Professor Zamorra 1143 - Simon Borner - E-Book

Professor Zamorra 1143 E-Book

Simon Borner

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Beschreibung

Feuersäulen schossen aus dem Boden empor, mannshoch und gierig lodernd. Zamorra sah knöcherne Fratzen in ihnen aufblitzen. Skelettartige Leiber schälten sich in Windeseile aus den Flammen, und das Feuer umspielte ihre Knochen.

Sie waren überall. Dämonen!

Die Brut der Finsternis umzingelte ihn. Und Nicole Duval - seine Nicole - lachte dazu.
Eine Falle. Er schluckte trocken. Sie hat mich in eine Falle gelockt. Und ich war naiv genug, es nicht zu merken.

Gemeinsam mit John Sinclair hat Zamorra soeben erst eine gewaltige Schlacht gegen die Mächte der Finsternis geschlagen. Doch viel Zeit zum Atemholen ist ihm nicht vergönnt. Denn es warten weitere Schrecken: Im Schloss jenseits der Zeit ...

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Seitenzahl: 138

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Inhalt

Cover

Impressum

Im Schloss jenseits der Zeit

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: mRGB / shutterstock

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-5947-3

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Im Schloss jenseits der Zeit

von Simon Borner

Feuersäulen schossen aus dem Boden empor, mannshoch und gierig lodernd. Zamorra sah knöcherne Fratzen in ihnen aufblitzen. Skelettartige Leiber schälten sich in Windeseile aus den Flammen, und das Feuer umspielte ihre Knochen.

Sie waren überall. Dämonen!

Zamorra wusste es, sowie er sie sah – vor sich, hinter sich. Die Brut der Finsternis umzingelte ihn. Und Nicole Duval –seineNicole – lachte dazu.

Eine Falle.Er schluckte trocken.Sie hat mich in eine Falle gelockt. Und ich war naiv genug, es nicht zu merken.

»Abends am 3. Jänner Anno Domini 1022 ging die Seele des ersten Teilhart, Comte de Montagne, ein in die Ewigkeit. Er führte ein gottgefälliges Leben. Sein Sohn Leonardo folgte ihm nach. Leonardo de Montagne aber herrschte über die Mächte der Finsternis …«

– alte Familienchronik

Kapitel 1 Auf der anderen Seite

Jenseits der Grenze

Die Schreie waren grauenvoll. Klagend, schrill und voller Panik hallten sie von den schmutzigen Mauern wider. Es war kaum noch etwas Menschliches an ihnen. Jedem, der es hörte, fuhr das Geschrei der Verlorenen bis ins Mark.

Jedem … außer Chrynos.

»Euer Elend ist wie Musik in meinen Ohren«, murmelte der mächtige Krieger zufrieden, während er die Korridore des Kerkers durchschritt, seinem eigentlichen Ziel entgegen. Hier unten in den Katakomben der in den massiven Berg geschlagenen, großen Festung, die der überall gefürchtete Blutfürst sein Eigen nannte, hatte das Tageslicht genauso wenig eine Chance wie die Hoffnung. Einzig die stinkenden Pechfackeln in ihren metallenen Halterungen verströmten noch einen Hauch von Helligkeit. Sie verliehen den in den Fels geschlagenen unteren Geschossen der Festung ein ewig scheinendes Dämmerlicht, diffus und allgegenwärtig.

»Singt ruhig weiter«, fuhr Chrynos fort, der Anflug eines Lächelns im von zahlreichen Kämpfen zernarbten Gesicht. Die Verlorenen hörten ihn natürlich nicht. Dafür waren die Türen von Chrynos’ Verliesen zu dick und die Folterinstrumente seiner Inquisitoren zu gnadenlos. Aber das machte nichts. Es genügte dem Blutfürsten zu wissen, dass er die Verlorenen hören konnte. »Ich liebe es, wenn ihr singt.«

Der mächtige Krieger und Herrscher wusste längst nicht mehr, wen er in all den Jahren bereits hier eingekerkert hatte. Es spielte keine Rolle. Wer hier war, verdiente es nicht anders. Wer hier war, hatte sein Dasein verwirkt. Wahre Herrscher duldeten es nicht, wenn man sich ihnen widersetzte – so einfach war das. Wen die Götter auserwählten, dem durfte niemand spotten. Denn er verspottete sonst die Götter selbst.

»Und ich habe dich auserwählt«, knurrte Chrynos, als er die hölzerne Tür erreichte. Sie lag am hintersten Ende des Kerkerbereichs, fernab von allen anderen Sektionen der Festung. Ein vergessener Winkel der großen Anlage, schmutzig und voller Spinnweben. Niemand verirrte sich freiwillig hierher. »Lass nicht zu, dass ich das jemals bedauere, Larco. Hörst du? Lass es nicht zu!« Damit stieß er die Tür weit auf.

Das Innere des Zimmers war überraschend hell. Üppiges Licht fiel auf Regale voller Schriftrollen und gläserne Behälter, auf dicke Folianten und die von Fleisch und Fell befreiten Schädel diverser Raubtiere, auf Karten, die die Sterne zeigten, und auf mechanische Gerätschaften, deren Funktion und Sinn Chrynos’ Fantasie überstieg. Es erhellte ein Sammelsurium des Schreckens: menschliche Gehirne in großen Bottichen, abgetrennte Gliedmaßen, vertrocknete Organe. Relikte längst vergangener Experimente. Werkzeuge für dunklen Zauber.

Außerdem fiel es auf den Mann.

Larco war ein erbärmlicher Wicht, zumindest in Chrynos’ Augen. Er hatte langes schwarzes Haar und tiefblaue Augen, in deren Winkeln tiefe Falten lagen. Ein zotteliger Bart bedeckte den Großteil seines Gesichts, was vermutlich eine Gnade war. Sein Körper mochte einmal anständig gewachsen sein, doch ging Larco stets leicht gebückt, was ihm ein anbiedernd untertäniges Auftreten verlieh. Wie immer, wenn Chrynos ihn sah, trug er eine weite, mit allerlei Flicken versehene Robe, die vor Dreck nur so strotzte. Um seinen Hals hing eine Art Amulett – eine Knochenkette, die einen golden glänzenden Edelstein umfasste.

»W … Was meint Ihr?«, sagte Larco. Erschrocken zuckte er zusammen. Er hatte nicht mit Besuch gerechnet und fing sich erst spät. »H … Herr! Welch eine Freude, Euch zu …«

Chrynos winkte schroff ab. »Spar dir den Atem, du Wurm. Sag mir lieber, was das ist!« Damit deutete er auf die leuchtend helle Erscheinung in der Mitte des Raums. Die Quelle des Lichts.

Es sah aus wie eine Kugel. Groß und gewaltig schwebte sie in der Luft vor Larco, ein Gebilde aus Licht, mal weiß und mal bläulich schimmernd. Chrynos sah Nebelschwaden in ihr umherziehen, langsam und scheinbar ohne Muster. Auch hörte er ein leichtes Zischen, das wohl von der Erscheinung ausging. Es klang wie Wasser auf heißen Steinen.

Der Fürst sah viel. Nur einen Sinn sah er nicht.

»Das?« Larco verschluckte sich fast vor Übereifer. Er schien sich einmal mehr in verbotenen Künsten verdingt zu haben. Das war – leider – seine Natur. Es war aber auch sein größter Nutzen. »Herr, das ist, worum Ihr mich gebeten habt. Wisst Ihr noch? Die Dimension …«

Abermals unterbrach der Fürst seinen Diener. »Wisst Ihr noch?«, wiederholte er drohend. Larcos Tonfall war ihm viel zu dreist. »Hüte deine Zunge, du elende Kerkerratte! Dein Herr und Meister hat schon Menschen für weit geringere Beleidigungen in ewige Verdammung geschickt.«

Larco wurde noch blasser als ohnehin. »N … Natürlich, großer Fürst«, sagte er mit angstvollem Keuchen. »Ihr vergesst selbstverständlich nie etwas. Ich bitte meine unüberlegte Formulierung zu entschuldigen.«

»Nie, Larco«, knurrte Chrynos. Er hob den Zeigefinger, um seine Worte zu unterstreichen, und bei der ruckartigen Bewegung klirrten die langen und scharfen Klingen leise, die an seinem breiten Ledergürtel hingen. Ein willkommener Zufall. »Merk dir das.« Dann kehrte er zum eigentlichen Thema zurück – der magisch scheinenden Kugel aus Licht und Luft. »Nun? Ich warte nach wie vor auf deine Erklärung, Wicht!«

Larco trat an der magisch erzeugten Kugel vorbei und zu seinem Herrn. »Großer Chrynos«, begann er demütig, »in Eurer grenzenlosen Weisheit und Weitsicht habt Ihr mir kürzlich aufgetragen, Euch jene Welt untertan zu machen, von deren Existenz die Sterne Euch künden.«

Erinnerungen wallten in Chrynos auf. Er dachte an jene Nacht, da er zum ersten Mal von dieser fremden Dimension erfuhr. Damals hatte er auf einem Schlachtfeld gestanden. Die westlichen Lande waren soeben gefallen, und ihr überlebender Pöbel hatte sich endlich Chrynos’ Herrschaft unterworfen. Siegreich hatte der Blutfürst zum Himmel geblickt, um den Göttern für diesen Moment zu danken, und dort hatte er einen breiten Sternstreif erblickt. Ein Licht, das schnell über das Firmament zog. Ein Zeichen.

Schon damals hatte er gewusst, was es nur bedeuten konnte. Es war ein weiterer Segen der Götter gewesen. Ein neuer Auftrag, ferne Länder zu annektieren. Ein Beweis dafür, dass er das Richtige tat. Dass nicht nur er, sondern auch die Götter es so wollten.

Also hatte er gesucht. Seine Welt war klein geworden, seit die Standarte seines Reiches nahezu überall präsent war. Was gab es da noch zu erobern? Doch es schien andere Welten als diese zu geben. Oder? Natürlich war es so. Denn Götter konnten nicht irren. Ihre Zeichen waren über jeden Zweifel erhaben.

Chrynos hatte daher umgehend seinen Hofmagier zu sich gerufen: Larco. Und Larco hatte für ihn nach jenen weiteren Ländern gesucht. Ländern jenseits der Welt. Jenseits der Wirklichkeit.

»Du hast Land gefunden?«, begriff der Blutfürst. Atemlos starrte er die leuchtende Kugel an. War es wirklich so? »Wo ist es? Zeig es mir!«

Larco zögerte. »Herr, Ihr kommt zu früh. Ich …«

»Papperlapapp!« Der Fürst schnaubte. »Keine Ausreden. Ich will es sehen, dieses Land. Jetzt!«

Sein Magier stieß ein leises Seufzen aus. Dann fügte er sich seinem Willen. »So sei es«, sagte Larco leise. Er kniete vor der Kugel nieder und zog sich das Knochenamulett vom Hals. Beinahe feierlich hielt er es in die Höhe, nur ganz kurz. Das Licht der Kugel spiegelte sich auf dem goldenen Stein. Das allgegenwärtige Zischen wurde intensiver, fordernder.

»Was tust du da?«, hauchte Chrynos. Er spürte die Magie des Moments wie eine sanfte Berührung.

»Ich erfülle Euren Willen, oh Herr«, antwortete Larco. Dann griff er hinter sich und an Chrynos’ Gürtel! In einer einzigen, rasend schnellen Bewegung riss er das Kurzschwert vom Gürtel. Seine unwürdigen Finger schlossen sich um den Griff der ehrenvollen Waffe.

»He!«, brauste Chrynos auf. Solch eine Respektlosigkeit hatte er nie zuvor erlebt. Wagte der Wicht etwa einen Aufstand? Schon griff auch er nach einer Klinge.

Doch Larco stand der Sinn nicht nach Rebellion. Bevor Chrynos auch nur reagiert hatte, rammte sich der Magier die scharfe Klinge in den rechten Handballen! Rotes warmes Blut quoll aus der frischen Wunde, schnell wie der Regen nach langer Dürre.

»Was in aller Welt …«, keuchte Chrynos. Fassungslos beobachtete er das bizarre Schauspiel.

Das Blut floss über Larcos Hand und tropfte von seinen Fingern auf den Boden.

Und auf das Amulett, das der Magier dort platziert hatte! Die Tropfen landeten mitten auf dem goldenen Stein.

»Arach mehtap.« Worte erfüllten plötzlich die Luft. Leise, fordernd, ewiglich scheinend. Sie kamen von überall und nirgends zugleich, und doch war Larco es, der sie aussprach. Sein Mund bewegte sich, und sein Blick ging ins Leere. »Michiell gratuuu.«

Nie zuvor hatte Chrynos solche Worte gehört. Er kannte nicht ihren Sinn, ihre Sprache, ihre Macht. Doch er spürte, dass es magische Worte waren. Worte, die Tore aufstoßen konnten, welche Sterbliche gar nicht erst sahen.

Larco schob das blutbesudelte Amulett von sich. Es rutschte mittig unter die schwebende Kugel. Im selben Augenblick stieg ein goldener Lichtstrahl von dem Edelstein auf. Er fiel ins Innere der Kugel und verfärbte den bläulichen Nebel. Mit einem Mal entstanden Formen im Nichts, nahm der Nebel Gestalt an.

»Seht, Herr«, sagte Larco, obwohl die eigenartigen Worte noch immer durch den fensterlosen Raum hallten. »Seht, was bald Eures sein wird. Seht Euer neues Land.«

Aus dem Nebel wurden Bilder. Städte, Gebäude, Lebewesen. Chrynos hielt den Atem an, als er bis dicht an die Kugel vortrat. Aus weit aufgerissenen Augen beobachtete er, was Larcos Magie ihm zeigte.

Und tief in seinem Inneren erwachte die alte Gier von Neuem.

***

Château Montagne

»Nici?« Professor Zamorra sah sich um. Der Korridor seines Wohnsitzes an der Loire war menschenleer. Nirgends regte sich etwas. Doch der Lärm ging weiter. »Hört das denn niemand? William? Ist jemand hier?«

Die seltsamen Geräusche hatten den Meister des Übersinnlichen aus dem Schlaf gerissen. Zamorra war im Wohnzimmer eingeschlafen, direkt vor dem flackernden Kaminfeuer. Eigentlich war es nicht seine Art, unkontrolliert wegzunicken. Die Anstrengungen der jüngeren Vergangenheit, insbesondere das unfassbare Abenteuer mit dem Londoner Geisterjäger John Sinclair, saßen ihm wohl noch in den Knochen. Doch von langer Dauer war sein Schlaf ohnehin nicht gewesen, denn diese Geräusche hatten ihn jäh beendet.

Es handelte sich um ein sonores Brummen, das schubweise auf- und wieder abebbte. Ein tiefer, Mark und Bein erschütternder Ton, fast wie eine Warnung. Zamorra sah die Bilder an den Wänden erzittern, wann immer er erklang. Es glich einem Wunder, dass niemand sonst darauf reagierte – schließlich wohnte er nicht allein hier.

»William?«, rief er erneut. »Nicole?«

Niemand antwortete, niemand zeigte sich. Verwundert ging Zamorra weiter. Die Quelle des Lärms schien schnell lokalisiert: Das kam von unten. Aus dem ebenso weitläufigen wie geheimnisvollen Keller des Châteaus. Zamorra näherte sich der Treppe. Tatsächlich: Das Geräusch wurde sogar noch lauter.

Es konnte kaum natürlichen Ursprungs sein, richtig? So etwas hatte der Dämonenjäger noch nie gehört, und er kannte alle Geräusche, die das Haus normalerweise machte. Es konnte aber auch kaum unnatürlichen Ursprungs sein, oder? Zamorra hatte viele Feinde, insbesondere unter den Schergen der Finsternis, doch das Château war magisch gegen deren Angriffe gesichert. Nichts und niemand kam hier unerlaubt hinein.

Doch das Geräusch war da. Bohrend, störend, endlos.

Zamorra ging die Kellertreppe hinunter.

***

Jenseits der Grenze

Da waren Kutschen aus glänzend buntem Metall. Sie bewegten sich schneller als jedes Reittier es konnte. Sogar in der Luft gab es ähnliche Kutschen – höher als die Wolken, höher als Flugdrachen konnten sie steigen. Chrynos sah Siedlungen bei Nacht, voller strahlender Lichter. Er sah üppige Waldungen, breite Ozeane, blauen Himmel.

Und er sah Menschen. Milliardenfach. Sie lebten von Tag zu Tag, gingen seltsamsten Beschäftigungen nach. Ihre Leben waren klein, ihnen fehlte die Vision. Und die Mächtigen ihrer Welt nutzten sie aus.

Milliarden von Menschen, tumb und naiv. Auf einer Welt wie im Märchen. Chrynos nickte. Das ist das neue Land, das die Götter mir schenken wollen. All der Reichtum dort soll meiner sein. Jetzt!

»Gib sie mir«, hauchte er, den Blick noch immer auf das Innere der großen leuchtenden Kugel gerichtet. Gier stieg in ihm auf. Seine Finger kribbelten, und sein Mund wurde trocken. »Hörst du, du Wurm? Gib mir diese Welt. Wirf sie mir zu Füßen. Öffne mir ein Portal, auf dass ich sie betreten und mir untertan machen kann. Denn eins schwöre ich dir, Larco: Diese schwachgeistigen Wesen dort sind mir nie und nimmer gewachsen. Sie sehen nur, was sie auch anfassen können. Ihnen fehlt die Weitsicht.«

Der Hofmagier kniete noch immer auf dem staubigen Fußboden vor der Kugel. Er hatte einen Stoffstreifen von seiner Robe gerissen. Diesen wickelte er nun um seine blutende Hand. »Das täte ich nur zu gern, oh mein Fürst, aber …«

Chrynos ließ ihn nicht ausreden. »Aber?«, zeterte der große Krieger. Er wandte sich von der Kugel ab, packte Larco am Kragen und zog ihn zu sich hinauf, bis sein Gesicht direkt vor dem seinen hing. »Hörte ich da ein Aber, Larco?«

Der Angesprochene zitterte vor Furcht. »Herr«, drang es über seine Lippen. »Ich wünschte, ich könnte Euch zu Diensten sein. Doch wie ich schon sagte, kommt Ihr einfach zu früh. Diese Welt ist nicht für Euch, Herr. Sie ist zu stark für Euch, so leid es mir tut, dies zu sagen. Sie wird beschützt. Lasst mich weitersuchen. Es gibt noch viel mehr Land dort draußen. Ich brauche bloß Zeit um …«

»Beschützt?« Achtlos ließ Chrynos seinen Diener fallen. Larco landete unsanft auf dem Boden. »Dass ich nicht lache. Sieh nur hin, du Wurm! Was sollte es auf dieser Welt geben, das mir die Stirn bieten könnte? Diese verweichlichte Brut dort wird es mit mir nie und nimmer aufnehmen!«

»S … Sie vielleicht nicht, Herr«, stotterte Larco. Er hielt sich die schmerzende Hand. Seine Stimme zitterte, allerdings nicht nur vor Furcht. Es lag auch Trotz in diesem Zittern. Wut. »Aber er.«

Das Bild im Inneren der Kugel veränderte sich. Die Siedlungen mit ihren großen Häusern verschwanden. Auch die metallenen Kutschen waren nicht länger zu sehen. Der Nebel kehrte zurück. Er füllte die gesamte Kugel aus, und die seltsamen Worte der Magie hallten einmal mehr durch Larcos unterirdisches Reich.

Dann schälte sich ein Bild aus dem Nebel heraus. Ein Gesicht. Ein Mann.

Chrynos starrte ihn an. Die Gestalt sah verwegen aus, das stand fest. Es lag Stärke in ihrem Blick. Selbst die eigenartige Kleidung – ein weinrotes Hemd unter schneeweißer Jacke. Trug man das auf dieser Welt? Grundgütiger, so überlebte man doch nicht einen Winter! – kündete von Selbstvertrauen und innerer Sicherheit.

Und Larco meinte, dieser Mann sei eine Gefahr?

»Lächerlich«, knurrte Chrynos. »Nichts und niemand hält mich auf.«

»Er schon, Herr«, sagte der Magier leise. »Ich sah es in den Sternen und im Blut. Er schon.«

»Nein!!«, brüllte der Fürst.

Unbändige Wut loderte in ihm, stärker als jede Vernunft. Er zog eine seiner Klingen und hieb damit mitten in die leuchtende Kugel, mitten in den Leib des seltsam Gekleideten.

Larco keuchte erschrocken.

Dann begriff auch Chrynos, wie dumm sein Handeln war. Die Kugel verschwand sofort, zerplatzte wie eine Seifenblase. Das Leuchten ging allerdings auf die Klinge über, auf den Griff und von dort auf seine Hände.

Der Schmerz war überwältigend. Chrynos ließ die Klinge fallen, riss den Kopf zurück und schrie, schrie, schrie!

***

Château Montagne

Nanu?

Fragend hielt Zamorra inne. Er lauschte ins Dunkel, doch kein einziges Geräusch drang mehr an seine Ohren. War es vorbei?

Der Dämonenjäger stand im Keller des Châteaus, die Hand zum Lichtschalter ausgestreckt, und rührte sich nicht. Eben noch hatte das Brummen den Raum erfüllt, dröhnend und laut. Zamorra hatte es in seinen Eingeweiden gespürt, an den Fußsohlen, auf dem Rücken. Und jetzt – Stille.