Queen Macbeth - Val McDermid - E-Book

Queen Macbeth E-Book

Val McDermid

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Beschreibung

Spannend wie ein Thriller: Val McDermid erzählt die Geschichte von Lady Macbeth Spätestens seit Shakespeare glauben wir, die blutige Wahrheit zu kennen – aber was wissen wir wirklich über Lady Macbeth? Der historische Kurzroman der vielfachen Bestseller-Autorin wirft ein neues Licht auf scheinbar Bekanntes. Vor tausend Jahren flüchtet eine Frau mit ihren drei Gefährtinnen – einer Heilerin, einer Weberin und einer Seherin – durch eine urzeitliche schottische Landschaft. Die Männer, die sie jagen, wollen sie töten – denn sie ist die Einzige, die zwischen ihnen und ihren blutigen Zielen steht. Diese Frau ist keine Lady: Sie ist die erste Königin von Schottland, in Liebe verbunden mit König Macbeth. Während ihre Jäger sie einkreisen, erfahren wir die Geschichte von Königin Macbeth; eine Geschichte von Leidenschaft, Zwangsheirat, blutigen Massakern und der harten Realität des mittelalterlichen Schottland. Im Mittelpunkt steht eine starke, charismatische Frau, die alles gibt, um das Richtige zu tun. Die Verluste erträgt und sich jeder Gefahr stellt, um die endlosen Intrigen rücksichtsloser und machthungriger Männer zu überstehen. Ihr Kampf hat ihr ein Land eingebracht. Aber jetzt könnte er sie das Leben kosten. Ein weltberühmtes historisches Drama – neu interpretiert von der internationalen Nr.-1-Bestseller-Autorin Val McDermid Val McDermid gibt Lady Macbeth eine Stimme, um endlich auch ihre Version der Geschichte zu erzählen – die Version einer Frau: hochspannend, überraschend, mit feministischem Touch.  

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
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Seitenzahl: 166

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Val McDermid

Queen Macbeth

Roman

Aus dem Englischen von Karin Diemerling

Verlagsgruppe Droemer Knaur GmbH & Co. KG.

Über dieses Buch

Vor tausend Jahren flüchtet eine Frau durch eine urzeitliche schottische Landschaft. Die Männer, die sie jagen, wollen sie töten – denn sie ist die Einzige, die zwischen ihnen und ihren blutigen Zielen steht. Diese Frau ist keine Lady: Sie ist die erste Königin von Schottland, in Liebe verbunden mit König Macbeth.

Während ihre Jäger sie einkreisen, erfahren wir ihre Geschichte, die geprägt ist von Leidenschaft und allen Härten eines Lebens im mittelalterlichen Schottland. Im Mittelpunkt steht eine starke, charismatische Frau, die alles gibt, um das Richtige zu tun. Die Verluste erträgt und sich jeder Gefahr stellt, um die Intrigen rücksichtsloser und machthungriger Männer zu überstehen. Ihr Kampf hat ihr ein Land eingebracht. Aber nun könnte er sie das Leben kosten.

 

 

Weitere Informationen finden Sie unter: www.droemer-knaur.de

Inhaltsübersicht

Widmung

Anmerkung der Autorin

Angus’ schwerer Schritt warnt [...]

Schon als ich Macbeth [...]

Eithne hält weiter Ausschau, [...]

Ich ging zwischen den [...]

Aife schiebt den Riegel [...]

Am Morgen nach Macbeths [...]

Brendans Schnarchen ist leiser [...]

Der Akt des Beischlafs, [...]

Was wir als Nächstes [...]

Die Jagdgesellschaft blieb den [...]

Schon im Umdrehen merke [...]

Das Festmahl dauerte eine [...]

Teilnahmslos hocke ich auf [...]

Der Türvorhang wurde zur [...]

Die Hufe der Pferde [...]

Macbeth hielt Wort. Am [...]

Wir halten uns nur [...]

Ich ließ noch einen [...]

Am nächsten Morgen lässt [...]

Die Liebe konnte mich [...]

Ich tauche aus den [...]

Jede Frau kann bestätigen, [...]

Noch ein mörderischer Tag, [...]

Es kam zu wenig [...]

Der Sonnenuntergang tupft den [...]

Eines Morgens beim Aufwachen [...]

Ich blicke hinaus aufs [...]

Glossar

Danksagung

Für meine Freundin Linda Riley,

die weiß, wie es ist, verkannt zu werden!

Anmerkung der Autorin

Es gibt eine Menge, was wir über das Land nördlich des Hadrianswalls um das Jahr 1000 nicht wissen. Zum Teil liegt das daran, dass damals nur eine verschwindend geringe Zahl von Menschen Zugang zu Tinte und Papier hatte, zum Teil auch daran, dass diese wenigen eher geneigt waren, religiöse Texte abzuschreiben, als die mittelalterliche Version eines Blogs zu verfassen.

Einiges aber ist bekannt. Macbeth und seine Frau waren nicht die machthungrigen, blutgierigen Tyrannen, zu denen Shakespeare sie in seinem schottischen Drama macht. »Macbeth« ist im Übrigen nicht der korrekte historische Name, sondern Macbethad, und seine Frau hieß nicht Lady Macbeth, sondern Gruoch. Wenn Shakespeare nicht einmal ihre Namen richtig hinbekam, wie können wir dann dem Rest der Geschichte trauen, die er uns erzählt? Ich habe es trotzdem bei »Macbeth« belassen, der Einfachheit halber, das gebe ich zu.

Weiterhin wissen wir, dass es zu der Zeit, als Macbeth Duncan tötete – ja, er hat ihn umgebracht, aber auf dem Schlachtfeld, nicht mitten in der Nacht, als er in seiner Burg zu Gast war –, Schottland noch gar nicht gab. Es gab Moray und Alba und Dál Riata und Fife und noch ein paar andere »Königreiche«.

Ebenfalls wissen wir, dass so etwas wie eine direkte Erbfolge nicht existierte. Ein Sohn folgte einem Herrscher nur als Thane, Mormaer oder Earl nach, wenn er über eine ausreichend starke Armee verfügte, mit der er sich auf dem Thron halten konnte. Von Vorteil war es auch, wenn er klug genug war, eine Frau zu heiraten, die ein zuverlässiges Bündnis mit in die Ehe brachte.

Und so weiter und so weiter. Einerseits ist es frustrierend, wenn es viel mehr Fragen als Antworten gibt, andererseits lässt dieser Umstand der Fantasie viel Raum. Genau das ist es, was mir bei der Aufgabe, Shakespeare richtigzustellen, so viel Freude gemacht hat. Ich hoffe, auch Ihnen macht es Freude, mehr über das ereignisreiche Leben von Gruoch und Macbeth zu erfahren.

Jegliche Fehler gehen auf meine Kappe.

Angus’ schwerer Schritt warnt mich immer vor. Meine Frauen treten leicht auf, ihre Füße flüstern nur auf den zertretenen Austernschalen, die den Pfad zu unserem Zufluchtsort bedecken. Die Mönche dagegen kommen stets paarweise und schlurfen laut, um ihre Ankunft anzukündigen, darauf bedacht, jede Andeutung von Unschicklichkeit zu vermeiden. Schließlich bin ich trotz allem noch eine Königin.

Angus aber mit seinem Tritt stampft die Schalen zu Staub in seinem Eifer, zu uns zu kommen und uns mitzuteilen, was es mitzuteilen gibt. Eine erfolgreiche Jagdgesellschaft am Ufer des Sees, eine neue Form der Schnitzkunst, frisch zu uns gedrungen aus einem abgelegenen Kloster der Culdeer, eine Schlacht irgendwo weit weg, deren Ausgang uns nicht betrifft. Ihm ist alles recht, Hauptsache, es unterbricht das Einerlei seiner Tage hier unter Frauen.

Höflich klopft er an, sich seiner Stellung bewusst. Ligach geht hin, die Fallspindel in der Hand, zwirbelt die Wolle ohne Unterlass. Sie spinnt ihr Garn wie nebenbei, ihre Bewegungen so rhythmisch wie ein nervöses Zucken, nur dass etwas Besseres dabei entsteht. Schon manches Mal habe ich mich gefragt, ob sie die Spindel beiseitelegt, wenn sie Angus zu sich ins Bett nimmt. »Muss sie wohl«, meint Aife. »Nicht einmal Ligach kann auf dem Rücken spinnen.« Ich habe Aife zu gern, um sie wegen ihres Mangels an Fantasie zu tadeln.

Mit einer geschmeidigen Drehung von Handgelenk und Daumen schiebt Ligach den Riegel zurück, sodass die Tür aufschwingt. Angus hat rosige Wangen über seinem dichten, rostroten Bart, entweder vom kalten Märzwind oder von der Hast, uns seine Neuigkeit zu überbringen. »Ein Boot«, sagt er. »Vom fernen Ufer.«

Also nicht auf der kurzen Überfahrt über die schmale Stelle zwischen uns hier auf St Serf’s Isle und dem geschützten Ufer an der Flussmündung. Nein, Angus meint die lange Strecke über den Loch Leven. Zwar ist es nicht so, als käme nie jemand aus dieser Richtung zu den Mönchen, aber es geschieht eben nicht jeden Tag. Nicht einmal jede Woche.

»Und gestern war St Patrick’s Day«, fügt er betont hinzu. Wir verstehen nicht, worauf er hinauswill, sehen uns ratlos an.

»Wisst ihr nicht mehr?« Jetzt hat er Rückenwind, fühlt sich uns endlich einmal überlegen. Er kommt ins Zimmer, wirbelt mit seinem schweren Tritt weihrauchartige Duftwolken von dem heiligen Gras auf, das erst gestern frisch ausgelegt wurde. »Eithne hat gesagt, ein Heiligenfest würde Gefahr für den König mit sich bringen.«

Eithnes Miene hellt sich auf. »Malcolm«, sagt sie. »Erinnert ihr euch? Seine Männer sind auf dem Weg nach Norden am anderen Seeufer vorbeigeritten. Ich habe dir gesagt, dass er nach Scone will, um zu verhindern, dass dein Sohn zum König gesalbt wird.«

Angus nickt eifrig.

»Und ich habe gesagt, dass er dafür zu spät dran ist. Über ein halbes Jahr zu spät.« Normalerweise spreche ich sanft mit Eithne, aber es gibt Momente, da selbst die Großmut einer langen Freundschaft versagt.

»Sie hat aber auch prophezeit, dass er keinen Erfolg haben wird«, ruft Aife mir in Erinnerung.

»Nicht zu dem Zeitpunkt, nicht bei der Krönung«, fährt Eithne fort, abgeklärt wie immer, wenn sie überzeugt ist, über ein Wissen zu verfügen, zu dem wir anderen keinen Zugang haben. »Doch es ist nicht zu spät für Malcolm, die Regentschaft deines Sohns zu beenden. Ich habe gesagt, Lulach werde seinen Thron an einem Feiertag verlieren.« Wie dem St Patrick’s Day, hängt unausgesprochen in der Luft.

Ich wende mich ab, wickle mich fester in meine Zobelstola und gehe an Angus vorbei hinaus ins Freie. Tränen treten mir in die Augen, hervorgerufen vom bitterkalten Wind. Er weht von dem Land herüber, in dem ich aufgewachsen bin, in dem ich siebzehn Jahre lang neben Macbeth auf dem Thron gesessen habe. Seit jener Schlacht, die mir die Liebe meines Lebens genommen hat, bin ich nicht mehr dort gewesen – das hier ist der Ort, an dem ich mich meiner Trauer überlassen habe. Auch heute erwarte ich nichts als neuen Kummer von dort drüben.

Vorbei an schlanken Kiefern und scharfblättrigem Strandhafer blicke ich hinaus auf das bewegte Wasser des Lochs. Meine Augen sind nicht mehr so gut wie früher, aber ich sehe das Boot gegen den Wind näher kommen und meine, zwei geduckte Insassen auf der Ruderbank ausmachen zu können, Schulter an Schulter.

Ich kehre zu unserer Unterkunft zurück und lasse mich auf dem hohen geschnitzten Stuhl nieder, den die Mönche damals, als er König wurde, für meinen Mann gemacht haben, zum Dank für die Hilfe und Unterstützung, die er ihnen stets gewährt hatte. Sie hörten nicht auf das Gerede, dass sein Weg zum Thron mit Blut befleckt sei, sondern beurteilten ihn nach den Taten, die sie mit eigenen Augen bezeugten. Sie waren Macbeths Männer ebenso wie Gottesmänner, und sie ehren sein Angedenken bis zu diesem Tag.

Aife geht zu dem Fenster im hinteren Teil des Raums und schiebt den Vorhang aus gegerbtem Hirschleder beiseite, winkt Eithne zu sich. »Komm her. Sag mir, was du siehst.«

Wenn Eithne ganz da ist, gebraucht sie ihre Augen wie wir anderen. Das ist es wohl, was sie davor bewahrt hat, als Hexe ertränkt zu werden, ihre Gabe, leicht zwischen Vision und Wirklichkeit hin und her wechseln zu können. Sie beugt sich über Aife. »Aye. Ein Fischerboot mit zwei Männern an den Rudern. Soldaten, würde ich sagen, die Köpfe gebeugt.« Sie wirbelt zu mir herum. »Gruoch, das wird ein trauriger Tag.«

Darauf war ich schon von selbst gekommen. »Demnach nicht Malcolms Männer.«

»Er hat nach wie vor keine Kenntnis von Eurem Aufenthaltsort.« Angus, der nie mit seiner Meinung hinterm Berg hält, spricht aus, was wir alle glauben möchten. »Sonst hätte er auf seinem Weg nach Norden hier haltgemacht.« Unausgesprochen so etwas wie Um Euch aus dem Weg zu räumen. Ich mag nur noch dem Titel nach eine Königin sein, aber die Erinnerung währt lang in diesen Ländern. Mein Name ist immer noch einer, hinter dem Männer sich sammeln würden, und Malcolm ist klug genug, das zu erkennen und zu fürchten.

»Unser König weiß, dass wir hier ausharren«, sagt Aife trotzig. »Er würde seine Mutter nicht verraten.«

Ich schüttele den Kopf. »Mein Sohn ist ein Mann wie jeder andere. Wenn Lulach sich einen Vorteil davon verspräche, würde ich es ihm nicht verübeln, sollte er uns aufgeben. Aber ich glaube nicht, dass er das tut.«

»Er war noch nie ein vortrefflicher Kämpfer«, bemerkt Ligach bissig.

Loyal wie immer, schnaubt Angus: »Lulach ist ein wahrer König.«

»Und ich bin immer noch eine wahre Königin aus königlichem Geblüt, nicht nur die Mutter des Königs«, füge ich hinzu. »Weshalb ich sowohl für Lulach als auch für Malcolm wertvoll bin. Macbeth hat mich einst ein Spiel gelehrt, als er zum ersten Mal von Mull herüberkam. Er nannte es ›Fidchell‹. Ein Spiel von Gefangennahme und Eroberung. Die mächtigste Figur auf dem Brett war die Königin. Mein Sohn hat dieses Spiel auf Macbeths Knien gelernt, die Taktiken und Winkelzüge. Niemals würde Lulach seine Königin opfern.«

Schon als ich Macbeth zum ersten Mal sah, erschien er mir als ein Ausbund von Männlichkeit. Nicht nur, weil er gut gebaut war und ebenmäßige Züge hatte, obwohl das nicht gegen ihn sprach. Nein, er hatte mehr von einem Lord als Gille Coemgáin, der Mann, mit dem ich verheiratet war, und das, obwohl er im Rang unter ihm stand. Mein Gatte war der Mormaer von Moray, König des Nordens, wenn er auch nicht diesen Titel trug, und Macbeth nur sein Cousin, ihm durch Blutsverwandtschaft und Ehre verbunden. Alles, was ich vor unserer Begegnung über ihn wusste, war, dass sein Name »Sohn des Lebens« bedeutete und dass seine Männer ihn Deircc nannten, den Roten. Wegen seines bluttriefenden Schwerts, nahm ich an.

Es war mir nicht eingefallen, dass es sich auf sein fuchsrotes Haar beziehen könnte. Er sah aus wie ein Mann in Flammen, während seine Augen blitzblau waren wie der Kern eines Eisklumpens auf dem Hochmoor. Als sein Blick auf mich fiel, wusste ich, dass er nicht Gille Coemgáins Gattin sah, sondern die Frau, zu der ich bestimmt war. Mein Vater hatte mich Gille als Tauschgut angeboten, ich hatte keine Wahl gehabt. Man hatte mir erlaubt, meine drei Frauen bei mir zu behalten, aber nur, weil man sie für machtlos hielt, ein Fehler, den Männer schon allzu oft begangen haben, was Frauen angeht.

An dem Abend, als Macbeth zu uns kam, zündete Eithne die Kerzen in unseren Räumen an, verbrannte dann Salbei und Sumpfmyrte und ein anderes süß riechendes Kraut, dessen Namen wir nicht kannten. Wir lagen träumerisch dösend auf den Fellen, die Gille Coemgáin uns als Zeichen seiner Macht und seines Status zubilligte, und warteten darauf, dass Eithne in den Zustand fiel, der sie sprechen ließ. »Er ist der Eine. Er wird gewiss einen König zeugen.«

Bei ihren Worten überlief mich ein Schauder. Seit der Hochzeit waren siebzehn Monde vergangen, und immer noch gab es kein Anzeichen von einem Erben für Gille Coemgáin. Was nicht an mangelndem Einsatz seinerseits lag. Aife, scharfsinnig wie immer, meinte, dass mein Schoß wohl seinen Samen verweigerte, weil ich keine Liebe für ihn empfand, und damit konnte sie recht haben. Ich war nicht so dumm, mich seinen Versuchen, mir ein Kind zu machen, zu widersetzen, doch es war immer nur mein Körper anwesend dabei, mein Geist war woanders, in den Wäldern und an den Gestaden unseres Landes, nie im Bett mit ihm.

Es gab allerdings auch nicht viel Liebenswertes an Gille. Er lebte dafür, gut zu essen und zu trinken, was das stattliche Aussehen, mit dem er einst gesegnet gewesen war, ins Grobschlächtige hatte umschlagen lassen. Auch kannte er keine Zärtlichkeit, war gefühllos und roh, stellte seine eigenen Bedürfnisse und Wünsche immer an erste Stelle. Er hatte eine hohe Meinung von seinen Fähigkeiten und seiner Geltung, sah in mir nichts als das Abbild seines noblen Stands. Von niemandem ließ er sich etwas sagen, traute niemandes Rat, ungeachtet der Erfahrung oder der erprobten Vernunft anderer. Gille wusste es immer besser.

Tatsächlich schien sich das zu seinen Gunsten ausgewirkt zu haben. In der Folge des brutalen Mords an Macbeths Vater war dessen Königreich zwischen Malcolm in Alba und Gille in Moray aufgeteilt worden.

Macbeth mochte gehofft haben, Mormaer von Moray zu werden, aber die Söhne beerben ihre Väter nicht unbedingt, wenn sie keine nennenswerte Armee im Rücken haben. Ohne Land, ohne ausreichende militärische Unterstützung, ohne eine Frau aus königlichem Geblüt zählte sein Platz in der Thronfolge nicht viel.

Nach dem Mord an Findlaich, Macbeths Vater, verbreitete sich das Gerücht wie ein Lauffeuer, dass Gille und Malcolm dafür verantwortlich seien. Schwer, sie nicht einer Verschwörung zu verdächtigen, wenn beide solchen Vorteil daraus zogen. Doch mein Mann hatte die Tat stets abgestritten, und Macbeth schien das zu akzeptieren. Nun war er angereist, um Gille den schuldigen Respekt zu zollen und uns seine kleine Kampftruppe zur Verfügung zu stellen, sollten wir Besuch von den Engländern oder den Wikingern bekommen. Also gab es natürlich ein Fest. Gille musste mit einem üppigen Mahl aufwarten, an das Macbeth niemals heranreichen konnte, falls wir einst geneigt wären, über das Meer zu seiner Hofstatt auf Mull zu fahren.

Es gab gebratenes Lamm, Wildschwein und Rotwild. Hälften von Lachs und Meerforelle, geräucherten Fisch und Muscheln. Porridge gesüßt mit in Honig gebackenen Äpfeln und wildem Anis. Bannock und Brot aus dem Mehl von Hafer und Bohnen, gegrillte Rüben und Zwiebeln, scharfe Radieschen und Soßen aus Senfkugeln. Pflaumenkompott mit zerstoßenen, gerösteten Haselnüssen. Verschiedene Käsesorten und Quarkspeisen. Und mich an Gilles Seite in meinen edelsten Gewändern.

Dazu natürlich starkes Ale und Barley Bree, um die Köpfe zum Lodern zu bringen.

Keine Kosten wurden gescheut, keine Vorratskammer blieb ungeplündert. Viele Mägen würden vor Hunger knurren, das war der Preis für diese Zurschaustellung von Reichtum. Nicht der Magen meiner Frauen, und nicht meiner selbstverständlich, schon gar nicht Gilles. Doch all die Leute, die von dem abhängig waren, was aus unserer Küche kam, würden ein paar Wochen mit leerem Bauch zu Bett gehen, bis die Speisekammern wieder aufgefüllt waren.

Schließlich ergriff der Barde mit gewohnter dichterischer Inbrunst das Wort. Die Sage von einer Schlacht, erzählt zu dem hypnotischen Trommelrhythmus der Bodhrán. Auf dem Höhepunkt sprang Macbeth auf den Tisch und legte sich zwei gekreuzte Schwerter vor die Füße. »Gebt mir Musik!«, rief er, woraufhin der Dudelsackspieler mit einem Reel antwortete, bei dem mir schwindlig wurde.

Nicht so Macbeth. Er hob die Hände über den Kopf, ein Hirschgeweih nachahmend, und begann zu tanzen. Seine Füße bewegten sich so flink zwischen den von den Klingen gebildeten Kreisvierteln, dass man unmöglich verfolgen konnte, wo sie landeten und wohin sie als Nächstes zielten. Seine leinerne Cotte war krapprot gefärbt und tanzte mit ihm, flog über seine Knie, sodass wir die färberwaidblaue Hose darunter sehen konnten. Und sein Haar wie Feuer. Ein derartiges Schauspiel von Farben hatte ich noch nie gesehen. Er tanzte wie ein Besessener. Sogar Aife, die kein Interesse an Männern hat, bekam rote Wangen vor Begeisterung.

Er endete mit einer schwungvollen Drehung und verbeugte sich tief vor Gille, dann vor mir. Als er vom Tisch gesprungen war, umringten ihn seine Männer und riefen seinen Namen, worauf ich einen Anflug von Unmut über das Gesicht meines Mannes zucken sah. Anscheinend hatte Macbeth nicht gehört, dass Gille vor allem seinen eigenen Namen gepriesen haben wollte, besonders nach einem Prunkmahl, wie wir es an diesem Abend aufgefahren hatten.

Ehe mein Gatte etwas von den Gedanken erahnen konnte, die Macbeths Vorführung bei mir in Gang setzte, entschuldigte ich mich und schlüpfte aus dem Saal, Aife und Eithne gleich hinterher. »Ihr geht besser zurück«, sagte ich schnell. »Gebt Gille keinen Anlass, seinen Ärger an euch auszulassen.«

Sie verstanden, was ich meinte. Wie ich auch zu Gille stehen mochte, ich war durch das Wort meines Vaters an ihn gebunden. Mein Vater war der Sohn eines Königs, folglich war auch ich königlicher Abstammung, weshalb er nichts weniger als den höchsten Rang für mich gutheißen konnte. Der Mormaer of Moray, Herrscher über die Highlands, praktisch ein König, war eine gute Partie. Zusätzlich sollte die Heirat mit Gille Coemgáin die Stellung meines Vaters stärken und ihm Ehre einbringen. Es spielte keine Rolle, dass Gille eine blutbefleckte Geschichte und ein eifersüchtiges Temperament hatte – ich wurde für Macht und Status eingetauscht. Weder die erste noch die letzte Frau, die wie eine Spielfigur behandelt wurde.

Eine Bedingung stellte ich bei diesem Handel, nämlich dass meine drei Frauen bei mir bleiben durften. Eithne wegen ihrer Kenntnis von der unsichtbaren Welt, Aife, weil sie Eithnes Gabe unterstützt und fördert und damit uns allen hilft, und die stets praktische Ligach, weil sie nie Probleme sieht, nur Herausforderungen. Sie sind meine Gefährtinnen seit meiner Kindheit, und ich wusste, dass ich mich ohne diese drei Verbündeten an Gilles Hof schwertun würde.

Natürlich misstraute Gille ihnen und versäumte keine Gelegenheit, sie unfreundlich zu behandeln. Er konnte mich nicht direkt angreifen, denn der Name meines Vaters hatte auch in seinem Reich Gewicht, also machte er sie zu Sündenböcken. Hätte er bemerkt, dass ich das Fest in Begleitung von Aife und Eithne verließ, hätten sie seinen verletzten Stolz zu spüren bekommen.

Ich sah ihnen hinterher, als sie in den Saal zurückkehrten, Arm in Arm im perlmuttschimmernden Mondlicht, und ging dann in den Heilkräutergarten, den Eithne und Aife angelegt hatten. Wohlriechend und beruhigend, duftete er nachts anders als bei Tag. Tief atmete ich seinen Geruch ein und spürte, wie mein aufgewühltes Herz langsam wieder normal schlug.

Doch der innere Aufruhr blieb.

Eithne hält weiter Ausschau, während das Boot sich dem Ufer nähert, vor dem hügeligen Horizont herumgeworfen wird. Ich beneide die beiden Männer nicht um die Überfahrt. »Die kenne ich nicht«, sagt sie. Hätte jemand anderes das mit solcher Bestimmtheit behauptet, hätten wir das mit Spott quittiert, denn wer von uns kann schon Leute erkennen, von denen er nur den Hinterkopf sieht? Doch Eithne sieht nun mal anders.

»Lauf zum Kloster hinüber, Angus«, befehle ich. »Sag dem Abt, er soll sie hinauf ins Refektorium bringen und ihnen zu essen geben. Bleib an seiner Seite. Deine Anwesenheit wird dafür sorgen, dass er redlich bleibt.«

»Was ist mit den anderen?«, fragt Aife besorgt.