schwerer klingen. Er war schließlich größer. Würde sich der Flur dadurch kleiner und beengter anfühlen oder intimer?

Carola schüttelte hastig den Kopf über ihre Gedanken. Luzifer würde niemals in ihre Wohnung kommen. Sie kannte ihn nicht und würde ihn nicht wiedersehen!

Carola hob ihre Handtasche auf die leere Tischplatte, zog ratschend den Reißverschluss auf und kramte ihre Haarbürste hervor.

Wenn sie sich in ihrer Traumwelt verlor, würde sie heute zu nichts mehr kommen. Nicht zum Lesen. Nicht zum Teetrinken. Und nicht dazu, diesen faszinierenden Mann zum Abendessen wiederzusehen.

Wenn er kam.

Moment! Wann hatte sie entschieden, dass sie um acht Uhr im Kalliope sein würde?

Carola schüttelte den Kopf über sich selbst und wanderte in ihr Zimmer. Dort ließ sie sich auf die Kante ihres Bettes fallen. Mit routinierten Bewegungen und Strich für Strich bürstete sie die Knoten aus ihren Locken heraus, welche durch den Wind entstanden waren.

Sie ließ sich Zeit. Strähne für Strähne zog sie die Bürste durch ihre Haare, die angenehm weich über ihre Finger glitten. Der gleichmäßige Zug an ihrer Kopfhaut fühlte sich wie eine Massage an.

Carolas Gedanken wanderten zu Luzifer zurück. Zu dem sonnengebräunten Mann mit den dunklen Augen und dem kantigen Gesicht, der sie am Flughafen vor einem schmerzhaften Sturz bewahrt und aufgefangen hatte. Seine Berührung hatte sich nicht nur warm und schützend, sondern auch vertraut und richtig angefühlt. Besonders auf ihrer Brust.

Dabei war Carola sich sicher, dass sie Luzifer nie vorher gesehen hatte. Es war verrückt, das diese Gefühle und Gedanken, die ihr durch den Kopf gingen!

Mit einem Klicken wurde im Flur die Tür zu Andreas Zimmer geschlossen. Nackte Füße tapsten mit leisen Klatschgeräuschen über die Steinfliesen und dann in Carolas Zimmer.

»Willst du den ganzen Nachmittag deine Haare kämmen?«, fragte Andrea.

»Natürlich nicht«, sagte Carola und merkte, wie ihre Wangen warm wurden. »Der Wind auf der Aussichtsplattform hat so viele Knoten hineingeweht.«

Carola hatte die Anwesenheit ihrer Schwester fast vergessen. Das war ihr noch nie passiert!

»Ich bürste meine Haare«, korrigierte Carola. »Gleich bin ich fertig. Dann können wir einkaufen gehen, bevor ich heute Abend im Kalliope erwartet werde.«

Andrea hüpfte durch das Zimmer, setzte sich auf den Drehstuhl vor Carolas Schreibtisch und drehte sich im Kreis.

»Wen triffst du?«, fragte Andrea. »Oh ich bin so gespannt, ihn kennenzulernen!«, quietschte Andrea begeistert.

Carola bürstete schweigend ihre Haare weiter.

»Jetzt sag schon!«, forderte Andrea.

»Vielleicht ist es doch keine gute Idee«, murmelte Carola. »Schließlich habe ich ihn erst kennengelernt.«

»Der Mann vom Flughafen? Wie hieß er noch gleich?«, Andrea tippte sich mit der Fingerspitze gegen die Lippen und hielt den Stuhl an. Ihre braunen Locken hingen wirr um ihren Kopf.

»Luzifer«, sagte Carola.

Sie klopfte einladend auf die Bettdecke neben sich.

»Setz dich her, ich bürste deine Haare auch aus.«

»Super, Schwesterherz. Du bist die Beste!«

Andrea sprang auf, knuddelte Carola und hüpfte dann aufs Bett, sodass sie mit dem Rücken zu Carola saß.

»Du willst hingehen«, stellte Andrea fest, »sonst hättest du es nicht erwähnt.«

Carola nickte. Sie wollte ausgehen.

Das überraschte sie selbst mehr als die Tatsache, dass sie sich mit diesem fremden Mann treffen wollte, ohne fest zugesagt zu haben. Damit ging sie das Risiko ein, alleine im Restaurant zu sitzen.

Carola begann Andreas braune Locken zu bürsten.

Sie waren genauso weich wie ihre eigenen und nicht halb so zerzaust.

»Das habe ich so vermisst«, murmelte Andrea.

Carola wurde warm ums Herz. Sie freute sich auch, dass Andrea wieder hier war und sie zu ihren kleinen Ritualen zurückkehren konnte.

Carola zog die Bürste langsam durch die nächste Strähne von Andreas Locken.

Ihre Gedanken wanderten zurück zum Abendessen. Und zu Luzifer.

War es wirklich eine gute Idee? War sein Name nicht Warnung genug? Schließlich hieß er Luzifer.

Wenn der Name Programm war, dann sollte sie besser zu Hause bleiben. Ein Treffen mit dem Teufel ging nie gut aus!

Andererseits hatte er nicht teuflisch gewirkt. Er hatte vielmehr sinnlich und verlockend und ebenfalls interessiert gewirkt.

Carola ließ ihre Hände sinken und hörte auf, Andreas Haare zu bürsten.

»Ich komme mit«, sagte Andrea. »Im Kalliope soll es fantastische Pasta geben. Dann bist du nicht alleine, falls er dich versetzt.«

»Du warst noch nie dort?«, fragte Carola.

Sie selbst ging selten essen. Dass sie das Restaurant nicht kannte, wunderte sie nicht. Eine kurze Internetrecherche auf ihrem Smartphone hatte ihr die Adresse dafür gegeben, inklusive des Fahrplanes mit der S-Bahn. Es lag ein paar Stationen von ihrer Wohnung entfernt. Sie musste nicht einmal umsteigen.

»Nein. Viel zu teuer.«

Andrea winkte ab.

»Was hast du vor?«

Teuer?

Carola zog die Augenbrauen hoch. Das bedeutete, sie zog sich besser anständig an. In einer Jeans würde sie sich underdressed fühlen.

»Nicht besonderes. Ich wollte leckeres Essen genießen, wenn es mir angeboten wird«, murmelte Carola und merkte wie ihre Wangen heiß wurden. Das war nicht die ganze Wahrheit. Sie wollte Luzifer wiedersehen und herausfinden, warum dieser fremde Mann so ein Flattern in ihrer Magengrube auslösen konnte. Ein Flattern, welches alle Gedanken in seine Richtung lenkte.

»Wann wollen wir los?«, fragte Andrea.

»Zum Einkaufen?«, fragte Carola.

Sie legte ihre Haarbürste zur Seite. Andreas Haare waren fertig gebürstet. Sie beugte sich zurück und erwischte mit ihren Fingerspitzen ein Haargummi auf ihrem Schreibtisch. Dann setzte sie sich aufrecht hin und flocht ihre eigenen Locken in einen lockeren Zopf. Anschließend wiederholte Carola das für Andreas Haare.

»Sobald ich mit deinem Zopf fertig bin. Du sollst schließlich nicht verhungern, wenn ich essen gehe«, sagte Carola.

Andrea drehte sich um.

Der halb geflochtene Zopf rutschte Carola zwischen den Fingern davon. Sie sah, wie sich die Strähnen wieder lösten.

»Na toll! Jetzt muss ich von vorne anfangen!«

Carola gab sich große Mühe, eine gerunzelte Stirn zu ziehen und Andrea böse anzuschauen.

»Du willst heute Abend alleine ausgehen?«, fragte Andrea.

Sie ließ sich mit großen Augen auf Carolas blau gestreifte Bettdecke fallen.

Innerlich lächelte Carola. Jetzt hatte sie einen Grund, Andreas Locken nochmals zu bürsten. Sie liebte es, nicht nur ihre eigenen, sondern auch Andreas Locken zu bürsten und zu frisieren.

»Was soll ich dann ganz alleine Zuhause anstellen?«, fragte Andrea und sah Carola mit großen Kulleraugen an.

Carola biss sich auf die Unterlippe. Sie hätte den Mund halten sollen und sich aus ihrer eigenen Wohnung schleichen. Wie ein Dieb. Als ob! Deswegen hatte sie von ihrem Plan erzählt. Nur dass Andrea sich nicht damit zufriedengab, Zuhause zu bleiben und einen Film zu schauen.

»Wir kaufen dir Avocados und Mangos. Die magst du sonst auch so gerne«, versuchte Carola Andrea vom Zuhause bleiben zu überzeugen.

»Es ist Sommer. Da gibt es Erdbeeren und Kirschen. Die sind viel besser«, widersprach Andrea und setzte sich wieder auf. »Zu Avocados und Mangos darfst du mich im Winter einladen. Versprochen.«

Andrea zwinkerte Carola zu.

Carola lachte und schubste ihre Schwester wieder rückwärts aufs Bett. Die Matratze wippte so heftig, dass sie selbst durchgeschüttelt wurde.

»Kissenschlacht!«, kreischte Andrea.

Sie rollte sich herum und grapschte an Carola vorbei nach dem Kopfkissen und schlug es Carola über den Kopf.

Weich und flauschig zerzauste es Carolas frisch gekämmte Frisur.

»Na warte!«

Carola riss Andrea das Kissen aus der Hand und revanchierte sich.

Lachend kugelten die beiden Schwestern durchs Bett. Warfen einander das Kissen ins Gesicht, auf den Kopf und gegen die Brust und verhedderten sich schließlich in der Bettdecke.

Carola lachte.

Sie war außer Puste.

Lose, gelockte, blonde und braune Haarsträhnen fielen ihr ins Gesicht. Von ihrer und von Andreas Lockenpracht.

»Andrea, du bist die beste Mitbewohnerin, die ich mir wünschen könnte«, sagte Carola lachend.

»Klar! Ich bin deine Schwester. Besser geht es nicht!«, antwortete Andrea, wie immer selbstbewusst und von sich überzeugt. »Außerdem kannst du uns beiden jetzt nochmals die Haare bürsten. Ich weiß, wie sehr du das liebst.«

»Stimmt«, gab Carola zu.

Sie entwirrte ihre Beine aus der Decke und schob das Kopfkissen von ihrer Brust. Dann wischte sie sich die Haare aus dem Gesicht. Ihr Bett war so zerzaust wie sie selbst. Ihr Grinsen konnte sie bis zu ihren Ohren spüren.

»Ich bin so froh, dass du zurück bist«, sagte Carola, stand auf, zog ihre ärmellose Bluse glatt und schüttelte ihren Rock aus. Dann griff sie nach ihrer Haarbürste und setzte sich auf ihren Bürostuhl. Während sie ihre Haare ausbürstete, sah sie zu, wie Andrea sich aus der Bettdecke rollte und das Bett machte.

Schließlich setzte sich Andrea und sah Carola ernst an.

»Schwesterherz, du überraschst mich«, sagte Andrea. »Normalerweise triffst du dich nicht mit fremden Männern. Der hier muss etwas ganz Besonderes sein.«

Andrea tippte mit ihren Fingerspitzen gegen ihre Lippen.

Carola begann zum zweiten Mal, sich einen Zopf zu flechten.

»Egal was es ist, du kommst mir nicht davon. Ich begleite dich ins Kalliope«, sagte Andrea.

Ihre zusammengepressten Lippen und ihr direkter Blick, sowie die zurückgenommenen Schultern sagten Carola deutlich, dass hier eine Diskussion zwecklos war. Wie immer, wenn Andrea sich etwas in den Kopf setzte.

Trotzdem versuchte es Carola. Sie wand das Haargummi um das Ende ihres Zopfes und legte ihre Bürste beiseite. Dann schüttelte Carola den Kopf. Das Ende ihres Zopfes flog über ihre Schulter nach vorne und blieb auf ihrer Brust liegen.

»Aber ich will«, begann Carola und brach ab.

Sie wollte alleine gehen. Es war unhöflich, ihre Schwester alleine lassen zu wollen. Besonders, weil sie sich seit Wochen darauf gefreut hatte, sie wiederzuhaben.

Carola seufzte und ließ ihre Schultern hängen.

»Am besten machen wir es uns gemeinsam hier gemütlich«, sagte Carola und stand auf. »Ich hole meine Handtasche aus der Küche, dann gehen wir einkaufen.«

Sie wäre sicher sowieso vergeblich ins Restaurant gefahren.

Männer wie Luzifer fuhren nicht auf gut Glück zu einer Verabredung ohne vorherige Zusage. Er lag weit außerhalb ihrer Liga. Viel zu gut aussehend und viel zu gut gekleidet mit dem teuren Anzug und den glänzend polierten Schuhen.

Das Bett knarzte leise, als Andrea aufstand.

Eine warme Hand legte sich auf Carolas Schulter.

»Du musst dich nicht verstecken. Er sah umwerfend aus und er wollte dich gerne in seinen Armen behalten«, sagte Andrea.

Carola nickte.

Sie wäre auch gerne in seinen Armen stehen geblieben. Wie wohl ein Kuss von ihm schmeckte?

»Und ich habe dich, eifersüchtig und egoistisch wie ich bin, entführt«, schloss Andrea. »Bist du dir sicher, dass er kommt?«

Carola schüttelte den Kopf. »Er hatte gefragt und du kamst angewirbelt, bevor ich ihm eine Antwort geben konnte.«

Carola lehnte sich gegen die warme Hand auf ihrer Schulter und legte ihre freie Hand darauf. Der Handrücken ihrer Schwester war rau, als hätte sie nicht nur in der Sonne gelegen und ihren ausgedehnten Urlaub genossen, sondern hart gearbeitet. Mit ihren Händen.

Luzifers Hände hatten sich genauso muskulös angefühlt, nur größer, überlegte Carola.

Abendessen

Luzifer lehnte sich in seinem Stuhl in die weich gepolsterte Lehne zurück und sah sich im Kalliope um. Das Restaurant gehörte zur gehobenen Klasse und war gewohnt geschmackvoll eingerichtet. Es erinnerte ihn an Zuhause.

Mit dunklen Tischen aus Holz, auf denen weiße, gebügelte Tischdecken lagen, welche auch im Esszimmer seiner Eltern als Beistelltische hätten dienen können. Die Sitzplätze waren bereits eingedeckt mit Tellern, Besteck und Gläsern. Giorgi, der Butler Zuhause, hätte seine Freude daran gehabt.

Die dunklen Vorhänge an den Wänden dagegen, die waren pure Übertreibung. Sie symbolisierten nicht nur gehobene Klasse, sondern schluckten gleichzeitig die Geräusche, erinnerte sich Luzifer an ein Praktikum im Restaurantzweig des Familienunternehmens. Jetzt genoss er es, nur ein leises Murmeln der anderen Gäste zu hören. Hin und wieder hörte er Besteck leise klappern. Genau so sollte es sein.

Der Kellner hatte sich, nachdem er Luzifer und seinen Bruder an den Tisch geführt hatte, diskret zurückgezogen.

Außerhalb von Luzifers Sichtfeld, aber garantiert so, dass er genau sehen konnte, wenn Luzifer die Hand hob, um ihn zurückzurufen. Oder, um zu sehen, wenn Luzifer die Getränkekarte schloss, welche mit ihren dicken Papierseiten und dem Stoffeinband schwer in seinen Händen lag.

Würde Carola kommen? Würde ihre Schwester sie gehen lassen?

Ohne Carolas Antwort war es nicht halb so interessant, hier zu sitzen und sich ein Getränk herauszusuchen. Nicht, wenn er dabei Alessandro den ganzen Abend unterhalten musste.

Luzifer blätterte eine Seite der Karte um, ohne darin zu lesen.

Leider war es das Einzige, was ihm eingefallen war, um sie wiederzusehen. Wo sollte er sie suchen? Vermutlich kam nicht jeden Tag eine Schwester von ihr am Flughafen an. So wie er nicht jeden Tag einen in Ungnade gefallenen Bruder abholen musste, der jetzt neben ihm am Tisch saß und ebenfalls in seiner Getränkekarte blätterte.

Luzifer sah wieder zum Eingangsbereich hinüber. Vorbei an dem Empfangspult, an dem ankommende Gäste begrüßt und nach ihrer Reservierung gefragt wurden, durch das Glasfenster der Eingangstüre hinaus auf die Straße. Es war noch hell genug, um Nachzügler aus dem Büro vorbei schlurfen und frühes Partyvolk vorbei tingeln zu sehen.

Carola sah er nicht. Dabei war er extra früher gekommen, als er sich hatte verabreden wollen.

Um sicherzugehen, dass sie sich nicht verpassten.

Er würde, wenn nötig, auch deutlich länger bleiben als acht Uhr.

Vielleicht sogar zu Abend essen, auch ohne sie, falls sie sich erst Mut zusprechen musste, und später kam.

Essen musste er in jedem Fall.

Hoffentlich kam Carola.

Weder ihren Namen, noch ihre strahlenden Augen oder ihre blonden, wild zerzausten Locken hatte er seit dem Flughafen vergessen können. Genauso wenig wie ihre weichen Brüste unter ihrer Bluse, um die er seine Hand gelegt hatte, um sie vor einem harten Sturz zu bewahren. Seine Handfläche kribbelte warm bei der Erinnerung. Nicht, dass er das absichtlich gemacht hatte. Er hatte sie auffangen wollen und erst hinterher gemerkt, wo seine Hand gelandet war.

Luzifer schaute wieder hinunter auf die Getränkekarte in seinen Händen. Er überflog das weiße Papier mit den verschnörkelten Goldbuchstaben: Die Liste mit Rot- und Weißweinen aus Griechenland sprach ihn nicht an. Er blätterte um. Das schwere Papier bog sich nur langsam, dafür geräuschlos. Die Liste deutscher Biere sprach ihn genauso wenig an.

»Was willst du trinken, Luzifer?«, fragte Alessandro und erinnerte Luzifer leider daran, dass er nicht alleine am Tisch saß.

Er musste seinen Bruder unterhalten. Immerhin hatte er sich im Büro nicht so nutzlos gezeigt, wie für einen ersten Tag erwartet. Das war ein erster Hoffnungsschimmer.

»Wasser«, sagte Luzifer und klappte die Karte zu.

Warum hatte er seinen kleinen Bruder nochmals mit ins Kalliope genommen? Ach ja, um auf ihn aufzupassen. Er verdrehte die Augen zur Decke und musterte einen Moment die Kronleuchter und die weiße Stuckdekoration.

»Auf wen warten wir?«, fragte Alessandro und legte seine Getränkekarte offen auf die weiße Tischdecke neben seinem Platzgedeck aus weißen Tellern und silbernem Besteck.

»Eine Frau«, sagte Luzifer und hob die Hand.

Der Kellner erschien sofort und nahm die Getränkebestellung ohne eine Miene zu verziehen auf.

»Eine Flasche stilles Wasser«, wiederholte der Kellner und verschwand. Seine Schritte wurden von dem dicken Teppichboden verschluckt.

Alessandro lachte leise.

»Ich darf keine Frau haben, aber du nimmst mich mit zu deinem Date?«

Luzifer schüttelte den Kopf.

»Ich nehme dich mit, weil ich dich nicht eine Stunde alleine lassen kann. Schon gar keinen ganzen Abend, liebster Bruder«, antwortete Luzifer und sah zur Tür hinüber, welche gerade aufgedrückt wurde.

Der Kellner erschien und goss Wasser in sein Glas. Dabei stand er so, dass Luzifer den Eingang nicht mehr sehen konnte.

»Danke. Das mache ich selbst«, sagte Luzifer schnell und winkte den Kellner zur Seite.

»Das muss eine wichtige Frau sein«, kommentierte Alessandro, und Luzifer hätte ihm am liebsten den Hals umgedreht.

»Benimm dich einen Abend lang. Bitte«, sagte Luzifer und versuchte am Kellner vorbeizusehen, der ein Tuch um den Flaschenhals knotete, wie man es bei Weinflaschen machte, und die Flasche in den Eiseimer auf dem Tisch stellte.

Endlich trat der Kellner zur Seite.

Luzifer sah zum Empfangspult hinüber.

Vor dem halbhohen, dunkelbraunen Holzpult stand eine elegante Frau, die entfernt Ähnlichkeit mit Carola hatte. Nur entfernt. Sie hatte das gleiche blonde Haar, aber statt in offenen, wilden Locken über ihre Schultern auf den Rücken zu fallen, war es in einer Hochsteckfrisur versteckt. Er konnte nicht erkennen, ob die blonde Frau Locken hatte, so straff war ihr Haar zusammengefasst. Ihr blaues Kleid ließ die Schultern frei und fiel ihr in einem glockigen Rock bis über die Knie. Sie war wunderschön, aber kein Vergleich zu der verführerisch zerzausten Carola, die ihn am Flughafen aus funkelnden Augen angeschaut hatte. Mit einer zerknitterten Bluse und einer Handtasche, die ihr beinahe von der Schulter gerutscht war.

»Ist sie das?«, fragte Alessandro.

Luzifer schüttelte den Kopf, auch wenn ihn die Ähnlichkeit beinahe in die Irre geführt hätte. Diese Frau hielt sich ganz anders. Sie strahlte Luxus aus, wo Carola wilde, ungezähmte, verführerische Weiblichkeit ausgestrahlt hatte. Lebendigkeit. Die Frau dort vorne war eine Eisstatue.

Flüchtig schaute Luzifer auf die Frau neben der Blondine. Eine Brünette mit offenem Lachen und lockigen braunen Haaren. Die kleine Schwester. Unverwechselbar.

Moment!

Die kleine Schwester?

Luzifer kniff die Augen zusammen. Er schaute die Blondine nochmals genauer an. Sie hatte sich in der vergangenen Sekunde nicht verändert. Jetzt wandte sie sich vom Empfangspult ab und ließ ihren Blick durch den Speisesaal wandern. Gemeinsam mit dem Mann im Frack, der ganz offensichtlich versuchte, sie zum Gehen zu überreden, ohne eine allzu offensichtliche Szene zu machen. Sie sah aus, als würde sie jemanden suchen. Mit ihren blauen, funkelnden Augen.

Mit Carolas blauen, funkelnden Augen.

Luzifers Herz schlug schneller. Sie war gekommen!

Carola ließ ihren Blick über die vielen Gäste an den runden Tischen im gut besuchten Speisesaal des Kalliope gleiten. War Luzifer hier?

An einem Mann im weißen Hemd und schwarzen Jackett blieb ihr Blick hängen. Er schaute zu ihr herüber. Ohne den Blick abzuwenden. Ganz so, wie er sie auch am Flughafen betrachtet hatte. Mit seinen schwarzen Augen, den prominenten Augenbrauen, die sich darüber wölbten, und seinem kantigen Kinn.

»Das ist er, oder?«, flüsterte Andrea hinter Carola.

Carola nickte. Verwechslung ausgeschlossen. Luzifer schien sich nicht umgezogen zu haben. Natürlich nicht! Er hatte schon am Flughafen im Anzug dagestanden und ausgesehen, als wäre er gerade erst hineingeschlüpft.

»Dann lass uns den Pinguin hier ignorieren und Hallo sagen«, flüsterte Andrea hinter Carola.

Carola nickte. Das war eine gute Idee. Mit dem Mann hinter dem hohen, dunklen, hölzernen Pult zu diskutieren war sowieso nutzlos.

Luzifer schluckte hart. Er spürte seinen Adamsapfel hüpfen und sein Mund wurde trocken. Das waren Carolas blaue Augen, die seinen Blick erwiderten. Was für eine Verwandlung, eine Frisur und ein Kleid bewirken konnten. Wie hatte er sich davon täuschen lassen können? War er auch nur ein arroganter Milliardär, der sich auf Äußerlichkeiten verließ, wenn er seine Geschäfte führte?

Ihm schauderte.

Hoffentlich nicht!

»Sie können doch nicht«, sagte der Pinguin hinter seinem Pult und streckte seine Arme blockierend aus.

Carola wich ihm aus. Sie ging an dem halbhohen Stehpult mit dem wenig hilfsbereiten Wächter des Speisesaals vorbei.

Er hatte sie nicht hereinlassen wollen, weil sie keine Reservierung hatte. Wenn Andrea nicht hinter ihr gestanden hätte, sie wäre umgedreht oder vermutlich nicht zur Türe hereingekommen. Das Kalliope sah viel zu vornehm aus für sie. Selbst die hohen Vasen mit Blumen vor der Tür wirkten teurer als vor anderen Restaurants.

Aber jetzt hatte Carola Luzifer gesehen.

Entweder Luzifer würde das klären, oder sie würde wieder gehen.

Trotz Andreas Rückhalt.

Sie würde nicht länger mit diesem Menschen in seinem schwarzen Frack und der hocherhobenen Nase diskutieren. Immerhin, das hatte der flüchtige Blick in die Runde der Gäste gezeigt, war sie passend angezogen. Die Arbeit für die Frisur und das Bügeln des Kleides hatten sich gelohnt.

Mit geradem Rücken und erhobenem Kopf schritt Carola über den dicken Teppich den Gang zwischen den runden Tischen mit den perfekt weißen Tischdecken entlang. Carola ging langsam. In dem weichen Teppich traute sie sich keine großen Schritte zu. Zu leicht könnte sie in ihren Absätzen falsch auftreten und umknicken.

Carola konzentrierte sich auf Luzifer, ohne den Blickkontakt zu Luzifer zu unterbrechen.

Hinter sich hörte sie die leichten Schritte von Andrea, deren Schuhe bestimmt genauso in dem dicken Teppich versanken. Es war fast, als wollte man im Winter durch tiefen Schnee gehen. Auf hochhackigen Schuhen. Mit dem Unterschied, dass sie hier nicht ausrutschte und ihre Füße trocken blieben.

Das Kalliope war nicht nur von außen ein Luxusrestaurant für Reiche und erfolgreiche Geschäftsleute. Luzifer gehörte offensichtlich dazu. Sie selbst nicht. Heute Abend würde sie sich das nicht dadurch anmerken lassen, dass sie die dicken, roten Vorhänge an den Wänden begaffte, oder die Kristall-Kronleuchter an den Decken. Trotzdem nahm Carola all diese Details aus den Augenwinkeln wahr. Genauso wie das silbern glänzende Besteck in den Händen der anderen Gäste, welches blendend hell im Lichtschein aufblitzte.

Heute Abend wollte sie mehr über Luzifer erfahren.

Carola würde herausfinden, ob die flüchtige Begegnung am Flughafen und die ständigen Gedanken an ihn ein Produkt ihrer Fantasie waren, oder ob sie eine Chance auf eine Beziehung hatten. Wie auch immer die aussehen sollte zwischen einem offensichtlich so reichen Mann und ihr, einer durchschnittlichen Büroangestellten. Dieses Restaurant hätte sie normalerweise nicht betreten. Das schien auch der Mann am Empfang zu wissen, obwohl sie sich schick gemacht hatte. Es hatte eine Stunde gedauert, bis ihre lockigen Haare sich fügten und in der Hochsteckfrisur blieben. Sie saß so straff, dass die Haare an ihrer Kopfhaut zogen. Morgen, spätestens, würde sie Kopfschmerzen davon haben. Was tat frau nicht alles, um hübsch auszusehen für ein Date? Selbst dann, wenn es kein richtiges Date war, nachdem sie ihre Schwester mitgebracht hatte. Besser gesagt hatte Carola es nicht übers Herz gebracht, Andrea alleine Zuhause zu lassen und sie vom Mitkommen abzuhalten.

Luzifer stand auf, bevor Carola seinen Tisch ganz erreichte, und ging ihr einige Schritte entgegen.

Sie sah viel eleganter aus als vorhin. Kühler. Wäre nicht das warme Funkeln in ihren Augen gewesen und der verführerische Schwung in ihren Lippen, die ihn anzogen, sie hätte eine beliebige, durchgestylte, konturlose Frau auf einer der vielen Veranstaltungen sein können, die er sonst besuchte. Hoffentlich war das nicht ihr Standardauftreten.

»Ich freue mich sehr, dass du gekommen bist, Carola«, sagte Luzifer und streckte seine Hand zur Begrüßung aus.

Dabei hätte er Carola am liebsten umarmt und, wenn nicht auf den Mund, so doch auf die Wange geküsst. So wie es bei seiner Familie in Italien üblich war. Er wollte ihre Hochsteckfrisur auflösen, bis ihr ihre blonden Locken wild über ihre Schultern fielen.

Der Mann vom Empfang war den beiden Frauen gefolgt. Jetzt sah er Luzifer direkt an.

Luzifer nickte und der Portier drehte sich um und ging an seinen Platz zurück. Das wäre geklärt, dachte Luzifer und nickte leicht.

»Schön, dass es geklappt hat«, sagte Carola mit einer leisen Stimme, die ein wohliges Kribbeln in Luzifers Brust auslöste.

Sie schüttelte seine Hand zur Begrüßung. Ihre weiche, warme Handfläche berührte seine eigene. Sie passte genau hinein. Als wäre sie dafür gemacht, von seiner Hand umschlossen und beschützt zu werden.

---ENDE DER LESEPROBE---