Relationale Ontologie - Dominikus Kraschl - E-Book

Relationale Ontologie E-Book

Dominikus Kraschl

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Beschreibung

Die Untersuchung diskutiert den ebenso originellen wie scharfsinnigen Entwurf der "relationalen Ontologie" Peter Knauers. Der erste Teil der Arbeit stellt den bislang noch verhältnismäßig wenig bekannten Ontologie-Entwurf vor und unterzieht ihn einer kritischen Prüfung. Der zweite Teil erprobt die Erklärungs- und Integrationskraft dieses Konzepts an vier ebenso alten wie aktuellen Problemfeldern der Philosophie. Es sind dies das Problem der Veränderung, die Realismus-Idealismus-Kontroverse, das Leib-Seele-Problem und die Mesóteslehre in der Tugendethik. Auf diese Weise wird der Entwurf der relationalen Ontologie erprobt und entfaltet, aber auch einer breiteren Diskussion zugänglich gemacht.

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Dominikus Kraschl

Relationale Ontologie

Religion in der Moderne

Herausgegeben

von Matthias Lutz-Bachmann,

Thomas M. Schmidt

und Michael Sievernich

RIM Band 24

Dominikus Kraschl

Relationale Ontologie

Ein Diskussionsbeitrag

zu offenen Fragen

der Philosophie

Gedruckt mit

freundlicher Unterstützung der

Leopold Franzens Universität Innsbruck

sowie der Diözese Innsbruck

und der Erzdiözese Salzburg.

Bibliografische Information

der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek

verzeichnet diese Publikation

in der Deutschen Nationalbibliografie;

detaillierte bibliografische

Daten sind im Internet über

http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2012 Echter Verlag, Würzburg

www.echter-verlag.de

Druckerei:

Difo-Druck, Bamberg

ISBN

978-3-429-03507-5 | Print

978-3-429-04645-3 | PDF

978-3-429-06055-8 | ePub

Danksagung

Die vorliegende, für die Drucklegung leicht gekürzte und überarbeitete Untersuchung wurde im Sommersemester 2010 an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Leopold Franzens Universität Innsbruck am Fachbereich für Christliche Philosophie als Dissertation angenommen. Zu ihrer Entstehung haben viele Menschen auf vielerlei Weise beigetragen. Ihnen allen gilt mein Dank. Univ.-Prof. Dr. Matthias Lutz-Bachmann, Univ.-Prof. Dr. Michael Sievernich und Univ.-Prof. Dr. Thomas Schmidt verdanke ich die Aufnahme der Arbeit in die Reihe »Religion in der Moderne«. Univ.-Prof. Dr. Christian Kanzian hat die Arbeit umsichtig betreut und das Erstgutachten erstellt; darüber hinaus war er mir ein vorzüglicher philosophischer Lehrer. Mein Dank gilt darüber hinaus Univ.-Prof. Dr. Roman Siebenrock, der gerne bereit war, die Mühe des Zweitgutachtens auf sich zu nehmen. Dankend erwähnen möchte ich sodann die Professoren und Mitarbeiter am Fachbereich für Christliche Philosophie. Die am Fachbereich gepflegte und gelebte Diskussionskultur durfte ich als außerordentlich bereichernd erfahren. Herzlich danken möchte ich schließlich allen, die das Manuskript oder Teile desselben gegengelesen und wertvolle Verbesserungsvorschläge beigesteuert haben: Prof. Dr. Otto Muck SJ, Prof. Dr. Peter Knauer SJ, Prof. Dr. David Volgger OFM, DDr. Robert Deinhammer SJ, Dipl.-Theol. Peter Frölich, Dipl.-Math. Lukas Kraus B.Ph., Dr. Anne Sophie Meincke, Elisabeth M. Preishuber B.Ed., Univ.-Ass. Mag. Tina Röck, Mag. Gertraud Schrötter, meinen Eltern und nicht zuletzt Herrn Heribert Handwerk, dem Lektor des Echter Verlags.

Innsbruck, im Frühjahr 2012

Dominikus Kraschl

Inhaltsverzeichnis

Exposition

Teil I: Widerspruchsproblematik und Relationale Ontologie

1. Widerspruchsproblematik und Relationale Ontologie

1. Hinführende Bemerkungen

2. Die Widerspruchsproblematik weltlicher Wirklichkeit

3. Relationale Ontologie und Widerspruchsproblematik

3.1 Begriffliche Implikationen

3.1.1 Anmerkungen zum Relationsbegriff

3.1.2 Anmerkungen zum Begriff der Kreatürlichkeitsrelation

3.2 Relationale Ontologie als Antwort auf die Widerspruchsproblematik

3.3 Anmerkungen zur Analogie

3.3.1 Konsequenzen der einseitigen Analogie

4. Kritische Prüfung

4.1 Prüfung des Begriffs der Kreatürlichkeit

4.2 Prüfung der behaupteten Gegensatz-Einheit

4.2.1 Bemerkungen zum Gegensatz in der Philosophie

4.2.2 Der Gegensatz innerhalb der Relationalen Ontologie

4.2.3 Rekapitulation

5. Rückblick und Überleitung

Teil II: Exemplarische Bewährung und Entfaltung

2. Relationale Ontologie und die Aporie der Veränderung

1. Problemskizze

2. Problemgeschichtlicher Abriss

2.1 Heraklit

2.2 Parmenides

2.3 Leukipp und Demokrit

2.4 Platon

2.5 Aristoteles

2.6 Mittelalter und Neuzeit

2.7 Neuzeitliche Naturwissenschaft

2.8 Hume

2.9 Kant

2.10 Fichte

2.11 Wittgenstein

3. Die Aporie der Veränderung in der Analytischen Ontologie

4. Der Lösungsansatz der Relationalen Ontologie

4.1 Die Grundaussage der Relationalen Ontologie

4.2 Substanz und Steigerbarkeit

4.3 Personale Subjekte als paradigmatische Substanzen

4.4 Nicht-Personen als minimale Subjekte

4.5 Quasi-Subjekte

5. Rückblick

3. Anmerkungen zur Realismus-Idealismus-Problematik

1. Vorbemerkungen

2. Realismus und Idealismus – (k)eine Entweder-Oder-Alternative!?

3. Exemplarischer Aufweis der Gegensatz-Einheit des Erkennens

3.1 Der Akt des Fragens

3.2 Begriffliches Erkennen

3.3 Relativismus und Universalismus

3.4 Subjektivität und Objektivität

3.5 Reale und ideale Diskursbedingungen

4. Bedingungszusammenhang von Erkenntnistheorie und Ontologie

5. Endliches Erkennen und relationales Sein

5.1 Das Realismus-Idealismus-Problem

5.2 Das Universalienproblem

5.3 Anmerkungen zum Wahrheitsbegriff

5.3.1 Korrespondenztheorie

5.3.2 Konsenstheorie

5.3.3 Kohärenztheorie

6. Rückblick

4. Relationale Ontologie und fundamentale Anthropologie

1. Vorbemerkungen

2. Problemsituierung

3. Drei einflussreiche Antwortstrategien

3.1 Substanzdualismus

3.2 Idealismus

3.3 Materialismus

4. Die berechtigte Intuition des Dualismus

5. Zwischenergebnis

6. Die Gegensatz-Einheit von Psychischem und Physischem

6.1 Die Gegensatz-Einheit geistiger Vollzüge

6.1.1 Gegenstandsbewusstsein

6.1.2 Selbstbewusstsein

6.1.3 Willensfreiheit und Selbstbestimmung

7. Der relational-ontologische Lösungsansatz

8. Geist-Materie-Kontinuum

5. Relationale Ontologie und Tugendethik

1. Hinführung

2. Von der Mesóteslehre zu den Komplementärtugenden

3. Die erklärungsbedürftige Gegensatz-Einheit der Tugenden

4. Auseinandersetzung mit Einwänden

5. Exkurs: Die theologischen Tugenden

Resümee

Literaturverzeichnis

Autorenregister

Logische Symbole

Exposition

Dass der Geist des Menschen metaphysische Untersuchungen einmal ganz aufgeben werde, ist ebenso wenig zu erwarten, als dass wir, um nicht immer unreine Luft zu schöpfen, das Atemholen einmal lieber ganz einstellen werden.

Immanuel Kant1

Der Philosoph sollte zwei Okulare besitzen: ein vergrößerndes und ein verkleinerndes. Das erste benötigt er, um überschaubare Frage- und Problemstellungen mit geschärftem Blick untersuchen zu können, während das zweite ihm hilft, die Wirklichkeit in ihrer Einheit und ihrem Zusammenhang nicht aus dem Blick zu verlieren. Angesichts der zunehmenden Ausdifferenzierung der zeitgenössischen Fachphilosophie in zahllose Einzeldiskurse, die jeweils nur von einigen wenigen Spezialisten überblickt werden, besteht die ernste Gefahr, vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr zu sehen. Die Philosophie darf es jedoch nicht aufgeben, auf das Ganze zu gehen. Nur wenn sie das Ganze der Wirklichkeit im Blick behält, bewahrt sie ihre orientierungsgebende Funktion. Nur dann bleibt sie lebensrelevant. Aus diesem Grund gehören kühne Entwürfe, die uns die Wirklichkeit mitsamt den Fragen, die sie uns aufgibt, in einem neuen Licht zeigen, zu den großen und herausfordernden Aufgaben der Philosophie.

Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung soll ein verhältnismäßig unbekannter Entwurf zur Ontologie vorgestellt und auf einige einschlägige Probleme der Philosophie angewendet werden. Es handelt sich um die von Peter Knauer entwickelte »Relationale Ontologie« (RO). Diesem bislang nur als Desiderat vorliegenden Ontologie-Entwurf, den es kennzeichnet, die Fundamentalstruktur der Wirklichkeit als »restloses Bezogensein auf … / in restloser Verschiedenheit von …« zu formalisieren, eignet ein ungewohntes Gepräge. Peter Knauers Relationale Ontologie lässt sich nur schwer mit anderen Ontologien vergleichen. Aus diesem Grund werde ich mich, um keinen unnötigen Missverständnissen Vorschub zu leisten, vorerst damit begnügen, einige allgemeine Voraussetzungen dieser Untersuchung zu benennen.

— Die vorliegende Untersuchung setzt eine Form des kritischen Realismus voraus. Mit Letzterem verbindet sich die optimistische Erkenntniseinstellung, dass es trotz all der nicht zu leugnenden menschlichen Erkenntnisgrenzen prinzipiell möglich ist, grundlegende Strukturen der Wirklichkeit in zutreffender Weise zu erfassen und darzustellen. Dabei ist das Streben nach möglichst umfassender metaphysischer Orientierung und Integration zugleich als erkenntnisleitende Einstellung zu charakterisieren.

— Die Untersuchung lässt sich, zieht man eine berühmte Unterscheidung von Peter F. Strawson heran, eher einem deskriptiven als einem revisionären Verständnis von Metaphysik zuordnen. Das Projekt deskriptiver Metaphysik besteht zunächst darin, »die tatsächliche Struktur unseres Denkens über die Welt zu beschreiben.«2 Dieses Anliegen verbindet sich in dieser Studie mit einem (freilich immer kritisch zu reflektierenden) Vertrauensvorschuss in die epistemische Verlässlichkeit lebensweltlicher Grundintuitionen, die sich mitunter in unserem alltäglichen Sprachgebrauch niederschlagen.3

— In epistemisch-methodologischer Hinsicht sei darüber hinaus angemerkt, dass der Relationalen Ontologie das Rationalitätsmodell und die Methodologie des kritischen Rationalismus zugrunde liegen. Die vom kritischen Rationalismus vollzogene Abkehr vom neuzeitlichen Begründungsdenken, das Erkenntnisansprüche dann (und nur dann) als gerechtfertigt betrachtet, wenn sie sich auf ein unbezweifelbares Fundament zurückführen lassen, impliziert die Forderung, metaphysische Theorien als fallible Hypothesen zu formulieren. Als solche müssen sie sich an der Erfahrung bewähren, aber auch an ihr scheitern können. Gemäß der Methodologie des kritischen Rationalismus werden metaphysische Theorien in einem Prozess von Konstruktion und Kritik bzw. Versuch und Irrtum entwickelt, wobei sich die Adäquatheit einer Theoriebildung neben anderen Kriterien vor allem an ihrer Erklärungsleistung bemisst.4

— Schließlich steht das hier verfolgte Projekt in der Tradition abendländisch-christlichen Philosophierens. Es knüpft in ebenso kritischer wie konstruktiver Weise an eine Reihe großer Themen der allgemeinen und speziellen Metaphysik an und interpretiert diese vor dem Hintergrund des Entwurfs der Relationalen Ontologie. Das Wirklichkeitsverständnis der RO weist dabei eine interessante Affinität zu Strömungen des dialektischen Denkens auf, wie sie etwa der Deutsche Idealismus hervorgebracht hat. Sie kommt mit diesen Denkrichtungen darin überein, die Wirklichkeit als Einheit von Gegensätzen zu beschreiben. Diese Gegensatz-Einheit wird allerdings anders gedeutet, als dies etwa bei Hegel, Fichte oder Schelling geschieht; nämlich in einer, wie ich hoffe, nachvollziehbareren Art und Weise.

Das Erkenntnisinteresse der vorliegenden Untersuchung ist weniger exegetisch-rekonstruktiver als sachlich-systematischer Art. Der Entwurf der Relationalen Ontologie soll zunächst erläutert und geprüft werden, um seine Erklärungskraft sodann an vier grundlegenden Problemfeldern der Philosophie zu bewähren und zu entfalten. Es sind dies insbesondere das Problem der Veränderung, die Realismus-Idealismus-Problematik, das Leib-Seele-Problem und die Frage des Zusammenhangs von Tugendethik und Ontologie. Ontologische Theoriebildungen haben sich, wie eingangs betont, insbesondere an der Frage zu bewähren, ob sie ein einheitliches und umfassendes Verständnis der Wirklichkeit ermöglichen.5 Dem so formulierten Erkenntnisinteresse entspricht im Wesentlichen der Aufbau der Abhandlung.

Teil I der Untersuchung trägt die Überschrift: »Widerspruchsproblematik und Relationale Ontologie«. Ausgehend von der ontologischen Analyse Peter Knauers wird erläutert, inwiefern die Beschreibung der Sachverhalte der Veränderung, der Endlichkeit, der Kontingenz und des Erkennens auf ein Widerspruchsproblem stößt und inwiefern das Konzept der RO darauf eine Antwort zu geben vermag. Schließlich konfrontiere ich den Entwurf der Relationalen Ontologie mit allfälligen Anfragen und Einwänden. Während Teil I dem Anliegen der erläuternden Rekonstruktion und der kritischen Prüfung des Entwurfs der RO verpflichtet ist, verfolgt der Hauptteil der Untersuchung ein konstruktives und spekulatives Interesse.

Teil II ist überschrieben mit »Exemplarische Bewährung und Entfaltung«. Es wird der Versuch unternommen, das Erklärungspotenzial des Ontologie-Entwurfs zu entfalten und zu erproben. Die zu erhärtende Arbeitshypothese lautet, dass vom Konzept der RO ein neues und erhellendes Licht auf ebenso alte wie aktuelle Problemstellungen der Philosophie fällt. Dies wird in zwei Schritten erläutert. Zunächst gilt es zu verdeutlichen, dass gängige Erläuterungsversuche des Veränderungsproblems, der Realismus-Idealismus-Problematik, des Leib-Seele-Problems und der Tugendproblematik in bestimmter Hinsicht unzureichend oder zumindest einseitig bleiben. An diese Hermeneutik der Kritik schließt die spekulative Grundthese der Untersuchung an. Derselben zufolge lassen sich die unzureichenden Erläuterungsversuche durch das Fehlen eines angemessenen Theorierahmens (conceptual scheme) erklären. Als ein solcher Bezugsrahmen könnte sich das Konzept der »Relationalen Ontologie« erweisen – so die zu bewährende These. Es wird versucht, dieser These nachzudenken und sie an den genannten Problemen selbst durchzubuchstabieren. Dieses Programm zieht sich wie ein roter Faden durch die einzelnen Kapitel des zweiten Teils, die sich als einander ergänzende und aufeinander verweisende Teilstudien begreifen lassen. Sie lassen sich aufgrund ihrer relativen Selbstständigkeit grundsätzlich auch in einer anderen als der hier gewählten Reihenfolge lesen.

Es ist mir wichtig zu betonen, dass die vorliegende Abhandlung sich nicht als ausgearbeitete Ontologie, sondern als Diskussionsbeitrag zu einer solchen versteht. Als solcher bedarf er kritischer Prüfung ebenso wie konstruktiver Optimierung.

1 I. Kant: Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik, die als Wissenschaft wird auftreten können (1783), AA, 367. Die an den Kapitelanfang gesetzten Zitate dienen vor allem der Anregung, verweisen mitunter aber auch auf das philosophische Selbstverständnis des Autors.

2 P. F. Strawson: Einzelding und logisches Subjekt, Stuttgart 1995, 9.

3 Vgl. C. Kanzian: Der Verweis auf Intuition als Argument in der Ontologie, in: Metaphysica 4 (2003), 83-100.

4 Zum Rationalitätskonzept des kritischen Rationalismus vgl. H. Albert: Traktat über kritische Vernunft, Tübingen 61991, 9-65. Zum Verhältnis von kritischem Rationalismus und metaphysischen Theoriebildungen vgl. ebd. 57-61.

5 Zum Programm einer »integrativen Metaphysik« vgl. z.B. W. Löffler (Hg.): Metaphysische Integration. Essays zur Philosophie von Otto Muck, Frankfurt u.a. 2010.

Teil I:

Widerspruchsproblematik und Relationale Ontologie

Kapitel 1

Widerspruchsproblematik und Relationale Ontologie

Ich werde ebenso zufrieden sein, wenn man mir sagt, ich hätte alte Worte benutzt. … Die Anordnung des Stoffes ist neu.

Pascal, Pen. 22

1. Hinführende Bemerkungen

Der Entwurf der »Relationalen Ontologie« geht zurück auf Peter Knauer. Er veröffentlichte ihn erstmals in einem Aufsatz mit dem Titel »Dialektik und Relation«6. In späteren Publikationen entwickelte er seinen Ansatz weiter und verteidigte ihn gegenüber Anfragen und Einwänden.7

Anzumerken ist freilich auch, dass Knauer seine, wie ich meine, durchaus bemerkenswerten und originellen Überlegungen bislang nur in gedrängter Form und im Hinblick auf fundamentaltheologische Fragestellungen formuliert hat: nämlich im Kontext der Frage nach den allgemeiner Vernunftargumentation zugänglichen Voraussetzungen des christlichen Glaubens (praeambula fidei).8 Zu diesen Glaubensvoraussetzungen zählt insbesondere die Frage nach der Möglichkeit einer philosophischen Gotteserkenntnis. Knauer bejaht eine solche Möglichkeit. Er ist allerdings der Auffassung, dass philosophische Theologie nur im Zusammenhang einer »Relationalen Ontologie« überzeugend durchgeführt werden kann.9

Obwohl vereinzelte Andeutungen darauf hinweisen, dass Knauer sich des spekulativen Erklärungspotenzials seines Ontologie-Entwurfs bewusst ist, hat er selbst nie den Versuch unternommen, denselben auf allgemein-philosophische Probleme hin zu entfalten.

An diesem Punkt knüpft die vorliegende Untersuchung an: Die konsequent philosophische Argumentationsweise Knauers rechtfertigt den Versuch, seine Überlegungen aus ihrem fundamentaltheologischen Zusammenhang herauszulösen und sie als eigenständige ontologische Hypothese zu behandeln. Als solche lässt sich das Konzept der RO für die Erhellung und Klärung philosophischer Grundprobleme fruchtbar machen. Diesem Anliegen widmet sich der Hauptteil der Untersuchung.

Im Rahmen der nun folgenden interpretierenden Darstellung des Entwurfs der RO erscheint es allerdings angezeigt, Knauers Argumentationsfolge umzudrehen. Während dieser nämlich methodisch bei der Konfrontation mit der christlichen Botschaft (und dem Wirklichkeitsverständnis, welches sie mitbringt) ansetzt, liegt es im Rahmen einer philosophisch-ontologischen Auseinandersetzung näher, von der allgemeinen menschlichen Erfahrung auszugehen.

2. Die Widerspruchsproblematik weltlicher Wirklichkeit

Die Grundstruktur der Wirklichkeit als eine spannungsvolle Einheit von Gegensätzen zu beschreiben, hat in der Geschichte der Philosophie eine lange Tradition. Sie reicht von Heraklit über Cusanus, Pascal und Hegel bis hin zum Dialektischen Materialismus. Nichtsdestotrotz ist die ontologische Grundproblematik, die nun zur Sprache kommen soll, für denjenigen, der zum ersten Mal mit ihr konfrontiert wird, in hohem Maße ungewohnt. Knauer analysiert und beschreibt die ontologische Grundstruktur der Wirklichkeit in einer Weise, die problemgeschichtlich keine unmittelbare Parallele finden dürfte. Im Folgenden möchte ich zunächst Knauers Argumentationsgang nachzeichnen. Erst im Anschluss daran nehme ich einige begriffliche Klärungen vor und diskutiere verschiedene Einwände.

Knauers Ausgangspunkt ist der Versuch, die Wirklichkeit unserer Erfahrung in ihrer ontologischen Grundstruktur zu beschreiben. Ein solcher Beschreibungsversuch ist allerdings, wie sich zeigen wird, keine problemlose Angelegenheit. Dies wird bereits anhand der fundamentalen These (FT) der ontologischen Analyse Knauers deutlich:

(FT) Die Beschreibung einiger Grundsachverhalte, in denen alle weltliche Wirklichkeit übereinkommt, führt unweigerlich dazu, dieselben als Einheit von einander ausschließenden Gegensätzen aussagen zu müssen.

Wenn die Beschreibung eines Sachverhalts dazu führt, dass von demselben kontradiktorisch entgegengesetzte Aussagen gemacht werden, dann ist entweder die Beschreibung falsch oder es entsteht ein Beschreibungs- bzw. Widerspruchsproblem.10 Knauer behauptet, dass wir es bei den erwähnten Grundsachverhalten mit widerspruchsproblematischen Sachverhalten zu tun haben. Diese Behauptung erläutert er an folgenden Beispielen: (1) Veränderung; (2) Endlichkeit; (3) Kontingenz; (4) gegenständliches Erkennen. Auch bei der Beschreibung partikulärer Sachverhalte (wie etwa den Entwicklungsbedingungen höheren Lebens) stößt man nach Knauer auf das erwähnte Beschreibungs- bzw. Widerspruchsproblem. Derartige Sachverhalte lassen sich seiner Auffassung zufolge jedoch auf die zuvor genannten allgemeineren Sachverhalte zurückführen.

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