Püppi - Rosina Iida - E-Book

Püppi E-Book

Rosina Iida

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Beschreibung

Püppi ist ein Fantasy/Science Fiction-Krimi, der im Vierländereck Deutschland, Japan, England und Italien spielt. Ein Computerchip im Nanometerbereich wird zur Bedrohung für Lina, ihre Ehe, ihr Berufsleben und letztendlich für die gesamte Menschheit. Während des Studiums in Gießen lernt Lina ihren späteren Ehemann Kazuhiro Kobara kennen. Mit ihm geht sie nach erfolgreichem Studienabschluss nach Tokyo, um die Tierarztpraxis von Kazuhiros Vater zu übernehmen. Was sie nicht weiß, ihrem Peiniger und dessen Cyborgtechnologie entkommt sie dadurch nicht ...

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Seitenzahl: 266

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Ähnliche


Inhaltsverzeichnis

Teil I

Kapitel 1: 28. Juli 1984

Kapitel 2: 28. Juli 1997

Kapitel 3: 24. September 1997

Kapitel 4: Immer noch 24. September 1997

Kapitel 5: 12. Oktober 1997

Kapitel 6: Immer noch 12. Oktober 1997

Kapitel 7 ; 3. Oktober 1998

Kapitel 8: Immer noch 3. Oktober 1998

Kapitel 9: 10. November 1998

Kapitel 10: Immer noch 10. November 1998

Kapitel 11: 15. November 2000

Kapitel 12: Immer noch 15. November 2000

Kapitel 13: 16. November 2000

Kapitel 14: 30. November 2000

Kapitel 15: Immer noch 30. November 2000

Kapitel 16: 2. Dezember 2001

Kapitel 17: Immer noch 2. Dezember 2001

Kapitel 18: 20. Dezember 2001

Kapitel 19: 15. Januar 2002

Kapitel 20: 16. Januar 2002

Kapitel 21: 20. Februar 2002

Kapitel 22: Immer noch 20. Februar 2002

Kapitel 23: Neujahr 2007

Kapitel 24: 27. Februar 2007

Kapitel 25: 28. Februar 2007

Kapitel 26: 3. März 2007

Kapitel 27: 6. März 2007

Kapitel 28: 3. März 2008

Kapitel 29: Anfang Mai 2008

Kapitel 30: 8. Mai 2008

Kapitel 31: 9. Mai 2008

Kapitel 32: 15. Oktober 2008

Kapitel 33: 31. Dezember 2008

Kapitel 34: 1. Dezember 2009

Kapitel 35: 31. Dezember 2009

Kapitel 36: 31. Juli 2010

Kapitel 37: 15. Oktober 2010

Kapitel 38: 31. Dezember 2010

Kapitel 39: 1. Januar 2011

Kapitel 40: 29. Dezember 2011

Kapitel 41: Immer noch 29. Dezember 2011

Kapitel 42: 8. Januar 2012

Kapitel 43: 10. Januar 2012

Kapitel 44: Immer noch 10. Januar 2012

Kapitel 45: 12. Januar 2012

Kapitel 46: 16. Januar 2012

Kapitel 47: Juli 2012

Kapitel 48: 12. August 2012

Kapitel 49: 20. August 2012

Kapitel 50: Immer noch 20. August 2012

Kapitel 51: 30. August 2012

Kapitel 52: Immer noch 30. August 2012

Teil II

Kapitel 1: 1. Oktober 2013

Kapitel 2: 2. Oktober 2013

Kapitel 3: 12. Oktober 2013

Kapitel 4: Immer noch 12. Oktober 2013

Kapitel 5: 24. Dezember 2013

Kapitel 6: 25. Dezember 2013

Kapitel 7: Immer noch 25. Dezember 2013

Kapitel 8: Immer noch 25. Dezember 2013

Kapitel 9: Immer noch 25. Dezember 2013

Kapitel 10: 17. Januar 2014

Kapitel 11: Immer noch 17. Januar 2014

Kapitel 12: Immer noch 17. Januar 2014

Kapitel 13: 13. Oktober 2014

Kapitel 14: 13. November 2014

Kapitel 15: Immer noch 13. November 2014

Kapitel 16: 15. November 2014

Kapitel 17: Immer noch 15. November 2014

Kapitel 18: 21. November 2014

Kapitel 19: Immer noch 21. November 2014

Kapitel 20: 20. Dezember 2014

Kapitel 21: 1. Januar 2015

Kapitel 22: 2. Januar 2015

Kapitel 23: 16. Januar 2015

Kapitel 24: Immer noch 16. Januar 2015

Kapitel 25: Übergang zum 17. Januar 2015

Kapitel 26: Immer noch 17. Januar 2015

Kapitel 27: 18. Januar 2015

Kapitel 28: 25. Januar bis 24. Februar 2015

Kapitel 29: 25. Februar 2015

Kapitel 30: Immer noch 25. Februar 2015

Kapitel 31: 2. März 2015

Kapitel 32: 3. März 2015

Kapitel 33: 4. März 2015

Kapitel 34: 10. März 2015

Kapitel 35: 30. Juni 2016

Kapitel 36: 10. März 2017

Kapitel 37: Immer noch 10. März 2017

Kapitel 38: 17. März 2017

Kapitel 39: 19. März 2017

Kapitel 40: Immer noch 19. März 2017

Kapitel 41: 22. April 2017

Kapitel 42: 30. Juni 2017

Kapitel 43: 5. Juli 2017

Kapitel 44: 6. Juli 2017

Kapitel 45: Immer noch 6. Juli 2017

Kapitel 46: Immer noch 6. Juli 2017

Kapitel 47: 7. Juli 2017

Kapitel 48: 10. Juli 2017

Kapitel 49: Immer noch 10. Juli 2017

Kapitel 50: 19. Juli 2017

Kapitel 51: Immer noch 19. Juli 2017

Kapitel 52: Noch einmal 6. Juli 2017

Kapitel 53: 9. Juli 2017

Kapitel 54: 14. Juli 2017

Kapitel 55: 5. August 2017

Kapitel 56: 20. August 2017

Kapitel 57: Immer noch 20. August 2017

Kapitel 58: 21. August 2017

Kapitel 59: 30. August 2017

Kapitel 60: 5. September 2017

Kapitel 61: 2. Februar 2018

TEIL III

Kapitel 1: 1. August 2018

Kapitel 2: 2. August 2018

Kapitel 3: Immer noch 2. August 2018

Kapitel 4: In der Nacht zum 3. August 2018

Kapitel 5: Immer noch 3. August 2018

Kapitel 6: 17. Dezember 2018

Kapitel 7: Immer noch 17. Dezember 2018

Kapitel 8: Immer noch 17. Dezember 2018

Kapitel 9: 24. Dezember 2018

Kapitel 10: Immer noch 24. Dezember 2018

Kapitel 11: Immer noch 24. Dezember 2018

Kapitel 12: 31. Dezember 2018

Kapitel 13: 10. Januar 2019

Kapitel 14: Immer noch 10. Januar 2019

Kapitel 15: Immer noch 10. Januar 2019

Kapitel 16: Immer noch 10. Januar 2019

Kapitel 17: 12. Januar 2019

Kapitel 18: 16. Februar 2019

Kapitel 19: 25. März 2019

Kapitel 20: 30. März 2019

Kapitel 21: 31. März 2019

Kapitel 22: 1. April 2019

Kapitel 23: Immer noch 1. April 2019

Kapitel 24: Immer noch 1. April 2019

Kapitel 25: 15. April 2019

Kapitel 26: 16. April 2019

Kapitel 27: 17. April 2019

Kapitel 28: Immer noch 17. April 2019

Kapitel 29: 22. April 2019

Kapitel 30: 21. Juni 2019

Kapitel 31: Immer noch 21. Juni 2019

Kapitel 32: 25. Juni 2019

Kapitel 33: Immer noch 25. Juni 2019

Kapitel 34: Neun Monate später

Teil I

1

28. Juli 1984

Na Lina, mein Herzchen, was möchtest du denn werden, wenn du einmal groß bist?«, fragte die Großmutter.

»Tierärztin!«

»Na, dann musst du in der Schule aber gut aufpassen, denn dafür braucht man gute Noten.«

»Dann mache ich das«, versprach Lina.

2

28. Juli 1997

Felix hatte es kommen sehen. Er musste wieder mit Fox zum Tierarzt. Der Hund stellte ihn vor ein gewaltiges Problem. Wenn er sich schüttelte, flog ihm das Blut aus den Ohren. Beim letzten Besuch hatte der Tierarzt gemeint, das sei keine Infektionskrankheit, sondern eine Folge der fehlenden Belüftung der Ohren. Denn sein Cockerspaniel sei überzüchtet, und deshalb lägen die Ohren so eng am Körper an, dass sich die Milben im inneren Ohr von Fox besonders wohlfühlten. Mithin ein sehr seltener Fall und der erste, der ihm in seiner Praxis begegne. Daraufhin hatte Felix versucht, dem armen Fox die Ohren hochzubinden, um für ausreichende Belüftung zu sorgen. Der Hund hatte sich dies auch problemlos gefallen lassen. Doch augenscheinlich reichte diese selbstgebastelte Maßnahme nicht. Felix stand nun vor einer schrecklichen Alternative. Seine Frau wollte nicht länger überall Blut abwischen, das dem Hund beim Schütteln aus den Ohren spritzte. Und jetzt hatte sie Felix vor die Wahl gestellt, entweder der Hund oder sie. Das hieß im Klartext, Felix müsste vom Tierarzt die Euthanasie verlangen. Und dazu war er nicht bereit. Doch seine Frau verlassen, oder dass sie ihn verließ, das wollte er ebenso wenig. Denn obwohl Scheidung in Deutschland heutzutage das Normalste auf der Welt war, was Felix durchaus klar war, wollte er seine Frau nicht verlieren.

Fox war mit seinen elf Monaten noch so jung, dunkelbraunes Fell, leicht gewellt und einen Blick, der die Herzen aller Menschen, die ihm nahekamen, augenblicklich dahinschmelzen ließ – zumindest, bis das Blut flog. Und einen solchen Hund nur einschläfern zu lassen, weil er überzüchtet war, das widerstrebte Felix sehr.

Felix selbst war Mitte zwanzig und noch immer ohne Bierbauch und mit dichtem Haar, was seine Frau sehr schätzte. Und Fox war der einzige Streitpunkt in ihrer ansonsten sehr harmonischen Ehe.

3

24. September 1997

Das Abitur hatte Lina mit Bravour bestanden. Nun konnte sie sich, wie gewünscht, für Tiermedizin an der Justus-Liebig-Universität in Gießen einschreiben, weil sie das Glück hatte, dort einen Studienplatz zu bekommen.

Sie sah sich auch sofort nach einer Unterkunft um. Die Auswahl war klein, und ihre Bemühungen um ein Zimmer im Studentenwohnheim hatten nur geringe Chancen, da sie bei ihren Eltern in Wetzlar hätte bleiben können. Aber Lina wollte lieber in der Universitätsstadt leben und nicht täglich in öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sein. Sie entschied sich schließlich, es mit einer Wohngemeinschaft zu versuchen. Sie hatte zwei Angebote am Schwarzen Brett der Uni gesehen und sich jeweils einen Streifen abgerissen. Die erste Wohngemeinschaft war ihr zu schmuddelig, die Küche sah aus wie Kraut und Rüben und machte nicht den Eindruck, dass dort irgendwann irgendjemand putzte. Die zweite hingegen sagte ihr zu. Mit ihr würde es eine Dreiergemeinschaft sein. Küche, Bad und der Gemeinschaftsraum mit Fernseher und Telefon waren ihr ebenfalls sympathisch, da sauber. Und die Sauberkeit verdankten sie einer Putzordnung, von der Lina sofort überzeugt war. Den Vermieter hatte sie noch nicht kennengelernt, doch kam es ihr vor allem auf die Mitbewohner an, zwei Germanistikstudentinnen, die eigentlich zum Ausgleich lieber einem männlichen Wesen das dritte Zimmer anbieten wollten. Lina hoffte inständig auf einen Anruf mit der Bestätigung, dass trotzdem sie die Auserwählte sei. Sie musste zum Glück nicht lange warten. Dann hieß es, am Samstag wollten sich alle gemeinsam mit dem Vermieter treffen, um den Vertrag zu unterschreiben. Hurra! Ein Zimmer und ein bisschen Wohnung, und alles ohne großen Aufwand. Lina konnte ihr Glück kaum fassen. Ihre Eltern waren fast noch aufgeregter als sie. Sie war das älteste der drei Kinder, und ihr Flüggewerden war auch für die Eltern ein besonderes Ereignis.

4

Immer noch 24. September 1997

»Ich komm ja schon, ich komm ja schon. Willst du denn noch einen Spaziergang machen? Wir sind doch gerade erst zurückgekommen.« Felix tätschelte Fox den Nacken.

Seit seine Frau ausgezogen war, musste er sich allein um den Hund kümmern. Momentan hatte er Urlaub. Aber er fühlte sich in der Wohnung nicht mehr wohl. Putzen war wirklich nicht sein Ding, und im Grunde genommen liebte er seine Frau auch mehr als seinen Hund, wie er sich inzwischen eingestehen musste. Und ständig das Blut wegzuwischen, war auch für ihn kaum noch auszuhalten. Er hatte bereits eine weitere Vorrichtung erfunden, die die Ohren des Hundes ein wenig vom Körper abstehen ließ. Wenn es diesmal funktionierte, würde Hanni zurückkehren. Der Hund oder ich, das waren ihre letzten Worte. Nun wohnte sie erst einmal bei ihren Eltern.

»Komm, ich muss dir wieder die Medizin in die Ohren träufeln, du Blut spritzendes Etwas.«

Beim Anblick des Fläschchens kroch der Spaniel unter die Sitzbank in der Küche.

»Nun komm schon. Das tut doch nicht weh. Ist nur ein bisschen kühl in den Ohren. Danach gehen wir auch spazieren.«

Widerstrebend kroch der Hund aus seinem Versteck hervor und ließ die Prozedur über sich ergehen. Dann folgte, was folgen musste: Er schüttelte sich wieder, dass das Blut nur so spritzte.

5

12. Oktober 1997

Lina schlenderte mit sich und der Welt zufrieden durch die Fußgängerzone von Gießen, schaute sich in den Buchhandlungen und dem Studentencafé um. Dann ging sie in den Supermarkt und überlegte, was sie wohl für ihre Einweihungsfeier brauchte. Mehr als zehn Leute wollte sie aus Platzgründen nicht einladen. Riesenfeten, wie manche sie gaben, lagen ihr ohnehin nicht. Die Nachbarn der Wohngemeinschaft würde sie natürlich auch einladen, den Herrn aus der Wohnung über ihnen ebenfalls, ein Japaner, der sich bestimmt über etwas Anschluss freute. Lina stellte sich das Leben in Deutschland für einen Ausländer ziemlich schwierig vor. Allerdings hatte der Japaner auch etwas Glück, denn die deutschen Schriftzeichen dürften ihm wohl kaum Probleme bereiten, es waren ja nur sechsundzwanzig plus Eszett– eine überschaubare Menge. Und selbst wenn man die Umlaute und die Großbuchstaben noch hinzunahm, waren es nur 59.

6

Immer noch 12. Oktober 1997

Ohne seine Hannelore empfand Felix jeden Tag seiner Einsamkeit schwerer. Darüber konnte ihn auch Fox nicht hinwegtrösten. Im Gegenteil, auch dem Hund fehlte sein Frauchen. Das spürte Felix.

Er überlegte, ob er juristisch gegen den Züchter vorgehen sollte, doch das kostete bestimmt unendlich viele Nerven. Denn ob das Gericht dem Gutachten des Tierarztes folgen würde, der ihm sicherlich schriftlich bestätigen würde, dass Überzüchtung den Milbenbefall infolge unzulänglicher Belüftung der Ohren verursacht hätte, daran zweifelte er stark. Und dann Hanni, seine Hannelore. Wie würde sie auf so einen Prozess reagieren? Käme sie zurück, falls er Recht bekäme? Schließlich wäre dann klar dokumentiert, dass der Hund ein Opfer menschlicher Zuchtsucht war. Doch die Blutspritzer blieben auch dann. Aber vielleicht könnten sie sich von der Abfindung, die Felix vorschwebte, eine Putzhilfe leisten, eine, die ausschließlich für die Blutspritzer zuständig wäre und täglich käme? Auf die Mieteinnahmen zu vertrauen, ist immer ein Risiko, wer weiß, was das Leben noch für Tücken bereit hielt, sponn er den Faden weiter. Doch dann blickte Felix wieder auf die trostlose Realität. Selbst, wenn er alles so erreichte, also einen juristischen Erfolg erzielte, dann würde auch diese Putzhilfe genauso wenig mit dem Putzen nachkommen, wie er selbst. Und ständig eine dritte Person in der Wohnung? Auch das empfand er nicht als erstrebenswert.

Er wartete noch ein wenig, dann rief er Dr. Flacher an und bat ihn um einen Termin zwecks Euthanasie. Er konnte sofort kommen. Dr. Flacher enthielt sich eines Kommentars zu dem Wunsch, sagte jedoch zum Schluss mitfühlend, er wünsche ihm sehr, dass seine Frau wieder zu ihm zurückkehren möge. Das hoffte Felix natürlich auch – inständig sogar. Doch zunächst musste er Fox beerdigen lassen. Oder nein, erst Hanni anrufen und sie zur Beerdigung einladen. Das wäre eine gute Gelegenheit, sich anschließend auszusprechen. Gesagt, getan. In drei Stunden würde sie kommen. – Mit vollen Koffern, so hoffte Felix.

Er war froh, dass Dr. Flacher ihn gefragt hatte, ob er Fox den Chip, den er ihm zuvor eingesetzt hatte, um die Ortung des Hundes zu erlauben, wieder herausnehmen solle. Felix bejahte das und ließ sich den Chip aushändigen, eine letzte Erinnerung an seinen geliebten Cockerspaniel.

Es klingelte. Das war bestimmt Hanni. Felix war mit einem Satz bei der Tür. Sofort fiel Hannelore ihm um den Hals. Sie umarmten und küssten sich, als sei es das erste Mal. Dann führte Felix Hannelore ins Wohnzimmer, wo Fox lag, bei dem inzwischen die Totenstarre eingetreten war. Hannelore ging in die Knie und streichelte den toten Hund liebevoll. Eigentlich hatte auch sie sehr an ihm gehangen. Schließlich richtete sie sich wieder an Felix.

»Und nun müssen wir ein Beerdigungsinstitut für Tiere finden.«, sagte sie nüchtern.

»Ja, ich habe mir vorsorglich von Dr. Flacher die Namen von zwei Instituten geben lassen.« Felix griff in seine Hosentasche nach der Notiz.

7

3. Oktober 1998

Lina kam in ihrer Wohngemeinschaft gut zurecht. Die Mitbewohnerinnen waren sehr nett, und unter ihnen bestand große Einigkeit darüber, dass Küche und Bad sauber zu halten seien. Auch bekamen die beiden nur selten Besuch. Bei Lina hingegen war es häufiger der Fall, vor allem vom Hausbewohner über ihnen. Der japanische Student Kazuhiro Kobara war für Lina etwas Besonderes. Sie hatte ihn auf ihrer Einstandsfeier sofort nach ihrem Einzug kennengelernt. Er hatte in Japan bereits ein Veterinärmedizinstudium erfolgreich absolviert und erfüllte sich jetzt den Traum, ein paar Semester in Deutschland dasselbe Fach zu studieren. Danach wollte er jedoch wieder zurück nach Japan. Er hatte keinesfalls das Ziel, in Deutschland einen Abschluss zu machen, was Lina immer mehr bedauerte. Manchmal träumte sie von einer gemeinsamen Tierarztpraxis mit ihm. Bei ihr war es Liebe auf den ersten Blick, und sie hoffte inständig, dass er ihre Gefühle erwiderte.

Kazuhiro war sehr kontaktfreudig. In seiner Freizeit gab er seit kurzem einigen Kommilitonen Japanischunterricht. Er lud auch Lina dazu ein. Sie nahm das Angebot sofort an, denn sie war froh, auf diese Weise etwas mehr über diesen Mann zu erfahren, der so zierlich wirkte, obwohl er größer war als sie. Und sein Traum, in Tokyo eine eigene Tierarztpraxis zu führen, gefiel ihr sehr, beflügelte ihre Träume in Bezug auf ihn. Schnell fanden sie heraus, dass sie zudem ein Hobby teilten, die Oper. Und so verabredeten sie sich immer häufiger im Stadttheater, wenn statt Musiktheater eine Opernaufführung geboten wurde.

8

Immer noch 3. Oktober 1998

Felix Strahlser hatte sich wieder einmal einen Tag freigenommen und verbrachte den ganzen Tag vor dem Fernseher, daran hatte er den Computer angeschlossen und sah sich Fotos von Fox im Großformat an. Vor gut einem Jahr hatte sich eine neue Mitmieterin für die Wohngemeinschaft gemeldet und den Mietvertrag unterschrieben. Damals stand er der Neuen neutral gegenüber. Aber jetzt empfand er eine unbeschreibliche Wut auf diese Lina Grienzer. Ihm war klar, dass sie nichts dafürkonnte, aber es tat ihm gut, dass seine Wut jetzt einen Namen hatte, wenn auch nur heimlich. Veterinärmedizin studierte sie, und ein Veterinär hatte ihm seinen Fox genommen.

Über diese Gefühle müsse er besser schweigen, das war ihm klar. Schließlich kannte er diese Lina überhaupt nicht, wusste nur, dass die beiden Germanistikstudentinnen sie als Neue für die WG vorgeschlagen hatten. Und die mussten schließlich mit ihr auskommen.

Felix schaltete um auf Fernsehen. Auf dem Bildschirm erschien, ausgerechnet, eine junge Frau mit Hund an der Leine. Sie lief, so schnell sie konnte, über den Strand. Augenblicklich überfiel Felix wieder der Schmerz über den Verlust von Fox, wegen einer Frau, wegen seiner Frau, wie er sich immer wieder sagte. Früher, das hieß grundsätzlich, als Fox noch lebte, hatte er nie Hassgedanken gegenüber irgendjemandem empfunden. Damals war seine Welt noch in Ordnung.

Felix stand auf und sah in den Spiegel. Er war erst sechsundzwanzig, doch er sah einen Mann, der viel älter aussah. Das machten die inzwischen tiefen Ringe unter den Augen und der Ansatz von Übergewicht. Das machten die vielen Süßigkeiten. Und auch die verschlang Felix erst im Übermaß, seit er seine Gedanken von Fox weglenken musste. Ihm war klar, dass er endlich mit einer Diät anfangen musste, 12 so konnte es nicht weitergehen. Denn je mehr er Süßigkeiten in sich hineinstopfte, desto unwilliger wurde er, was Bewegung anbelangte. Doch wie sollte er das ändern? Ihm fehlte irgendwie die Kraft, sein Leben wieder in die Hand zu nehmen.

Wenn schon kein Hund, dann wenigstens ein Mensch, durchzuckte ihn plötzlich ein Gedanke. Einen Menschen sein Eigen nennen, sagte ihm der zweite Gedanke. Was könnte das bedeuten? Noch konnte Felix mit diesen Gedanken nichts anfangen. Aber sie gefielen ihm. Er begann zu träumen, dass er mit Fox darüber sprechen könnte. Mein lieber, kleiner Fox, ich räche dich, begann er in Gedanken den Dialog mit seinem toten Hund.

9

10. November 1998

Lina und Kazuhiro waren schnell ein Paar geworden. Kazuhiro sprach bereits gut Deutsch, doch Lina hatte auch großen Ehrgeiz, ihn mit ihrem Enthusiasmus für das Japanische zu beeindrucken und für sich einzunehmen. Kazuhiro hatte allerdings ein wenig Angst, sie könne für Japanisch das Studium vernachlässigen. Heute waren sie wieder gemeinsam in der Oper gewesen. Während der Vorstellung war Lina eingeschlafen. Das war ihr noch nie passiert. Sie hoffte, Kazuhiro habe es nicht bemerkt. Es war ihr irgendwie unangenehm. Die Oper, Nabucco von Giuseppe Verdi, hatte sie schon einmal gesehen, so dass sie im Bilde war, als Kazuhiro nach der Aufführung auf den Inhalt anspielte. Plötzlich begriff sie, dass sie sich ständig die rechte Hand rieb. Sie erblickte eine Wölbung in der Handinnenfläche. War sie womöglich gestochen worden und hatte es nicht bemerkt? Doch im November? Und in der Handinnenfläche? Die Stelle juckte wie ein Mückenstich, obwohl sie ganz anders aussah. Also lieber nicht noch mehr kratzen. Sie sollte darauf achten, ob die Stelle sich nicht entzündete. Vielleicht sollte sie zum Arzt gehen. Nun musste sie herzhaft gähnen.

Nach der Vorstellung tranken sie noch einen Kaffee im Café am Musiktheater. Sie erblickten ihren Vermieter, der am Fenster vorbeiging. Er war also auch ein Opernliebhaber. Das machte ihn den beiden Verliebten sehr sympathisch.

Doch Felix Strahlser interessierte sich mitnichten für die Oper.

10

Immer noch 10. November 1998

Die beiden ahnten ebenso wenig, dass Strahlser die Wölbung in Linas Hand verursacht hatte und mit Hilfe ihres Inhalts Lina aufspüren konnte. Zudem konnte er sie, wenn er in ihrer Nähe war, einschläfern. Auf diesen Steuerungsmechanismus war Strahlser sehr stolz, denn er war für ihn mit erheblichen Komplikationen verbunden gewesen.

Als Vermieter besaß er einen Schlüssel zu den Wohnungen seiner Mieter. Einmal hatte er versucht, sich widerrechtlich Zutritt zu Linas WG-Wohnung zu verschaffen, als er zufällig erfahren hatte, dass Lina an einem Wochenende allein in der Wohnung sein würde. Er hatte sich vorgestellt, sie bei der Gelegenheit zu betäuben und ihr einen Chip einzusetzen. Sie sollte nicht das Geringste bemerken. Doch just an diesem Tag hörte er das Telefon schellen, als er sich gerade an der Haustür zu schaffen machen wollte. Er wartete im Flur, doch es wurde ein so langes Telefonat, dass er Angst bekam, von den Nachbarn könnte jemand aufmerksam werden.

Hannelore war nicht zu Hause, er hatte also Zeit. Er schloss eine leerstehende Wohnung auf und legte sich auf die Lauer. Er wartete und wartete. Schließlich wurde seine Geduld belohnt. Er sah Lina aus der Wohnung kommen und zum Briefkasten gehen. Schnell hatte er den Chip und das Betäubungsmittel genommen und einen ganz kurzen Zusammenstoß mit Lina provoziert, bei dem er sie soweit benebelte, dass ihre Sinne zu schwinden begannen. Dann führte er sie in ihre Wohnung und pflanzte ihr den Chip in die Hand. Er nahm sich die Zeit, diesen an Ort und Stelle auf seine Funktionstüchtigkeit hin zu überprüfen. Er drückte auf einen Knopf, und schon schlief Lina ein. Er drückte auf einen weiteren Knopf, und Lina gähnte. Die Technik funktionierte bestens, und er konnte sich wieder zurückziehen. Er war sehr beruhigt, denn einen Fehler konnte er sich nicht erlauben.

Dieser Chip garantierte ihm fortan aus der Nähe auch Zugriff auf Linas Leben. Doch das reichte Strahlser nicht. Er konnte sich nicht ständig in Linas Nähe wagen, er musste einen neuen Chip erfinden, der sie zu einem menschlichen Roboter machte. Dann erst bekäme er seine ersehnte Genugtuung. Zudem wäre er dann der Pionier auf seinem Gebiet. Er würde der Größte sein.

11

15. November 2000

Strahlser war beruhigt, dass sein Chip exakt funktionierte. Dennoch ließ ihm sein Bestreben nach Vorsicht keine Ruhe und er hatte sich eine ganze Weile ruhig verhalten. Nur keinen Patzer, nur keinen Patzer.

Lina saß im großen Hörsaal, und plötzlich riss es ihr beim Gähnen den Kopf hoch. Im nächsten Moment erhob sich Felix Strahlser in der letzten Reihe und verließ den Saal. Er musste etwas erfinden, damit er nicht mehr ihre Nähe suchen musste, ermahnte er sich.

Lina hätte eigentlich eine Vorlesung zum Thema Maul- und Klauenseuche hören wollen. Doch davon hatte sie nichts mitbekommen, weil sie fast die gesamten 90 Minuten geschlafen hatte, wie ihr jetzt aufging. War die Seuche nun auf Menschen übertragbar oder nicht? Welche Medikamente halfen besonders gut? Ein japanischer Hersteller war führend? Mist. Nun musste sie sich den gesamten Stoff in Büchern zusammenlesen. Ausnahmsweise hatte Kazuhiro nicht neben ihr gesessen, sodass er sie hätte wecken können. Am Ende der Stunde fragte sie vorsichtshalber eine Kommilitonin, welche Themen noch behandelt worden waren, denn sie konnte Kazuhiro nirgendwo in dem überschaubaren Hörsaal ausmachen. Gestern Abend waren sie wieder gemeinsam in der Oper gewesen, die Zauberflöte von Wolfgang Amadeus Mozart. Zweieinhalb Stunden Hochgenuss, doch da war es wieder spät geworden.

Noch immer juckte der Knubbel in der Handinnenfläche. Lina meinte, er sei ein wenig verrutscht im Vergleich zum Vortag. Wider Erwarten hatte er sich nicht zurückgebildet, sondern juckte weiterhin. In den nächsten Tagen würde ein Arztbesuch offenbar doch unvermeidlich sein.

Als sie den Campus verließ, meinte sie, ihren Vermieter an der Fußgängerampel zu erkennen. Was der wohl arbeiten mochte, wenn er am helllichten Tag in der Stadt unterwegs sein konnte? Er war leger angezogen, vielleicht hatte er ja auch frei und war nur zum Vergnügen in der Stadt.

12

Immer noch 15. November 2000

Das Telefon läutete und Lina beeilte sich, den Anruf anzunehmen. Das Display zeigte die Telefonnummer einer japanischen Freundin.

»Moshi moshi?«

»Hallo Lina, hier ist Sachiko. Hättest du nicht Lust, noch einmal mit nach Neuschwanstein zu fahren? Wie wäre es mit nächstem Wochenende?«

»Nächstes Wochenende ist etwas schwierig, da habe ich leider schon eine Verabredung.«

»Sag ja nicht mit Kazuhiro Kobara, deinem Kommilitonen, der eigentlich schon ein fertiger Tierarzt ist?«

»Doch, genau mit dem.«

»Ich fasse es nicht. Kaum lernst du ihn kennen, da schlägt dein Herz Purzelbäume, und Leute wie ich sind vollkommen abgeschrieben. Na, dann melde dich einfach, wenn du wieder etwas mehr Freizeit zu vergeben hast.«

Lina war froh, dass Sachiko ihr die seit geraumer Zeit häufigen Abweisungen nicht übelnahm.

13

16. November 2000

Felix saß am großen Rechner im Labor und verfeinerte die Steuerung für den neuen Chip, den er demnächst Lina unter die Haut schießen wollte. Das würde aus einer gewissen Entfernung möglich sein. Vor einigen Tagen in der Oper hatte er sich vergewissert, dass der erste Chip funktionierte, bestens funktionierte, und im Hörsaal erneut. Lina war sozusagen auf Knopfdruck eingeschlafen. Ihre Ahnungslosigkeit beflügelte seinen Ideenreichtum. In seiner Freizeit saß er nun nicht länger zu Hause und schaute Hundebilder an. Das lag hinter ihm. Hannelore meinte, er stürze sich in Arbeit, um Fox endlich zu vergessen, und hinderte ihn nicht, selbst wenn er die Wochenenden im Labor verbrachte. Zum Glück fragte sie nie, was für eine Arbeit ihn konkret fesselte. Ihr gegenüber Ausreden erfinden zu müssen, wäre sehr schwierig, denn seine Hanni hatte ein ausgesprochen feines Gefühl für ihre Mitmenschen.

Plötzlich zuckte Felix zusammen. Sein Chef stand in der Tür und sah ihn fragend an. Felix versuchte ruhig zu bleiben.

»Alles klar für nächsten Mittwoch?«, wollte er wissen.

»Alles klar. Den Vortrag hält Franziska, und ich schalte die Technik für sie.«

»Gut. Ich will, dass ihr perfekt seid. Die Konkurrenz schläft schließlich nicht.«

»Wir sind perfekt vorbereitet.«

»Gut. Dann will ich mal nicht weiter stören.«

Das hätte gerade noch gefehlt, dass er bei einem Vortrag patzte. Auch wenn Franziska die Hauptakteurin war, sie arbeiteten im selben Labor, und da fiel die Panne des einen auf den anderen zurück. Und jede Panne barg die Gefahr, dass sein Chef sich seine Arbeit genauer anschaute. Und das durfte auf gar keinen Fall passieren.

14

30. November 2000

Die Wölbung in der Handinnenfläche war an manchen Tagen kaum zu spüren. Doch hatte Lina sich nach längerem Zögern entschlossen, doch zum Arzt zu gehen und den Fall abklären zu lassen. Heute nun hatte sie den Termin. Sie stand früh auf und schaute auf ihre Hand. Sie konnte es kaum fassen. Die Erhebung war verschwunden, nicht wie sonst, kaum zu spüren, nein, gänzlich verschwunden. Sie tastete ihre gesamte Hand sorgfältig ab, doch keine Spur von der Erhebung, nicht einmal ein minimaler Juckreiz. Wenn sie diese Hand dem Arzt zeigte, brachte sie das nicht weiter. Er würde nichts feststellen können. Sollte sie nun den Termin besser absagen? Oder konnte der Knubbel wiederkommen? Kazuhiro würde Augen machen, wenn sie ihm nun die Hand hinhielte. Aus Spaß hatte er ihr, als sie ihm das Problem erstmals gezeigt hatte, vorgeschlagen, als Tierarzt könnte er sich ja einmal daran versuchen. Doch, da ihnen jedwede Betäubungsmittel fehlten, ließen sie den Gedanken schnell wieder fallen. Nun hatte sich das Problem von selbst erledigt. Komisch, dass eine relativ große Wölbung so plötzlich spurlos verschwand. Doch weiter dachte Lina nicht darüber nach. Eigentlich war sie ganz froh, dass sie nun doch nicht zum Arzt musste. Arztbesuche dauerten immer eine kleine Ewigkeit.

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Immer noch 30. November 2000

Felix hatte frei und Hannelore war noch auf der Arbeit. Bis sie heimkam, konnte er sich den Grübeleien ob einer neuen Generation von Chips hingeben. Er stand auf und holte seinen Laptop aus der Ecke. Zunächst checkte er seine Emails. Dann betrachtete er doch noch einmal die Fotos von Fox. Aber das vertiefte seinen Kummer, der ihn immer wieder überfiel, seit der Hund nicht mehr lebte. Hanni war gerade nach Hause gekommen und betrachtete ihren Mann besorgt. Seit sie den Hund verloren hatten, hatte er sich sehr verändert. Häufig nahm er einzelne Urlaubstage, weil er sich nicht auf die Arbeit konzentrieren konnte, wie er ihr erklärte. Denn seine Erinnerung kreiste um Fox, dem er das Leben nicht hatte erhalten können.

Einmal sagte er sogar, wenn sie wenigstens Kinder hätten, wäre das etwas Anderes. Die würden schon Abwechslung in ihr Leben bringen. Das schmerzte Hanni. Eigene Kinder waren seit ihrer Operation ausgeschlossen. Sie war eines Tages mit rasenden Bauchschmerzen zusammengebrochen. Im Krankenhaus dann die niederschmetternde Diagnose, ihre Eierstöcke waren an der Bauchdecke festgewachsen. Nur deren operative Entfernung konnte ihre Schmerzen lindern, sie würde jedoch kinderlos bleiben. Das hatte Hanni Felix zwar vor der Ehe bereits gesagt, doch jetzt schmerzte ihn dieser Gedanke besonders. Er bemerkte, wie ihn fortwährend düstere Gedanken heimsuchten, die sich nicht verdrängen ließen.

»Willst du es nicht doch einmal mit einem Psychiater versuchen?«, versuchte Hanni ihren Mann aufzumuntern. »Der kann dir bestimmt helfen, besser als ich oder das ständige Foto-Aufrufen am Computer.«

»Lass mich in Ruhe, die Fotos lenken mich ab.«

»Aber es sind Fotos von Fox, an den du ohnehin die ganze Zeit denken musst.«

»Lass mich, habe ich gesagt.« Und schon stand Felix auf, nahm seinen Mantel und den Autoschlüssel und verließ das Haus.

Hoffentlich fährt er vorsichtig und handelt sich nicht wieder ein Strafmandat für zu schnelles Fahren ein. Erst kürzlich hatte die Bundesregierung die Bedingungen verschärft, jetzt konnte man schnell für einen Monat den Führerschein loswerden, ging es Hanni durch den Kopf.

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2. Dezember 2001

Kazuhiro hatte Lina zuliebe doch seinen Abschluss in Deutschland gemacht. In diesem Sommer war es so weit, Lina und er hatten ihre Prüfungen bestanden, Kazuhiro mit Sehr gut und Lina geringfügig schlechter mit Sehr gut minus, und das in nur vier Jahren. Nach dem Examensstress waren sie durch Europa gereist, und nun wollten sie gemeinsam nach Japan ziehen und dort die Tierarztpraxis von Kazuhiros Vater weiterführen. Der würde aufhören zu arbeiten, sobald sein Sohn übernähme. Lina fand den Gedanken sehr aufregend. Zudem hatte der Vater seinem Sohn zugesagt, ihn im Urlaub zu vertreten. Das war ungemein praktisch, gerade in Japan, wo viele Kunden einen ununterbrochenen Betrieb für selbstverständlich halten.

Heute wollten sie ins Reisebüro gehen, um einen Flug für die nächsten Tage zu buchen. Sobald der Termin feststand, würde Lina ihr Zimmer kündigen und ausräumen. Kazuhiro hatte bereits einen Container bestellt, da er sogar Möbel aus Deutschland mitnehmen wollte.

Ihr Vermieter hatte ihnen zugesichert, sie müssten sich nicht strikt an die Kündigungsfristen halten und wollte bald die Kaution zurücküberweisen, da Linas Zimmer und Kazuhiros Wohnung ausgesprochen gepflegt seien.

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Immer noch 2. Dezember 2001

Felix Strahlser wusste nicht, ob er den Auszug seiner beiden Veterinärmedizinstudenten bedauern sollte oder nicht. Doch war er bereits mit seiner Chip-Forschung und -Entwicklung so weit gekommen, dass räumliche Entfernungen dank der Satellitentechnik keine Rolle mehr spielten. Und dass sein Chip funktionierte, dafür war der beste Beweis, dass er den Arztbesuch von Lina Grienzer hatte verhindern können. Vor diesem Termin hatte er über den Firmencomputer den Chip an eine weniger auffällige Stelle in ihrem Körper manövrieren können, ohne dass Lina Verdacht schöpfte, und ohne dass er nochmals ihre Wohnung betreten oder anders ihre Nähe suchen musste. Der Chip saß jetzt an einer Stelle, die wieder von Kleidung nicht verdeckt wurde, an der zudem aber eine leichte Schwellung oder Beule optisch weniger auffiel. Zudem wurde Lina müde, wann immer er das wollte, selbst Gedanken, die sie äußerte, hatte er im Ansatz im Griff. Und das war gut so. Am Feinschliff arbeitete er noch. Den Japaner an ihrer Seite ließ er lieber unbehelligt, denn er wusste nicht, ob der japanische