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Als ein neuer Ansatz zur Sensorintegration in Produkte wurde ein technologisch etablierter Crashsensor für Automobile in eine Faserverbundstruktur integriert. Der Sensor wird konventionell an die metallische Fahrzeugstruktur angeschraubt. Die Qualität der sensorintegrierten Struktur erfüllt die Anforderungen an den gängigen Einbau des Sensors beim Fahrzeug. Die Sensierung der integrierten Struktur ist unter den geforderten Betriebsbedingungen grundlegend fehlerfrei. Sie zeigt auch das crashtypische Funktionsverhalten bei einer Kollision. Als zusätzlicher Mehrwert wurde eine Methode entwickelt, die den Sensor durch seine Integration zur Zustandsdetektion der umgebenden Struktur einsetzt. Eine weitere Möglichkeit ist die Verwendung des Sensors zum Prozess-Monitoring während der Herstellung der integrierten Struktur. Damit erfüllt der Sensor neue zusätzliche Funktionen. Der Integrationsansatz zeigt somit, dass das Sensierspektrum etablierter Sensoren durch die Produktintegration erweitert werden kann. Der Ansatz ist auf unterschiedliche Produkte im Kontext von IoT, Industrie 4.0, Smart Home oder Alltagsmanagement übertragbar.
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Seitenzahl: 156
Veröffentlichungsjahr: 2021
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In allen Fällen vermittelt das Gehäuse zwischen einem Ensemble im Inneren, sei es nun ein Wohnraum, ein technisches Arrangement oder die Weichteile eines Organismus, und einer Umwelt, in welche sich dieses einbettet und innerhalb derer es zur Wirkung kommt. In den seltensten Fällen sind Gehäuse allerdings bloße Grenze von Innen- und Außenraum, sondern oft funktionaler Bestandteil des Gesamtgefüges.
Bartz et al., „Zur Medialität von Gehäusen“[1]
Produktintegration etablierter Sensoren in Faserverbundkunststoffe
Von der Fakultät Werkstoffwissenschaft und Werkstofftechnologie der Technischen Universität Bergakademie Freiberg genehmigteDISSERTATIONzur Erlangung des akademischen GradesDoktoringenieurinDr.-Ing.
vorgelegt vonMSc. Linda Kleingeboren am 17.11.1983 in Heppenheim (Bergstraße)
Gutachter: Prof. Dr.rer.nat. Yvonne Joseph, FreibergProf. Dr.-Ing. Matthias Kröger, Freiberg
Tag der Verleihung: 19.03.2021
Institut für Elektronik- und Sensormaterialien2021
Diese Doktorarbeit entstand am Institut für Elektronik- und Sensormaterialien der TU Bergakademie Freiberg, neben meiner Berufstätigkeit als Entwicklungsingenieurin bei der Robert Bosch GmbH.
Mein außerordentlicher Dank gilt Frau Prof. Dr. rer. nat. Yvonne Joseph für die Betreuung und die gute wissenschaftliche und methodische Unterstützung. Besonders herauszustellen ist ihre wertschätzende und motivierende Art. Sie hat mir viele Impulse für die Arbeit gegeben. Bei Herrn Prof. Dr.-Ing. Matthias Kröger bedanke ich mich für die Übernahme des Zweitgutachtens und für die gute Zusammenarbeit und die fachlichen Diskussionen beim Komponententest.
Mein weiterer Dank gilt meinen Vorgesetzten bei der Robert Bosch GmbH, Friedrich Boecking, Siegfried Ruthard, Dr. Gernot Repphun, Dr. Martin Giersbeck, Martin Beyer und Dr. Carsten Tüchert. Ohne die Unterstützung und das mir entgegengebrachte Vertrauen wäre die Anfertigung dieser Arbeit neben meiner beruflichen Tätigkeit nicht möglich gewesen. Für den fachlichen Beistand danke ich Daniel Schönfeld, Dr. Christian Kehl, Dr. Rainer Lützeier, Marcio Trombin, Andreas Kugler, Armin Uetz, Markus Keuser, Benjamin Petri, Dr. Veronika Kollas und Dr. Enno Lorenz. Bei Moritz Gräebener, Simon Matthäus, Nikolai Sailer, Stephen John und Tobias Uphaus bedanke ich mich für die guten studentischen Arbeiten.
Aus meinem persönlichen Umfeld gilt mein spezieller Dank Joachim Strauch, Anke Kreis und Carla Cimatoribus. Nicht zuletzt hat die uneingeschränkte Unterstützung meiner Familie zu der Entstehung dieser Arbeit beigetragen. Dafür bin ich meinen Eltern Christine Klein und Lothar Klein sowie meinen Geschwistern Daniel Klein und Esther Geradeau sehr dankbar. Von ganzem Herzen danke ich meinem Partner Christian Wogatzke für seine Geduld, für das Mutmachen und für seinen kritischen Blick auf die Dinge. Er hat immer hinter mir gestanden. Diese Arbeit war auch unser gemeinsames Projekt.
Die Funktionalisierung von Produkten gewinnt branchenübergreifend an Bedeutung. Dabei kommen unterschiedliche Sensortechnologien zum Einsatz. Die Anzahl an Sensoren in einem Produkt steigt und die Sensorsysteme werden komplexer. Das verlangt nach kompakten effizienten Lösungen. Vor diesem Hintergrund wird die direkte Integration von Sensoren in Produkte unabdingbar.
Die vorliegende Arbeit zeigt einen Ansatz auf, mit dem technologisch etablierte Sensoren in Kompositstrukturen integriert werden können. Durch die Verwendung etablierter Sensoren reduziert der neuartige Integrationsansatz den Entwicklungsaufwand enorm. Die Neuentwicklung eines Sensors entfällt. Dabei muss das Sensierverhalten nicht von Grund auf validiert werden. Am Beispiel der Crashsensierung erfolgt die Integration eines Automobilsensors in eine Faserverbundstruktur. Nach dem Stand der Technik wird der Sensor an die metallische Fahrzeugstruktur angeschraubt. Bei der realisierten sensorintegrierten Struktur sind die Bauteilqualität und die Strukturmechanik ein Fokus. Außerdem wird untersucht, ob die sensorintegrierte Struktur die Primärfunktion der Crashsensierung erfüllt. Zusätzlich wird der integrierte Sensor auch für eine Sekundärfunktion herangezogen. Neben der Crashsensierung dient der Automobilsensor im vorliegenden Anwendungsbeispiel der Zustandsdetektion seiner umgebenden Struktur. Somit schafft die Integration einen wesentlichen Mehrwert gegenüber der etablierten Montage.
Insgesamt zeigt die Arbeit eine wegweisende Grundlage zur branchenübergreifenden Sensorintegration bei Produkten auf. Die Anwendbarkeit des Integrationsansatzes ist neben Faserverbund- oder Kompositstrukturen bei einer Vielzahl von Produkten möglich. Darüber hinaus sind unterschiedliche technologisch etablierte Sensoren mit dem Ansatz verwendbar. Die Umsetzung von Sekundärfunktionen erweitert potentiell das Einsatzspektrum der Sensoren. Mögliche Anwendungsfelder für den Integrationsansatz sind unter anderem Produkte im Kontext von IoT, Industrie 4.0 und Alltagsmanagement.
The functionalization of products becomes more important in all sectors of business and industry. Thereby different sensor technologies are used. The number of sensors in a product rises and sensor systems become more complex. This demands compact efficient solutions. With that in mind, the direct integration of sensors in products becomes indispensable.
The present work demonstrates an approach, which enables the integration of technological established sensors into composite structures. By the use of established sensors, the novel integration approach vastly reduces the development effort. The new development of a sensor is omitted. Thereby the sensing behavior must not be validated from scratch. By the example of the crash sensing, the integration of an automotive sensor into a fiber-reinforced structure is carried out. According to the state-of-the-art, the sensor is mounted to the metallic vehicle structure. For the realized sensor-integrated structure, one focus is the component quality and the structural mechanics. Moreover, it is examined whether the sensor-integrated structure fulfils the primary feature of the crash sensing. Additionally, the integrated sensor is used for a secondary feature. In the present example of application besides the crash sensing, the automotive sensor serves for the condition monitoring of its surrounding structure. Thus, the integration offers an essential benefit over the established mounting.
Overall, the work indicates a basis for the sensor integration in products in all sectors of business and industry. Besides fiber-reinforced structures or composite structures, the integration approach is applicable for a number of products. Furthermore, different technological established sensors can be used by the approach. The realization of secondary features potentially extends the application range of the sensors. Possible application domains for the integration approach are products in the context of IoT, industry 4.0 and everyday management.
In dieser Arbeit sind Formelzeichen direkt bei ihrer Verwendung definiert. Falls nicht anders vermerkt, werden SI-Einheiten verwendet.
ASIC Application-Specific Integrated Circuit
CFK Carbonfaserverbundkunststoff
CNT Carbonanotubes
CT Computertomographie
CVM Comparative Vacuum Monitoring
DEA Dielektrische Analyse
DC-Analyse Direkte Spannungsanalyse
DFT Diskrete Fourier Transformation
DMS Dehnmessstreifen
DSC Differential Scanning Calorimetry
FBG Faser-Bragg-Gitter
FEF Fringing-Electric-Field
FEM Finite-Elemente-Methode
FFT Fast Fourier Transformation
FOS Faseroptische Sensoren
FVG Faservolumengehalt
FVK Faserverbundkunststoff
GFK Glasfaserverbundkunststoff
IoT Internet of Things
LF Luftfeuchte
LSB Least Significant Bit
MEMS Mikroelektromechanisches System
PI Polyimid
PSI5 Peripheral Sensor Interface 5
REM Rasterelektronenmikroskopie
RFID Radio-Frequency Identification
RTM Resin Transfer Molding
SD Standard Deviation (Standardabweichung)
SHM Structural Health Monitoring
SMD Surface Mounted Device
SPI Serial Peripheral Interface
1 Einleitung
1.1 Motivation
1.2 Ziel und inhaltlicher Aufbau
2 Stand von Wissenschaft und Technik
2.1 Verwendete Technologien
2.1.1 Der Automobilsensor
2.1.2 Faserverbundstrukturen
2.2 Sensorintegration bei Faserverbundstrukturen
2.2.1 Structural Health Monitoring
2.2.2 Verfolgung von Lasten und Ereignissen
2.2.3 Prozess-Monitoring
2.3 Bewertung
3 Ausführung der Sensorintegration
3.1 Methode und Zielbeschreibung
3.2 Umsetzung der Sensorintegration
3.2.1 Flexible Elektronik
3.2.2 Aufbau des Sensordevices
3.2.3 Auslegung der Faserverbundstruktur
3.3 Integrationstechnologie
4 Analyse der Struktureigenschaften
4.1 Strukturelle Bauteilqualität
4.1.1 Methode und Prüfung
4.1.2 Ergebnisse zur Strukturbeschaffenheit
4.1.3 Ergebnisse zur Integrationsqualität
4.1.4 Gesamtergebnis
4.2 Mechanische Leistungsfähigkeit
4.2.1 Methode und Prüfaufbau
4.2.2 Ergebnisse
4.3 Zusammenfassung und Diskussion
5 Analyse der Funktionseigenschaften
5.1 Methode und Prüfaufbau
5.2 Ergebnisse
5.3 Zusammenfassung und Diskussion
6 Primärfunktion der Crashsensierung
6.1 Methode und Prüfaufbau
6.2 Ergebnisse
6.3 Zusammenfassung und Diskussion
7 Sekundärfunktion der Zustandsdetektion
7.1 Methode und Prüfaufbau
7.2 Ergebnisse
7.2.1 Numerische Simulation
7.2.2 Impulsprüfung
7.3 Zusammenfassung und Diskussion
8 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Anhang
A Werkstoffe und Prozessparameter
B Simulationsmodel der Modalanalyse
C Statistische Signifikanzbewertung
Produkte werden branchenübergreifend immer funktionaler. Eine wesentliche Umsetzung der Funktionalisierung erfolgt über den Einsatz von Sensortechnologien. Eine Herausforderung dabei ist die steigende Anzahl an Sensoren bei einem Produkt, obwohl der Bauraum begrenzt ist. Außerdem werden die Sensorsysteme immer komplexer und der Logistik- und Montageaufwand steigt. Ein Lösungsansatz ist die Integration der Sensoren in das Produkt. Das Zusammenführen von Sensor und Produkt ermöglicht eine platzsparende Lösung, die die Prozesskette bei der Herstellung verkürzt.
Diese Doktorarbeit befasst sich mit einer Thematik im Umfeld der Sensorintegration in faserbasierte Kompositstrukturen. Konventionell werden dazu Sensoren, die für eine Funktion erforderlich sind, in der Regel speziell für die Integration entwickelt. Die Zielsetzung dieser Arbeit ist ein alternativer Ansatz. Es wird ein technologisch etablierter Sensor zur Integration in Kompositstrukturen genutzt. Die Herstellungstechnologie und die Geometrie der integrierten Struktur müssen dazu zwar angepasst werden, jedoch ist der etablierte Sensor ohne eine Neuentwicklung einsetzbar. Der Sensor ist zum Erfüllen einer Funktion bereits kommerziell verfügbar. Die robuste Sensierfunktion ist bereits validiert, was den sensorseitigen Entwicklungsaufwand enorm reduziert. Die Funktionalisierung von Kompositstrukturen kann dadurch effizient erfolgen.
Als ein Anwendungsbeispiel für den gewählten Ansatz erfolgt die Integration eines technologisch etablierten Automobilsensors der Crashsensierung in eine Struktur aus Faserverbundkunststoff (FVK). FVK-Strukturen sind mit dem Automobilleichtbau als ein Kompositmaterial in den Fokus gerückt. Der schichtweise Aufbau dieser Strukturen ist gut geeignet, um Komponenten zu integrieren. Die Sensorintegration kommt dem Trend entgegen, dass die Anzahl an Funktionen und Sicherheitsanforderungen beim Automobil steigt, wodurch zunehmend mehr Sensoren zum Einsatz kommen. Ein Automobil der Mittelklasse besitzt heute durchschnittlich mehr als 100 Sensoren [2]. Durch die Integration dieser technologisch etablierten Sensoren in die FVK-Struktur leitet sich folgender Nutzen ab:
Technologisch etablierte Sensoren können bei FVK-Strukturen eingesetzt werden. Das vermeidet Probleme, die mit klassischen Montagetechnologien entstehen (siehe
Abschnitt 2.3
).
Für etablierte Sensorkonzepte besteht für Fahrzeuge in Faserverbundbauweise kein Entwicklungsbedarf an neuen speziell integrierbaren Sensoren.
Es verringert sich die Anzahl an einzelnen montierten Sensoren und die Verkabelung beim Automobil, was Gewicht und Platz spart. Der Kraftstoffverbrauch wird reduziert oder bei batterieelektrisch betriebenen Fahrzeugen steigt die Reichweite.
Es können mehrere Sensierfunktionen gekoppelt werden, was nur bedingt über montierte Sensoren, Stecker und Kabelbaumsysteme umsetzbar ist. Bei den Sensorkonzepten am Fahrzeug ist eine höhere Komplexität möglich.
Für die Crashsensierung wird als ein Fokus der vorliegenden Arbeit evaluiert, ob das korrekte Funktionsverhalten auch mit dem Sensor als strukturintegrierte Komponente gegeben ist. Denn bei der Sensierung können veränderte Eigenschaften der Verbindungsstelle die Übertragung des Crashsignals von der Struktur zum Sensor beeinflussen.
Für lasttragende Fahrzeugstrukturen in Faserverbundbauweise ist Carbonfaser- verbundkunststoff (CFK) geeignet. Er hat eine geringe Dichte bei einer hohen spezifischen Steifigkeit. Durch die hohe spezifische Energieaufnahme eignet sich CFK sehr gut für energieabsorbierende Baugruppen, wie Schweller oder Crashboxen. Der Aufwand bei der Herstellung von CFK-Strukturbauteilen ist aber relativ hoch. Die Beschäftigung mit serientauglichen effizienten Fertigungstechnologien für CFK-Bauteile steht daher bereits seit längerem im Fokus [3]—[15]. Der vorliegende Ansatz kommt dem Mehraufwand bei CFK-Strukturen auf eine andere Weise entgegen. Denn als zweiter Fokus dieser Arbeit wird durch die Integration des technologisch etablierten Sensors ein Mehrwert beim FVK-Bauteil angestrebt. Der Automobilsensor soll neben der Primärfunktion der Crashsensierung die Sekundärfunktion der Zustandsdetektion seiner umgebenden Struktur erfüllen. Die Zustandsdetektion ist bei FVK-Strukturen wichtig, da insbesondere innere Schäden oft schwer erkennbar sind. Die Integration des Sensors kann somit eine zusätzliche und wesentliche Sicherheitsfunktion bei zukünftigen FVK-Fahrzeugstrukturen ermöglichen, ohne dass zusätzliche Sensoren eingesetzt werden müssen. Vor dem Hintergrund kurzer Entwicklungszeiten und einem hohen Kostendruck ist das Anwendungsbeispiel wegweisend für den Automobilleichtbau in Faserverbundbauweise.
Das übergeordnete erste Ziel dieser Arbeit ist der Nachweis, dass der technologisch etablierte Automobilsensor seine Primärfunktion auch als integrierter Teil der FVK- Struktur erfüllt. Außerdem soll als zweites Ziel der Einsatz des Sensors auf die Zustandsdetektion der umgebenden Struktur erweitert werden. Das Vorgehen der Arbeit untergliedert sich in folgende Teilziele:
Der technologisch etablierte Sensor wird an die metallische Fahrzeugstruktur angeschraubt. Um ihn für die Integration in eine FVK-Struktur kompatibel zu machen, wird er aufbauend auf dem Stand der Technik angepasst.
Zur Herstellung der sensorintegrierten Struktur wird eine Integrationstechnologie entwickelt. Der Serientransfer für eine breite Anwendung der Sensorintegration wird dabei berücksichtigt.
Für den Nachweis der technologischen Machbarkeit des Integrationsansatzes, werden die Struktureigenschaften und die Funktionseigenschaften der sensorintegrierten Struktur analysiert.
Die angestrebte Sekundärfunktion ist bei der eigentlichen Verwendung des Sensors nicht vorgesehen. Als Neuerung wird eine Methode erarbeitet, um den Sensor als integrierte Komponente für die Zustandsdetektion bei FVK- Strukturen einzusetzen.
Die Arbeit ist in acht Kapitel untergliedert. In Kapitel 2 wird der Stand von Wissenschaft und Technik aufgezeigt. Vor diesem Hintergrund wird in Kapitel 3 die Ausführung der Sensorintegration beschrieben. Das umfasst die Anpassung des Automobilsensors und die Entwicklung der Integrationstechnologie. Die Struktureigenschaften werden in Kapitel 4, die Funktionseigenschaften werden in Kapitel 5 analysiert. Dann wird in Kapitel 6 untersucht, ob die integrierte Struktur die Primärfunktion der Crashsensierung erfüllt. Kapitel 7 befasst sich mit der Methode zur Zustandsdetektion als Sekundärfunktion des Automobilsensors. In Kapitel 8 erfolgt eine abschließende Bewertung und es werden mögliche Anwendungsfelder für den Integrationsansatz aufgezeigt.
Der Ansatz der Sensorintegration basiert auf zwei Technologien, die nach dem Stand der Technik eingesetzt werden: Der technologisch etablierte Automobilsensor und ein Strukturbauteil in Faserverbundbauweise.
Typische physikalische Messgrößen beim Automobil sind die Geschwindigkeit, die Beschleunigung, die Winkelverschiebung, die Temperatur und der Druck [16]. Dazu dienen unterschiedliche Sensortypen. Für das Anwendungsbeispiel zum Integrationsansatz dieser Arbeit wird ein Beschleunigungssensor verwendet. Er ist Teil der Crashsensierung, für die unterschiedliche Sensortypen kombiniert und am Fahrzeug angeordnet sind (Abbildung 2.1) [17], [18]. Der Beschleunigungssensor ist je nach Bauform frontal oder peripher an die Fahrzeugstruktur angeschraubt. Der Messbereich des Beschleunigungssensors ist ±120 g. Der Sensor hat einen Tiefpassfilter mit einer Grenzfrequenz im Bereich von 400 Hz.
Aufbau und Messprinzip des peripheren Beschleunigungssensors
Der periphere Beschleunigungssensor (Abbildung 2.2a)) hat ein Gesamtgewicht von 10,5g und Maße von (l × b × h) 40mm × 25mm × 10mm. Das Sensorgehäuse übernimmt grundlegende Funktionen für die korrekte Sensierung. Es hat eine An- schraubbuchse und einen Orientierungszapfen zur festen, präzisen Fixierung des Sensors an die Fahrzeugstruktur. Im Gehäuse ist die Messeinheit des Sensors in Form eines Sensormoduls form- und kraftschlüssig ausgerichtet. Die präzise Ausrichtung verhindert Quereinflüsse auf das Beschleunigungssignal. Zur elektrischen Kontaktierung ist das Sensormodul über zwei Anschlussstifte verlötet und an eine Steckerschnittstelle am Sensorgehäuse angebunden. Um äußere Messeinflüsse zu vermeiden, schützt das Gehäuse das Sensormodul vor mechanischen und thermischen Lasten. Das eigentliche Sensormodul ist ein mikroelektromechanisches System (MEMS) in der Bauform eines Surface Mounted Device (SMD). Es hat ein Gewicht von 0,08g und Maße von (l × b × h) 4mm × 5mm × 1,6mm. Ein SMD ist ein oberflächenmontierbares Bauteil, das direkt auf der kupferkaschierten Oberfläche einer Platine kontaktiert werden kann. Das Sensormodul hat dazu an der Unterseite lötfähige Anschlussflächen [20]. Im Modul befindet sich eine Leiterplatte mit passiven und aktiven Elementen, wie dem Application-Specific Integrated Circuit (ASIC). Eines der aktiven Elemente ist das Sensorelement, das die Beschleunigung über ein kapazitives Sensierprinzip physikalisch misst. Der Aufbau des Sensorelements besteht aus ineinandergreifenden Kammstrukturen mit mikromechanischen Elektroden, an denen seismische Massen aufgehängt sind (Abbildung 2.2b)). Eine Beschleunigung des Fahrzeugs induziert eine Relativbewegung der seismischen Massen. Sie führt zu einer quantitativ messbaren Kapazitätsänderung zwischen dem festen und dem beweglichen Teil der Kammstruktur [16], [21]. Die elektrische Schnittstelle und das Datenprotokoll des Sensors entsprechen dem Peripheral Sensor Interface 5 (PSI5). PSI5 ist eine universelle Schnittstellenspezifikation mit Zweidrahtkontak- tierung für unterschiedliche Sensoranwendungen im Automobil [21]. Zusätzlich ist das Sensormodul über die Entwicklerschnittstelle Serial Peripheral Interface (SPI) mit einer Fünffachkontaktierung kontaktierbar.
Abbildung 2.1: Sensoranordnung zur Crashsensierung am Fahrzeug [19]
Zur Crashsensierung sind in der seitlichen und in der frontalen Crashzone Druck- und Beschleunigungssensoren am Fahrzeug angebracht. Bei einem Crash erfolgt die Aus- löseentscheidung für die Sicherheitssysteme am Zentralsensor im Fahrzeugschwerpunkt.
Abbildung 2.2: Aufbau des Automobilbeschleunigungssensors, frei nach [19]
a): Gesamtaufbau, b): Messprinzip des SensorelementsDer Automobilbeschleunigungssensor hat am Gehäuse eine Buchse zum Anschrauben an die Fahrzeugstruktur und eine Steckerischnittstelle a). Im Gehäuse befindet sich das Sensormodul mit dem Sensorelement b). Das Sensorelement besteht aus ineinandergreifenden Kammstrukturen mit mikromechanischen Elektroden und seismischen Massen.
Faserverbundkunststoffe (FVK) sind eine Untergruppe der Komposite. Der Verbund besteht aus Verstärkungsfasern und einer Polymermatrix, die die Fasern bindet. Typische Faserarten sind Glasfasern (GF), Kohlenstofffasern (CF) und die Synthesefaser Aramid (Tabelle 2.1). Es werden auch Naturfasern wie Flachs-, Sisal- und Kokosfasern oder Spinnseide, Baumwolle und Jute eingesetzt. Durch die gezielte Ausrichtung der Faserbündel in den Einzellagen sind FVK-Strukturen grundsätzlich stark anisotrop. In Faserrichtung ist insbesondere die Steifigkeit stark erhöht. Auch die Energieaufnahme ist in Faserrichtung hoch, sowie die dynamische Belastbarkeit und die mechanische Dämpfung. Die Lasten Biegung und Druck werden vorrangig durch die Polymermatrix des Verbunds aufgenommen [22], [23].
Eine FVK-Struktur besteht aus einer Stapelfolge (Laminat) mit Schichten aus Verstärkungsfasern. Für hochbeanspruchte Strukturbauteile werden die Fasern bei der Bauteilherstellung mit der gewünschten Faserorientierung in Einzelschichten verlegt [24]. Wenn die Verstärkungsfasern schon als Faserhalbzeuge vorliegen, ist der Aufwand bei der Bauteilherstellung geringer. In den Halbzeugen sind die Fasern bereits orientierungsgerecht positioniert. Faserhalbzeuge werden oft für Leichtbau- strukturen verwendet. Das Anwendungsbeispiel dieser Arbeit basiert auf einem Herstellungsverfahren, bei dem trockene Faserhalbzeuge eingesetzt werden. Typische trockene Faserhalbzeuge sind Gewebe, unidirektionale Schichten, Gelege, Multiaxialgelege, Gesticke, Geflechte, Matten, Vliese, Abstandsgewebe und Feinschnitte. Die wesentlichen Unterschiede sind die Ausrichtung der Fasern, die Feinheit, die Strukturierung und die Art der Faserbindung [28]. Vorimprägnierte Faserhalbzeuge sind Sheet Moulding Compounds, Bulk Moulding Compounds oder Prepregs, langfaserverstärkte Thermoplaste, Glasmatten und Organobleche [25].
Kennwert
Glas
Kohlenstoff
Aramid
Dichte
2,14–2,55
1,74–1,9
1,44–1,45
Zugfestigkeit
1.650–2.400
2.150–4.510
2.800
E-Modul
55.000–86.810
230.000–450.000
67.000–130.000
E-Modul
29.920–35.578
15.200–28.000
bis 5.400
Bruchdehnung [%]
3–4,1
0,35–2,1
2,1–4,3
Wärmeausdehnungskoeff.
3,5–7,2
-0,455– -1,08
-2
Wärmeausdehnungskoeff.
4–5
12,5–31
17
Wärmeleitfähigkeit
1
15–100
0,04–0,05
Spez.elektr. Widerstand
10
15
710
10
15
Preis als Verbund
2–3
20–1.000
20–30
|: In Faserrichtung, ⊥; Quer zur Faserrichtung
Tabelle 2.1: Richtwerte für Eigenschaften von Verstärkungsfasern [24]—[27]
Die formgebende Komponente einer FVK-Struktur ist die Polymermatrix aus Duroplast oder Thermoplast. Die Wahl des Matrixsystems bestimmt unter anderem die chemische Beständigkeit, die Einsatztemperatur und das Rissausbreitungsverhalten des Strukturbauteils. Für das Anwendungsbeispiel dieser Arbeit wird ein duroplastisches Matrixsystem, ein Epoxidharz, verwendet. Duroplaste sind Reaktionsharze, die ihre endgültige Makromolekularstruktur während der Bauteilaushärtung (Polymerisation) ausbilden [29]. Sie polymerisieren durch die chemische exotherme Reaktion zweier niedermolekularer Stoffe, dem Harz und dem Härter. Eine Übersicht klassischer Reaktionsharze ist in Tabelle 2.2 angeführt. Epoxidharze sind in ihrer ursprünglichen Form zähflüssig, aufschmelzbar oder pulverförmig. Im ausgehärteten Zustand sind sie nicht schmelzbar, nicht schweißbar, unlöslich und sie können nicht erneut plastisch verformt werden [30].
Kennwert
EP-Harz
UP-Harz
VE-Harz
Dichte
1,1–1,2
1,1–1,3
1,1–1,3
Zugfestigkeit
74–176
55–85
75–95
E-Modul
2.600–3.700
3.350–4.400
3.300–3.800
Bruchdehnung [%]
2–8
1,7–4,2
2,6–6,1
Wärmeausdehnungskoeff.,
60
80–150
53–65
Voulmenschwund bei der Aushärtung [%]
2–5
5–9
bis 1
GlasÜbergangstemperatur [°C]
60–125
60–125
100–150
(Misch-)Viskosität [mPa·s]
100–6.000
240–3.600
210–1.000
EP-Harz: Epoxidharz, UP-Harz: Ungesättigtes Polyesterharz, VE-Harz: Vinylesterharz
Tabelle 2.2: Richtwerte für Eigenschaften von Reaktionsharzen [31], [32]
Herstellungsverfahren