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Ein milliardenschwerer Kronprinz und Junggeselle. Eine attraktive Buchhalterin, die durch ihn ins Visier der Paparazzi gerät. Sein unmoralisches Rettungsangebot: Eine Fake-Verlobung. Carola stolpert in die Arme des teuflisch attraktiven Fremden. Seine dunklen Augen sind nichts im Vergleich zu seiner dominanten Ausstrahlung und seinem Namen: Luzifer. Diesem Herrscher zu entkommen ist eine Kunst und Carola flieht viel zu spät aus seinen Armen. Carolas blonde Locken und kristallblaue Augen erregen Luzifers Aufmerksamkeit. Ihre Weigerung, seinem Charme zu verfallen, entfacht sein Verlangen. Die selbstbewusste Buchhalterin eignet sich perfekt als Fake-Ehefrau, damit seine Mutter aufhört, ihm eine Prinzessin nach der anderen zu schicken - er braucht Zeit für seinen Konzern! Carola will exakt einen heißen Abend mit dem charmanten Kronprinzen. Bis die Paparazzo sie ins Visier nehmen. Luzifers Angebot einer Hochzeit schlägt Carola aus ... beim ersten Versuch. Aber Luzifer wäre nicht der CEO seines selbstgeschaffenen Imperiums, wäre er nur höllisch sexy. Eine knallharte Verhandlung später stimmt Carola einer Fake-Verlobung zu ... und fragt sich, wie sie es schaffen soll, ihr Herz vor dem Feuer des Verlangens zu beschützen. Die Funken fliegen beim ersten Blick. Carola muss sich entscheiden zwischen Aschehaufen und Gefühlen. »Luzifer küss mich!« startet als abgeschlossene Geschichte die funkensprühende Liebesromanserie »Prinzen zum Heiraten«. Mit Happy End.
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Veröffentlichungsjahr: 2024
Weiße, bauschige Wolken flogen in langen Bändern über den Himmel. Sie reiten sich aneinander, wie die leicht unförmigen, originalen Süßwasserperlen an der Halskette von Carolas Großmutter es getan hatten.
Der Wind zerzauste Carola nicht nur ihre langen Locken. Er drohte, den Saum ihres dünnen, sommerlich leichten Tellerrockes so weit hochzupusten, dass alle anderen Besucher auf der Aussichtsplattform des Flughafens ihre Unterwäsche bewundern könnten.
Wie peinlich!
Dabei hatte der Wetterbericht für heute Sonnenschein und keinen Wind angekündigt!
Gutes Wetter war, was Carola sich gewünscht hatte. Um sich hübsch zu machen. Sie holte ihre Schwester Andrea ab, die endlich von ihrem Auslandsaufenthalt in Italien zurückkehrte.
Voller Vorfreude war Carola viel zu früh zum Flughafen gekommen. Sie hatte die Zeit nutzen wollen und die Aussicht hier oben genießen. Außer ihr hatten noch viele andere diese Idee gehabt. Die Aussichtsterrasse des Flughafens wäre nicht brechend voll, aber so gut gefüllt, dass Carola nicht auf Anhieb einen guten Aussichtspunkt an der Brüstung mit dem über drei Meter hohen Schutzgitter gefunden hatte.
Sie ging ein paar Schritte weiter und schätzte mit ihrem Blick den Abstand zwischen zwei Familien ein. Zu schmal für sie, um sich dazwischenzuschieben und entspannt die Aussicht genießen zu können.
Eine weitere Windböe zerrte an Carolas Handtasche. Der schmale Trageriemen rutschte von Carolas Schulter und schlug gegen ihr nacktes Schienbein. Hastig bückte sie sich, hob ihre Handtasche auf und schob den Trageriemen zurück auf ihre Schulter.
Carola bereute es bereits, auf die Aussichtsterrasse herausgekommen zu sein. Dabei waren die ersten Minuten wunderschön gewesen. Bevor der Wind eingesetzt hatte.
Jetzt war es kalt.
Von Augenblick zu Augenblick wurde es düsterer. Die flauschigen Wolken ballten sich zusammen, wurden dunkelgrau und ließen Carola frösteln, wann immer eine weitere Wolke vor der Sonne vorbei gerissen wurde.
Kindergelächter klang hell, fröhlich und viel zu laut für Carolas Ohren, über die Aussichtsplattform. Erwachsene riefen einander oder forderten ihre Kinder zum Mitkommen auf. Dazwischen dröhnten, so tief, dass die Steinplatten unter Carolas Füßen vibrierten, die Triebwerke der startenden und landenden Flugzeuge auf dem Flugfeld.
Jemand rempelte sie an.
Carola wich aus. Wieder und wieder, bis sie an die kalten Metallstangen der Brüstung gepresst stand. Ihre Hände hielt sie an ihre Oberschenkel gepresst, damit ihr Rock nicht vom Wind und von den vorbeieilenden Menschen hochgerissen wurde.
Stirnrunzelnd sah sie dem Gedränge vor sich zu. Viele der anderen Besucher waren offensichtlich auf dem Weg zurück ins Flughafengebäude, in dem kein kalter Wind wehte. Die Kinder wurden mit Pommes und dem Versprechen, auf einen anderen Spielplatz, ins Innere gelockt. Das Lachen verschwand. Scharfe Stimmen ersetzten es.
So schlecht war das Wetter auch nicht, entschied Carola und rieb sich ihre Arme, um die Gänsehaut darauf zu vertreiben. Wenn die anderen hineingingen, sollte es ihr recht sein, dann konnte sie endlich die Aussicht genießen, für die sie hier herausgekommen war. Sie drehte sich um und betrachtete einen Moment den Himmel, der halb von schwarzen Wolken bedeckt war. Das freundliche Hellblau verschwand zusehends.
Der Saum ihres Rockes flatterte auf und ab und schlug gegen ihre nackten Beine.
Ein Knacken ertönte, gefolgt von einem Rauschen, welches Carola auf die Lautsprecher aufmerksam machte.
»Liebe Besucherinnen und Besucher, wir schließen die Aussichtsplattform aufgrund eines herannahenden Sturmes«, dröhnte eine blecherne Stimme aus den Lautsprechern. »Bitte verlassen Sie umgehend den Außenbereich.«
Carola hielt mit einer Hand ihren weichen Sommerrock nach unten. Ihre Handtasche war erneut heruntergerutscht und hing jetzt in ihrer Ellbogenbeuge. Sie schlug gegen Carolas Schienbein. Mit der anderen Hand versuchte sie, ihre ungezähmten, offenen Locken aus dem Gesicht zu wischen. Sie mochten blond sein, aber sie versperrten ihr trotzdem die Sicht.
Wo war der Ausgang?
Sie konnte vor lauter blonden Haaren kaum etwas sehen.
Blind stolperte sie hinter den scharfen Stimmen und den stampfenden und klackenden Schritten der letzten, anderen Besucher her, die sich in einer Richtung entfernten. Sicher waren diese, wie sie selbst, auf dem Weg zur Türe, welche in das Flughafengebäude zurückführte.
Auf der Landebahn neben Carola donnerten die Triebwerke eines startenden Flugzeuges. Dem Flugverkehr schien der Sturm nichts auszumachen. Noch nicht, jedenfalls. Hoffentlich konnte das Flugzeug, mit dem ihre kleine Schwester aus Italien ankommen sollte, noch landen, bevor der Sturm den Flughafen erreichte.
Mühsam versuchte Carola weiter, sich ihre blonden Locken aus dem Gesicht zu wischen. Windböen wehten mit plötzlichen Richtungswechseln um sie herum. Die Haare ins Gesicht, den Rock nach vorne. Die Haare zur Seite, den Rock höher. Es war mühsam, den Rock zu kontrollieren und zu sehen, wohin sie durch die Windböen torkelte. Das Letzte, was sie brauchte, war an der Türe vorbei zu stolpern, oder gegen eine der Eisenstangen zu knallen, welche die Brüstung der Aussichtsplattform schützend überragten.
Carola schmeckte die Feuchtigkeit, welche die Wolken mitbrachten, obwohl es noch nicht regnete.
Kurz blieb sie stehen.
Der Wind blies von vorne.
Sie schaute zum Himmel hinauf. Endlich fielen ihre Haare zur Seite weg. Sie sah eine schwarze Wolkenwand, die vom Wind über den Himmel gerissen wurden. Dazwischen konnte sie nur wenige blaue Flecken vom Himmel erkennen. Am Horizont sah sie noch einen Hauch von goldenen Sonnenstrahlen. Wie eine Erinnerung an das bessere Wetter.
»Was machen Sie noch hier?«, rief eine Männerstimme laut und unfreundlich zu Carola herüber und riss sie aus ihrer Betrachtung des Himmels. »Die Aussichtsplattform wurde geschlossen!«
Carola schluckte.
Sie sah in Richtung der Stimme einen unfreundlich schauenden, rundlichen Wachmann mit einem breiten Gürtel, in dem eine Waffe steckte, bevor ihr ihre blonden Locken erneut ins Gesicht geweht wurden. Wieder schob sie sich die Haare aus dem Gesicht und hielt sie mit ihrem Ellbogen über den Kopf gebeugt fest. Es war gerade genug unter Kontrolle, dass sie trotz der langen Strähnen, die zurück in ihr Gesicht geweht wurden, die Türe zu erkennen. Lange, offene Haare waren keine gute Idee am Flughafen! Wenn sie je wieder hierherkam, würde sie einen festen Zopf flechten und diesen mit Unmengen von Haarnadeln feststecken!
So schnell Carola konnte, ohne ihren Rock mit einer Hand und ihre flatternden Haarsträhnen mit ihrem anderen Arm loszulassen, hastete sie auf die Türe zu, die der unfreundlich blickende Wachmann aufhielt. Ihre Handtasche schlug mit jedem Schritt hart gegen ihr Schienbein. Das würde blaue Flecken geben.
»Es ist gefährlich, bei Sturm auf der Aussichtsplattform zu sein«, knurrte der Mann, als Carola sich an ihm vorbeischob.
Er zog die Türe zu und drehte einen Schlüssel mehrmals klickend im Schloss herum.
Das Pfeifen des Windes verstummte.
Die vielen Stimmen und Geräusche aus dem Inneren des Gebäudes ersetzten das Brausen des Sturms.
Heiße, stickige Innenluft schlug Carola entgegen.
Sie rang nach Luft.
Carola sah am Wachmann vorbei durch die Glastüre nach draußen. Dort war die Luft frisch gewesen.
Was sollte auf der Aussichtsplattform gefährlich sein? Die Gitterstäbe, welche die Plattform gegen das Flugfeld abgrenzten, waren mindestens drei Meter hoch und standen so eng beieinander, dass höchstens ein Blatt hindurchgepasst hätte. Nur der Wind, welcher ihr so viel Ärger bereitet hatte, war unangenehm.
»Sie sind immer noch da!«, sagte der Sicherheitsmann, während er den Schlüsselbund an seinem Gürtel befestigte.
Carola drehte sich um. Sie murmelte: »Einen schönen Tag« und rannte beinahe davon.
Je schneller sie von dem unfreundlichen Wachmann wegkam, umso besser. Sie mochte keine bewaffneten Personen in ihrer Nähe und an einem Flughafen gab es für ihren Geschmack zu viele Sicherheitskräfte.
Carola stürmte vorbei an dem Kinderland, in dem es jetzt laut herging, und die Treppe hinunter ins erste Stockwerk, in dem Reisebüro an Reisebüro grenzte. Von hier konnte sie die Abflughalle mit ihren Check-In-Schaltern überblicken.
Seufzend lief Carola an der Aussicht vorbei zu den Toilettenräumen. Sie hob ihre Handtasche höher, bis der Träger auf ihrer Schulter lag, wohin er gehörte. Es war Zeit, dass sie sich ihre Haare kämmte und nicht mehr wie ein verstrubbelter Wirbelwind herumlief.
»… aus Italien landet …«, hörte Carola einen Fetzen einer Lautsprecherdurchsage.
War das der Flug von Andrea?
Carola drehte sich um.
Statt weiter in Richtung Toiletten marschierte sie jetzt zur Rolltreppe und stieg schnell eine Ebene tiefer. Sie schlängelte sich zwischen den Schlangen von wartenden Reisenden an den Check-In-Schaltern hindurch. Süßes Parfum, Zigarettenqualm aus Kleidern und saurer Schweiß stiegen ihr dabei in die Nase. Mehrmals wurde sie von jemandem angerempelt und stolperte dabei gegen einen harten Koffer. Die blauen Flecken auf ihren Beinen sah sie dabei schon vor ihrem geistigen Auge.
Was für ein Chaos!
Zum Glück war sie selten hier.
Endlich erreichte Carola die andere Seite der Abflugebene und die Treppen, die zur Ankunftsebene hinunterführten.
Sie rang nach Atem. Sie wischte sich mehrere Strähnen aus dem Gesicht und versuchte sie hinter ihrem Ohr festzustecken.
Dann lief sie die nächste Treppe hinunter. Ihr Rocksaum umspielte flatternd ihre Knie. So wie sie es sich vorgestellt hatte, als sie den Rock zu ihrer kurzärmligen Bluse ausgesucht hatte.
Erleichtert lächelnd, dass sie endlich ein bisschen ihres Planes genießen konnte, verlangsamte sie unten lange genug ihre Schritte, um auf der Ankunftstafel ablesen zu können, an welchem Terminal ihre Schwester gleich erscheinen musste: Terminal drei. Der Flug war bereits gelandet.
Die riesigen Hinweisschilder, die von der Decke hingen, zeigten ihr an, dass sie im Terminal eins war. Sie musste durch das halbe Gebäude rennen!
Carola rannte los! Im Zickzack um die anderen Personen herum. Ihr Rocksaum strich mit jedem Schritt um ihre Knie. Ihre Haare flatterten hinter ihr und ihre Handtasche hüpfte am Trageriemen, bis Carola sie mit einer Hand festhielt.
Hier unten war es genauso voll, als eine Ebene darüber. Außerdem standen die Pärchen, Geschäftsleute und Familien mit Kinderwaagen nicht herum, sondern strebten alle ihren eigenen Zielen entgegen. Was das Ausweichen nicht leichter machte.
Sie rannte im Slalom, keuchte und spürte, wie ihr Herz heftig gegen ihre Brust hämmerte. Dabei hatte sie so viel Zeit gehabt! Wo war die geblieben? Auf der Aussichtsplattform war sie nicht lange genug gewesen, um sich jetzt so zu verspäten!
Vor ihr tauchte das Schild mit der Aufschrift »Terminal 3« auf.
Gleich hatte sie es geschafft.
Carola rannte um ein älteres Paar herum, welches zwei grüne Koffer hinter sich herzog, und sah die offene Türe rechts in der Wand, durch die bereits die Neuankömmlinge heraustraten. Auf der digitalen Anzeige darüber waren mehrere ankommende Flüge angeschrieben, auch die aus Italien.
Hatte sie Andrea verpasst?
Hektisch sah sich Carola in dem Gedränge aus Menschen um. Sie sah Andrea nirgendwo. Carola zwängte sich zwischen den Wartenden, den Begrüßungsgrüppchen und den gedankenlos kreuz und quer abgestellten Koffern hindurch ganz nach vorne.
Fast hatte sie es geschafft.
Da fuhr vor ihr ein Arm durch die Luft.
Winkte.
Carola wich zur Seite aus.
Sie stolperte über einen harten Koffer.
Sie stürzte.
Ruderte mit den Armen.
Kämpfte um ihr Gleichgewicht.
»Achtung!«, rief eine dunkle Stimme.
Starke Arme legten sich um Carola und stoppten ihren Sturz.
Sie war aufgefangen worden, bevor sie auf dem Boden aufschlug. Große Hände und starke Arme, welche sie an eine flachte, warme, stabile Brust zogen. Ihre Handtasche schwang in sanften Bewegungen gegen ihr Bein. Ihre Locken hinten ihr wieder halb ins Gesicht. Niemand drehte sich nach ihr um.
»Hallo«, sagte die dunkle Stimme, welche Achtung gerufen hatte. »Wen haben wir denn hier?«
Die dunkle Stimme brachte die muskulöse Brust in Carolas Rücken zum Vibrieren.
Carola schnappte nach Luft und ließ ihre Arme sinken. Dabei wurde ihr die eine Hand bewusst, die auf ihrer Brust lag, und die andere, die auf ihrem Bauch lag. Das war viel zu intim für ihren Geschmack!
»Loslassen!«, verlangte Carola.
Die Hände verschwanden.
Genauso wie die angenehme Wärme. Plötzlich fühlte sie sich einer wohlig-warmen Sicherheit beraubt, derer sie sich einen Augenblick zuvor nicht bewusst geworden war. Ein Gefühl, wie sie es noch nicht erlebt hatte.
Carola presste ihre Lippen zusammen. Sie wischte ihre Locken aus dem Gesicht, strich über ihre Bluse und ihren Rock und versuchte sich zu sammeln. Ihr Herz raste noch von dem Beinahe-Sturz und ihrem Sprint durch das Flughafengebäude.
Sie schüttelte den Kopf, atmete tief ein und aus und richtete sich auf.
Sie war nicht auf der Suche nach einem Partner! Auf keinen Fall würde sie rückwärts gehen oder sich zurück in diese intime Umarmung wünschen. Die warmen Arme hatten sie vor dem Sturz auf den harten Boden gerettet! Das Gefühl, in diesen fremden Armen mehr zu Hause zu sein, als sie es in ihrer Dreizimmerwohnung war, die sie mit Andrea teilte, war absurd. Trotzdem musste sie sich bedanken. Das Gebot des Anstandes.
Carola schluckte, bog ihre Lippen zu einem Lächeln und drehte sich um.
»Danke fürs Auffangen«, sagte sie und schaute auf den obersten Knopf am Kragen eines weißen, gebügelten Hemdes.
Carola schaute nach oben, über ein kantiges, glatt rasiertes Kinn, fest zu einer Linie zusammengepresste Lippen und in schwarze Augen, die funkelten. Wütend oder amüsiert? Fröhlich oder genervt? Sie wusste es nicht und wollte es zu gerne herausfinden.
Was nicht zu ihrem Vorhaben passte, war nur Danke zu sagen.
Genauso wenig, wie das warme Kribbeln in ihrer Brust, auf ihrem Bauch und in ihrem Rücken, wo sie der Mann berührt hatte.
»Ich würde dich jederzeit auffangen«, sagte der Mann laut genug, um den Lärm zu übertönen. »Ich heiße Luzifer.«
Seine Mundwinkel zuckten, als könnte er sich nicht entscheiden, ob er lächeln sollte oder lieber nicht.
Er beugte sich vor und sagte leise neben Carolas Ohr, sodass sie es in der lauten Ankunftshalle hören konnte: »Auch wenn es ungehörig ist, das zu sagen, du fühlst dich wundervoll an und dein Körper passt genau in meine Hände.«
Luzifer atmete tief den warmen, süßen Duft ein, der von den blonden Locken ausging, die sich gegen seine Nase drückten. Er sah den heftig schlagenden Puls am schlanken Hals der Frau, die er vor einem schmerzhaften Sturz bewahrt hatte.
Normalerweise flirtete er nicht so offensichtlich mit einer fremden Frau. Schon gar nicht mit einer, die ihm am Flughafen in die Hände fiel. Oder deren Namen er nicht kannte.
Aber diese hier war, zerzaust und mit ihrem sich schnell hebenden und senkenden, weichen Brüsten, welche seine Aufmerksamkeit auf sich zogen, etwas Besonderes. Es war kein leeres Kompliment, ihr zu sagen, dass sie sich passend in seinen Händen angefühlt hatte. Auch ihr Kopf hatte perfekt in seine Halsbeuge gepasst.
Sie war über einen Koffer der Gruppe neben ihm gestolpert und er hatte sie instinktiv aufgefangen. Wobei seine rechte Hand sich um ihre Brust gelegt hatte. Eine perfekt gerundete Brust, die seine Hand genau ausgefüllt hatte, und die er zu gerne weiter gestreichelt und erforscht hätte. Bevorzugt nackt.
Luzifer hörte, wie die Frau scharf den Atem einzog, und sah eine Ader an der Seite ihres Halses schneller pochen. Er schaute hinunter auf ihre Hände, die rechte hielt die Träger einer Handtasche fest. Kein Ring zu sehen.
Ein Hinweis, aber kein Beweis.
Luzifer war sich sicher, sie beide würden gut zusammenpassen.
Die Frage war, und er sah zu, wie sie die Arme verschränkte und einen Schritt von ihm wegtrat, wen erwartete sie, dass sie gerannt war?
Wenn sie ihn nicht gleich ohrfeigte, oder sagte, dass sie verheiratet war, dann würde er sie zum Abendessen einladen. Er wollte unbedint herausfinden, ob sie genauso interessiert an ihm war, wie er selbst an ihr. Gleich nachdem er seinen Bruder abgeholt und ihn in ein Hotelzimmer verfrachtet hatte, verstand sich.
Luzifer presste seine Lippen fester zusammen. An seinen Bruder Alessandro wollte er am liebsten gar nicht denken.
Luzifer hatte keine Zeit oder Lust, den Babysitter zu spielen und ihm Deutschland zu zeigen. Schlimm genug, dass seine Eltern beschlossen hatten, dass Alessandro endlich ins Familienunternehmen einsteigen sollte. Sie hatten dazu ausgerechnet Luzifers Unternehmenszweig ausgesucht. Den, den er mit harter Arbeit aufgebaut und zu einem großen Erfolg geführt hatte.
Das Stimmengewirr um ihn herum schwoll weiter an.
Luzifer blickte von den schlanken Fingern der Frau, über die pochenden Ader an ihrem Hals, an den blonden, süß duftenden Locken vorbei, zu den jetzt offenen Türen, durch welche die Neuankömmlinge herausströmten. Ihm lief die Zeit davon.
»Abendessen um acht im Kalliope?«, fragte Luzifer.
Er richtete seinen Blick auf und musterte das Gesicht der Unbekannten. Eine leichte Röte war hineingestiegen. Sie sah bezaubernd aus. Wann hatte er zuletzt eine Frau erröten sehen? Er konnte sich nicht daran erinnern.
Immerhin hatte sie ihn noch nicht geohrfeigt.
Er grinste.
Sie öffnete gerade den Mund, als eine helle Stimme dazwischen rief: »Carola. Schön, dass du mich abholst. Da bin ich wieder!«
Eine Frau, mit wilden, braunen Locken, Sommersprossen und einem strahlenden Lächeln, ließ ihren Koffer neben ihnen auf den Boden plumpsen und riss Carola in ihre Arme.
Immerhin war es kein Mann, überlegte Luzifer.
Leise murmelte er ihren Namen, um ihn sich besser zu merken: »Carola.«
Was für ein wunderschöner Name für die blond gelockte Frau, die lachend in die Arme der anderen Frau schmiegte. Sie sahen sich ähnlich, mit ihren langen Locken und ihrem fröhlichen Lächeln.
»Willst du mich nicht deinem neuen Begleiter vorstellen, Carola?«, fragte die quirlige Brünette, die in ihren knappen, kurzen Hosen und dem T-Shirt wie eine jüngere, legerere Version von Carola aussah.
Carola mit ihrer kurzärmligen Bluse und ihrem Rock sah aus, als würde sie Wert auf ihr Äußeres legen. Von den zerzausten Locken abgesehen, in die Luzifer zu gerne seine Hände geschoben hätte.
Er wollte viel lieber ihren Kopf zu einem Kuss zur Seite zu neigen, als eine Vorstellungsrunde zu eröffnen.
Carola schaute von Andrea weg, über ihre Schulter auf den großen Mann hinter sich. Er hatte sie vor einer harten Landung auf dem gefliesten Fußboden gerettet und sie zum Abendessen eingeladen. Er hatte sich sogar vorgestellt. Luzifer. Was für ein Name! Er passte zu dem übermäßig selbstbewussten Mann, der davon ausging, dass sie sofort in seine Arme sinken und ihn anhimmeln würde.
Sie selbst, fiel ihr ein, hatte sich noch nicht vorgestellt. Wie unhöflich von ihr, gestand Carola sich ein. Sie nagte an ihrer Unterlippe, sie war abgelenkt gewesen, entschuldigte sich sich selbst. Abgelenkt von der Erinnerung an das Gefühl seiner warmen Fingerspitzen auf ihrem Körper und seinem warmen Atem, der über ihren nackten Hals gestrichen war. Wenn Andrea sie nicht an sich gerissen hätte, stünde sie weiter schweigend vor ihm und würde ihn anhimmeln.
Was für ein Unfug!
Sie war eine erwachsene Frau und verliebte sich sicher nicht in einen zufälligen Mann, den sie am Flughafen traf und der gut aussah. Sie wusste nicht einmal seinen vollständigen Namen und ob er verheiratet war.
Carola schüttelte den Kopf so heftig, dass ihre Locken zurück in ihr Gesicht fielen.
»Ich kenne den Mann nicht«, murmelte Carola leise, sodass nur Andrea sie hören konnte.
»Ich bin Luzifer«, sagte die warme Männerstimme von Luzifer hinter ihr. »Carola ist mir in die Hände gefallen.«
Carola leckte sich nervös über ihre Unterlippe. Sie hatte zu laut geflüstert! Wie peinlich!
Andrea lachte und schüttelte die Hand, welche neben Carolas Ohr auftauchte.
»Andrea. Freut mich, Luzifer. Ich bin Andrea«, sagte Andrea. »Jetzt befreie ich Sie von meiner großen Schwester. Komm, Carola.«
Andrea griff nach ihrem Koffer und zog Carola mit sich durch das Gedränge davon.
Carola ließ sich mitziehen. Es war besser so, redete sie sich ein. Ein gemeinsames Abendessen hätte die peinliche Situation und das seltsame Flattern in ihrem Magen verlängert und schlimmer gemacht. Je schneller sie die schwarzen, funkelnden Augen, das kantige Kinn und die starken Arme vergaß, umso besser für sie.
Luzifer schaute den beiden Frauen nach. Er hätte nichts dagegen gehabt, Carola zurück in seine Arme zu ziehen, oder sie zum Abendessen zu treffen. Wo Carola schweigsam und zurückhaltend war, war ihre Schwester Andrea ein offener Wirbelwind. Was für ein Unterschied Carola doch war zu ihrer jüngeren Schwester.
Luzifer lächelte versonnen. Wie Carola wohl war, wenn sie auftaute? Das Lachen, welches sie ihrer Schwester geschenkt hatte, konnte er trotz der Geräuschkulisse um sich herum, immer noch in seinen Ohren hören. Ein volles, warmes Lachen, das er wieder hören wollte. Eines, dass er selbst verursachen wollte.
Nur wie?
Er hatte keine Kontaktdaten. Hinterherrennen konnte er auch nicht, weil er auf seinen Bruder warten musste. Außerdem konnte das einen falschen Eindruck vermitteln. Einen, auf den er keinen Wert legte. Er würde niemals eine Frau verfolgen und ihr so Angst einjagen!
Besser, er vergaß Carola schnell wieder, entschied Luzifer. Sie war nicht der Typ Frau, der heute Abend um acht im Calliope erscheinen würde. Sie hatte seine Einladung zu einem gemeinsamen Abendessen nicht beantwortet. Abgesehen davon musste er seinen Bruder Babysitten, nicht ihrem flatternden Rocksaum und ihren wippenden, blonden Locken nachschauen.
Wo blieb Alessandro überhaupt?
Luzifer wandte sich wieder den offenen Türen zu, durch welche die Fluggäste aus Italien strömten. Ein Strom aus Sonnenhüten und grellen Cappies. Viele Menschen mit klackenden und klappenden Absätzen. Dazu mischte sich das Schleifen und Quietschen von überladenen Rollkoffern, die auf zu kleinen Rädern über den Boden gezogen wurden. Das Stimmengemisch aus deutschen und italienischen Sätzen ignorierte er genauso, wie die elegant schlendernden, jungen Frauen, die ihm zuzwinkerten. Keine davon war halb so hübsch wie Carola.
Luzifer wollte Carola wiedersehen.
Bereits der Gedanke an sie ließ sein Herz schneller schlagen.
Eine Nacht mit ihr und er könnte sie vergessen. Das wusste er aus Erfahrung. Er würde es schaffen, sie zu vergessen. Schließlich wurde er morgen im Büro wieder für weitreichende Entscheidungen benötigt.
Luzifer verschränkte seine Arme vor der Brust und tappte mit einem Schuh auf den Boden. Die Leute um ihn herum wurden weniger. Der Lärm in der Ankunftshalle verebbte. Er konnte inzwischen einzelne Schritte und Stimmen heraushören. Wie lange wollte sich sein Bruder mit dem Finden seines Gepäcks Zeit lassen? Oder hatte er es am Ende geschafft, den Flieger zu verpassen und unterzutauchen, ohne dass ihre Eltern es bisher bemerkt hatten?
Luzifer griff in die Innentasche seines Jacketts, um seine Eltern anzurufen, als endlich, fast zuletzt, Alessandro durch die Türen in die beinahe leere Ankunftshalle schlenderte.
Luzifer zog seine Hand zurück und stemmte beide in seine Hüften.
Er musterte seinen Bruder von oben bis unten.
Mit einem Rucksack, den Alessandro lässig über eine Schulter geworfen hatte, und einem zerknitterten Hemd, dessen oberste Knöpfe geöffnet waren, sah er nicht so aus, als wollte er ein Multimilliarden schweres Unternehmen leiten wollen. Immerhin, und für kleine Erfolge würde Luzifer dankbar sein, kam Alessandro ohne eine Frau an seinem Arm auf ihn zu. Was ungewöhnlich war und genau den Wünschen ihrer Eltern entsprach: Alessandro kam alleine.
»Guten Tag, Alessandro«, sagte Luzifer förmlich und zog seinen Bruder weniger förmlich zur Begrüßung in seine Arme. Auch wenn er ihn nicht in seinem Unternehmenszweig haben wollte, mochte er seinen kleinen Bruder sonst ganz gerne. Wenn er nicht gerade für Schlagzeilen in der Regenbogenpresse sorgte.
»Wo ist die Frau des Tages?«, stichelte Luzifer.
Er konnte es sich nicht verkneifen, seinen kleinen Bruder zu necken.
Er ließ Alessandro los und deutete auf den Ausgang des Terminals.
»Luzifer, du bist wie immer der Teufel in Person.«
Alessandro lachte und schritt mit großen Schritten neben ihm her.
»Mama hat mir verboten, mit Frauen in der Presse aufzutauchen, solange ich bei dir bin. Weil die Deutschen viel Wert auf korrektes Verhalten legen.«
Alessandro verdrehte seine Augen theatralisch nach oben.
Luzifer lachte so laut, dass sich ein paar der letzten Menschen im Terminal zu ihnen umdrehten.
Das Vorurteil hatte er auch einmal geglaubt.
Bis er nach Deutschland gekommen war.
Die Leute hier waren am Ende gar nicht so viel anders als Zuhause in Italien, aber sie hatten eine ausufernde, endlose Bürokratie. Außerdem beobachteten sie gerne alle anderen. Und das Wetter war kühler und verregneter im Frühling und Herbst. Dafür gab es im Winter Schnee.
»Das hältst du keine Woche durch«, prophezeite Luzifer und boxte Alessandro brüderlich in die Seite.
»Ich werde durchhalten«, sagte Alessandro und presste seine Lippen zu einer flachen Linie zusammen. »Du wirst schon sehen!«
Luzifer nickte nur. Er würde schon sehen, da hatte Alessandro recht. Zusätzlich war es Luzifers Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Alessandro nicht in den Schlagzeilen auftauchte, solange er bei ihm war.
Nebeneinander schritten sie durch die Glastüre ins Freie. Der letzten Stimmen aus dem Ankunftsterminal verhallten hinter ihnen. Die grauen Wände verschwanden. Sie wurden ersetzt vom Dröhnen der laufenden Autos und grauen Straßen, sowie einem mit sehr dunklen Gewitterwolken verdeckten Himmel. Rund um das Flughafengebäude waren die Straßenlaternen eingeschaltet worden, obwohl es früher Nachmittag war und hell genug sein sollte.
Im düsteren Zwielicht wehte Luzifer eine steife Brise voller Abgasgestank ins Gesicht. Vor ihm stand eine Schlange von gelben, weißen und schwarzen Taxis mit laufenden Motoren. Dahinter lagen volle Parkplätze und danach kam das Hotel am Flughafen, in dem er Alessandro für die erste Woche untergebracht hatte. Nachdem er heute am frühen Morgen die Nachricht von seinem Kommen erhalten hatte, war nicht viel Zeit geblieben. Außerdem hatte er den ganzen Vormittag in einer Videokonferenz verbracht und diskutiert und gehofft, seine Eltern, hauptsächlich seinen Vater, noch umstimmen zu können. Vergeblich.
»Ich bringe dich in dein Hotel«, sagte Luzifer laut genug, um den Lärm zu übertönen.
Er deutete auf das mehrstöckige, graue Haus mit den großen Fensterfronten auf der anderen Straßenseite.
»Lege deine Sachen aufs Zimmer. Dann fahren wir weiter ins Büro. Dort kannst du deinen neuen Arbeitsplatz kennenlernen.«
»Welche Freude. Wie wäre es stattdessen mit einer Stadtführung, einem Eis und einem gemütlichen Abendessen?«, fragte Alessandro mit neckendem Unterton in der Stimme und legte seinen Arm um Luzifers Schultern.
Sie steuerten auf die weißen, breiten Streifen des Zebrastreifens zu, der sie vor den Taxis über die Straße bringen würde.
»Auf keinen Fall«, sagte Luzifer und schüttelte Alessandros Arm ab. »Du bist zum Arbeiten hier, nicht zum Urlaub machen.«
Sie gingen hinter einer Familie her, die einen hoch gestapelten Gepäckwagen vor sich herschob. Die Kinder hüpften ausgelassen herum. Sie schien das aufziehende Gewitter nicht zu stören.
»Du hörst dich an wie die Deutschen in den Filmen. Arbeit, Arbeit, Arbeit«, maulte Alessandro.
Luzifer zog ein mürrisches Gesicht und ging schnell über den nächsten der vielen Zebrastreifen, welche die Fußgänger vom Terminal über die Straßen und Parkplätze zum Hotel führten.
Alessandro lief unbeeindruckt neben ihm her und erzählte von Zuhause, dem guten Wetter und der Schönheit, die er in der vergangenen Woche kennengelernt hatte. Inklusive der verführerischen Prinzessin, die ein One-Night-Stand zu viel gewesen war und ihnen beiden die Schlagzeilen auf den Titelseiten sämtlicher Schmierblätter der Regenbogenpresse eingebracht hatte.
»Sie war so wunderschön. So rein. So zauberhaft«, schwärmte Alessandro.
»Trotzdem konntest du nicht die Finger von ihr lassen«, sagte Luzifer.
»Habe ich doch! Die Presse hat ein Foto und verdreht alle Tatsachen!«, protestierte Alessandro. »Das hat sie nicht verdient. Sie ist viel zu sanftmütig für so eine Schlammschlacht …«
Luzifer lauschte nur mit halbem Ohr, wie Alessandro weiter von der letzten Prinzessin schwärmte, mit der er geflirtet hatte – seiner Meinung nach. Luzifer ignorierte es. Es war egal für seine Situation. Er musste jetzt seinen kleinen Bruder Babysitten. Statt Alessandro seine neuen Kollegen vorzustellen, hätte er jetzt viel lieber Carola näher kennengelernt. Carola, die er vergessen sollte, weil er sie sowieso nie wiedersehen würde. Die Frau mit den langen blonden Locken, die er nicht kennengelernt hätte, wenn er heute nicht am Flughafen gewesen wäre, fiel Luzifer ein.
Er ließ seinen Blick über die Parkplätze schweifen.
Er suchte nach einem blonden, zerzausten Lockenkopf. Auf einer Fußgängerinsel blieb er stehen und schaute einem hellen Flattern nach. Dann schüttelte er den Kopf. Nur ein helles Tuch, das vom Wind herum geweht wurde. Irgendwo grollte ein Donner.
»Wen suchst du?«, fragte Alessandro, der neben ihm stehen geblieben war.
»Niemand«, knurrte Luzifer und marschierte weiter.
Das Wetter wurde zunehmend stürmischer. Passend zu Luzifers Stimmung.
Die Stille ihrer Wohnung umfing Carola. Endlich Zuhause. Der Lärm der vielen Menschen am Flughafen, die blechernen Lautsprecherdurchsagen und das Grollen des Donners auf dem Heimweg hallten noch in ihren Ohren nach. Wenigstens konnte sie sich jetzt entspannen. Als Erstes würde sie sich eine Tasse kalten Tee eingießen und dann die Füße hochlegen. Das Sofa mit dem gepolsterten Hocker davor wartete auf sie.
Carola hängte ihre Handtasche über eine Stuhllehne am Küchentisch und strich sich ihre zerzausten Locken aus dem Gesicht.
Sie atmete tief ein und merkte, wie sie sich beruhigte. Sie bevorzugte ruhige Abende Zuhause und Spaziergänge in guter Gesellschaft.