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Glencore und weitere Rohstofffirmen laden zu einer Konferenz nach Zürich ein. Als Putin von der Anmeldung des kleinen Kirgisistans erfährt, schickt er seinen Militärgeheimdienst GRU nach Zürich, um Kirgisiens Teilnahme zu verhindern. Unruhe entsteht und zwei Tote führen zum Abbruch der Konferenz. Ein junger Versicherungsinspektor mit rechtsnationaler Einstellung verliebt sich in eine in GRU-Diensten stehend Nachtclubdame. Ein Investigations-Journalist, lokale Politiker sowie ein Agent aus Kirgisistan bringen Handlung in den Ablauf der Story, bei der es gegen den Schluss turbulent zu und her geht.
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Seitenzahl: 300
Veröffentlichungsjahr: 2021
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KAPITEL 1
KAPITEL 2
KAPITEL 3
KAPITEL 4
KAPITEL 5
KAPITEL 6
KAPITEL 7
KAPITEL 8
KAPITEL 9
KAPITEL 10
KAPITEL 11
KAPITEL 12
KAPITEL 13
KAPITEL 14
KAPITEL 15
KAPITEL 16
KAPITEL 17
KAPITEL 18
KAPITEL 19
KAPITEL 20
KAPITEL 21
KAPITEL 22
KAPITEL 23
KAPITEL 24
KAPITEL 25
KAPITEL 26
KAPITEL 27
KAPITEL 28
KAPITEL 29
KAPITEL 30
KAPITEL 31
KAPITEL 32
KAPITEL 33
KAPITEL 34
KAPITEL 35
KAPITEL 36
KAPITEL 37
KAPITEL 38
KAPITEL 39
KAPITEL 40
KAPITEL 41
KAPITEL 42
KAPITEL 43
KAPITEL 44
KAPITEL 45
KAPITEL 46
KAPITEL 47
KAPITEL 48
KAPITEL 49
KAPITEL 50
KAPITEL 51
KAPITEL 52
KAPITEL 53
KAPITEL 54
KAPITEL 55
KAPITEL 56
KAPITEL 57
KAPITEL 58
KAPITEL 59
KAPITEL 60
KAPITEL 61
KAPITEL 62
KAPITEL 63
KAPITEL 64
KAPITEL 65
KAPITEL 66
KAPITEL 67
KAPITEL 68
KAPITEL 69
KAPITEL 70
KAPITEL 71
KAPITEL 72
KAPITEL 73
KAPITEL 74
KAPITEL 75
KAPITEL 76
KAPITEL 77
KAPITEL 78
KAPITEL 79
KAPITEL 80
KAPITEL 81
KAPITEL 82
KAPITEL 83
KAPITEL 84
KAPITEL 85
KAPITEL 86
KAPITEL 87
KAPITEL 88
KAPITEL 89
KAPITEL 90
KAPITEL 91
KAPITEL 92
KAPITEL 93
KAPITEL 94
KAPITEL 95
KAPITEL 96
KAPITEL 97
KAPITEL 98
KAPITEL 99
KAPITEL 100
KAPITEL 101
KAPITEL 102
KAPITEL 103
KAPITEL 104
KAPITEL 105
Epilog
Das Telefon schrillte. Kurt Farner griff nach dem Hörerund eine Stimme schrie: «Schafseck….wenn dein Scheiss-Geschreibe so weitergeht, passiert etwas, deine Lügen und Verdrehungen haben wir satt. Du wirst beobachtet! Es ist fünf vor zwölf»! Päng! Abbruch des Anrufs! Der Investigations-Journalist Kurt Farner blickte verwundert auf den Telefonhörer in seiner Hand. Einmal mehr erhielt er einen anonymen Anruf von jemandem, der sich aufregte oder wegen einer Aussage Angst bekam! Das war nicht neu. Dann und wann bedrohten oder beleidigten ihn Unbekannte nach Erscheinung eines Beitrags in den Medien.
Kurt Farners Kurzbericht über die Banditen und Schmuggler in Malta, die Libyen finanziell zugrunde richteten, war dieses Mal offenbar die Ursache des Anrufs. Auch eine Bank wurde genannt. Oder war es sein Artikel über den Rohstoffgiganten Vitol zum Thema Erdgas in Mosambik? Darin kam auch der Name einer grossen Schweizer Bank vor. Kraftausdrücke, Beleidigungen, Fäkalien, schlimme Worte kamen immer wieder durchs Telefon. Dass sich Betroffene aufregten, fand Farner gut, weil er dachte: «Dadurch werden meine Berichte gelesen». An diesem Morgen arbeitete er zudem an einem Artikel mit dem Titel «Abwracken von ausgedienten Schiffen».
Kurt Farner, grossgewachsen, 38-jährig, single, absolvierte ein Wirtschaftsstudium, in der Stadt Zürich wohnend, sportlich und kulturell interessiert, nahm eine weitere Nachricht zur Kenntnis. Sie besagte, in Kürze finde im Grand Hotel auf dem Zürichberg eine Konferenz zum Thema Rohstoffe statt. Eingeladen waren hochrangige Mitarbeiter der wichtigsten Unternehmen der Rohstoffbranche wie Manager, Wissenschaftler und Marketingfachleute.
Im grossen Saal des Hotels erwarteten die Organisatoren Vertreter der mächtigen Rohstofffirmen wie Glencore, Vitol, Transfigura, Gunvor, Cargill, Mercuria Energy und weitere Delegierte. Es hiess, den Vorsitz übernehme ein Anwalt aus einer Zuger-Anwaltskanzlei.
Kurt Farner schmunzelte: «Alle sind beisammen, alle die in der Praxis Arbeitsrichtlinien missachten, Menschen aus beuten, die Umwelt grossflächig zerstören und Steuer vorschriften umgehen».
Kurt Farner erhielt selbst keinen Zutritt zur Konferenz. Man wollte keine Störenfriede. Er aktivierte seine Beziehungen und bereitete sich vor, auf seine Art die Tagung zu verfolgen. Bald hörte er, im Rahmen der Konferenz verhandle man über Rohstoffe, Vermarktung sowie Seltene Erden. Sprechen wollte man auch über zukünftige Märkte und Strategien mit oder neben China. Kurt Farner hörte, der Vorsitzende lud einen Manager aus Kirgisien zur Teilnahme ein. Man sei an der Marktentwicklung dieses Landes interessiert, der Delegierte werde erklären, wie es um die Abhängigkeit seines Landes von Russland stehe.
Die 40 - 50köpfige Konferenz setze sich aus Managern, Wissenschaftlern, Physikern und Financiers, Männer und Frauen, sowie einem Vertreter der Schifffahrtsindustrie zusammen. Der PR-Mann der «European Schifffahrtsgesellschaft» mit Sitz in der Schweiz, mache auf die Schätze auf dem Meeresboden aufmerksam. Falls die Zeit ausreiche, diskutiere man auch über die Rohölfirma Kolmar Group, die seit einiger Zeit das Ölgeschäft in Libyen zerstöre und eng mit der maltesischen Mafia arbeite.
Keuchend stürmte ein Wirtschaftsfachmann in gehobener Stellung in Putins Büro und meldete, Kirgisistan nehme an der Konferenz für Rohstoffe in Zürich teil. Putin blickte erstaunt auf. Russland hatte relativ lange mit der eigenen Anmeldung zur Tagung der Rohstofffirmen gewartet. Schlussendlich meldete man einen höheren Beamten mit geringen Befugnissen als Teilnehmer an. Putin sah nicht ein, was es in Zürich zu besprechen gab. Wenn schon, dann hätte man ihn persönlich einladen können! Die Minderbehandlung wurmte. Trotzdem wollte er erfahren, wie die marktbestimmenden Unternehmen ihre Zukunft zu gestalten gedachten. Russland stand im weltweiten Rohstoffmarkt in Konkurrenz zu diesen Firmen. Natürlich strebte man im Kreml bei vielen Erzeugnissen grössere Marktanteile an, wollte mehr verkaufen, lebte aber trotz allem relativ gut mit den eigenen Exporten. Die hauptsächlichsten Rohstofffördergebiete der grossen Unternehmen lagen ausserhalb seines Landes. Die Märkte und Kundengebiete waren mehr oder weniger abgesteckt. Russland lebte vornehmlich von Erdgas, Erdöl, Kohle, Eisenerz und weiteren Metallen. Daher wartete Putin vorerst ab und delegierte dann nur den zweitrangigen Mitarbeiter Boris Dimitri zur Konferenz nach Zürich, der zwar gute Kenntnisse über Rohstoffe besass, aber nur über wenige Befugnisse verfügte. Nach Eintreffen neuer Mitteilungen besprach sich Putin mit seinen Beratern. Er beschloss dann eigenmächtig, auch weil man ihn nicht persönlich einlud, Unruhe in die Zürcher Zusammenkunft zu bringen.
Kirgisistan hatte bei den bedeutenden Rohstofffirmen nichts zu suchen! Es musste ausgeschaltet werden. Seit 1991, dem Jahr seiner Unabhängigkeit, gehörte das Land zum russischen Wirtschaftsgebiet. Ein Austritt oder eine Hinwendung zu anderen Partnern kam nicht in Frage. Also musste Putin handeln. Er schlug vor, den kirgisischen Delegieren auszuschalten und die Konferenz beschlussunfähig zu machen. Denen würde er es zeigen!
Der als Vorsitzender der Konferenz bestimmte Anwalt Dr. Burckardt, ursprünglich aus dem Basler-Daig (Gesellschaft), glich einem kleinen Raubvogel. Er war ein wohlgebildeter Mann, der gewählt redete, tadellose Manieren an den Tag legte und wie ein leicht deplatzierter Manager aussah. Er hatte mit Wortführern von verschiedenen, einladenden Unternehmen die Traktanden der Konferenz bestimmt. Der Einladung an die wichtigsten Firmen lag ein separater Brief bei, in dem Dr. Burckhardt schrieb, der zentralasiatische Staat Kirgisistan sende einen Delegierten, den man anhören werde. Im Boden Kirgisistans lägen Rohstoffe, die vielleicht auf andere Art als bisher ausbeutbar wären. Vermutlich rufe die Teilnahme des Kirgisen Unwillen im Kreml hervor. Herr Putin werde an Sondierungen eines an ihn gebundenen Partners keine Freude haben. Da Russland aber, wegen seiner Annektierung der Krim und seinem Vorgehen im Donbass, international nur wenig Goodwill aufweise, nehme man auf Herrn Putins Proteste wenig Rücksicht. Man vermute, er leite gegen den Staat Kirgisistan keine militärischen Mass-nahmen ein. Die unmittelbare Nähe Chinas lasse keine militärische Auseinandersetzung zu. Auch bedeute die von den USA in Kirgisistan betriebene Militärbasis Manas, einen gewissen Schutz für das Land. Den Ablauf der Konferenz störe der Kirgise Askar Kulow nicht, man werde ihn freundlich empfangen.
Weiter schrieb er für alle Teilnehmenden: Lithium sei ein höchst aktuelles und zukünftiges Thema. In unzähligen Labors und Werkstätten suchten Wissenschaftler nach neuen Anwendungen zur besseren Speicherung von Elektrizität. Vielerorts untersuche man Lithium für zukünftige Anwendungen. Darum werde man auch über Lithium reden. Bekannt sei, dass sich die grössten Lithium-Reserven in Südamerika (Bolivien, Chile, Argentinien) aber auch in China, den USA, Australien und dem Kongo befänden.
Ebenfalls zu reden gebe «Seltene Erden». Leider lägen Seltene Erden zur Hauptsache im Bereich Chinas vor allem in der Inneren Mongolei. Die gesamte Industrie interessiere sich für Seltene Erden. Aus diesem Grund suchten viele Firmen nach Kombinationen von Metallen aus dem Periodensystem. Alle Rohstoffunternehmen forschten nach unentdeckten Lagern. Im Rahmen der Konferenz lege man neuste Information über Seltene Erden und Lithium dar. Die Anwesenden vernähmen dabei Ansichten aus Forschung und Praxis. Da die teilnehmenden Unternehmen entscheidungsbefugte Manager zur Konferenz anmeldeten, reservierte der Veranstalter für die meisten Delegieren Zimmer im Grand Hotel. Auch Kirgisistan leistete sich für seinen Vertreter Askar Kulow ein Zimmer im Grand Hotel in einer sekundären Preislage mit einem Fenster Richtung Norden. Der Tagungsleiter und seine Helfer bereiteten einen reibungslosen Ablauf der Konferenz akribisch vor, organisierten die Verpflegung, sämtliche Hilfsmittel samt Geräten sowie das Rahmenprogramm.
Nach längerem Überlegen schlugen die verantwortlichen Berater im Kreml vor, den kirgisischen Vertreter in Zürich, durch den russischen Geheimdienst GRU auszuschalten. GRU wurde vor allem durch den Giftanschlag auf den russischen Ex-Agenten Sergej Skripal in ein Licht gerückt, das Putin unangenehm war. Im Fall Zürich versicherten die Verantwortlichen, GRU führe den Auftrag kurz und geheimnisvoll im Handumdrehen aus. Sie empfahlen den berüchtigten Agenten Krasikov. Leider sass der in Berlin in Untersuchungshaft, also bestimmte der militärische Geheimdienst einen Ersatz. Der als normaler Konferenz-Delegierte ausgewählte Boris Dimitri sollte im Gremium die Stellung Russlands markieren und bestimmt festhalten, Kirgistan gehöre zum Wirtschaftsgebiet Russlands, daran gebe es nichts zu rütteln. Man gab auch vor, er müsse vorsichtig vorgehen, er dürfe sein Land nicht in ein schlechtes Licht stellen. Man informierte ihn nicht über das Vorhaben des Militärgeheimdienstes GRU, der den kirgisischen Vertreter im Visier hatte.
Die GRU-Leute wählten den Agenten Fedor Sergey aus und empfahlen die Moldawierin Larissa Boyko als Gehilfin. Fedor Sergey sei ein erprobter Profi, die Frau gelte als geschickt und sei beim GRU verschuldet. Sie könne als Lockvogel eingesetzt werden, Agent Fedor Sergey erledige das Grobe. Es treffe sich gut, Frau Boyko befinde sich bereits in Zürich und arbeite in einem Nachtclub. Agent Sergey instruiere, was zu tun sei und erkläre, wie er sich eine Verbindung zum kirgisischen Delegierten vorstelle. Gemäss geheimdienstlicher Information treffe der Mann aus Kirgisien einige Tage vor Konferenzbeginn in Zürich-Kloten ein. Fedor Sergey besitze Zeit genug, sich um ihn zu kümmern. Larissa Boyko, die moldawische Blondine, wurde schon für ähnliche Aufgaben eingesetzt. Sie gelte als intelligent und könne nicht nein sagen, da sie und ihr Bruder in der Schuld des Geheimdienstes stehe. Fedor Sergey kenne die Aufgabe, müsse aber am Ort bestimmen, wie vorzugehen sei. Man schlage vor, Larissa Boyko könnte zum Beispiel den Kirgisen in eine Situation bringen, die es ihm verunmögliche, von Beginn weg an der Konferenz anwesend zu sein. Es wäre möglich, ihn zu verführen, zu erpressen oder verhaften zu lassen. Der Mann aus der Hauptstadt Bischkek besitze kaum Auslanderfahrung und lasse sich von einer Professionellen in Schwierigkeiten bringen. Er sollte nicht mit Konferenzteilnehmern verhandeln und keine Vereinbarungen abschliessen. Vielleiht genüge eine Verhaftung, ein Unfall, ein Spitalaufenthalt oder in letzter Konsequenz ein Ausscheiden aus dem Leben.
Kurt Farner überlegte lange, als er den Begleitbrief des einladenden Konferenzvorsitzenden nochmals las. Die Mitteil-ung ein Vertreters Kirgisistans werde eingeladen, löste in Moskau bestimmt wenig Freude aus. Einen Schritt dieser Art werde sich Putin wahrscheinlich nicht bieten lassen. Würde er den Besuch des Kirgisen verhindern, irgendeine Störungsaktion einleiten oder selbst erscheinen und den Teilnehmenden die Welt erklären?
«Hoffentlich», so dachte Kurt Farner, «passiert nicht ein Fall wie bei Sergej Skripal in England. Meist löschen die Russen einen Gegner oder eine unliebsame Person im Nu aus. Niemand sieht oder weiss etwas. Eine russische Affäre in Zürich wäre mehr als unangenehm. Aussenminister Lawrow könnte einmal mehr in schönen Worten darlegen der Westen beschuldige Russland ungerechterweise und sei nicht in der Lage, etwas zu beweisen, Russland praktiziere das Gute und werde schlecht gemacht».
Beim Nachdenken kam ihm der russische Militärgeheimdienst GRU und seine Tätigkeiten in den Sinn, die in den Medien verschiedentlich beschrieben wurden. Vom Giftanschlag im südenglischen Salisbury führte auch eine Spur in ein Labor nach Spiez und man redete von einem Nervengift der Nowitschok Klasse. Die Ermittler legten Beweise vor, mutmassten, klagten an, aber kamen schliesslich an kein Ende. Fälle mit den Russen als Täter waren kaum lösbar. Anklagen stritten sie immer ab.
Der Mann Askar Kulow aus Zentralasien sass einige Tage vor Konferenzbeginn mit einer hübschen Blondine in einer bekannten Bijouterie Zürichs. Sie begutachteten Schmuck, probierten die eine und andere Halskette und liessen sich von einer Mitarbeiterin beraten. Sprachlich gab es Schwierigkeiten. Als die Verkäuferin aus einem Safe weitere Schmuckstücke holte, beobachtete ein junger Mitarbeiter die Dame mit den vor ihr zur Präsentation liegenden Ketten. Die Kundin prüfte eine um die andere um ihren Hals und bat ihren Begleiter um seine Meinung. Als die Verkäuferin zusätzliche Halsketten auf das Präsentationstablar legte, diskutierte der Mann in mangelhaftem Englisch über Preise. Irgendwie liess die allgemeine Aufmerksamkeit nach und in diesem Moment von Unsicherheit liess die Blondine blitzschnell eine Kette durch den Ausschnitt ihrer Bluse zwischen den Brüsten hinabgleiten. Die Verkäuferin, abgelenkt durch die Fragen sah, dass ein Schmuckstück fehlte. Wo war die Goldkette mit dem Saphir? Die Frau wie auch die Verkäuferin hatten sie in der Hand gehabt? Auf die Fragen, wo das Schmuckstück sei, zeigten sich der Mann und seine Begleiterin entrüstet. Man habe nichts weggenommen und wisse von nichts. Zufällig aber hatte ein junger Verkäufer den Vorfall bemerkt und meldete ihn dem Chef. Dieser zögerte. Was sollte er tun? Die Polizei rufen? Er hatte mitbekommen, beim Kunden handle es sich um einen wichtigen Ausländer, der an einer Konferenz im Grand Hotel teilnehme. War ein Anruf zur Polizei ratsam? Im Lokal war eine verstecke Kamera installiert, die aber nur im Beisein der Polizei konsultiert wurde. War sie überhaupt eingeschaltet?
Der Besitzer bat das Paar in sein Büro und schilderte die Beobachtung des jungen Mannes. Der Kunde zeigte sich empört, zückte einen diplomatischen Ausweis und erklärte, er lasse sich nicht durch die Anschuldigung eines Lehrlings beleidigen. Im Übrigen wünsche er sofort eine Verbindung zur diplomatischen Vertretung seines Landes. Der unschlüssige Geschäftsinhaber hatte keine Ahnung von Kirgisistan und wusste auch nicht wo es eine Vertretung gab. Dann erklärte er, entweder dürfe eine Mitarbeiterin die Dame untersuchen oder er müsse die Polizei verständigen, es handle sich um ein teures Schmuckstück. Im Weiteren sei nur die Polizei berichtigt, die installierte Kamera zu öffnen. Der Mann begehrte nochmals auf und drohte. Als der Geschäftsinhaber erneut auf die Kamera hinwies, erklärte er sich bereit, seine Begleiterin durch eine Mitarbeiterin durchsuchten zu lassen.
Die Frau fand die gestohlene Halskette auf dem Körper der Blondine, die sofort entschuldigend erklärte, wahrscheinlich sei ihr die Kette unbemerkt zwischen den Brüsten hinabgerutscht. Natürlich sei das seltsam, sie könne nicht erklären warum. Damit gab das Paar klein bei. Der Mann entschuldigte sich tausendmal, der Vorfall sei ihm peinlich, er habe nichts bemerkt und bitte um Entschuldigung. Er könne und wolle die Kette nicht kaufen, nehme dafür aber einen preisgünstigen Schmuck, damit das Haus auf seine Kosten komme. Er gab seine Hoteladresse bekannt, man solle die Polizei aus dem Spiel lassen, er empfehle die Firma zu Hause und schicke Kunden. Der Geschäftsinhaber liess mit sich reden, kopierte zur Sicherheit den Ausweis des Mannes aus Kirgisistan, von dem er sich vorgängig ein Geschäft erhofft hatte.
Die Mitarbeiterin der Bijouterie erklärte nachträglich, die Dame habe mit Akzent aber intelligent geantwortet und zwischen gewöhnlichem und wertvollem Schmuck unterscheiden können.
Der Geschäftsführer bat seine Mitarbeitenden um Stillschweigen, er wolle die Geschichte nicht als Sensation aus den Medien erfahren, so etwas sei schädlich für das Geschäft. Jeder sei an seinem Arbeitsplatz interessiert und lasse sich nicht durch einen lapidaren Vorfall in der Öffentlichkeit lächerlich machen oder gar in seiner Existenz gefährden. Im Übrigem sei der Mann vielleicht gar nicht am Diebstahl beteiligt gewesen. Möglicherweise habe er sich von der Blondine bezirzen lassen und sei über den gezeigten Schmuck gestolpert. So etwas passiere nicht zum ersten Mal.
Kurt Farner hörte im Zusammenhang mit der Konferenz, der eingeladene hohe Beamte aus Kirgisistan heisse Askar Kulow. Durch seine Verbindungen vernahm er ebenfalls, der Mann reiste einige Tage vor Beginn der Konferenz nach Zürich. Er hörte ferner, Askar Kulow wohne im Grand Hotel, besichtige die Stadt und wurde, zusammen mit einer Blondine, in einer Bijouterie erwischt. Er erfuhr, die Begleiterin liess beim Anprobieren eine Halskette in den Brustausschnitt ihres Kleids gleiten. Ein Mitarbeiter bemerkte den Vorfall. Als der Geschäftsinhaber drohte, die Polizei einzuschalten, kam das Schmuckstück zum Vorschein. Der Kirgise entschuldigte sich, kaufte eine preis-günstige Kette und erklärte, die Polizei sei fehl am Platz, er nehme an einer wichtigen Konferenz im Grand Hotel teil. Sobald er wieder zu Haus sei, werde er Interessierte aus seinem Land auf das Geschäft aufmerksam machen. Der Geschäftsinhaber liess die Beiden springen und hoffte, der Mann werde sein Geschäft empfehlen.
Der Journalist Kurt Farner lächelte, als er hörte, der Mann habe versprochen, die Bijouterie zu Hause zu empfehlen.
Solche Worte hatte er schon oft gehört. Er vernahm auch, ein junger Mitarbeiter des Geschäfts fand das Vorgehen seines Chefs ungerecht und erzähle, da komme ein Besucher aus einem unbekannten Land und kenne den Unterschied zwischen mein und dein nicht. Er vermute, der Mann sei nur in der Schweiz, um schwarzes Geld auf einer Bank weiss zu waschen. Bei einem Afrikaner oder einem Türken hätte der Chef sofort die Polizei geholt. Dem jungen Mitarbeiter mit Migrationshintergrund missfiel das Vorgehen seines Chefs.
Kurt Farner fragte sich: «Wieso passierte diesem Ausländer Askar Kulow ein Lapsus in einem Schmuckgeschäft? Und überhaupt, warum nimmt er an der Konferenz im Grand Hotel teil»? Kurt Farner konnte sich den Mann im Kreise der Rohstoffhändler nicht vorstellen, höchstens als potentielles Mitglied, das irgendwann dazukommen werde. Farner kannte Kirgisistan nicht, wusste aber, dass die im zentralasiatischen Land vorhandenen Rohstoffe nur teilweise ausgebeutet wurden. Der Boden enthielt Erdgas, Erdöl, Kohle, Uran, Seltene Erden sowie Gold. Als 1991 das ehemals zu Sowjetunion gehörende Land selbständig wurde, musste es eine auf die Sowjetunion ausgerichtete Wirtschaftsstruktur übernehmen. Diese bekam mit den Jahren Risse. Aktivere Nachbarn wie Kasachstan, Tadschikistan, Usbekistan und das mächtige China machten vorwärts. Eine Anzahl wirtschaftliche und halbpolitische Zusammenschlüsse in Zentralasien sowie der von den USA betriebene Stützpunkt Manas brachten ebenfalls nicht viel. Der Mann wurde bestimmt nach Zürich geschickt, weil man das kirgisische Verhältnis zu Russland ändern wollte. Wahrscheinlich suchte die Regierung internationale Kontakte.
Die Konferenz nahm pünktlich am Dienstagmorgen ihren Anfang, obwohl noch nicht alle Angemeldeten anwesend waren. Der Vorsitzende, Dr. Burckardt, verlas am ersten Morgen sämtliche Informationen, besprach das Tagungsprogramm, und stellte die Teilnehmer vor. Bis zum Mittagessen ging alles glatt, es gab keine Einwände, kaum Korrekturen und Ergänzungen.
Der Nachmittag ging mit Administrativem ebenfalls rasch und problemlos vorbei. Am zweiten Tag war es um die Einigkeit geschehen. Boris Dimitri, der Vertreter Russlands, der verspätet eintraf, erhob sofort einen Vorwurf, der Mann aus Kirgisistan gehöre nicht in die Runde. Alle Verträge zwischen Russland und Kirgisien seien noch gültig. Er sei der wirtschaftliche Vertreter Russlands! Zwischen den beiden Ländern gebe es diesbezüglich keine Differenzen. Ohne das Einverständnis seines Landes werde nichts geändert. Sogleich entwickelte sich ein Streitgespräch.
Der Kirgise Askar Kukow liess die russischen Vorwürfe nicht gelten und beharrte auf seiner Aussage, seine Regierung entscheide selbständig und frage weder Moskau noch Herrn Putin persönlich, ob er hier in Zürich mit den bedeutendsten Firmen der Rohstoffbranche reden dürfe oder nicht. Im Weiteren sei bekannt, dass man in seiner Hauptstadt Bischkek die wirtschaftlichen Verhältnisse zwischen den beiden Ländern als revisionsbedürftig betrachte und sie auf eine neue Ebene stellen werde. Obwohl der Vorsitzende die Beiden ermahnte, anständig miteinander umzugehen, liess der russische Vertreter nicht nach und redete sich in eine Wut hinein. Der Kirgise schwieg nach einiger Zeit und liess den Russen reden, der sich mit der Zeit ebenfalls beruhigte.
Bei Sitzungsbeginn am dritten Tag stellte der Vorsitzende Dr. Burckhardt, fest, es fehle der im Hotel logierende Vertreter Kirgisiens Askar Kulow. Er rief den Hotelmanager und bat, den Mann zu wecken und ihn auf den Beginn der Besprechung aufmerksam zu machen. Nach einigen Minuten kam Bericht, der Mann gebe weder telefonisch noch auf ein Klopfen Antwort. Der Vorsitzende erklärte, er solle die diplomatische Vertretung Kirgisistans telefonisch anfragen, ob man die Türe öffnen dürfe, er beginne schon jetzt mit der Sitzung. Als der Hoteldirektor kurze Zeit darauf meldete, das Zimmer sei leer, allerdings habe man den grossen Wandschrank nicht geöffnet und nichts angerührt. Das Bett sei nicht benützt worden. Es scheine, in der Nacht sei niemand im Zimmer gewesen. Ein Regenmantel hänge an der Garderobe und ein Paar Schuhe stehe darunter. Man finde auch keine Mitteilung.
Und noch etwas, erklärte der Hoteldirektor, die Zimmerreinigung habe in eigener Kompetenz versucht, den Wandschrank zu öffnen, der mit einem Sicherheitsschloss versehen sei. Um es zu öffnen, sei er verpflichtet, die Polizei zu verständigen, denn man wisse nicht, auf was man im Schrank stosse. Der Vorsitzende der Gesprächsrunde, Dr. Burckhardt, antwortete, Dokumente und Unterlagen dürften nur in Anwesenheit eines kirgisischen Vertreters betrachtet werden, es gehe im Rahmen der Besprechungen im Grand Hotel um internationale, delikate Unterlagen, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt seien. Der Manager nahm dies zur Kenntnis. Er telefonierte der Stadtpolizei Zürich. Dort erklärte man, man komme so rasch als möglich, leider sei vor einer halben Stunde in Zürich ein Grossalarm ausgelöst worden, der den Besuch im Hotel leicht verzögere. Man solle vorgängig schon einen Schreiner aufbieten, der das Sicherheitsschloss der Schranktüre aufbreche oder auffräse bevor die Polizei da sei. Im Schrankinnern dürfe nichts angefasst werden. Der Hoteldirektor meldete das Vorgehen dem Vorsitzenden des Gremiums.
Der Hoteldirektor bot telefonisch den Schreinermeister Jakob Bodmer auf, der schon mehrmals Reparaturen im Hotel ausgeführt hatte. Jakob Bodmer führte einen Betrieb in der Nähe Zürichs. Er erhielt vom Geschäftsleiter des Grand Hotels den überraschenden Auftrag, in einem Gästezimmer eine mit einem Sicherheitsschloss abgeschlossene Türe zu öffnen und zu ersetzen. Der Schrank lasse sich nicht öffnen, er müsse aufgebrochen werden. Gemäss den Direktiven der Polizei dürfe Nichts angefasst werden. Um im exklusiven Hotel vorsichtig zu arbeiten, nahm Bodmer seinen Sohn Reto mit, der vor kurzem eine Schreinerlehre abgeschlossen hatte und mit dem Vater zusammen bestimmte Aufträge auszuführte. Jakob Bodmer konnte sich auf den Sohn verlassen, der in seinem Sinne arbeitete.
Die beiden Männer begutachteten den Auftrag im Beisein eines Hotelangestellten, der laufend kontrollierte, ob sie nichts beschädigten. Die Schreiner erklärten, die Schranktüre müsse in jedem Fall aufgebrochen und ersetzt werden, die Arbeit lasse sich nicht ohne Schaden ausführen. Dem Angestellten wurde es wind und weh, als er hörte die Schreiner müssten das Schloss wegfräsen. Er avisierte den Direktor. Dieser war einverstanden. Der Lärm der Maschine machte zusätzliche Hotelmitarbeiter aufmerksam, die sehen wollten, was passiert war. Der Aufseher schickte sie weg. Dann stand die Türe offen. Die Schreiner und der Aufseher erschraken. Im Wandschrank sass ein lebloser Mann auf einem Stuhl! Ein Toter? Aufgeregt telefonierte der Direktor der Polizei, sie müssten unverzüglich kommen, es gehe um einen Leblosen in einem Wandschank. Er avisierte den Vorsitzenden der Konferenz, der wie aus den Wolken fiel. Seine Sitzung wurde mit diesem Bericht auf eine neue Ebene geschoben. Die Nachricht vom toten Mann, das musste der kirgisische Vertreter sein, schockierte. Durfte er das der Runde mitteilen? Würde die Nachricht die Sitzung sprengen?Was war geschehen?
Er überlege fieberhaft und platzte dann doch mit der Nachricht in die Runde! Die Anwesenden erschraken, murmelten und mehrere sagten, hoffentlich sei der Streit zwischen dem Russen und dem Kirgisen nicht eskaliert. Alle schauten zum Russen, der erklärte, er habe mit dem Mann aus Kirgisistan wohl gestritten, damit habe es sich. Er bedaure, dass er nicht mehr da sei, er hätte ihn schon noch bekehrt. Verschiedene Teilnehmer erklärten, sie müssten sofort ihre oberste Verwaltung konsultieren, um abzuklären, wie es weitergehen solle. Der Vorsitzende kündigte eine Pause von einer Stunde an und bat, darauf wieder im Saal zu erscheinen, bis dann erfahre man mehr von der Polizei.
Er selbst setzte sich in einen Sessel und überlegte: «Sind die Chinesen hinter unserer Tagung her? Drangen sie vielleicht ins Zimmer unseres Kollegen ein und stahlen Unterlagen? Endete der Streit zwischen dem Kirgisen und dem russischen Vertreter mit einem Toten? Der Russe hämmerte in den ersten Tagen dezidiert auf den russisch/kirgisischen Verträgen herum. Kirgisien gehöre zum russischen Wirtschaftsraum, alle abgeschlossenen Verträge besässen Gültigkeit. Askar Kulows Antwort, seine Regierung bestimme die Wirtschaftspolitik seines Landes selbst, nicht Moskau. Setzten die beiden ihren Streit am Abend fort?»
Die Gedanken des Vorsitzenden rotierten. Wie sollte es weitergehen? Der Kirgise Askar Kulow war als neuer Teilnehmer dazugekommen und vielleicht wichtig für die Zukunft. Würde sein Tod eine diplomatische Krise zwischen Russland und Kirgistan auslösen? Würde die Regierung in der Hauptstadt Bischkek einen Ersatz delegieren? Wie würde in diesem Fall Moskau reagieren und auf einem Ersatz-Delegierten erneut herumhacken? Konnte man die Gespräche unter den gegebenen Verhältnissen überhaupt weiterführen? Der Vorsitzende wollte die Konferenz unbedingt abhalten. Die hauptsächlichsten und wichtigsten Rohstofffirmen hatten das Programm vorgegeben und drängten zweifellos auf Resultate.
Dann begutachtete er, zusammen mit dem Hoteldirektor den Schrank mit dem darinsitzenden toten Mann. Ja, es war Askar Kulow, der Mann, der zum ersten Mal an einer Konferenz teilnahm. Er schärfte dem Direktor ein, ihn zu rufen, sobald die Polizei eintreffe und begab sich wieder ins Sitzungszimmer, um mit seinen Helfern den weiteren Verlauf zu beraten.
Der Hoteldirektor erklärte den Schreinern nochmals, ruhig zu bleiben, mit niemandem über den Vorfall zu reden und zu warten bis die Polizei erscheine. Sie müssten korrekt Auskunft geben, dürften nach der Befragung, aber im Privaten auf keinem Fall, über das Vorkommnis reden, jede negative Erwähnung schade dem Hotel. Sobald es die Polizei gestatte, werde die Schranktüre provisorisch repariert und eine neue bestellt. Dann sagte er nochmals, er zähle auf Ihre Verschwiegenheit, sein Haus dürfe nicht ins Gerede kommen. Was sie im Hotel hörten und sähen, gehe Journalisten nichts an. Er selbst beantworte die Fragen der Medien. Über den Toten verlor er kein Wort, sein Mitarbeiter ebenfalls nicht. Der Direktor gebot den beiden Handwerkern im Hotelrestaurant bei einem Kaffee auf die Polizei zu warten. Der Mitarbeiter schloss die Zimmertüre und der Direktor sagte: «Bis die Polizei erscheint, bleibt sie geschlossen!»
Eine Stunde später schilderte Dr. Burckhardt mit stockender Stimme, was er vom Hotelmanager gehört und mit ihm besprochen hatte. Die Polizei sei erst angekommen und habe noch nicht informiert. Bekannt sei lediglich, dass der zur Sitzungsrunde gehörende kirgisische Vertreter, Askar Kulow, vom Schreiner und Hoteldirektor, als die Türe des Wandschranks aufgefräst wurde, tot aufgefunden wurde. Die Schankwand war mit einem Sicherheitsschloss verschlossen und musste aufgebrochen werden.
Er erklärte weiter: «Die Polizei wird auch uns befragen. Ich bitte Sie um ruhiges, vorsichtiges und überlegtes Beantworten der Fragen. Vor allem dürfen vorläufig weder die Polizei, die Medien, noch die Öffentlichkeit Details über unsere Konferenz erfahren. Ich rede mit der Polizei».
Und nach einem Moment sagte er: «Wir besprechen hier die Zukunft der Rohstoffe auf dieser Welt. Also wie gesagt, keine Details! Sie alle wissen, dass Medienvertreter und Mitarbeitende von NGOs sich auf jede Information von unserer Seite stürzen, sie negativ auslegen und so gestalten, dass sie uns schadet. Aus diesem Grunde bitte ich sie, im eigenen Interesse um Vorsicht, Ruhe, Verschwiegenheit und Abwägung jeder Aussage».
Im Sitzungsgremium entstand dennoch eine lebhafte Diskussion mit Fragen, Vermutungen und Ermahnungen. Dem Vorsitzenden gelang es nur mit Mühe, die Teilnehmer zu beruhigen und er sagte: «Jedem von uns dürfte klar sein, dass der Grund unserer Zusammenkunft geheim bleibt. Wir besprachen bis jetzt nichts Illegales, beschlossen noch nichts, möchten aber, dass unsere Vorhaben weder den Medien, noch der Öffentlichkeit und schon gar nicht unseren Mitbewerbern zu Ohren kommen, wir haben bis jetzt nur geredet, aber noch nichts festgelegt. Es ist klar, dass auch in unserem Gremium Lücken entstehen und nie alles unter Verschluss bleibt. Aber denken Sie daran, wir alle geraten, wegen dem Vorkommnis im Zimmer unseres Kollegen, unter spezielle Beobachtung. Irgendwann wird es heissen, es handle sich um einen Unfall, einen Suizid oder gar um einen Mord. Ich hoffe, niemand von uns sei direkt oder indirekt am Fall beteiligt».
Dr. Burckhardt trank ein Glas Mineralwasser und fuhr weiter: «Da uns die Nachricht aufgewühlt hat, schlage ich einen Unterbruch unserer Diskussionen bis am Nachmittag vor, damit Sie sich mit Ihrem Headquarter absprechen können. Wir treffen uns nach dem Mittagessen um 14.30 Uhr wieder hier im Sitzungsraum. Ich überarbeite meinen gestrigen Rapport in einer für uns Teilnehmer verständlichen Version. Ich schliesse unsere kurze Zusammenkunft dieses Morgens und bitte nochmals um Vorsicht. Ich werde inzwischen mit meinen Mitarbeitern den Nachmittag umstellen. Und noch etwas, meine Kanzlei richtete, wie von den Organisatoren bestimmt, in Gibraltar eine Clearingstelle ein. Weisen Sie bitte Ihre Finanzabteilung an, je 8’000 Dollars pro Unternehmen einzuzahlen, damit die Ausgaben gedeckt werden. Bis jetzt sind noch nicht alle Beiträge eingegangen. Wir benötigen das Geld um die laufenden Aus-gaben auszugleichen».
Kurt Farner erfuhr über einen seiner Informationskanäle vom Streit zwischen dem Russen Boris Dimitri und dem Kirgisen Askar Kulow. Nichts ahnend und in Erwartung von Neuigkeiten, begab er sich als Privatmann ins Restaurant des Grand Hotels und wartete bei einem Kaffee, ob er jemanden treffe, den er befragen könne. Er sah sich um und entdeckte seine beiden Verwandten, den Schreiner Jakob Bodmer mit seinem Sohn Reto. Er setzte sich zu ihnen und begann ein Gespräch, bei dem er schlecht vorwärtskam. Beide gaben nur unzusammenhängend Auskunft und erklärten lediglich, sie hätten eine Arbeit ausgeführt. Kurt Farner wunderte sich, da sein Onkel sonst jede Gelegenheit aus-nützte, langatmig von seinen Aufträgen zu sprechen. Normalerweise würde er, so dachte der Journalist, von seiner Arbeit im Grand Hotel in ganzer Länge erzählen und sich mit dem vornehmen Hotel brüsten.
Bei einem Gang zur Reception, sprach er mit einem Polizisten, und verwickelte auch zwei Hotelmitarbeiter in ein Gespräch. Auf diese Weise erfuhr er vom Toten im Wandschrank, erwähnte das bei seinen Verwandten aber nicht. Er diskutierte zusätzlich auch mit einem Mann, der erklärte, als Teilnehmer der Konferenz könnte er ihm einiges mitteilen. Der Mann stellte sich als PR-Manager der Schifffahrtsgesellschaft ESC European Shippings Company vor und er heisse Bernhard Wyler. Als wäre nur Alltägliches geschehen, redete er frei von der Leber über den Vorfall. Ausserdem erklärte er, er würde gerne als Lobbyist arbeiten, zurzeit sei das noch nicht möglich.
In Kürze erfuhr Kurt Farner vom losgebrochenen Streit am zweiten Tag zwischen dem Russen Boris Dimitri und dem Mann aus Kirgisien. Ohne sich Schranken aufzuerlegen, plauderte der PR-Mann über den Toten im Wandschank und erwähnte, der Russe könne unmöglich für den Tod des Mannes verantwortlich sein, denn er selbst habe auch in dessen Beisein, die halbe Nacht hindurch gefestet. Dann schilderte er ausserdem unzusammenhängend Details aus dem Streitgespräch zwischen dem Russen und dem Kirgisen. Kurt Farner verstand die Ursache der Auseinandersetzung zwischen den Beiden, begriff aber auch, dass sein Gesprächspartner gerne geschliffen redete und seinen Beruf als PR-Mann gerne ausübte. Auf seine Frage, warum er als Vertreter einer Organisation, die nichts mit Rohstoffen zu tun habe, an der Konferenz teilnehme, bekam er zur Antwort: «Wir sind für riesige Frachttransporte über die Weltmeere zuständig und stehen vermehrt in der Kritik als Umweltbelaster. Dutzende von Umweltorganisationen greifen uns täglich an. Im Weiteren befassen wir uns bereits mit der Rohstoff-Ausbeutung auf dem Meeresuntergrund. Ausserdem ist mein oberster Chef Golfkollege von zwei der bedeutendsten Manager der Hauptteilnehmer, die mich einluden».
Die Entdeckung eines Toten im abgeschlossenen Wandschank eines Zimmers im Luxushobel in Zürich beeindruckte den Schreiner Jakob Bodmer wie auch seinen Sohn Reto. Nichts ahnend frästen sie eine Stunde zuvor die abgeschlossene Türe des Wandschranks auf und standen überraschend einem auf einem Stuhl sitzenden Toten gegenüber. Dieser Anblick schlug beiden wie mit einem Hammer auf den Kopf! Glücklicherweise stand der Hoteldirektor neben ihnen und gab Anweisungen, sich ruhig zu verhalten, mit niemandem zu reden und die Fragen der Polizei emotionslos zu beantworten. Irrtümlicherweise entfuhr es dem Direktor noch: «Wenn die Medien erfahren, hier gehe es um Seltene Erden, entsteht ein grosses Fragen und Werweissen».
Schreinermeister Jakob Bodmer hatte noch nie etwas von Seltenen Erden gehört. Er arbeitete mit Holz, war ein guter Fachmann und sah keine Notwendigkeit, sich mit Ausdrücken zu befassen, die ihn nichts angingen. Doch per Zufall hörte er jetzt vom Hotelmanager die verrückte Bezeichnung "Seltene Erden".
Kurz darauf sassen die beiden Schreiner an einem Tischchen im Restaurant des Hotels bei einem Kaffee und warteten auf die Polizei. Was würde auf sie zukommen? Sie waren die Entdecker einer tragischen Überraschung und wussten nur, dass sie im Auftrag des Hoteldirektors den Schrank geöffnet hatten. Sie kannten den leblosen Mann im Schrank nicht, hatten ihn vorgängig nie gesehen. Ob die Polizei ihnen das glauben würde? Gottlob stand der Hoteldirektor neben ihnen als sie die Türe öffneten. Er berührte den sitzenden Mann zuerst. Und dann erwähnte er noch die Bezeichnung «Seltene Erden».
Der Direktor rief Jakob Bodmer, der eine eigene Schreierei in einer Ortschaft in Zürichs Umgebung führte. Er beanspruchte ihn in der Vergangenheit verschiedentlich für kleine Reparaturen im Hotel. Jeweils, wenn eine Arbeit sauber und speditiv erledigt war, lobte er den Schreiner. Vor allem kam dieser wenn es eilte. Auch als er ihn dieses Mal aufbot, pressierte es. Der Schreiner und sein Sohn standen kurz nach dem Anruf im Hotel.
«So etwas ist mir noch nie passiert!» sagte Jakob Bodmer zum dritten Mal zu seinem Sohn «jetzt siehst du, in was für Überraschungen man als Selbständigerwerbender geraten kann. Ich hoffe, wir kommen ohne Schwierigkeiten aus dieser Affäre heraus. Wir haben einen Toten in einem Wandschrank entdeckt. Ob wir unsere Wartezeit hier dem Kunden verrechnen können?»
Der 50jährige Jakob Bodmer, Inhaber einer Schreinerei, arbeitete mit 6 Personen. Sein Sohn Reto, 25-jährig, beendete drei Jahre zuvor eine Schreinerlehre und stand bereits in einer Weiter-bildung als Schreinermeister. Er nahm sich vor, in einigen Jahren die dazu notwendigen Prüfungen abzulegen, um später das väterliche Geschäft zu übernehmen. Jakob Bodmer nahm ihn vermehrt zu Kunden mit, damit der Junge begriff, wie man mit Auftraggebern umgeht und wie man als Inhaber ein Geschäft führt.
Jakob Bodmer gab sich Mühe, anständig und aufrecht durchs Leben zu gehen. Er war Mitglied der freisinnigen Partei und redete in öffentlichen Angelegenheiten nicht permanent im Sinne seiner Partei. Als überaus Gemässigter wurde er in seiner Gemeinde mehrmals in den Gemeinderat gewählt und betreute dort seit Jahren das Baudepartement, das ihm direkt und auch indirekt den einen oder anderen Auftrag einbrachte. Er vermied es, sich politisch zu exponieren, da sein Bruder Emil, im Umfeld der Gemeinde und sogar im Kanton, mit politischen Aussagen aneckte und vielerorts unbeliebt war. Bruder Emil vertrat, obwohl Prokurist in einer Bank, konservative bis rechtsextreme Ansichten, die ihm, obwohl er als guter Berufsmann galt, auch Gegner einbrachten. Lediglich Teile der Einwohnerschaft seiner Wohngemeinde goutierten seine Einstellungen und Diskussionen. Sein Bruder Jakob, der Bauvorstand, regte sich oft über die Aussagen seines Bruders auf.
Der Journalist Kurt Farner lebte in Partnerschaft mit der Lokaljournalistin Esther Frieden, die lokalen Ereignissen, Veranstaltungen und Personen nachging und über alles Lokale informiert war. Ihr Partner Kurt Farner arbeitete frei im eigenen Büro und untersuchte im Auftrage von Körperschaften und internationaler Vereinigungen wirtschaftliche Vorgänge und Tätigkeiten von Unternehmen und Institutionen. Auch zwei Stiftungen sowie ein UNO Hilfswerk unterstützen den anpassungsfähigen, reisegewandten Investitions-Journalisten, dessen Rechercheergebnisse bei Redaktionen und Agenturen landeten. Seine Arbeiten, die er in 3 Sprachen verfassen konnte, wurden von Medien verbreitet und von NGOs für Massnahmen verwendet. Er erfuhr relativ früh von der im Grand Hotel stattfindenden Konferenz und richtete sich ein.
Noch vor der Konferenz bat man ihn um einen ersten Bericht über die Tätigkeiten und Machenschaften der in Zug domizilierten Firma Kolmar Group. Es hiess, Kolmar AG schädige in grossem Mass die Nationale libysche Erdöl-gesellschaft NOC durch Erdölschmuggel und illegalem Handel. In Libyen blute der Schmuggel von Treibstoff die libysche Wirtschaft aus und der illegale Handel alimentiere die bewaffneten Konflikte. Die Staatengemeinschaft und beteiligte Länder, brächten das Tohuawbohu nicht unter Kontrolle. Der Präsident der National Oil Corporation NOC beschwerte sich denn auch international über den Erdöldiebstahl, der dem Land jährlich 750 Millionen US Dollar wegnehme. Liiert mit der dubiosen Kolmar Gruppe waren zwielichtige Gestalten wie Drogenhändler, Schmuggler, die maltesische Mafia, ein Besitzer von Tankern, sowie ein früherer Fussballnationalspieler Maltas und ein bekannter Ferrari Fahrer.