Ritter Gluck - E.T.A. Hoffmann - E-Book

Ritter Gluck E-Book

E.T.A. Hoffmann

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Beschreibung

Mit dem Werkbeitrag aus Kindlers Literatur Lexikon. Mit dem Autorenporträt aus dem Metzler Lexikon Weltliteratur. Mit Daten zu Leben und Werk, exklusiv verfasst von der Redaktion der Zeitschrift für Literatur TEXT + KRITIK. Berlin, 1809. Straßenmusik im Spätherbst. Ein Mann trifft auf einen sonderbaren Fremden. Beide teilen die musikalische Leidenschaft für Mozart und Gluck, aber auch eine Abneigung gegen das philisterhafte Opernpublikum. Der Sonderling lädt den Erzähler schließlich zu sich nach Hause ein, um ihm dort seine Interpretation der Musik von Gluck vorzuspielen. Doch auf den Seiten, aus denen er spielt, sind gar keine Noten … Er offenbart ein unfassbares Geheimnis. – »Jeden müssen die Fantasiestücke ergötzen.« Was Heinrich Heine über die Erzählungen schrieb, mit denen E.T.A. Hoffmann schlagartig berühmt wurde, gilt bis heute.

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Seitenzahl: 36

Veröffentlichungsjahr: 2012

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E.T.A. Hoffmann

Ritter Gluck

 

 

Impressum

 

 

Covergestaltung: bilekjaeger, Stuttgart/Ingrid Lutterbeck

Coverabbildung: Friedrich August Schmidt, ›Berlin, Jägerstraße mit Blick auf den Gendarmenmarkt‹, um 1800

© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2012

 

Unsere Adresse im Internet:

www.fischerverlage.de

 

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Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.

ISBN 978-3-10-401736-5

 

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Ritter Gluck

Eine Erinnerung aus dem Jahre 1809

Der Spätherbst in Berlin hat gewöhnlich noch einige schöne Tage. Die Sonne tritt freundlich aus dem Gewölk hervor, und schnell verdampft die Nässe in der lauen Luft, welche durch die Straßen weht. Dann sieht man eine lange Reihe, buntgemischt – Elegants, Bürger mit der Hausfrau und den lieben Kleinen in Sonntagskleidern, Geistliche, Jüdinnen, Referendare, Freudenmädchen, Professoren, Putzmacherinnen, Tänzer, Offiziere u.s.w. durch die Linden, nach dem Tiergarten ziehen. Bald sind alle Plätze bei Klaus und Weber besetzt; der Mohrrüben-Kaffee dampft, die Elegants zünden ihre Zigaros an, man spricht, man streitet über Krieg und Frieden, über die Schuhe der Mad. Bethmann, ob sie neulich grau oder grün waren, über den geschlossenen Handelsstaat und böse Groschen u.s.w., bis alles in eine Arie aus Fanchon zerfließt, womit eine verstimmte Harfe, ein paar nicht gestimmte Violinen, eine lungensüchtige Flöte und ein spasmatischer Fagott sich und die Zuhörer quälen. Dicht an dem Geländer, welches den Weberschen Bezirk von der Heerstraße trennt, stehen mehrere kleine runde Tische und Gartenstühle; hier atmet man freie Luft, beobachtet die Kommenden und Gehenden, ist entfernt von dem kakophonischen Getöse jenes vermaledeiten Orchesters: da setze ich mich hin, dem leichten Spiel meiner Fantasie mich überlassend, die mir befreundete Gestalten zuführt, mit denen ich über Wissenschaft, über Kunst, über alles, was dem Menschen am teuersten sein soll, spreche. Immer bunter und bunter wogt die Masse der Spaziergänger bei mir vorüber, aber nichts stört mich, nichts kann meine fantastische Gesellschaft verscheuchen. Nur das verwünschte Trio eines höchst niederträchtigen Walzers reißt mich aus der Traumwelt. Die kreischende Oberstimme der Violine und Flöte, und des Fagotts schnarrenden Grundbaß allein höre ich; sie gehen auf und ab, fest aneinander haltend in Oktaven, die das Ohr zerschneiden, und unwillkürlich, wie jemand, den ein brennender Schmerz ergreift, ruf ich aus:

»Welche rasende Musik! die abscheulichen Oktaven!« – Neben mir murmelt es:

»Verwünschtes Schicksal! schon wieder ein Oktavenjäger!«

Ich sehe auf und werde nun erst gewahr, daß, von mir unbemerkt, an demselben Tische ein Mann Platz genommen hat, der seinen Blick starr auf mich richtet, und von dem nun mein Auge nicht wieder loskommen kann.